Heartbeat of a Wolf von abgemeldet ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Eine Frau auf dem nach Hauseweg, nach der Arbeit. Es hatte zu regnen begonnen, deswegen hatte sie ihren Schirm aufgeklappt. Sie bog um die Ecke und sah neben einem Haus ein paar Füße hervorragen. Eilends ging sie auf die Füße zu, schaute in die Gasse und stieß einen markerschütternden Schrei aus. In der Gasse lag ein Mann, tot. Seine Augen weit aufgerissen, der Schreck und die Angst standen ihm ins Gesicht geschrieben. Sein Hals war aufgerissen und blutüberströmt. Der Regen hatte sich mit dem Blut vermischt und bildete nun eine rötliche Pfütze um die Leiche. Keine zehn Minuten später hatte die Polizei den Bereich abgesperrt. »Verdammt! Ausgerechnet bei diesem Mistwetter muss jemand auf die Idee kommen einen Mord zu begehen!«, schimpfte ein junger dunkelblonder Polizist. »Selbst Schuld. Du hast dir diesen Beruf ausgesucht, Kouno.«, wies ihn seine Vorgesetzte, eine brünette Frau Mitte zwanzig, zurecht. »Ich glaube nicht das es Mord war.«, verkündete der Mediziner, der die Leiche untersuchte. Die Polizisten wandten sich um. »Wie kommen Sie darauf?«, fragte die junge Polizistin. »Na ja, die Todesursache war eindeutig ein Genickbruch. Ein großes Tier muss ihn angefallen haben. Dem Gebissabdruck am Hals nach zu urteilen, ein ziemlich großer Hund.« »Ein Streuner?«, fragte ein dritter Polizist, der eben neben seinen Kollegen aufgetaucht war. »Unwahrscheinlich. In Tokio gibt es, soweit ich weiß keine Streuner. Außerdem sind Streuner meist zu mager und schwach um einem Menschen das Genick zu brechen.«, antwortete der Mediziner. »Also war es doch Mord.«, stellte die Polizisten fest. »Was? Soll das heißen da bildet jemand riesige Hunde aus, um mit ihnen zu morden?«, fragte Kouno. »Könnte sein.«, überlegte die Polizistin. Dann wandte sie sich zu ihren männlichen Kollegen um. »Höchstwahrscheinlich war es ein Auftragsmord. Dieser Mann ist nämlich ein Contractor.«, raunte sie. »Was?«, riefen die beiden im Chor. »Ein Contractor, sagen Sie?«, fragte der ältere der beiden Männer. »Ja. Vor kurzem hatte ich mit ihm in einem Fall zu tun. Deswegen erkenne ich ihn wieder.« Drei Tage später wurde die Polizei wieder zu einem Tatort gerufen. Ein junger Mann hatte eine Leiche, am helllichten Nachmittag, auf einem verlassenen Parkplatz entdeckt. »Misaki Kirihara. Sie haben also die Leiche entdeckt?«, fragte die selbe Polizistin den Finder der Leiche. »Ja.«, antwortete der kleinlaut. »Was haben Sie hier zu suchen? Das ist immerhin eine stillgelegte Fabrik.« »Ja. Ich … Na ja … ich … wollte hier ein paar Kumpels treffen.«, stotterte der Mann. »Sie sind also der Hauptverdächtige.«, bemerkte Misaki. »Was? Nein … nein! Ich habe den Mann nur gefunden. Ich schwör’s, ich habe damit nichts zu tun!«, rief der Mann. »Verstehe. Saito!«, rief Misaki ihren älteren Kollegen. »Ja, Chefin?«, fraget Saito. »Nehmen sie den Mann mit und hören Sie sich an was er zu sagen hat.« »Jawohl.«, sagte Saito und schob den Mann vor sich her. Inzwischen hatten die Polizeiwagen und das Absperrband einen Menge Schaulustiger angezogen. »Das sind Pfotenabdrücke.«, bemerkte Kouno, der der blutigen Spur der Pfoten gefolgt war. »Diesmal waren es mehrere, nicht nur einer.«, sagte Misaki die der Spur mit den Augen gefolgt war. »Was hat das zu bedeuten? Bildet da jemand ein Rudel Mordhunde aus?«, fragte Kouno. »Das waren keine Hunde.«, sagte eine Frau aus der Menge, die nah bei den Polizisten gestanden und ihnen zugehört hatte. »Wie kommen Sie darauf?«, fragte Misaki überrascht. »Das sieht man an den Pfotenabdrücken.«, sagte die Frau. »Wenn es keine Hunde waren, was dann? Bären etwa? Oder Pumas?«, spottete Kouno. Die Frau sah ihn verärgert an. »Nein! Das waren keine Hunde, sondern Wölfe! Für einen der sich nicht auskennt ist das nicht zu sehen. Aber ich habe Wölfe studiert. Die Pfotenballen eines Hundes stehen eng beieinander. Die eines Wolfes, stehen etwas weiter auseinander. Wenn Sie genau hinsehen bemerken Sie den Unterschied.«, erklärte die Frau. »Na toll! Als ob ein Rudel mordender riesen Hunde nicht schon genug wär! Jetzt stellt sich heraus das es ein Rudel mordender riesen Wölfe ist!«, rief Kouno. »Auf wie groß schätzen Sie die Tiere?«, fragte Misaki die Wolfskennerin. »Nun, geschätzt würde ich sagen, gehen sie mir etwa bis zur Hüfte.« Misaki wandte sich wieder zu Kouno. »Eines bereitet mir Sorgen. Dieser Mann hier, war ebenfalls ein Contractor.«, flüsterte sie ihm zu. Eine Woche verstrich ohne, dass weitere Morde geschahen. Doch dann entdeckte Kouno in einer Seitengasse drei weitere Männer. Zwei von ihnen waren tot, doch der eine, lebte. Die Leichen kamen ins Leichenschauhaus, der dritte wurde verhört. Misaki stand hinter der Trennwand und sah auf den zitternden, verängstigten Mann nieder. Saito öffnete die Tür und betrat den Raum. »Können wir ihn jetzt verhören?«, fragte Misaki ohne aufzublicken. »Nur zu. Ich fürchte allerdings, dass Sie nicht viel aus ihm heraus kriegen werden. Der arme Kerl ist total verstört. Der Arzt konnte keine Verletzungen feststellten, aber der Psychiater meinte, er habe einen schlimmen Schock erlitten. Ach, übrigens. Man konnte den Todeszeitpunkt nachweisen. Die beiden Männer sind gestorben als die beiden Sterne vom Himmel fielen. Das heißt, dass sie auch Contractors waren. Vermutlich wird er hier auch einer sein.« »Glauben Sie? Ich habe noch nie einen Contractor in dieser Verfassung erlebt. Ich bin mir nicht einmal sicher ob sie überhaupt Angst haben können. Und der hier hat ganz sicher Angst.« Damit wandte Misaki sich um und betrat den Verhörraum. Der Mann wandte sich ruckartig um und schrie. »Beruhigen Sie sich. Ich will ihnen nur ein paar Fragen stellen.«, sagte Misaki. Der Mann kam keuchend zur Ruhe und schaute apathisch auf den Boden. Misaki setzte sich auf den Stuhl ihm gegenüber. »Als erstes, sagen Sie mir ob Sie und ihre Kollegen Contractors waren, beziehungsweise sind.« Der Man schaute überrascht auf. »J-ja, sind wir.«, murmelte er. Misaki nickte. »Was genau ist Ihnen zugestoßen?«, fragte sie. Der Mann begann stärker zu zittern und krallte die Finger in seine Beine. »Es war f-furchtbar. Sie kamen aus dem Nichts. Standen plötzlich vor uns. Ich habe nur einmal geblinzelt, da hat einer meiner Kollegen aufgeschrieen. Ich konnte erst nicht erkennen was passiert war, denn es war dunkel und mein Partner wurde von irgendetwas verdeckt. Erst dann sah ich, dass ein großer schwarzer Hund auf ihm stand. Mein Partner war tot. Dann griffen zwei weitere, meinen anderen Partner, an. Der Schwarze und noch einer gingen auf mich los. Diese glühenden Augen und die Zähne. Man hat die Mordlust und den Blutdurst förmlich gespürt.«, der Mann schrie wieder und packte seinen Kopf. »Wie sind Sie da raus gekommen?«, fragte Misaki als der Mann sich beruhigt hatte. »Meine Contractor Fähigkeit ist es ein Schutzschild zu erzeugen. Damit habe ich die zwei Hunde abgewehrt. Danach sind alle geflohen und ich war allein …« er schaute wieder verstört zu Boden. »War dort irgendein Mensch zu sehen, der die Wölfe befehligt hat?«, bohrte Misaki. »Was? Menschen? Nein … da waren … nur diese Hunde. Mit ihren glühenden Augen.« »Vielen Dank für Ihre Schilderung. Die Wölfe werden vermutlich nach ihnen suchen. Deswegen werden wir sie beschützen.«, sagte Misaki und verließ den Raum. Der Contractor wurde in eine einzelne Gefängniszelle gebracht. Die Einganstüren wurden mit einem elektrischen Schloss gesichert, im Gang und in der Zelle waren Überwachungskameras angebracht und im ganzen Gang waren Bewegungssensoren installiert worden und die Gitterstäbe der Zelle standen unter Strom. Die Polizisten bezogen vor den Bildschirmen der Kameras Stellung, nur ein Stockwerk über der Zelle. Sie mussten sich nicht lange gedulden als sich bereits etwas tat. Allerdings zum Missgefallen der Beamten. Eine Kamera nach der anderen fiel plötzlich aus. »Chefin, die Bewegungssensoren wurden deaktiviert.«, sagte eine Frau, die am Computer die Signale der Sensoren überprüft hatte. »Was?«, rief Misaki. »Chefin, die Gitterstäbe reagieren!«, rief eine andere Frau, die die Aktivitäten der Strom gesicherten Stäbe überwacht hatte. »Sehr schön. Weit wird unser Angreifer nicht kommen.«, freute sich Chrono. Plötzlich hörten sie einen dumpfen Angstschrei, aus dem Stockwerk unter ihnen. »Oh nein! Sofort nach unten!«, befahl Misaki und die Polizisten sprangen auf. Die Einganstüren standen offen. »Wie haben sie die Tür aufbekommen? Sie hat nicht den leisesten Kratzer, der auf ein gewaltsames Eindringen schließen könnte. Es ist als wären sie einfach aufgeschlossen worden.«, murmelte Misaki. »Das kann aber nicht sein! Die waren doch elektronisch gesichert! Wir hätten sie als einzige öffnen können.«, sagte Chrono. Die Polizisten gingen hinein und sahen sich um. »Keine Kamera ist beschädigt. Und die Sensoren haben auch keinen Schaden.« Sie liefen weiter den Gang entlang und sahen blutige Pfotenspuren. Die letzten, etwa einen Meter von der Zelle entfernt, waren merkwürdig verwischt. »Seht euch das an!«, rief Kouno. Misaki sah von den Pfotenspuren auf. Zwei Gitterstäbe waren auseinander gerissen worden. »Unglaublich! Die anderen Stäbe stehen immer noch unter Strom!«, rief Saito. »Das kann nur das Werk eines Contractors gewesen sein. Ich kenne nur einen der so gekonnt mit Strom umgehen kann. Und zwar BK 201!«, sagte Misaki im Brustton der Überzeugung. »Sagen Sie, kann sich BK 201 in einen Wolf verwandeln?«, fragte Kouno, der die Zelle betreten hatte und nun über der Leiche des Mannes stand. »Nicht das ich wüsste. Wieso?«, fragte Misaki. »Weil, laut den Pfotenspuren und dem Gebissabdruck auf seinem Hals, hierfür ein Wolf verantwortlich sein muss.« Kapitel 1: Ein neues Leben -------------------------- Ist etwas heftig am Anfang. Ich denke aber, dass ich es ganz gut umschrieben hab. ___________________________________________________________________________________ Ich hätte diese dämliche Entscheidung niemals fällen sollen. Es war einfach hirnrissig. Sonst war ich doch auch nicht so durchgeknallt. Im Gegenteil; normalerweise war ich das ruhige, liebe Mädchen, ein Mauerblümchen. Jetzt im Nachhinein kann ich nicht sagen, dass es falsch gewesen wäre. Diese Entscheidung hatte alles verändert, oder sollt ich besser sagen, wieder richtig hingebogen? Alles begann mit diesem Typen, den ich in einem Chatforum kennen lernte. Er hatte mir ein Bild von sich geschickt und ich ihm, allerdings widerstrebend, eins von mir. Er sah gar nicht mal so schlecht aus und er behauptete, er fände mich süß. Ich fand mich schon immer hässlich. Meine Augen waren matschbraun und meine Haare auch, nur einen Nuance heller. Aber was mich am meisten störte waren die blöden Wellen in meinen Haaren. Jedenfalls gefiel ihm mein Aussehen. Und dann schlug er mir diese dämliche Wette vor. Ich sollte bald einen Klassenausflug machen. Dieser Ort war eine ziemlich üble Gegend. Natürliche habe ich ihm davon erzählt, und er meinte wir könnten doch wetten. Er sagte, wenn ich dort keinen Alkohol trinken würde, hätte ich die Wette gewonnen. Er würde mir dann den lang ersehnten Ausflug nach Osaka spendieren. Sein Gewinn war weniger reizend, für mich jedenfalls. Er wollte Sex. Mit mir. Unglaublich. Aber ich dachte mir, diese Wette hätte ich sowieso schon so gut wie gewonnen, denn ich hatte noch nie Alkohol getrunken und hatte es auch nicht vor. Und mein Gewinn war so verlockend. Deswegen stimmte ich zu. Blöder Fehler. Zur Absicherung verlangte er, dass ich ihm die Handynummern, drei meiner männlichen Klassenkameraden liefern sollte, damit sie mich kontrollieren könnten. Ich dachte mir nichts dabei, nicht einmal, als er ausdrücklich Jungs verlangte. Wieder ein blöder Fehler. Und so fuhren wir. Erst später erfuhr ich, dass diese drei Kerle aus meiner Klasse, mir eines Abends als wir eine Disco besuchten, Wodka in meine Cola mischten. Ich merkte nichts, denn Wodka ist Geruchs – Geschmacks – und farblos. Kluger Schachzug. Wir beendeten den Ausflug und ich hatte Angst. Dieser Mistkerl freute sich natürlich wie ein Kind an Weihnachten. Ich hatte ihm nämlich erzählt, dass ich noch Jungfrau war. Er hatte meine Klassenkameraden eingeweiht und sie dazu angestiftet mir den Wodka ins Getränk zu mischen. Klar, dass er Jungs dafür wollte: Ein Mädchen würde da nie mitmachen. Ich wollte die Wette annullieren, aber er meinte ich habe Alkohol getrunken, wenn auch unabsichtig. Er meinte zu dem noch, dass er es sonst der Polizei Bescheid geben würde. Die würden gebrochene Wetten nämlich hart bestrafen. Dumm und naiv wie ich war glaubte ich ihm und löste meine Wette ein. Wir hatten ein Hotel vereinbart, in dem wir ein Zimmer für eine Nacht buchen wollten. Was heißt, wir. ER wollte das. Zu dem sollte ich auch noch die Kondome kaufen. Gott, das war so peinlich gewesen. Mit zitternden Knien betrat ich das Hotel um ein Zimmer zu nehmen. Ich sollte auch das Zimmer bezahlen. »Hallo …«, flüsterte ich dem älteren Herren, der an der Rezeption stand zu. »Hallo. Möchtest du ein Zimmer?