Gloomy Destiny von abgemeldet (Von vergangenem und zukünftigem) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Es donnert … Ein weiteres Mal … Ein Gewitter … Vorsichtig versuchte sie ihre Augen zu öffnen, aber scheiterte beim ersten Versuch kläglich. Langsam kehrte ihr Lebensgeist wieder in ihren Körper zurück und sie öffnete ihre vom langen Schlaf noch benebelten Augen einen Spalt. Plötzlich riss sie ihre Augen auf und bäumte sich auf. Ihr Körper schien sich wieder an etwas zu erinnern. Tief in ihrem Inneren erwachte noch etwas. Der ihr nur zu gut bekannte Hunger. Die Gier. Ihre grünen Augen schimmerten für einen kurzen Moment so rot wie Blut. Langsam entspannte sie sich wieder, doch dieses Gefühl von unbändigem Hunger und innerer Unruhe blieb. Nachdem einige Zeit vergangen war, welche ihr wie Stunden vor kam, erhob sie sich vorsichtig, stieß dabei den Deckel ihres eigenen kleinen Kerker zur Seite und blickte sich um. Es war dunkel, doch konnte sie trotzdem noch genug erkennen, um sich ein Bild zu machen. Eine kleine Steinerne Kammer, die ziemlich verwittert und vermutlich schon lange verlassen war, lag vor ihr. Sie erinnerte sich. Damals sah es anders aus. Von der Treppe, welche in die obere Halle führen sollte, war auch nicht mehr viel übrig. Halb eingestürzt, aber wohl noch passierbar. Sie ging einige Schritte auf die Treppe zu, musste sich aber abstützen, um nicht wieder zusammen zuklappen. Wie lange hatte sie wohl geschlafen? Zu lange... Niemand war mehr hier. Es dauerte etwas, doch erreichte sie das obere Ende der Treppe und musste feststellen, dass von dem einst so prachtvollen, wenn auch kleinen Tempel nur noch eine verlassene Ruine übrig war. Warum hatte sich niemand um den Erhalt gekümmert? Hatten die Untergebenen ihrer Familie etwa ihre Aufgabe vergessen? Es brachte nichts weiter darüber nachzudenken! Erstmal musste sie diese Ruine verlassen und sich auf die Suche nach einer Nahrungsquelle machen, die ihre Bedürfnisse vorerst deckte. Anschließend würde sie schon noch zu ihren Antworten kommen und jemanden dafür zur Rechenschaft ziehen. Als sie in die Nacht hinaus ging, blieb in der verlassenen Ruine nur ein geöffneter und leerer Sarg zurück. Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Zwei Monate sind seit jenem Tag vergangen, als eine junge Frau mit stechend grünen Augen völlig verwirrt in einer kleineren Stadt auftauchte und Orientierungslos umher streifte. Sie sah viele seltsame Dinge. Menschen die scheinbar ohne Angst vor ihr einfach ihren Beschäftigungen nachgingen und sie eher belustigt ansahen. Natürlich, sie hatte gleich bemerkt, dass ihre Kleidung anscheinend nicht angemessen war. Niemand sonst trug hier etwas ähnliches. Ihr grünes Kleid war anscheinend nicht sehr passend, denn selbst die Frauen trugen hier Männerkleidung. Eine bizarre Vorstellung! Mehr durch Zufall fand sie sich in einem Park wieder und schließlich in einem Abfalleimer eine alte Zeitung. Die erste Seite genau betrachtend stellte sie fest, dass sie anscheinend lange geschlafen hatte. Viel zu lange... Im Moment war das Jahr 2006, wenn man diesem Papierstück glauben schenken durfte. Mehr als 200 Jahre war es also schon her, dass sie sich von der Welt zurückgezogen hatte... Jetzt saß sie in ihrem Hotelzimmer und blättert wieder in einer Zeitung. Zwei Monate... Nicht sehr viel Zeit, trotzdem hatte sie in dieser kurzen Zeitspanne schon einiges über diese Welt lernen können. Sie unterschied sich gar nicht so sehr von ihrer eigenen, ihr bekannten Welt. Die Menschen waren zahlreicher, hatten einen unglaublichen Sprung in der Wissenschaft hinter sich und angeblich waren sie aufgeklärter und zivilisierter. Zumindest behaupteten sie dies in all ihren Büchern, im Internet und in den Magazinen, aus welchen sie die ganzen Informationen geschöpft hatte. Dennoch gab es viele Gemeinsamkeiten, wie die Brutalität der Menschen, die sie immer wieder durch ihre Verbrechen und Kriege zur Schau stellten, der Hass gegen alles Fremde und natürlich die Gier nach Macht. Durch einen Zufall hatte sie an ihrem ersten Tag in der neuen Welt ein Pfandleihhaus entdeckt und ihren Schmuck versetzten können. Obwohl dieser schon ein beträchtliches Alter hatte, war er wohl nur soviel wert, wie das Material aus dem er bestand. Schade, aber immerhin hatte sie so ein Startkapitalgewinnen können, mit dem sie sich nun über Wasser hielt. Damit machte sie sich auf den Weg, um erstmal das Nötigste zu besorgen. Etwa modernere Kleidung, das Hotelzimmer in dem sie gerade die Füße hoch legte und zu guter Letzt fand sie sogar eine Nahrungsquelle. Nun ja, es war nicht gerade das was sie gewohnt war, aber in dieser Zeit war es scheinbar nicht üblich Untergebene zu Ader zu lassen, um sich zu nähren. Also musste sie mit einem Metzger vorlieb nehmen, dem sie alle paar Tage einen Liter Blut abkaufte. Er schaute zwar immer etwas skeptisch, aber Menschen sind nur auf sich fixiert. Solange sie bezahlt werden, tun sie alles, was man von ihnen verlangt. Zumindest war das ihre Meinung und noch Niemand hatte ihr bisher das Gegenteil beweisen können. Früher waren die Menschen ziemlich einfach gestrickte Wesen und ob das heute wirklich so anders sein sollte, nur weil sie auf dem Mond gewesen sind?! Unwahrscheinlich. Seit sie vor einer Woche das Internet entdeckt hatte und sich im Hotel eigenen Internet Café täglich sehen lies, suchte sie nach Spuren ihrer Familie. Es schien fast so, als ob die Welt die Existenz ihrer Sippe einfach vergessen hätte. Unfassbar... Andererseits wäre dies eine Chance für einen Neuanfang. Aber wollte sie das? Es fiel ihr schwer sich an all die Veränderungen zu gewöhnen. Entschlossen, vorerst unauffällig zu bleiben, begann sie sich für den heutigen Tag fertig zu machen. Sie hatte es geschafft sich im Stadtarchiv einen Termin geben zu lassen, um Nachforschungen über den Verbleib der Untergebenen ihrer Familie anzustellen. Früher lebten diese hier in der Nähe, also wäre es sehr wahrscheinlich, dass es Unterlagen gab. Noch dazu wo die Menschen inzwischen allen möglichen Mist sogar im Internet archivierten. Man könnte zwar auch sagen, sie wollte gern wissen was aus ihren Sklaven geworden ist und warum der Tempel ihrer Familie so verfallen war, aber warum ein so unschönes Wort in den Mund nehmen?! Sie hatte in den zwei Monaten auch gelernt das Sklaverei inzwischen nicht mehr in Mode war. Tja, qué será será. Alles kommt wieder. Es war ein seltsamer Gedanke vollkommen ohne jemanden, den sie herumkommandieren konnte, auskommen zu müssen. Trotzdem passte es irgendwie in diese Welt. Alles schien irgendwie selbstständiger abzulaufen. Sie hatte fast all ihr Geld in neue Kleidung investiert, um nicht zu sehr aufzufallen. Ein paar Hosen, ein paar Hemden, einen schwarzen Ledermantel und ein paar schwarze Stiefel hatten sich dabei in ihren Kleiderschrank verirrt. Sie kleidete sich mit der schwarzen Jeans, welche sie bequem fand, obwohl es zugegebener Maßen sehr ungewohnt war eine Hose zu tragen, ein weißes Hemd und natürlich ihre Stiefel und den Mantel. Nachdem sie fertig war verließ sie langsam ihr Zimmer und anschließend das Hotel, ohne den Empfangsangestellten auch nur eines Blickes zu würdigen, welcher sie freundlich anlächelte. Draußen brannte die Sonne regelrecht auf einen herab. Kein Wunder! Immerhin war noch Sommer, auch wenn es bis zum Herbst nur noch ein Monat sein sollte. Wenigstens etwas, denn die Sonne war wirklich unangenehm. Damals war sie nicht so stechend gewesen. Scheinbar war die ganze Diskussion der Menschen über die Ozon-Schicht und deren Löcher nicht so abwegig, wie manche Skeptiker vielleicht denken mochten. Nach fast einer Stunde Fußmarsch kam sie endlich beim Archiv an. Die Erleichterung in den Schatten des Gebäudes zu können war so groß, dass sie fast vergaß warum sie eigentlich hier war und das ihr Termin bereits vor zehn Minuten gewesen wäre. Sie ließ ihren Blick durch die Empfangshalle gleiten und ging zögernd zur Empfangsdame. „Mein Name ist Selena Smith, ich habe einen Termin.“ Die junge Frau hinter der Theke erschrak fast zu Tode, als sich Selena vorstellte. Etwas größer als der Durchschnitt, kurzes schwarzes Haar, blasse Haut, ein Athletischer Körper und durchdringende grüne Augen. Ja, diese Frau Smith sah ziemlich gut aus. Leider passte ihre Stimme nicht ganz in das Bild, welches ihr Äußeres versprach. Sie triefte gerade zu vor Kälte, Arroganz und einer Spur Abscheu. Irgendwie war ihr diese Frau unheimlich. „Oh, tut mir Leid, ich habe sie gar nicht bemerkt. Guten Tag! Der Leiter des Archivs wartet bereits auf sie. Es kommt nicht jeden Tag vor, dass sich jemand für die alten Stammbäume interessiert. Vor allem nicht, wenn sie dann auch noch von vor der Zeit der Stadtgründung sind. Bitte gehen sie doch einfach diesen Gang weiter und die letzte Tür führt sie zum Treppenhaus, dort gehen sie einfach nach unten in den Keller, er wartet bereits auf sie.“ Während sie nach rechts in Richtung eines langen, weißen Ganges zeigte, lächelte sie vorsichtig, um diese Frau bloß nicht zu verärgern. Das letzte was sie wollte war kurz vor Feierabend noch einen Aufstand riskieren. Die freundliche Geste der Angestellten ignorierend, schritt Selena den Gang in Richtung Kellergeschoss entlang und dachte über den Nachnamen nach, den sie sich ausgedacht hatte. Smith. Nun ja eigentlich war es nicht ihre Idee gewesen. In den Büchern, die sie in den vergangenen Wochen gelesen hatte, gaben sich viele Figuren einfach diesen Künstlernamen. Sie tat es jenen nur gleich. Unauffällig, nicht besonders, gewöhnlich! Ideal um nicht aufzufallen. Einfach perfekt für jemanden, der sich ohnehin erstmal eingewöhnen musste. Als sie schließlich im Kellergeschoss ankam, musste sie nicht lange suchen, um den Leiter dieses Archivs zu finden. Der Keller war zwar groß, aber er wartete schon an einem kleinen Tisch, nahe der Verbindungstür zwischen Treppenhaus und Keller, auf sie. „Ah, Fräulein Smith nehme ich an?“ Der etwas ältere Herr, mit dem leicht ergrautem Haar, einer Brille mit Metallgestell und einem grauem Anzug, hatte die schweren Schritte der jungen Frau schon von weitem hören können. Im Treppenhaus hallte es lautstark und im Keller war es ansonsten vollkommen still, wenn man vom leisen brummen der Klimaanlage einmal absah. „Sie nehmen richtig an. Ich bin hier, um die Stammbäume der Ortsansässigen Familien, aus den letzten 200 Jahren, einzusehen.“ Sie blieb direkt vor ihm stehen und blickte ihn von oben herab an. „Selbstverständlich, wenn sie erlauben stelle ich mich erst einmal vor. Mein Name ist Augustus Porta. Bitte, nehmen sie es mir nicht allzu übel, aber ich bin neugierig. Warum möchten sie so alte Unterlagen einsehen? Solche Anfragen an uns kommen nur sehr selten vor, die meisten Anliegen können wir mit unserem Datenbanksystem bearbeiten.“ In seinen Augen konnte man tatsächlich etwas Verwirrung erkennen, aber auch eine ungesunde Neugier. Zumindest für ihn war sie ungesund, denn Selena dachte nicht im geringsten daran ihm ihre Pläne mitzuteilen. Aber da er wohl keine Ruhe geben würde und wohl auch sonst keine große Hilfe sein würde, sollte sie ihm keine Antwort geben, entschied sie sich ihm wenigstens einen kleinen Einblick in ihre Gedankenwelt zu geben. „Ich möchte etwas ''Ahnenforschung'' betreiben.“ Das Wort ‚Ahnenforschung’ betonte sie dabei eher abfällig, was dem Archivart jedoch nicht aufzufallen schien, da Selena generell keinen allzu heiteren Eindruck auf ihn machte. Stattdessen schien er sich tatsächlich damit abzufinden, marschierte an einigen Regalen vorbei und deutete Selena an ihm zu folgen. Der Keller war wirklich größer als er aussah, denn es dauerte einige Minuten bis Augustus wieder anhielt. „Da wären wir. In diesen Kartons finden sie alle freigegebenen Stammbäume. Ich wünsche ihnen viel Glück, bei ihrer Suche. Falls ich ihnen noch irgendwie behilflich sein kann, so finden sie mich wieder an meinem Schreibtisch.“ Während er begonnen hatte zu erzählen, deutete er auf das fast vier Meter hohe Regal vor sich und Selena wurde schlagartig bewusst, dass es wohl schwieriger sein würde, als sie dachte, an ein paar Informationen zu kommen. Eine Woche verging wie im Flug. Selena ging jeden Tag ins Archiv und arbeitete sich systematisch durch die Kartons. Alte Dokumente, schwer zu lesen, teilweise zerrissen oder unvollständig. Schließlich fand sie endlich eine Spur. Den Stammbaum der Familie ‚Sisko’. Sie erkannte den Namen sofort wieder und auch das alter dieser Urkunde schien zu stimmen. ‚Matthew Sisko’. Das war der Name des Verwalters ihres kleinen Tempels, wo ihre Ruhestätte eingerichtet worden war. Anscheinend hatte er es sich gut gehen lassen. Eine große Familie gegründet, als er sich unbeobachtet fühlte. Aber vor etwa sechzig Jahren sind alle Blutlinien einfach erloschen, bis auf eine einzige. Ihre Spur lies sich über einen weiteren Stammbaum verfolgen und endete bei dem Namen ‚Lisa Davies’. Damit lies sich doch etwas anfangen. Als sie, stolz über ihren Erfolg, den Archivart zur Rede stellte und weitere Informationen über den Aufenthaltsort von dieser ‚Lisa Davies’ verlangte, zuckte dieser erschrocken zusammen. Er hatte sie weder kommen hören, noch hatte er ihr eine so herrische Stimme zugetraut. Bisher hatten sie zwar nur wenige Sätze ausgetauscht, aber er hatte sich wohl ein etwas anderes Bild gemacht. „Wie sie wünschen, wir können in unserer Datenbank nachsehen. Die Personenbezogenen Daten der letzten dreißig Jahre haben wir in unserem Computersystem.“ In einer kleinen Nische, zwischen zwei großen Aktenschränken, stand ein kleines Terminal. Nachdem er sich eingeloggt hatte und ein paar Versuche durchführte, fand er schließlich wonach Selena gesucht hatte. Selena nahm die ausgedruckte Seite entgegen und überflog alles. „Lisa Davies... geboren am 27.03.1987... also 19 Jahre alt... Eltern verstorben... Waisenhaus Aufenthalt... letzter bekannter Wohnort London.“ Leise vor sich hin murmelnd, musste sie sich das erstmal auf der Zunge zergehen lassen. Die letzte überlebende ihres Hofstaates. Ob sie etwas davon wusste, dass sie rechtmäßiges Eigentum Selena's war? Wohl kaum. Leider war diese Akte ohne ein Foto. Oder eine genauere Adresse. Aber nun hatte sie ein Ziel, London. Lange war sie nicht mehr in dieser Stadt gewesen, jedoch freute sie sich darauf eine vertrautere Gegend zu besuchen. Dort würde Selena ihr Eigentum schon finden und danach würde sie herausfinden was aus ihrer Familie geworden war und warum niemand sie geweckt hatte, wo doch anscheinend irgendetwas vorgefallen sein musste. Hastig verließ sie das Archivgebäude und ignorierte die verwirrten Blicke der restlichen Angestellten, während sie sich auf den Weg zurück in ihr Hotelzimmer machte. Nun wurde es Zeit ihre Sachen zu packen und sich auf den Weg nach London zu machen. Noch am gleichen Abend verließ sie ihr Hotel mit einer Reisetasche in der Hand und betrachtete nun den doch recht großen Bahnhof. Etwas mulmig war ihr schon zu mute, jedoch lies sie sich nichts anmerken und versuchte Ruhe zu bewahren. Sie schaute wie immer mit einem kalten Blick umher und musterte andere Menschen, betrachtete die Züge und natürlich dieses große Bauwerk. Nachdem sie ihren Zug betreten hatte, setzte sie sich allein in ein Abteil und ruhte einen Moment ihre Augen aus. Ziemlich viel Stress für einen Tag. Sie nickte leicht ein und ihre Gesichtszüge entspannten sich ein wenig. Bald würde sie London erreichen und damit auch ihr Eigentum. Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Es war sechs Uhr dreißig Morgens, als ein junges, neunzehnjähriges Mädchen sich mühsam vom Boden erhob und mürrisch ihren Wecker ausschaltete. Dies war nun das vierte Mal, dass sie in diesem Monat erschrocken aus dem Bett gefallen war, nur weil ihr verdammter Wecker so laut und so früh seinen Dienst verrichten wollte. Es musste schnellstmöglich ein neuer Wecker her, so viel stand fest! Während sie langsam in Richtung Bad taumelte, dachte sie daran, dass heute ja Freitag war, was bedeutete, dass sie endlich mal wieder Party machen und ab tanzen konnte. Nachdem sie aus der Dusche gestiegen war und sich ein Handtuch umgebunden hatte, begann sie ihre blonden Haare trocken zu föhnen. Sie wirkten ziemlich wild, da sie ihr nur bis zu den Schultern gingen und einige rote Strähnen hatten, doch so mochte sie es. Sie war nicht die Größte, hatte aber stattdessen eine zierliche und wohl proportionierte Figur, sowie braune Augen. Als sie nun hellwach das Bad verließ, ging sie zu ihrem Kleiderschrank und schnappte sich etwas passendes für die Arbeit. Nichts zu spießiges, denn immerhin war sie noch in der Ausbildung und hatte ein paar Freiheiten bei der Kleidungswahl, die sie gerne ausnutzte. In ihrem Wandspiegel betrachtete sie ihr Werk zufrieden. Ihre weißen Sneaker, die beige Stoffhose, ihr hellgelbes T-Shirt passten gut zusammen und natürlich der rote Haarreif, welchen sie hinter ihre Ohren gesteckt hatte, um ihre Haare ein wenig zu bändigen. Haarreifen waren eine ihrer Schwächen. Sie hatte sich fest vorgenommen, dass sie, sobald sie genügend verdienen würde, ihre kleine Sammlung stark erweitern wollte. Sie schnappte sich ihre Wohnungsschlüssel und machte sich dann auf den Weg zur U-Bahnstation, um nicht zu spät zur Arbeit zu gelangen. Sie hatte es nicht weit - nur zehn Minuten Fußweg lagen vor ihr. Ein weiterer Pluspunkt, ihrer ansonsten recht unscheinbaren Wohnung. Ziemlich klein, kein Balkon und nicht mal ein Gästezimmer. Von einem eigenen, kleinen Büro ganz zu schweigen. Als sie die U-Bahnstation betrat, konnte sie schon ihre Freundin Sarah erkennen. Da die U-Bahn zu dieser Tageszeit absolut überfüllt war, glich dies eigentlich einem Wunder. Jedoch war Sarah wirklich unverkennbar. Man könnte sie als eine Mischung aus Elton John und Marilyn Manson bezeichnen. Einerseits liebte sie grelle, bunte Sachen, andererseits besaß sie sehr viele schwarze Kleidungsstücke. Beides passte nur leider nicht immer wirklich gut zusammen. So wie heute. Sie trug eine rote lange Hose, ein grünes, recht enges, Top und darüber eine schwarze Lederjacke, die aussah, als hätte Sarah sie einem Motorradfahrer abgenommen. Am besten gar nicht drüber nachdenken, ermahnte sich Lisa schnell. Sarah hatte einen häufig wechselnden Männergeschmack. Was leider daher kam, dass sie sehr gerne Tanzen ging und dabei auch mal einen über den Durst trank. Die Folge? Eine beachtliche Anzahl ‚One Night Stands’ und einen Kleiderschrank voller Klamotten, die sie sich bestimmt nirgends gekauft hatte. Trotz dieser... Marotte... war Sarah ihre beste Freundin und eigentlich machte auch das feiern mit ihr viel Spaß. Dennoch, Lisa selbst war, was so etwas wie die One Nights Stands anging, dann doch eher zurückhaltend und hatte Probleme sich zu öffnen und vertrauen aufzubauen. Ohne Vertrauen ging bei ihr gar nichts. „Hey, Lisa, hier bin ich!“ Sarah winkte wie besessen, damit Lisa sie auch ja schnell finden würde. Die U-Bahn sollte ja schließlich in wenigen Minuten kommen und dann würden sie sich wieder trennen müssen. Sarah fuhr in die entgegengesetzte Richtung, um zur Arbeit zu gelangen und gab sich alle Mühe trotzdem jeden Tag auf ihre Freundin zu warten. „Guten Morgen, Sarah. Ich hab dich schon von weitem gesehen. Du stichst etwas aus der Menge heraus.“ Sie konnte sich ein Kichern nicht verkneifen und deutete auf die Jacken – Top Kombination. „Morgen! Ach, du bist ja nur neidisch! Willst du wissen wo ich diese Jacke her habe?“ Freudig strahlte Sarah, als ob sie den heiligen Gral zufällig in ihren Frühstücksflocken gefunden hatte. „Wenn du schon so grinst, dann wohl besser nicht.“ Beschwichtigend hob Lisa schnell die Hände. Am frühen morgen waren Sarah's Geschichten manchmal ziemlich unverblümt. „Wie du meinst. Wer nicht will, der hat halt schon. Aber mal was anderes, wollen wir heute Abend in den neuen Club? Ich hab dir doch davon erzählt, da gibt es heute jede Menge zum halben Preis. Die wollen bestimmt Stammkunden fangen.“ Grinsend dachte Sarah schon an die vielen Cocktails, die hübschen Jungs und natürlich an eine weitere Chance Lisa endlich mal unter die Haube zu bringen. Ein kleines Hobby von ihr, aber leider hatte Lisa bisher alle Versuche zunichte gemacht. Es war zum verrückt werden, als ob sie auf ewig allein bleiben wollte. Dabei war sie doch vorzeigbar und viele Jungs hatten schon ihr Interesse bekundet. Aber heute war sie sich zuversichtlich, neuer Club, neue Chance. „Ja klar, ich brauch dringend mal wieder etwas Abstand. Im Moment ist die Arbeit wirklich stressig. Aber nur noch ein halbes Jahr, dann bin ich ja endlich fertig.“ Ein ehrliches Lächeln erschien auf Lisas Gesicht. Ja, wenn sie daran dachte, dass sie bald ein vollständiges Gehalt beziehen konnte, musste sie sich einfach freuen. Nicht weil sie geldgierig war, obwohl die Aussicht auf mehr Geld natürlich nicht zu verachten war. Nein, vielmehr weil es einen bedeutenden Sprung in ihrer Lebensqualität darstellen würde. Größere Wohnung, ein eigenes Auto, vielleicht ein Haustier und sie wollte schon immer einen eigenen Balkon haben. Leider waren alle Wohnungen, die sie bisher gesehen hatte, zu teuer, um sich diese Wünsche bis jetzt erfüllen zu können. „Super, dann hol ich dich am besten gegen acht Uhr, heute Abend, ab.“ Sarah grinste, wie ein Honigkuchenpferd. Lisa konnte sich schon denken wieso. Aber es war ihr im Moment egal, sollte sie doch wieder ein paar Möchtegern Machos an schleppen, an denen hatte sie sowieso kein Interesse. Im Moment fehlte ihr einfach die Zeit, sich über so etwas unwichtiges wie eine Beziehung Gedanken zu machen. Sie war der festen Überzeugung, wenn es an der Zeit wäre würde sie schon irgendjemanden treffen und dann konnte man ja immer noch weitersehen. „Ok, aber sei einmal pünktlich! Das letzte Mal musste ich noch eine halbe Stunde warten! Und warum? Nur weil du unbedingt vor glühen musstest und dann in der falschen Straße meintest nach mir Sturm zu klingeln. Du konntest an dem Abend nur froh sein, dass die Leute nicht die Polizei gerufen haben.“ „Mag ja sein, aber wie du dich sicher auch noch erinnerst, hab ich dich danach trotzdem noch unter den Tisch getrunken.“ Während Sarah ihre Feststellung äußerte, grinste sie so breit, dass Lisa dachte ihr würde jede Sekunde der Kopf abfallen. Es stimmte zwar, dass sie nicht so viel vertragen konnte - eigentlich gar Nichts - aber dafür war Sarah ja auch etwas schwerer als sie. Zwar nicht viel, aber immerhin genug, um eine Ausrede parat zu haben, die Sarah jedes Mal auf die Palme brachte. „Ist ja schon gut, also dann bis heute Abend. Bye, Sarah.“ Lisa umarmte Sarah noch schnell, da ihre U-Bahn gerade ankam. Sarah arbeitete in einer kleinen Boutique in der Innenstadt. Es war eher Zufall, dass sie sich kennen lernten und auch noch Freunde wurden. Aber Sarahs offene Art hatte sofort einen riesigen Eindruck bei Lisa hinterlassen und so hatte sich der Rest einfach ergeben. „Ja bis heute Abend, ich bring dir noch die Strickjacke mit, die du schon seit zwei Wochen im Laden an schmachtest.“ „Oh, das wäre toll! Also bis dann.“ Lisa bereute schon fast wieder, dass sie Sarah mit ihren paar Pfunden aufziehen wollte. Eigentlich war sie ja auch nur ein klitze kleines Bisschen größer als sie. Manchmal war Sarah ein richtiger Schatz. Es stimmte, Lisa wollte diese Jacke schon lange haben, aber irgendwas kam ihr immer dazwischen. Miete, Nahrung oder Müllgebühren. Was man nicht alles zahlen musste. Sarah stammte eigentlich aus reichem Elternhaus, sie arbeitete fast nur zum Spaß in dem Laden. Aber sie gab sich wirklich Mühe, dass musste Lisa ihr schon lassen. Als sie damals in dieser Boutique angefangen hatte, dachten die Leute noch der Laden würde bald dicht machen, aber dann schaffte sie es daraus einen echten Geheimtipp zu machen. Als Monatlichen Bonus konnte sie dann immer ein wenig Schoppen gehen und diesmal war wohl die wunderschöne, lilane Strickjacke in ihrem Korb verschwunden. Irgendwie würde Lisa das mal wieder gut machen - geschenkt wollte sie ja nichts haben. Sie hatte immer hart für alles arbeiten und kämpfen müssen. Da lies ihr Stolz es nicht zu, jetzt einfach so eine Jacke geschenkt zu bekommen. Kopfschüttelnd setzte sie sich auf einen der wenigen Sitzplätze und lehnte ihren Kopf an die kühle Scheibe. Lisa betrat gerade ihre Wohnung, legte ihre Post auf die kleine Schlüsselschale an der Wand und lies sich dann erstmal auf einen ihrer drei Küchenstühle fallen. So anstrengend war schon lange kein Tag mehr. Erst ist ihre Kollegin krank, dann kann sie wegen der vielen Telefonate nicht mal zur Mittagspause gehen und schließlich musste sie noch zwei Überstunden machen. Und das auf einen Freitag! Sie schaute zur Uhr. Halb sechs war es bereits! Sie beschloss sich noch eine Stunde auf´s Ohr zu legen, da sie sonst wohl nicht mit Sarah mithalten kann. Sie war gerade eingeschlafen, da schepperte auch schon wieder ihr Wecker. Diesmal fiel sie zum Glück nicht aus dem Bett, aber erschrocken war sie trotzdem. Schnell lief sie nochmal ins Bad, um sich etwas frisch zu machen. Sie suchte sich ein paar Klamotten aus ihrem Schrank - nichts zu freizügiges, aber wie eine graue Maus wollte sie nun auch nicht aussehen. Schließlich entschied sie sich für einen roten knielangen Rock, ein gelbes Shirt und hoffte das Sarah an die Strickjacke denken würde. Es war zwar noch Sommer, doch Abends konnte es schon recht frisch werden. Dass die Strickjacke einfach göttlich aussah, hatte damit natürlich nichts zu tun. Sie war gerade mit ihren Haaren zufrieden, da klingelte es schon an der Tür. Erschrocken schaute sie zur Uhr und musste feststellen, dass sie wohl länger gebraucht hatte, als gedacht. Zehn nach acht. Zumindest hatte Sarah sich etwas Zeit gelassen. „Ey, nicht so stürmisch, du reißt mich ja noch um!“ Kaum hatte Lisa die Tür geöffnet kam ihr Sarah schon entgegen gesprungen und stürmte an ihr vorbei, in die Wohnung. „Tut mir ja Leid, aber ich will so schnell wie möglich los! Also zieh endlich deine Jacke an und wir können.“ Sarah warf ihr die lilafarbene Strickjacke entgegen und schaute sie erwartungsvoll an. „Hey, nicht werfen!“ Lisa konnte gar nicht so schnell reagieren und nun musste sie sich ihre neue Strickjacke vom Kopf ziehen. Sie schlüpfte schnell hinein und lief in ihr Schlafzimmer, um sich nochmal im Spiegel zu betrachten. Wunderbar. Genau so hatte sie sich das vorgestellt! „Hör auf zu glotzen und beeil dich schon.“ Sarah war schon wieder an der Tür und schon halb auf dem Weg, als Lisa schnell ihre Schlüssel schnappte und ihr hinterher lief. Während sie zur U-Bahn gingen redeten sie über alles mögliche, wobei Sarah auch wieder auf das Thema Männer zu sprechen kam und Lisa nur genervt das Gesicht verzog. „Nun komm schon, du brauchst einen richtigen Mann, dass ist alles was dir fehlt. Dann bist du auch nicht immer so gestresst.“ Sie zwinkerte Lisa zweideutig zu, woraufhin diese nur schnaubte. „Das ist meine Sache, du musst mir keinen Mann suchen. Wenn ich einen finde der mir gefällt, dann erfährst du es schon noch. Also komm mir heute Abend bloß nicht wieder mit irgendwelchen Typen.“ Widerwillig beließ Sarah es vorerst dabei, dachte jedoch nicht daran einfach so schnell aufzugeben. Nachdem die beiden jungen Frauen eine halbe Stunde von U-Bahn zu U-Bahn gependelt waren, standen sie nun vor dem gerade erst eröffnetem ‚Passion’-Club. Der Name erinnerte Lisa irgendwie an eine alte 80’er Jahre Möchtegern-Disco, aber sie wollte mit ihrem Urteil warten bis sie wusste, wie es drinnen aussah. Vorm Eingang stand bereits eine lange Schlange, jedoch winkte Sarah einen der Türsteher zu ihnen. Es war ein ziemlich breit gebauter Mann, der. als er Sarah sah, gleich zu lächeln begann. Ein seltsames Bild. „Hey, was machst du denn hier? Wollt ihr gleich rein? Na, dann los.“ Sarah konnte gar nicht antworten, da war sie bereits in einer ziemlich herzlichen Umarmung gefangen und schaute gespielt leidend zu Lisa. „Na, Bruno, wie geht es dir so? Darf ich vorstellen, das ist Lisa. Wir wollten heute Abend mal etwas Party machen und uns auch gleich den neuen Club hier anschauen.“ Lisa konnte nur leicht fassungslos mit ansehen, wie Sarah anfing diesen „Bruno“ hinter dem Ohr zu kraulen. Hätte er nun auch noch angefangen zu schnurren, so wäre sie wohl vollends vom Glauben abgefallen. Glücklicherweise deutete er den beiden nur an ihm zu folgen und erzählte, während sie zum Eingang gingen, dass er inzwischen der Wachschutz Leiter geworden war und deshalb heute die Eröffnung beaufsichtigte. Er schleuste die zwei Mädels schnell in den Club und verabschiedete sich, um wieder nach draußen zu gehen. Vor dem Eingang war im Moment ein richtiges Chaos, dass es zu managen galt. Lisa schallt sich selbst, bloß nicht darüber nachdenken woher Sarah den kannte. Nein. Bloß nicht! Sarah zog ihre Freundin gleich zu einer kleinen Sitzecke, welche äußerst bequem wirkte und einen gemütlichen Eindruck machte. Als Lisa sich umschaute musste sie feststellen, dass der Name dem Club gar nicht gerecht wird. Es sah alles so atemberaubend aus und nicht mal Kunststoffpalmen waren aufgestellt worden. Hauptsächlich war alles in Rottönen gehalten, mit schwarzen Kontrasten. Sehr stylish. Da hat jemand richtig investiert, stellte sie belustigt fest. „Die Preise sind hier aber ziemlich gesalzen.“ Stellte sie fest, als sie sich die Cocktail Karte durch las. „Ja schon, aber wie ich dir schon heute morgen gesagt habe, sind die Drinks heute Abend alle zum halben Preis!“ Sarah strahlte über beide Ohren und ging gleich in Richtung Bar, um ihnen die erste Runde zu spendieren. So verlief der Abend entspannt, bis Sarah nach ihrem vierten Drink Lisa auf die Tanzfläche zerrte und sie zum mitmachen animierte. Lisa kannte dieses Spiel leider schon. Sarah war auf der Suche nach ihrer heutigen Eroberung und wollte mit einem heißen Tanz nur Aufmerksamkeit erregen. Sehr zum Missfallen von Lisa, welche sich lieber im Hintergrund halten würde. Aber wie sagt man so schön? Augen zu und durch! Sarah lies ihre Hüfte kreisen und warf sich Lisa regelrecht an den Hals, welcher das ganze mehr als peinlich war. Sie tanzten eine ganze Weile eng aneinander gepresst und Sarah rieb sich währenddessen oft an ihrer Tanzpartnerin, ohne zu bemerkten, dass diese dabei leicht aufkeuchte und sich sehr um ihre Konzentration bemühen musste. Als das Spektakel, sehr zu Lisas gefallen, endlich vorüber war, ließen sich die beiden wieder auf ihre Plätze fallen. „Das war das letzte Mal, dass du mich so vorführst!“ Am liebsten würde sie Sarah an den Hals springen, aber das würde nichts bringen und nur den ganzen Abend ruinieren. „Ach, komm schon, wenn dich erstmal ein netter Typ wegen unserer Show anspricht, wirst du mir noch dankbar sein!“ Fest von sich überzeugt lehnte sich Sarah zurück und genoss die Blicke der Männer, welche schon zu Beginn des aufreizenden Tanzes ihre Blicke über ihren Körper hatten gleiten lassen. Lisa war es nun erst recht unwohl, denn schon kam ein ziemlich schmieriger und offensichtlich auch angetrunkener Kerl auf sie zu. Man konnte nur vermuten, dass unter all dem Haargel tatsächlich eine Frisur verborgen sein musste. Er schwankte schon leicht, als er sich einfach neben Lisa auf die Sitzbank fallen lies und einen Arm um sie legte. „Na, Süße, wollen wir ein wenig Spaß zusammen haben?“ Er grinste sie, vollkommen von sich selbst überzeugt, an und erwartete eigentlich keine Antwort, sondern wollte lieber sofort zur Sache kommen. Lisa sah panisch zu ihrer Freundin, welche nur Abwinkte und meinte sie soll sich mal nicht so haben, es wäre ja nichts dabei. Doch Lisa sah das ganz anders, sie hatte keine Lust sich von einem Fremden, betrunkenen Penner begrabschen zu lassen. Sie holte aus und gab ihm eine Ohrfeige, die sich gewaschen hatte. Während er sie noch geschockt und vollkommen perplex anstarrte, sprang Lisa auf, schnappte sich Sarah und zog sie in Richtung Ausgang. „Was ist denn in dich gefahren?! Warum haust du denn den armen Jungen?