Runenherz von Runenwölfin (Weltenwandler Chroniken Teil 1) ================================================================================ Kapitel 4: Der letzte Atemzug ----------------------------- Die drei Wölfinnen zogen ängstlich die Ruten ein, denn gegen diese Übermacht hatten sie nicht die geringste Chance. Ihre Feinde kamen immer näher und weiter zurück konnten die Fähen nicht mehr, denn sie stießen schon mit ihren Hinterpfoten an die Felsen. Doch ohne Vorwarnung sprang, wie aus dem Nichts, ein unbekannter Wolf auf Ares und auch die anderen wurden unerwartet angegriffen. Sie wimmerten überrascht und plötzlich waren sie es, die einer Übermacht gegenüber standen, denn es waren mindesten zwölf starke Rüden, die sich auf sie stürzten und ihnen schnell zeigten, wer hier der Boss war. Das Gerangel dauerte nicht lange, da liefen die meisten von Yaris Anhängern weg, nur Ares wollte nicht aufgeben und kämpft mit bitterer Entschlossenheit weiter, verletzte einen der Angreifer an der Pfote. Doch dann erblickte Runa plötzlich einen sehr großen Wolf, der auf den einsamen Kämpfer zukam und ihn wegschubste als wäre eines nur ein kleiner Hase, gegen den er vorging. Die Gelbe konnte nicht glauben, wen sie da vor sich sah. „Das ist ... ist Artos“, sagte sie voller Respekt zu den beiden Wölfinnen neben sich. „Wirklich?“ Firewind schien ganz begeistert darüber, während Sayuri wie immer einen sehr ernsten, kaum zu durchschauenden Gesichtsausdruck aufgesetzt hatte. Der große, helle Rüde trat auf Ares zu, der nun am Boden lag, aber sich trotzdem nicht geschlagen geben wollte. „Willst du wirklich, dass ich deinem Leben ein Ende bereite oder gibst du auf?“, fragte der dominante Rüde mit tiefer Stimme. Der Dunkelbraune starrte ihn nur voller Wut an: „Du wirst mich schon töten müssen, du verdammter….“ Die Gelbe wollte sich das nicht mehr länger mit anhören und trat vor Ares. „Ich glaube heute sollte keiner sterben. Er ist es nicht wert, Artos.“ Der große Rüde musterte sie von oben bis unten: „Du willst ihn verschonen, obwohl er versucht hat dich zu töten?“ „Er ist nur ein alter Wolf, dessen Verstand von seinem Anführer mit Bösem vergiftet wurde. Ihn umzubringen, würde nur beweisen, dass wir nicht besser sind als die. Ich weiß, dass er eine gute und ehrenvolle Fähe hat, die ihn über alles liebt. Nur sie würde damit bestraft werden.“ „Du kennst ihn also?“ „Ja, aus einem Leben, das ich schon lange hinter mir gelassen habe.“ „Gut, wenn es dein Wunsch ist, Wölfin, dann wird er leben.“ Er grinste ein wenig und wies seine Wölfe an sich zurückzuziehen. Sie ließen den dunkelbraunen Wolf einfach liegen und entfernten sich ein Stück vom ihm. Runa lief neben Artos her und bewunderte, wie mächtig dieser Wolf doch aussah. Jeder sein Schritte wirkte elegant und bedacht, fast als wäre er eine Großkatze und kein Wolf. Er strahlte die Überlegenheit eines Alpharüden aus, wie es die Gelbe nie erlebt hatte. Wie ein König und sie wusste, dass ihre Suche nun ein Ende hatte. „Wir müssen dir danken“, begann die Fähe. „Es ist unsere Pflicht hilflose Wölfe in ihrer Not zu retten.“ „Ja, die Aufgabe eines Königs, nicht wahr?“ Sie fuhr fort, als er sie fragend ansah: „Oh, ich kenne die Legenden über dich. Ich weiß, was man über deine Zukunft sagt. Eines Tages wirst du der König aller Wölfe sein und uns in ein glorreiches Zeitalter führen. Auch wenn du nicht daran glaubst, aber ich war selbst dabei als diese Prophezeiung gemacht wurde und diese Seherin hat sich noch nie geirrt.“ Plötzlich lachte er. „Auf das Wort einer Hexe würde ich nicht zählen.“ Das versetzte Runa einen Stich. Wölfe, mit solchen Kräften würde wohl niemals akzeptiert werden und deswegen musste sie auch über das, was sie konnte, schweigen. „Wir waren auf der Suche nach dir“, mischte sich Firewind ein. „Aus welchem Grund?“, fragte Artos. „Dumme Frage.“ Sayuri gesellte sich zu ihnen. „Wir wollen uns deinem Rudel anschließen.“ Der große Rüde schien sehr überrascht zu sein: „Ihr seid Fähen.