«, fragte er freundlich. Ich nickte steif, ohne ihn anzusehen. »So, dann gebe ich dir Zimmer 405. Wie lange?« »Eine Nacht.«, piepste ich. »Schön. Das macht dann 2000 Yen.« Ich bezahlte und er gab mir den Schlüssel. Steif stakste ich auf die Lobbystühle zu und ließ mich auf einem nieder. Der Kerl, Saburou hieß er, verspätete sich. Als er dann das Hotel betrat sah er ganz lässig und selbstzufrieden aus. Ich wäre ihm am liebsten an den Hals gegangen, hätte ich nicht so eine Scheiß Angst gehabt. »Na, Süße. Gehen wir.«, sagte er. Seine Stimme klang schmierig und er grinste mich anzüglich an. Ich stand auf, wieder zitternd und er legte einen Arm um mich. Ich schauderte. »He, keine Angst. Ich werde auch gaaaanz vorsichtig sein, versprochen.«, flüsterte er mir ins Ohr. Ich schluckte. Wer’s glaubt wird selig. Er fragte nach dem Zimmer und schleifte mich dann mehr mit sich, als das ich ging. Die nächsten Minuten waren die Hölle für mich. Er zog sich ohne jegliche Scham aus und tat dasselbe dann mit mir. Am liebsten hätte ich ihm eine geknallt. Dann rollte er das Kondom, so fachmännisch über, das ich ihm keine weitere Sekunde geglaubt hatte, dass er selbst noch Jungfrau war. Alles fadenscheinig. Als er ihn dann einführte, nahm er keinerlei Rücksicht. Er machte es so ruckartig das ich vor Schmerz aufschrie. Er lachte nur. Dann bearbeitete er mich mit heftigen Stößen. Ich biss mir die Lippe blutig um nicht zu schreien. Es war widerwärtig. Während ich Höllenqualen litt, keuchte, stöhnte und schwitzte er über mir. Mit jedem Stoß wurden die Schmerzen schlimmer. Schließlich beschloss ich das ganze zu beenden. Ich hatte einen jüngeren Bruder. Obwohl er jünger war, war er einen Kopf größer und viel stärker als ich. Wir verstanden uns überhaupt nicht und stritten deswegen oft, manchmal prügelten wir uns. Da ich in einer körperlichen Rangelei deutlich unterlegen war, hatte ich einen Punkt an seinem Rücken gefunden, der ihm, wenn ich ihn drückte, heftig Schmerzen bereitete, sodass ich davon laufen konnte. Ich hoffte, dass das auch hier funktionierte. Anders befreien konnte ich mich nicht, denn er hielt mich wie, als säße ich in einem Schraubstock. Gespielt leidenschaftlich umfasste ich seinen Hals und küsste ihn. Er erwiderte gierig den Kuss. Am liebsten hätte ich ihm in den Mund gespuckt. Ich fuhr mit den Händen seinen Rücken entlang, auf der Suche nach diesem Punkt. Ich fand ihn, glücklicherweise. Er saß zwischen den Schulterblättern und ohne zu zögern drückte ich zu. Der gewünschte Effekt folgte. Er schrie auf und machte sich von mir los. Gleichzeitig rutschte er an das andere Ende des Bettes. Blitzschnell sprang ich auf und suchte nach etwas, dass ich ihm auf den Kopf donnern konnte. Während ich suchte, spürte ich, dass etwa warmes meinen Innenschenkel hinabrann. Ich blickte hinunter. Blut. Ich blutete! Saburous Gesichtsausdruck verwandelte sich von Unglauben in Wut. Jetzt wurde es Zeit das ich mir eine Waffe besorgte. Aber das einzige das in Reichweite und noch am ehesten für einen Schlag dienen würde, war das Telefon. Natürlich! Das Telefon! Ich konnte an der Rezeption anrufen! Der Mann hatte mir gesagt, wenn es Probleme gäbe, solle ich einfach unter der Nummer 389 anrufen, dann würde er hoch kommen und nach sehen. Ich sprang zum Telefon und schnappte es mir. Es war ein altes Schnurtelefon. Den Hörer hielt ich wie zum Schlag bereit. Unbemerkt und langsam tippte ich die drei Ziffern. 3 – 8 – 9. »Komm her du Schlampe und lass dich ficken! Ansonsten zwing ich dich dazu!«, brüllte Saburou. Aber ich achtete nicht auf ihn den im selben Moment meldete sich die Stimme des Mannes von der Rezeption. »Hilfe! Er will mich vergewaltigen! Helfen Sie mir! Zimmer 405!«, donnerte ich in den Hörer. Saburou sprang vom Bett und kam auf mich zu. Ich ließ das Telefon fallen und hastete an ihm vorbei. Da ich klein und wendig war, und er mindestens zwei Köpfe größer, gelang mir das problemlos. Ich schnappte mir die Bettdecke und wickelte sie um mich, um meine Blöße zu verstecken. Saburou wollte gerade wieder auf mich zu stürmen als die Tür aufsprang. Der Mann von der Rezeption und ein jüngerer, nur ein wenig älter wie ich, stürmten herein. »Li, schnapp dir den Jungen!«, rief der ältere Mann und der Junge namens Li ging zu Saburou und drückte ihn, mit einer Kraft die ich ihm nicht zu getraut hätte auf das Bett. »Lass mich los, du Arsch!«, brüllte Saburou. Li verdrehte Saburous Arme, sodass er vor Schmerz schrie. Ich wusste, dass man einem so die Arme brechen konnte. Jetzt wimmerte Saburou. Erleichtert sank ich an der Wand in mich zusammen. Der Mann von der Rezeption kam auf mich zu. »Alles in Ordnung?«, fragte er besorgt. Ich schüttelte und nickte im selben Moment mit dem Kopf, sodass eine merkwürdige Bewegung draus wurde. Der Man seufzte. »Li, bring ihn runter und sperr ihn hinter der Rezeption ein. Und nimm seine Klamotten mit.«, sagte der Mann ohne aufzusehen. Li packte Saburou stärker, denn er wimmerte lauter und knurrte: »Beweg dich!« und verließ das Zimmer. »Als erstes rufe ich eine Ärztin, die dich untersucht und dann die Polizei. Geh ins Badezimmer und wasch dich, danach zieh dich an.«, sagte der Mann und ging zu dem am Boden liegenden Telefon. Nachdem die Ärztin mich untersucht hatte, wurde ich hinunter in die Lobby geschickt. Der Mann von der Rezeption hatte nach der Nummer meiner Eltern gefragt, die er nun benachrichtigen wollte. Ich hatte ihn gebeten ihnen nichts zu erzählen. Das wollte ich selbst tun, oder zumindest ein wenig davon. Ich kauerte auf einem Lobbystuhl, die Knie angezogen und das Gesicht verborgen. Das Knarren eines Stuhls ließ mich zusammen fahren. Panisch sah ich auf. Und blickte in das Gesicht des Jungen, der mir geholfen hatte: Li. »Ganz ruhig. Ich tu dir nichts.«, sagte er sanft. Seine Stimme war sehr angenehm und beruhigend. Sofort entspannte ich mich und verbarg wieder das Gesicht. Eine Weile schwiegen wir. Dann brach ich das Schweigen. »Nach was hat das ausgesehen?«, fragte ich flüsternd und spähte von meinen Knien auf. Li sah mich an. Sein Blick war unergründlich. »Als ob ihr Spaß haben wolltet und er zu weit gegangen ist.«, sagte Li ruhig. Ich sah ihn geschockt an und vergrub abermals das Gesicht. Ich war den Tränen nahe. »Dann war es nicht so?«, fragte Li. Ich schüttelte den Kopf. Plötzlich hatte ich das Gefühl mich ihm anvertrauen zu müssen. »Es war eine Wette. Ich hätte sie nie verloren, hätten mich die Jungs aus meiner Klasse nicht ausgetrickst.«, gestand ich kleinlaut. Ich sah vorsichtig auf. Li hatte die Stirn gerunzelt. »Und du hast einfach zugestimmt, obwohl der Einsatz so hoch war?«, fragte er. »Ich hatte ja nicht erwartet zu verlieren.« »Du hättest es immer noch beenden können. Hätte er verloren, hätte er seinen Teil sicher nicht eingelöst.« Sein Blick verdüstert sich. »Ich kenne solche Typen.« Ich sah ihn verblüfft an. »Aber, ist es nicht verboten eine Wette zu brechen?«, fragte ich. Er sah überrascht auf. »Verboten? Wetten zu brechen ist nur in Casinos verboten und da darfst du sowieso nicht rein. Ihr hattet bestimmt nicht einmal einen schriftlichen Vertrag.«, erklärte Li. »Dann hat er mich angelogen?«, fragte ich fassungslos. »Typen wie er können nur lügen.«, sagte er bitter. »Mori?«, fragte plötzlich eine Stimme neben mir. Ich drehte mich um, als ich meinen Namen hörte, und sah den Mann von der Rezeption. »Deine Eltern sind da. Komm, ich bring dich zu ihnen.« Steif stand ich auf und stakste dem Mann hinterher. »Tschüss und Danke!«, rief ich Li über die Schulter zu. Er hob die Hand zum Abschied. Als wir das Hotel verließen nahm mich meine Mutter sofort in die Arme. »Ich habe mir solche Sorgen gemacht.«, schluchzte sie. Mein Vater legte mir eine Hand auf die Schulter und schwieg. Als meine Mutter sich beruhigte hatte, bedankte ich mich bei dem Mann und ließ mich von meinem Vater in den Wagen schieben. Auf der Heimfahrt erzählte ich meinen Eltern eine abgeschwächte Version von dem Geschehenen. Ich sagte, Saburou hätte mich abgefangen, mich in eine Gasse gezerrt und mich dort vergewaltigt. Sie glaubten mir ohne weiter nach zu fragen. Ich hätte nie die Kraft und den Mut aufwenden könne ihnen die volle Wahrheit zu erzählen. Und die Einzigen die halbwegs wussten was wirklich geschehen war, waren der Mann von der Rezeption und Li. Ich hatte sowieso beschlossen mich dem Hotel nie wieder zu nähern, also würden meine Eltern nie alles erfahren. Aber Li war mir schon sehr sympathisch gewesen. Vielleicht hatte ich ja Glück und traf ihn irgendwann mal in einem Supermarkt, oder beim Friseur. Obwohl ich mit dem Ausgang der Wette nich zufrieden war, sollte die ganze Geschichte doch noch positive Konsequenzen haben. Bereits eine Woche nach diesem Wettblödsinn sollte sich mein Leben nämlich für immer verändern. Ich hatte den Tag bei meiner Freundin verbracht und war nun auf dem nach Hause Weg. Es dämmerte bereits und das machte mir ein wenig Sorgen. Diese Gegend galt nachts als nicht besonders sicher. Und meine Sorgen waren berechtigt. Plötzlich schnappten mich ein Paar starker Arme von hinten und drückten mir den Mund zu, damit ich nicht schreien konnte. Der Kerl der mich festhielt, hievte mich in einen Wagen, der vorgefahren kam. Er knallte die Tür hinter sich zu und begann mich zu fesseln und zu knebeln. Ich wehrte mich vergebens gegen die Stricke, die mir in die Haut schnitten und weinte stumm vor Angst. Ich konnte es nicht fassen. Wieso immer ich? Die Fahrt kam mir ewig lang vor, dabei konnte sie nicht länger als eine halbe Stunde gedauert haben. Der Wagen hielt vor einem mehrstöckigen Haus und der Mann trug mich hinein. Ich hatte es aufgegeben gegen die Fesseln anzukämpfen, sie schnitten mir nur immer tiefer in die Haut. Der Mann fuhr mit dem Aufzug nach oben. Ich zählte die Stockwerke. Eins – zwei – drei – vier. Der Aufzug hielt im vierten Stock und der Mann trug mich einen langen grau getäfelten Flur entlang. Absurde Gedanken formten sich in meinem Kopf. Diese Leute waren Aliens und wollten mit mir Experimente durchführen. Schnell verwarf ich diesen Gedanken. Ich wollte nicht darüber nachdenken was man mit mir vorhatte. Wir betraten einen ebenso grau getäfelten, mindestens vier Meter hohen Raum. Es brannte kein Licht, aber das war auch nicht nötig. In der rechten hinteren Ecke stand ein gigantisches Aquarium. Es reichte vom Boden bis zur Decke und war bestimmt breiter als es hoch war. Die Neonröhren, die den Fischen, Licht spendeten, erhellten den ganzen Raum, wenn auch nur spärlich. Ein geisterhaftes blau weißes Leuchten. Ich schauderte. Der Mann bugsierte mich auf eine gepolsterte Bank und verließ den Raum. Ein paar Minuten später kam er zurück, mit einem Mann Mitte fünfzig in Begleitung. »Geh.«, befahl der Ältere, dem Muskelprotz hinter sich. Als der Riese verschwunden war kam der ältere Mann auf mich zu. Ich wimmerte ängstlich. »Nicht doch. Für jemanden wie dich ziemt es sich nicht seine Angst so offen preis zu geben. Wenn man jedoch bedenkt, dass du dich momentan für einen Menschen hältst …«, er brach ab und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wieso sie dich gefesselt haben. Hör zu, wenn du versprichst, ruhig zu bleiben und nicht wegzurennen, mach ich dich los, einverstanden?«, fragte er. Ich zählte meine Möglichkeiten ab. So schnell würde ich hier nicht raus kommen und ich konnte schwören, dass die Wände schalldicht waren. Als würde niemand kommen können um mich zu retten. Und die angewinkelte Liegelage begann allmählich zu schmerzen. Deshalb nickte ich. Besser ohne Fesseln als mit. Der Mann nickte ebenfalls und befreite mich. Ich setzte mich auf und sprudelte los: »Wer sind sie und was wollen sie von mir?« Ich hatte meine Stimme eigentlich kräftig klingen lassen wollen, brachte aber nur ein Piepsen zustande. »Zu gegebener Zeit wirst du das erfahren. Und nun, komm mit. Ich möchte dir etwas zeigen.« Er drehte sich um, ohne noch einmal nach mir zu sehen und stellte ich vor das gigantische Aquarium. Ich folgte ihm zögernd und stellte mich neben ihn. Es schien als sähe er den Fischen beim Schwimmen zu. Wollte er mir das Aquarium zeigen? Zugegeben, sein Größe und die Artenvielfalt der Fische war überwältigend, aber was nützte mir das? Ich betrachtete ihn eine Weile, aber als er sich nicht regte, sah ich auch den Fischen zu. Ein kleiner blauer jagte einen kleinen roten. Dann wurden sie von einem größeren gestreiften auseinander gedrängt. »Du heißt nicht Mori.