“ Sarah hatte nicht viel mitbekommen, von dem was da gerade passiert war. Zu viele Drinks, zu viele hübsche Jungs, denen sie schmachtende Blicke zuwarf und natürlich die Freude darüber, dass Lisa endlich mal einen Jungen für sich hatte. Sie war schon ein wenig stolz darauf, dass ein kleiner Tanz soviel Wirkung zeigte. „Was in mich gefahren ist? Ich kannte den nicht mal und der hat angefangen mich zu begrabschen! Abgesehen davon das er vollkommen betrunken war, nicht mein Typ und ich kein Interesse an einem One Night Stand habe, erwarte ich von meiner besten Freundin etwas mehr Unterstützung, wenn so was passiert !!“ Sie hatte sich gerade in Rage geredet, als die wandelnde Haargeldose schon wieder in ihre Sichtweite kam. Schnell schnappte sie sich Sarah's Hand und zog sie einfach durch den Ausgang, ganz nach Draußen und versuchte erstmal etwas Distanz zum ‚Passion’ aufzubauen. „Hey, jetzt bleib doch erstmal stehen, Lisa.“ Sarah konnte nicht mehr. Ihr war schwindlig und sie hatte Sorge, sich gleich hier auf dem Bürgersteig übergeben zu müssen. „Tut mir ja Leid, dass es für dich nicht so gut gelaufen ist heute Abend. Ich habe nicht gesehen, dass er sich nicht benommen hatte. Aber warum ziehst du mich hier durch die Gegend? Mir ist schlecht...“ Sarah setzte sich erstmal auf den Bordstein, zog ihre Knie an und legte ihren Kopf darauf. „Mir tut es auch Leid, dass ich dich so angefahren habe. Aber ich hatte etwas Panik. Das ich dich aus dem Club gezogen habe, lag daran, dass der Typ uns gefolgt war und ich nur von ihm weg wollte.“ Sie setzte sich neben Sarah und legte einen Arm um ihre Freundin. „Ich glaube, ich bringe dich erstmal Heim. Du hast wohl etwas zufiel vom Preiswerten gehabt, hm?“ Nachdem Sarah schon anfing weg zunicken und nur noch schwer ein leises ‚Ja’ heraus brachte, zog Lisa ihre Freundin erstmal auf die Beine. Das angetrunkene Häufchen Elend stützend, machte sich Lisa auf den Weg zur U-Bahn. Es dauerte wesentlich länger zu Sarah nach Hause. Dies lag zum einen daran, dass sie am anderen Ende der Stadt wohnte und zum anderen daran, dass es sehr viel schwerer war sie auf zwei Beinen zu halten, als Lisa es sich zuerst gedacht hatte. Als sie endlich vor dem Anwesen von Sarah's Eltern stand, lieferte Lisa ihre betrunkene Freundin ab und machte sich selbst auf den Heimweg. Sarah hatte zwar etwas von sich gegeben, was sie als ein „Du kannst auch hier schlafen, wenn du willst.“ , interpretierte, machte sich aber lieber auf den Heimweg. Es war schon spät und sie wollte nur in ihr eigenes Bett. Sie verließ gerade die U-Bahnstation, also noch ein paar Minuten und sie würde in ihrem warmen, weichen Bett ein schlummern können. Plötzlich hörte sie etwas hinter sich. Als sie sich umsah konnte sie jedoch nichts erkennen. Okay, eigentlich war das hier eine sichere Gegend, aber um diese Uhrzeit sollte man nicht unbedingt durch die Straßen laufen. Sie beschleunigte ihren Gang und bog um eine Ecke, als sie gegen jemanden stieß. „Oh, tut mir Leid, ich habe sie gar nicht gesehen.“ Als sie auf sah, erkannte sie mit WEM sie da gerade zusammengestoßen war. Der schmierige Typ aus dem Club. Oh Gott! Sie wollte gerade weglaufen, als er sie schon am Arm gepackt hatte. „Da bist du ja, ich wusste doch du willst etwas Spaß mit mir.“ Er lachte und zog Lisa näher an sich. Sie versucht sich loszureißen, doch er war trotz seines Alkoholpegels einfach zu stark. Er drängte sie in eine kleine Gasse und drückte sie gegen die Hauswand. „Nein! Nicht! Loslassen! Bitte!“ Lisa wollte nicht in seiner Nähe sein, von ihm berührt werden oder „Spaß haben“, wie er es nannte. Sie schrie so laut sie konnte. „Sei still du Schlampe, du willst es doch auch!“ Um sie zum schweigen zu bringen schlug er ihr hart ins Gesicht. Lisa konnte den metallischen Geschmack ihres Blutes auf ihrer Zunge schmecken. Die ganze Situation kam ihr so unwirklich vor. Sie hatte schon oft in den Nachrichten von so was gehört, aber das sie selbst mal in einer „Opferrolle“ enden würde hätte sie nicht geglaubt. Sie versuchte immer wieder ihn von sich zu drücken, aber ohne Erfolg. Er zwang sie dazu ihn zu küssen und hielt sie weiterhin fest gegen die kalte, nasse Wand gedrückt. Sie verzog das Gesicht. Dieser neue Geschmack war so abstoßend, dass sie den Geschmack ihres eigenen Blutes zu vermissen begann. Langsam wurde es ihm zu fiel und er verlor die Geduld. Er schlug weiter auf sie ein, solange bis sie aufhörte Widerstand zu leisten. Sie hatte es knacken gehört und hatte furchtbare Schmerzen. Er hatte ihr wohl gerade eine Rippe gebrochen. Wenn das alles bleiben würde, dann würde sie wohl glimpflich davonkommen. Aber die Hoffnung, die sie gerade noch hatte, war gerade auf den Nullpunkt gesunken. Niemand würde ihr helfen, sie würde diesem Monster hilflos ausgeliefert sein. Als die Schmerzen nicht mehr auszuhalten waren, wurde ich kurzzeitig schwarz vor Augen. Leider verlor sie aber nicht das Bewusstsein. Ihre Gegenwehr erlahmte und er nutzte dies um mit seinen Händen über ihren Körper zu wandern und ihn für sich zu beanspruchen. Sie wollte nicht. Innerlich hoffte sie, dass ihr noch jemand helfen würde, aber diese Hoffnung war nur noch sehr gering und wurde von Sekunde zu Sekunde geringer. Sie nahm nichts mehr um sich herum war, außer den Schmerzen und die Händen, von denen sie wünschte, dass sie verbrennen würden. Sie erwartete das Schlimmste. So nahm sie auch nicht mehr wahr, dass sich eine weitere Person der Gasse näherte und stechend grüne Augen nach der Quelle der Hilferufe suchten welche so plötzlich verklungen waren. Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Selena war zwar noch müde, versuchte aber trotzdem ihr linkes Auge einen Spalt zu öffnen. Es war hell. Für ihren Geschmack viel zu hell. Wenigstens hieß dies, dass sie die Nacht durch geschlafen haben musste. Gut, denn sie war so überstürzt aufgebrochen, dass sie nicht daran gedacht hatte, sich vorher ausreichend zu nähren und nun ziemlich hungrig war. Eigentlich war sie ja nicht auf Schlaf angewiesen, aber er brachte den unbestreitbaren Vorteil mit sich, dass ihr Nahrungsbedarf deutlich sank, solange sie sich regelmäßig ausruhte. Ein wenig würde sie wohl noch aushalten müssen. Sobald sie London erreicht hatte, würde sie sich mal wieder richtig satt essen. Ein Luxus, den sich Selena bisher nicht gegönnt hatte. In einer Kleinstadt wäre es zu auffällig gewesen, aber London war ein Paradies. Dort gab es genügend Möglichkeiten. Ihr lief schon bei dem bloßen Gedanken daran das Wasser im Mund zusammen, aber als sie auf ihre Uhr schaute wurde ihr schon wieder ganz anders. Noch fast ein halber Tag bis der Zug, laut Fahrplan, sein eigentliches Ziel erreichen würde. Was tun? Am besten erstmal den Zug genauer erkunden und etwas die Beine vertreten. Zumindest wäre dies besser, als nur da zu sitzen und sich das Hemd zu besabbern. Während Selena durch den Zug schlenderte, dachte sie darüber nach, was als erstes zu tun war, sobald der Zug in London einfahren würde. Sie brauchte neben Nahrung auch eine Bleibe. Nachdem sie ihr Zugticket bezahlt hatte, blieb ihr nur noch etwas Kleingeld. Nicht genug um eine Immobilie zu erwerben oder auch nur zu mieten. Eigentlich sollte dies ja nicht ihr Problem sein, sondern das ihrer Dienerin. Aber bis sie diese gefunden hatte konnte noch etwas Zeit vergehen und die letzten Wochen ging es schließlich auch ohne. Eine Möglichkeit an Geld zu kommen wäre es, wenn sie nun beginnen würde ein paar gut betuchte Menschen zu bestehlen. Aber das war unter ihrer Würde! Sich wie ein widerlicher Dieb zu benehmen? Nein, sicherlich nicht. Vielleicht sollte sie sich einen Job suchen und ehrliche Arbeit verrichten und wie jeder andere Mensch auch Geld verdienen. Ein leichtes Schmunzeln huschte über ihre Lippen. Aber keineswegs ein freundliches. Nein, sie würde garantiert nicht anfangen für Menschen zu arbeiten und wie eine Magd zu schuften. Da mussten schon schlimmere Zeiten anbrechen, ehe sie so was auch nur ernsthaft in Betracht zog. Sie schloss ihre Augen und schlug mit einem lauten Aufprall ihr Stirn gegen die Scheibe, vor welcher sie seit etwa zehn Minuten stand und grübelte. Natürlich, warum war ihr das nicht sofort eingefallen? Sie war wirklich schon zulange nicht mehr in London gewesen. Es musste gute 300 Jahre her sein. Damals verließ ihre Familie London, wegen der steigenden Bevölkerungszahl und dem Gestank der Menschen, welcher damals einfach unerträglich war für ihre feinen Sinne. Es gab eine recht große und erfolgreiche Bank. Die ''Bank of England'', welche damals ziemlich schnell wuchs. Für alle Fälle hatte Selena damals einen kleinen Teil ihres Vermögens in ein Schließfach gegeben und es mit einem Kennwort vor Herausgabe gesichert. London war schon immer eine Stadt der Konstanten, sicherlich gab es noch diese Bank oder zumindest die Kette. Irgendwo musste ihr Schließfach also noch sein. Damit würde sie sich bestimmt eine standesgemäße Unterkunft leisten können. Kurz zuckten ihre Mundwinkel nach oben, bevor sich Selena wieder unter Kontrolle hatte. Ja, sie war glücklich. Leider kostete sie ihr Hunger soviel Selbstbeherrschung, dass sie ihre Gesichtszüge nicht so gut unter Kontrolle hatte, wie sie es sich gewünscht hatte. Als sie sich wieder auf den Weg in ihr Abteil machen wollte, sah sie einen Wegweiser zum Speisewagen. Es würde hier zwar nichts nahrhaftes geben, aber vielleicht konnte sie wenigstens ihren Magen mit etwas füllen. „Eine warme Milch mit Honig.“ Der Barkeeper schaute ziemlich überrascht. Es war zwar noch relativ früh am Tag, aber ihr hätte er etwas härteres zugetraut. Aber gut, das wäre mal eine angenehme Abwechslung. „Einen Moment bitte, ich wärme ihnen sofort einen Becher auf.“ Er schenkte Selena noch einen Blick den man schon als lüstern bezeichnen konnte, jedoch beachtete sie ihn überhaupt nicht. Wozu auch. Sie nahm schließlich ihre warme Milch und begab sich in ihr Abteil. Es hatte absolut keinen Nährwert für sie, aber es würde ihren Magen etwas beruhigen und das Hungergefühl dämpfen. Zumindest für eine kurze Weile. Langsam dämmerte sie in einen leichten Schlaf. -- Durch ein Ruckeln des Wagons, in welchem sich ihr Abteil befand, wurde Selena unsanft aus ihrem traumlosen Schlaf gerissen. Als sie aus dem Fenster schaute, erkannte sie in der Ferne tatsächlich eine große Stadt. Gleich würde sie endlich wieder Londons Straßen unter ihren Füßen haben. Keine fünfzehn Minuten später stieg Selena zuversichtlich, mit ihrer Reisetasche in der Hand, aus dem Zug und schaute sich neugierig auf dem Londoner Bahnhof um. Eigentlich dachte sie, dass der Bahnhof in Swansea groß gewesen wäre, aber London war inzwischen wohl eine ganz andere Liga. Zwar war sie schon daran gewöhnt, dass ihr alles fremdartig erschien, jedoch konnte sie sich noch zu gut an ''ihr'' London erinnern. Lange Zeit hatte ihre Familie hier einen Wohnsitz gehabt. Sie schüttelte unmerklich den Kopf. Hier zu stehen und über vergangenes nachzudenken würde ihr im Moment nur kostbare Zeit stehlen. Entschlossen machte sie sich auf die Suche nach dem Ausgangsschild, um den Bahnhof so schnell wie möglich zu verlassen. Ob es die 'Bank of England' noch gab? Ob sie vielleicht sogar noch offen hatte um diese Zeit? Ein Blick auf ihre Armbanduhr verriet ihr, dass es erst siebzehn Uhr war. Sie beeilte sich und ging schnellen Schrittes diverse Treppen runter und wieder rauf, um die Gleise zu unterschreiten und den Bahnhof in Richtung eines Taxistandes zu verlassen. Taxis waren eine wundervolle Sache, vom Prinzip her gleich den alten Kutschen und gleichzeitig viel bequemer und schneller. Als sie schließlich in einem schwarzen ‚London Cab’ saß, richtete sie ihre Stimme an den Fahrer, um ihm mitzuteilen wohin sie wollte. „Bringen sie mich zur ältesten Filiale der 'Bank of England', die es in dieser Stadt gibt.“ Der Fahrer wunderte sich über nichts mehr, er hatte erst in der letzten Woche ein paar knutschende Rentner zu einem Sex-Shop gefahren. Eigentlich schon recht ungewöhnlich, aber die Tatsache das es sich um zwei, schätzungsweise siebzig Jahre alte Herren handelte, schlug dem Fass dann doch den Boden aus. Als das Taxi unweit des Firmensitzes der 'Bank of England' hielt, bezahlte Selena mit allem Geld was sie noch bei sich hatte den Fahrer und stieg mit ihrer Tasche aus. Die Bank war nun wirklich nicht mehr mit dem, was sie von früher kannte, zu vergleichen. Ein neu modischer Glasbau mit unheimlich vielen Monitoren, nicht nur auf den einzelnen Tischen sondern sogar an den Außenwänden. Diese Zeit war wirklich zu verrückt. Überall Reklametafeln, Monitore oder es spielte irgendwo im Radio ein Spot für Hämorriden Creme. Kaum hatte sie die Bank betreten kam ihr schon eine Angestellte entgegen und bat ihr an, sich an einen Schreibtisch zu setzen. Okay, Kundenservice wurde hier wohl groß geschrieben. „Willkommen in der Bank of England. Mein Name ist Miss Mac Lynn. Wie kann ich ihnen behilflich sein?“ Das künstliche Lächeln gehörte wohl ebenfalls zum Service, dachte sich Selena, zweifelnd, ob die Frau ihr wirklich helfen konnte. „Mein Name ist Selena Smith. Ich möchte ein Schließfach meiner Familie auflösen. Es wurde im Jahre 1703 in dieser Bank angelegt.“ Miss Mac Lynn staunte nicht schlecht, ein so altes Schließfach musste noch im alten Keller sein. „Einen Moment bitte, ich sage schnell dem Manager Bescheid. Nur er hat Zugang zum alten Kellergeschoss.“ Ungeduldig und genervt begann Selena mit ihren Fingernägeln auf der gläsernen Tischplatte zu trommeln und Kreise zu ziehen. Was dem Glas nicht wirklich gut tat. Das konnte ja noch heiter werden, dachte sie. „Wenn sie mir bitte folgen würden? Ich habe die Erlaubnis des Managers und möchte nun mit ihnen schauen, ob wir das Schließfach finden können.“ Selena stand auf und begann dieser, wie sie inzwischen fand, hohlen Nuss zu folgen. Ein paar Treppen hinunter und schon kamen sie in einem altertümlich anmutenden Gang an. Ja, das war es. Damals war es zwar nicht in weiß gestrichen, aber immerhin erkannte sie den Eingang des Kellers wieder. Als beide Frauen einen weiteren Raum betraten, konnte Selena schon einen riesigen Schrank sehen, mit vielen kleinen Schubladen. „Kennen sie denn die Schließfachnummer?“ Selena musste kurz nachdenken. Sie konnte sich zwar noch daran erinnern, welche Farbe damals dieser verdammte Gang gehabt hatte, aber welche Nummer ihr Schließfach hatte? Ja, das war eine wirklich gute Frage. Sie schaute sich den Schrank genauer an, es waren sicherlich fünfzig Schubladen darin. „Ich glaube es müsste das Fach ganz oben sein. Auf der linken Seite.“ Miss Mac Lynn holte sich schnell eine kleine Trittleiter und strich mit ihrer Hand etwas Staub von der Schublade, um das Schild lesen zu können. „Die Schließfachnummer lautet 146.“ Sie schaute schnell auf ihrem Klemmbrett nach, anscheinend hatte sie sich eine Liste ausgedruckt. Beeindruckend, dass so alte Daten im Computer waren. Selena hatte schon fast damit gerechnet, dass gleich ein alter Mann mit weißem Rausche Bart und dicker Brille kam und ein uraltes Buch an schleppen würde, um darin herum zu blättern. Nun, soviel dazu. „Dieses Schließfach wurde damals mit einem Kennwort versehen, damit nur ihre Familie Zugriff erhalten würde. Wenn sie mir das Kennwort sagen können, dann dürfte der Manager nichts dagegen einzuwenden haben, wenn wir es öffnen.“ Miss Mac Lynn deutete Selena an, auf einem Stuhl vor einem kleinen Tisch, platz zu nehmen. Es würde wohl so oder so noch ein wenig dauern. „Das Kennwort lautet Vindalici.“ Zumindest daran konnte sie sich ohne Probleme erinnern, hatte dieser Name für ihre Familie doch schon immer eine große Bedeutung gehabt. „Ich werde noch schnell die schriftliche Erlaubnis des Bank Managers holen und dann können wir das Schließfach öffnen. Haben sie sonst noch irgendwelche Wünsche, wenn ich schon hochgehe?“ Selena überlegte kurz und entschloss sich dann. „Ja, ich möchte ein Konto bei dieser Bank eröffnen. Im Schließfach befinden sich einige Dinge von Wert, damit sollte ein Konto sich gut befüllen lassen.“ Sie plante schon, wie sie das Geld ausgeben konnte, dabei wusste sie noch gar nicht, ob die Münzen wirklich etwas Wert waren, nach so langer Zeit. Wer wusste schon wie der aktuelle Silber Preis war oder ob es Sammler gab, die sich für ältere Münzen interessierten? „Wie sie wünschen, auf Grund des Alters der Schublade kann ich ihnen auch anbieten einen unserer hauseigenen Makler damit zu beauftragen, den Inhalt zu Geld zu machen. Wir haben zwar nur selten Schließfach Auflösungen aus Gründungszeiten dieser Bank, aber es kommt öfters vor, dass Ehefrauen die Schließfächer ihrer Männer zu Geld machen wollen.“ Miss Maclynn erzählte Selena dies mit einem Augenzwinkern, für Selena war jedoch nur wichtig, dass sie keine weitere Arbeit damit haben würde. Es vergingen fast drei Stunden bis Selena die Bank endlich verlassen konnte. In ihrer Tasche eine neue Kontokarte, etwas Geld und jede Menge Visitenkarten. Natürlich waren die etwa zweihundert Silbermünzen noch nicht verwertet worden, aber sie hatte einfach ihr neues Konto ein wenig überzogen. Die Sonne ging gerade unter. Zeit endlich was zu essen. Sie hatte sich die letzten Stunden wirklich nur noch sehr schwer konzentrieren können. Allein mit der Bankangestellten in diesem kleinen Kellerraum. Sie erschauderte bei dem Gedanken daran. Es wäre wohl besser, wenn sie noch schnell ein Hotelzimmer für ein paar Nächte buchen würde. Zumindest solange, bis ihr Konto, hoffentlich, etwas praller gefüllt sein würde. Damals hatten die Münzen einen ordentlich Wert gehabt. Schnell hatte sie ein gemütliches Hotel gefunden, ihr Zimmer bezahlt und ihre Tasche aufs Bett geworfen. Anstatt sich Zeit zum auspacken zu nehmen, schloss sie nur ihr Zimmer hinter sich ab und verließ direkt wieder das Hotel, um die von der Nacht verschluckten Straßen zu begutachten. Hunger. Das war alles woran sie denken konnte. Sie irrte noch eine Weile durch die Straßen, kam dabei jedoch, sehr zu ihrem Leidwesen, in eine etwas stillere Gegend. Glück im Unglück, dort war nämlich auch eine U-Bahnstation und gerade kam ein junges Mädchen die Treppe hoch. Selena's Augen blitzten auf und sie hätte sich am liebsten sofort auf das Mädchen gestürzt. Im letzten Moment schaffte sie es aber, ein bisschen Selbstbeherrschung aufzubringen. Dabei war sie wohl zu unachtsam, sodass ihr 'potentielles Opfer' sich nach ihr umdrehte. Sie reagierte instinktiv und verschwand im Schatten, um unerkannt bleiben zu können. Während das Mädchen sich wieder umdrehte und es scheinbar auf einmal eilig hatte, ging Selena langsam hinter ihr her. Dieses Mädchen würde ihr nicht entkommen, wenn sie einmal Beute ins Auge gefasst hatte gab es kein Entkommen mehr für diese. Plötzlich hörte sie etwas. Es war eine zweite Person dazugekommen. Das versprach lustig zu werden, denn scheinbar war es ein Mann. Seine Schritte waren schwerer, jedoch auch unkontrollierter. Alkohol. Alkohol machte das Blut etwas wärmer. Geradezu perfekt für eine so kühle Nacht, dachte Selena grinsend. Eigentlich versuchte sie immer ihre Gefühle hinter einer ausdruckslosen Maske zu halten, aber nun verfiel sie langsam diesem Spiel. Ihrem Spiel. Viel zu lang war es her. Frisches Blut. Jagd. Ihre Sinne wurden schärfer und sie schaute zu der Ecke wo ihr Opfer gerade verschwunden war. „Nein! Nicht! Loslassen! Bitte!“ Selena konnte Schreie hören. Es musste die junge Frau sein. IHRE junge Frau. Der Mann wollte ihr doch nicht etwa die Beute streitig machen?! Sie hatte Recht gehabt - seit mehr als 300 Jahren hatte sie nicht mehr so einen 'Kick' verspürt. Langsam ging sie in die Richtung, aus der sie die Schreie vernommen hatte. Inzwischen waren sie verstummt, aber sie hatte etwas Dumpfes gehört. Und nun konnte sie etwas riechen, was ihr fast den Verstand raubte. Süßes unschuldiges Blut. Vorsichtig schaute sie in eine kleine Seitengasse, darauf bedacht ja kein Geräusch zu verursachen. Vor ihr spielte sich ein viel zu vertrautes Bild ab, ein junger Mann versuchte gerade das blutende Mädchen zu vergewaltigen. Unnötig zu erwähnen, dass er wohl der Grund sein musste, dass sie überhaupt blutete. Das Blut dieses Mädchens übte eine ungeheure Anziehungskraft auf Selena aus. Jedoch galt es vorher den Störenfried zu beseitigen. Nun ja, sie konnte das Mädchen ja immer noch als Nachtisch zu sich nehmen. Während sie sich dem teils unfreiwilligem Paar näherte, färbten sich ihre Augen rot. Ihre Pupillen zogen sich leicht in die Länge und erinnerten nun eher an die Augen eines Raubtieres, als an die eines Menschen. Ihre Fingernägel wurden zu scharfen Klauen und Selena's Reißzähne wuchsen ein gutes Stück. Nun zierten je zwei paar blitzende, scharfe Reißzähne ihren Ober- und Unterkiefer. Sie leckte sich in froher Erwartung über ihre Lippen, als sie den jungen Mann von hinten mit einer Hand am Genick packte und kraftvoll von dem Mädchen weg riss. Ihre Klauen gruben sich dabei sanft in das weiche Fleisch. Das Mädchen rutschte kraftlos an der Wand hinunter und kauerte sich reglos zusammen. Selena genoss es sehr, wie der Junge versuchte sich loszureißen. Sie drückte so stark zu, dass kein Laut seinen Mund verlassen konnte. Trotzdem versuchte er nach Hilfe zu rufen. Niemand würde sie heute Nacht bei ihrem Mahl stören und niemand würde ihm zu Hilfe kommen. Geradezu genüsslich schlug sie ihre Zähne in seinen Hals und gab ein leises, teils unterdrücktes Knurren von sich. Nun verlor sie ihre Beherrschung und fing an gierig zu trinken. Oh Gott, fühlte sich das gut an! Sie konnte spüren wie ihr Hunger endlich nachließ und ihre Kraft langsam zurückkehrte. Solange hatte sie sich zurückgehalten und von Tierblut ernährt. Aber dieses kam nicht mal ansatzweise an frisches Menschenblut heran. Während ihr Opfer aufhörte sich zu wehren und langsam unter ihren Klauen das Bewusstsein verlor, dachte sie daran eventuell mal eine Blutbank zu besuchen und sich ein paar Kontakte aufzubauen. Möglicherweise konnte sie eine gute Alternative zu Tierblut erschließen. Selena konnte spüren, wie der Herzschlag des jungen Mannes immer schwächer wurde. Ihr wurde wieder bewusst, was sie da tat und ließ vorerst von ihm ab. Wäre es wirklich gut, wenn plötzlich eine Leiche auftauchen würde und möglicherweise die Menschen anfingen nach ihr zu suchen? Nun, es würde kein wirkliches Problem darstellen. Aber Selena wollte ja länger in der Stadt bleiben und hatte ja noch etwas vor. Sie entschied den Jungen wohl erstmal am Leben zu lassen, so besonders war sein Blut eh nicht gewesen. Für das Mädchen könnte sie da allerdings keine Garantie geben. Ihre Sinne waren immer noch leicht benebelt durch den Duft des Blutes vom Mädchen. Selena riss dem bewusstlosen Jungen nun einen seiner Ärmel ab und legte ihm einen Druckverband um den Hals. Er würde wohl noch eine halbe Stunde durchhalten, soweit sie das einschätze. Bis dahin würde er schon versorgt werden. Sie schleifte ihn zurück auf den Bürgersteig und legte ihn unter einer Straßenlampe ab. Von nun an war das nicht mehr ihr Problem. Hier fuhren doch ab und an Autos lang, jemand würde schon anhalten. Sie ging zurück zu dem jungen Mädchen, was noch immer zusammen gekauert in der Gasse lag. Scheinbar war sie eingeschlafen. Seltsam, welcher Mensch konnte denn in so einer Situation einfach schlafen? Das war wohl alles etwas zufiel für die Kleine gewesen. Kopfschüttelnd ging Selena in die hocke und betrachtete ihr Gesicht. Eigentlich war sie ja soweit satt. Aber einfach laufen lassen konnte sie das Mädchen trotzdem nicht, schließlich war morgen auch noch ein Tag und sie würde sicher wieder hungrig werden. Kurzentschlossen hob sie das Mädchen einfach hoch und ging wieder in Richtung ihres Hotels. Während sie ihre Sinne durch die Gegend schweifen ließ, betrachtete sie das Gesicht des Mädchens etwas genauer. Würde man sie etwas säubern, wäre sie sicherlich vorzeigbar, dachte Selena, während sich ihre Augen wieder entspannten und einen hell grünen Farbton Annahmen. Sie beugte ihren Kopf zu dem Mädchen in ihren Armen und leckte mit ihrer Zunge sanft über deren Wange. Ja, das Blut schmeckte wirklich gut. Süß, sanft und lieblich. Eigentlich war es unter ihrer Würde, aber Selena beschloss sich erstmal um die Wunden des Mädchens zu kümmern. Wer sollte ihr verbieten mit ihrem Essen zu spielen? Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Als die ersten Sonnenstrahlen auf Lisas Gesicht fielen, kamen auch die Schmerzen zurück in ihren Geist. Sie hatte ihre Augen zwar noch geschlossen, verzog aber schmerzhaft das Gesicht. Also war die letzte Nacht doch kein böser Traum, stellte sie resigniert fest. Jedoch, wo war sie nun? Ein weiches Bett hätte sie nun nicht erwartet. Langsam öffnete sie ihre Augen und versuchte sich aufzurichten. Mit einem unterdrücktem, schmerzhaften, Keuchen ließ sie sich wieder zurück auf die Matratze sinken. Als sie an sich hinunter sah, bemerkte Lisa das sich anscheinend jemand die Mühe gemacht hatte, sie bis auf ihre Unterwäsche auszuziehen. Na ganz toll. Hoffentlich war sie nicht im Bett von diesem schmierigen Typen. Kurz kam wieder die Panik, der vergangenen Nacht, in ihr auf. Aber sie konnte sich nicht erinnern das er mehr getan hatte als ihr einen Kuss zu stehlen und sie anzufassen. Nun gut, er hatte ihr auch noch eine gehörige Tracht Prügel verpasst. So fühlte sie sich zumindest nun. Sie tastete nach ihren Rippen und stellte fest das ein Kühlpad auf einem, ziemlich übel aussehendem, blauen Fleck lag und mit einem Verband provisorisch befestigt worden war. Wer auch immer sie in dieses Bett gesteckt, ausgezogen und diesen Verband angelegt hatte, konnte kein so schlechter Kerl sein. Hoffte sie zumindest. Sie betrachtete das Zimmer genauer. Es machte auf sie den Eindruck eines schlichten Hotelzimmers. Ein kleiner Kühlschrank, welcher wohl als Minibar diente, ein kleiner Fernseher auf der Anrichte und sie konnte sogar ein Hotellogo auf der TV-Sender Karte, neben dem Bildschirm, ausmachen. Erst jetzt fiel ihr auch der Sessel auf, der ihrem Bett gegenüberstand und jemandem als Schlafplatz dienlich war. Sie versuchte den Sessel genauer zu erkennen, was in liegender Position nicht sonderlich einfach war. Leicht schob sie ihren geschundenen Körper näher ans Kopfende, gegen die Kopflehne und versuchte sich etwas aufzusetzen, was auch mehr schlecht als Recht gelang. Nun hatte sie einen besseren Blick, auf die schlafende Person. Es war eine Frau, etwa in ihrem Alter. Sie trug einen langen schwarzen Ledermantel und ein rotes Hemd. Das Selenas Hemd eigentlich ein weißes war, konnte sie ja nicht wissen. Die Frau schien friedlich zu schlafen und ihr Gesicht erinnerte Lisa kurz an das eines Engels. Entspannt und ruhig, fast so als könnte sie keiner Fliege was zu leider tun. Lisa begann sie etwas genauer zu Mustern. Kurze schwarze Haare, die wild umher standen. Ein hübsches Gesicht, ziemlich helle Haut und ein durch trainierter Körper, welcher bestimmt nicht von schlechten Eltern war. Zumindest sprach das, an den richtigen Stellen, gut ausgefüllte Hemd dafür. Leicht wurde sie rot, als sie erkannte was sie da gerade dachte und versuchte sich erstmal zu Räuspern und die Aufmerksamkeit der schlafenden damit auf sich zu lenken. Plötzlich öffnete diese Frau ihre Augen und blickte Lisa direkt an. Sie erschrak kurz. Die Mimik ihres Gegenübers hatte sich mit einem Schlag verhärtet und nun blickte sie direkt in zwei grüne Augen, welche sie kalt zu mustern schienen. „Endlich aufgewacht?“ Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage. Lisa war ein weiteres mal zusammengezuckt. Freundlichkeit gehörte definitiv nicht zu den Charakterlichen Eigenschaften, die sie ihrem Gegenüber zuordnen würde. Das hatte sie sofort aus der kalten Stimme schließen können. „Gu .. Guten Morgen!“ Sie fluchte in Gedanken, jetzt bloß nicht auch noch anfangen zu Stottern. Das war alles schon peinlich genug, schließlich lag sie halb nackt unter einer dünnen weißen Decke, vor einer vollkommen Fremden Frau. „Wo bin ich, wer sind sie, was ist passiert, wo ist der Typ von letzter Nacht?“ Es platzte ihr einfach so heraus. Sie hatte nicht vorgehabt mit der Tür ins Haus zu fallen, aber die guten Vorsätze waren wie weggeblasen. Ihr gegenüber schien sehr Amüsiert darüber zu sein. „Du bist in meinem Zimmer. Mein Name ist Selena. Jemand versuchte dich unsittlich zu berühren und ich habe ihn daran gehindert. Du bist wohl bewusstlos geworden. Wo er nun ist, dass kann ich dir auch nicht beantworten. Aber in seinem Interesse, hoffe ich in einem Krankenhaus.“ Lisa war Sprachlos. Einerseits war sie froh darüber, dass diese Selena ihr geholfen hatte, andererseits kam sie sich gerade mächtig veralbert vor. Selena hatte jeden Satz so ausgesprochen, als würde ein kleines Kind vor ihr sitzen, dass darüber hinaus auch noch etwas langsam im Kopf war. „Wie lautet dein Name?“ Ihrem gegenüber wurde das warten wohl zu langwierig und starrte nun forschend in Lisas Richtung. „Ich heiße Lisa Davies. Wo sind meine Klamotten? Oder besser.. warum bin ich fast nackt?“ -- Bei der letzten Frage wurde Lisas Stimme kurz unangenehm schrill, sodass Selena sich beinahe die Ohren zugehalten hätte. Aber sie beließ es schlicht beim zukneifen ihrer Augen und hoffte das dieses Mädchen bald ein Ende finden würde. Zumindest, was dieses lästige gefrage anging. Moment, hatte dieses Mädchen gerade gesagt ihr Name sei ‚Lisa Davies’? Nein, unmöglich. Das wäre ein zu großer Zufall. Oder vielleicht doch nicht? „Deine Kleidung liegt im Bad. Ich musste sichergehen das du keine weiteren offenen Wunden davongetragen hast. Du sahst gestern Abend ziemlich demoliert aus, aber es waren nur ein paar kleine Platzwunden. Allerdings solltest du mit deinen Rippen in nächster Zeit etwas vorsichtiger sein, das sieht nach einer schweren Prellung aus. Sagtest du gerade, dein Name wäre Davies?“ Sie wechselte lieber das Thema. Es stimmte zwar, dass sie sicherstellen wollte das keine offenen Wunden vorhanden waren, jedoch nur aus reinem Selbstschutz. Lisas Blut hatte etwas einzigartiges an sich, dem sie nur schwer widerstehen konnte. „Ja. Wieso, ist das wichtig?“ Wie konnte ein Mensch nur so naiv sein. Lag schutzlos ausgeliefert auf ihrem Bett und fragte ob es wichtig sei, wie ihr Name lautet. „Ist dein Geburtstag der 27.3?“ Nun wollte Selena es genau wissen. „Ja, aber woher wissen sie das denn?“ Man konnte die Verwirrung in ihren Augen sehen, jedoch interessierte Selena dies gerade wenig. Sie hatte doch tatsächlich die letzte Überlebende, der Blutlinie, ihrer einstigen Untergebenen gefunden. An ihrem ersten Abend in London. Und dabei doch tatsächlich ihre Unschuld gerettet. Sie begann mit den Zähnen zu knirschen. Selena konnte es noch nicht genau einordnen, aber hier musste etwas nicht stimmen. Zu viele Zufälle. Sie schob diesen Gedanken vorerst noch zur Seite. „Ich war auf der Suche nach dir.“ Sie dachte nach, wie sie dem Mädchen am schnellsten und einfachsten klarmachen konnte welches ihre Position in der Welt war. Früher wäre das einfacher gewesen. Ein schlag auf den Kopf und sie mit sich zerren. Heute sah das ganz anders aus. Wenn sie das Mädchen einfach gewaltsam entführen würde, gäbe es sicherlich einen Riesen Aufstand. „Weswegen haben sie mich gesucht? Woher kennen sie meinen Geburtstag und was mache ich hier überhaupt?“ Wieder ein Bombardement aus Fragen. Scheinbar war Lisa eine neugierige Person. Schlechte Eigenschaft, notierte Selena sich in Gedanken. Theatralisch seufzte sie auf. „Genau genommen habe ich jemanden deiner Blutlinie gesucht und du bist das einzige Ergebnis. Damit fallen alle Verpflichtungen deiner Familie auf dich über. Um dich zu finden, durchsuchte ich einige Tausend Stammbäume. Unter anderem fand ich schließlich auch deinen Namen und Geburtstag. Und nun bist du hier, in meinem Bett, weil ich es so wünsche. Und solange ich mich nicht anders entscheide wirst du mich weiterhin begleiten.“ Sie hoffte, dass das Thema damit erledigt war und Lisa Davies clever genug sein würde ihre Nerven nicht auf die Probe zu stellen. „Blutlinie? Meine Familie? Was .. wollen sie mich etwa entführen?“ Ihre Stimme klang schon wieder etwas ängstlicher, aber auch ebenso verwirrt. „Ich muss niemanden entführen, du gehörst schon seit deiner Geburt, rechtmäßig, mir.