“ „Oh, das hätten wir jetzt nicht gewusst. Wir können kämpfen wie jeder andere Wolf auch, also was ist das Problem?“, erwiderte die Schwarzweiße leicht genervt. „Das ist es nicht. Für gewöhnlich erfahren wir gerade von Wölfinnen nichts als Ablehnung. Jeder ist in meinem Rudel willkommen und darf sich daran beteiligen unsere Welt zu einem besseren Ort zu machen, aber ihr müsst euch alle im Klaren sein, dass es sehr gefährlich ist, sich gegen Wölfe wie Yaris aufzulehnen.“ Die Gelbe war ein wenig unsicher, ob Firewind und Sayuri wirklich wussten, auf was sie sich da einließen, aber sie sah in ihren Augen ein tiefe Entschlossenheit, die sie davon überzeugte, dass diese beiden Wölfe bereits entschieden hatten, auf welcher Seite sie standen. „Wir sind bereit dafür“, meinte Runa ernst. „Nimm uns in dein Rudel auf und wir werden es dir beweisen.“ „Einverstanden, vorerst seid ihr Mitglieder meines Rudels. Ihr werdet verstehen, dass ihr einen niedrigen Rang bekommt und wir euch genau beobachten werden. Auch in unseren Reihen tauchen immer wieder Spione des Feindes auf.“ Die Drei nickten verständnisvoll. „WAS?“, knurrte der Yaris wütend und schmiss ein paar Knochen, die am Boden verteilt waren, durch die Höhle. „DU HAST SIE ENTKOMMEN LASSEN?“ Ares stand zitternd vor seinem Herren und konnte sich vor Angst kaum zum Sprechen überreden: „Es sind fremde Wölfe aufgetaucht. Runa nannte einen davon Artos.“ „Artos? ARTOS!“ Der Schwarzbraune konnte sich kaum unter Kontrolle halten, so wütend war er. „Immer wieder muss dieser Wolf sich einmischen. Warum ist er noch nicht tot? Dieses riesige Mistvieh lässt sich einfach nicht um die Ecke bringen. Verfolgt sein Rudel weiter und unterrichtet mich über jeden Schritt, den sie tun. Wir werden es bald zu Ende bringen. Und jetzt raus hier!“ Der braune Rüde machte sich mit einem Satz aus dem Staub. Yaris versuchte sich ein wenig zu beruhigen, aber am liebsten hätte er Ares in tausend Stück zerfetzt. Der Geruch von Runa, der an dem Brauen nicht zu überriechen gewesen war, hing ihm immer noch in der Nase und sein Herz verzehrte sich nach ihrer Nähe. Er war besessen von ihr, dass wusste er ganz genau, aber er konnte nichts dagegen tun. Sie gehörte ihm und er würde sie bekommen. Dafür war er bereit alles zu opfern, was er hatte. Und er würde genauso gut alles opfern, was sie liebte. Runa betrachtete den glitzernden Sternenhimmel, der sich vor ihr erstreckte. Nun waren sie schon drei Tage mit dem Rudel von Artos unterwegs und sie fühlte sich nach langer Zeit wieder sicher und geborgen. Wie hatte sie die Gemeinschaft anderer Wölfe vermisst. Viele sahen sie zwar ein wenig komisch an, weil sie einen Vogel bei sich hatte, dessen Lieblingsbeschäftigung es war, Wölfe zu ärgern, aber ansonsten benahmen sich die Rüden ganz anständig gegenüber ihren neuen weiblichen Rudelmitgliedern. Besonders Firewind schien sich sehr wohl zu fühlen und auch sehr beliebt zu sein. „Wundervolle Nacht, nicht wahr?“ Runa erschrak ein wenig, weil sie Artos nicht hatte kommen hören, aber dann lächelte sie: „Oh ja.“ Er setzte sich neben sie und schwieg eine Weile. Beide schauten in den Himmel und lauschten den Geräuschen der Nacht, bis die Gelbe ihren Kopf zu dem großen Rüden wendete und ihm einen fragenden Blick zuwarf. „Du willst wissen, wieso ich hier bin?“ Sie nickte nur und er erklärte: „Du glaubst an die Prophezeiung?“ „Es sind nicht diese Worte, die mich davon überzeugt haben, sondern deine Taten. Egal ob du jemals ein König wirst, ich weiß, dass du die Welt verändern kannst, weil du für uns Wölfe kämpfst. Macht es dir Angst, dass es eine Prophezeiung über dich gibt?“ „Ich und Angst?“, erwiderte er lachend. „Mir würde es Angst machen. Aber unser Schicksal können wir nicht ändern.“ „Wer bist du nur, Runa? Woher kommst du?“ Er sah ihr direkt in die Augen, doch sie drehte den Kopf von ihm weg. „Das spielt keine Rolle. Vergangenes ist vergangen und es sollte keinen Einfluss mehr auf die Zukunft haben.