«, brach der Mann die Stille und riss mich aus meinen Gedanken. Verwirrt sah ich auf. Ich konnte mir nicht erklären woher er meinen Namen wusste. Dann wunderte ich mich, dass er bestritt, dass ich so hieß. Er hatte mich nicht einmal gefragt, sondern es wie eine Tatsache klingen lassen. »Doch, natürlich heiße ich Mori.«, beharrte ich. Der Mann schüttelte den Kopf. »Du heißt Kaylie.«, sagte er. Kaylie? Das war nicht einmal ein japanischer Name. War der Kerl etwa schon senil? »Ich heiße nicht – « »Doch, tust du. Und wenn du nun einen Augenblick still hältst, erfährst du auch warum.« Er kramte etwas aus seiner Hosentasche hervor, das aussah wie einer dieses uralten Gameboys. »Das ziept jetzt ein wenig.«, sagte er ruhig. Ziepen? Was hatte er vor? Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, drückte er mir das Ding in den Nacken und spürten einen ziehenden Schmerz. Bevor ich das Bewusstsein verlor, hörte ich die Stimme einer Frau sagen: »Merkwürdig, sie mit einem Elektroschocker lahm legen zu können.« An das nächste das ich mich erinnere ist, dass ich mich in einer Art Halbschlaf befand. Ich hörte das Summen von Computern und Neonröhren um mich herum. Nahm die Stimmen der Menschen war, verstand aber nicht was sie sagten, war unfähig auch nur einen Muskel zu rühren, ich konnte nicht einmal die Augen öffnen. Plötzlich spürte ich einen Schmerz in meinen Schläfen. Aber es fühlte sich so an wie eine Impfnadel, der Schmerz war dementsprechend kurz. Dann, urplötzlich strömten haufenweise Bilder auf mich ein. Es war wie Fernsehen und träumen zu gleich. Eine glückliche Familie … zwei schwarzhaarige Kinder … eine Mädchen das mit einer Horde älterer Jungen kämpft … zwei blutüberströmte Leichen … dieselben schwarzhaarigen Kinder, nur älter … ein Rudel riesiger Hunde … eben diese Hunde im Kampf mit Menschen. So plötzlich wie der Strom der Bilder gekommen war, versiegte er auch. Ich spürte noch einmal den Schmerz an meinen Schläfen. Ich atmete etwas ein das mich schwummrig im Kopf machte. Und dann konnte ich mich bewegen. Ich schlug die Augen auf und musste von dem grellen weißen Licht blinzeln. Als meine Augen sich an das Licht gewöhnt hatten erschrak ich zuerst, meine Sicht war merkwürdig verschwommen und meine Augen brannten. Dann begriff ich, dass ich unter Wasser lag. Ich richtete mich vorsichtig auf und bemerkte ein Beatmungsgerät auf meinem Mund und meiner Nase. Ich zog es weg und es wurde in Decke gesogen. Verwirrt schaute ich mich in dem Raum um. Er war ziemlich klein, nicht größer als ein Badezimmer und genauso weiß gekachelt. Vor mir befand sich eine Tür, die aber keinen Griff hatte und links daneben ein kleiner Schreibtisch auf dem ein Flachbildmonitor summte. Daneben druckte ein Drucker unaufhaltsam auf ein schier endloses Papier, das sich von alleine faltete. Der Computer stand unter dem Schreibtisch. Ich drehte mich um, um auch den Rest des Raumes zu sehen. Doch hinter mir war nichts. Dann blickte ich an mir runter und schnappte nach Luft. Ich war nackt! Ich wollte automatisch die Knie anziehen und schlug mir prompt das Bein an. Das Behältnis in dem ich saß war ungefähr zwei Meter lang und gefüllt mir kristallblauem Wasser. Und es war eng, deswegen konnte ich mich kaum bewegen. Plötzlich öffnete sich die Tür und ich schrak zusammen. Die Tür hatte sich automatisch geöffnet, wie in einem Supermarkt und eine Frau trat herein. »Hallo Kaylie.«, sprach sie mich an. Verwirrt blinzelte ich, denn ich wusste, sie konnte nur mich meinen. Waren diese Leute alle schwer von Begriff? Ich hieß Mori, verdammt! Die Frau wartete und als ich nichts sagte seufzte sie. »Dann bist du wohl noch nicht so weit. Du siehst zumindest wieder wie früher aus, aber anscheinend kannst du dich noch nicht erinnern. Schade, wir hatten gehofft es würde etwas schneller gehen. Ich leg dir deine Kleider hier hin. Ich muss noch deine Werte prüfen.«, sagte sie und legte ein Bündel Kleider neben mir auf den Boden. Dann ging sie zu dem Monitor und bediente ihn per Touchscreen. Ich hatte nicht ein Wort verstanden von dem was diese Frau gesagt hatte. Misstrauisch schielte ich auf die Kleider hinab. So etwas würde ich nie anziehen! Ich trug nur Jogginghosen, Sandalen und weite Pullis! Aber diese Klamotten bestanden aus einer Jeans, einem winzigen Stück grauen Stoff, das wie es aussah, ein Oberteil darstellen sollte, einer leichten schwarzen Sportjacke, zwei schwarzen Chucks, so was von potthässlich die Dinger! Ein schwarzer BH und einem schwarzen Slip. Alles war viel zu dunkel! Ich mochte bunte Farben und vor allem lange Sachen. Genervt fuhr ich mir durch die Haare und erschrak abermals. Normalerweise stieß ich, selbst wenn sie nass waren, bei meinen Haaren auf einen gewissen Widerstand. Doch jetzt konnte ich ohne hängen zu bleiben durch fahren. Und scheinbar waren sie länger geworden. Wie konnte das sein? Wie lange hielten mich diese Leute schon hier fest? Ich nahm eine Strähne meines Haares zwischen meine Finger und keuchte erschrocken auf. Sie waren schwarz! Meine sonst so braunen Haare waren schwarz! Und nicht mehr gewellt, sondern glatt! Plötzlich strömten die unbekannten Bilder wieder durch meinen Kopf. Dieses Mal allerdings, mit einem gewissen Gefühl von Vertrautheit. Ich wusste nicht woher, aber die Bilder kamen mir bekannt vor. In Gedanken korrigierte ich mich. Nein, das war nicht einfach Bilder, es waren Erinnerungen, wie mir schlagartig bewusst wurde. Dann strömten noch mehr Erinnerungen durch meinen Kopf und meine Wahrnehmungen begannen schärfer zu werden. Meine Sicht wurde schärfer, als wäre ich kurzsichtig gewesen und hätte nun eine Brille aufgesetzt. Es war alles so unfassbar klar! Mein Gehör nahm ebenfalls zu. Ich hörte die Stimmen außerhalb des Raumes, klar und deutlich, als würden sie neben mir stehen. Das Summen im Raum wurde lauter. Aber was am schärfsten wurde, war mein Geruchssinn. Das Wasser in dem ich saß, stank nun so stechend scharf, dass es mir im Hals brannte und ich husten musste. Und den Geruch der Frau nahm ich ebenfalls war. Sie trug ein Parfüm das ich nicht einordnen konnte und sie stank nach Schweiß. »Wie lange waren sie schon nicht mehr duschen?«, fragte ich sie mit einem plötzlichen Anflug von Hochmut. Dann kam ich wieder zu mir und knallte mir die Hände vor den Mund. Was war nur los mit mir? Ich war sonst nie respektlos gegenüber einem Erwachsenen! Und meine Stimme hatte sich auch verändert. Meine helle Kinderstimme war nun viel tiefer und sie klang … gut. Ich hatte meine Stimme immer total gehasst und jetz war sie schön. Die Frau drehte sich zu mir um und zu meiner Überraschung lächelte sie. Entgeistert starrte ich sie an. »Na, siehst so aus als ob du wieder langsam die Alte wirst, was?«, sagte sie und drehte sich ohne eine Antwort abzuwarten wieder um. Die Alte? Was meinte sie damit? Und schlagartig wusste ich alles wieder. Es war als hätte mir ein Wort auf der Zunge gelegen und ich wäre nicht drauf gekommen, bis jemand mir den entscheidenden Tipp gegeben hatte. Ich wusste wieder wo ich war, was ich war, wer ich war. Erleichtert atmete ich aus und musste dann über meine eigene menschliche Dummheit lachen. Wie konnte ich mich je für Respektlosigkeit schämen? Ich hatte jeglichen Respekt gegenüber den Menschen verloren. Grinsend schwang ich mich behände aus dem Becken und landete sicher und geräuschlos auf meinen Fußballen. Davon musste ich noch breiter grinsen, denn bis vor wenigen Sekunden, hätte mich dieses Kunststück sicher aus dem Gleichgewicht gebracht. Vor allem da meine Füße nass waren. Wenn ich genauer darüber nachdachte, wäre ich nicht einmal so leicht aus dem Becken gekommen. Tropfend schaute ich mich um. »Soll ich etwa nass in meine Kleider steigen?«, fragte ich. Die Forscherin wandte sich mit fragendem Gesichtsausdruck um. »Kaylie?«, fragte sie. Ich verdrehte die Augen. Wer denn sonst. »Ja«, sagte ich leicht herablassenden. Die Forscherin nickte und verschwand eilig aus dem Raum. Ich zählte die Sekunden und nach einer halbe Minute kehrte sie, mit einem großen weißen Handtuch, zurück. Ich trocknete mich schnell ab, zog mich an und sog den Duft meiner Kleider ein. Ich war so froh wieder die Alte zu sein. Die Tür öffnete sich abermals und Bradley betrat den Raum. Ich grinste wieder, denn bis vor kurzem war er in meinen Gedanken noch >der ältere Mann< gewesen. »Bradley.«, sagte ich. Er lächelte mich an, kam eilends auf mich zu und rutschte prompt, auf dem Wasser das ich verspritzt hatte, aus. Er konnte sich gerade noch an der Wand abfangen um nicht der Länge nach auf den Boden zu schlagen. Ich zog die Augenbrauen nach oben. »Vorsicht.«, mahnte ich sarkastisch. Bradley richtete sich steif auf. »Wieder ganz die Alte, was?«, fragte er. Ich nickte grinsend. »Du auch. Das Alt, meine ich. Die Zeit hat dir wie’s scheint nicht gut getan.«, sagte ich. Er lächelte verkrampft. »Man wird eben nicht jünger.«, sagte er. »Du nicht, nein.«, sagte ich sarkastisch und betonte das >du<. »Sehr witzig, Mädchen. Komm mit raus, dann erklär ich dir unsere momentane Situation.«, sagte Bradley Ich folgte ihm und verglich in Gedanken sein Gesicht mit früher. Er hatte mehr Falten bekommen, besonders um den Mund und die Augen herum. Früher hatte er nur ein paar graue Strähnen in seinen brauen Haaren gehabt. Jetzt war es umgekehrt. Ich verließ das Labor und drehte mich einmal um die eigene Achse. Als ich das letzte mal hier gewesen war, waren die Wände noch unverputzt und um das Labor stand kein monströses Aquarium. Ich wandte mich dem Monster zu, verschränkte die Arme und legte den Kopf schief. Dabei fielen mir die Haare ins Gesicht. Unwirsch strich ich sie zurück. »Warum habt ihr dieses … Aquarium dahin gebaut?«, fragte ich. Ich hatte >Monster< statt Aquarium sagen wollen, es dann aber gelassen. Bestimmt würde es Bradleys Gefühle verletzten und außerdem sah es doch ganz schick aus. »Um das Labor zu verstecken, falls wir mal unwissende Gäste haben.«, antwortete er. Ich nickte nur und sah mich weiter um. In der gegenüberliegenden Ecke des Monsters stand ein langer hölzerner Esstisch. Auf den zwei Eckseiten des Tisches, stand eine Eckbank und auf der andere Seite, dazu passende Holzstühle. Auf der rechten Seite, diagonal gegenüber dem Monster, stand eine weitere grün gepolsterte Eckbank. Es gab nur einen kleinen grauen Kunststofftisch in der Mitte. Stühle waren keine da. Daneben stand ein weißer Schreibtisch mit demselben Modell an Monitor und Computer wie im Labor. Neben dem Monster war schlicht nichts. Und der ganze Raum, der Boden, die Wände und die Decke waren von diesen dunkelgrauen Tafeln überdeckt, von denen eine einen Quadratmeter groß war. Das einzige Licht stammte von dem Monster. Mit meinen menschlichen Augen hatte das Leuchten der Neonröhren etwas Gespenstisches. Jetzt konnte ich darüber nur lachen. Ich sah in der Dunkelheit genauso gut wie am helllichten Tage, deswegen störte mir dieser Lichtmangel nicht. Aber die Menschen fühlten sich hier bestimmt unwohl. Ich schüttelte den Kopf über diese geschmacklose Inneneinrichtung. »Setz dich.«, wies mich Bradley an. Ich ließ mich auf eines der grünen Sitzpolster nieder. Wenigstens waren sie gemütlich. »Du weißt über das Hell’s und das Heavens’s Gate Bescheid und ebenso über das was in Südamerika geschehen ist?«, fragte er. »Vage.«, antwortete ich. »Vage. Das passt. Die Regierungen überall auf der Welt, verschweigen der gewöhnlichen Bevölkerung ein paar wichtige Details. Zusammen mit den Gates vor zehn Jahren, sind auch so genannte Contractors und Dolls erschienen.« Ich zog fragend eine Augenbraue nach oben. »Die Contractors sind Menschen die einen Kontrakt mit dem Gate eingegangen sind. Sie beherrschen dadurch besondere Fähigkeiten. Der Name Contractor rührt von dem so genannten Contract Payment her, eine Bezahlung die sie jedes Mal nach Verwendung ihrer Fähigkeiten leisten müssen. Dabei bezahlen sie aber nicht direkt mit Geld, sondern sie müssen etwas Bestimmtes tun. Ich kann dir keine Beispiele geben, denn ich weiß keine. Aber zusammen mit dem Erhalt ihrer Fähigkeiten verabschieden sie sich von den meisten ihrer Emotionen. Nur Wut, Hass, Neid und solche Dinge bleiben übrig. Die meisten Contractors sind hervorragenden Schauspieler. Aber du darfst dich von ihnen nie auf Kreuz legen lassen, das könnte das Letzte sein was du tust. Sie werden entweder von der Regierung, oder so genannten Syndikaten angeheuert, um Morde zu begehen.« Ich knurrte unwillkürlich. »Ganz ruhig. Es ist eine erwiesene Tatsache das es die Contractors vor 17 Jahren noch nicht gab.