“ -- Lisa schluckte schwer. Sie war einer Vergewaltigung entgangen, nur um anschließend bei einer Verrückten zu landen. Womit hatte sie das nur verdient? Sie musste sich jetzt konzentrieren, damit ihre Stimme nicht versagte. Sie Sprach nicht gerne über ihre Kindheit und wurde auch nicht gerne an diese erinnert. „Meine Eltern sind kurz nach meiner Geburt gestorben und ich wurde von einem Waisenhaus zum anderen geschoben. Sie mögen das ja lustig finden, aber solche Scherze sind nicht nach meinem Geschmack. Ich danke ihnen sehr, dass sie mir gestern geholfen haben, aber ich gehe jetzt besser.“ Kaum hatte sie zu ende gesprochen, versuchte sie sich vorsichtig auf die Seite zu rollen und erhob sich dann vom Bett. Kein schmerzfreies unterfangen, aber sie musste hier definitiv weg. Sie schlang die Decke um sich und verschwand schnell im Bad. Ihre Kleidung war zwar etwas Schmutzig, aber für den Moment würde es schon reichen. Kaum war sie fertig angezogen schaute sie noch mal zögerlich im Zimmer umher. Sie konnte die Verrückte hier nicht mehr sehen. Das war ihre Chance, schnell verschwinden! Sie drehte sich in Richtung der Zimmertür und stieß bereits nach dem ersten Schritt gegen etwas. Als sie ihren Blick vom Boden hob und nach oben schweifen ließ erkannte sie auch gegen WEN sie diesmal gelaufen war. Es war wirklich nicht ihre Woche. Diese Selena hatte sie grob am Arm gepackt und näherte sich gerade ihrem Gesicht. Sie musste sich etwas runter beugen, da Lisa ein Stück kleiner war. Lisa musste Selena nun direkt in ihre Augen schauen, ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. „Du gehörst mir!“ Lisa war sich nicht ganz sicher, aber sie hätte schwören können, dass Selenas unglaublich stechend grünen Augen kurz von rötlichen Adern durch flossen waren. Schnell riss sie sich los und floh regelrecht aus dem Hotelzimmer. Sie schmiss die Tür hinter sich zu und rannte, so schnell sie in ihrem leicht angeschlagenen Zustand konnte, zum Fahrstuhl. Sie musste Nach hause, erstmal duschen und einen klaren Kopf bekommen. Danach am besten ins Krankenhaus. Sie wollte lieber ihre Knochen checken lassen. Vielleicht war ihre Rippe ja wirklich angebrochen, sie wollte lieber nichts riskieren. -- Selena stand noch wie angewurzelt in ihrem Zimmer. Was war denn das gerade? Sie hatte Lisa nur entkommen lassen, weil sie selbst gerade einen Kampf gegen ihre Instinkte hatte austragen müssen. Als das Mädchen ihr einfach widersprochen hatte und einfach so das Zimmer verlassen wollte, hatte sie ihre Selbstbeherrschung verloren. Zwar nur für einen kurzen Augenblick, aber sie war kurz davor gewesen ihre Zunge über Lisas Gesicht wandern zu lassen. Das gleiche war ihr gestern schon passiert, aber nun war es etwas ganz anderes. Zumindest am gestrigen Abend klebte Lisa noch ihr eigenes Blut auf der Haut. Da ging es ihr nur um das kosten einer potentiellen Nahrungsquelle. Zumindest konnte sie sich nichts anderes vorstellen. Ihre Schwester hatte sie früher immer damit aufgezogen. „Das Personal wird nicht gefressen!“ Es war zwar nur ein Spaß, aber Selena hatte wirklich immer eine schwäche für ihre Schutzbefohlenen gehabt. Leider. Selena entschied, Lisa erstmal etwas Zeit zu geben. Nicht viel, aber für den Nachmittag wollte Selena noch ein paar Besorgungen machen. Eines dieser tollen Handys wollte sie. So eines wie aus der Werbung. Außerdem müsste der Makler bis dahin auch mal einen Blick auf ihre Münzen geworfen haben. Vielleicht konnte er ja schon eine erste Schätzung abgeben? Sie würde es herausfinden. Noch schnell eine Dusche, frische Kleidung und dann würde sie sich auf den Weg zum nächsten Mobil Shop machen. -- Lisa lag bereits wieder in ihrem eigenen Bett. Erschrocken hatte sie festgestellt, dass Selenas Hotel nicht sehr weit von ihrer Wohnung gelegen war. Aber sie glaubte nicht daran diese Verrückte noch einmal wieder zu sehen. Sie war nun frisch geduscht, neu eingekleidet und würde sich gleich auf den Weg ins Krankenhaus machen. Nur noch etwas ausruhen. Sie schloss ihre Augen und glitt in einen leichten Schlaf. Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Selena näherte sich gerade der 'Bank of England' – Filiale, wo sie gestern erst ihr Konto eröffnet hatte. In ihrer Manteltasche befanden sich nun, neben ihrer Kontokarte, auch ein brandneues Klapphandy. Zum Glück hatte sie schon im Internet einiges darüber gelesen und dem Verkäufer schien es auch Spaß gemacht zu haben, ihr alles mögliche zu erklären. Es war ein relativ simples, rotes Klapphandy. Jedoch hatte es noch eine nützliche integrierte Digitalkamera. Wer weiß, vielleicht konnte ihr diese ja noch von nutzen sein. Sie schritt gerade durch die automatischen Glastüren der Bank und hielt Ausschau nach der Frau, welche ihr gestern das Konto eingerichtet hatte. Miss Maclynn stand in ziemlich eindeutiger Position, über den Schreibtisch des Managers gebeugt und schien sich angeregt zu Unterhalten. Das hätte Selena ihr nach dem gestrigen Treffen ja gar nicht zugetraut. Ob sie wohl auf eine Beförderung aus war? Nun ja, war nicht Selenas Angelegenheit. Sie setzte sich kurz an den selben Schreibtisch, der vom Vortag noch ein paar kleine Kratzspuren hatte, um einen Moment zu warten. Miss Maclynn kam schließlich auf Selena zu und schien sie entschuldigend an zulächeln. „Bitte entschuldigen sie, Frau Smith, dass ich sie hab warten lassen. Sie möchten bestimmt erfahren ob unser Hauseigener Makler sich bereits ihren kleinen Schatz ansehen konnte, oder?“ Sie grinste jetzt Siegessicher, denn welchen anderen Grund konnte die blasse Frau mit den kurzen schwarzen Haaren sonst schon haben, wieder hier aufzutauchen? „Ja, in der Tat. Ich warte.“ Ungeduldig trommelte Selena noch ein wenig mit ihren Nägeln auf dem armen Tisch ein. Ihr geisterte die Angelegenheit um 'Lisa' im Moment noch zu sehr im Geiste umher. „Oh ja, Entschuldigung.“ Schnell begann Miss Maclynn ihre Unterlagen zu sortieren. Anscheinend hatte sie gefunden, wonach sie suchte. Denn nun hielt sie ein Dokument in ihren Händen und grinste bis über beide Ohren. „Sie werden sich bestimmt freuen wenn sie hören was ich ihnen verkünden darf. Unser Makler nahm eine kleine Probe mit zum 'British Museum of London' und stellte sie dort einem Kurator vor. Anscheinend sind die Münzen um einiges älter, als das Schließfachdatum vermuten lies. Genaueres wissen wir leider erst nach ein paar Tests, aber er versicherte, dass die Münzen weit über 500 Jahre alt sein müssen. Dies bedeutet nun für sie, dass die Münzen weit mehr wert sein werden als den bloßen aktuellen Silberpreis. Das Museum wird ihnen sicherlich ein Angebot unterbreiten wollen. Aber wenn sie es wünschen, können wir auch versuchen einen privaten Sammler ausfindig zu machen. Bitte geben sie uns dafür nur wenigstens eine Woche Zeit. Wenn sie mir eine Telefonnummer da lassen könnte, dann würde ich sie sobald es neue Erkenntnisse gibt kontaktieren.“ Sie griff sich schon mal einen Stift und einen Post-IT Zettel und blickte Selena nun erwartungsvoll an. Selbige nahm ihr neues Handy in die Hand und suchte vorsichtig nach dem Eintrag mit ihrer eigenen Nummer. Genau so, wie der Verkäufer es ihr gezeigt hatte. „Gut danke sehr. Sie können mich übrigens gerne Chloe nennen, wenn ihnen das lieber ist.“ Chloe Maclynn. lächelte Selena nun mit einem ehrlichen Blick an. Scheinbar war Selena gerade zu einer VIP Kundin dieser Bank geworden. Wie niedlich. „Gut danke, 'Chloe'.“ Selena betonte den Namen extra. „Ach und bevor ich es vergesse. Wenn es ihnen recht ist, Fräulein Smith, dann veranlasse ich noch das ihr Kreditrahmen bei uns um ein vielfaches angehoben wird. Das dürfte nun kein Problem mehr darstellen, wo wir doch die ersten Informationen über ihren kleinen Schatz haben.“ Mit einem Zwinkern begann Chloe schon auf ihre Tastatur ein zu hämmern. „Wenn ich sie schon beim Vornamen nennen soll, dann tun sie es mir bitte gleich. Chloe.“ Selena schien es unangemessen noch beim Nachnamen angesprochen zu werden. Gut, er war nur erfunden und eigentlich stand es ihrem Rang ja auch zu, trotzdem gefiel es ihr nicht. Schließlich war sie inkognito. „Sehr gerne!“ Als symbolische Geste, reichte Chloe, Selena ihre Hand und schüttelte sie kurz. „Dann haben wir glaube ich auch fürs erste alles erledigt. Wenn du Geld brauchst dann kannst du ab sofort an jeden Automaten der Stadt gehen und wirst überall Geld erhalten. Ich habe erstmal einen sehr großzügigen Kreditrahmen eingegeben. Damit dürftest du keine Probleme haben.“ Selena hatte sich bereits erhoben und nickte Chloe noch einmal zu. „Ausgezeichnet, ich danke dir.“ Mit diesen Worten verließ Selena die Bank und begab sich auf die Suche nach einem speziellem Laden. Sie hatte noch eine kleine Idee gehabt. Jetzt wo ihr Eigentum quasi zum greifen nah war, musste sie auch für dessen Schutz aufkommen. Dies war schon immer selbstverständlich gewesen und gehörte zum Abkommen zwischen ihrer Familie und der Familie von Lisa. Ob jene sich wohl freuen würde Selena wieder zu sehen? Ein diabolisches Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. -- Als Lisa wieder zu sich kam war es bereits Mittag. Sie rappelte sich vorsichtig auf und zog sich rasch eine leichte Jacke über. Nachdem sie ihre Wohnung verschlossen hatte, machte sie sich auf den Weg zur U-Bahn. Jetzt wollte sie zum Krankenhaus, sich durch checken lassen und am besten noch ein paar Pillen für ihre Nerven und zum durch schlafen verschreiben lassen. Sie konnte gar nicht zählen, wie oft sie in den vergangenen paar Stunden immer wieder hoch geschreckt war. Eigentlich war es seltsam, denn in Selenas Hotelzimmer hatte sie geschlafen wie ein Baby. Brr .. böse Lisa, nicht an diese Verrückte denken. Als sie in einer der U-Bahn Linien saß, dachte sie daran sich heute noch mit Sarah zu treffen. Sie musste unbedingt mit jemandem sprechen der nicht geisteskrank war und versuchte sie zu entführen oder zu verschleppen oder sonst was. Sie schaltete erstmal ihren MP3 Player ein und genoss die Beruhigenden Töne, welche auf ihr Trommelfell einschlugen. Nachdem sie etwa eine halbe Stunde mit der U-Bahn unterwegs gewesen war, stand sie nun vor dem Krankenhaus, in welchem sie vor ein paar Jahren schon eine ganze weile verbringen musste. Hier kannte sie ein paar Ärzte und Schwestern. Dies war auch der einzige Grund warum sie überhaupt in ein Krankenhaus ging. Eigentlich mochte sie keine Menschen in langen weißen Kitteln und damals hatte sie auch erst Angst. Aber Doktor Miller war schon eine Nummer für sich. Er hatte schon damals etwas fürsorgliches in seinem Wesen, sodass Lisa schließlich vertrauen zu ihm gefasst hatte. Sie hatte ihm auch versprechen müssen, dass sie egal was ihr fehlen würde immer herkam, um sich von ihm durch checken zu lassen. Ihr sollte es nicht schlecht ergehen, hatte er gemeint. Sie grüßte kurz den Pförtner. Irgendwie erinnerte er sie an Rumpelstielzchen. Ziemlich alt, vielleicht sogar so ein Rentner mit Minijob. Lange weiße Haare und ein kleiner weißer Ziegenbart. Er sah ziemlich komisch aus, mit der blau-schwarzen Schirmmütze. Routiniert steuerte sie durch die verschiedenen Gänge und nahm einen Fahrstuhl. Als sie drei Stockwerke weiter oben wieder aus dem Metallenem Käfig ausstieg, sah sie auch schon ein ihr vertrautes Gesicht. Schwester Susan Flinn. Eine Krankenschwester, die man wohl auch als Feldwebel des Krankenhauses bezeichnen konnte. Als Lisa damals lange Zeit im Bett liegen musste, hatte sich Schwester Flinn rührend um sie gekümmert und selbst zu den Zeiten wo ihre Schicht vorüber war noch nach ihr gesehen. Selbst hatte sie keine Kinder, jedoch an Lisa schon damals einen Narren gefressen. Lisa schlich sich vorsichtig, an die ihr so gut bekannte Schwester heran. Schnell legte sie ihr von hinten die Hände um die Augen. „Wer bin ich?!“ Rief sie laut und klang kurz wieder, wie ein kleines Kind. „Was zum ! .. Lisa bist du das?“ Schnell drehte sich Schwester Flinn um und stieß mit ihrem Ellenbogen leider gegen Lisas Rippen, woraufhin jene ein schmerzhaftes keuchen entfuhr. Das war wohl nicht so gut gewesen. Vorsichtig stützte Susan das junge Mädchen. „Was ist denn mit dir passiert? Ist alles in Ordnung? Warte, setze dich erstmal, ich werde schnell einen Arzt holen, der kann sich das ja mal anschauen.“ Sie lächelte fürsorglich und führte Lisa zu einem der Stühle vorm Schwesternzimmer. Nachdem Lisa sicher saß, rannte Susan zum Büro eines guten gemeinsamen Freundes. Auf der Tür konnte man ein metallenes Schild erkennen, mit der Aufschrift 'Dr.Md. Steven Miller'. Ohne anzuklopfen stieß sie die Tür auf und erwischte Steven gerade dabei, wie er eine Packung Kekse öffnen wollte. „Oh .. Ehm .. das ist nicht das, wonach es aussieht!“ Versuchte er sich sofort zu rechtfertigen. Eigentlich hatte seine Frau ihm seine ganzen Naschereien verboten, weil sein Blutzuckerwert dann immer zu weit Anstieg. Anschließend wurde Schwester Flinn darauf angesetzt, immer zu beachten das er sich an die Anordnungen seiner Frau hielt. „Dafür haben wir jetzt keine Zeit, Lisa Davies ist hier und ich glaube sie ist verletzt. Aber denk nicht das du deshalb aus dem Schneider bist!“ Sie hob drohend den Zeigefinger und zog Dr. Miller anschließend von seinem Stuhl. Als Lisa die zwei angerannt kommen sag, stand sie sofort auf und lächelte schüchtern. Es war ihr etwas unangenehm, dass sie sich scheinbar solche Sorgen machten. „Hey, lauft doch nicht so, ihr bekommt noch einen Herzinfarkt!“ Sie konnte sich das grinsen nicht verkneifen. „Sei bloß nicht frech, junge Dame! So, Steven am besten nimmst du sie mal mit in ein Untersuchungszimmer.“ Schwester Flinn war ganz in ihrem Element. „Wie sie wünschen.“ Leicht verbeugte sich Steven vor ihr und nahm dann Lisa an die Hand. „Also was hast du wieder ausgefressen?“ Er zweifelte etwas an Lisas ‚Ich habe mich nur an der Tür gestoßen’ Geschichte. Die tischte sie ihm jedes mal auf. „Gestern Abend war ich mit Sarah noch etwas feiern. Und, naja .. nachdem ich sie nach Hause gebracht hatte, hat mich so ein Typ überfallen. Daher hab ich die blauen Flecke.“ Wehmütig senkte sie ihren Kopf. Es war ihr unangenehm, dass Dr. Miller wieder nach bohren musste. Sie sollte ehrlich zu ihm sein. Aber es war ihr noch unangenehmer über solche Sachen zu sprechen. Sie behielt das Wort 'Vergewaltigung' lieber für sich. Das würde der arme Arzt wohl nicht verkraften, nachdem Susan ihm die Kekse und die Schokolade gestrichen hatte. „Mhm.“ Der ältere Arzt murmelte etwas unverständliches in seinen nicht vorhandenen Bart und drückte noch etwas auf Lisas Rippen. Sie sog die Luft zischend ein. „Tut es weh?“ Sie neigte nach dieser Frage leicht den Kopf zur Seite und schaute Steven tief in die Augen. „Soll das ein Witz sein? Natürlich tut das weh!“ „Nana, nun sei mal nicht gleich so empfindlich.“ Er musste leicht schmunzeln. Sie hatte sich kein Stück verändert, immer noch das gleiche bockige Kind. „Es ist nicht ganz so schlimm, nichts gebrochen. Aber der Druckschmerz und der Bluterguss lassen darauf schließen, dass du dir eine Rippe angeknackst hast. Das ist halb so wild, schon dich ein paar Wochen etwas und dann ist es gut. Arbeiten kannst du aber trotzdem, falls dich das interessieren sollte.“ Lisa verzog ihr Gesicht zu einer schmollenden Schnute. „War ja klar das du mich nicht krank schreibst. Du würdest mich selbst noch arbeiten schicken wenn ich nur noch einen Arm und ein Bein hätte!“ „Natürlich würde ich das, du musst doch nur telefonieren und tippen, das kann man auch mit einer Hand.“ Er hatte zum Glück schnell genug reagiert, um dem Schuh auszuweichen, welchem Lisa nach ihm geworfen hatte. „Ist ja schon gut, aber mal im ernst. Du bekommst von mir noch ein paar Schmerztabletten verschrieben und wenn du möchtest kannst du auch etwas zum einschlafen bekommen. Für den Fall, dass dich die Schmerzen vom einschlafen abhalten sollten.“ Er blickte sie nun wieder fast Väterlich an und schien sich Sorgen zu machen. Daher vermutlich auch der freizügige Umgang mit dem Rezept-block. Lisa war ihm dafür dankbar. „Hast du sonst noch etwas auf dem Herzen, Kleines?“ Sie schreckte, als Dr. Miller sie wieder 'Kleines' nannte, aus ihren Gedanken. „Du sollst mich doch nicht so nennen!“ Sie war kein kleines Kind mehr und hasste dieses Kosewort geradezu. „Solang du mich auf der Arbeit duzt, solang nenne ich dich auch 'Kleines'.“ Dafür war das Thema für ihn beendet. Er half Lisa noch beim anziehen ihres Top und begleitete sie dann nach draußen, wo Schwester Flinn schon zu warten schien. „Sag mal Susan, musst du nicht eigentlich arbeiten?“ Er wollte sie ein wenig necken, da sie ihm erst letzte Woche seinen kleinen Schokoladen Vorrat weggenommen hatte. „Was glaubst du denn was ich hier tue? Ich muss doch schauen das du Lisa nicht noch falsche Medikamente verschreibst!“ Autsch, dass hatte gesessen. Da war jemand wohl noch sauer wegen der Kekse von vorhin. Oder es sprach nur die Sorge, um die kleine Lisa, aus ihr. Das sie gleich darauf herumreiten musste, dass er einmal statt Schlaftabletten, Viagra an ein junges Ehepaar verschrieben hatte? Zumindest hatte das Paar sich nie bei ihm beschwert. „Schon gut, Lisa geht es wunderbar. Sie hat nur eine leichte Prellung an den Rippen.“ Er beließ es für Susan bei einer leichten Prellung, sie sollte sich nicht noch mehr Sorgen machen als sowieso schon. Zu dritt machten sie sich auf den Weg zum Fahrstuhl. Lisa wollte die beiden zu einem Kaffee einladen, schließlich waren die zwei so nett zu ihr, obwohl sie eigentlich arbeiten müssten. Sie kamen an einem Zimmer vorbei, wo ein junger Mann an einigen Maschinen angeschlossen lag. Lisa schaute nur im vorbeigehen hinein und blieb plötzlich stocksteif stehen. „Was ist denn Lisa? Kennst du den Jungen etwa?“ Schwester Flinn drückt Lisa sanft die Schulter. Lisa Stellte sich auf ihre Zehnspitzen und flüsterte Dr. Miller etwas in Ohr. „Das ist er. Er hat mich gestern Überfallen.“ Steven schaute verblüfft zwischen Lisa und dem Patienten hin und her. „Hast du ihn so zugerichtet?“ „Was? Nein! Was denkst du denn von mir? Ich bin Ohnmächtig geworden als er mich schlug. Als ich wieder zu mir kam war da so eine Frau. Sie hatte gemeint, dass sie mir geholfen habe. Aber ich konnte ja nicht ahnen das sie zu so was in der Lage war. Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich doch niemals .. “ Weiter kam Lisa nicht denn sie würde von Schwester Flinn unterbrochen. „Was ist denn los? Was hast du denn mit dem Jungen zu schaffen?“ Susan war sich nicht sicher was zwischen Lisa und Steven wieder für Geheimnisse kursierten, aber es war bestimmt nichts gutes. „Bitte Susan, ich werde dir alles nachher erklären Okay? Könntest du mich mit Lisa kurz allein lassen?“ Er sah bittend zu seiner alten Freundin, welche nur zögerlich nickte und dann in Richtung des Schwesternzimmers verschwand. „Also, ich weiß nicht in was du da rein geraten bist, aber dieser Junge kam die Nacht über zu uns. Er hatte einen großen Blutverlust und liegt jetzt im Künstlichen Koma. Es ist noch nicht sicher ob er durchkommen wird. Wenn das wirklich eine Frau getan hat, dann solltest du ihr auf jeden Fall fern bleiben und die Polizei verständigen. Auch wenn er dir was angetan hat, so sollte man keine Selbstjustiz auf diese weise üben.“ Er sah sie ernst an und insgeheim wusste Lisa ja das er recht hatte. „Ich war nicht bei Bewusstsein, ich weiß ja nicht mal was genau passiert ist. Vielleicht war es ja jemand anders, der ihm das angetan hat und meine 'Retterin' hat ihn nur mit einer Trillerpfeife verjagt?“ Das Wort 'Retterin' hatte sie etwas zweifelnd ausgesprochen und nun blickte sie wieder auf den komatösen Patienten. „Du weißt das ich dich zu keiner Entscheidung zwinge, aber ich muss dir ja wenigstens meine Ärztliche Meinung sagen, oder?“ Er strich ihr kurz über die blonden Haare. „Ja, eigentlich hast du recht, aber ich brauche etwas Zeit zum Nachdenken. Selbst wenn ich der Polizei sagen würde was ich weiß, ihm würde das im Moment wohl egal sein können. Und ich will niemandem unrecht tun, wenn ich doch nichts gesehen habe.“ Sie sprach in jenem Moment die ganze Wahrheit. „Bitte lass mir die Zeit.“ „Natürlich, du kannst jederzeit mit mir Sprechen, dass solltest du auch Wissen. Warte hier, ich bin gleich zurück.“ Er wandte sich zum gehen und lies Lisa kurz allein zurück. Etwa fünf Minuten später kam er mit Schwester Flinn, an seiner Seite, wieder zurück. „So nun will ich aber meinen versprochenen Kaffee!“ Protestierte Susan lautstark. Lisa rutschte ein leises Kichern heraus. Manchmal war sie sehr dankbar dafür das sie diese zwei Menschen kennen lernen durfte. Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- Es war im Jahre 1999. Ein kleines Mädchen, von gerade einmal zwölf Jahren, kam wiedereinmal zurück ins Waisenhaus. Ihre neuen Pflegeeltern hatten sie nach nicht einmal drei Wochen aufgegeben und das Kind wieder abgeschoben. Aber für Lisa war das nichts neues. Inzwischen war sie so-was wie ein 'Versuchskind' geworden und hatte sich damit abgefunden, dass sie niemals näher an etwas Familien ähnliches kommen würde. Sie hatte im Waisenhaus auch keine Freunde, da die meisten Kinder nur kurze Zeit dort waren und sich auch sonst von ihr fern hielten. Damals hatte sie es nicht verstanden. Aber stillschweigend akzeptiert. Meist musste sie allein spielen, wenn niemand vom Aufsichtspersonal Zeit hatte. Auch an jenem verhängnisvollem Dienstag war es so. Sie war auf dem Dachboden des Waisenhauses, saß auf einer Kiste und zeichnete schon seit mehreren Stunden ununterbrochen. Es war das einzige, was ihr freude bereitete und ihr half die Zeit zu erschlagen. Manchmal dachte sie daran, dass die Zeit so-was wie eine Raupe sein musste. Sie fraß die Seele auf, bis nichts mehr übrig blieb. Zufrieden mit ihrer Arbeit, betrachtete sie ihre Zeichnung. Seit einigen Tagen schon saß sie an dem Portrait. Sie hatte den Mut gefunden ihren heimlichen Schwarm, Martin, zu zeichnen. Er gehörte zu einer Clique, die sich im Waisenhaus gebildet hatte und nichts lieber tat als Lisa das Leben schwer zu machen. Aber das war ihr egal, sie glaubte daran das er vielleicht doch kein so übler Kerl war und sie irgendwann mal zusammen kommen könnten. Sie war ja so naiv damals. Aber was blieb ihr sonst übrig? Als Lisa gerade die Dachbodenluke öffnen wollte, um wieder hinunter zu steigen, konnte sie Stimmen hören. Oh nein, es war die Clique. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. „Hier muss das Monster doch irgendwo sein, los sucht weiter!“ Das war doch Martins Stimme?! Super, also hatte er ihren 'Spitznamen' nun auch für sich entdeckt. Eigentlich wusste sie nicht warum die anderen Kinder sie Monster nannten. Die Aufseherin, ihres Wohnflügels, sagte doch immer sie sei hübsch oder niedlich. Aber wahrscheinlich waren das alles nur Lügen, für ein dummes Kind. Langsam bemerkte Lisa wie ihr die Tränen kamen und sie entfernte sich langsam von der Bodenluke. Sie kauerte sich ganz klein neben einer älteren Truhe zusammen und hoffte das die anderen Kinder bald verschwinden würden. Mit einem lauten knarren wurde die Dachbodenklappe geöffnet. „Hey, schaut mal hier oben. Da muss sie sein! Sucht sie!“ Martin spornte die anderen Kinder lautstark dazu an, den Dachboden zu durchkämmen. Obwohl Kinder dort eigentlich verboten waren. Er wollte jetzt jemanden ärgern und es gab halt kein besseres Opfer, als das Lisa-Monster. Sie waren zu viert, kletterten auf den Dachboden und begannen schnell alles zu durchwühlen. „Hier ist es, ich hab es!“ Ein größerer Junge hatte sie gepackt und hielt sie an ihren Armen fest, damit sie nicht weglaufen konnte. „Nein, bitte, lasst mich doch einfach in ruhe!“ Sie schrie ihren Frust hinaus und kämpfte verbittert gegen ihre Tränen. Allmählich wurde ihr das alles zu viel. Tag für Tag das gleiche Spiel. Sie hatte keine Kraft mehr. Martin hatte ihren Block gefunden und schaute sich die oberste Zeichnung an. Er erkannte sich sofort wieder. Auf dem Bild schien er jemandem zu zulächeln. „Hey schaut mal, das Monster ist in mich verliebt! Iiiih, wie eklig. Hoffentlich stecke ich mich jetzt nicht bei ihr an.“ Er sprach es mit Spott und ekel in der Stimme aus und bei jedem seiner Worte brach in Lisas Inneren etwas weiter auseinander. Sie standen im Kreis, um Lisa herum und hatten begonnen sie zu schubsen, zu schlagen und zu beschimpfen. Das taten sie zwar öfters, aber diesmal war etwas anders. Lisa war anders. Sie wollte nicht mehr. Nach all den Jahren im Waisenhaus glaubte sie den anderen Kindern schon lange, dass sie ein Monster sein musste. Warum sollte sie sonst keine Freunde haben? Sie musste einfach furchtbar sein, es ergab sonst keinen Sinn für sie. Lisa riss sich von den anderen Kindern los und rannte. Durch ihre tränen verschmierten Augen konnte sie kaum etwas sehen, außer der Bodenluke. Das wäre doch die Lösung. Einfach die Augen schließen, runter springen und alles würde gut werden. Es war keine normale Decke, in die die Bodenluke eingelassen worden war. Direkt unterhalb des Dachbodens, lag die große Empfangshalle. Es waren fast sieben Meter zwischen Fußboden und Dachbodeneinstiegsluke. Diese konnte man über einen schmalen Flur erreichen, welcher nur mit einem kleinen Geländer gesichert war und eigentlich als Verbindung zwischen dem Nord und Süd Wohnflügeln diente. Als sie die Luke erreicht hatte, ließ sie sich einfach hinunter fallen. Es war ihr in diesem Moment egal gewesen. Alles war ihr egal. Sie hatte niemals Eltern gehabt und machte sich auch keine großen Hoffnungen noch jemanden zu finden der sie vielleicht lieben konnte. Sie schlug hart gegen das Geländer, versuchte sich instinktiv festzuhalten, obwohl sie eigentlich aufgeben wollte. Ihr fehlte die Kraft sich abzufangen, wofür sie noch heute dankbar war, und sie stürzte weitere fünf Meter nach unten. Als sie auf dem harten Marmorboden aufkam, wurde ihr schwarz vor Augen und ein warmes Gefühl überkam sie. Alle umstehenden Personen vernahmen nur ein verräterisches Knacken, welches zusammen mit einem dumpfen Aufprall langsam verhallte. Panisch rannten ein paar Menschen umher und versuchten einen Krankenwagen zu bestellen. Es vergingen fast drei Wochen bis Lisa langsam wieder zu Bewusstsein kam. Sie hatte kaum Schmerzen, aber wie sie später erfuhr lag dies nur daran das sie starke Medikamente erhalten hatte. Sie hätte es wohl nicht mal gemerkt wenn ihr jemand das Bein abgesägt hatte. Eine gebrochene Hüfte, eine schwere Gehirnerschütterung und ein gebrochener Arm. Eigentlich war dies eine gute Bilanz, wenn man davon ausging das sie sich auch den Hals hätte brechen können. Immerhin war es massiver Stein gewesen, auf dem sie Aufschlug. Anfangs hatte sie große angst vor diesem Krankenhaus und den vielen Fremden Leuten. Außerdem war sie unglücklich darüber das sie überlebt hatte und nun sogar als Strafe für ihren Versuch, all dem zu entkommen, auch noch so schwere Verletzungen davongetragen hatte. Doch mit der Zeit lernte sie Schwester Flinn kennen. Sie war eine unglaublich starke Persönlichkeit und strahlte sehr viel Autorität aus. Schnell hatte Lisa erkannt das sogar Chefärzte ihr ihren Respekt zollten. Schwester Flinn kümmerte sich von Tag zu Tag mehr um Lisa und fing auch noch an sie zu bemuttern. Manchmal dachte Lisa das Susan, wie sie nur genannt werden wollte, vielleicht einen Blick in ihre Seelen geworfen hatte um zu wissen was sie brauchte. Susan stellte ihr auch einen Arzt vor, der von den Schwestern immer nur Cookie genannt wurde. Doktor Steven Miller. Es war zwar schon 51 Jahre alt, aber sein enormer Appetit auf Süßigkeiten, insbesondere auf Kekse, hatte sich herumgesprochen. Von da an besuchte auch Steven jeden Tag das Junge Mädchen, obwohl sie eigentlich nicht seine Patientin war. Er brachte ihr oft ein paar Kekse mit oder mal einige Gummibärchen. Gemeinsam versuchten die Krankenschwester und der Arzt wieder ein Lächeln auf das so traurige Gesicht Lisas zu zaubern. Einige Monate musste sie im Krankenhaus bleiben, weil ihre Knochenbrüche nur langsam verheilten und im Waisenhaus vermisste sie ohnehin niemand. Nicht einer hatte sie besucht, während der ganzen Zeit. Nun ja, ausgenommen natürlich ihrer Aufseherin. Aber diese war dazu verpflichtet, also zählte es eigentlich nicht als Besuch. Nach dazu weil sie dafür ja bezahlt wurde, Lisa rollte mit den Augen. Was für eine Welt. Als Lisa endlich entlassen wurde, hatte sie Steven und Susan versprechen müssen, sich regelmäßig bei den beiden zu melden und ihnen zu zeigen das es ihr gut ging. Und dies tat sie auch. Mit der Zeit baute sie immer mehr Vertrauen zu den zweien auf und sie sah die beiden sogar als so was wie ihre Familie an. Das war es vielleicht. Das Zeichen, auf das sie solange gewartet hatte. Das Zeichen, dass doch alles gut werden konnte. Sie versuchte von diesem Zeitpunkt an sich von den anderen Kindern fernzuhalten. Es gelang ihr leider nicht immer und je älter die anderen wurden, umso gewalttätiger wurden sie auch. Sie hatte oft versucht sich zu wehren, aber das hatte ihr nur schmerzen eingebracht. Trotzdem versuchte sie das Versprechen an Steven und Susan einzuhalten und nicht aufzugeben. Sie hatte den beiden nie gesagt, dass ihr Krankenhaus Aufenthalt damals ihr verzweifelter Versuch war, sich das Leben zu nehmen. Vermutlich hatten die zwei sich den Rest zusammen reimen können. Blöd waren sie ja nicht. Nachdem sie die Schule abgeschlossen hatte, suchte sie mit Susans Hilfe eine Ausbildungsstelle, wo sie genug verdienen konnte um sich eine kleine Wohnung zu leisten. Steven war davon nicht sonderlich begeistert, dass sie unbedingt allein wohnen wollte, aber konnte es ihr ja nicht verbieten. Ja, so war es damals gewesen. Lisa schaute auf ihren Kalender. Es war schon der zweite September 2006. Bald wäre der Kalendarische Herbstbeginn. Sie schnappte sich ihr Telefon und rief Sarah an. Sie wollte heute Abend nicht allein sein und brauchte dringend jemandem zum reden. „Hey Sarah? Ich bin es, Lisa. Hast du heute Abend Zeit?“ Hastig plapperte sie die Worte herunter. „Oh hey, nicht so schnell, sonst komm ich ja gar nicht mit. Ja klar hab ich zeit. Du hast ganz schönes Glück das du mich erwischst, ich bin erst seit kurzem wach.“ Sarah lachte leise in den Hörer. „Ja, das kann ich mir denken, du konntest ja nicht mal mehr alleine stehen gestern.“ Stellte Lisa nur trocken fest. Hätte Sarah nicht soviel getrunken, dann .. ach es war jetzt sowieso egal. „Ach, lass mir doch meinen Spaß.“ Sarah war es egal ob Lisa es gut hieß oder nicht, Alkohol gehörte zum feiern halt dazu. Punkt aus. „Also ich komm gegen sechs bei dir vorbei, okay? Bei mir tanzen heute die Zimmermädchen, da will ich lieber nicht stören.“ Lisa wusste genau was sie damit meinte. 'Tanz der Zimmermädchen' hieß soviel wie 'Kaffeeklatsch und Tratsch unter Angestellten'. Einmal im Monat kamen nämlich alle Haushaltsangestellten zusammen und begannen zu lästern und sich die Mäuler über ihre Arbeitgeber zu zerreißen. Natürlich immer in dem Haus, wo gerade niemand jener Personen anwesend war. Also wurde sie quasi von ihrem Butler vor sie Tür gesetzt. „Wenn du möchtest kannst du auch bei mir schlafen, dann musst du nicht durch die Hintertür bei dir einschleichen.“ Leicht musste Lisa schmunzeln. Wohlhabend, großes Haus, mehrere Angestellte und trotzdem wusste Sarah nicht wo sie heute Nacht sonst hätte schlafen können, als in Lisas kleiner Wohnung. „Das wäre echt toll, danke du bist eine echt gute Freundin. Bis nachher dann, bye bye.“ Nachdem Lisa aufgelegt hatte, begann sie erst einmal das Chaos in ihrer Wohnung zu beseitigen. Als sie das letzte mal rein geschneit war, hatte sie sich einfach blind links auf ihr Bett fallen lassen und dabei einiges umgestoßen. Sie hoffte bloß das diese verfluchte Woche damit endlich vorbei sein würde. Durch ein klingeln, an der Tür, fuhr sie hoch. Oh, schon so Spät? Sie eilte zur Tür und wusste schon genau das es nur Sarah sein konnte. Dieses Sturmklingeln war ihr Markenzeichen. „Hey da bist du ja schon, ich hab dir einiges zu erzählen. Du hast ja keine Ahnung was ich heute für einen Tag hatte.