“ Sie stand auf und wollte gehen, doch er hielt sie zurück. „Auch die Vergangenheit ist ein Teil von dir.“ Er sagte das so sanft, wie es die Gelbe nie von ihm erwartet hätte. „Was weißt du eigentlich über Sayuri?“, wechselte er das Thema. „Nichts. Sie hat ihr Gedächtnis verloren. Kennst du sie etwa?“ Er schüttelte den Kopf: „Sie kommt mir nur bekannt vor. Das ist alles.“ „Sie ist eine gute Wölfin.“ „Davon bin ich überzeugt“, sagte er und nun war es er, der ging. Runa sah ihm nach und seufzte. Innerlich verfluchte sie das, was sie war und das, was sie früher getan hatte. Dem konnte sie nicht so leicht entkommen. Traurig ließ sie sich ins Gras fallen und schloss die Augen. Am nächsten Tag war es bewölkt und die Luft roch nach Regen, der bald bevorstand. Das große Rudel zog durch einen Wald und erreichte dann eine Wiese, die es zu überqueren galt. Artos prüfte auf Menschengerüche, als er nichts feststellen konnte, gab er grünes Licht und die Wölfe betraten die riesige Ebene, die vor ihnen lag. „Unser Revier liegt hinter diesen Hügeln“, erklärte er den drei Fähen und zeigte auf eine Hügelkette in der Ferne. „Wir werden noch drei Tage unterwegs sein.“ Die Hälfte der Ebene durchquerte das Rudel ohne große Vorkommnisse, doch dann wurde es immer dunkler und einige Blitze zuckten am Himmel. Als Sayuri dann plötzlich laute Knalle hörte, hielt sie diese erst für Donner, doch als einer der Rüden mit einem Wimmern zu Boden ging, wurde ihr klar, dass es sich um Schüsse von Menschen handelte. Das ganze Rudel brach in Panik aus, als es Kugeln auf sie regnete. Die Schwarzweiße spürte auf einmal einen Schmerz im Gesicht und merkte erschrocken, dass eine Kugel sie gestreiften hatte. Kurz erleichtert darüber, dass nicht mehr passiert war, zuckte sie zusammen, als sie den Aufschrei hinter sich hörte. Mit aufgerissenen Augen drehte sie sich um und sah Runa am Boden liegen. „NEIN!“, brüllte sie und rannte auf die Gelbe zu. Blut lief über Runas helles Fell und ihre Atemgeräusche klangen rasselnd, doch sie war bei Bewusstsein. „Kümmere dich nicht um mich“, keuchte sie leise. „Firewind. Sie haben Firewind getroffen.“ Da entdeckte es Sayuri auch. Nicht allzu weit entfernt, lag die rote Fähe und rührte sich nicht. „Ist sie..?“ Runa lief Blut aus dem Mund, während sie versuchte die Frage herauszupressen und sie musste daraufhin husten. Sayuris Ohren zuckten, als die Schüsse mit einem Schlag verstummten, aber sie hatte schon gehört, dass es oft so lief. Die Menschen machten sich einen Spaß daraus auf wilde Tiere zu schießen. Sie hatten keinen Grund, weil Wölfe keine Nahrung für sie waren. Jetzt konnte sie ohne Angst angeschossen zu werden nach Firewind sehen. „Sie atmet. Ich kann keine Verletzungen entdecken.“ Sie hob den Kopf der Roten ein wenig an und entdeckte eine kleine Wunde. „Sie ist offensichtlich nur auf einen Stein gefallen. Ich denke, sie wird sich bald erholen. Du musst dir keine Sorgen machen, Runa. Runa?“ Die Wölfin wendete sich zu der Gelben um, als sie keine Antwort bekam und musste auch den Grund dafür feststellen – Sie war bewusstlos. Sayuri sah wie sich ihr Brustkorb einmal stark hob und dann die Luft wieder herausgepresst wurde, aber dann bewegte sich nichts mehr und solange die Fähe auch wartete, die Lungen der Regungslosen füllten sich nicht mit Luft. Artos, der ganz in der Nähe gewesen war, beugte sich über die gelbe Wölfin und stupste sie an. Dann schüttelte er den Kopf. „Sie ist nicht tot. Das kann nicht sein“, schrie Sayuri verzweifelt. „Sie hat mich gerettet. So kann es doch nicht enden.“ Sie stürmte auf die Gelbe zu und rüttelte an ihr. „Wach auf! Wach auf! Verdammt wach auf!“ Es war vergebens, selbst die Schwarzweiße musste das nach einigen Minuten einsehen, egal was sie tat, Runas Körper verlor schon an Wärme. Als der Regen einsetzte, saß Sayuri einfach so da und starrte auf die Leiche der Gelbe. Sie nahm bereits Abschied, genauso wie Spot der mit gesenktem Kopf auf einem Ast saß und vor Schmerz vor sich hin piepste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)