« Das beschwichtigte mich ein wenig. »Die Contractors handeln nur absolut rational. Sie haben kein Mitleid mit ihren Opfern, sei es auch eine alte Frau oder kleines Kind gewesen, die sie ermordet haben. Dann gibt es noch die Dolls. Wie der Name schon sagt sind sie nicht mehr als Puppen. Sie sind absolut emotionslos und willenlos. Die meisten verlieren jegliche Kontrolle über ihren Körper und werden von der Regierung eingesetzt für so ziemlich alles. Sie sind die besten Überwachungskameras, besonders da nur Contractors ihre Observer Sprits sehen können. Das sind kleine Geister die meistens auf den Stromleitungen herumhuschen und Informationen sammeln. Und was den künstlichen Sternenhimmel betrifft.«, er hielt kurz inne und sah mich prüfend an. Ich wusste natürlich, dass der Himmel nicht echt war. »Er dient nicht dazu den echten Sternenhimmel zu verdecken, sondern die Sterne zeigen die Leben der Contractors an.«, fuhr er fort. Ich sah ihn verblüfft an und wartete darauf das er mir das erklärte. »Jeder Stern ist ein Contractor. Wenn ein Stern vom Himmle fällt, ist ein Contractor gestorben. Die Regierung überwacht die Sterne, denn wenn einer vibriert, setzt ein Contractor gerade seine Fähigkeit ein.« Er schwieg und ich dachte nach. »Wo sind die anderen?«, brach ich dann die Stille. Bradley seufzte schwer. »Das wüsste ich auch gern.«, sagte er. Die Enttäuschung war so groß, das ich hätte heulen können. Ich war also die Einzige bisher. »Wie hast du mich eigentlich gefunden?«, fragte ich, mehr um mich abzulenken, als dass es mich interessiert hätte. »Das war purer Zufall. Einer meiner Angestellten fand dich. Er ist noch nicht lange bei uns. Er fand dich in einem Hotel.« Der Mann von der Rezeption. Bei dieser Erinnerung erfasste mich rasenden Wut. Ich ballte die Hände zu Fäusten, knirschte mit den Zähnen und unterdrückte ein Knurren. Die Menschen waren so naiv, dass sie alles glaubten. Ich hatte das am eigenen Leib zu spüren bekommen. Von wegen Wetten brechen sei verboten. Hätte mich dieser Saburou jetzt so ausgetrickst, mit diesem widerlichen menschlichen Gesöff, das sich Alkohol nannte, hätte ich ihn gesucht und gegrillt. So viel stand fest. Ich überlegte ob ich ihn vielleicht suchen sollte. Schnell verwarf ich den Gedanken. Ich war ja kein Mensch. Als ich den Kopf senkte, fielen mir wieder die Haare ins Gesicht. »Ach, verdammt!«, fluchte ich und strich sie zurück. »Ich brauche ein Haargummi!«, fauchte ich Bradley an. Normalerweise war Bradley der einzige Mensch zu dem ich freundlich war. Trotzdem bereute ich es nich unfreundlich gewesen zu sein. Er war ja doch nur ein Mensch. Bradley nickte einem seiner Angestellten zu und der verschwand augenblicklich durch das Loch in der Wand, wo die Tür sein sollte. Keine fünf Minuten später kam er zurück und gab mir mit zitternder Hand ein blaues Gummi. Ich nahm es ihm sanft ab, ohne ihn zu berühren und trotzdem schauderte er. Als ich ihn böse ansah machte er einen erstickten Laut und rannte aus dem Raum. Bradley seufzte. »Selbst schuld wenn du sie einweihst.«, sagte ich gelassen und band meine Haare zusammen. »Komm mit. Ich zeig dir dein Zimmer. Morgen erklär ich dir den Rest.«, sagte Bradley, ohne auf mich einzugehen und stand auf. Ich folgte ihm und wir gingen den grau getäfelten Flur entlang, den ich nur in meiner menschlichen Erinnerung hatte. Dafür verfluchte ich mich und prägte mir den Flur mit meinen scharfen Augen umso besser ein. Bradley führte mich bis ans Endes des Flurs, nicht zu dem Aufzug, der ebenfalls grau war, und bog um die Ecke. Er blieb an einer silbernen Metalltür stehen und kramte in seiner Jacketttasche. Er zog eine Karte heraus die er mir reichte. »Das ist der Schlüssel für deine Tür. Es gibt keine zweite. Wenn du sie verlierst kommst du nicht mehr rein.«, mahnte er. Ich nahm die Karte und machte »Tss« Bradley schüttelte den Kopf über meinen Starrsinn und wollte gerade gehen, da machte er noch mal halt und drehte sich um. Abwartend sah ich ihn an. »Noch was, benutz keine Elektrizität, spring nirgends hoch oder runter, wo du es als Mensch nicht auch geschafft hättest und heb nicht zu schwer.«, erklärte er. »Warum?«, wollte ich wissen. »Dein Körper muss sich erst noch umstellen. Wenn du, zum Beispiel, versuchst von einem Einfamilienhaus zu springen, brichst du dir die Beine. In ein oder zwei Tagen dürfte das vergehen. Raus kannst du vorerst auch nicht. Die Tür unten ist verschlossen.«, sagte er ging. Ich zuckte die Schultern, zog die Karte durch den vorgesehen Spalt und betrat mein neues Reich. Kapitel 2: Ein neues Leben (zensiert) ------------------------------------- Ich hätte gedacht es würde nicht ins Adult gesetzt werden aber tja *seufz* eben doch. Das ist die zensierte Version. _______________________________________________________________________________ Ich hätte diese dämliche Entscheidung niemals fällen sollen. Es war einfach hirnrissig. Sonst war ich doch auch nicht so durchgeknallt. Im Gegenteil; normalerweise war ich das ruhige, liebe Mädchen, ein Mauerblümchen. Jetzt im Nachhinein kann ich nicht sagen, dass es falsch gewesen wäre. Diese Entscheidung hatte alles verändert, oder sollt ich besser sagen, wieder richtig hingebogen? Alles begann mit diesem Typen, den ich in einem Chatforum kennen lernte. Er hatte mir ein Bild von sich geschickt und ich ihm, allerdings widerstrebend, eins von mir. Er sah gar nicht mal so schlecht aus und er behauptete, er fände mich süß. Ich fand mich schon immer hässlich. Meine Augen waren matschbraun und meine Haare auch, nur einen Nuance heller. Aber was mich am meisten störte waren die blöden Wellen in meinen Haaren. Jedenfalls gefiel ihm mein Aussehen. Und dann schlug er mir diese dämliche Wette vor. Ich sollte bald einen Klassenausflug machen. Dieser Ort war eine ziemlich üble Gegend. Natürliche habe ich ihm davon erzählt, und er meinte wir könnten doch wetten. Er sagte, wenn ich dort keinen Alkohol trinken würde, hätte ich die Wette gewonnen. Er würde mir dann den lang ersehnten Ausflug nach Osaka spendieren. Sein Gewinn war weniger reizend, für mich jedenfalls. Er wollte ***. Mit mir. Unglaublich. Aber ich dachte mir, diese Wette hätte ich sowieso schon so gut wie gewonnen, denn ich hatte noch nie Alkohol getrunken und hatte es auch nicht vor. Und mein Gewinn war so verlockend. Deswegen stimmte ich zu. Blöder Fehler. Zur Absicherung verlangte er, dass ich ihm die Handynummern, drei meiner männlichen Klassenkameraden liefern sollte, damit sie mich kontrollieren könnten. Ich dachte mir nichts dabei, nicht einmal, als er ausdrücklich Jungs verlangte. Wieder ein blöder Fehler. Und so fuhren wir. Erst später erfuhr ich, dass diese drei Kerle aus meiner Klasse, mir eines Abends als wir eine Disco besuchten, Wodka in meine Cola mischten. Ich merkte nichts, denn Wodka ist Geruchs – Geschmacks – und farblos. Kluger Schachzug. Wir beendeten den Ausflug und ich hatte Angst. Dieser Mistkerl freute sich natürlich wie ein Kind an Weihnachten. Ich hatte ihm nämlich erzählt, dass ich noch Jungfrau war. Er hatte meine Klassenkameraden eingeweiht und sie dazu angestiftet mir den Wodka ins Getränk zu mischen. Klar, dass er Jungs dafür wollte: Ein Mädchen würde da nie mitmachen. Ich wollte die Wette annullieren, aber er meinte ich habe Alkohol getrunken, wenn auch unabsichtig. Er meinte zu dem noch, dass er es sonst der Polizei Bescheid geben würde. Die würden gebrochene Wetten nämlich hart bestrafen. Dumm und naiv wie ich war glaubte ich ihm und löste meine Wette ein. Wir hatten ein Hotel vereinbart, in dem wir ein Zimmer für eine Nacht buchen wollten. Was heißt, wir. ER wollte das. Zu dem sollte ich auch noch die K****** kaufen. Gott, das war so peinlich gewesen. Mit zitternden Knien betrat ich das Hotel um ein Zimmer zu nehmen. Ich sollte auch das Zimmer bezahlen. »Hallo …«, flüsterte ich dem älteren Herren, der an der Rezeption stand zu. »Hallo. Möchtest du ein Zimmer?«, fragte er freundlich. Ich nickte steif, ohne ihn anzusehen. »So, dann gebe ich dir Zimmer 405. Wie lange?« »Eine Nacht.«, piepste ich. »Schön. Das macht dann 2000 Yen.« Ich bezahlte und er gab mir den Schlüssel. Steif stakste ich auf die Lobbystühle zu und ließ mich auf einem nieder. Der Kerl, Saburou hieß er, verspätete sich. Als er dann das Hotel betrat sah er ganz lässig und selbstzufrieden aus. Ich wäre ihm am liebsten an den Hals gegangen, hätte ich nicht so eine Scheiß Angst gehabt. »Na, Süße. Gehen wir.«, sagte er. Seine Stimme klang schmierig und er grinste mich anzüglich an. Ich stand auf, wieder zitternd und er legte einen Arm um mich. Ich schauderte. »He, keine Angst. Ich werde auch gaaaanz vorsichtig sein, versprochen.«, flüsterte er mir ins Ohr. Ich schluckte. Wer’s glaubt wird selig. **** Zensierter Teil **** Schließlich beschloss ich das ganze zu beenden. Ich hatte einen jüngeren Bruder. Obwohl er jünger war, war er einen Kopf größer und viel stärker als ich. Wir verstanden uns überhaupt nicht und stritten deswegen oft, manchmal prügelten wir uns. Da ich in einer körperlichen Rangelei deutlich unterlegen war, hatte ich einen Punkt an seinem Rücken gefunden, der ihm, wenn ich ihn drückte, heftig Schmerzen bereitete, sodass ich davon laufen konnte. Ich hoffte, dass das auch hier funktionierte. Anders befreien konnte ich mich nicht, denn er hielt mich wie, als säße ich in einem Schraubstock. **** Zensierter Teil **** Ich fuhr mit den Händen seinen Rücken entlang, auf der Suche nach diesem Punkt. Ich fand ihn, glücklicherweise. Er saß zwischen den Schulterblättern und ohne zu zögern drückte ich zu. Der gewünschte Effekt folgte. Er schrie auf und machte sich von mir los. Gleichzeitig rutschte er an das andere Ende des Bettes. Blitzschnell sprang ich auf und suchte nach etwas, dass ich ihm auf den Kopf donnern konnte. Während ich suchte, spürte ich, dass etwa warmes meinen Innenschenkel hinabrann. Ich blickte hinunter. Blut. Ich blutete! Saburous Gesichtsausdruck verwandelte sich von Unglauben in Wut. Jetzt wurde es Zeit das ich mir eine Waffe besorgte. Aber das einzige das in Reichweite und noch am ehesten für einen Schlag dienen würde, war das Telefon. Natürlich! Das Telefon! Ich konnte an der Rezeption anrufen! Der Mann hatte mir gesagt, wenn es Probleme gäbe, solle ich einfach unter der Nummer 389 anrufen, dann würde er hoch kommen und nach sehen. Ich sprang zum Telefon und schnappte es mir. Es war ein altes Schnurtelefon. Den Hörer hielt ich wie zum Schlag bereit. Unbemerkt und langsam tippte ich die drei Ziffern. 3 – 8 – 9. »Komm her du S****** und lass dich f*****! Ansonsten zwing ich dich dazu!«, brüllte Saburou. Aber ich achtete nicht auf ihn den im selben Moment meldete sich die Stimme des Mannes von der Rezeption. »Hilfe! Er will mich vergewaltigen! Helfen Sie mir! Zimmer 405!«, donnerte ich in den Hörer. Saburou sprang vom Bett und kam auf mich zu. Ich ließ das Telefon fallen und hastete an ihm vorbei. Da ich klein und wendig war, und er mindestens zwei Köpfe größer, gelang mir das problemlos. Ich schnappte mir die Bettdecke und wickelte sie um mich, um meine Blöße zu verstecken. Saburou wollte gerade wieder auf mich zu stürmen als die Tür aufsprang. Der Mann von der Rezeption und ein jüngerer, nur ein wenig älter wie ich, stürmten herein. »Li, schnapp dir den Jungen!«, rief der ältere Mann und der Junge namens Li ging zu Saburou und drückte ihn, mit einer Kraft die ich ihm nicht zu getraut hätte auf das Bett. »Lass mich los, du Arsch!«, brüllte Saburou. Li verdrehte Saburous Arme, sodass er vor Schmerz schrie. Ich wusste, dass man einem so die Arme brechen konnte. Jetzt wimmerte Saburou. Erleichtert sank ich an der Wand in mich zusammen. Der Mann von der Rezeption kam auf mich zu. »Alles in Ordnung?«, fragte er besorgt. Ich schüttelte und nickte im selben Moment mit dem Kopf, sodass eine merkwürdige Bewegung draus wurde. Der Man seufzte. »Li, bring ihn runter und sperr ihn hinter der Rezeption ein. Und nimm seine Klamotten mit.«, sagte der Mann ohne aufzusehen. Li packte Saburou stärker, denn er wimmerte lauter und knurrte: »Beweg dich!« und verließ das Zimmer. »Als erstes rufe ich eine Ärztin, die dich untersucht und dann die Polizei. Geh ins Badezimmer und wasch dich, danach zieh dich an.«, sagte der Mann und ging zu dem am Boden liegenden Telefon. Nachdem die Ärztin mich untersucht hatte, wurde ich hinunter in die Lobby geschickt. Der Mann von der Rezeption hatte nach der Nummer meiner Eltern gefragt, die er nun benachrichtigen wollte. Ich hatte ihn gebeten ihnen nichts zu erzählen. Das wollte ich selbst tun, oder zumindest ein wenig davon. Ich kauerte auf einem Lobbystuhl, die Knie angezogen und das Gesicht verborgen. Das Knarren eines Stuhls ließ mich zusammen fahren. Panisch sah ich auf. Und blickte in das Gesicht des Jungen, der mir geholfen hatte: Li. »Ganz ruhig. Ich tu dir nichts.