“ Sarah hatte noch nicht mal ihre Schuhe ausgezogen, da begann Lisa schon zu erzählen. Von dem was gestern Abend passierte, nachdem sie Sarah sicher zu hause abgeliefert hatte. Von Selena und ihrem seltsamen Krankenhaus Besuch und der Erkenntnis das der Schmiertyp wohl bekommen hatte was er verdiente. Oder auch etwas mehr. „Wow, hast du diese Verrückte schon angezeigt?“ Sarah war ziemlich baff und hatte ihre Freundin bei der Stelle mit der Beinahe Vergewaltigung, beruhigend in den Arm genommen um ihr zu zeigen, dass sie nicht allein war. Wofür diese ihr auch sehr dankbar war. „Nein, ich weiß nicht ob ich das tun sollte. Zum einen war sie mir doch eine große Hilfe, zum anderen habe ich ja nichts gesehen. Und nur weil sie etwas bekloppt ist, heißt das ja noch nicht das sie gefährlich ist.“ Sie schaute dabei zu Boden, so als ob sie sich selbst nicht sicher war ob ihre Worte glaubwürdig klangen. „Du bist einfach viel zu gutgläubig. Pass bloß auf dich auf ja?“ Sarah machte sich etwas Sorgen um ihre Freundin. Wer konnte schon wissen, was diese Selena noch anstellen würde. Lisa wollte es vorerst dabei belassen und sich einen ruhigen Abend mit Sarah machen. Dafür bestellten die zwei sich eine Pizza und warteten nun schon ungeduldig, vor dem Fernseher, auf ihr Abendessen. -- Auch Selena hatte einen ziemlichen Appetit. Eigentlich hatte sie erst gestern Abend etwas gehabt, aber durch ihr Seelisches Ungleichgewicht musste sie sich ablenken. Leider hatte sie es noch nicht geschafft eine Blutbank oder etwas ähnliches zu finden, also begnügte sie sich für den Moment mit dem nächst besten Metzger Laden, der noch geöffnet hatte. Nun lief sie, mit einem großen Papp-Kaffeebecher in der Hand, durch die Straßen Londons. Natürlich war er nicht mit Kaffee gefüllt. Langsam ließ sie die kalte, rote Flüssigkeit ihre Kehle hinunter gleiten. Es war in gewisser Weise echt widerlich. Schweineblut. Naja, es könnte schlimmer sein. Zum Beispiel könnte es das Blut des Metzgers gewesen sein. Als sie den rundlichen Mann sah, musste sie automatisch daran denken wie cholesterinreich sein Blut sein musste. Zum erschaudern. Das nächste mal würde sie sich noch einen Strohalm besorgen, dachte Selena während sie sich mit ihrer Zunge über die Lippen fuhr. Als sie in die nähe ihres Hotels kam, fand sie sich unmittelbar vor den Stufen wieder, welche in den Untergrund zu Londons U-Bahnsystem führten. Gestern sah sie dort Lisa zum ersten mal. Dann musste das dort hinten die Gasse sein. Langsam schlenderte sie an der kleinen Seitenstraße vorbei und nahm dabei einen tiefen Atemzug. Sie konnte sich ganz genau an den Geruch, welcher von Lisa ausging, erinnern. Er hatte etwas frisches, vermischt mit Vanille. Aber hier konnte sie im Moment nichts derartiges Wahrnehmen, so sehr sie sich auch bemühte. Als sie weiterging kam sie an einem der vielen Mietshäuser, dieser Gegend, vorbei. Kurz blieb sie irritiert stehen. Ein weiteres mal sog sie prüfend die Luft ein und konzentrierte sich dieses mal so stark sie konnte. Da. Da war etwas. Sie betrachtete die Klingelschilder. Davies, dritter Stock. Wie niedlich. Dann konnte sie Lisa ja doch noch heute Abend ihr Geschenk überreichen. Sie grinste während sie auf die Klingen, für das dritte Stockwerk drückte. Selena wollte Lisa überraschen. Was diese wohl sagen würde? Das konnte bestimmt noch ein richtig lustiger Abend werden. Kapitel 7: Kapitel 7 -------------------- Lisa saß in ihrem Sessel und hatte eine Decke um sich gewickelt. Während Sarah sich ausgestreckt auf das Sofa, im kleinen Wohnzimmer, gelegt hatte. Sie musste dabei ihre Beine über die Lehne baumeln lassen. Es war eben nur ein Zweisitzer. Beide hatten gerade ihr Abendessen beendet und schalteten von einem Kanal zum anderen. Leider gab der Fernseher im Moment nichts gutes her. Als es an der Tür klingelte, stand Lisa schnell auf und tappte in Richtung ihrer Wohnungstür. Nachdem sie den Summer betätigt hatte konnte sie schon Schritte im Treppenhaus hören. Bestimmt hat wieder einer ihrer Nachbarn Besuch, der sich in der Klingel geirrt hatte. Zumindest dachte sie dies, denn es war schon öfters vorgekommen und wer sollte noch etwas von ihr wollen um diese Uhrzeit? Sie wollte gerade wieder ins Wohnzimmer gehen als ein Klopfen, an ihre Wohnungstür, sie erstarren lies. Nachdem sie sich umgedreht hatte, öffnete sie Zögernd die Tür. Vielleicht sollte sie doch einen Türspion einbauen lassen, ging es ihr durch den Kopf. „Guten Abend meine liebe. Ich hoffe, ich störe nicht.“ Lisa hatte ja mit allem gerechnet, selbst damit das ihr ein Hippie jetzt einen Joint verkaufen wollte. Aber damit nicht. Vor ihr stand Selena, wie immer mit ihrem langen schwarzen Ledermantel bekleidet. Dazu mit einer blauen Jeans und einem hellgrünem Hemd, welches zugegebenermaßen sehr mit ihren Augen harmonierte. Aber was um Gottes willen wollte sie bloß von ihr?! Während Lisa noch immer stocksteif da stand und nicht wusste was sie tun sollte, schritt Selena entschlossen an ihr vorbei und betrat die Wohnung ohne Hemmungen. „Hallo.“ Sie begrüßte Sarah kurz angebunden und ließ sich einfach auf den Sessel fallen, auf dem zuvor noch Lisa gesessen hatte. Diese stand nun im Türrahmen zum Wohnzimmer und schaute sich, etwas bleich um die Nase, die Szene an, welche sich gerade im Wohnzimmer abspielte. Selena saß in ihrem Sessel, nippte an einem großen Papp Kaffeebecher und Sarah stellte sich aus Höflichkeit vor, als wäre Selena eine alte Freundin von Lisa. „Hey, ich bin Sarah. Und wie ist dein Name?“ Sarah lächelte Selena freundlich an. „Mein Name ist Selena. Freut mich deine Bekanntschaft zu machen.“ Dabei grinste sie Lisa, welche sich keinen Zentimeter gerührt hatte, breit an. Das machte mehr Spaß als sie erwartet hatte. Aber sie müsste später noch ernsthaft mit Lisa sprechen. Es gehörte sich nicht wie Lisa sich ihr gegenüber aufführte. „Selena? Etwa die Selena die Lisa gestern erst gerettet, dann einen Typen Krankenhausreif geprügelt und sich anschließend wie eine Irre aufgeführt hat?!“ Sarah war etwas schockiert. Warum war diese Irre denn nun hier? Warum hatte Lisa sie einfach rein gelassen? Sie sollten nun wirklich die Polizei rufen. Das ging alles zu weit. „Ganz so ist es nun auch wieder nicht gewesen. Es stimmt, ich habe Lisa geholfen. Aber ich habe niemanden Krankenhausreif geschlagen und mich auch sicher nicht wie eine 'Irre' aufgeführt.“ Spöttisch zog sie ihren Mundwinkel nach oben. Das war es also. Lisa hatte sich diesem Menschen anvertraut und hielt sie für verrückt? Das erklärte natürlich warum sie weggelaufen war. Dann würde sie später wohl eine Kostprobe erhalten müssen. Wer nicht hören will muss fühlen. „Da hat mir Lisa aber was anderes erzählt! Lisa, sag gefälligst auch mal was und steh da nicht so herum, wie eine Vogel-scheuche.“ Sarah wurde es zu bunt, Lisa stand nur da und schien sich nicht mal zu trauen den Mund auf zumachen. So kannte Sarah sie gar nicht. „Ehm .. Was?“ Lisa war aus ihrer Starre erwacht und setzte sich erstmal neben Sarah auf das Sofa. Behielt Selena aber die ganze Zeit über im Blick. Zumindest war sie diesmal nicht allein mit ihr in einem Raum. Neues Selbstbewusstsein breitete sich in ihr aus. „Was willst du hier?“ Lisa schaute ihr fest in die Augen, konnte aber leider nicht verhindern dabei eine Gänsehaut zu bekommen. Die grünen Augen ihres Gegenübers kamen ihr so seltsam vor. Irgendwie wild, aber auch einsam. „Ich wollte nur meine kleine Lisa besuchen und nochmal ein wenig mit ihr plaudern.“ Selenas grinsen verschwand langsam und ihr Gesicht wurde wieder ernst und kalt. „Kann ich irgendwo unter vier Augen mit dir sprechen?“ Sie sah abwechselnd zwischen Lisa und Sarah hin und her wartete auf eine Antwort. „Ich weiß nicht ob das so eine gute Idee wäre.“ Sarah war das ganze absolut nicht geheuer. „Ich gebe meine Ehrenwort, dass ich ihr kein Haar krümmen werde.“ Selena legte kurz ihre rechte Hand auf ihr Herz, um ihrer Wort Ausdruck zu verleihen. Lisa gefiel die Idee, mit Selena allein zu sein, trotzdem nicht im geringsten. „Du bekommst fünf Minuten und dann verschwindest du!“ Sie stand auf und deutete Selena an, ihr zu folgen. Wie Lisa feststellen musste, war eine kleine Wohnung wirklich kein Traum. Der einzige Ort an dem sie nicht von Sarah belauscht werden konnten, war ausgerechnet ihr Schlafzimmer. Sie führte Selena hinein und setzte sich dann ans Fußende ihres Bettes. Erwartungsvoll blickte sie in die grünen Augen Selenas, welche leicht amüsiert zu sein schienen. „Was ist so lustig?“ In Lisa kam Zorn auf, erst wollte diese Frau mit ihr sprechen und dann lachte sie sie fast aus. „Da sehen wir uns wieder und du führst mich gleich ins Schlafzimmer.“ Sie hob den Zeigefinger und tat so, als würde sie Lisa tadeln wollen. „Nun komm endlich zur Sache!“ Lisa war ungewollt etwas laut geworden. In Selenas Augen blitzte kurz etwas auf. Aber es war zu kurz, als das Lisa es hätte genauer benennen können. „Wie du wünschst. Ich denke ich muss nochmal versuchen mich zu erklären. Bei unserem letzten Zusammentreffen gab es anscheinend ein paar 'Missverständnisse'“ Selena versuchte sich langsam an das Thema heranzutasten. „Ach, Missverständnisse, ja? Du hast behauptet ihr wäre dein Eigentum und hätte zu tun was du von mir willst!“ Lisa wurde immer wütender, was erlaubte sich diese Tussi hier überhaupt?! „An deine Stelle würde ich mich wieder beruhigen, ansonsten kann ich nicht versprechen das ich mein Wort halten werde.“ Selena begann wieder mit ihren Zähnen zu knirschen. Dieses Mädchen vor ihr war wohl lebensmüde, so mit ihr zu sprechen. „Ich habe dir nur die Wahrheit gesagt. Du bist mein Eigentum. Zumindest solltest du das sein. Deine Familie stellte sich vor 350 Jahren freiwillig in meine Dienste. Als Gegenleistung erhielten sie Schutz und haben ein Leben geboten bekommen, welches ihnen sonst verwehrt geblieben wäre. Sie waren allesamt Bettler und Tagelöhner gewesen.“ Selena hatte gerade erst mit ihrer Ausführung begonnen, welche sie sich auf dem Weg zu Lisas Wohnung hatte einfallen lassen, als jene ihr bereits wieder ins Wort fiel. „350 Jahre? Du glaubst doch nicht ernsthaft das du so alt bist?!“ Lisa hielt es für das beste, sie gleich mit dem unlogischsten Teil ihrer Aussage zu konfrontieren. Eine Diskussion darüber das sie niemandes Eigentum war, würde wohl wenig bringen. „Oh, nein. Das glaube ich wirklich nicht. Mein Tatsächliches Alter spielt im Moment keine Rolle, aber ja ich lebte bereits vor mehr als 350 Jahren.“ Sie konnte in Lisas Augen genau ablesen das diese, zum einen Kein Wort glaubte und zum anderen gleich weglaufen würde um die Polizei zu rufen. Oder zumindest diese Sarah. Je nachdem. „Es wird wohl am besten sein dir zu zeigen, was du nicht glauben willst. Ihr Menschen glaubt doch nur was ihr seht, richtig?“ Das Wort 'Menschen' spuckte sie aus, als sei es ein Fluchwort. Selena machte das Licht in Lisas Schlafzimmer aus und näherte sich langsam dem, auf dem Bett sitzendem, Mädchen. „Ganz ruhig, nicht schreien. Dir wird nichts geschehen, vorerst jedenfalls nicht.“ Selena kniete sich direkt vor das junge Mädchen, sodass ihr Gesicht vollkommen von Lisas Schatten verschluckt wurde. Es drang nur wenig Licht durch das geöffnete Fenster nach innen. Lisa sah erschrocken zu Selena. Was hatte sie bloß vor und warum hatte sie das Licht ausgemacht?! Zögerlich betrachtete sie das Gesicht ihres Gegenübers. Sie hatte sich zu ihr herunter gebeugt und schien Lisa mit ihrem Blick erdolchen zu wollen. Selenas Augen konnte sie leider nicht sehen, dazu war es zu dunkel. Aber plötzlich konnte sie die Umrisse ihrer Augen wahrnehmen. Es sah aus als würde etwas rotes von den Rändern zur Mitte sickern und sich dort ablagern. Immer mehr, immer intensiver. Selenas Augen begannen jetzt fast rot zu leuchten. Lisa bekam es mit der Angst zu tun und wollte aufspringen, wurde aber sogleich von zwei starken Händen an den Schultern gepackt und wieder auf das Bett gedrückt. Selenas Pupillen veränderten sich und wurden zu vertikalen Schlitzen. Lisa spürte etwas spitzes, dass in ihre Schultern schnitt und zuckte zusammen. Als sie auf Selenas Hände sah, erkannte sie im schwachen Laternen licht, das sie scharfe Krallen besaß. Sie versuchte ihr wieder ins Gesicht zu sehen und erschrak fast zu Tode. Selena hatte ihren Mund leicht geöffnet und ließ ihre Fangzähne auf blitzen. Sie hatte ihren Kopf leicht ins Licht gedreht und Lisa konnte jetzt einen genaueren Blick auf das werfen, was Selena ihr zeigen wollte. Ihre ganzen Gesichtszüge schienen anders. In ihren Augen stand die pure gier. Nur worauf konnte Lisa nicht sagen. „Vamp ..“ Lisa wollte das erste Wort aussprechen was ihr zu diesem Bild in den Sinn kam. Das einzige was sie kannte, dass zu beschreiben was sie gerade sah. Es passte alles zusammen, sie hatte Selena ja immer nur Nachts gesehen und ihre blasse Haut erst. Jedoch wurde sie sofort unterbrochen, da Selena sie laut an geknurrt hatte, noch bevor sie das Wort 'Vampir' hatte aussprechen können. „Waage es nicht, mich so zu bezeichnen. Dieses Wort haben sich die Menschen ausgedacht und es ist eine Beleidigung. Darüber hinaus ist es viel zu unpräzise.“ Sie beugte sich nach vorne um Lisas Gesicht näher zu kommen. Diesmal war Lisa bei Bewusstsein und diesmal würde Selena sich den Spaß erlauben. Standesunterschied hin oder her. Als ihre Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren, überbrückte Selena das letzte Stück schnell und leckte Lisa vorsichtig, fast zärtlich, über die Wange. Nachdem sie Lisa losgelassen hatte und sich wieder ein wenig von ihr entfernt hatte, musterte sie das Mädchen. „Nun, glaubst du jetzt das ich nicht verrückt bin und das deine Familie über lange Zeit in meinen Diensten stand?“ Es war eigentlich mehr eine Rhetorische Frage. Es sollte eigentlich nicht möglich sein, dass Lisa sie jetzt immer noch für Verrückt hielt. Während sie auf eine Antwort wartete, färbten sich ihre Augen wieder in ein dunkles grün und auch ihre Zähne und Klauen schrumpften. „Was bist du?“ Sie hatte lange überlegt was sie zuerst fragen sollte. Entschloss sich für die naheliegendste Frage, wenn Selena schon so auf die Vampir Andeutung reagierte. „Ich bin die jüngste Tochter meiner Familie, zumindest soweit mir das bekannt ist. Meine Familie wandelt seit vielen tausend Jahren auf dieser Welt. Ich selbst zum Glück noch nicht solange.“ Sie versuchte Lisa ein leichtes Lächeln zu schenken, aber es misslang ein wenig. „Ich bin kein Vampir. Es gibt keine Vampire. Unsterbliche Wesen die kein Sonnenlicht ertragen und mit einem Holzpflock getötet werden. Das ist absurd. Meine Art wird sehr alt, aber wir sind nicht unsterblich. Ich bekomme aufgrund meiner hellen Haut öfters einen Sonnenbrand, aber ich zerfalle nicht zu Staub. Und solltest du auch nur daran denken mit einen Pflock ins Herz jagen zu wollen, so sei gewarnt das dir das nicht helfen wird. Es gibt viele Bezeichnungen für uns, aber am ehesten trifft es wohl einfach 'Dämonen'.“ Selena hatte weiter ausgeholt als sie es beabsichtigt hatte, jedoch war irgendetwas an diesem Mädchen. Sie hatte das Bedürfnis verspürt ihr einiges zu erzählen. „Mei .. Meine Familie diente einer Dämonin?“ Lisa wurde etwas flau. Sie würde bestimmt gleich ohnmächtig werden. Sie konnte es schon spüren. „In der Tat. Und du bist mein Eigentum.“ Selena konnte sie gerade noch festhalten. Lisa war tatsächlich ohnmächtig geworden. Selena hob sie vorsichtig auf das Bett und legte die Decke über sie. Sie betrachtete ihr schlafendes Gesicht. Die Schlafzimmertür sprang mit einem lauten Knall auf und Sarah sprang ins Zimmer. „Was hast du mit Lisa angestellt?!“ Sie wollte Selena gerade packen und aus der Wohnung werfen, also jene einfach ihre Hände schnappte und Sarah einfach gegen die nächste Wand presste. „Ich habe gar nichts mit ihr 'Gemacht'. Sie schläft nur. Aber wenn du nicht sofort still bist, dann vergesse ich meine guten Vorsätze.“ Sie schaute Sarah, während sie sprach, mit einem Tödlichen Blick an. Sollte diese Sarah vorhaben hier länger zu bleiben dann würde sie ihr wohl Benehmen einbläuen müssen. „Lass mich los!“ Etwas leiser zischte Sarah diese drei Worte hinaus. Es war ihr ein wenig peinlich das Selena sie so einfach hatte festnageln können. Vielleicht hatte sie den Jungen wirklich ins Krankenhaus gebracht. Eine unschöne Vorstellung ihr so nahe zu sein. Sie schien wirklich nicht gerade schwach. Selena lies das Mädchen los und ging wortlos ins Wohnzimmer, setze sich wieder in den Sessel und beschloss es sich mit Lisas Decke gemütlich zu machen. Sie hielt sich unbewusst die Decke unter die Nase und prägte sich den Geruch nochmals ein. Ein hauch von Vanille. Währenddessen hatte Sarah sich zu Lisa gesetzt und strich ihr beruhigend über die Stirn. Was hatte diese Selena nur mit ihr getan, dass sie nun so fertig war? Vorsichtig schüttelte sie an Lisas Schulter. Dabei bemerkte sie die kleinen roten Punkte auf dem Stoff. War das etwa Blut? Zaghaft öffnete Lisa ihre Augen und erschrak kurz als sie jemanden so nah bei sich wahrnahm. Als sie erkannte das es nur Sarah war, beruhigte sie sich sofort wieder. Hatte sie etwa nur geträumt? „Sarah?“ Ihre stimme war schwach. Sie hatte großen Durst. „Alles okay, ich bin ja da. Was wollte diese Selena von dir?“ Sarah sah Lisa nun ernst in die Augen. Sie wollte Antworten und zwar sofort. Es traf Lisa, wie ein positiver Schwangerschaftstest eine exotische Tänzerin treffen würde. Also hatte sie nicht geträumt. Verdammt. Also .. also was nun? Hieß das etwa, dass eine leibhaftige Dämonin gerade im Nebenzimmer saß?! Sie blickte sich im Zimmer um. Niemand außer Sarah war anwesend. „Kannst du mir etwas zu trinken bringen? Und dann sag mir wo Selena nun ist. Bitte.“ Sie sah Sarah flehend an und hoffte das sie sich vorerst damit zufrieden geben würde. „Verdammt Lisa, ich bin deine beste Freundin und ich sehe doch das du Hilfe brauchst, also rede gefälligst mit mir. Was ist hier los?!“ Sie würde sich diesmal nicht so einfach abspeisen lassen. Nicht diesmal. Lisa redete sonst auch nie über sich. Zumindest nie wenn es ihr zu persönlich würde. Lisa seufzte resigniert. „Es .. es hat mit meiner Familie zu tun. Meiner leiblichen Familie. Selena .. also Selenas Familie stand der meinen wohl sehr nahe. Es ist .. kompliziert. Bitte, ich werde es dir alles später in ruhe erklären, aber im Moment ist das alles zu viel für mich.“ Sie schloss ihre Augen und hoffte Sarah würde aufhören. „Nagut, aber wenn du es mir nicht bald erzählst, dann mach ich dir die Hölle heiß!“ Damit kniff sie Lisa in die Seite, woraufhin diese laut auf-quiekte und verließ das Zimmer. Kurze Zeit später saß Lisa mit einem Glas Wasser aufrecht im Bett und überlegte was sie als nächstes tun sollte. Doch diese Entscheidung wurde ihr von Selena abgenommen. Jene kam plötzlich einfach in ihr Schlafzimmer, mit einer Decke unter ihrem Arm und legte sich wortlos neben Lisa aufs Bett. „Was ..“ Lisa sah erschrocken und etwas ängstlich auf die Seite, welche nun Selena zu gehören schien. „Sarah wollte im Wohnzimmer schlafen. Ich zog es vor ihr erstmal aus dem Weg zu gehen, da sie scheinbar ein Problem mit meiner Anwesenheit hat. Und nun werde ich hier schlafen. Schau nicht wie ein verschrecktes Reh, du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Obwohl, eigentlich solltest du das ja .. seltsam.“ Das letzte Wort hatte nur vor sich hin geflüstert während sie ihre Augen schloss. Ja, es stimmte. Sie hatte nicht den drang Lisa etwas anzutun. Obwohl sie ein Mensch war und ihr schon ziemliches Kopfzerbrechen bereitet hatte. Sie schob es darauf, dass es im Moment nur diesen einen Anhaltspunkt gab, um herauszufinden was passiert war. Daher wäre es unklug sie einfach in der Luft zu zerreißen. Ja, genau. Das musste es sein. „Du .. du schläfst?“ Lisa wusste nicht was sie sagen sollte, also entschied sie sich wieder für das naheliegendste. „Entweder ich schlafe, oder ich nähre mich an dieser Sarah. Es wäre mir zwar lieber, aber sieh es als Beweis meines guten Willens.“ Während sie sprach, hatte sie ihre Augen geschlossen gehalten. Aus gutem Grund. Hätte Selena sie geöffnet, so hätte Lisa einen verräterischen gelben Schleier in ihnen entdecken können. „Ich habe übrigens noch ein Geschenk für dich. Aber erst schlafen wir. Du musst wieder zu Kräften kommen, morgen haben wir noch einiges vor.“ Selena lächelte. Zum ersten mal, seit sie wieder erwacht war, fiel es ihr leichter ein ehrliches Lächeln zustande zu bringen. Ein wenig war sie von sich selbst überrascht. Auch Lisa fand es seltsam. Eine leise vor sich hin-grinsende Dämonin. Direkt neben ihr. In ihrem Bett. Sie entschied sich lieber schnell einzuschlafen. Ihr machte das alles zu viel angst. Irgendwie. Und Morgen würde sie auch noch ein Geschenk bekommen. Was konnte ein Dämon denn verschenken? Kapitel 8: Kapitel 8 -------------------- Lustlos kaute Lisa auf ihrem, mit Erdbeermarmelade bestrichenem, Toast herum. Sarah war vor etwa einer halben Stunde nach-hause verschwunden, sie hatte gemeint es wäre besser so. Naja, beim letzten mal als sie bei Lisa hatte übernachten müssen, weil das Personal sich mal wieder traf, lagen am nächsten Tag unter den Tischen und sogar in den Schränken noch vereinzelt schlafende Personen mit einer verdächtigen Alkohol Fahne. Anscheinend tranken sie beim reden und Kartenspielen wohl doch nicht nur Tee. Nun saß Lisa hier in ihrer kleinen Küche und ihr gegenüber hatte es sich Selena gemütlich gemacht. Leider starrten ihre grünen Opale sie ununterbrochen an. Lisa konnte sich denken warum. Aber sie würde es nicht ansprechen. Nein, niemals. Es war ihr viel zu peinlich. Nur zu gut konnte sie sich daran erinnern wie sie an diesem Sonntag morgen erwachte. Oder besser gesagt in welcher Position. -- Als Lisa langsam aus dem Reich der Träume in ihr Schlafzimmer zurück driftete, spürte sie eine angenehme Wärme. Eigentlich wollte sie gar nicht aufstehen. Der gestrige Tag war zu seltsam und kam ihr immer noch wie ein böser Traum vor. Sie lag auf dem Bauch und scheinbar halb auf irgendetwas gemütlichem. Auf ihrem Rücken spürte sie die weiche Decke, während sie mit ihrer rechten Hand über ihre Wärmequelle tastete. Warmer Stoff und .. Haut ?! Sie zog ihre Hand ruckartig weg und rollte von, was auch immer, herunter. Sie öffnete zögernd ihre Augen und starrte geschockt in das sie anblickende Gesicht von Selena. Es war kein Traum gewesen. Und sie hatte wirklich neben dieser .. Dämonin .. die Nacht verbracht ?! Aber warum lag sie halb auf ihr und .. Sie stoppte ihren Gedankenfluss. Hatte sie gerade Selena den Bauch gekrault?! Oh Gott! Das durfte alles nicht wahr sein. „Guten Morgen.“ Lisa zuckte unter dem kalten Klang von Selenas Stimme zusammen. „Morgen..“ Nuschelte sie leise und wurde bis über beide Ohren rot. Sie musste im Schlaf näher an ihre Bettnachbarin gerutscht sein und einen Arm um sie gelegt haben. Aber warum hatte Selena nichts dagegen unternommen? -- Lisa schreckte aus ihren Gedanken. Jemand musste sie angesprochen haben. „Entschuldigung, ich war in Gedanken. Was hattest du gesagt?“ Sie schaute entschuldigend zu der ungehaltenen Frau ihr gegenüber und legte ihren Toast zurück auf ihren Teller. Sie würde wohl sowieso nichts herunter bekommen. „Ich sagte, das hier ist für dich.“ Selena schob eine kleine graue Schachtel näher an Lisas Teller. „Was..“ Lisa schaute sie verwundert an. Nahm zögerlich die kleine Box in ihre Hände und legte ihren Kopf fragend schief. „Es wäre besser für dich, wenn du es immer bei dir tragen würdest.“ Mit diesen Worten erhob sich Selena und lies eine verwirrte Lisa allein am Tisch zurück. Vorsichtig öffnete Lisa die Schachtel und erblickte ein kleines Medaillon. Es musste aus Silber sein, so dachte sie und nahm es sanft in die Hand. Eine feingliedrige Kette war daran befestigt. Als Lisa das Medaillon öffnete zog sie verwirrt ihre Stirn kraus. In das Medaillon eingelassen war eine winzige rote Phiole. Zögerlich erhob sie sich und ging in ihr Wohnzimmer, wo Selena auf dem Sofa lag und die Zimmerdecke anstarrte. „Was hat es mit diesem Medaillon auf sich? Warum schenkst du es mir?“ Lisa blickte verunsichert zu Selena, welche keine Anstalten machte sich zu bewegen. „Es soll deinem Schutz dienen. Nennen wir es einfach ein Erkennungszeichen, damit sich niemand an dir vergreift.“ Während sie Sprach, hatte Selena langsam ihren Blick in Lisas Richtung geschwenkt. Eigentlich könnte sie ihr ja erzählen das in dem Medaillon ein paar Tropfen ihres eigenen Blutes waren, damit jeder Dämon, der sich ihr zu sehr näherte, bemerken konnte das Lisa kein Freiwild mehr war. Aber es wäre wohl noch zu früh für so etwas. Das Mädchen schien schon mit der Vorstellung an ein nicht menschliches Wesen überfordert. So stand sie stand langsam auf und nahm Lisa die Kette aus der Hand. „Wenn du erlaubst.“ Sie wartete keine Antwort ab, sondern legte Lisa einfach die Kette um den Hals. Während Selena wieder etwas Abstand zwischen sich und Lisa brachte, schaute sie sich das Mädchen noch einmal genau an. Das Medaillon war zwar schlicht, wirkte jedoch sehr edel um Lisas Hals. „Du hast sicherlich vielen Fragen.“ Während Selena sich wieder auf das Sofa niederließ, blickte sie Lisa erwartungsvoll an. „Ähm .. natürlich.“ Lisa setzte sich auf ihren Sessel und schaute nervös auf ihre Füße. Sie hatte den ganzen morgen über angestrengt nachgedacht und war tatsächlich auf einige sehr wichtige Fragen gestoßen. Zumindest für sie waren diese wichtig. „Du hast gesagt das du meiner Familie Schutz gegeben hast. Warum sind meine Eltern dann tot? Wo warst du an dem Tag als sie starben?“ Es sollte eigentlich nicht vorwurfsvoll klingen, aber Lisa musste sich stark anstrengen nicht laut zu werden. Selena begann zu erzählen. Von ihrem 200 Jahre andauerndem Schlaf, davon das sie nicht wusste warum ihre Familie sie allein zurückgelassen hatte und auch nicht wusste was mit ihren Dienern passiert war. „Und was tust du nun bei mir, was willst du von mir? Ich habe mit all dem doch nichts zu tun!“ Lisa hasste ihre Gefühle in diesem Moment. Aber wenn es wirklich so war das es jemanden gab der es eventuelle hätte verhindern können, dass ihre Eltern starben und sie allein ließen .. und dieser jemand nun auch noch direkt vor ihr saß. Das war einfach zu viel. Ihre Augen fingen allmählich an verräterisch zu brennen. Lange würde sie ihre Tränen wohl nicht mehr zurückhalten können. „Du bist die einzige Spur zu meiner Sippe. Der einzige Hinweis den ich finden konnte, auf meiner suche nach Antworten. Auch nach einer Antwort auf die Frage warum deiner Familie etwas zugestoßen ist.“ Selena blickte Lisa nun tief in die Augen und legte vorsichtig ihre rechte Hand auf ihre Wange. „Ich bin jetzt hier und werde mein Versprechen, deiner Familie gegenüber, auch einhalten. Dir wird nichts geschehen. Und wir werden sehen was passiert ist.“ Lisa war zuerst aufgrund dieser simplen Geste erschrocken, beruhigte sich anschließend aber tatsächlich etwas. Ihr fiel wieder ein, dass sie noch etwas wissen wollte. „Was genau meintest du, als du sagtest du hättest dich am Freitag Abend um diesen Jungen gekümmert?“ Etwas skeptisch zog sie dabei eine Augenbraue nach oben. „An jenem Abend kam ich gerade in London an und war regelrecht ausgehungert. Ich habe mich an ihm genährt.“ Selena hatte es einfach so erzählt, als sei es nichts außergewöhnliches, sondern etwas ganz normales. „Ich habe den Jungen im Krankenhaus gesehen, er war fast tot! Mein Arzt sagte, dass ihm viel Blut fehlen würde. Heißt das etwa du hast es getrunken?“ Lisa verzog leicht angewidert das Gesicht und wurde sehr blass um die Nase herum. „Ja, ich ernähre mich von Blut. Tierblut reicht Notfalls zwar, aber um den Hunger effektiv zu stillen gibt es nichts besseres als frisches Menschenblut. Du solltest dem Jungen eigentlich sogar dankbar sein. Denn du warst mein auserwähltes Opfer, meine kleine Lisa. Aber er stand mir im Weg, also nahm er deinen Platz ein.“ Selena dachte gar nicht groß nach, als sie Lisa davon erzählte. Es war schließlich die Wahrheit. Jedoch bemerkte sie nicht das sie während ihrer Erzählung zu grinsen begann. Die Erinnerung an jene Nacht war noch zu lebhaft. Lisa starrte die Dämonin vor ihr nun verunsichert an. Eben gerade was sie selbst noch wichtig für Selena und im nächsten Moment war sie nur noch ein Snack für zwischendurch? Sie konnte es einfach nicht glauben. Sie wusste nicht genau warum, aber sie fühlte einen Stich in ihrem Inneren. „Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht wer du warst. Falls es dich beruhigt, so werde ich dir versprechen das ihr dir nichts antun werde. Ich sagte ja bereits das es an mir ist, dich zu beschützen.“ Selena hatte sehr wohl die Blicke des Jungen Mädchens bemerkt. Es schien mit der Wahrheit schlechter umgehen zu können als sie eigentlich dachte. Also entschied sie sich vorerst auf den Teil 'Lisa war ihr Eigentum und Selena könnte tun und lassen was sie wollte' zu verzichten. Allerdings wollte sie zu einem späteren Zeitpunkt noch darauf zurückkommen. Aufgeschoben war ja nicht aufgehoben. „Und was nun?“ Lisa schaute sie immer noch leicht ängstlich an. Ihr wurde klar das Selena wohl nicht so menschlich war, wie sie äußerlich wirkte. „Bis ich zu Geld gekommen bin werde ich vorerst hier wohnen bleiben. Es scheint ja bisher ganz gut zu funktionieren.“ In Selenas Augen konnte man ihr Amüsement erkennen. -- Sie musste daran denken wie Lisa sie als Kopfkissen missbraucht hatte. Aber sie hatte es ganz und gar nicht als unangenehm empfunden. Eher das Gegenteil war der Fall gewesen. Deshalb hatte sie es zugelassen. Eigentlich hätte sie Lisa ja aus dem Bett werfen müssen, allein dafür das sie es gewagt hatte sie im Schlaf zu berühren. Aber die Krönung war gewesen als Lisa zu sich kam und anfing ihr den Bauch zu streicheln. Ihre Selbstbeherrschung war bis aufs äußerste strapaziert gewesen, aber zum Glück hatte das Mädchen ihren Fehler scheinbar selbst schnell bemerkt. Das Bild welches sich Selena danach bot war so amüsant, dass sie beinahe laut los gelacht hätte. Das junge Mädchen schaute sie so panisch an und dachte vermutlich sie würde ihr gleich den Kopf abreißen. -- Lisa war kurz davor durchzudrehen. Eben starrte sie noch kreidebleich und ängstlich dieses 'Dämonending' an und nun begann sie zu erröten. Sie hatte die erneute Anspielung nicht überhört. „Du kannst hier nicht wohnen. Das ist meine Wohnung und sie ist überhaupt nicht groß genug!“ Sie wollte sofort protestieren. „Ich kann und ich werde. Es klappte eine Nacht und es wird weitere Nächte klappen. Du solltest nicht vergessen mit wem du sprichst.“ In Selenas stimme nahm nun wieder die gewohnte Kälte platz und sie verlieh ihrer Aussage damit eine unterschwellige Drohung. „So, ich habe genug von dieser Fragestunde. Es ist zeit fürs Frühstück.“ Selena griff sich ihren Mantel und während ihr Blick Lisa striff, leckte sie sich über ihre Lippen. „Wa .. was hast du vor?“ Lisa wurde unwohl, wollte Selena sich nun an ihr vergreifen? „Kein bange, ich gehe nur in die Stadt und besorge mir etwas zu trinken.“ Sie konnte das grinsen nicht unterdrücken. Es war wirklich sehr einfach Lisa zu verunsichern. So Verließ Selena einfach die Wohnung und lies Lisa alleine dort sitzen. Sicherlich hatte diese nun genug zu verarbeiten. -- Lisa hatte sich wieder ins Bett gelegt. Sie musste erst einmal versuchen wieder klar im Kopf zu werden, was gar nicht so leicht war. Selenas Geruch haftete noch an ihrem Kopfkissen. Sie dachte darüber nach, was es nun eigentlich bedeutete, dass es tatsächlich Dämonen gab. Hieß das es gab auch Engel? Oder vielleicht einen Gott und einen Teufel? Sie würde Selena wohl bei einer passenden Gelegenheit fragen müssen. Auch wenn Selena versprochen hatte ihr nichts anzutun, so hatte sie doch eine gehörige Portion Respekt. Oder viel mehr Angst vor der Schwarzhaarigen. Sie hatte so eine kaltblütige Art an sich, doch in manchen kurzen Momenten schien es fast so als Stände eine Normale Frau vor ihr. Noch ein Punkt, den sie sich auf ihre imaginäre Frageliste schrieb. Warum sieht Selena so menschlich aus, wenn sie doch ein mordendes Monster ist? Etwa nur um sich unbemerkt unter ihr 'Futter' mischen zu können? Unschöne Vorstellung. Aber wollte sie nicht in die Stadt und sich etwas 'besorgen'? Lisa hoffte nur das Selena niemandem etwas antat. Eigentlich war sie ja froh, dass sie eine kleine Wohnung allein für sich hatte und nun sollte sie mit jemandem ihr vollkommen Fremdes zusammen wohnen, der sie noch dazu einfach so mit dem Mittagessen verwechseln konnte? Na super. Ironisch rollte sie mit den Augen und hätte fast über sich selbst geschmunzelt. Es half doch alles nichts, aber sie hatte noch soviel mit Selena zu klären. Sie erhob sich aus ihrem Bett und ging erstmal ins Bad um eine Dusche zu nehmen. Dies war ein Punkt, der sie an diesem Zusammenleben jetzt schon nervte. Da Selena zuerst im Bad gewesen war, musste sie nun warten bis das Wasser wieder warm wurde. Und dabei war das doch ihre Wohnung. Ob wohl alle Dämonen so bestimmend waren und ihren Kopf durchsetzen wollten? -- Selena war nur kurz weggegangen, um sich einen Metzgerladen in der nähe zu suchen und mal wieder ihren Kaffeebecher aufzufüllen. Schon praktisch. Vielleicht sollte man gleich eine Kette eröffnen. 