DWK 6 - Neue Abenteuer von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Ein Traum und die gegensätzlich harte Realität --------------------------------------------------------- Lange noch hatten sich Maxi und Nerv am vorigen Abend darüber gestritten, ob der Sohn der Hexe von Bogenhausen sich tatsächlich verknallt haben könnte. Nerv selbst rang allerdings noch mit seiner eigenen Seele, und selbst wenn er zu einem vernünftigen Ergebnis, nämlich seiner Liebe zu Klette, gekommen wäre, hätte er es den anderen und vor allem Maxi nicht unter die Nase gerieben, das hätte sowieso nur Lästereien gegeben. Also verschob er den Kampf mit sich selbst auf den nächsten Tag, was er allerdings nicht hätte tun sollen, denn die Sache mit der ehemaligen Wölfin ging ihm auch im Schlaf nicht aus dem Kopf und so träumte er von dem Mädchen mit dem dunklen Wuschelkopf. - „Komm schon, du lahme Ente! Wo bleibst du denn?“, amüsierte sich Klette über Nervs Zurückbleiben. Blitzschnell jagte sie über den Platz, den Ball sicher an ihrem Fuß, als hätte sie ihn mit Honig beschmiert. Ihr Augen glitzerten, sie lachte fröhlich. Eigentlich wollte Nerv dranbleiben und ihr den Ball abnehmen, doch er konnte nur stehenbleiben und staunen. Warum hatte er noch nie bemerkt, wie schön sie war, wenn sie lachte? Wenn ihre Haare auch im Wind wehten und sie verbissen um den Ball kämpfte, konnte man immer die Lebensfreude in ihren Augen glänzen sehen. Die Freude, jemanden wie Nerv und die anderen Kerle zu haben. Entgeistert über seine eigenen Gedanken und Gefühle starrte Nerv sie an, und ehe er sich versah, stand sie auch schon vor ihm. „Sag mal, wo bleibst’n du?“, wollte die Brünette wissen. Noch bevor er antworten konnte, befanden sie sich urplötzlich nicht mehr auf dem sicheren Gras, sondern sanken in einem matschigen Waldboden ein. Erschrocken quietschte Nerv. Klette grinste keck und riss ihn im letzten Moment am Arm wieder hoch, als er ausrutschen wollte. Da erst bemerkten die beiden die finstere Nacht, die sie umgab. Klette hielt noch immer Nervs Arm. Sie kam immer näher, bis nicht einmal mehr ein Blatt Paper zwischen die beiden gepasst hätte. Und ganz urplötzlich fragte sie: „Kann ich dich küssen?“ - Mit einem spitzen Schrei fuhr Nerv in die Höhe und stieß sich gleich den Kopf an der Taschenlampe, die er gestern Mittag angebracht hatte, damit sie auch abends Licht hatten. „Schottenmottenalbtraumschrank!“, fluchte der Jüngste und hielt sich den verschwitzten Kopf. Was war das nur für ein verrückter, abnormaler Traum gewesen! Völlig otopisch. Als würde Klette ihn je, JEMALS in ihrem verdammten Leben küssen wollen. „Hm? Was’n los?“ Wenn man vom Teufel spricht ... Verschlafen blinzelte das dunkelhaarige Mädchen ihr Schicksal an, welches gleich gefühlte dreieinhalb Meter zurückwich, als läge eine Schlange und kein Mädchen vor ihm. Verstört klappte er den Mund auf und zu wie ein Fisch an Land, sagte aber nichts, vor Schreck gelähmt. Sein Herz klopfte wie verrückt, gleich würde es seinen Brustkorb sprengen. „Sag mal, hab ich zwei Köpfe oder warum starrst du mich so an?!“, feixte Klette, griff sich aber alamiert neben ihren Kopf. Ein Glück, es war nur einer da. „N-nein ... ich, ähm ...“ Mit diesen Worten stolperte der Jüngste der Kerle aus dem Zelt, legte sich vor dem Ausgang noch einmal unfreiwillig hin und atmete tief durch, tief und ruhig, was sonst gar nicht seine Art war. Da hörte er Stimmen aus einem der Zelte neben ihm. Es schien Raban und Terrys Zelt zu sein. Auch wenn es sonst gar nicht seine Art war, zu lauschen, – wobei das doch auch wieder gelogen ist – schlich er sich näher heran und ließ sich dann neben dem Zelt nieder, um den Dialog zwischen den beiden besser verfolgen zu können. „Raban! Hör auf“, protestierte Terry lachend. Nerv hatte das Gefühl, dass ihre Worte kein Stück ernstgemeint waren. Der jüngere Zwilling wollte in gar keinem Fall, dass Raban – womit auch immer – aufhörte. „Womit denn?“, feixte der Rotschopf und kurz darauf konnte das erste Schicksal, das Gesicht angwidert verziehend, klar und deutlich hören, wie Raban seine blonde Freundin leidenschaftlich küsste, und er konnte es sich nur zu gut vorstellen, wie die beiden im Zelt saßen und Raban sich ihren Hals hinunterküsste, sie streichelte, und dann ... bah, besser nicht dran denken, nicht schon so früh am Morgen. Terry entwischte ein leises Stöhnen, während Raban ihr scheinbar einen Knutschfleck verpasste. „So meine Süße, ich muss Frühstück machen. Joschka weck ich auch gleich. Bis später ...