«, sagte er sanft. Seine Stimme war sehr angenehm und beruhigend. Sofort entspannte ich mich und verbarg wieder das Gesicht. Eine Weile schwiegen wir. Dann brach ich das Schweigen. »Nach was hat das ausgesehen?«, fragte ich flüsternd und spähte von meinen Knien auf. Li sah mich an. Sein Blick war unergründlich. »Als ob ihr Spaß haben wolltet und er zu weit gegangen ist.«, sagte Li ruhig. Ich sah ihn geschockt an und vergrub abermals das Gesicht. Ich war den Tränen nahe. »Dann war es nicht so?«, fragte Li. Ich schüttelte den Kopf. Plötzlich hatte ich das Gefühl mich ihm anvertrauen zu müssen. »Es war eine Wette. Ich hätte sie nie verloren, hätten mich die Jungs aus meiner Klasse nicht ausgetrickst.«, gestand ich kleinlaut. Ich sah vorsichtig auf. Li hatte die Stirn gerunzelt. »Und du hast einfach zugestimmt, obwohl der Einsatz so hoch war?«, fragte er. »Ich hatte ja nicht erwartet zu verlieren.« »Du hättest es immer noch beenden können. Hätte er verloren, hätte er seinen Teil sicher nicht eingelöst.« Sein Blick verdüstert sich. »Ich kenne solche Typen.« Ich sah ihn verblüfft an. »Aber, ist es nicht verboten eine Wette zu brechen?«, fragte ich. Er sah überrascht auf. »Verboten? Wetten zu brechen ist nur in Casinos verboten und da darfst du sowieso nicht rein. Ihr hattet bestimmt nicht einmal einen schriftlichen Vertrag.«, erklärte Li. »Dann hat er mich angelogen?«, fragte ich fassungslos. »Typen wie er können nur lügen.«, sagte er bitter. »Mori?«, fragte plötzlich eine Stimme neben mir. Ich drehte mich um, als ich meinen Namen hörte, und sah den Mann von der Rezeption. »Deine Eltern sind da. Komm, ich bring dich zu ihnen.« Steif stand ich auf und stakste dem Mann hinterher. »Tschüss und Danke!«, rief ich Li über die Schulter zu. Er hob die Hand zum Abschied. Als wir das Hotel verließen nahm mich meine Mutter sofort in die Arme. »Ich habe mir solche Sorgen gemacht.«, schluchzte sie. Mein Vater legte mir eine Hand auf die Schulter und schwieg. Als meine Mutter sich beruhigte hatte, bedankte ich mich bei dem Mann und ließ mich von meinem Vater in den Wagen schieben. Auf der Heimfahrt erzählte ich meinen Eltern eine abgeschwächte Version von dem Geschehenen. Ich sagte, Saburou hätte mich abgefangen, mich in eine Gasse gezerrt und mich dort vergewaltigt. Sie glaubten mir ohne weiter nach zu fragen. Ich hätte nie die Kraft und den Mut aufwenden könne ihnen die volle Wahrheit zu erzählen. Und die Einzigen die halbwegs wussten was wirklich geschehen war, waren der Mann von der Rezeption und Li. Ich hatte sowieso beschlossen mich dem Hotel nie wieder zu nähern, also würden meine Eltern nie alles erfahren. Aber Li war mir schon sehr sympathisch gewesen. Vielleicht hatte ich ja Glück und traf ihn irgendwann mal in einem Supermarkt, oder beim Friseur. Obwohl ich mit dem Ausgang der Wette nich zufrieden war, sollte die ganze Geschichte doch noch positive Konsequenzen haben. Bereits eine Woche nach diesem Wettblödsinn sollte sich mein Leben nämlich für immer verändern. Ich hatte den Tag bei meiner Freundin verbracht und war nun auf dem nach Hause Weg. Es dämmerte bereits und das machte mir ein wenig Sorgen. Diese Gegend galt nachts als nicht besonders sicher. Und meine Sorgen waren berechtigt. Plötzlich schnappten mich ein Paar starker Arme von hinten und drückten mir den Mund zu, damit ich nicht schreien konnte. Der Kerl der mich festhielt, hievte mich in einen Wagen, der vorgefahren kam. Er knallte die Tür hinter sich zu und begann mich zu fesseln und zu knebeln. Ich wehrte mich vergebens gegen die Stricke, die mir in die Haut schnitten und weinte stumm vor Angst. Ich konnte es nicht fassen. Wieso immer ich? Die Fahrt kam mir ewig lang vor, dabei konnte sie nicht länger als eine halbe Stunde gedauert haben. Der Wagen hielt vor einem mehrstöckigen Haus und der Mann trug mich hinein. Ich hatte es aufgegeben gegen die Fesseln anzukämpfen, sie schnitten mir nur immer tiefer in die Haut. Der Mann fuhr mit dem Aufzug nach oben. Ich zählte die Stockwerke. Eins – zwei – drei – vier. Der Aufzug hielt im vierten Stock und der Mann trug mich einen langen grau getäfelten Flur entlang. Absurde Gedanken formten sich in meinem Kopf. Diese Leute waren Aliens und wollten mit mir Experimente durchführen. Schnell verwarf ich diesen Gedanken. Ich wollte nicht darüber nachdenken was man mit mir vorhatte. Wir betraten einen ebenso grau getäfelten, mindestens vier Meter hohen Raum. Es brannte kein Licht, aber das war auch nicht nötig. In der rechten hinteren Ecke stand ein gigantisches Aquarium. Es reichte vom Boden bis zur Decke und war bestimmt breiter als es hoch war. Die Neonröhren, die den Fischen, Licht spendeten, erhellten den ganzen Raum, wenn auch nur spärlich. Ein geisterhaftes blau weißes Leuchten. Ich schauderte. Der Mann bugsierte mich auf eine gepolsterte Bank und verließ den Raum. Ein paar Minuten später kam er zurück, mit einem Mann Mitte fünfzig in Begleitung. »Geh.«, befahl der Ältere, dem Muskelprotz hinter sich. Als der Riese verschwunden war kam der ältere Mann auf mich zu. Ich wimmerte ängstlich. »Nicht doch. Für jemanden wie dich ziemt es sich nicht seine Angst so offen preis zu geben. Wenn man jedoch bedenkt, dass du dich momentan für einen Menschen hältst …«, er brach ab und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wieso sie dich gefesselt haben. Hör zu, wenn du versprichst, ruhig zu bleiben und nicht wegzurennen, mach ich dich los, einverstanden?«, fragte er. Ich zählte meine Möglichkeiten ab. So schnell würde ich hier nicht raus kommen und ich konnte schwören, dass die Wände schalldicht waren. Als würde niemand kommen können um mich zu retten. Und die angewinkelte Liegelage begann allmählich zu schmerzen. Deshalb nickte ich. Besser ohne Fesseln als mit. Der Mann nickte ebenfalls und befreite mich. Ich setzte mich auf und sprudelte los: »Wer sind sie und was wollen sie von mir?« Ich hatte meine Stimme eigentlich kräftig klingen lassen wollen, brachte aber nur ein Piepsen zustande. »Zu gegebener Zeit wirst du das erfahren. Und nun, komm mit. Ich möchte dir etwas zeigen.« Er drehte sich um, ohne noch einmal nach mir zu sehen und stellte ich vor das gigantische Aquarium. Ich folgte ihm zögernd und stellte mich neben ihn. Es schien als sähe er den Fischen beim Schwimmen zu. Wollte er mir das Aquarium zeigen? Zugegeben, sein Größe und die Artenvielfalt der Fische war überwältigend, aber was nützte mir das? Ich betrachtete ihn eine Weile, aber als er sich nicht regte, sah ich auch den Fischen zu. Ein kleiner blauer jagte einen kleinen roten. Dann wurden sie von einem größeren gestreiften auseinander gedrängt. »Du heißt nicht Mori.«, brach der Mann die Stille und riss mich aus meinen Gedanken. Verwirrt sah ich auf. Ich konnte mir nicht erklären woher er meinen Namen wusste. Dann wunderte ich mich, dass er bestritt, dass ich so hieß. Er hatte mich nicht einmal gefragt, sondern es wie eine Tatsache klingen lassen. »Doch, natürlich heiße ich Mori.«, beharrte ich. Der Mann schüttelte den Kopf. »Du heißt Kaylie.«, sagte er. Kaylie? Das war nicht einmal ein japanischer Name. War der Kerl etwa schon senil? »Ich heiße nicht – « »Doch, tust du. Und wenn du nun einen Augenblick still hältst, erfährst du auch warum.« Er kramte etwas aus seiner Hosentasche hervor, das aussah wie einer dieses uralten Gameboys. »Das ziept jetzt ein wenig.«, sagte er ruhig. Ziepen? Was hatte er vor? Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, drückte er mir das Ding in den Nacken und spürten einen ziehenden Schmerz. Bevor ich das Bewusstsein verlor, hörte ich die Stimme einer Frau sagen: »Merkwürdig, sie mit einem Elektroschocker lahm legen zu können.« An das nächste das ich mich erinnere ist, dass ich mich in einer Art Halbschlaf befand. Ich hörte das Summen von Computern und Neonröhren um mich herum. Nahm die Stimmen der Menschen war, verstand aber nicht was sie sagten, war unfähig auch nur einen Muskel zu rühren, ich konnte nicht einmal die Augen öffnen. Plötzlich spürte ich einen Schmerz in meinen Schläfen. Aber es fühlte sich so an wie eine Impfnadel, der Schmerz war dementsprechend kurz. Dann, urplötzlich strömten haufenweise Bilder auf mich ein. Es war wie Fernsehen und träumen zu gleich. Eine glückliche Familie … zwei schwarzhaarige Kinder … eine Mädchen das mit einer Horde älterer Jungen kämpft … zwei blutüberströmte Leichen … dieselben schwarzhaarigen Kinder, nur älter … ein Rudel riesiger Hunde … eben diese Hunde im Kampf mit Menschen. So plötzlich wie der Strom der Bilder gekommen war, versiegte er auch. Ich spürte noch einmal den Schmerz an meinen Schläfen. Ich atmete etwas ein das mich schwummrig im Kopf machte. Und dann konnte ich mich bewegen. Ich schlug die Augen auf und musste von dem grellen weißen Licht blinzeln. Als meine Augen sich an das Licht gewöhnt hatten erschrak ich zuerst, meine Sicht war merkwürdig verschwommen und meine Augen brannten. Dann begriff ich, dass ich unter Wasser lag. Ich richtete mich vorsichtig auf und bemerkte ein Beatmungsgerät auf meinem Mund und meiner Nase. Ich zog es weg und es wurde in Decke gesogen. Verwirrt schaute ich mich in dem Raum um. Er war ziemlich klein, nicht größer als ein Badezimmer und genauso weiß gekachelt. Vor mir befand sich eine Tür, die aber keinen Griff hatte und links daneben ein kleiner Schreibtisch auf dem ein Flachbildmonitor summte. Daneben druckte ein Drucker unaufhaltsam auf ein schier endloses Papier, das sich von alleine faltete. Der Computer stand unter dem Schreibtisch. Ich drehte mich um, um auch den Rest des Raumes zu sehen. Doch hinter mir war nichts. Dann blickte ich an mir runter und schnappte nach Luft. Ich war nackt! Ich wollte automatisch die Knie anziehen und schlug mir prompt das Bein an. Das Behältnis in dem ich saß war ungefähr zwei Meter lang und gefüllt mir kristallblauem Wasser. Und es war eng, deswegen konnte ich mich kaum bewegen. Plötzlich öffnete sich die Tür und ich schrak zusammen. Die Tür hatte sich automatisch geöffnet, wie in einem Supermarkt und eine Frau trat herein. »Hallo Kaylie.«, sprach sie mich an. Verwirrt blinzelte ich, denn ich wusste, sie konnte nur mich meinen. Waren diese Leute alle schwer von Begriff? Ich hieß Mori, verdammt! Die Frau wartete und als ich nichts sagte seufzte sie. »Dann bist du wohl noch nicht so weit. Du siehst zumindest wieder wie früher aus, aber anscheinend kannst du dich noch nicht erinnern. Schade, wir hatten gehofft es würde etwas schneller gehen. Ich leg dir deine Kleider hier hin. Ich muss noch deine Werte prüfen.«, sagte sie und legte ein Bündel Kleider neben mir auf den Boden. Dann ging sie zu dem Monitor und bediente ihn per Touchscreen. Ich hatte nicht ein Wort verstanden von dem was diese Frau gesagt hatte. Misstrauisch schielte ich auf die Kleider hinab. So etwas würde ich nie anziehen! Ich trug nur Jogginghosen, Sandalen und weite Pullis! Aber diese Klamotten bestanden aus einer Jeans, einem winzigen Stück grauen Stoff, das wie es aussah, ein Oberteil darstellen sollte, einer leichten schwarzen Sportjacke, zwei schwarzen Chucks, so was von potthässlich die Dinger! Ein schwarzer BH und einem schwarzen Slip. Alles war viel zu dunkel! Ich mochte bunte Farben und vor allem lange Sachen. Genervt fuhr ich mir durch die Haare und erschrak abermals. Normalerweise stieß ich, selbst wenn sie nass waren, bei meinen Haaren auf einen gewissen Widerstand. Doch jetzt konnte ich ohne hängen zu bleiben durch fahren. Und scheinbar waren sie länger geworden. Wie konnte das sein? Wie lange hielten mich diese Leute schon hier fest? Ich nahm eine Strähne meines Haares zwischen meine Finger und keuchte erschrocken auf. Sie waren schwarz! Meine sonst so braunen Haare waren schwarz! Und nicht mehr gewellt, sondern glatt! Plötzlich strömten die unbekannten Bilder wieder durch meinen Kopf. Dieses Mal allerdings, mit einem gewissen Gefühl von Vertrautheit. Ich wusste nicht woher, aber die Bilder kamen mir bekannt vor. In Gedanken korrigierte ich mich. Nein, das war nicht einfach Bilder, es waren Erinnerungen, wie mir schlagartig bewusst wurde. Dann strömten noch mehr Erinnerungen durch meinen Kopf und meine Wahrnehmungen begannen schärfer zu werden. Meine Sicht wurde schärfer, als wäre ich kurzsichtig gewesen und hätte nun eine Brille aufgesetzt. Es war alles so unfassbar klar! Mein Gehör nahm ebenfalls zu. Ich hörte die Stimmen außerhalb des Raumes, klar und deutlich, als würden sie neben mir stehen. Das Summen im Raum wurde lauter. Aber was am schärfsten wurde, war mein Geruchssinn. Das Wasser in dem ich saß, stank nun so stechend scharf, dass es mir im Hals brannte und ich husten musste. Und den Geruch der Frau nahm ich ebenfalls war. Sie trug ein Parfüm das ich nicht einordnen konnte und sie stank nach Schweiß. »Wie lange waren sie schon nicht mehr duschen?