'Starbloods' oder so. Nun stand sie wieder vor Lisas Wohnungstür und begriff das sie vergessen hatte selbige um einen Schlüssel zu bitten. Oder vielmehr einen zu verlangen. Also musste sie wohl oder übel klopfen. Sie wartete ganze fünf Minuten, doch dann öffnete Lisa endlich die Tür. Eigentlich wollte Selena dazu etwas sagen, da sie es nicht leiden konnte zu warten, jedoch verschlug ihr der Anblick, der sich ihr bot, kurzzeitig die Sprache. Lisa stand nur mit einem Handtuch bekleidet vor ihr und tropfte nun den Teppich voll. Selena konnte das Shampoo riechen und staunte nicht schlecht, während sie das junge Mädchen von oben bis unten Musterte. „Wenn du deine Gäste immer so begrüßt, dann wundert es mich das du nicht häufiger Besuch hast.“ Selena schritt einfach in die Wohnung und lies eine verdattert drein blickende Lisa an der Tür zurück. Während Selena im Wohnzimmer wartete, schlürfte sie genüsslich an ihrem Becher. Nach zehn weiteren Minuten kam Lisa endlich auch ins Zimmer, sie war angezogen und auch wieder fast trocken. Ihre noch feuchten Haare, hatte sie mit einem Haarreifen provisorisch gebändigt und setzte sich nun auf ihr Sofa. „Ich begrüße überhaupt nicht jeden 'so' an der Tür!“ Sie wollte es einfach nur klarstellen. Selena sollte bloß nicht denken das sie 'so eine' war. Sie hatte bisher ja nicht mal eine Beziehung gehabt. Geschweige denn das sie sich irgendjemandem so an den Hals geworfen hätte. Außer vielleicht Sarah, aber das war etwas vollkommen anderes. „Also habe nur ich diese Ehre inne? Daran könnte ich mich gewöhnen.“ Selena konnte einfach nicht anders, als sich daraus einen kleinen Spaß zu machen. Natürlich dachte sie nicht das Lisa leicht zu haben wäre oder besonders Freizügig. Im Gegenteil. Das Mädchen hatte eindeutig Komplexe und war extrem Schüchtern. Außer vielleicht wenn sie schlief, dachte die grünäugige amüsiert. „WAS?! Nein!“ Lisa war fassungslos, worauf hatte sie sich hier bloß eingelassen?! Wobei freiwillig war wohl eh etwas anderes. „Ganz ruhig. Aber in Zukunft solltest du dir etwas überziehen, wenn du mich von der Tür abholst. Es sei denn, du möchtest unsere Bekanntschaft schon vertiefen.“ Selena zog spöttisch eine Augenbraue hoch und grinste über beide Ohren. „Okay. Jetzt mal ganz langsam. Erstens: Ich habe kein Interesse an Frauen! Und zweitens: Ich hab ganz sicher keine Lust darauf einer Dämonin als Spielzeug her zuhalten!“ Das musste jetzt einfach klargestellt werden, Gott weiß was Selena sich sonst noch zusammengereimt hätte. Noch dazu wo sie sich ja hier einquartieren wollte. Das hatte Selena nun überrascht. Das schüchterne Mädchen versuchte sie in ihre Schranken zu weisen und das ausgerechnet bei diesem Thema? Sehr interessant. Menschen konnten ja so furchtbar konservativ sein. Kapitel 9: Kapitel 9 -------------------- Eine Woche, oder eher fünf Tage, vergehen wie im Flug wenn man einen ungebetenen Hausgast hat. Inzwischen war der achte September und in nicht mal mehr eineinhalb Wochen sollte der Herbst beginnen. Die Bäume sahen dies allerdings anders und begannen bereits ihre Blätterkronen in herbstliches gelb-orange oder rot-braun zu tauchen. Es war frischer geworden und auch die Sonne hatte sich bereits gestern verzogen und einem ungemütlichem Regenwetter platz gemacht. Lisa saß in der U-Bahn und war auf dem Nachhauseweg. Wieder hatte sie eine Woche geschafft und sich zwei freie Tage verdient. Obwohl sie lieber weiter arbeiten würde. Diese Dämonin in ihrer Wohnung raubte ihr den letzten Nerv. -- Die Probleme hatten schon bei der, eigentlich, so einfachen Frage des Schlafplatzes begonnen. Nachdem am Sonntag das Sofa ja wieder frei war, hatte Lisa es noch am selben Abend für Selena bezogen. Sie hatte gedacht auf diese Art ihr Bett wieder für sich beanspruchen zu können. Jedoch hatte sie diese Rechnung leider ohne Selena gemacht. Diese ignorierte einfach das bezogene Sofa und legte sich wieder neben Lisa ins Bett. Erst wollte Lisa noch darüber diskutieren, jedoch unterband Selena jeden Versuch einfach. Als sie sich dann niedergeschlagen auf das Sofa legen wollte, hielt Selena sie einfach am Handgelenk fest und sagte ihr, sie solle endlich schlafen. Das gleiche Spiel wiederholte sich noch zwei weitere Tage, bevor Lisa es aufgab und Selena schließlich ihren Willen lies. Es brachte nichts gegen sie anzukämpfen. Seit dem teilten sie sich Lisas Bett wie ein altes Ehepaar. Denn genau wie bei einem solchen, versuchte auch Lisa soviel Abstand wie möglich zu ihrem Bettnachbarn einzu halten. In gewisser Weise war es zwar ganz nett, nicht allein einschlafen zu müssen, aber Lisa wollte auf keinen Fall das sich der 'Vorfall' , wie sie für sich nannte was am Sonntag morgen geschah, wiederholen würde. Selena hatte Lisa inzwischen darüber aufgeklärt das sie auf einen Anruf ihrer Bank wartete, um ihr weiteres Vorgehen finanzieren zu können. Leider hatte das zur Folge das sie, wenn sie nicht gerade unterwegs war um sich etwas zu essen zu organisieren oder einfach Ziellos in der Gegend herumzuirren, als einzige Beschäftigung Lisa hatte. Fast täglich kam sie von der Arbeit und wurde zu hause von einer, vor dem Fernseher hockenden, Selena erwartet. Lisa war inzwischen schon fast etwas paranoid, denn sie war der festen Überzeugung mindestens dreimal gesehen zu haben wie Selenas Augen sich leicht gelblich verfärbt hatten. Inzwischen hatte Lisa auch kein so großes Problem mehr damit, dass Selena kein Mensch im eigentlichen Sinne war. Wenn sie ehrlich zu sich war, so sah sie Selena eigentlich als normalen Menschen an. Sie hatte sich mit der Situation so gut es eben ging abgefunden. Aber nervig war sie trotzdem. Ihre kalte Art und der befehlende Ton ihrer Stimme war nicht unbedingt das, was sie nach einem anstrengenden Tag im Büro brauchte. Selena hatte ihr gegenüber, ganz beiläufig, erwähnt das sie nicht der Auffassung war, das eine Frau unbedingt einen Mann an ihrer Seite brauchte. Vermutlich war dies nur die blumige Umschreibung für 'Tanz lieber nicht halb nackt vor mir herum'. Und das größte Problem von allen war Sarah. Lisa hatte die ganze Woche versucht zu vermeiden, dass sie auch nur in die nähe ihrer Wohnung kommen würde. Das letzte worauf sie im Moment Lust hatte, war das Sarah und Selena sich gegenseitig an die Gurgel gingen. Sarah konnte sie nicht leiden, wusste aber noch nicht was Selena eigentlich war und warum Lisa sie bei sich wohnen lies. Sie hatte es noch nicht über sich gebracht es ihr zu sagen. Wie denn auch?! Es war alles zu unglaubwürdig. Bis jetzt hatte sie es dabei belassen, dass Selenas Familie mit der ihrer Eltern befreundet gewesen war und Selena sie durch Zufall am vergangenen Freitag aufgegabelt hatte. An und für sich war dies zwar nicht gelogen, aber wirklich glaubwürdiger klang es in Lisas Ohren auch nicht. Glücklicherweise wusste Sarah, dass das Thema 'Familie' bei Lisa ein Tabu-Thema war und hakte deshalb nicht großartig nach. -- Durch eine Lautsprecher durchsage wurde Lisa aus ihren Gedanken gerissen, ihre Haltestation würde gleich kommen. Als sie sich ihrem Mietshaus näherte, drehte sich ihr schon der Magen um. Heute war wieder Freitag und Lisa hatte ihr keine Chance gelassen. Sie würde Lisa heute wieder mit in die Disco schleppen. Allerdings 'nur' in ihre alte Stammdisco. „Das ist wie Fahrradfahren. Auch wenn man mal hin fällt und etwas nicht so schönes erlebt, so muss man doch trotzdem gleich wieder aufsteigen, bzw. gleich wieder los feiern!“ Wiederholte Lisa für sich die Worte ihrer besten Freundin. Tja .. von ihr aus gern. Aber was sollte sie denn mit Selena machen? Alleine in ihrer Wohnung lassen? Nein, das ginge nicht. Die schwarz haarige war, wenn es darum ging das Lisa irgendwo ohne sie hin ging, sehr eigen. Aber sich eine 'Erlaubnis' für so etwas wie einen einfachen Discobesuch abholen? Bestimmt nicht. Sie war doch erwachsen und kein kleines Kind mehr! Wahrscheinlich wäre es am einfachsten Selena mit zu nehmen. Aber bestimmt auch sehr stressig. Da musste sie wohl nun durch, dachte sie während sie ihre Wohnungstür auf schloss. „Ich bin wieder da.“ Rief Lisa lustlos durch den kleinen Flur. Keine Antwort. Wie immer, dachte sie und steuerte erstmal ihre Küche an. Während sie ein Glas Wasser trank, betrachtete sie den Himmel durch ihr Küchenfenster. Im Moment war es zwar noch trocken, aber in spätestens ein paar Stunden ging die Welt bestimmt wieder unter. Der graue Himmel und die etwas weiter entfernt aufziehenden Gewitterwolken verhießen nichts gutes. Lautlos gesellte sich eine grünäugige Frau neben das Blonde Mädchen, welches erst nach einer kurzen Weile bemerkte, dass es Gesellschaft hatte. „Hey, du sollst dich nicht immer so an schleichen!“ Lisa fauchte Selena regelrecht an, während ihr immer noch der Schreck in den Knochen saß. „Allmählich solltest du dich daran aber gewöhnt haben.“ Stellte sie gelassen fest, war innerlich dafür umso amüsierter. Selena hatte den ganzen Tag darauf gewartet, dass Lisa endlich von der Arbeit kommen würde. Schließlich hatte sie endlich gute Nachrichten. „Ich habe einen Anruf meiner Bank erhalten, wir haben am Montag einen Termin.“ Ein leichtes grinsen schob sich in Selenas Gesichtszüge. „Wir?“ Skeptisch hob Lisa eine Augenbraue. „Willst du mich wieder mit schleppen, ja?“ Sie konnte es auf den Tod nicht ausstehen das Selena immer für sie mit bestimmte, als ob sie nichts zu sagen hätte. Dabei dachte Lisa, dass sie das inzwischen klargestellt hätte. „Ich habe noch vieles zu erledigen und könnte etwas Hilfe sehr gut gebrauchen. Da dies in deinen Aufgabenbereich fällt, wirst du mir helfen.“ Selenas Grinsen war genauso schnell verschwunden wie es gekommen war. Lisas dickköpfigkeit war wirklich schlimm. Das Mädchen war zwar verdammt schüchtern, aber innerhalb dieser einen Woche ihr gegenüber schon sehr aufgetaut, wie Selena wehmütig feststellen musste. Genervt stöhnte Lisa auf. So was hatte ihr gerade noch gefehlt. Es musste ja alles auf einmal kommen, aber erstmal würde sie den heutigen Tag hinter sich bringen. Danach konnte sie immer noch weitersehen, beschloss sie. „Sarah hat mich heute Morgen übrigens gefragt, ob ich nachher noch mit ihr in die Disco gehe.“ Ein schneller Thema Wechsel war schon immer eine gute Strategie, lobte Lisa sich in Gedanken. „Willst du vielleicht mitkommen?“ Fragend legte sie ihren Kopf schief und sah der Dämonin nun in die Augen. „Disco mhm .. “ Selena wusste nicht viel über diese Discos, hatte jedoch auch nicht viel gutes gehört. Es klang wie die Hölle auf Erden. Allerdings musste sie wohl mit, wenn Lisa unbedingt dahin wollte. „Wenn du das möchtest, kleine Lisa.“ Sie lächelte das Mädchen nun verführerisch an, welches daraufhin leicht die Farbe wechselte. „So .. so habe ich das nicht gemeint! Aber du lässt mich ja sonst auch nicht einfach alleine weggehen.“ Sie versuchte sich schnell zu retten und dachte daran zurück, was es für ein Riesen Theater gab als sie Montags zur Arbeit wollte. Selena hatte erst darauf bestanden mitzukommen, was dazu geführt hatte das Lisa mit erheblicher Verspätung schließlich ohne die Dämonin zur Arbeit erschien. Eine weitere Stundenlange Diskussion wollte sie um jeden Preis verhindern. Mit Kopfschmerzen wäre es sowieso dumm feiern zu gehen. „Das ist auch besser so, du solltest wissen was alles passieren kann wenn ein hübsches Mädchen alleine durch die Nacht rennt.“ Selena ließ ihren Satz einfach im Raum stehen und verschwand ins Schlafzimmer. Sie wollte sich noch ein sauberes Hemd raus legen und noch eine Stunde schlafen legen. Das versprach ein anstrengender Abend zu werden, befürchtete sie. -- Lisa war gerade fertig geschminkt, als ihr Telefon zu klingeln begann. „Hier bei Davies?“ Meldete sie sich am Hörer, gespannt wer um diese Zeit anrief. „Hey, ich bins Sarah. Ich bin schon in der Disse, wir treffen uns am besten einfach an unserem Stammtisch.“ Rief Sarah gegen die laute Musik an. „Ich dachte wir wollten zusammen fahren? Oder ist es wegen Selena?“ Lisa vermutete das Sarah das letzte aufeinander treffen wohl doch noch nicht vergessen hatte. „Natürlich ist es wegen dieser Irren, ich freu mich schon darauf dich mal zu Gesicht zu bekommen ohne das ein Zug oder eine Geisteskranke dabei sind.“ Laut lachend nahm Sarah einen Schluck aus ihrer Bierflasche. „Da muss ich dich wohl leider enttäuschen, denn Selena wird mich heute Abend begleiten.“ Irgendwie tat ihre Freundin ihr zwar Leid, aber sie war ja nicht das Opfer, sondern Lisa. „Wie jetzt?! Sie 'begleitet' dich? Wie darf ich denn das jetzt verstehen, habt ihr etwa ein Date?“ Lisa konnte es nur schwer verstehen, da Sarah während sie sprach stark hustete. Sie hatte sich gerade an ihrem Getränk verschluckt. „Was, ein Date? Wie kommst du denn auf so was?! Nein, es ist kein Date. Ich kann sie doch aber nicht einfach allein in meiner Wohnung lassen und ohne sie feiern gehen. So was gehört sich doch nicht, oder hast du deine Manieren schon vergessen?“ Es ging ihr etwas zu weit, was Sarah sich da raus nahm. Abgesehen davon wie unsinnig die Vorstellung allein war, es war doch ihre eigene Sache was sie tat oder nicht tat. „Ja ja. Aber ich bin schließlich auch noch da und muss die dann ertragen. Na gut, aber dann seh mal zu, sonst lass ich dir keinen Alkohol mehr übrig!“ Lisa konnte jetzt schon hören das Sarah wohl schon etwas vor glühte. Warum lies sie sich denn nun wieder zulaufen? Sie würde es wohl später erfahren. Vermutlich wollte Sarah sich deswegen mit ihr treffen, um sich mal wieder was von der Seele zu reden. Oder eher zu trinken. „Okay, bin schon unterwegs, bis später.“ Lisa legte den Hörer einfach auf, ohne auf eine Antwort zu warten. Sarah würde es bei der Lautstärke wohl eh nicht mitbekommen und noch zwei Minuten weiter sprechen. Sie betrat ihr Schafzimmer, um zu schauen wie weit Selena war und fand eine friedlich schlummernde Person in ihrem Bett vor. „Hey, aufwachen. Wir müssen los.“ Vorsichtig rüttelte sie an der Schulter ihrer schwarz haarigen Mitbewohnerin. „Hm ..“ Langsam richtete die verschlafene Dämonin sich auf und betrachtete Lisa von oben bis unten. Sie war schon ausgeh fertig. Dezent Geschminkt, eng anliegende Klamotten und ein frisch duftendes Parfüm hatte sie auch aufgelegt. Alles in allem ein sehr ansprechendes Bild. Selbst hatte sie keine große Lust sich irgendwie auf zu brezeln, beließ es daher bei einer Dusche und ein paar frischen Anziehsachen. „Wir können dann los.“ Sie verließen Lisas Wohnung und begaben sich auf den Weg zu Sarahs Stammdisco, dem 'Tiger Tiger'. Lisa war mit Sarah schon bestimmt einen Monat nicht mehr dort gewesen, also war ein Besuch überfällig. -- Auf was hatte sie sich bloß eingelassen. Nun saß sie erst eine halbe Stunde mit Lisa und Sarah in einer Nische, aber es kam ihr vor als würde sie seit Stunden in dieser Disco hocken. Die laute Musik dröhnte in ihren Ohren und die Luft war einfach furchtbar. So viele Menschen auf einem Haufen. Alle tranken Alkohol, tanzten und schwitzten. Selena rümpfte ihre Nase. Dieser Ort war eine wahre Beleidigung für ihre guten Sinne. „Wir gehen mal eben tanzen, du kommst doch klar oder?“ Der Klang Lisas Stimme veranlasste sie kurz ihre Aufmerksamkeit von ihrer Umgebung auf das junge Mädchen neben ihr zu lenken. „Natürlich.“ Sie bemühte sich möglichst gleichgültig zu klingen, aber innerlich könnte sie Amok laufen. Schon als sie die Disco betreten hatte überkam sie ein ungutes Gefühl, weshalb sie auch versuchte so konzentriert wie möglich auf ihre Umgebung zu achten. Was allerdings mehr schlecht als recht möglich war. Als sie wieder zur Tanzfläche sah, gab ihr das Schauspiel, welches Sarah und Lisa dort veranstalteten, den Rest. Zwar hatte Lisa sie vor gewarnt das Sarah gerne aufreizend tanzen würde, aber dies ging definitiv zu weit. Sarah war gerade dabei sich an 'ihrer' Lisa auf und ab zu schlängeln und hauchte immer wieder gespielte Küsse auf deren Hals. Als wäre dies noch nicht genug, spielte Lisa ihre Rolle sehr überzeugend und tat es ihrer Tanzpartnerin gleich. Kurz bevor die zwei ihren Tanz beendet hatten, verschwand Selena von ihrem gemeinsamen Tisch und machte sich auf die Suche nach dem Hinterausgang. Sie brauchte kurz etwas frische Luft um ihren Verstand wieder klar zu bekommen. -- Nachdem sie durch eine schwere Metalltüre getreten war und ein paar mal ein und ausgeatmet hatte, bemerkte sie das sie nicht allein war. Jetzt konnte sie es deutlich riechen. Zwei Artgenossen. Die ersten die sie traf, seit sie in der neuen Welt umher wandelte. „Na sieh dir das an. Frischfleich.“ Ein Junge von augenscheinlich höchsten 16 Jahren ließ sich von einem Mauervorsprung fallen und landete elegant vor Selena. „Oh tatsächlich, wie heißt du denn? Wir haben dich hier noch nie gesehen. Das ist unser Revier!“ Meldete sich der zweite zu Wort. Er war etwas größer und wohl auch ein wenig älter. „Ich wüsste nicht was euch mein Name anginge, aber wie kommt ihr darauf das dies euer Revier ist? Seit ihr etwa Tiere?“ Selena war immer noch wütend über Sarah und die beiden Jungspunde gaben ihr doch die perfekte Möglichkeit sich abzureagieren. Seit wann gab es denn so was wie 'Reviere'? Lächerlich. Sie dachte daran den beiden eine kleine Lektion zu erteilen. Schließlich war London doch neutraler Boden, seit die Menschen sich so zahlreich angesiedelt hatten. Hier gab es keine Territorialen Ansprüche! „Hat es euch die Sprache verschlagen? Beweist doch das euren Worten auch Taten folgen können.“ Selena grinste die beiden an und entblößte dabei ihre Fangzähne. „Na warte du verdammte .. “ Der ältere der beiden hatte versucht ihn noch festzuhalten, doch der Hitzköpfige Jungsporn stürzte sich bereits Hals über Kopf auf Selena. Diese war darüber sehr erfreut, fing seine Klauen ab und schleuderte ihn in hohem Bogen über sich. Nachdem er sich gerade noch hatte abfangen können, versuchte er es erneut. Diesmal war er darauf vorbereitet das Selena schnell war. Er verwickelte sie in einen verbissenen Kampf, welchen Selena jedoch fast mühelos dominierte. Sie war deutlich älter und somit auch Stärker, was sie jetzt genüsslich ausnutzte. Nachdem sie in an der Mauer festgenagelt hatte, stieß sie ihre Krallen in seinen Hals und drückte ihm die Luft weg. „Es ist genug.“ Der ältere Dämon meldete sich nun zu Wort. Er wusste das er Selena unterlegen war, was körperliche Kraft und Geschwindigkeit anging. Deshalb wollte er den jüngeren auch zurückhalten, aber wer nicht hören will muss fühlen. Nun ging das Spiel aber zu weit, diese Dämonin vor ihm würde wohl nicht aufhören bis er tot war. Selena drehte gelangweilt ihren Kopf in seine Richtung, ließ dem anderen dabei jedoch keine Chance zur Flucht. „Wir fangen doch gerade erst an!“ Sie leckte sich über ihre Lippen und grinste Lasziv. „Das ist meine letzte Warnung, es reicht nun. Er hat es begriffen, also lass ihn los.“ Der ältere kramte in seiner Jackentasche und holte etwas schwarzes hervor. Selena konnte es nicht genau erkennen, aber sie machte sich auch keine Gedanken darüber. „Er sollte lernen wo sein Stand ist.“ Während sie sprach rammte sie ihm ihre Faust in den Magen und wollte gerade zu einem weiterem Schlag ausholen, als sie einen lauten Knall hörte. Sie stockte in ihrer Bewegung. Zwei weitere Donnernde Geräusche. Sie ließ den jungen Dämon vor ihr los und sackte auf ihre Knie. Selena sah an sich hinunter und bemerkte wie ihr eigenes Blut gerade ihr Hemd durchtränkte. Sie schaute wieder zu dem zweiten Dämon und erkannte nun was er in der Hand hielt. Einen Revolver. Oder zumindest etwas ähnliches. Nun bemerkte sie auch ihre Schmerzen. Sie wurde schon einmal von einem Revolver verwundet, aber diese Waffe hatte eine deutlich höhere Durchschlagskraft, wie sie gerade schmerzhaft feststellte. Der ältere rannte schnell zu seinem Freund und warf ihn sich über seine Schulter. „Ich habe dich ja gewarnt. Dies ist unser Revier.“ Er trat Selena von der Seite noch einmal in ihre Rippen, wodurch sie endgültig zu Boden ging und lief dann in die Nacht. Mühsam zog Selena sich näher an die Mauer um sich aufzusetzen. Sie keuchte vor Schmerzen und kurz verschwamm ihre Sicht. Sie hatte die beiden wohl doch unterschätzt. Tja, zu dumm. Früher war es ganz normal das Streitigkeiten nur mit den Händen ausgetragen wurden. Es galt als ehrlos sich an Menschlichen Waffen zu vergreifen. Sollte sich das tatsächlich geändert haben? Nach einer kurzen Weile versuchte sie sich an der Mauer hochzuziehen, was ihr auch gelang. Jedoch hatte dies auch seinen Preis, denn beinahe hätte sie laut aufgeschrien als eine kurze Schmerz welle sie erfasst hatte. Sie konnte ein knurren nicht unterdrücken. Gab es etwa schlimmeres als schwach zu sein? Schon als Kind hatte man ihr beigebracht, dass stärke zählt und Schwäche eine Schande ist. Doch nun stand sie auf wackelnden Beinen an eine Mauer gelehnt und konnte sich nur mühsam aufrecht halten. Während sie noch darüber nachdachte, was sie nun tun sollte, setzten sich ihre Beine bereits in Bewegung. Schritt für Schritt immer weiter in Richtung Lisas Wohnung. Ja, dort würde sie sich ausruhen können. Eigentlich wollte sie direkt zu Lisa, zurück in die Disco. Aber dort waren zu viele Menschen und in ihrem momentanen Zustand würde das zu viel aufsehen erregen. Durch ihre starken Schmerzen konnte sie ihre Dämonischen Merkmale nicht verbergen. So versuchte sie durch einige Seitenstraßen möglichst schnell zu Lisas Wohnung zu gelangen, in der Hoffnung das Lisa dort wäre. Sie war sich zwar nicht sicher warum sie ausgerechnet zu Lisa wollte, aber das war im Moment nicht so wichtig wie bei Bewusstsein zu bleiben. -- Noch während des Tanzes mit Sarah, war Lisa schon aufgefallen das Selena plötzlich verschwunden war. Aber das war ihr im Moment sowieso ganz recht, so konnte sie in ruhe mit Sarah über die Dämonin sprechen. „Also, was Selena angeht, bitte gib ihr eine Chance!“ Sie sah leicht flehend zu der sich gerade setzenden Sarah. „Was?! Aber vor ein paar Tagen hast du sie doch selbst noch als irre bezeichnet und nun willst du das alles vergessen haben?“ Sarah schaute ungläubig zu ihrer Besten Freundin und konnte sich nicht erklären woher der plötzliche Sinneswandel kommen sollte. Die ganze Woche über, hatte sie sich doch jeden Morgen anhören müssen was diese Selena nun schon wieder angestellt hatte. „Ja ich weiß. Aber inzwischen glaube ich sie ganz gut einschätzen zu können. Natürlich ist sie nicht so freundlich, aber ich denke sie macht sich nur Sorgen um mich. Ich weiß zwar nicht warum, aber irgendwie ist es, seit sie bei mir wohnt, fast so als hätte ich eine Familie. Nein, also ich meine nicht das du nicht zu meiner Familie gehörst! Aber es ist irgendwie was ganz anderes, immerhin wohnen wir nun schon eine ganze Woche zusammen. Vielleicht könnte ich mich daran gewöhnen. Verstehst du was ich meine?“ Lisa grinste Sarah schief an und hoffte auf Verständnis, auch wenn Sarahs Augen im Moment das genaue Gegenteil ausstrahlten. Nämlich Unglauben und vermutlich hielt sie nun Lisa für verrückt. „Es ist dein Leben, Lisa. Aber bitte steigere dich da in nichts hinein. Hinterher bist du enttäuscht und ich darf die Scherben wieder zusammen fegen!“ Sarah schnappte sich ihr Glas und trank es in einem Schluck aus. „Ich glaub wir sollten langsam wieder heim, oder meinst du nicht? Wo ist eigentlich 'deine' Selena hin?“ Sie hielt sich ihre Hand gespielt über die Stirn, als würde sie nach etwas Ausschau halten und blickte schließlich Lisa fragend an. „Das habe ich mich auch schon gefragt. Aber sie kann ganz gut auf sich selber Aufpassen. Warten wir noch fünf Minuten und wenn sie dann nicht wieder da ist, gehen wir einfach!“ Bestimmend trank auch Lisa ihr Glas aus und lehnte sich noch etwas zurück. Sarah war wirklich eine Tanzmaschine. Kapitel 10: Kapitel 10 ---------------------- Es musste, kurz bevor Lisa zusammen mit ihrer besten Freundin die Disco verlassen hatte, begonnen haben stark zu regnen. Tja, wetterfühlig zu sein war nicht immer etwas schlechtes. So hatte Lisa wenigstens an ihren kleinen Regenschirm gedacht. Sie zurrte Selenas Mantel fester um sich und teilte sich mit Sarah den Schirm, während sie gemeinsam in Richtung der U-Bahn schlenderten. Es war schon seltsam. Normalerweise lies Selena ihren 'geliebten' Mantel nicht einfach herumliegen, geschweige denn das sie ihn einfach in einer Disco unbeaufsichtigt liegen lassen würde. Aber daran konnte Lisa nun nichts ändern. Damit die Dämonin ihr hinterher keine Standpauke halten konnte, hatte sie sich vorsorglich einfach ihren Mantel übergeworfen. Er war recht schwer und ihr auch mindestens zwei Nummern zu groß. Auf ihren Armen hätte sie das Ding sicherlich nicht nach hause geschleppt. Aber obwohl er ihr nicht passte, war er doch praktisch. Der Mantel wärmte nicht schlecht und roch darüber hinaus auch nach seiner eigentlichen Besitzerin. Lisa fühlte sich darin recht geborgen, schob es aber einfach darauf das sie nicht frieren musste und Sarah an ihrer Seite hatte. Somit musste sie wenigstens keine Angst haben das wieder jemand versuchen würde über sie herzufallen. Was sie zwar nicht verstand, schließlich fand sie sich nicht hübsch oder etwas derartiges, jedoch war die Welt kein Ponyhof. So sagte Susan es ja immer. „Da 'deine' Selena uns ja einfach allein hat sitzen lassen, werde ich dich wohl diesmal Nachhause bringen müssen!“ Sarah lies keine Wiederworte zu. Das letzte mal hatte sie sich gehen lassen und war nicht in der Lage gewesen auf ihre Freundin aufzupassen. Aber diesmal würde sie schon aufpassen, dass Lisa nichts passierte! „Nun red keinen Unsinn, ich komm schon klar. Außerdem wird so was wohl kaum zweimal passieren. Und wenn du mich jetzt nach hause bringst, dann hast du niemanden der ein Auge auf dich wirft. Schließlich wohnst du in der entgegengesetzten Richtung, falls du das schon wieder vergessen haben solltest.“ Lisa klopfte ihr gespielt gegen die Stirn und lachte leise. „Ich bring dich trotzdem nach hause! Kann ja wieder auf dem Sofa pennen oder so ..“ Murmelnd lehnte Sarah sich ein wenig an ihre, ein wenig kleinere, Begleitung. Langsam merkte sie die Wirkung des Alkohols. Dabei hatte sie sich doch schon zurückgehalten. -- Es dauerte eine weile, bis sie Lisas Wohnhaus erreichten. Der Regen hatte sogar noch ein wenig zugenommen. Wirklich, eine unfreundliche Nacht war das. Als sie das Treppenhaus betraten überkam Lisa schon ein seltsames Gefühl, welches sie aber nicht genauer beschreiben konnte. Viele Stufen und ein paar Etagen weiter oben fand Lisa schließlich den Grund, für ihren flauen Magen. Auf der Fußmatte, vor ihrer Wohnungstür, hatte sich jemand, vollkommen durchnässt, einfach niedergelassen. Gut, ihre Nachbarn sperrten sich ja öfters mal aus, oder übertrieben es beim Feiern mal, aber das sie auf 'ihrer' Fußmatte schließen ging dann etwas über das normale Maß hinaus. Vorsichtig näherte sich Lisa der Person, um diese aufzuwecken. Sie streckte ihre Hand, nach der auf der Seite liegenden und zusammen gekauerten Person, aus und wollte gerade sie gerade auf den Rücken drehen, als sie erkannte um wen es sich handelte. „Selena? Was machst du denn hier?“ Schnell drehte sie ihre Mitbewohnerin auf den Rücken, doch bereute sie es im selben Moment schon wieder. Selena verzog schmerzhaft das Gesicht. Lisa konnte nun erkennen, dass sie nicht nur vollkommen durchnässt und wohl auch durch gefroren sein musste. Nein, ihr weißes Hemd war Blut durchtränkt und sie erkannte sofort drei große Löcher darin. „Scheiße .. was hast du denn gemacht?“ Eigentlich wollte sie nach ihrem Puls fühlen, aber sie wusste ja nicht was normal für sie wäre. Zumindest hatte sie ja eben noch das Gesicht verzogen, dass musste als Lebenszeichen ausreichen. Sie warf Sarah schnell ihren Wohnungsschlüssel zu. „Los hol meinen Verbandskasten und bring ihn in mein Schlafzimmer!“ Sarah hatte immer noch nicht begriffen was überhaupt los war und flog beim Versuch den Türschlüssel zu fangen fast die Treppe hinunter, aber tat wie ihr geheißen. „Das wird dir mehr wehtun als mir ..“ Lisa schlang vorsichtig ihre Arme unter Selenas Schultern hindurch und verschränkte ihre Hände ineinander. Sie konnte sich noch an ihren letzten Erste Hilfe Kurs erinnern. Ausnahmsweise war es mal gut, dass in ihrer Firma so auf Sicherheit geachtet wurde. Dort hatte sie auch gelernt wie man jemanden bewegt, wenn einem die nötige Kraft fehlt. So schleifte sie Selena vorsichtig über den Boden, direkt in ihr Schlafzimmer. „Los schnapp dir ihre Füße und helf mir mal!“ Sie wies Sarah schnell zurecht. Sie würde später mit ihr über ihren Alkoholkonsum sprechen müssen, dachte sie im stillen. „Das ist ja Selena, was ist denn mit der passiert?“ Nun hatte auch Sarah begriffen was los war. „Du bist heute echt keine Hilfe. Sieh zu das du ein paar Handtücher und eine Schale Wasser auftreibst.“ Während Sarah schnell das Zimmer verließ, befreite Lisa schon ihre Hauseigene Dämonin von ihrem Hemd. Sie hätte sich die Hand vor die Stirn geschlagen, wären die Verletzungen nicht so ernst gewesen. Das diese verdammte Frau aber auch keinen BH anziehen wollte. Sie versuchte die Tatsache zu ignorieren, dass eine halb nackte, sehr ansehnliche, Dämonin vor ihr lag und begann vorsichtig die drei kleinen, leicht ausgefransten Wunden zu säubern. Es sah aus, als wäre Selena angeschossen worden. Aber gleich dreimal? Da wusste jemand anscheinend wo er hin schießen musste, vermutete Lisa während sie das Muster betrachtete. Eine Kugel musste sie ziemlich nahe am Herzen erwischt haben, die anderen waren in der Nähe der Leber eingeschlagen. Erstaunlicherweise blutete Selena kaum noch. Sie musste sich her geschleppt haben und das mit drei Schusswunden, stellte Lisa erstaunt fest. Ihr Hemd war voll gesogen gewesen, sie hatte vermutlich viel Blut verloren. Nachdem sie ihre Wunden gereinigt und verbunden hatte, schickte sie Sarah erstmal raus. Sie war im Moment eh keine besonders große Hilfe, da konnte sie auch genauso gut schlafen gehen. Zu blöde, das Lisa nicht einfach einen Rettungswagen hatte rufen können. Aber wer konnte schon wissen was passieren würde wenn eine bewusstlose und geschwächte Dämonin dem falschen Arzt in die Hände fiel und hinterher als Versuchskaninchen enden würde. Okay, sie hatte im Augenblick eine blühende Fantasie, dennoch wäre es eine Möglichkeit. Andererseits könnte Selena auch wieder zu Bewusstsein kommen und im Krankenhaus einen Riesen Aufstand machen. Sie hatte Selena nun zugedeckt und betrachtete sie von ihrem Stuhl aus, welchen sie neben das Bett gestellt hatte. Ab und an zuckte Selenas Mimik und ihre Lippen entblößten ihre scharfen Fangzähne. Lisa zuckte leicht zusammen. Selena hatte es vermieden ihr in der vergangenen Woche noch einmal etwas ihrer Wahren Natur zu zeigen, vermutlich um sie zu schonen. Aber warum gerade jetzt? Sofort sponn Lisa sich ein paar Theorien zusammen, gab es aber auf. Schließlich konnte nur Selena selbst ihre Frage beantworten. Sie wusste nicht mehr wie lange sie so da saß und die Dämonin einfach nur beobachtete, legte sich aber schließlich auch ins Bett. Als sie neben ihrer Mitbewohnerin lag, nahm sie deren Hand in ihre und drückte sie vorsichtig. Selena noch von der Seite her beobachtend, schlief sie schließlich ein. -- Ihr Kopf dröhnte noch etwas, aber sie hatte schon wieder Appetit. Als sie sich aufrichten wollte bemerkte sie, dass sie in einem Bett lag. Am Geruch konnte sie erkennen um wessen Bett es sich handelte und sie entspannte sich augenblicklich etwas. Also hatte Lisa sie wirklich gefunden. Als sie über ihre Brust tastete, bemerkte sie auch den Verband. „Gute Arbeit, kleine Lisa.