“, flüsterte er lächelnd. Dem Ex-Vampirmädchen schien das allerdings nicht so gut zu gefallen. „Nein, du bleibst noch hier. Heute musst du kein Frühstück machen, das kann Joschka auch alleine!“ Wieder hörte Nerv, wie die beiden sich küssten. „Spinnerin“, raunte Raban zwischendurch. „Quaaatsch, du Spinner“, gab Terry dann zurück, und dann küssten sie sich wieder. Nerv kam das Abendessen wieder hoch. Wie konnte man bloß so elendig kitschig miteinander umgehen? Hoffentlich war nicht jeder so, wenn er verliebt war ... Noch eine ganze Weile konnte er die Knutschgeräusche vom Inneren des Zeltes vernehmen, bis sich im Zelt von Joschka und Marry etwas regte. Schon stieg der verschlafene Erfinder heraus und streckte sich. Nach einem herzhaften Gähnen sah er sich verdutzt um, konnte aber Raban natürlich nirgends entdecken. Entnervt schlug er sich die Hand vor die Stirn und riss dann ohne jegliche Vorwarnung, geschweige denn Vorsicht, den Zelteingang auf. Sofort blitzte ein dreckiges Grinsen auf seinem Gesicht dem Pärchen entgegen. „Sorry, dass ich euch bei eurem Gespräch störe, aber das Frühstück macht sich nicht von alleine, Mister Secret.“ „Hey hey hey, jetzt mal ganz langsam. Wir haben doch gestern erst besprochen, dass ich Mister Top bin!“ Nerv verdrehte die Augen. Joschka wollte gerade etwas erwidern, als Terry dazwischenging. „Ist doch egal, für mich bist du sowieso immer Mister Top, egal worin.“ Sie zwinkerte Raban zu, küsste ihn noch einmal und suchte sich dann Klamotten heraus. Als Joschka sich blitzschnell aufrichtete, zuckte Nerv vor Schreck zusammen und drohte, nach hinten zu fallen. Aufgeregt fuchtelte er mit den Armen, doch das Gegengewicht seines Körpers war stärker und so fiel er in die Büsche, was Raban und Joschka aufschrecken ließ. „Oh man, Joschka, ich glaub, da wartet unser neues Abenteuer, Potzblitz!“, philosophierte Raban mit glitzernden Augen. Als sich allerdings nur Nerv aus dem Gebüsch erhob, mit knallrotem Kopf, versteht sich, war der Rotschopf enttäuscht. Dann breitete sich ein gewisser Argwohn auf seinem Gesicht aus. „Was machst du eigentlich neben meinem Zelt?“, fragte er hinterhältig. „Nichts! Nichts, ich wollte ... ich wollte bloß ... ja, also, ich musste mal“, erklärte Nerv hastig. Skeptisch musterte Joschka ihn. „Vergiss es, Raban. Der hat Terry und dir hinterherspioniert!“, meinte er fachmännisch. Nerv zog blitzschnell die Arme hoch und hielt sie mit zusammengekniffenen Augen schützend über seinen Kopf, in keineswegs freudiger Erwartung einer Ohrfeige, welche zu seinem Erstaunen allerdings ausblieb. Verblüfft senkte er langsam die Arme und raffte sich dann auf, um wieder schlafen zu gehen. Nach dieser Aufregung würde er bestimmt bestens schlafen und nicht mehr an seinen Traum denken. „Na warte. Das kriegst du noch zurück! Und wenn du ein Brötchen weniger bekommst! Ich schwör’s dir!“, keifte Raban dem davonstolpernden Nerv aufgebracht nach. Joschka schüttelte den Kopf und zog Raban dann mit sich, um Frühstück zu machen. „Wo warst du?“, fragte Klette mit ihrer üblichen Neugier, schade, sie war wider Nervs Erwarten wach geblieben. „Draußen. Auf Klo“, entgegnete der Jüngste knapp und begann, hektisch in seiner Tasche zu wühlen. „Hm. Suchst du was?“ Der Junge mit den fünf Sternsteinen brummte etwas unverständliches und kramte weiter. Er wusste selbst nicht, was er suchte. Vielleicht schlug er auch nur wie wild auf seine Sachen ein, um das Herzklopfen zu dämmen, das er wieder einmal verspürte. Muss man sowas eigentlich sagen? Nerv hatte nicht die geringste Ahnung. Ob er überhaupt etwas vernünftiges herausbringen würde, so nervös wie er war? ‚Probieren geht über studieren‘, sagte er sich selbst, fasste sich ein Herz und drehte sich blitzschnell um. „Hier ... dings, und so ... was ich dir noch sagen wollte ...“, stammelte er und spielte mit seinen Händen herum. „Eigentlich ...“, wollte er beginnen, doch Klette fiel ihm ins Wort. „War es eigentlich wirklich so schlimm, mich zu küssen?“, fragte sie völlig unverblümt. Das erste Schicksal schluckte seine Panik herunter. „Na ja, ich denke, dran sterben werde ich wohl nicht ...“, krächzte es heiser. Das ehemalige Wolfsmädchen lachte. „Das seh ich anders, hast du deine Stimme verschluckt?“ ‚Jetzt oder nie!‘ „Nein“, sagte Nerv mit festerer Stimme, „das nicht. Ich ... Wenn du hier bist, dann ... warte. Fühl mal.“ Er nahm Klettes schmale Hand in die seine und legte sie auf sein wummerndes Herz, das gerade sowieso in seine Hose rutschte. Und da zeigte Klette eine Reaktion, die er absolut nicht erwartet hätte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)