«, fragte ich sie mit einem plötzlichen Anflug von Hochmut. Dann kam ich wieder zu mir und knallte mir die Hände vor den Mund. Was war nur los mit mir? Ich war sonst nie respektlos gegenüber einem Erwachsenen! Und meine Stimme hatte sich auch verändert. Meine helle Kinderstimme war nun viel tiefer und sie klang … gut. Ich hatte meine Stimme immer total gehasst und jetz war sie schön. Die Frau drehte sich zu mir um und zu meiner Überraschung lächelte sie. Entgeistert starrte ich sie an. »Na, siehst so aus als ob du wieder langsam die Alte wirst, was?«, sagte sie und drehte sich ohne eine Antwort abzuwarten wieder um. Die Alte? Was meinte sie damit? Und schlagartig wusste ich alles wieder. Es war als hätte mir ein Wort auf der Zunge gelegen und ich wäre nicht drauf gekommen, bis jemand mir den entscheidenden Tipp gegeben hatte. Ich wusste wieder wo ich war, was ich war, wer ich war. Erleichtert atmete ich aus und musste dann über meine eigene menschliche Dummheit lachen. Wie konnte ich mich je für Respektlosigkeit schämen? Ich hatte jeglichen Respekt gegenüber den Menschen verloren. Grinsend schwang ich mich behände aus dem Becken und landete sicher und geräuschlos auf meinen Fußballen. Davon musste ich noch breiter grinsen, denn bis vor wenigen Sekunden, hätte mich dieses Kunststück sicher aus dem Gleichgewicht gebracht. Vor allem da meine Füße nass waren. Wenn ich genauer darüber nachdachte, wäre ich nicht einmal so leicht aus dem Becken gekommen. Tropfend schaute ich mich um. »Soll ich etwa nass in meine Kleider steigen?«, fragte ich. Die Forscherin wandte sich mit fragendem Gesichtsausdruck um. »Kaylie?«, fragte sie. Ich verdrehte die Augen. Wer denn sonst. »Ja«, sagte ich leicht herablassenden. Die Forscherin nickte und verschwand eilig aus dem Raum. Ich zählte die Sekunden und nach einer halbe Minute kehrte sie, mit einem großen weißen Handtuch, zurück. Ich trocknete mich schnell ab, zog mich an und sog den Duft meiner Kleider ein. Ich war so froh wieder die Alte zu sein. Die Tür öffnete sich abermals und Bradley betrat den Raum. Ich grinste wieder, denn bis vor kurzem war er in meinen Gedanken noch >der ältere Mann< gewesen. »Bradley.«, sagte ich. Er lächelte mich an, kam eilends auf mich zu und rutschte prompt, auf dem Wasser das ich verspritzt hatte, aus. Er konnte sich gerade noch an der Wand abfangen um nicht der Länge nach auf den Boden zu schlagen. Ich zog die Augenbrauen nach oben. »Vorsicht.«, mahnte ich sarkastisch. Bradley richtete sich steif auf. »Wieder ganz die Alte, was?«, fragte er. Ich nickte grinsend. »Du auch. Das Alt, meine ich. Die Zeit hat dir wie’s scheint nicht gut getan.«, sagte ich. Er lächelte verkrampft. »Man wird eben nicht jünger.«, sagte er. »Du nicht, nein.«, sagte ich sarkastisch und betonte das >du<. »Sehr witzig, Mädchen. Komm mit raus, dann erklär ich dir unsere momentane Situation.«, sagte Bradley Ich folgte ihm und verglich in Gedanken sein Gesicht mit früher. Er hatte mehr Falten bekommen, besonders um den Mund und die Augen herum. Früher hatte er nur ein paar graue Strähnen in seinen brauen Haaren gehabt. Jetzt war es umgekehrt. Ich verließ das Labor und drehte mich einmal um die eigene Achse. Als ich das letzte mal hier gewesen war, waren die Wände noch unverputzt und um das Labor stand kein monströses Aquarium. Ich wandte mich dem Monster zu, verschränkte die Arme und legte den Kopf schief. Dabei fielen mir die Haare ins Gesicht. Unwirsch strich ich sie zurück. »Warum habt ihr dieses … Aquarium dahin gebaut?«, fragte ich. Ich hatte >Monster< statt Aquarium sagen wollen, es dann aber gelassen. Bestimmt würde es Bradleys Gefühle verletzten und außerdem sah es doch ganz schick aus. »Um das Labor zu verstecken, falls wir mal unwissende Gäste haben.«, antwortete er. Ich nickte nur und sah mich weiter um. In der gegenüberliegenden Ecke des Monsters stand ein langer hölzerner Esstisch. Auf den zwei Eckseiten des Tisches, stand eine Eckbank und auf der andere Seite, dazu passende Holzstühle. Auf der rechten Seite, diagonal gegenüber dem Monster, stand eine weitere grün gepolsterte Eckbank. Es gab nur einen kleinen grauen Kunststofftisch in der Mitte. Stühle waren keine da. Daneben stand ein weißer Schreibtisch mit demselben Modell an Monitor und Computer wie im Labor. Neben dem Monster war schlicht nichts. Und der ganze Raum, der Boden, die Wände und die Decke waren von diesen dunkelgrauen Tafeln überdeckt, von denen eine einen Quadratmeter groß war. Das einzige Licht stammte von dem Monster. Mit meinen menschlichen Augen hatte das Leuchten der Neonröhren etwas Gespenstisches. Jetzt konnte ich darüber nur lachen. Ich sah in der Dunkelheit genauso gut wie am helllichten Tage, deswegen störte mir dieser Lichtmangel nicht. Aber die Menschen fühlten sich hier bestimmt unwohl. Ich schüttelte den Kopf über diese geschmacklose Inneneinrichtung. »Setz dich.«, wies mich Bradley an. Ich ließ mich auf eines der grünen Sitzpolster nieder. Wenigstens waren sie gemütlich. »Du weißt über das Hell’s und das Heavens’s Gate Bescheid und ebenso über das was in Südamerika geschehen ist?«, fragte er. »Vage.«, antwortete ich. »Vage. Das passt. Die Regierungen überall auf der Welt, verschweigen der gewöhnlichen Bevölkerung ein paar wichtige Details. Zusammen mit den Gates vor zehn Jahren, sind auch so genannte Contractors und Dolls erschienen.« Ich zog fragend eine Augenbraue nach oben. »Die Contractors sind Menschen die einen Kontrakt mit dem Gate eingegangen sind. Sie beherrschen dadurch besondere Fähigkeiten. Der Name Contractor rührt von dem so genannten Contract Payment her, eine Bezahlung die sie jedes Mal nach Verwendung ihrer Fähigkeiten leisten müssen. Dabei bezahlen sie aber nicht direkt mit Geld, sondern sie müssen etwas Bestimmtes tun. Ich kann dir keine Beispiele geben, denn ich weiß keine. Aber zusammen mit dem Erhalt ihrer Fähigkeiten verabschieden sie sich von den meisten ihrer Emotionen. Nur Wut, Hass, Neid und solche Dinge bleiben übrig. Die meisten Contractors sind hervorragenden Schauspieler. Aber du darfst dich von ihnen nie auf Kreuz legen lassen, das könnte das Letzte sein was du tust. Sie werden entweder von der Regierung, oder so genannten Syndikaten angeheuert, um Morde zu begehen.« Ich knurrte unwillkürlich. »Ganz ruhig. Es ist eine erwiesene Tatsache das es die Contractors vor 17 Jahren noch nicht gab.« Das beschwichtigte mich ein wenig. »Die Contractors handeln nur absolut rational. Sie haben kein Mitleid mit ihren Opfern, sei es auch eine alte Frau oder kleines Kind gewesen, die sie ermordet haben. Dann gibt es noch die Dolls. Wie der Name schon sagt sind sie nicht mehr als Puppen. Sie sind absolut emotionslos und willenlos. Die meisten verlieren jegliche Kontrolle über ihren Körper und werden von der Regierung eingesetzt für so ziemlich alles. Sie sind die besten Überwachungskameras, besonders da nur Contractors ihre Observer Sprits sehen können. Das sind kleine Geister die meistens auf den Stromleitungen herumhuschen und Informationen sammeln. Und was den künstlichen Sternenhimmel betrifft.«, er hielt kurz inne und sah mich prüfend an. Ich wusste natürlich, dass der Himmel nicht echt war. »Er dient nicht dazu den echten Sternenhimmel zu verdecken, sondern die Sterne zeigen die Leben der Contractors an.«, fuhr er fort. Ich sah ihn verblüfft an und wartete darauf das er mir das erklärte. »Jeder Stern ist ein Contractor. Wenn ein Stern vom Himmle fällt, ist ein Contractor gestorben. Die Regierung überwacht die Sterne, denn wenn einer vibriert, setzt ein Contractor gerade seine Fähigkeit ein.« Er schwieg und ich dachte nach. »Wo sind die anderen?«, brach ich dann die Stille. Bradley seufzte schwer. »Das wüsste ich auch gern.«, sagte er. Die Enttäuschung war so groß, das ich hätte heulen können. Ich war also die Einzige bisher. »Wie hast du mich eigentlich gefunden?«, fragte ich, mehr um mich abzulenken, als dass es mich interessiert hätte. »Das war purer Zufall. Einer meiner Angestellten fand dich. Er ist noch nicht lange bei uns. Er fand dich in einem Hotel.« Der Mann von der Rezeption. Bei dieser Erinnerung erfasste mich rasenden Wut. Ich ballte die Hände zu Fäusten, knirschte mit den Zähnen und unterdrückte ein Knurren. Die Menschen waren so naiv, dass sie alles glaubten. Ich hatte das am eigenen Leib zu spüren bekommen. Von wegen Wetten brechen sei verboten. Hätte mich dieser Saburou jetzt so ausgetrickst, mit diesem widerlichen menschlichen Gesöff, das sich Alkohol nannte, hätte ich ihn gesucht und gegrillt. So viel stand fest. Ich überlegte ob ich ihn vielleicht suchen sollte. Schnell verwarf ich den Gedanken. Ich war ja kein Mensch. Als ich den Kopf senkte, fielen mir wieder die Haare ins Gesicht. »Ach, verdammt!«, fluchte ich und strich sie zurück. »Ich brauche ein Haargummi!«, fauchte ich Bradley an. Normalerweise war Bradley der einzige Mensch zu dem ich freundlich war. Trotzdem bereute ich es nich unfreundlich gewesen zu sein. Er war ja doch nur ein Mensch. Bradley nickte einem seiner Angestellten zu und der verschwand augenblicklich durch das Loch in der Wand, wo die Tür sein sollte. Keine fünf Minuten später kam er zurück und gab mir mit zitternder Hand ein blaues Gummi. Ich nahm es ihm sanft ab, ohne ihn zu berühren und trotzdem schauderte er. Als ich ihn böse ansah machte er einen erstickten Laut und rannte aus dem Raum. Bradley seufzte. »Selbst schuld wenn du sie einweihst.«, sagte ich gelassen und band meine Haare zusammen. »Komm mit. Ich zeig dir dein Zimmer. Morgen erklär ich dir den Rest.«, sagte Bradley, ohne auf mich einzugehen und stand auf. Ich folgte ihm und wir gingen den grau getäfelten Flur entlang, den ich nur in meiner menschlichen Erinnerung hatte. Dafür verfluchte ich mich und prägte mir den Flur mit meinen scharfen Augen umso besser ein. Bradley führte mich bis ans Endes des Flurs, nicht zu dem Aufzug, der ebenfalls grau war, und bog um die Ecke. Er blieb an einer silbernen Metalltür stehen und kramte in seiner Jacketttasche. Er zog eine Karte heraus die er mir reichte. »Das ist der Schlüssel für deine Tür. Es gibt keine zweite. Wenn du sie verlierst kommst du nicht mehr rein.«, mahnte er. Ich nahm die Karte und machte »Tss« Bradley schüttelte den Kopf über meinen Starrsinn und wollte gerade gehen, da machte er noch mal halt und drehte sich um. Abwartend sah ich ihn an. »Noch was, benutz keine Elektrizität, spring nirgends hoch oder runter, wo du es als Mensch nicht auch geschafft hättest und heb nicht zu schwer.«, erklärte er. »Warum?«, wollte ich wissen. »Dein Körper muss sich erst noch umstellen. Wenn du, zum Beispiel, versuchst von einem Einfamilienhaus zu springen, brichst du dir die Beine. In ein oder zwei Tagen dürfte das vergehen. Raus kannst du vorerst auch nicht. Die Tür unten ist verschlossen.