“ Sie flüsterte es nur. Zu ihrem Glück schien Lisa noch zu schlafen. Besser so. Als sie sich schließlich aufgerichtet hatte, bemerkte sie das Lisa ihre Hand zu halten schien. Kurz versuchte sie diese abzuschütteln. Aber es half nichts, Lisa schien sich im Schlaf fest geklammert zu haben. Ein leichtes Grinsen schlich sich auf ihr Gesicht, während sie sich zur schlafenden Lisa hinunter beugte und mit ihren Zähnen über ihren Hals fuhr. „Werd lieber wach, oder ich werde mir mein Frühstück nehmen.“ Während sie Lisa diese Worte ins Ohr raunte, bemerkte sie sehr wohl das diese eine Gänsehaut bekam. Langsam schlug Lisa ihre Augen auf. „Was!? Du bist ja wach? Wie geht es dir?“ Sofort saß sie kerzengerade im Bett und man konnte die Sorge aus ihrer Stimme deutlich heraus hören. „Mit geht es gut, nur habe ich Hunger und du könntest mich loslassen.“ Sie deutete leicht auf ihre Hand, welche noch immer fest von Lisa umklammert wurde. Gerade wollte Selena aufstehen, als sie von Lisa bereits wieder ins Bett gedrückt wurde. „Bist du denn vollkommen übergeschnappt? Du bleibst gefälligst liegen!“ Sie hatte sogar Selenas Hand losgelassen, aber nur um sie nun mit beiden Händen, an ihren Schultern, aufs Bett zu drücken. „Ich sage es nur noch einmal, mir geht es gut. Und nun nimm deine Hände von mir.“ Selenas Stimme hatte sich von einem Amüsierten Tonfall zu einem unterdrücktem knurren gewandelt. „Dir geht es überhaupt nicht gut, gestern dachte ich noch du stirbst und nun tust du als wärst du das blühende Leben!“ Lisa protestierte Lautstark. Auf keinen Fall würde sie die Tatsache einfach so übergehen, dass Selena wie ein Häufchen elend vollkommen Hilflos vor ihrer Tür gelegen hatte. „Wage es nicht, mich nach menschlichen Maßstäben zu beurteilen. Meine Verletzungen waren nicht lebensbedrohend. Schmerzhaft, ja. Aber sie sind schon fast wieder verheilt.“ Sie zog die Decke von sich und begann den Verband langsam abzunehmen. Es war ein leichtes ihn mit ihren Krallen zu durchtrennen. Sie deutete auf die kleine, fast verheilte Wunde nahe ihrem Herzen. Lisa bemühte sich nicht hinzusehen und verdrängte mit aller Macht die Röte aus ihrem Gesicht. „Na toll. Was ist überhaupt passiert? Wer hat auf dich geschossen und warum?“ Lisa hatte Selena die Decke wieder über ihre Brust gezogen und war aufgestanden. „Ich habe zwei meiner Artgenossen unterschätzt, dass war alles. Das einundzwanzigste Jahrhundert ist ein wenig anders und ebenso seine Bewohner.“ Sie wollte nicht zu sehr ins Detail gehen, schwang ihre Beine aus dem Bett und wickelte die Decke nun ganz um sich. Als sie aufstand schwankte sie kurz, fand ihr Gleichgewicht aber sofort wieder. „Also haben dich einige Dämonen so zugerichtet?“ Zögernd fragte Lisa noch einmal nach. Sie wollte genau wissen was geschehen war. „Ich habe sie provoziert, ja.“ Selena wollte ins Bad, doch versperrte ihr Lisa den Weg. „Bist du deshalb aus der Disco und hast mich dort mit Sarah allein gelassen? Weil andere Dämonen in der Nähe waren?“ Lisa kam es etwas spanisch vor, dass Selena einfach so aus der Disco verschwand ohne ein Wort zu sagen. Vielleicht hätte sie ihr ja helfen können. „Geh mir aus dem Weg und belass es einfach dabei. Es ist keine große Sache.“ Selena nahm Lisas Arm und schubste sie einfach, wie eine Puppe, aus dem Weg, sodass sie wieder aufs Bett fiel. Erschrocken sah sie die Dämonin in der Tür an. „Wenn es wirklich keine große Sache war, wieso hast du dann gestern Abend vor meiner Tür gelegen und hast jedem den es interessiert hat deine Zähne gezeigt?“ Lisa erhob sich wieder und rümpfte die Nase. „Wenn du am Wohnzimmer vorbeigehst, dann zeig Sarah lieber nicht deine schönen roten Augen.“ Damit quetschte sie sich einfach an Selena vorbei und verschwand in ihrer Küche. Zurück lies sie eine überraschte Dämonin die sich darauf konzentrierte, dass ihre Augen wieder eine grüne Farbe annahmen. Ihr war gar nicht aufgefallen wie sie umher lief. Nachdenklich verschwand sie im Bad. -- Das Tag verging ziemlich schnell und Sarah verschwand zur Mittagszeit bereits wieder Nachhause. Selena hatte sich dezent im Hintergrund gehalten, um keine Fragen über ihre schnelle Genesung aufkommen zu lassen. Glücklicherweise wusste Lisa nicht mehr wie schwer genau ihre Verletzungen gewesen waren. Man konnte Selena nichts mehr ansehen, dennoch dachte Lisa den ganzen Tag über sie nach. Es machte ihr zu schaffen, jedoch kam sie nicht darauf wieso. Geschweige denn was schlimmer war. Das sie so schwer verletzt worden war oder das sie einfach leugnete das es ihr schlecht ging. Lisa hatte doch die Nacht neben ihr gesessen und gehört wie schwer und rasselnd ihr Atem gewesen war. Schon seltsam das inzwischen fast nichts mehr zu sehen war von ihren Wunden oder das sie überhaupt verletzt worden war. Ja, Lisa mochte Selena. Nicht nur weil sie das Familien nächste war, sondern auch weil sie einfach bei ihr war. Sie hatte ihr versprochen sie zu beschützen und hatte ihr Wort bisher auch gehalten. Obwohl sie kein Mensch war und sich eigentlich von Menschen ernährte, hatte sie ihr auch noch kein Haar gekrümmt. Manchmal war sie darüber sogar erstaunt. Selena war ziemlich schnell dabei ihr zu drohen, hatte diesen Drohungen aber niemals Taten folgen lassen. Insgeheim hoffte Lisa daher auch das sie ihr auch etwas bedeuten würde. Aber es störte sie, dass sie nicht genau benennen konnte wie sie zu Selena stand. Sie mochte sie nicht direkt wie eine gute Freundin. Zwar schon irgendwie, aber es war anders. Sie empfand die Nähe zu ihr als angenehm, wenn auch manchmal etwas erdrückend und genoss auch meistens die Berührungen von Selena. Obwohl diese es manchmal auch zu weit trieb und sich dann einen Spaß daraus machte. Lisa stockte. Das klang fast so als ob sie sich ein klitze kleines bisschen in Selena .. Nein! Das war doch lächerlich. Auf so viele Arten lächerlich, dass sie den Gedanken wieder verwarf. Gott, wenn Selena wüsste was sie gerade gedacht hatte, dann hätte sie Lisa wahrscheinlich ausgelacht. -- Selena hatte sich mal wieder auf dem kleinen Sofa ausgestreckt und fuhr mit ihren Fingern die drei Wunden nach. Nun, Wunden konnte man es nicht mehr nennen. Verblassende Narben. Und selbst das würden sie in ein paar Stunden nicht mehr sein. Sie hatte sich am Vormittag wirklich gehen lassen. Das sie ihre Gestalt am Vorabend nicht im Griff hatte, dass konnte sie verschmerzen. Aber nach ihrem Erwachen hätte sie es doch bemerken müssen. Aber sie war abgelenkt. Der Gedanke daran das Lisa ihr einen Verband angelegt hatte war irgendwie berauschend für sie. Nun, nicht die Tatsache das sie Verletzungen hatte. Aber das sie von Lisa berührt worden war. Als sie dann auch noch bemerkte das Lisa neben ihr lag, so wie sie es sich auf dem Weg zu Lisas Wohnung gewünscht hatte und sogar ihre Hand hielt .. Sie hatte sich gewünscht neben Lisa liegen zu können als sie blutend und mit Schmerzen durch die Nacht ging? Interessant. Lisa war doch nur ein Mensch, dachte sie verabscheuend. Und sie war nur ihr niedere Dienerin. Irgendwie hatte ihr Verstand diese beiden Tatsachen in einer kurzen Woche wohl angefangen zu verdrängen. Dadurch Bedingt das sie zusammen wohnten, schliefen und sie Lisa keine Arbeiten gegeben hatte. Eine unglückliche Situation. Es war zwar nichts dabei mal etwas Spaß mit einem Menschen zu haben und ihn anschließend zu beseitigen, doch tatsächlich die Gesellschaft eines Menschen als angenehm zu empfinden .. Das stellte ein Problem da. Früher wurde man für ein solches Verhalten bestraft. Ob die Regeln heute vielleicht etwas lockerer waren? Sie Ohrfeigte sich im Geiste. Das war zu naiv für jemanden von ihrem Stand. Ihre Familie war doch eine der ältesten und hatte einen Ruf zu verlieren. „Sag mal, gibt es eigentlich Engel?“ Lisa stand in der Tür und sah Selena nachdenklich an. „Was?“ Selena war vollkommen überrumpelt von dieser Frage. Warum stellte dieses dumme Mädchen ihr ausgerechnet jetzt eine so dumme Frage? Natürlich gab es keine Engel. Es gab keinen Gott oder Teufel. Zumindest wusste sie nichts davon. Sie war schließlich keiner der von Menschen erfundenen Dämonen aus der Hölle oder etwas derart Kitschiges. Ihre Art existierte schon seit vielen Jahrtausenden und passte lediglich recht gut auf die von Menschen erfundene Beschreibung. Daher hatten sie die Bezeichnung auch als die ihrige Akzeptiert. Damals war es von Vorteil gewesen. „Ich habe gefragt ob es Engel gibt. Wenn es Dämonen gibt, dann müsste es doch auch Engel geben, oder?“ Lisa biss sich auf ihre Unterlippe und schien tatsächlich ernsthaft darüber nachzudenken. Selena stand auf und ging langsam auf Lisa zu, welche nun etwas unsicher im Türrahmen stand und gespannt auf eine Antwort wartete. Die Dämonin nahm ihr Kinn in die Hand und sah ihr tief in die Augen. Sie überlegte eine Weile, ehe sie unsicher antwortete. „Vielleicht.“ Kapitel 11: Kapitel 11 ---------------------- Da saß sie nun. Allein in einer Bank, wo ihre Mitbewohnerin ein Konto hatte und wartete darauf das jene endlich fertig wurde. Selena hatte Lisa, kaum das sie von ihrem Arbeitstag nach hause kam, einfach mitgeschleift. Die Woche fing ja mal wieder echt toll an, dachte Lisa und verdrehte dabei unwillig die Augen. Dabei war erst Montag. Während sie wartete dachte sie über Selenas, selbst für deren Verhältnisse, seltsames Verhalten der vergangenen zwei Tage nach. Sie wurde aus ihrer Dämonin einfach nicht schlau. Erst schaute jene sie am Samstag noch so seltsam an und kam ihr so nahe, dass sie schon sonst was dachte und dann ignorierte sie Lisa einfach für den kompletten Rest des Wochenendes vollkommen, als wäre sie gar nicht da. Und nun musste sie ja unbedingt mit zur Bank und sich zu Tode langweilen, obwohl sie doch nur unter die Dusche und dann auf ihr Sofa wollte. Die Füße hoch legen und noch etwas Fernsehen, da war die Welt wenigstens noch in Ordnung. Sie saß etwas abseits und betrachtete wie Selena irgendetwas von dieser komischen Mitarbeiterin erzählt bekam, welche bis über beide Ohren zu strahlen schien. Wie sollten die beiden da bloß jemals fertig werden, wenn diese Frau immer wieder zu einem der Büros starrte, wo wohl die etwas höheren Tiere der Bank sitzen mussten. Vielleicht kannte sie dort ja wen aber deshalb musste sie doch trotzdem ihre Arbeit machen, verdammt. Lisa war so in ihren Gedanken versunken, dass sie gar nicht bemerkte wie Selena plötzlich neben ihr zum stehen kam. „Wir gehen.“ Sofort schreckte sie hoch. „Oh wie schön, dass du auch mal fertig wirst. Hast du eigentlich eine Ahnung wie lange ich hier schon warten musste?!“ Sie fing gerade an sich in einer Schimpftirade zu ereifern, als Selena sie mit einer schlichten Geste und einem Bösen Blick zum schweigen brachte. „Du musstest keine zehn Minuten warten, also hör auf hier so einen Aufruhr zu veranstalten.“ Selena knirschte nochmals kurz mit ihren Zähnen und wandte sich dann zum gehen. Murrend erhob sich nun auch Lisa und stapfte ihr hinterher, obwohl sie Selena lieber auf den Mond geschossen hätte. -- Nur mit einem Handtuch bekleidet verließ sie gerade ihr Badezimmer und steuerte Zielsicher in Richtung ihres Kleiderschrankes, als ihr Selena den Weg versperrte. „Hey, was soll das? Ich muss mich noch anziehen, also lass mich durch.“ Leicht legte sie ihren Kopf schief und versuchte sich an der Dämonin einfach vorbei zuschieben. Diese jedoch langte mit ihrer Hand an die Flurwand und versperrte ihr somit erneut den Weg. „Du wirst dir eine Weile von deiner Arbeit frei nehmen. Wir werden reisen.“ Nachdem Selena geendet hatte, nahm sie ihre Hand einfach weg und ging zurück ins Wohnzimmer. Sie hinterließ eine vor Wut kochende Lisa, welche schnell in ihr Schlafzimmer rannte um sich einzukleiden. Nachdem dies erledigt war, ging sie zielstrebig zu Selena und wollte sie zur Rede stellen. „Sag mal sonst geht es dir aber gut, oder? Also erstens hast du mir nichts zu befehlen und zweitens reise ich mit dir nirgends hin! Bei dir piept es doch wohl endgültig, oder wie darf ich das verstehen?!“ Lisa war stocksauer und Selenas Reisepläne hatten das Fass zum überlaufen gebracht. So ließ sie ganz sicher nicht mit sich umspringen. „Hüte deine Zunge, Lisa. Du vergisst mit wem du sprichst und das dein Leben mir gehört. Wenn ich dir etwas auftrage, dann hast du zu gehorchen.“ Kalt blickte sie zu Lisa. „Ich vergesse gar nichts und weiß sehr genau das du eine Meise hast! Du wohnst immerhin in meiner Wohnung und ich gehe für die Miete arbeiten! Da brauchst du nicht erwarten das ich mich auch noch herumkommandieren lasse und einfach mit dir wegfahre, wenn dir danach ist.“ Lisa wollte sich gerade in ihren Sessel setzen und zufrieden betrachten wie Selena mit diesen Tatsachen klar kam, als sich eine Hand um ihren Hals legte und sie kraftvoll in den Sessel drückte. Geschockt riss sie ihre Augen auf und starrte genau in die roten Selenas. Diese näherte sich mit ihrem Gesicht immer weiter dem von Lisa. Vielleicht hatte sie es etwas übertrieben, dachte Lisa gerade ein wenig reumütig, als Selena schon fester zudrückte und ihr keine Luft mehr zum Atmen ließ. Sie konnte nun auch sehr genau Selenas Klauen spüren die kurz davor waren sich in ihre Haut zu scheiden. -- „Wage es niemals wieder, so mit mir zu sprechen, 'Mensch'!“ Selena hatte große mühe sich zu beherrschen. Es fing schon am Samstag an, als Lisa sie fragte ob es wohl Engel geben würde. Eine so banale und naive Frage, aber dennoch hatte es in ihr etwas ausgelöst. Kurzzeitig dachte sie tatsächlich darüber nach, ob Lisa eventuell 'ihr' kleiner Engel war. Nachdem sie merkte was sie gedachte hatte und das sie kurz davor gewesen war Lisa ihre Hand auf die Wange zu legen und vielleicht .. Nein! Sie hielt von diesem Moment an, bis jetzt erfolgreich Abstand zu ihr und wollte sich nicht wieder so eine Schwäche erlauben. Ihr Vorhaben funktionierte eigentlich auch ganz gut, bis zu diesem Zeitpunkt. Lisa hatte sie mit ihren Worten so sehr gereizt und ihre ohnehin schon angespannte Gefühlslage entlud sich in diesem kleinen Ausbruch. Eigentlich hätte sie Lisa am liebsten gleich den Kopf von den Schultern gerissen, aber sie konnte es nicht. Nicht nur weil es das Bündnis mit Lisas Familie verbot. Nein, auch weil sie es nicht ertragen hätte Lisa zu verlieren und wieder allein zu sein. Sie musste es sich eingestehen. Selena hatte tatsächlich Gefühle für diesen Wertlosen Menschen übrig. Ihre Wut auf sich selbst, diese Situation und auch auf Lisa hatte sie kurz rot sehen lassen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Nur langsam kam sie wieder zu Verstand und betrachtete das hilflose Mädchen unter sich. Oh. Schnell ließ sie Lisas Hals los, woraufhin diese panisch nach Luft schnappte und versuchte von Selena weg zu kriechen, was ihr jedoch nicht wirklich gelang da ihr die Rückenlehne des Sessels keine Fluchtmöglichkeit ließ. Bisher hatte sie sich immer beherrschen können, doch nun wurde sie von zwei ängstlichen und geschockten Augen geradezu erdolcht. Selena entschied sich etwas Abstand zu Lisa einzunehmen und nahm wieder auf dem Sofa platz. Sie musste nun erstmal etwas Nachdenken. Und Lisa? Nun ja, diese konnte sich ja etwas von ihrem Schreck erholen. Mehr hatte sie ja eigentlich nicht, nur einen kleinen Schreck. Und vielleicht ein kleines Würgemahl an ihrem Hals. Aber nichts ernstes, versicherte sich Selena immer wieder in Gedanken. -- Kaum das Selena sich wieder setzte, sprang Lisa auch schon auf und verließ panisch das Zimmer. Sie hatte es wirklich übertrieben. Fast hätte Selena sie getötet, beinahe wäre sie gestorben! Immer wieder ging ihr dieser Satz durch den Kopf, aber nicht mit ihrer eigenen Stimme. Sie konnte nur noch Selenas kalte Stimme in ihrem Kopf hören, die nur so vor Verachtung triefte. Sie verstand nicht ganz was sie überhaupt getan hatte, das Selena so wütend reagiert hatte. Nun, okay. Sie hatte es abgelehnt zu tun was Selena ihr sagte, aber das hatte sie doch schon öfters getan. Nie war Selena ihr gegenüber so aus gerastet. Immer hatten sie angefangen zu diskutieren und irgendwann hatte Selena sie eben überrumpelt gehabt. Oder Überzeugt, je nachdem. Sie hatte sich in ihrem Schlafzimmer eingeschlossen und saß nun auf ihrem Bett. Die Beine an ihren Körper gezogen und mit ihren Armen umklammert, bettete sie ihren Kopf auf ihre Knie und versuchte ihre Tränen zu unterdrücken. Das fehlte ihr gerade noch, dass sie nun auch noch wegen Selena anfangen würde zu weinen. Es war ihr doch klar gewesen das sie sich für etwas besseres hielt, nur weil sie kein richtiger Mensch war. Aber das ihr diese Worte so wehtun würden und sie so in ihrem Herzen schmerzen würden, dass hatte sie doch nicht erwartet. -- Es war schon spät am Abend, als Lisa sich wieder aus ihrem Schlafzimmer traute. Aber nicht weil sie keine Angst mehr vor Selena hatte oder weil sie ihr verziehen hätte. Nein, soweit kam es noch! Sie verließ ihr Zimmer nur, weil sie unheimlichen Durst hatte und es nicht mehr in diesem kleinen Raum aushielt. Vorsichtig schlich sie in die Küche und schnappte sich ihr Trinkglas. Nachdem sie zwei große Schlücke genommen hatte, wollte sie es wieder zurückstellen. Leider blieb es beim Versuch, denn sie stieß mit ihrem Ellenbogen gegen etwas, oder besser gesagt jemanden. Vor Schreck ließ sie das Glas einfach fallen und wartete darauf das es zersplittern würde. Es kam ihr vor als würde alles in Zeitlupe geschehen. Doch bevor das Glas den Boden erreichen konnte, wurde es von Selena in einer eleganten Bewegung einfach aus der Luft gegriffen und in die Spüle gestellt. Lisa starrte die Frau vor ihr mit offenem Mund an und konnte sich nicht bewegen. „Morgen wirst du dir Urlaub geben lassen. Ein paar Wochen wenn möglich. Wir werden uns auf die Suche nach meiner Familie machen und wenn wir sie gefunden haben werden wir erfahren warum deine Eltern starben. Dies sollte in deinem Interesse sein, oder?“ Selena schaute sie bemüht gleichgültig und 'Harmlos' an, um ihr nicht noch mehr Angst zu bereiten. Es gefiel ihr überhaupt nicht das Lisa auf einmal so auf sie zu reagieren schien. Eigentlich war es angenehm gewesen, dass sich das Mädchen ihr gegenüber verhielt als wäre es gleichgestellt. Aber nun schaute sie ein wenig wie ihre früheren Diener. Es ging über höflichen Respekt hinaus und war mehr mit Unterwürfigkeit aus Angst du beschreiben. Zaghaft nickte Lisa nur und konnte nicht Sprechen. „Gut, dann gehen wir nun schlafen.“ Selena drehte sich um und verschwand schließlich im Bad, um sich bettfertig zu machen. -- Als Lisa nach einer halben Stunde noch nicht im Schlafzimmer aufgetaucht war, ging Selena schauen wo diese denn blieb. Sie fand sie schließlich immer noch in der Küche stehend, vollkommen in Gedanken versunken, vor. Wortlos griff sie nach Lisas Hand, woraufhin das Mädchen kurz zusammen zuckte und zog sie einfach hinter sich her. Erst als sie vor Lisas Bett stehen blieb ließ sie ihre Bettnachbarin los und warf sich selbst mit Schwung auf das Bett. Lisa stand jedoch immer noch unschlüssig davor. Selena seufzte innerlich, griff dann jedoch nach Lisas Hand und zog sie mit einem Ruck ins Bett. Kaum das das Mädchen lag, rückte die Dämonin näher an sie heran und legte schließlich einen Arm um sie. „Schlaf jetzt und hör auf mich so anzuschauen. Ich werde dir nichts mehr tun. Das vorhin war keine Absicht und kommt nicht wieder vor.“ Damit schloss sie ihre Augen und legte ihren Kopf auf Lisas Brust, welche sich hektisch hob und senkte. Was hatte dieser Dämon nun wieder vor, dachte sie im ersten Moment erschrocken. Aber sie entspannte sich schließlich. „Heißt das, es war so etwas wie ein 'Missverständnis'?“ Leicht skeptisch sah sie zu der Dämonin, welche sie noch fest umklammert hatte und nicht vorhatte sich zu bewegen. „So könnte man es Ausdrücken.“ Murmelte Selena geistesabwesend. Lisa schloss ihre Augen kurz. Sie konnte ein schmunzeln nicht unterdrücken. Ein Missverständnis .. nicht ihr erstes, wie sie sich erinnerte. Dennoch hatte sie ein wenig angst, davor das es erneut zu einer solchen Situation kommen könnte und Selena sie nicht mehr gehen ließ. Sie entweder wirklich verletzte oder sogar tötete. Nachdenklich betrachtete sie die Frau, die sich gerade wie ein kleines Kind an sie schmiegte und aussah als könne sie keiner fliege was zuleide tun. Was für ein Kontrast zu vorhin, stellte sie trocken fest. Selena war in der tat sehr wankelmütig. „Was tust du da?“ Fragte sie vorsichtig, darauf bemüht Selena nicht zu provozieren. Ein Auge Selenas öffnete sich leicht und entblößte eine gelblich verschleierte Iris, welche Lisa provozierend an funkelte. „Dir zeigen das ich dich nicht verletzten möchte.“ Langsam schloss sie wieder ihr Auge und atmete Lisas Duft ein. Lisa verstand nicht was Selena damit meinte und wusste auch nicht wie sie es interpretieren sollte. Nach einiger Zeit schlief sie ein und kuschelte sich im Schlaf noch etwas mehr an Selena, welche das mit einem genüsslichen seufzen bedachte. -- Kaum zu glauben, sie hatte es tatsächlich getan. Nun, eigentlich hatte sie auch keine große Wahl gehabt. Lisa hatte bei ihrer Chefin ein paar Tage Urlaub herausschlagen können. Den Rest der Woche und die ganze darauf folgende, um genau zu sein. Und nun war sie dabei sich mit den gepackten Taschen die Treppe herunter zu quälen. Warum zur Hölle schleppt nicht die ach so starke Dämonin die blöden Taschen die Treppe runter, fragte sie sich im stillen und fand keine ihr logisch erscheinende Erklärung warum ausgerechnet sie, dass schwache Menschlein, alles schleppen musste. Nachdem sie die drei Taschen draußen vor der Haustür platziert hatte, wartete sie darauf das Selena mit ihrer kleinen 'Besorgung' , wie sie es nannte, zurückkommen würde. Lisa traf fast der schlag, als sie Selena am Steuer des riesigen Geländewagens wiedererkannte. Schnell lief sie zur Fahrertür und öffnete diese. „Woher hast du dieses Auto?! Und seit wann hast du einen Führerschein?!“ Sie hatte große Angst das Selena das Auto vielleicht irgendwo gestohlen haben konnte oder schlimmeres. Vielleicht lag ja irgendwo auf der Straße nun der Bewusstlose Besitzer? Sie malte sich in Gedanken schon die schlimmsten Szenarios aus, während Selena ziemlich gemütlich ausstieg und die Heckklappe öffnete. „Das Auto habe ich gekauft und zum Fahren bedarf es keinen Führerscheins. Das funktioniert auch so ganz gut.“ Sie grinste dabei ziemlich überlegen und warf die Taschen ins Auto. „Wie gekauft? Wovon denn? Sag mal .. was kam eigentlich gestern bei deinem Bank Termin nun raus?“ Skeptisch legte sie ihren Kopf schief. Manchmal war diese Frau echt nicht zum aushalten. „Nun, ein Teil meiner Münzen wurde vom Museum aufgekauft. Der Rest ging an einen Sammler, der einen Liebhaber preis zahlte. Deshalb dachte ich mir, ein eigenes Auto würde unseren Ausflug vereinfachen.“ Sie zwinkerte Lisa zu und schloss die Heckklappe wieder, wobei Lisa leicht zusammen zuckte. „Und wie viel haben die Münzen eingebracht?“ Nun wurde sie doch ein wenig neugierig. Der Schreck von Gestern war zwar noch nicht vergessen aber für den Moment ziemlich gut verdrängt. „Das brauchst du nicht zu wissen. Nun steig ein, ich möchte endlich los.“ Zischte Selena und öffnete Lisa die Tür. „Und du bist dir ganz sicher, dass du weißt wie man das Ding fährt, ja?“ Fragte sie lieber noch einmal nach, bevor sie sich noch in eine Todesfalle setzte, mit einer größenwahnsinnigen Dämonin am Steuer. „Bis jetzt hat es ganz gut geklappt, also bitte, steig ein!“ Selena unterstrich ihre Worte mit einer einladenden Handbewegung und schloss die Beifahrertür hinter Lisa wieder. Endlich würde sie schauen können wo sich ihre Familie versteckte. Kapitel 12: Kapitel 12 ---------------------- Gähnend drehte sich Lisa etwas zur Seite und schlang ihre Wolldecke enger um ihren Körper. Sie lag auf der Rückbank des Geländewagens, welchen Selena eigens für ihren kleinen Ausflug gekauft hatte. Beide waren nun erst fünf Tage unterwegs, doch Lisa konnte schon nicht mehr. Egal was sie auch versuchte, Lisa fand keine Position in der sie länger als eine halbe Stunde schlafen konnte. Der Wagen mag zwar teuer gewesen sein, aber bequem genug zum wohnen war er definitiv nicht! „Können wir endlich mal in einem Gasthaus oder einer Herberge übernachten? Ich brauch wirklich mal wieder ein warmes Bett!“ Lisa wollte schon ein Kissen nach der Fahrerin werfen, entschied sich aber lieber dafür ihre Unterlippe schmollend vorzuschieben. Sie konnte schon nicht mehr zählen wie viele beinahe Unfälle diese sture Dämonin verursacht hatte. Es mag ja eine Sache sein wenn man seinen Willen durchsetzen will, aber wenn man sich auch durchsetzen will wenn einem ein 'Vierzigtonner' entgegenkommt, ist das eine gänzlich andere! Nachdem eine weile vergangen war und noch immer keine Antwort von Selena kam stand zumindest fest, dass sie Lisa wohl noch böse war. Meine Güte, ist das heute wieder eine Mimose, dachte Lisa genervt. „Hey, wenn du wirklich glaubst das ich mich entschuldige dann hast du dich aber geschnitten! Ich bleibe dabei, das Kaninchen war dir haushoch überlegen.“ Sie grinste ein wenig und dachte an den Vortag zurück. -- Sie hatten auf einem Parkplatz kurz Rast gemacht, nachdem sie eine weitere verfallene Ruine unter die Lupe genommen hatten, auch wenn Lisa keine Ahnung hatte was das bringen sollte und sich vorkam wie bei einer 'Sight Seeing tour', als plötzlich ein kleines Kaninchen vor ihrem Wagen vorbei hoppelte. Selena hatte vor gehabt sich einfach das Kaninchen zu schnappen und sich einen Snack zu gönnen. Doch dummerweise musste Lisa genau in diesem Moment laut niesen und das Kaninchen sprang sofort unter einem Zaun durch, sodass es die mühe der Verfolgung durch Selena nicht mehr Wert gewesen war. Zumindest hatte jene ihr dies so gesagt und klang dabei wie eine giftige Schlange. Fast so, als hätte Lisa ihr das Spielzeug weggenommen. -- „Mir ist ja klar das du so was nicht kennst, aber ich hab nun einmal eine Kleintier Allergie! Das war doch keine Absicht, verdammt nochmal!“ Langsam wurde es Lisa aber dennoch zu viel, immerhin war es nur ein Kaninchen und keine Jungfrau. Auch wenn Lisa das ebenfalls nicht wirklich gutgeheißen hätte. „Wir kommen gleich zu einem kleinen Hotel, dort werden wir ein Zimmer für die Nacht nehmen.“ Kam es monoton von Selena, welche sich auf die letzte Reklametafel bezogen hatte. „Sehr gut, ich hoffe die haben da eine Badewanne oder so was. Ein Bad wäre jetzt genau das richtige um zu entspannen.“ Als wenn Lisa die Notwendigkeit dieses Stopps nochmal betonen wollte, gähnte sie wie eine Löwin in der Savanne und erntete nur den Skeptischen Blick Selenas. -- So was nennt man Leben, seufzte Lisa wohlig, während sie sich in den Whirlpool gleiten ließ. Sie verschwand bis zum Kinn im Wasser und war froh das sie kein Zwerg war. Sonst wäre sie vermutlich ertrunken. So klein war es hier eigentlich nicht, immerhin hatte das Hotel einen eigenen Wellness Bereich. Die Sonne stand bereits tief am Himmel und deutete den bald nahenden Abend an. Indessen hatte Lisa ihre Arme auf den Rand des Whirlpools gelegt und ihren Kopf auf ihnen gebettet. So entspannt war sie kurz davor einzuschlafen, als sie plötzlich das Geräusch von fallendem Stoff und anschließend plätscherndem Wasser vernahm. Leicht drehte sie ihren Kopf etwas zur Seite und konnte bereits einen der weißen Hotelbademänteln auf dem Boden liegen sehen. Anscheinend hatte sie Gesellschaft erhalten, schlussfolgerte sie. Sich nun gänzlich umdrehend wollte sie gerade die Person begrüßen, welche sich zu ihr ins Wasser gesetzt hatte, als sie ein ungutes Gefühl überkam. Eine böse Vorahnung schlich sich wie ein Staubsaugervertreter in ihren Geist und bemühte sich nun nach Kräften ihr das neuste Modell an zu drehen. Lisa wurde nicht enttäuscht denn die grünen Augen, ihrer hoteleigenen Dämonin, begannen sie direkt zu mustern. Zu sagen das es ihr unangenehm war, mit Selena in einem kleinen Wasserbottich zu sitzen, wäre noch untertrieben aber sie kam nicht umhin sich ein wenig darüber zu wundern. Was wollte die schwarz haarige überhaupt hier? Hatte sie sich vorhin nicht noch darüber beschwert unnötig Zeit zu verschwenden? „Ähm, hey.“ Schüchtern lächelte Lisa nun ihr Gegenüber an und wartete gespannt auf eine Reaktion oder wenigstens blinzeln. Selena wirkte im Augenblick eher wie eine Statue, als wie eine lebendige Person. „Morgen erreichen wir vermutlich unser Ziel.“ Lisa erschrak, sie war vollkommen in Selenas Augen versunken und hatte gar nicht bemerkt das diese mit ihr gesprochen hatte. Für einen Moment hatte sie sogar vergessen das vor ihr die echte Selena saß und kein Gemälde. „Woher willst du das denn wissen? Wir fahren doch die ganze Woche schon von einer vergammelten Hütte zur andern und schauen uns Sehenswürdigkeiten an.“ Als ihr klar wurde was Selena meinte, als sie sagte sie würden ihr Ziel erreichen, nämlich Selenas Familie, war Lisa erst etwas erschrocken. Aber glauben konnte sie es auch nicht. Immerhin hatte sie nicht den Eindruck das Selena eine bestimmte Richtung verfolgt hatte. „Du irrst dich. Wir haben nach Wegweisen gesucht. Vor gut zwei Tagen fanden wir auch endlich einen. Diesem folgten wir und der letzte verwies in diese Richtung. Am morgigen Tag, etwa um diese Zeit, werden wir mehr wissen.“ Selena hatte beim sprechen den Kopf etwas nach hinten geneigt und ihre Augen geschlossen. Das Wasser stank nach Chlor und wirklich gefallen fand sie an diesem Whirlpool auch nicht. Eigentlich war sie nur aus einer Laune heraus Lisa in den Pool gefolgt und versuchte nun das beste daraus zu machen. „Was denn für Wegweiser? Ich habe keine gesehen!“ Nun war Lisa gänzlich verwirrt. „Das Wappen meiner Familie, in Stein oder Holz geschlagen. Nicht sehr groß und nicht sehr tief. Unauffällig hinterlassen um anzuzeigen in welche Richtung sie gewandert sind. Nur eingeweihten würde es ins Auge fallen.“ Selena hatte ihre Arme vor der Brust verschränkt und blickte Lisa nun gelangweilt an. Allmählich sehnte sie sich nach einer Dusche, um das Chlor aus ihren Augen und ihren Haare waschen zu können. Es grenzte ja schon fast an Folter, was die Menschen hier ihren Gästen so zumuteten. Ein Wunder das Lisa daran soviel gefallen zu finden schien, dachte sich Selena und schüttelte ungehalten den Kopf. Als sie sich erhob, um den Whirlpool zu verlassen, bemerkte sie wie Lisa erschrocken die Luft einsog und sich peinlich berührt abwandte. Das sie es erst jetzt bemerkt hat, amüsierte sich Selena und zog sich ihren Bademantel wieder an. „Wir sehen uns dann oben.“ Leicht grinste sie Lisa an, welche inzwischen in ihrer Gesichtsfarbe einer Himbeere immer ähnlicher wurde. Lisa verfluchte erst sich selbst, dass sie es gar nicht bemerkt hatte und später verfluchte sie Selena, dafür das sie überhaupt kein Schamgefühl zu haben schien. Noch während sie ihren Badeanzug zurecht zupfte grübelte Lisa darüber nach, was die Dämonin nur dazu bewegt haben konnte sich nackt zu ihr in den Whirlpool zu setzen. -- Mit schlurfenden Schritten betragt Lisa das gemeinschaftliche Zimmer von Selena und ihr. Sie warf sich gleich auf das großzügige Doppelbett und wäre am liebsten sofort eingeschlafen um nie wieder aufzuwachen, so müde war sie. Das sie keine Lust hatte sich weiter mit Selena auseinander zu setzen, kam erschwerend hinzu. Jene saß auf einem Stuhl und betrachtete die Umgebung des Hotels durch das Fenster des Zimmers. Als sie sich zu Lisa umwandte, hatte diese bereits die Augen geschlossen und begonnen vor sich hinzu dösen. „Ist es nicht noch etwas früh zum schlafen?