«, sagte er ging. Ich zuckte die Schultern, zog die Karte durch den vorgesehen Spalt und betrat mein neues Reich. Kapitel 3: Ein Contractor namens Ice ------------------------------------ Ich schloss die Tür hinter mir und erwartete einen lauten Knall. Aber die Tür fügte sich so leise wieder in ihren Rahmen, dass ein Mensch, das leise Klick überhört hätte. Ich zog die Schuhe aus und sah mich in dem Zimmer um. Es war nicht groß, aber die Farben und die Einrichtung war auf meinen Geschmack angepasst. Hölzerne Stützbalken trennten den eigentlichen Raum von einem kurzen Gang, der ins Badezimmer führte. Direkt an den Balken stand ein dunkelblaues Klappsofa. Links daneben stand schräg ein kleiner weißer Schrank auf dem ein vierundzwanzig Zoll Flachbildfernseher trohnte. Auf der gegenüberliegenden Seite stand ein hölzerner Kleiderschrank. Daneben, in einer Nische, stand ein Bett mit schwarzem Stahlgestell. Die Bettwäsche war dunkelblau. Die Wände und die Decke waren in einem freundlichen blauen Ton gehalten und den Boden bedeckten hellbraune Linoleumplatten. Ich ließ mich auf mein Bett nieder, überkreuzte die Beine und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Grüblerisch starrte ich zur Decke. Siebzehn Jahre hatte ich nun als Mensch verbracht. Ich fragte mich was meine vermeintlichen Eltern wohl denken mochten. Ich beschloss Bradley nach ihnen zu fragen, schließlich hatten sie sich all die Jahre um mich gekümmert. Ich hatte keine Lust zu fernsehen, deswegen wollte ich schnell duschen und dann schlafen gehen. Etwas anderes hatte ich sowieso nicht zu tun. Im Bad musste ich feststellen, dass es weder Shampoo noch Duschgel gab. Ich musste die Dusche wohl verschieben. Also wollte ich gleich schlafen gehen. Ich öffnete den Kleiderschrank, in der Hoffnung, Kleidung zum Schlafen zu finden. Der Schrank war leer. Frustriert löschte ich das Licht und legte mich mit voller Montur ins Bett. Obwohl ich überhaupt nicht müde war, übermannte mich der Schlaf bereits nach wenigen Minuten. Am nächsten Morgen erwachte ich kurz nach Sonnenaufgang. Ich zog den Vorhang meines einzigen Fensters beiseite und schaute ins bläuliche Dämmerlicht. Die Morgendämmerung war schon immer meine liebste Tageszeit gewesen. Am liebsten wäre ich jetzt nach draußen gestürmt und einmal um den Block gerannt. Da fiel mir ein, dass die Haustüre abgesperrt war. Für mich, rein theoretisch, kein Hindernis, aber ich wollte Bradley nicht verärgern. Ich ging ins Bad und versuchte mit meinen Fingern ein wenig Ordnung in meine wirren Haare zu bekommen, schließlich hatte ich keine Bürste. Nach ein paar Minuten erfolglosem Geziepe, gab ich resigniert auf und verließ mein Zimmer. Als ich den Raum mit dem Mörder Aquarium betrat, fiel mir auf das es kein einziges Fenster gab. Das frustrierte mich, denn ich wollte das Dämmerlicht sein. Mein Magen knurrte, und da es absolut nichts zu Essen gab, beschloss ich mir einen größeren Fisch aus dem Monster zu angeln. Ich sprang gegen die Wand, um sie als Trittleiter zu benutzen und musste erstaunt feststellen, dass ich nicht höher als einen Meter springen konnte. Jetzt schon wütend knirschte ich mit den Zähnen und ließ mich auf die grüne Polsterbank nieder. Eine Viertelstunde später betrat eine Forscherin den Raum, und ließ prompt ihr Klemmbrett fallen, als sie mich sah. Am liebsten hätte ich sie angeknurrt. »Ich beiße nicht. Jedenfalls nicht hier.«, sagte ich unwirsch. Die Forscherin hob eilig ihr Klemmbrett auf und huschte zum Monster. Sie drückte auf einen braunen Fisch. Eine Seite des Monsters wurde in die Decke gezogen und offenbarte die Supermarkttür. Sie huschte ins Labor und das Monster schloss sich hinter ihr. Eine weitere Viertelstunde verging und Bradley betrat den Raum. Er sah unzufrieden aus und murmelte vor sich hin. »Wahrscheinlich abgehauen. Dabei habe ich ihr gesagt sie soll nicht raus.« »Morgen Bradley.«, grüßte ich ihn und er fuhr zusammen. Ich zog eine Augenbraue nach oben. »Hier bist du. Ich habe geschlagene zehn Minuten an deine Tür geklopft.«, sagte er hastig. »Ach, das war dieses klopfende Geräusch.«, stellte ich überrascht fest. Bradley schüttelte den Kopf und setzte sich mir gegenüber. »Schön. Am besten machen wir da weiter, wo wir gestern aufgehört haben.«, sagte er und sah mich abwartend an. Da er anscheinend eine Antwort von mir erwartete nickte ich langsam. »Wie ich euch damals mitgeteilt habe, erwarte ich von euch eine Gegenleistung, dafür das ich euch geholfen habe, und ihr nun kostenlos hier leben dürft. Ich habe eine Menge Geld und werde euch Essen, Kleidung und andere Haushaltsmittel bezahlen. Dafür müsst ihr aber Aufträge für mich erledigen.« Im Kopf ging ich Dinge wie, Hunde ausführen, Babysitten und alten Leuten den Umgang mit dem Internet zeigen, durch. Bradley kramte in seiner Jackettasche und zog ein Stück Papier hervor. Das Papier stellte sich als Foto heraus. Darauf abgebildet war ein Mann Mitte vierzig und sein Haar war grauer als das von Bradley. Er weiß mit dem Zeigefinger auf das Foto. »Das ist ein Contractor. Contractors sind bösartige Killermaschinen, die sich selbst für Menschen halten. Sie haben jedoch kein Recht darauf zu leben.«, sagte Bradley und seine Stimme war voller Abscheu. »Ihr sollt für mich Contractors töten. Und dieser hier, wird dein erster Auftrag sein. Finde den Mann und bring ihn um.«, erklärte Bradley hitzig. Meine Vorstellung von den harmlosen Aufträgen, zerplatzte wie eine Seifenblase. Sofort fuhr ich auf. »Wir wollen in Ruhe leben und keine Morde begehen! Wir sind keine Menschen, wir überlassen ihnen die Attentate oder besser noch, da es sie jetzt gibt, den Contractors!« Am liebsten hätte ich ihm ein Schimpfwort an den Kopf geknallt oder ihn angeknurrt, doch ich hielt mich im Zaum. »Such es dir aus. Entweder du jagst den Mann, oder deine Freunde bleiben für immer Menschen.«, drohte Bradley. Jetzt knurrte ich wirklich, was ihn aber kalt ließ. »Fein! Aber wie du gemerkt haben solltest, habe ich meine Kräfte noch nicht wieder. Wie soll ich das deiner Meinung nach anstellen?«, fauchte ich. »Ich habe ein paar Leute losgeschickt um dir Nahrungsmittel, Kleidungsstücke und Reinigungsmittel zu besorgen. Die nächsten zwei Tage bleibst du hier drin, dann sind deine Kräfte vollständig zurückgekehrt.« Ich knurrte und sprang auf um in mein Zimmer zu gehen. Dort angekommen, schaltete ich den Fernseher ein und zappte durch die Programme, ohne wirklich mit zu bekommen was lief. Ich war zu aufgewühlt. Ich hätte die Tür eintreten und abhauen können, aber ich konnte mein Rudel nicht im Stich lassen. Sie würden sich sonst ewig für Menschen halten. Eine Stunde später klopfte es an meiner Tür. Es waren die Leute die Bradley losgeschickt hatte, um mir lebensnotwendige Dinge zu besorgen. Ich nahm es den Leuten unwirsch ab, ohne ihnen zu danken und packte die Sachen aus. Die Klamotten bestanden aus zwei Jeans, einer grauen und einer hellblauen, einer dunkelblauen Jogginghose, einem Zehnerpack Slips in schwarz, grau und weiß, drei BHs in den gleichen Farben, zehn Paar Socken auch in schwarz, grau weiß, zwei T-Shirts, in schwarz und blau, drei Tops, alle schwarz aber jeweils immer ein klein wenig anders geschnitten und einer Jacke, die der der ich anhatte ziemlich ähnelte, ebenfalls in schwarz. Das Essen war Brot, Wurst und Käse. Mehr nicht. Dazu noch ein Sechserpack kleiner 0,5 l Mineralwasserflaschen. Des Weiteren ein Duschgel, ein Shampoo, ein Rasierer und eine Haarbürste. Das war ganz in Ordnung, auch wenn das Essen mir vorkam, wie als säße ich in einem Gefängnis. Wie mir einfiel, war es genau so. Es gehörte sich nicht eine Wölfin wie mich einzusperren. Ich verstaute die Nahrungsmittel in dem weißen Schrank, stopfte die ganze Wäsche, bis auf ein Shirt, ein Paar Unterwäsche und die Jogginghose in die Waschmaschine, die wie mir aufgefallen war, im Badezimmer stand. Bevor ich sie anschaltete, zog ich mich aus, stopfte die schmutzigen Kleider dazu und stieg in die Dusche. Erst als ich fertig geduscht hatte, fiel mir auf das ich kein Handtuch hatte. Deswegen setzte ich mich splitternackt auf die Kante meines Bettes und ließ mich, während ich fernsah, von der Luft trocknen. Eine halbe Stunde später zog ich mich an und überlegte was ich nun tun könnte. Ich ließ mich auf mein Sofa nieder und dachte nach. Ich konnte mich noch nicht so leichtfüßig bewegen wie früher. Meine Stärke war auch nicht zurückgekommen und ich wollte nicht daran denken, was passieren würde, wenn ich versuchte mich zu verwandeln. Deprimiert rollte ich mich auf dem Sofa zusammen. Ich fühlte mich wie ein Zirkustier; die Hälfte der Zeit eingesperrt und nur dann frei, wenn man etwas von einem wollte. Außerdem vermisste ich meine Freunde, vor allem aber meine Brüder. Ich musste lächeln als meine Gedanken an alte Erinnerungen zurück schweiften, als die Welt für mich noch in Ordnung war. Mein großer Bruder Jess, dieselben schwarzen Haare wie ich, deren Pony ihm immer in die Stirn hingen, seine himmelblauen Augen und seine Überfürsorglichkeit. Ich konnte mich wohl besser zur Wehr setzten als er, und trotzdem behandelte er mich immer wie ein rohes Ei. Mein Zwillingsbruder Toby, der Jess und mir fast überhaupt nicht ähnelte. Er hatte haselnussbraunes Haar, das er immer halblang trug, er mochte es nicht, wenn es ihm in die Stirn hing. Seine babyblauen Augen und die kleinen Kabbeleien, die ich immer mit ihm hatte. Obwohl er nur eine Stunde jünger war als ich, zog ich ihn immer damit auf, und er gab mir immer die Genugtuung und regte sich furchtbar auf. Ich vermisste die beiden so sehr, dass es wehtat. Zwei Tage später kostete ich endlich die Luft der Freiheit. Aber dann fiel mir wieder ein, warum ich hier draußen war und es schnürte mir die Lunge zu. Ich sollte den Contractor töten, den Bradley mir gezeigt hatte, als Zoll kostenlos leben zu dürfen. Er hatte mir ein Kleidungsstück des Mannes gebracht, weiß Gott wo er es her hatte, und ich hatte mir den Geruch eingeprägt. Jetzt war es soweit, trotzdem wurde das Gefühl des Ungehagens überdeckt von der Vorfreude endlich wieder laufen zu können. Es war mitten in der Nacht, die besten Bedingungen, denn ich konnte in der Dunkelheit prima sehen und selbst wenn nicht, meine anderen Sinne würden reichen um mich auch blind durchs Leben zu führen. Ich bog in die Gasse ein, die Bradley mir beschrieben hatte und verwandelte mich. Blaue elektrische Blitze zuckten um mich herum und formten meinen Körper. Sie strahlten ein so helles Licht aus, das ich mich versteckt in einer Gasse verwandeln musste. Und dann stand ich auf vier Pfoten. Mein nachtschwarzer Pelz sträubte sich vor Freude, wieder einmal im Wolfskörper zu stecken und meine Sinne waren noch mal ein klein wenig schärfer geworden. Meine leuchtenden saphirblauen Augen durchforsteten die Dunkelheit. Ich reckte die Schnauze in die Luft und schnüffelte. Momentan hielt ich mich in dem Revier des Contractors auf und nahm prompt einen Hauch seines Geruches auf. Ich folgte dem Geruch heimlich und leise, meine fließenden Bewegungen verschmolzen mit der Dunkelheit. Der Geruch wurde intensiver und meine Haut prickelte vor Aufregung. In unseren wölfischen Körpern waren wir mehr an unsere Instinkte gebunden als an unseren Verstand. Doch wir mussten auf die harte Weise lernen, auch unseren Verstand zu nutzen. Meine Aufgabe zu töten, erschien mir nun nicht mehr widerwärtig, sondern reizend. Der Geruch wurde wieder eine Spur schärfer und dann stand ich urplötzlich vor dem Mann. Verwirrt blickte er auf mich hinab. Mein Denken schaltete sich aus und meine Instinkte gewannen die Überhand. Ich bleckte die Zähne und knurrte. Das Adrenalin schoss durch meinen Körper und mein Menschenhass brodelte wieder in mir hoch. Auf einmal war ich eine Killermaschine mit Blutdurst. In diesem Moment gab es nichts das ich mehr wollte als diesen Menschen tot zu sehen. Meine Muskeln spannten sich an und dann sprang ich. Der Mann reagierte geistesgegenwärtig. Seine Pupillen leuchteten rot und die blauen Synchrotronstarahlen, die Bradley mir beschrieben hatte, bildeten sich um seinen Körper. Ein heftiger Windstoß erfasste mich und schleuderte mich zurück. Sicher landete ich auf meinen Pfoten und meine Krallen schabten kratzend über den Asphalt. Wieder knurrte ich, diesmal drohender und stellte meinen Rückenpelz auf. Ein schwacher Angstgeruch ging nun von dem Mann aus und er tat das Dümmste das ein Mensch tun konnte: Er rannte davon. Das gab meinen Instinkten einen neuen Stoß. Ich folgte dem Mann mühelos. Er rannte in die Gasse, in der ich mich verwandelt hatte, und ich fühlte mich an einen alten Schießfilm erinnert. Das Opfer rennt in eine Sackgasse und wird von seinem Mörder gestellt. Die Gasse war nämlich tatsächlich eine Sackgasse. Mit langsamen bedachten Schritten näherte ich mich meiner Beute. Das teuflische Knurren röhrte in meiner Kehle. Die Ohren waren aufmerksam nach vorn gespitzt und mein Rückenpelz nach wie vor drohend gestellt. Wieder benutzte der Contractor seine Fähigkeit und schleuderte mir einen Windstoß entgegen. Das war das erste Mal seit siebzehn Jahren, in denen ich meine Fähigkeiten einsetzte, ich nahm die Schnelligkeit des Blitzes an und der Windstoß schien sich mir wie in Zeitlupe zu nähern. Meine Beute wandte sich um, aber ebenfalls so langsam, dass es wie in Zeitlupe geschah. Ich wich aus und rannte auf den Mann zu, sprang und schlug meine Zähne in seine Kehle. Der Mann schrie auf, der Schrei wurde aber von dem hoch strömenden Blut in seinem Hals abgewürgt. Meine Fänge schlossen sich wie Eisenschrauben um sein Genick. Dann biss ich zu und sein Genickknochen gab mit einem widerlichen knackenden Geräusch nach. Das alles geschah noch bevor der Mann auf den Boden aufschlug. Ich stemmte meine Pfote auf die Brust meiner erlegten Beute und wölbte Stolz den Hals. Erst jetzt bemerkte ich die Aura des Mannes; sie war rot. Tiere hatten einen so genannten sechsten Sinn, mit dem sie die Gefühle und Auren eines anderen Wesens erspüren konnten. Doch sie besaßen nicht die nötige Intelligenz, um Auren zu unterscheiden. Tiere und Menschen hatten eine grüne Aura, zumindest fühlte es sich grün an, wir Wölfe hatten eine dunkelblaue Aura und wie es schien, war die der Contractors rot. Dann bemerkte ich den feinen Sprühregen. Ich reckte die Nase gen Himmel, legte die Ohren zurück und schloss genießerisch die Augen. Der Regen erinnerte mich immer an meine Mutter und ich liebte ihn, wie ich sie geliebt hatte. Obwohl es kalt war, schließlich war es Mitte Februar, nahm ich weder die Kälte noch die Nässe war, mein dichter Pelz schützte mich davor. Der Regen wurde stärker und dicke Tropfen fielen nun vom Himmel und wuschen meine Schnauze von dem Blut frei. Das Blut des Mannes vermischte sich mit dem Regen und bildete eine rote wässrige Pfütze um ihn. Ich drehte meine Ohren nach hinten und lauschte näher kommenden Schritten. Ich musste einige Zeit hier gestanden haben. Der Regen vernebelte meinen Geruchssinn ein wenig, aber ich konnte auch an der Gangart erkenn, dass es sich um eine Frau handelte. Mit zwei langen Sätzen sprang ich das Hochhaus hinauf und nahm nur noch den entsetzten Schrei der Frau war. Später, als ich dann trocken und wieder in Menschengestalt, auf meinem Bett saß, bereute ich es ein wenig mich so meinen alten Gefühlen hingegeben zu haben. Der Mord und die Warnung von einem riesigen Hund, der womöglich Menschen tötet, liefen am nächsten Tag in den Nachrichten. Ein Forscher klopfte an meine Tür und bestellte mir die Nachricht mich in Bradleys Büro einzufinden. Da ich nicht wusste wo es sich befand, folgte ich Bradleys Geruch. Das Büro befand sich im Erdgeschoss und ich fand mich vor einer hölzernen Tür wieder. Ich klopfte und trat ein, ohne auf eine Antwort zu warten, schließlich hatte man mich herbestellt. Bradley saß hinter einem hölzernen Schreibtisch und drehte seinen Schreibtischstuhl zu mir herum um mich anzusehen. »Gute Arbeit letzte Nacht.«, sagte er und lächelte. Ich antwortete nichts und sah ihn grimmig an. Wir hatten nie etwas anderes gewollt, als in Ruhe zu Leben und Bradley verlangte von mir Morde zu begehen. Als ich nichts sagte seufzte Bradley und fuhr fort. »Ich habe Informationen über einen anderen Wolf gefunden.«, sagte er. Das machte mich hellhörig. »Wirklich?«, fragte ich hoffnungsvoll und trat näher an den Schreibtisch heran. »Ja, es ist Rick.«, sagte Bradley. Die Enttäuschung, dass es keiner meiner Brüder war, währte nur ein paar Sekunden. »Das ist toll! Wo ist er? Wann kommt er her?«, fragte ich aufgeregt. Bradleys Miene war wie aus Stein. »Es gibt ein paar … Komplikationen.«, sagte er leise. »Komplikationen? Was soll das heißen? Ist er verletzt? Oder sogar tot? Antworte, Bradley!«, rief ich. Er schüttelte den Kopf. »Nein, Rick geht es gut. Es ist nur so, dass er versehentlich seine Kräfte freigesetzt haben muss und die Menschen bei denen er gelebt hat, halten ihn nun für einen Contractor, er selbst tut das auch. Er arbeitet für ein Syndikat das vor einigen Wochen hier aufgetaucht ist. Der so genannte Black Reaper arbeitet auch dafür.«, erklärte Bradley. »Versehentlich? Das geht? Ich dachte ihr habt das unterbunden. Und wer ist der Black Reaper?«, wollte ich wissen. »Ja, das geht. Wir haben nur die Erinnerungen an eure Kräfte verschüttet, das heißt nicht, dass sie nicht mehr da waren. Und der Black Reaper ist ein Contractor, der witziger Weise, genau wie du mit Elektrizität umgeht. Er ist gewand und schnell, kurz der beste Contractor den dieses Syndikat hat. Er wäre der perfekte Gegner für dich.« Ich schnaubte verächtlich. Ein Mensch könnte sich nie mit mir messen. »Und jetzt? Muss ich mich mit diesem Black Reaper anlegen?« »Nein, nein, das nicht. Sie arbeiten nur für dasselbe Syndikat, sie sind nicht im selben Team. Aber du wirst mit Rick kämpfen müssen. Es war wirklich unglaubliches Glück das wir dich als erstes und vor allem so einfach fangen konnten. Du kannst die anderen nämlich mit einem Stromstoß lahm legen, ohne das wir eine Entführungsaktion durchführen müssen, so wie bei dir. Finde Rick, leg ihn lahm, versteck ihn und ruf mich an.« Bradley zog eine Schublade auf und warf mir ein kleines silbernes Handy entgegen. Reflexartig fing ich es und ließ es in meine Tasche gleiten. »An seinen Geruch wirst du dich ja wohl noch erinnern. Du hast schließlich zwei Jahre lang, Tag und Nacht mit ihm verbracht. Nur sein Aussehen hat sich ein wenig verändert.« Bradley öffnete die Schublade ein weiteres Mal und schob mir ein Foto entgegen. Ich nahm es in die Hand und betrachtete es. Im ersten Moment erkannte ich die abgebildete Person nicht, doch dann fiel der Groschen. »Das ist ja Rick!«, stieß ich überrascht hervor. Bradley lächelte. Der Mann auf dem Foto sah fast überhaupt nicht aus wie der Rick den ich kannte. Seine gelb blonden Haare waren nicht kurz, wie sonst üblich, sonder lang und er hatte sich zu einem Pferdeschwanz gebunden. Außerdem hatte er einen Schnauzbart, obwohl Wölfe sonst nie Bärte trugen, ich hatte zumindest noch nie einen mit gesehen. Das sah so grotesk aus das ich lachen musste. An seinen hellblauen Augen fiel mir auch etwas auf: Sie waren nicht freundlich und voller Schalk, so wie ich es gewohnt war, sondern tückisch und voller Hochmut. Ein typisch menschlicher Ausdruck. Traurig legte ich das Bild zurück. »Wo finde ich ihn?«, fragte ich Bradley. »Vermutlich in Shibuya. Sicher bin ich mir nicht. Du wirst wohl einige Tage dort in Wolfsgestalt verbringen müssen und ihn suchen. Aber sei vorsichtig, dich darf niemand sehen. Und noch was, er wird jetzt von allen Ice genannt, wegen seiner Fähigkeit.«, erklärte Bradley. Nach dem sich zweieinhalb Tage nichts getan hatte, schlenderte ich durch Shibuya, noch in menschlicher Gestalt, und schnupperte in der Luft um eventuell Ricks Geruch aufzunehmen. Ich nahm einen sehr winzigen, aber frischen Hauch war und folgte der Spur. Mein Herz pochte schneller vor Freude. Meine Aufregung wuchs, als der Geruch immer intensiver wurde. Ich hatte den Blick in den Himmel gerichtet um so, einen vorbeiziehenden Windhauch zu erhaschen. Für die Menschen musste das ziemlich komisch aussehen, aber das war mir in dem Moment egal. Ich wollte nur Rick finden, denn endlich nicht mehr allein zu sein, war eine wundervolle Aussicht. Der Geruch wurde bei jedem Schritt stärker und nun wurde mir klar, das ich einem sich bewegenden Träger des Geruchs folgte, kurz, ich war Rick dicht auf den Fersen. Im nächsten Moment rannte ich in jemanden hinein, ich hatte mich so sehr auf den Geruch konzentriert, dass ich nicht auf meinen Weg geachtet hatte. Ich richtete mich auf und blickte direkt in die vertrauten blauen Augen, nach denen ich suchte. »Kannst du nicht aufpassen?«, raunzte Rick mich an, klopfte sich den Dreck von der Hose und ging weiter, mit einer Zigarette im Mund. Es konnte nicht deutlicher sein, dass Rick sich wirklich für einen Menschen hielt. Der starke beißende Geruch von Zigarettenrauch und Alkohol, schreckte uns normalerweise ab. Ricks Geruchssinn musste noch blockiert sein. Mir wurde bewusste, dass ich belämmert in der Gegend herum stand und Rick nachstarrte. Ich musste für die Menschen wie eine Gafferin aussehen. Jetzt da ich Rick gefunden hatte, durfte ich keine Zeit verlieren und musste mich an seine Fersen heften, wie eine Klette. Ich suchte das Weite und verwandelte mich in einem großen Garten, dessen viele Bäume mir Schutz boten. Von jetzt an war es einfach Rick zu folgen, da ich wusste in welche Richtung er ging. Bradley hatte mir erklärt, dass Contractors meistens nachts arbeiteten, ich sollte mich also zurück halten, bis es dunkel wurde. Die paar Stunden vertrieb ich mir damit, Rick zu verflogen. Es machte riesigen Spaß. Normalerweise konnte ich einen Artgenossen nicht so leicht verflogen und ich würde es Rick garantiert unter die Nase reiben, wenn er wieder alles wusste. Ich gab mir nicht einmal die Mühe, mich lautlos zu bewegen. Trotzdem waren meine Ohren und Augen aufmerksam wie eh und je. Die Contractors hatten ihre eigenen Mittel, Verfolger auszumachen. Aber ich war kein Mensch oder ein dummes Tier, deswegen fiel mir das hier erstaunlich leicht. Zwei gewöhnliche Menschen fielen mir auf, die Rick beobachteten, beziehungsweise jegliche Verfolger. Mit einem unterhielt er sich sogar kurz. Bald betrat er ein mehrstöckiges Haus und von da an musste ich warten. Wie es aussah lebte er hier. Erst als es bereits stockfinster war, verließ Rick das Gebäude wieder und ich konnte an ihm den Geruch von Metall und Öl ausmachen. Er hatte also so etwas wie eine Ausrüstung dabei. Ich setzte meine Verfolgung fort und bald sah ich die Chance gekommen mich ihm zu zeigen. Er hatte einen geschlossenen Park erreicht, hangelte sich mit einem Seil über das verschlossene Tor und landete in der Hocke auf der anderen Seite. Ich verdrehte die Augen. Eigentlich könnte er dort ganz leicht rüber springen. Ich folgte ihm und übersprang das Tor mühelos. Eine Weile ging er voran, bis an einen kleinen See. Dort machte er halt und begann zu sprechen. »Ich weiß, dass du mich verflogst, also komm raus!.«, rief er und drehte sich abrupt um. Mehrere Eiszapfen flogen auf mich zu, denen ich leicht auswich. Er hatte mich also doch bemerkt. »Wer bist? Ein Contractor, der sich in Tiere verwandeln, oder einfach Besitz von anderen Körpern ergreifen kann?«, fragte er schneidend. Ich rollte mit den Augen und schnaubte. So ein Idiot. Ich war nicht einmal menschlich. »Wenn du mir keine Antwort gibst, werde ich dich wohl töten müssen!«, rief er und eine weitere Salve Eiszapfen flog auf mich zu. Dieses Mal gab ich mir nicht die Mühe auszuweichen, sonder zerstörte sie, ich hatte meine Kräfte viel zu selten benutzt. Gezielt schleuderte ich blaue Blitze auf die Zapfen, die sofort zersprangen. Einer entging mir, doch den fing ich mit dem Maul und zerbrach ihn. Ich schüttelte den Kopf um die Kälte abzuschütteln. Schwanz wedelnd nahm ich eine Lauerhaltung an. Für ihn war das hier vielleicht Ernst, aber für mich war es nicht mehr wie ein Spiel. »Du machst dich wohl lustig über mich, was?«, rief er zornig. Genau. Ich rannte leichtfüßig auf ihn zu, wich dabei neueren Eiszapfen aus und übersprang die Stellen die er einfror um meine Pfoten festzufrieren. Frustriert schoss er eine Salve nach der anderen ab. Anscheinend war er sich nicht bewusst, dass das bei weitem noch nicht alles war, was er konnte. Die letzten beiden Meter sprang ich und landete direkt auf seiner Brust. Durch mein Gewicht und das Tempo des Sprunges, verlor er das Gleichgewicht und stürzte auf den Rücken. Ich saß Schwanz wedelnd und die Lefzen zu einem grinsen verzogen auf seiner Brust. Nun war es Zeit ihn auszuknocken. Ganz sacht berührten meine Fänge seinen Hals und ich schickte eine winzige Stromladung durch seinen Körper. Kurz wurde er von dem Stromstoß geschüttelt, dann bewegte er sich nicht mehr. Ich stieg von ihm und betrachtete ich mit schief gelegtem Kopf. Er sah wirklich schrecklich aus mit dem Haarschnitt und dem Bart. Ich drehte die Ohren in alle Richtungen und schnüffelte in der Luft, um andere Lebensformen auszumachen, aber abgesehen von den kleinen Tieren die hier lebten, war nichts zu entdecken. Ich packte Ricks Arm mit den Zähnen und zog ihn hinter ein Gebüsch. Dann verwandelte ich mich und benachrichtigte Bradley, dass es er uns holen könnte. Einen Tag später stieg Rick aus dem Monsteraquarium, wieder mit kurzen Haaren und ohne Bart, und in seinen Augen lag die übliche Wärme. Als er mich sah breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. Rick war so etwas wie eine Frohnatur und sein Grinsen war einfach ansteckend. Ich sprang von den grünen Sitzpolstern auf, rannte ihm entgegen und fiel ihm um den Hals. Eine so stürmische Begrüßung hatte er nicht erwartet, denn er schwankte ein wenig, umarmte mich aber dennoch. »He! Was ist denn mit dir los? So kenn ich dich ja gar nicht!«, rief er lachend. »Ich bin einfach froh nicht mehr allein zu sein. Es ist die Hölle die ganze Zeit Menschen um einen herum zu haben und keinen Artgenossen.«, erklärte ich fröhlich. Rick lachte. »Kann ich mir vorstellen.«, stimmte er zu. »Rick! Kaylie! Bewegt euch hierher. Ich habe einen neuen Auftrag für euch!«, rief Bradley, als er den Raum betrat. »Auftrag?«, fragte Rick. Mein Hochgefühl sank sofort auf den Nullpunkt. Ich sollte also schon wieder einen Mord begehen. Ich machte mich von Rick los und stemmte die Hände auf den Kunststofftisch. »Du solltest ihm vielleicht erst mal alles genauer erklären. Wahrscheinlich hat er einen besseren Einblick als ich, schließlich hat er sich für einen Contractor gehalten.«, sagte ich grimmig. »Stimmt.«, meinte Bradley. Rick hatte inzwischen Platz genommen und sah gespannt zwischen mir und Bradley hin und her. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)