“ Sie betrachtete das Mädchen vor sich und dachte daran wie einfach es wäre jetzt ihren Appetit an ihr zu stillen. Als Antwort auf ihre Frage bekam sie allerdings nur ein undeutliches Murmeln, während Lisa sich einfach umdrehte und nun mit dem Rücken zu Selena da lag. Selena kam nicht dahinter, wieso sie dieser Mensch so sehr zu faszinieren schien. Früher hätte sie kurzen Prozess gemacht, doch nun? Sie kam sich schon selbst menschlich vor. Wurde sie vielleicht alt? Oder hatte sie die kurze Zeit mit Lisa schon so verweichlicht werden lassen? Zähneknirschend stand sie auf und trat neben ihr gemeinsames Bett, um sich Lisas entspanntes Gesicht anzusehen. Selbst in diesem Moment konnte sie das süße Blut, welches in ihren Venen floss, geradezu auf ihrer Zunge schmecken. Ihr entwich ein leises Knurren, während sie sich wieder erhaben von Lisa abwandte. Nein, so tief war sie noch nicht gesunken, stellte sie in Gedanken klar. Sie würde nicht wie ein Tier über Lisa herfallen. Sie entschied sich noch etwas das Hotel zu erkunden und tauschte ihren Bademantel gegen ihren Ledermantel ein. Vielleicht konnte sie sich auf diese Art etwas ablenken, dachte sie, während sie das Zimmer verließ und sich auf den Weg zu Bar machte. Auch wenn zur Zeit nicht gerade viele Gäste anwesend waren, konnte sie sich vorstellen dennoch etwas Spaß haben zu können. Ein süffisantes Grinsen erschien auf ihrem Gesicht. -- Den Schlaf noch in ihren Knochen spürend, schaute Lisa auf den Radiowecker. Halb drei in der Nacht. Sie setzte sich erst einmal auf und schaute sich um, konnte jedoch Selena nirgends entdecken. Wo sollte jene sich denn um diese Uhrzeit noch herumtreiben, fragte sie sich. Schnell verschwand sie im angrenzendem kleinen Bad und zog sich eine Jeans, ein T-Shirt und ihre Lilane Strickjacke über. Bei einem flüchtigen Blick in den Spiegel musste sie entsetzt feststellen, dass sie genauso aussah wie sie sich fühlte. Ziemlich gerädert und übermüdet. Sie spritzte sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht und schnappte sich einen Haarreifen, um ihre Mähne etwas zu bändigen. Nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, machte sie sich auf die Suche nach ihrer Dämonin. Lisa hatte ein wenig Angst, dass Selena wieder etwas dummes anstellen könnte und wollte daher lieber auf Nummer Sicher gehen. Sie lief durch die Gänge, schaute in der Lobby vorbei und ging sogar in den Wellness Bereich. Aber nirgends war auch nur die kleinste Spur der Schwarz haarigen. Ein kleines Schild in Pfeilform erregte ihre Aufmerksamkeit. 'Zur Hotelbar' Neugierig geworden folgte sie der Richtung, in welche sie der Pfeil schickte und war sichtlich überrascht als sie die einladende kleine Bar mit leichten Tiki Elementen entdeckte. Ein wenig war sie zwar verwundert, um diese Uhrzeit hier noch jemanden anzutreffen, aber sie machte sich nichts daraus. An ihrem Drink nippend blickte sie sich um. An einigen Tischen saßen Leute und unterhielten sich ausgelassen. Etwas abseits waren ein paar Nischen, wo sich wohl diejenigen zurückgezogen hatten die etwas mehr Privatsphäre haben wollten. Lisa zuckte mit den Schultern, sollten die doch machen was sie wollen. Obwohl es ihr schon unbehaglich wäre, sich in der Öffentlichkeit so gehen zu lassen. Als sie ein zweites mal hinsah, fiel ihr etwas ins Auge was sie kurz die Luft zwischen den Zähnen einsaugen ließ. War das nicht Selenas innig geliebter Ledermantel, der dort über einer kleinen Trennwand zwischen zwei Nischen ruhte? Noch bevor sie eigentlich wusste was sie tat, stand sie schon und war auf direktem Wege zu diesem Mantel, um sich zu vergewissern das es nicht Selenas war. Doch was sich in der Nische abspielte verschlug ihr die Sprache. Eine junge Frau, mit roten Haaren, war in die Ecke gepresst worden und gab keuchende Laute von sich, während sie sich unter den Berührungen einer zweiten Person genüsslich wand. Auch wenn Lisa nur den Rücken dieser zweiten Person sehen konnte, so ahnte sie bereits was als nächstes passieren würde. Es kam ihr vor als sehe sie sich einen leicht durchschaubaren Film an und wüsste bereits wie die nächste Szene aussehen könnte. Äußerlich gefasst räusperte sie sich kurz, wodurch die Rothaarige zusammenzuzucken schien und eine schwarz haarige Frau sich langsam umdrehte. Lisa konnte in Selenas Gesicht keine Regung erkennen, keinen Ausdruck für das was ihr wohl möglich durch den Kopf ging. Aber ihre Pupillen umfasste wieder dieser Verräterische gelbe Schleier. Lisa hatte bisher immer noch nicht herausfinden können, was dieser bedeutete, aber unter gegebenen Umständen war ihr dies auch egal. War sie eben noch leicht errötet, durch die Laute des Flittchens, so wich nun langsam jegliche Farbe aus ihrem Gesicht, während sie sich umwandte und wieder auf den Weg in ihr Zimmer machte. Selena schien es ja gut zu gehen, also kein Grund zur Sorge. Aber das Bild von Selena und dieser Frau hatte sich in ihren Geist eingebrannt und quälte sie. Sollte ihr nicht egal sein, was Selena tat? Sie hatte doch gar kein Recht sich da einzumischen? Sie hatte doch gar kein Interesse an Selena, oder? Immer mehr Fragen kreisten um ihren Kopf und schienen auf sie hinab zu stürzen wie Aasgeier auf ihre wehrlose Beute. Lisa fühlte sich Hundeelend, als sie sich wieder ins Bett legte und sich nicht mal die Mühe machte sich um zuziehen. Verdammt, es war ihr eben nicht egal. -- Nachdenklich blickte Selena der geradezu davon stürmenden Lisa hinterher. So hatte sie das nicht geplant. Eigentlich hatte sie es überhaupt nicht geplant. Es ergab sich einfach und diese rothaarige Göre war auch nur ein kleiner Zeitvertreib gewesen. Lange genug habe ich schließlich auf derartiges verzichten müssen, dachte sie kurz verbittert. Als sie ihren Blick wieder auf ihren kleinen Rothaarigen Imbiss richtete, verging ihr jedoch leicht der Appetit. Zwar sah das Mädchen ganz nett aus, aber es fehlten Lisas unschuldige Augen. Wäre Lisa nicht so verklemmt, hätte sie sich nicht mit einer fremden begnügen müssen, belächelte Selena die Situation leicht. Jedoch glaubte sie in Lisas Auftreten eine gehörige Portion Eifersucht verspürt zu haben. Wenn Lisa wirklich Eifersüchtig war, dann musste sie doch Interesse an der Dämonin haben. Vielleicht sollte sie der Sache doch nachgehen. Sich den Magen verderben wollte sie sich nun auch nicht, wer konnte denn schon wissen wo dieses rote Flittchen vorher schon rumgestreunt war? Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Sie warf ein paar Scheine auf den Tisch und ließ das rothaarige Mädchen alleine in der Nische zurück. -- Als Selena das Hotelzimmer betrat vernahm sie die ruhigen, gleichmäßigen Atemzüge ihrer Untergebenen. Obwohl sie sich schon selbst nicht mehr so sicher war, in welcher Beziehung sie zu diesem Menschen eigentlich stand. Lisa hatte sich wie eine Katze zusammengerollt und zitterte im Schlaf leicht. Selena nahm eine Decke und legte sie vorsichtig über das ihr so zerbrechlich erscheinende Wesen. Sie konnte noch die Tränenspuren auf ihrem Gesicht erkennen. Ein Teil von ihr war geneigt sich etwas schuldig zu fühlen und dies erschreckte sie. Es konnte nicht gut sein, dass dieser Mensch tatsächlich so was wie Macht über sie hatte. Sie warf ihren Mantel über einen Stuhl und legte sich vorsichtig neben Lisa, um diese nicht zu wecken. Aber an Schlaf konnte sie nicht denken, dazu ging ihr zu viel durch den Sinn. Sie dachte zurück an die Wegweiser, welche sie am Vortag sah. Laut Jahreszahl wurde der Wegweiser erst vor einem Jahrzehnt platziert. Sicherlich war ihre Familie demnach hier in der Nähe. Eine Tagesreise, so schätzte sie. Das hatte sie auch Lisa erzählt, auch wenn diese es nicht verstanden hatte. Aber wie konnte sie auch, schließlich war sie nur ein Mensch. Selena kam es in ihrem inneren nicht mehr ganz richtig vor, von Lisas Menschlichkeit im schlechten zu sprechen. Aber so war sie erzogen worden. Und selbst wenn sie akzeptieren konnte das sie für eine niedere Kreatur etwas wie Zuneigung empfand, so würde sie alle anderen Menschen am liebsten Halsbänder verpassen, um sie an ihren Stand zu erinnern. Allen voran dieser Sarah. Gedankenverloren legte sie eine Hand auf Lisas Rücken und streichte sanft darüber. Kapitel 13: Kapitel 13 ---------------------- Selena bemerkte eine leichte Bewegung unter ihrer Hand. Lisa würde wohl in kürze erwachen. Langsam entfernte sie sich etwas vom noch schlafenden Mädchen und betrachtete es innig. Es vergingen noch etwa fünf Minuten, bis Lisa langsam ihre Augen aufschlug. Selena beobachtete, wie Lisa regelrecht mit ihrer rechten Hand auf die andere Hälfte des Bettes schlug, wohl um zu kontrollieren ob Selena dort lag oder nicht. Als sie jedoch keinen Körper neben sich entdeckte seufzte Lisa nur ungehalten auf. „Ich wünsche dir einen guten Morgen.“ Etwas amüsiert stand Selena neben dem Bett, nur mit einem leicht aufgeknöpften Hemd bekleidet und wartete darauf, dass Lisa sich die mühe machen würde auch aufzustehen. Sie hatten heute noch einen Langen Weg vor sich, plante Selena bereits in Gedanken die weitere Route. „Was?! Eh .. ich meine, dir auch einen guten Morgen ..“ Gab Lisa ein wenig zerknautscht von sich. Sie setzte sich auf und warf einen kurzen Blick auf Selena, nur um ihn überrascht gleich wieder abzuwenden. Mit diesem Anblick am frühen Morgen hatte sie nicht gerechnet. Etwas verlegen stand sie auf und machte sich auf den Weg ins Badezimmer. -- Während sie total in Gedanken versunken vor dem Spiegel stand und dabei war sich die Zähne zu putzen, bemerkte sie nicht wie eine weitere Person das Badezimmer betrat. Erst als sie an der Hüfte gepackt und gegen das Wachbecken gepresst wurde fiel ihr vor Schreck die Zahnbürste aus der Hand. Ihr entfuhr ein kleiner Schrei, ehe sie im Spiegel erkannte das es nur Selena war, welche sie unverhohlen an zu grinsen schien. „Himmel, willst du mich zu Tode Erschrecken?!“ Fuhr sie die Dämonin zugleich an. „Das wäre eine Möglichkeit. Ich bin jedoch nur hier weil ich dich etwas Fragen wollte.“ Selena presste ihren Körper etwas weiter an Lisas Rücken und näherte sich mit ihrem Mund Lisas Ohr. „Sag .. warst du Gestern Abend etwa Eifersüchtig?“ Selena hauchte die Frage in Lisas Ohr. Doch diese hatte es verstanden, da Selenas Kopf nun fast auf ihrer Schulter lag. „Wieso sollte ich Eifersüchtig sein?! Was soll das hier eigentlich? Lass mich gefälligst los!“ Lisa versuchte sich von der Dämonin zu befreien, doch diese hielt sie eisern an Ort und Stelle gefangen. Sie konnte Selena hinter sich genau spüren. Für ihren Geschmack sogar zu genau, war sie doch nur mit ihrem halb offenem Hemd bekleidet. „Mhm .. wer weiß. Vielleicht wärst du lieber an ihrer Stelle gewesen. Vielleicht hätte ich dich zum Keuchen bringen sollen. Ist es das?“ Selena löste eine Hand von Lisas Hüfte und legte sie an ihren Hals. Sie konnte deutlich den erhöhten Puls spüren. „Aber das ist doch Unsinn, es ist mir vollkommen egal was du tust und mit wem!“ Lisa versuchte ihre Stimme gleichgültig und kraftvoll klingen zu lassen, jedoch musste sie entsetzt feststellen, dass ihr dies sehr Misslang. In ihren Ohren klang es eher wie ein heiseres Wimmern. Verdammt! Sie blickte kurz wieder in den Spiegel, doch diesmal war es definitiv keine Einbildung und keine optische Täuschung. Und abgesehen von dieser unmöglichen Situation, welche ihr ein wenig die Konzentration raubte, sah sie es zum ersten mal so deutlich vor sich. Selenas Augen .. „Was ist mit deinen Augen? Warum sind sie .. gelb?“ Sie flüsterte das letzte Wort nur, doch war sie sich sicher das es ausreichen würde. Aber mit der folgenden Reaktion hatte sie nicht gerechnet. „Zieh dich um, wir fahren bald weiter.“ Selena lies von Lisa ab und verschwand aus dem Bad, so schnell wie sie gekommen war. Erschrocken blickte Lisa ihr nach. Hatte sie etwas falsches gesagt? Der gelbe Schleier war fast sofort den stechenden Augen der Dämonin gewichen und ihre Stimme Schwank um 180° zur gewohnten Kälte. Als hätte sie Lisa nie vorgeworfen Eifersüchtig zu sein und als hätte sie nie ihren Hals gestreichelt. Wehmütig wünschte Lisa sich nicht nachgefragt zu haben. -- „Mir ist langweilig.“ Lisa saß auf dem Beifahrersitz des Geländewagens und hatte ihre Füße mit verschränkten Beinen auf das Armaturenbrett gelegt. Wenigstens dazu konnte man das Auto gebrachten, denn Beinfreiheit gab es genügend. Zumindest bekomme ich so keine Thrombose, dachte Lisa ironisch. „Du sagtest, dass wir heute ankommen würden. Wo auch immer das sein soll. Wie lange brauchen wir denn noch?“ Sie unterdrückte dabei den leicht quängelnden Unterton in ihrer Stimme gar nicht erst, sollte Selena sich doch gestört fühlen! Lisa konnte das ja egal sein. „Ja, das sagte ich. Aber du wirst sicher Verständnis dafür haben, dass ich dir keine genaue Uhrzeit nennen kann. Vielleicht finden wir auch gar nichts.“ Selena klang zwar desinteressiert, war jedoch innerlich sehr angespannt. Auch wenn Selena es nicht so deutlich zeigte, so war auch sie ungeduldig. Leider konnte sie bisher noch nichts wahrnehmen. -- „Was, Wo, Wie, Warum?!“ Lisa schrak aus ihrem Nickerchen auf und musste feststellen, dass der Grund ihres Erwachens eine fehlende Selena war. Diese hatte, nicht gerade leise, gerade die Fahrertür zugeschlagen und war ins Freie getreten. Hastig befreite Lisa sich von ihrem Sicherheitsgurt und eilte der Dämonin hinterher. „Hey, was ist los? Wo sind wir hier?“ Es war zumindest noch nicht dunkel, also hatte sie wohl nicht allzu lang geschlafen. Als Lisa sich umsah erkannte sie jedoch nichts außergewöhnliches. Hinter ihr war noch die Landstraße. Im Moment stand der Geländewagen auf einem kleinen ungeteerten Feldweg. Hatte Selena nur angehalten um frische Luft zu schnappen? „Wir sind fast da. Sieh.“ Selena deutete auf einen Baum am Wegesrand und ging näher an ihn heran. Lisa tat es ihr gleich, konnte jedoch immer noch nichts erkennen. Erst als sie fast davor stand erblickte sie eine kleine Plakette mit einem Symbol darauf. Die Plakette war Rauten förmig und mit einem kleinen weißen Drachen auf schwarzem Grund versehen. „Was ist das?“ Lisa schaute Selena leicht Verständnislos an. „Und vor allem, wie hast du dieses kleine Ding von der Straße aus denn gesehen?“ „Das ist das Wappen meiner Familie. Und gesehen habe ich es nicht, aber ich habe etwas gewittert. Deshalb wollte ich nachsehen und entdeckte die Plakette.“ Selena drehte sich auf dem Fuße um und öffnete bereits wieder die Fahrertür als Lisa sie zurückhielt. „Was bedeutet das jetzt?“ Lisa bemühte sich ruhig zu bleiben. Eigentlich hatte sie gehofft das sie Selenas Familie nicht finden würden. Natürlich wollte sie schon wissen warum alles so gekommen war. Aber sie hatte auch Angst davor noch mehr Dämonen kennen zu lernen. Inzwischen machte sie sich ein nicht sonderlich schmeichelndes Bild von anderen, die so waren wie Selena. Schließlich betrachtete Selena sie schon als ihr Eigentum, kam letztens noch mehr Tod als lebendig zu ihr, nachdem sie eine Begegnung der anderen Art hatte und sie wollte Lisa vor kurzem noch erwürgen. Je mehr sie darüber nachdachte, desto sicherer wurde sie sich das es ein Fehler sein musste auch noch in die Höhle des Löwen zu fahren. Auch wenn sie nicht genau wusste ob Selenas Familie wirklich in einer Höhle wohnen würde. Selena hob skeptisch eine Augenbraue und musterte Lisa. „Das, meine kleine Lisa, bedeutet das diese Straße zum momentanen Sitz meiner Familie führt. Ich denke wir werden nicht mehr lange fahren müssen. Und nun lass mich los und steig ins Auto. Bevor wir ankommen werde ich dir noch ein Paar Manieren beibringen müssen.“ Leicht mit den Zähnen knirschend stieg Selena ins Auto und wartete ungeduldig darauf, dass Lisa aus ihrer Starre erwachte. Sie hätte vielleicht eine etwas andere Wortwahl nehmen können, dachte sie wieder ein wenig schmunzelnd. Aber es nutzte ja alles nichts. Lisa tat es schließlich Selena gleich und setzte sich wieder in den Wagen. Jedoch hatte sie ein sehr ungutes Gefühl in ihrer Magengegend. „Wieso musst du mir Manieren beibringen?“ Frage sie schließlich zögerlich Selena, welche sich auf die Straße zu konzentrieren schien. Hier fuhren wohl selten Autos lang, wenn man sich die vielen Schlaglöcher betrachtete. „Ich bin zwar für deinen Schutz verantwortlich, jedoch werde auch ich nicht allzu viel ausrichten können, solltest du zu viel aufsehen erregen und dich mit jemandem anlegen, der über deinem Stand ist. Daher empfehle ich dir nur zu sprechen wenn du aufgefordert wirst. Auch solltest du es vermeiden jemandem provozierend in die Augen zu sehen. Und halte dich generell zurück. Nur weil ich nachsichtig bin heißt das nicht, dass meine Familie ebenfalls so urteilen wird. Ich habe sie zwar eine ganze Weile nicht zu Gesicht bekommen, aber ich erinnere mich als wäre es gestern gewesen. Damals waren sie nicht zimperlich wenn sie mit ihren Dienern nicht zufrieden waren.“ Allmählich begann die Farbe aus Lisas Gesicht zu weichen. Sie hatte zwar gehofft das Selena bemerken würde, wie sie sich fühlte und ihr vielleicht ein wenig die Angst nehmen würde, jedoch hatte sie nicht damit gerechnet das die Dämonin so direkt ihre Ängste bestätigen würde. Es gefiel ihr zwar nicht, jedoch nahm sie sich vor, sehr genau auf Selena zu achten und zu versuchen sich an alle Regeln zu halten und nicht groß aufzufallen. Zumindest nicht mehr als nötig. Sie hatte keine große Lust hinterher noch auf dem Speiseplan zu landen oder in irgendeinem Keller zu verschwinden und nie wieder gesehen zu werden. Die aufkommende Gänsehaut konnte sie nicht mehr zurückhalten und sie erschauderte kurz bei dem bloßen Gedanken an das, was sie wohl möglich noch erwarten würde. Selena hatte aus ihrem Augenwinkel heraus sehr genau Lisas Reaktionen beobachtet und war positiv überrascht. Lisa schien diesmal zu verstehen um was es ging und das sie keinen schlechten Eindruck hinterlassen sollte. Damit war für sie das Thema auch erstmal abgehakt, schließlich war der erste Eindruck der wichtigste und wenn Lisa sich da nicht verplapperte würde es wohl gehen. -- Nach weiteren zehn Minuten Fahrt, immer noch über den Feldweg der durch einen kleinen Wald führte, konnte Lisa etwas erkennen. Weiter hinten schien der Wald ein Ende zu finden und sie sah so etwas wie einen Zaun. Je näher sie kamen umso genauer konnte sie erkennen das es ein recht hoher Metallener Gitterzaun sein musste. Er war schwarz Lackiert und hatte ziemlich scharf aussehende Spitzen. Alle paar Meter war ein Betonpfeiler eingelassen, an welchem neue Zaun Elemente befestigt waren. So solide wie eine Festung, dachte Lisa bei sich. Oder wie ein Gefängnis, fügte sie noch hinzu. Als der Geländewagen vor einem großen Tor zum halten kam sah sie wieder dieses Symbol. Rechts, neben dem Tor, war ein deutlich größeres Schild angebracht. Wieder der weiße Drache, jedoch stand diesmal in geschwungenen Buchstaben auch etwas darunter. „.. Vindalici ..“ Entzifferte Lisa leise das Wort. „Meine Familie.“ Selena stand inzwischen neben Lisa und schien gedankenverloren die Luft einzuatmen, als würde sie etwas bekanntes wittern. „Aber sagtest du mir nicht mal, dass dein Name Smith lauten würde?“ „Kleine Lisa, sei nicht so naiv. Smith ist ein Name, jedoch nicht mein richtiger. Mein richtiger Name lautet Selena Vindalici. Jedoch benutze ich ihn nur innerhalb meiner Sippe. Unter euch Menschen heiße ich weiterhin Smith.“ Selena hatte ihre Augen geöffnet und schaute Lisa mit einem unverwandt sanften Blick an. „Wollen wir?“ Sie wartete nicht auf eine Antwort, sondern stieß das massiv wirkende Tor ,mit einer für Lisa erschreckenden Leichtigkeit, auf, sodass Lisa wieder daran erinnert wurde das mit Selena nicht zu spaßen war. „J..Ja.“ Als Lisa bemerkte das sie schon wieder drohte ins Stottern zu verfallen, dachte sie darüber nach vielleicht besser ganz den Mund zu halten. Hätte sicherlich nur Vorteile, stellte sie fest. -- Von einer Behausung war noch nichts zu erkennen, jedoch konnte Lisa allmählich identifizieren, dass dies wohl eine Grundstücksauffahrt sein musste. Kurze Zeit später erblickte sie es dann. Ein riesiges Herrenhaus, weiß gestrichen mit schwarzen Akzenten. Es hatte mindestens drei Etagen, soweit Lisa das einschätzte und war in einem neu gotischen Stil errichtet. Es wirkte sehr erdrückend auf sie und erinnerte an eine Mittelalterliche Festung. Ob die hier wohl einen Kerker haben? Lisa musste schlucken bei dieser Vorstellung. Vor dem Herrenhaus war ein kreisrunder Wende platz, auf welchem Selena nun den Wagen abstellte und ohne Hemmungen bereits auf dem Weg zum Haupteingang war. Lisa traute sich erst nicht, dass Auto zu verlassen. Aber unter keinen Umständen wollte sie hier irgendwo alleine bleiben. Schnell eilte sie der grünäugige hinterher und blieb dicht hinter ihr stehen. „Mir ist nicht sehr wohl dabei.“ Murmelte Lisa leise und hoffte das Selena es wenigstens gehört hatte. Doch diese ignorierte sie einfach. Lisa erschrak heftig, als Selena einfach ein paar mal mit der Faust gegen die massive Holztür schlug. Erst passierte nichts und sie wollte die Dämonin gerade darauf hinweisen, dass es wohl besser wäre nach einer Klingel zu suchen, als sich die Tür langsam mit einem lauten Quietschen öffnete. Wie in einem Horrorfilm, dachte Lisa während sie die Augen verdrehte und sich etwas dichter zu Selena stellte. Sicher war sicher, nur kein Risiko eingehen. „Sie wünschen?“ Eine etwas schief Krächzende Stimme stelle diese Frage, doch Lisa konnte niemanden sehen. Sie wollte gerade Selena fragen wo die Stimme denn hergekommen sei, doch Selena schien ihre Aufmerksamkeit gerade dem Fußboden zu widmen. Als Lisa ihren Blick in dieselbe Richtung lenkte viel ihr die Kinn lade runter. Dort stand ein etwa einen Meter großer Zwerg, mit Anzug und Krawatte, einem kleinen Gehstock und spitzen Ohren. Er schien schon ziemlich alt zu sein, zumindest deuteten die vielen Falten in seinem Gesicht und der lange weiß-rote Bart darauf hin. Das erste was ihr zu diesem Zwerg einfiel war ein alter Horrorfilm, in dem es um einen Kobold ging der alle um brachte die seinem Gold zu nahe kamen. Ob dieser Zwerg wohl auch so ein Kobold war? Lisa wusste nicht ob sie lachen oder weinen sollte, entschied sich aber dafür hinter Selena in Deckung zu bleiben. „Ich fordere mein Geburtsrecht auf Unterkunft ein.“ Selenas Stimme war eiskalt und schneidend, sodass Lisa vermutete das sie wohl nicht viel für den Zwerg übrig hatte. Jetzt wo sie genauer darüber nachdachte musste er ein Butler oder Pförtner oder so etwas sein. Hoffentlich gab es nicht noch mehr von denen. Der Zwerg schien kurz zu überlegen, ehe er antwortete. „Sehr wohl. Bitte treten sie ein, junge Herrin.“ Er verbeugte sich leicht, woraufhin Selena einfach an ihm vorbei schritt. Lisa beeilte sich ihr zu folgen und konnte den Missbilligenden Blick des Zwerges in ihrem Rücken spüren. -- Lisa und Selena hatten sich in einem kleinen Empfangszimmer niedergelassen und warteten darauf, dass etwas passierte. Zumindest Lisa tat dies, Selena schien gedanklich irgendwo ganz anders zu sein. „Was machen wir nun?“ Fragte Lisa leise und wollte die Zeit mit einem kleinen Gespräch überbrücken. „Sei still.“ Selena fauchte sie kurz an, woraufhin Lisa erschrocken etwas von ihr wegrückte. Sie verstand nicht, was sie nun wieder falsch gemacht hatte. Sie wollte ja nur etwas Zeit tot schlagen. Plötzlich wurde eine Tür schwungvoll geöffnet und eine junge Frau, in einem weißen Hosenanzug, trat hinein. Sie hatte kurze Platin blonde Haare und grüne Augen. Sie waren zwar nicht so rein wie Selenas, aber dennoch strahlten sie eine erdrückende Präsenz aus. Lisa bemühte sich wieder auf den Boden, vor ihren Füßen, zu schauen bevor sie noch weiter Selena mit dieser Frau verglich. Obwohl die beiden eine erstaunliche Ähnlichkeit aufwiesen. „Na sieh mal einer an, Selena. Du lebst also doch noch?“ Die Stimme der Frau war voller Spott und schien Selena provozieren zu wollen. Ihren Mund hatte sie zu einem leichten Grinsen verzogen. „Wie du siehst. Celina.“ Selena spuckte den Namen geradezu aus, als wäre es ein Schimpfwort. Um zu bemerken, dass die beiden sich nicht sonderlich grün waren, musste Lisa keine Hellseherin sein. Jedoch gefiel es ihr nicht das diese Frau nun auch noch ihren Blick auf sie richtete und ihr Grinsen breiter wurde. Wo war sie hier nur hineingeraten?! Neben ihr eine zur Zeit sehr wankelmütige Dämonin und vor ihr stand .. Kapitel 14: Kapitel 14 ---------------------- „Du hättest dir aber keine Wegzehrung mitbringen brauchen, oder ist die kleine ein Gastgeschenk? Wie aufmerksam.“ Celina schritt langsam auf Lisa zu und packte diese grob am Kinn, um sie zu zwingen ihr in die Augen zu sehen. Celinas Augen färbten sich, ganz so wie es bei Selena oft der Fall war wenn diese ihr Wahres Gesicht offenbarte, rot und sie entblößte lange Reißzähne. Ihr klauen begannen langsam in Lisas Haut zu schneiden, wodurch diese kurz erschrocken auf jaulte. Jetzt erkannte Lisa warum ihr diese Frau so vertraut vorkam. Selena hatte doch mehrmals eine Schwester erwähnt. Das musste sie sein. Leider konnte sie nicht weiter darüber nachdenken, da Celina den Druck auf ihr Kinn verstärkte. „Es reicht. Ich werde es nicht dulden, dass du mein Eigentum beschädigst.“ Selena hatte sich erhoben und entblößte ebenfalls ihre Reißzähne. Energisch entfernte sie Celinas Hand von Lisas Kinn und stellte sich schützend vor ihre Dienerin. „Ich bin nicht hier um dir Geschenke zu bringen, sondern um Antworten zu erhalten.“ Sie lies Celinas Hand los und schaute ihr ungeduldig in die Augen. „Du scheinst aus deiner Strafe nicht viel gelernt zu haben, wenn du dir gleich wieder Menschen ans Bein bindest.“ Celina nahm auf einem Stuhl, gegenüber von Selena und Lisa, platz und schlug ihre Beine übereinander. Lisa rieb sich immer noch ihr Kinn und hoffte das es nicht so schlimm aussah wie es sich anfühlte. Auch wenn das Blut, welches an ihren Fingern klebte, nichts gutes verhieß. Als sie etwas von einer Strafe hörte, wurde sie hellhörig. Selena hatte nie etwas von einer Strafe erzählt. Wofür war sie bestraft worden? Und womit? Wiedereinmal hatte sie viele Fragen und keine Antworten, aber sie würde den Teufel tun und sich jetzt bestimmt nicht in das Gespräch der beiden Dämonen einmischen. „Es ist meine Angelegenheit was ich tue und was nicht. Du bist nicht in der Position mir Vorhaltungen zu machen.“ Selena nahm nun auch wieder platz und setzte sich provokant, Schulter an Schulter, zu Lisa. Diese zuckte zwar kurz zusammen, blieb jedoch ruhig wofür Selena ihr im Stillen auch dankbar war. „Du machst es dir wie immer viel zu leicht. Vater wäre ebenfalls nicht glücklich dich wieder in der selben Lage zu sehen. In Anbetracht der Umstände hast du jedoch Glück, denn Vater ist im Moment nicht in England. Er hat mir die Führung unseres Hauses übertragen, solange er abwesend ist. Ich kann mir vorstellen das du viele Fragen hast, ich habe ebenfalls die ein oder andere an dich. Aber dafür ist jetzt nicht die richtige Zeit. Ich schlage vor du beziehst erst einmal ein Zimmer und nimmst ein Bad. Du stinkst nach Mensch.“ Celina verzog etwas die Nase und erhob sich zum gehen. „Den Rat gebe ich dir gerne zurück, oder willst du leugnen nach Katze zu riechen?“ Selena hob herausfordernd eine Augenbraue. Dieses Spiel hatten sie früher oft zusammen gespielt. Es war gefährlich und provokant. Doch meistens lief es unentschieden aus, da sich keine von beiden die Blöße geben wollte die Fassung zu verlieren. „Pass gut auf deinen Menschen auf. Nicht alle in diesem Anwesen haben soviel Selbstbeherrschung wie wir zwei. Du solltest wissen was mit kleinen unschuldigen Menschen passiert wenn es zur Essenszeit läutet.“ Celina begann wissend zu grinsen und zwinkerte Lisa schließlich noch einmal zu, ehe sie den Raum wieder verließ und noch einem Bediensteten etwas zu zuflüstern schien. Nachdem die Tür wieder geschlossen wurde, wandte sich Selena Lisas Kinn zu und begutachtete es eingehend. Nur ein paar kleine Schnitte waren zu sehen, womit sie befand das Lisa noch gut davon gekommen war. Es hätte auch schlimmer enden können. „Ist alles in Ordnung?“ Sie blickte Lisa mit ihren roten Augen prüfend an und wartete das selbige wieder in die Realität zurück fand. „Es geht so, aber was war das denn gerade eben für eine Show?“ Lisa klang noch etwas verschüchtert, hatte sich aber dennoch erhoben und schaute Selena nun von oben herab an. „Das war deine Schwester, hab ich recht? Was meinte sie mit 'Strafe'? Ich glaube du hast mir eine Menge zu erzählen!“ Stellte sie überzeugt von sich fest. „Celina ist meine ältere Schwester, ja. Wir reden später. Erst versorgen wir dein Kinn.“ Selena erhob sich nun ebenfalls und nahm Lisa einfach an der Hand, um sie mit sich zu ziehen. Als sie die Tür des Empfangsraumes öffnete, wartete auf der anderen Seite bereits jemand auf die beiden. Lisa entglitten sämtliche Gesichtszüge. Da stand ein junges Mädchen, sie schätzte es auf vielleicht sechzehn Jahre, welches kurze hell braune Haare hatte und eine Hausmädchen Uniform trug. Der Grund, warum sie so entgeistert aus der Wäsche schaute, war jedoch nicht die schwarz weiße Uniform oder die tief verbeugte Haltung. Dieses Hausmädchen hatte Katzenohren und aus dem Rock stahl sich ebenfalls ein Katzenschwanz. Gab es in diesem Haus denn keine normalen Menschen?! Ach ja, doch. Zum Essen, erinnerte sich Lisa sarkastisch an Celinas Andeutung von vorhin. „Die gnädige Herrin hat mich angewiesen euch ein Zimmer zuzuweisen. Mein Name ist Tio, bitte folgt mir.“ Das Katzenartige Mädchen hatte sehr leise gesprochen und schien sich nicht gerade wohl zu fühlen, die beiden Frauen zu einem der Gästezimmer bringen zu müssen. Tio ging voraus, während Selena und Lisa, welche immer noch von Selena gezogen wurde, ihr folgten. Sie gingen eine große Treppe hinauf, die mit einem sehr teuer aussehendem roten Teppich geschmückt war und betraten einen Gästeflügel. Nachdem sie an einigen schlichten Türen vorbei gegangen waren, blieb das Katzenmädchen schließlich vor einer Tür aus dunklem Holz stehen. „Hier ist ihr Zimmer Herrin, wenn ihr etwas benötigt so klingelt einfach.“ Tio übergab Selena ein kleines silbernes Glöckchen und verbeugte sich erneut. Sie ließ Selena als erstes das vorbereitete Gästezimmer betreten, gefolgt von Lisa. Als Lisa an ihr vorbei ging änderte sich ihr Gesichtsausdruck von unterwürfig zu verängstigt und angewidert. Schnell wandte sich Tio ab und lief um die nächste Ecke. Lisa schaute dem Katzenmädchen noch eine kurze Weile nachdenklich hinterher, ehe sie ebenfalls das Zimmer betrat. Es war großzügig eingerichtet, jedoch trafen die verwendeten Farben nicht ganz ihren Geschmack. Der Raum war in dunklen Farben gehalten und wirkte dadurch drückend und schwer. Würde sie länger an diesem Ort bleiben müssen, so würde sie garantiert depressiv werden. Allerdings hatte er einen schönen Balkon. Immerhin etwas. Erschöpft ließ sich Lisa rückwärts auf das große Bett fallen und schloss kurz die Augen. Als sie eine Hand an ihrem Kinn spürte öffnete sie ihre Augen vorsichtig einen Spalt. Es war Selena, welche mit einem nassen Tuch vorsichtig Lisas Kinn vom leicht an getrocknetem Blut befreite. Sie schien Lisa mit ihren, nun wieder grünen, Augen direkt in die Seele blicken zu wollen. Ein wenig unwohl war Lisa schon, zwar war sie inzwischen daran gewöhnt Selena so nahe zu sein aber der Blick der Dämonin sagte ihr gar nicht zu. „Also .. du .. du wolltest mir erzählen um was es eben genau ging.“ Lisa versuchte das Gespräch von vorher wieder aufzunehmen und diese vertraute Zweisamkeit mit Selena sinnvoll zu nutzen, um endlich ein paar Antworten zu erhalten. „Halte still, oder ich binde dich fest!“ Zischte Selena die junge Frau unter ihr an. „Wenn du dann endlich ruhe gibst, werde ich dir Erzählen wovon Celina gesprochen hat.“ Selena setzte sich neben Lisa auf das Bett und strich mit ihren Fingern die kleinen Wunden auf ihrem Kinn nach. „Vor gut 200 Jahren wurde ich vor ein Familientribunal berufen. Es ging um den Pakt den ich mit deinen Vorfahren geschlossen hatte, in welchem ich ihnen gegen ihre Dienste Schutz zusicherte. Wie ich dir bereits erzählte, ist das bei uns durchaus eine übliche Handlungsweise. Um sich loyale Anhänger und einen kleinen Notvorrat an Nahrung zu sichern. In meiner eigenen Familie ist es dagegen etwas komplizierter. Mein Vater genießt hohes Ansehen innerhalb unserer Reihen, wodurch unsere Familie keine Schwäche nach Außen zeigen darf. Sich Menschen zu verpflichten bedeutet eine verwundbare Stelle zu offenbaren. Als mein Vater schließlich davon erfuhr war er äußerst ungehalten. Da ich nicht gewillt war das gegebene Wort zu brechen, wurden mir 50 Jahre Bedenkzeit auferlegt.“ Selena machte eine nachdenkliche Pause und begann gedankenverloren an Lisas Haaren zu nesteln. „Wir verfügen über die Fähigkeit lange Zeit in einem Schlaf artigen Zustand zu verbringen. Du könntest es auch Winterschlaf nennen. Ich sollte die 50 Jahre ruhend in meinem Tempel verbringen und danach entscheiden ob ich mich für meine Familie entscheide oder für einige niedere Menschen. Eigentlich war es eine großzügige Geste, da mein Vater für gewöhnlich nicht so geduldig ist. Er hätte auch eigenhändig alle meine Untergebenen aufreißen können. Ich denke er wollte es ausnutzen, dass alle mir bekannten Gesichter zum Zeitpunkt meiner Erweckung tot gewesen wären und mir so vor Augen führen wie sinnlos es ist sich an Menschen zu gewöhnen.“ Sie schloss kurz ihre Augen bevor sie fort fuhr zu erzählen. „Aus den 50 Jahren wurden schließlich gut 200, da mich niemand aufweckte. Das ich überhaupt erwacht bin, verdanke ich nur der Tatsache das ich meine Kräfte aufgebraucht hatte. Länger hätte ich in schlafend nicht überleben können. Leider ist Vater nicht hier, aber ich hoffe Celina wird uns die nötigen Antworten geben können.“ Nachdem Selena geendet hatte ließ sie Lisas Haare los und erhob sich in Richtung des großen Ebenholz farbenen Kleiderschrankes. „Bedeutet das ich bringe dich mit meiner Anwesenheit in Gefahr?“ Fragte Lisa ein wenig besorgt darüber, dass sich möglicherweise alles wiederholen könnte, aufgrund dessen das Selena sich nun ihr gegenüber verpflichtet fühlte. Das Selena sie natürlich nur als Dienerin sah überging sie im Geiste einfach. „Du musst dir keine Gedanken machen. Ein einzelner Mensch spielt für meinen Vater keine Rolle. Und auch wenn Celina im Augenblick das Familienoberhaupt sein sollte, so kann sie sich nicht alles herausnehmen.“ Selena hatte während sie sprach begonnen im nach etwas bestimmten zu wühlen und wurde schließlich mit einem erleichtertem seufzen fündig. „Hm, okay. Aber .. was meintest du eigentlich mit 'deinem Tempel'?“ Lisa bemühte sich ihren Kopf weit in den Nacken zu legen, um wenigstens in Selenas Richtung schauen zu können. „Nun, man könnte behaupten das deine Vorfahren eine kleine Obsession für das anbeten von Dämonen hatten.“ Das letzte was Lisa vernahm, bevor ihr ein kleines Bündel Stoff an den Kopf geworfen wurde, war Selenas leises lachen. Scheinbar amüsierte sie es ja sehr, dass Lisas Vorfahren so was wie Teufelsanbeter gewesen sein mussten. Super, das wäre doch mal ein Thema für eine Familienfeier .. wenn sie eine Familie gehabt hätte. Sie seufzte leise und nahm das Bündel in ihre Hände, um es zu entfalten. „Willst du damit irgendetwas andeuten?“ Misstrauisch begutachtete sie den Bademantel, welchen ihr Selena an den Kopf geworfen hatte. „Ich wollte nur vorschlagen das Bad vor beginn der Essenszeit aufzusuchen. Du magst es eventuell als Scherz aufgefasst haben, aber Celina meinte es durchaus ernst. In diesem Haus stehst du an unterster Stelle und solltest acht geben.“ Selena verschränke tadelnd ihre Arme vor der Brust und deutete Lisa, mit einem Kopfnicken in Richtung der Tür, an sich besser zu beeilen. -- Lisa hatte sich genau an die Wegbeschreibung gehalten, welche Selena ihr gab, jedoch kein Bad gefunden. Genervt lehnte sie sich mit dem Rücken an die Wand des Flures und atmete erstmal tief durch. Während sie ihren Blick ein wenig schweifen ließ, erblickte sie etwas bekanntes. Etwa drei Meter weiter, an der Ecke der nächsten Abzweigung, schaute doch ein pelziger Schwanz hervor? „Ehm, Tio? Bist du das? Ich sehe dich. Du musst dich nicht vor mir verstecken.“ Es klang mal wieder unsicherer als beabsichtigt, jedoch war Lisa das im Augenblick egal. Schließlich galt es möglichst vor dem Abendessen wieder in Selenas Nähe zu sein, um nicht selbst zum Abendessen zu werden! Und tatsächlich schaute kurze Zeit später das Katzenmädchen gänzlich um die Ecke. „Sehr wohl, was kann ich für .. euch .. tun?“ Tio sackte leicht in sich zusammen und wartete auf eine Anweisung. „Oh, ich habe mich, glaube ich, verlaufen. Kannst du mir zeigen wo sich das Badezimmer befindet?“ Verlegen kratzte Lisa sich am Hinterkopf und lächelte entschuldigend. Irgendwie war ihr das Mädchen ja sympathisch. Auch wenn sie immer so misstrauisch schaute. „Folgt mir.“ Schnell wandte sich Tio ab und ging zielstrebig die Gänge entlang, sodass es Lisa schon fast schwer fiel schritt zu halten. Schließlich blieb das Katzenmädchen vor einer großen weißen Tür stehen und deutete Lisa an einzutreten. Lisa näherte sich Tio, um sich bei ihr zu bedanken, als ihr auffiel wie das Katzenmädchen ihren Blick stur auf den Boden geheftet hatte und kaum merklich zu zittern schien. Bei genauerem hinsehen fielen ihr jetzt auch einigen verblasste Narben auf, welche das Gesicht und die frei liegenden Arme und Beine Tios zierten. „Vielen dank, das war es dann auch schon. Den Rest schaffe ich alleine.“ Lisa versuchte aufmunternd zu lächeln, jedoch war Tio schon wieder verschwunden. Hatte sie etwa Angst vor Lisa gehabt? Aber weshalb denn? Gerade Lisa war doch, wie Selena es so schön erklärt hatte, das falsche Ende der Nahrungskette und nun wirklich kein Grund sich zu fürchten. Während sie sich weiterhin den Kopf über dieses Mädchen zerbrach, begab sie sich ins Bad und gönnte sich erstmal eine warme Dusche. -- Schon eine dreiviertel Stunde war es her, dass sie Lisa weggeschickt hatte. Sie brauchte ein wenig Zeit zum Nachdenken, auch wenn sie nicht wirklich gelogen hatte. Es stimmte schon das es später nicht mehr sehr sicher auf den Fluren gewesen wäre. Am liebsten wäre Selena auf der Stelle zu Celina gegangen um den Streit von vorhin neu zu beleben und so vielleicht einige Antworten aus ihr heraus zu locken. Aber sie konnte nicht mal genau sagen ob Celina noch im Haus war oder nicht. Zu viele Reize überfluteten hier drinnen ihre Sinne und sie müsste sich erst einige Zeit wieder daran gewöhnen. Umso nervöser wurde sie auch, da Lisa noch nicht zurückgekehrt war. Sie machte sich keine Illusionen. Sollte der kleinen etwas zugestoßen sein, so würde sie es wohl zu spät bemerken. Kurzentschlossen verließ sie das Zimmer und machte sich auf die Suche nach ihrer Dienerin. Man konnte Menschen keine Minute allein lassen, ohne das sie sich in Schwierigkeiten brachten. Etwas dumm kam sie sich vor. Sie durchstreifte die Gänge des Anwesens, auf der Suche nach einem menschlichen Mädchen, wie ein Hund auf der suche nach einem Knochen. Fast hätte sie über sich selbst gelacht, wäre ihr nicht plötzlich ein unheilvoller Duft in die Nase gestiegen.. Kapitel 15: Kapitel 15 ---------------------- Lisa streifte sich gerade den von Selena rausgesuchten Bademantel über, als sie dachte etwas hinter sich gehört zu haben. Sie blickte sich um, konnte jedoch nichts entdecken was ihrer Aufmerksamkeit bedurft hätte. Schnell band Lisa den weißen Bademantel fest zu, bevor sie sich der Tür näherte. Langsam wurde sie definitiv paranoider als nötig, beschloss sie und öffnete mit einem Ruck die Tür. Wie sie erwartet hatte, befand sich auf der anderen Seite nur ein leerer Gang. Erleichtert atmete sie aus, bemerkte jedoch gleich das es nun nicht mehr so klar war wo genau das Zimmer lag, welches sie sich mit Selena teilte. Links, rechts, links .. oder vielleicht doch rechts, links, rechts? Ok, keine Panik! Die Flure glichen hier wirklich einem Irrgarten, bemerkte sie gedanklich. Das blonde Mädchen entschied sich schließlich einfach in die Richtung zu gehen, in welche Tio vorhin verschwand. Möglicherweise würde sie ja wieder auf das Katzenmädchen treffen. Dann könnte sie sich auch gleich von ihr zum Zimmer bringen lassen. Zufrieden mit ihrer Idee machte Lisa sich auf den Weg. Immer wieder blickte sie sich nervös um, denn sie fühlte sich irgendwie verfolgt. Nur sehen konnte sie nichts, weshalb das blonde Mädchen es vorerst auf die bedrückende Atmosphäre schob, welche diesem Haus inne wohnte. Oder vielmehr dessen Bewohnern anhaftete. Unter keinen Umständen wollte sie einem von ihnen über den Weg laufen. Mit Ausnahme von Tio natürlich. Immerhin schien diese ja keine unmittelbare Bedrohung für ihr leben zu sein. Mit schlurfenden Schritten bog Lisa gerade um eine weitere Ecke, als ihr plötzlich schwarz vor Augen wurde. Alles ging so schnell, dass sie es gar nicht realisieren konnte. Mit einer unmenschlichen Geschwindigkeit wurde sie gepackt und hart mit dem Gesicht voran gegen die Wand gepresst. Fast wäre sie Ohnmächtig geworden, jedoch begriff sie langsam in welcher Situation sie sich befand. Jemand hielt ihre Hände hinter ihrem Rücken zusammen und drücke sie schmerzhaft fest gegen die Flurwand. Ihr entwich ein kleiner Schmerzenslaut während sie panisch die Augen öffnete, welche sie aus Reflex zusammengekniffen hatte. Zwar hoffte sie das es nur Selena war, welche sich einen Spaß erlauben wollte, aber diese Brutalität ließ sie daran stark zweifeln. Sie versuchte einen Blick über ihre Schulter zu erhaschen und erkannte einen älteren Mann, welcher gierig auf ihren Hals zu starren schien. „L .. las .. lass mich bitte los!“ Sie flehte jämmerlich, denn die Spitzen Zähne und die roten Augen ihres Angreifers bedurften keiner weiteren Erklärung. So hatte sie sich das Abendessen nicht vorgestellt! Das Gesicht dieses Dämons wies kaum noch etwas Menschliches auf. Seine Augen entblößten seine Gedanken auf eine schmerzhaft schonungslose Art und Weise. Sein blick war unstet und leer. Bloß auf seine Beute fixiert. Sein leises knurren drang an ihr Ohr, während er begann an ihrem Hals zu riechen. Lisa überkam eine Welle des Ekels und der Hilflosigkeit. Der Dämon schien nicht ansprechbar zu sein und vollkommen in seiner eigenen Welt versunken. Zu gern hätte das junge Mädchen nun um Hilfe gerufen, jedoch wurde ihr Brustkorb geradezu unbarmherzig stark zusammengepresst. Nicht mehr lange und sie würde ihr Bewusstsein endgültig verlieren. Die ersten Tränen der Hilflosigkeit und des Schmerzes begannen ihre Wangen hinab zulaufen, als der Dämon quälend langsam begann seine Fangzähne in ihrem Hals zu versenken. Er biss nicht tief zu, achtete geradezu peinlich genau darauf keine Vene zu verletzen. Dieses Spiel sollte nicht zu schnell vorbei sein, also biss er ein weiteres mal zu und vergrub sein Gebiss erneut in Lisas Hals. Gerade als sie dachte die Schmerzen könnten nicht mehr größer werden ließ er plötzlich von ihr ab. Sofort sog sie scharf die Luft ein und wirbelte herum. Schnell presste sie eine Hand auf die Wunde und erstarrte als sie sah was sich vor ihren Augen abspielte. Celina stand vor ihr und hatte den älteren Dämon im Schwitzkasten. Scheinbar mühelos hielt sie ihn fest und flüsterte ihm etwas, in einer ihr unbekannten Sprache, ins Ohr. Augenblicklich klärten sich seine Augen und er hörte auf sich zu wehren. Als Celina ihn los lies wandte er sich sowohl von ihr, als auch von Lisa ab und verließ dieses Szenario, als wäre nie etwas passiert. Lisa wollte schon erleichtert aufatmen, als Celina sich ihr ganz langsam näherte. Wie ein Raubtier, welche sich an seine Beute heranschleicht. „Du dummer Mensch, machst nichts als Ärger.“ Celinas Stimme glich einem Wut verzerrten Grollen. Sie packte Lisa mit einer Hand am Hals, um sie an Ort und Stelle zu halten und gab ihr mit ihrer anderen Hand eine derart kräftige Ohrfeige, so dass Lisa einfach zu Boden ging und das Bewusstsein verlor. -- Selena lief so schnell sie konnte durch die Gänge, auf der suche nach der Quelle des Blutes. Sie hatte den Geruch sofort erkannt, frisches süßes Blut. Es erinnerte sie an Lisa, weshalb sich eine innere Unruhe in ihr aufbaute. Diese versuchte sie so gut es ging zu verdrängen. Es wäre kein guter Zeitpunkt sich in die eigenen Gedanken zu flüchten. Plötzlich konnte sie eine Stimme hören. Das war doch Celina? Sie wird doch wohl nicht .. Selena dachte nicht weiter, sondern beschleunigte ihr Tempo und erreichte schließlich den Leblos am Boden liegenden Körper ihrer Dienerin. Sich niederkniend, tastete Selena zuerst nach ihrem Puls. Beruhigt atmete Selena einen kurzen Moment lautstark aus, denn ihre Dienerin war zum Glück nur Bewusstlos. Kurz begutachtete sie die mehr Oberflächliche Bisswunde am Hals, ehe sie sich Celina zu wandte. „Da mein Mensch noch lebt, war dies wohl nicht dein Werk.“ Sie wollte keine überflüssige Frage stellen, also entschied sie sich nur eine einfache Feststellung zu äußern. Im Augenblick war sie zu gefangen von ihren Emotionen, als dass sie eine lange Diskussion mit Celina ohne einen Wutausbruch überstanden hätte. „Du hättest deinem Spielzeug mehr Verstand einschärfen sollen. Ich konnte gerade noch verhindern das sie aufgefressen wird. Du schuldest mir etwas.“ Celina stellte ein breites Grinsen zur Schau und näherte sich Selena. „Übrigens habe ich Vater erreichen können und ihm mitgeteilt das du wieder da bist. Er war überrascht, versprach aber in einigen Tagen hier zu sein. Und nun schaff mir diesen Abschaum aus den Augen.“ Schnell entfernte sich Celina wieder und ließ Selena allein bei der Bewusstlosen Lisa zurück. Vorsichtig legte die Dämonin ihre Arme unter Lisas Rücken und knie, um sie aufzuheben und zurück in ihr Zimmer zu bringen. Es ist meine Schuld, dachte Selena bitter. Sie hätte Lisa nicht alleine gehen lassen dürfen. Aber diesen Fehler würde sie kein zweites mal machen. In Zukunft hatte Lisa sich an ihrer Seite aufzuhalten und das würde sie ihr schon noch einbläuen, dessen war sie sich sicher. -- Vorsichtig legte Selena ihre Dienerin auf das große Bett und achtete darauf, dass der Bademantel nicht zu viel Preis gab. Nachdem sie neben Lisa auf der Bettkante platz genommen hatte, näherte sie sich der Wunde an ihrem Hals. Vermutlich würde eine kleine Narbe zurückbleiben. Selenas Augen blitzten kurz rötlich auf, als sie begann die Bisswunde mit ihrer Zunge zu reinigen. Ihr Speichel würde die Blutung schon stoppen. Ungewollt wuchsen ihre Zähne während dieser Prozedur, denn das süße Blut ließ die Dämonin fast ihre Beherrschung verlieren. So beeilte sie sich und legte anschließend noch einen Verband an. Ihre roten Augen fixierten das friedliche Gesicht unter ihr, während sie sanft mit ihren Lippen Lisas Wange streifte. „Schlafe und erhole dich.“ Hauchte sie Lisa leise ins Ohr. -- Schnell griff das braunäugige Mädchen sich an den Hals. Verdammt. Als sie den Verband fühlte und auch die Schmerzen wahrnahm wusste sie, dass es kein Traum gewesen sein konnte. Wie lange war sie Ohnmächtig gewesen? Und wo war sie nun? Sie blickte sich um, aber es war zu dunkel um etwas zu erkennen. Es musste mitten in der Nacht sein. Wie war sie nur in dieses Bett gekommen? Mit einem unterdrücktem Fluchen versuchte sie sich aufzusetzen, was ihr jedoch nur halb gelang. „Selena?“ Ihre kratzige Stimme war leise, aber die hoffte das ihre Dämonin hier irgendwo war. Und wie sie das hoffte! Sie würde es zwar niemals offen Aussprechen, aber im Augenblick sehnte sie sich nach nichts mehr, als der Nähe Selenas. „Trink.“ Lautlos wurde Lisa ein Wasserglas an die Lippen gesetzt, woraufhin sie hastig einen großen Schluck zu sich nahm. „Wie geht es dir?“ Lisa drehte ihren Kopf ein wenig in die Richtung aus der die Stimme gekommen war, konnte jedoch nur eine Silhouette erkennen. „Selena, bist du es?“ Ihre Stimme nahm einen etwas ängstlicheren Tonfall an, da sie nur ein paar rote Augen hat auf blitzen sehen. „Du hast wohl mehr schaden erlitten als ich dachte, wenn du nicht einmal mehr meine Stimme erkennen kannst.“ Lisa horchte auf. Das war doch definitiv Selenas Stimme. Dieser spöttische Unterton und die Sarkastische Feststellung. Lisa schallt sich selbst dafür, dass sie Selenas Stimme nicht gleich erkannt hatte. Mit einem kleinen schmerzhaften Stöhnen richtete sie sich schnell ganz auf, schwang ihre Beine aus dem Bett und warf sich regelrecht um Selenas Hals, welche bis eben noch auf einem Stuhl neben dem Bett gesessen hatte. Zwar war die Dämonin sichtlich überrascht von dieser Reaktion, jedoch ließ sie das blonde Mädchen gewähren und legte ihre Arme vorsichtig um ihre Taille. „Sssht. Es ist ja gut. Du wirst im Haus aber nicht mehr allein durch die Gänge streifen können. Wir müssen nur noch einige Tage hier bleiben, dann können wir wieder zurück nach London.“ Selena ließ ihre rechte Hand immer wieder Lisas Rücken beruhigend auf und ab fahren. „Ich hatte solche Angst!“ Lisa schluchzte leise auf. Sie wollte sich zusammenreißen aber es gelang ihr einfach nicht. Ihre Gefühle gingen mit ihr durch und das sie Selena nun so angesprungen hatte tat sein übriges. Es hätte sie nicht gewundert wenn sie statt vor Angst oder Erleichterung nun aus Scham geweint hätte. Vermutlich war es eine Mischung als allen drei Gründen, die sie nun so fertig machte. „Du freust dich aber sehr das ich an deinem Bett Wache gehalten habe.“ Lisa konnte das selbst zufriedene Grinsen auf dem Gesicht ihrer Dämonin fast spüren, aber sie reagierte nicht darauf. Stattdessen drückte sie sich einfach enger an Selena und vergrub ihr Gesicht an deren Schulter. Eigentlich könnte Selena es nun dabei belassen, aber sie wollte das Spiel ein wenig weiter treiben. Vielleicht würde sie Lisa so ja ein wenig aufheitern. „Würde nun jemand den Raum betreten könnte derjenige denken das du mich verführen willst.“ Selena äußerte diese Feststellung mit einer scheinbaren Gleichgültigkeit in der Stimme, die nur vom leichten Lächeln auf ihrem Gesicht Lüge gestraft wurde. „Ach halt doch die Klappe!“ Nuschelte Lisa nun wieder etwas gefasster, aber immer noch an Selenas Schulter leise vor sich hin. Sie machte auch keine Anstalten sich so bald von Selena entfernen zu wollen. Die Dämonin störte es zwar nicht, jedoch wollte sie ihre Selbstbeherrschung in dieser Nacht nicht noch weiter auf die Probe stellen. „Du solltest noch ein wenig Schlaf finden.“ Vorsichtig schob sie Lisa von sich und drückte sie wieder auf das große Bett. Anstatt Lisa aber einfach in die Decke zu wickeln und sich wieder auf den Stuhl zu setzen, so wie sie es vorhin getan hatte, legte sie sich nun neben Lisa und zog sie wieder in eine Umarmung. „Gute Nacht, kleine Lisa.“ Sanft drückte sie dem Mädchen in ihren Armen noch einen leichten Kuss auf die Stirn, bevor sie ihre Augen schloss um sich etwas auszuruhen. In Lisas Kopf hingegen begann es nun zu rattern. Was tat Selena denn hier nur? Konnte es möglicherweise sein, dass Selena sie gern hatte? Schlimmer als diese Frage, war für sie die Feststellung das ihr der Gedanke nicht so sehr unangenehm war, wie er sein sollte. Im Gegenteil sogar, sie spürte ein leichtes Kribbeln in ihrem Bauch. Gequält schloss Lisa ihre Augen. Das war doch alles so Absurd, aber wie sollte sie bloß Gewissheit bekommen. Gewissheit über ihre eigenen Gefühle und über Selenas. Offen mit der Dämonin konnte sie unmöglich sprechen. Entweder würde die Dämonin über sie herfallen oder sie auslachen. Beides waren im Moment nicht die besten Alternativen. Da kam ihr der hoffentlich rettende Einfall! Sarah! Sarah mochte Selena zwar nicht, aber sie müsste sich doch mit Gefühlen und dem ganzen dazu gehörendem bla bla bestens auskennen. So beschloss Lisa, gleich am nächsten Morgen ein kleines Telefonat zu führen, auch wenn Sarah ihr wohl den Kopf abreißen würde, dass sie sich erst jetzt meldete. Mit einem Seufzen glitt Lisa in einen unruhigen Schlaf, in dessen Verlauf sie sich immer wieder zitternd an Selena drückte. -- Durch ein rütteln an ihrer Schulter, kehrte die Klarheit wieder in Lisas Geist. Sie tastete nach Selena, fand jedoch nur eine leere Betthälfte vor. Sie wollte schon enttäuscht weiter schlafen als ihr Blick auf ein Tablett fiel, welches auf ihrem Nachtschrank stand. In der Zimmerecke hatte Selena es sich in einem Sessel gemütlich gemacht und ihre Beine angezogen. Lisa erinnerte dieses Bild irgendwie an ein Murmeltier, welches in einem Strohhaufen lag. Hungrig griff sie nach eine Scheibe Toast und machte sich nach und nach über das ganze Tablett her. „Bist du nun gestärkt für einen weiteren Tag?“ Selena hatte sich nun erhoben und blickte auf Lisa herab, welche sich gerade den letzten Bissen schmecken lies. „Dir auch einen guten Morgen! Aber wenn du wissen willst ob ich heute wieder von wem gebissen werden will, dann: Nein, danke!“ Gespielt empört trank sie schnell noch ihren Saft aus und wollte gerade aufstehen, als Selena ihr die Hand auf die Schulter legte. „Gilt das auch für mich?“ Fragend zog Selena eine Augenbraue in die Höhe und entblößte spielerisch ihre Reißzähne. „Was?!“ Etwas geschockt riss Lisa sogleich ihre Augen weit auf, bis ihr einfiel das Selena sie bestimmt nur wieder ärgern wollte. Aber diesmal würde sie es ihr nicht so leicht machen. „Was hätte ich denn davon, wenn du mich beißen dürftest?“ Lisa setzte nun ebenfalls ein Grinsen auf und wackelte viel sagend mit ihren Augenbrauen. Anders als erwartet schien sich Selena aber nicht im geringsten von Lisas Versuch, sie zu verunsichern, einschüchtern zu lassen. Ganz im Gegenteil, denn Selena näherte sich nun Lisa. Als ihre Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander Getrennt waren, hielt sie jedoch inne. Mit ihren beiden Zeigefingern piekste Selena nun kräftig in Lisas Flanken, wodurch sie ihr ein schrilles Quietschen entlockte. Jedoch bereute Selena es sogleich, denn ihre geschundenen Ohren waren wenig begeistert. Insgesamt zufrieden mit Lisas geschocktem Gesicht, wandte Selena sich nun um und ging in Richtung der Zimmertür. „Du solltest dich im Bad fertig machen.“ Mit einer einladenden Geste zeigte Selena auf die Tür und wartete darauf das Lisa sich endlich in Bewegung setzen würde. „Wa .. Willst du etwa mitkommen?“ Sie legte etwas ihren Kopf schief. „Alleine kann ich dich ja nicht gehen lassen, das haben wir gestern ja gelernt. Aber keine Bange, ich werde dir schon nichts weg schauen!“ Ein breites Grinsen zierte nun Selenas Gesicht, während Lisa knallrot anlief. Daran hatte die braunäugige noch gar nicht gedacht! Verzweifelt versuchte sie die Bilder einer duschenden Selena aus ihrem Kopf zu verdrängen .. Montage sind wirklich das letzte. Kapitel 16: Kapitel 16 ---------------------- Der Tag neigte sich langsam seinem Ende zu und tauchte das große alte Haus in einen dunklen Schleier. Bereits den ganzen Tag hatte sich die Sonne hinter Wolken versteckt. Lisa hatte es sich in einem Sessel gemütlich gemacht und lauschte dem Klang der Regentropfen, welche vereinzelt gegen das Zimmerfenster prasselten. Sie hatte einen langen Tag hinter sich und lies ihn Gedanklich Revue passieren. -- Was hätte sie dafür gegeben das Bad für sich zu haben, doch leider hatte Selena andere Pläne gehabt. Insgeheim verstand sie ihre Beweggründe und war ihr dankbar. Das hieß aber nicht, dass es ihr nicht unangenehm war eine leicht bekleidete Dämonin vor sich herum tänzeln zu haben. Als ob noch nicht genug Chaos in ihrem Kopf herrschen würde. Nachdem beide, für Lisa's Geschmack keine Sekunde zu Früh, endlich wieder ihr Zimmer betreten hatten, nahm sich Selena als erstes ihren Ledermantel und warf ihn sich locker über die Schulter. „Du wartest hier. Ich werde bald zurück sein.“ Ohne auf eine Reaktion Seitens Lisa zu warten, wollte Selena einfach ohne selbige das Zimmer verlassen. "Was? Wo willst du denn hin? Warte, du kannst mich doch nicht hier allein lassen! Ich .. ich brauch nur einen Moment, dann bin ich umgezogen und kann mit." Hastig versuchte das blonde Mädchen mit ihrer Dämonin schritt zu halten. "Nein, ich gehe allein. Ich dulde keine Wiederworte!" Als wollte Selena ihren Worten Nachdruck verleihen, schloss sie die große Holztür, nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, hinter sich zu und ließ ihre Dienerin allein zurück. Lisa schaute nur fassungslos, noch eine saubere Hose in der Hand haltend, dabei zu. Zu gern würde sie nun aus rasten oder toben, weil Selena sie einfach allein zurückgelassen hatte ohne eine Erklärung zu geben. Aber ihr verbundener Hals erinnerte sie daran, dass es in diesem Haus einige Gründe für ihr Verhalten geben konnte. Sie versuchte ihre Trübsinnigen Gedanken in eine Stille Ecke ihres Geistes zu verbannen und die nun gewonnene Einsamkeit sinnvoll zu nutzen. Freiwillig hätte Selena sie wohl nicht ungestört telefonieren lassen. Obwohl bei Selena's feinem Gehör wohl auch die Bitte, dass sie doch kurz vor der Tür warten solle, nicht viel genutzt hätte. Entschlossen kramte sie in ihrer, ein wenig mitgenommen wirkenden, Strickjacke nach ihrem Handy und suchte den Eintrag mit Sarah's Telefonnummer. „Ja, hallo ..“ Sofort erhellten sich Lisa's Gesichtszüge, als sie die genervte Stimme ihrer besten Freundin hörte. „Hey Sarah, ich bin es, Lisa. Tut mir Leid das ich mich erst jetzt melde, aber ..“ Weiter kam sie nicht, da Sarah bereits tief Luft holte und sich für den Sturm an Worten wappnete, welche sogleich folgen sollten. „Sag mal spinnst du?! Hast du überhaupt eine Ahnung was ich mir für Sorgen gemacht habe? Du kannst doch nicht einfach so mit einer Fremden weg fahren und dich dann nicht mehr melden!“ Bevor Sarah sich zu sehr in Rage reden konnte unterbrach Lisa schnell ihren Redefluss, um Schadensbegrenzung zu betreiben. „Jetzt beruhige dich mal wieder, ich bin ja noch am Leben! Ist ja nicht so als ob Selena mich aufgefressen hätte.“ Denn dafür gab es genügend andere, fügte sie in Gedanken an. „Mir geht es soweit gut und Selena passt auf mich auf.“ „Sie passt auf dich auf? Sag mal .. was genau läuft da überhaupt zwischen euch beiden? Die taucht einfach bei dir auf und du lässt sie einfach bei dir wohnen! Und jetzt bist du mit ihr auch noch in den Urlaub gefahren. Einfach so. Normal ist das irgendwie nicht. Oder bist du jetzt so vertrauensselig geworden, dass du dich von Fremden durch die Gegend fahren lässt?“ Sarah war immer noch ziemlich aufgebracht und ihre Stimme triefte im Moment nur so vor Selbstgefälligkeit. „Das ist alles sehr schwer für mich zu erklären .. in ein paar Tagen bin ich wohl wieder zu hause, dann erzähl ich dir alles was du wissen willst, versprochen! Aber ich habe einen Grund für meinen Anruf, ich muss dich etwas wichtiges Fragen.“ Lisa setzte einen bittenden Blick auf, auch wenn sie wusste das Sarah ihn wohl nicht würde sehen können. „War ja klar, dass du einen Grund hast. Das du einfach Sehnsucht nach deiner besten Freundin hast ist wohl zu viel verlangt, hm? Aber gut, also schieß los .. ich bin ganz Ohr.“ „Hach .. das ist gar nicht so einfach. Ich weiß nicht direkt wie ich anfangen soll, also .. woran merkst du ob du in jemanden .. naja .. sagen wir .. verliebt bist?“ Lisa kniff ihre Augen zusammen und konnte sich lebhaft vorstellen wie Sarah gerade am feiern war. Immerhin versuchte sie schon ewig Lisa zu verkuppeln. „Du hast dich also im Urlaub in einen süßen Jungen verschossen! Ich wusste es ja, irgendwann findest du nochmal den richtigen!“ Sarah grinste siegessicher und lachte laut ins Telefon. „Ich bin überhaupt nicht verschossen! Also .. ich .. das heißt ich bin mir nicht sicher was ich bin. Weißt du, das ist alles sehr kompliziert. Du würdest mir nicht mal glauben wie sehr.“ Lisa seufzte lautstark in den Hörer. „Ach was, Liebe ist ganz einfach! Wenn du jemanden magst und der dich ebenfalls mag, dann gibt es doch gar kein Problem. Oder weißt du gar nicht ob dich der Junge auch mag?“ Sarah legte am anderen Ende der Leitung den Kopf schief und grübelte darüber nach, in wen sich ihre Freundin wohl verguckt haben könnte. „So in etwa, ja.“ Lisa behielt die Tatsache, dass es sich um keinen Jungen sondern eine wechselmütige Dämonin handelte lieber für sich. Zumindest vorerst. Sonst würde sie aus Sarah wohl nichts brauchbares mehr herausbekommen. „Also, was denkst du?“ Während sie auf ihrer Unterlippe herum kaute, wartete Lisa auf Sarah's Urteil. „Na da gibt es mehrere Möglichkeiten. Du könntest die offene Konfrontation suchen, aber ich glaube dafür bist du zu schüchtern.“ Sarah gluckste leise. „Hör auf zu lachen, das hab ich gehört. Ich bin gar nicht schüchtern, nur .. vorsichtig.“ Schmollend lehnte sich Lisa etwas weiter zurück. „Selbstverständlich, du bist nur vorsichtig. Wie dem auch sei, dann versuch es doch etwas subtiler. Mach ein paar Andeutungen, warte auf die Reaktionen und wenn der Typ das gleiche von dir will, dann wird sich der Rest von selbst ergeben. Du machst das alles immer zu kompliziert.“ „Ich weiß ja nicht .. bist du sicher das es so einfach ist? Und was für Andeutungen soll ich überhaupt machen?“ Völlig hilflos ließ sich Lisa nun rückwärts auf das Bett fallen. „Hey, bist du noch dran? Also: Das einfachste wäre natürlich wenn du ein Gespräch durch Zufall darauf lenkst das du ihn magst. Du könntest aber auch einfach mal etwas Initiative zeigen und ihm einen Schmatzer aufdrücken! Glaub mit, klappt immer!“ „Jetzt bleib ernst, ich werde das definitiv nicht machen!“ Es überraschte Lisa zwar nicht sonderlich, dass Sarah mit einem solchen Vorschlag kam, jedoch ärgerte sie es ein wenig. „Okay, okay .. es ist gar nicht mal so wichtig was du machst, Hauptsache du bist etwas kreativ. Lass dir was einfallen! Das wird schon, keine bange. Ich muss jetzt Schluss machen, aber sieh zu das du bald wieder kommst und dann erzählst du mir alles!“ „Gut, ich verspreche es. Bis bald Sarah.“ Als Lisa den Hörer wieder auflegte musste sie erstmal über das nachdenken, was Sarah ihr geraden hatte. Aber Selena ab zu knutschen war keine akzeptable Vorgehensweise! Das würde sie vermutlich sowieso nicht überleben. Die Dämonin würde sie einen Kopf kürzer machen, da war sie sich fast sicher. -- Nachdenklich nahm Lisa noch einen Schluck aus ihrer Tasse. Das Katzenmädchen Tio hatte ihr vor kurzem ein Tablett mit einem heißen Kakao und einem kleinen Snack gebracht. Wobei, 'gebracht' etwas übertrieben war. Tio hatte die Tür einen kleinen Spalt geöffnet, kurz ins Zimmer geschaut und kaum das sie Lisa erblickt hatte sehr hektisch das Tablett, mit ihrem Fuß, ins Zimmer geschoben. Anschließend verschloss sie die Tür so schnell sie konnte wieder. Lisa war zwar noch nicht verhungert gewesen, hatte sich aber trotzdem sehr beherrschen müssen, um nicht gleich den Teller mit zu verschlingen. Die braunäugige hatte kaum einen Zweifel daran, dass Tio von Selena beauftragt worden sein musste. Schließlich würde die anderen Hausbewohner wohl nicht interessieren wie es ihr ginge. Ein leichtes lächeln schob sich bei diesem Gedanken auf ihre Lippen. Durch das Geräusch eines Schlüssels wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Die Zimmertür öffnete sich und eine geschafft wirkende Selena betrat den Raum. Ihr Hemd hatte ein paar kleine Risse und überall darauf waren rote Flecken, welche wohl nur einen Ursprung haben konnten. „Was ist denn mit dir passiert?“ Besorgt erhob sich Lisa und näherte sich der grünäugigen. Kurz vor ihr blieb sie stehen und musterte sie eingehend. „Mach dir keine Gedanken, es ist nicht mein Blut.“ Gleichgültig schritt Selena an ihrer Dienerin vorbei und entledigte sich ihres Hemdes. Achtlos warf sie es auf den Boden. „Wes .. wessen Blut ist es dann?“ Beschämt blickte Lisa zur Seite und bemühte sich zu ignorieren das Selena mal wieder auf Unterwäsche verzichtet hatte. Ob sie wohl wusste wie irritierend das war? „Bei uns ist es üblich sich zu revangieren, wenn sich jemand an unserem Eigentum vergreift.“ Selena zog sich ein neues Hemd aus dem Schrank und streifte es sich über. Sie blickte auf Lisa's Verband, während ihre Finger mit einem der absichtlich offen gelassenen Knöpfen spielte. „Heißt das du hast dem Dämon was getan, der mich angegriffen hat?“ Lisa zog scharf die Luft ein. „Wenn du es so nennen möchtest. Es war meine Aufgabe.“ Langsam näherte Selena sich ihrem Menschen. „Was hast du mit ihm gemacht?“ Lisa hatte ihre Stimme zu einem Flüstern gesenkt. Eigentlich wollte sie es lieber nicht wissen, immerhin wusste sie ja das mit Selena nicht immer gut Kirschen essen war. Aber die Frage brannte ihr auf der Seele. „Das muss dich nicht interessieren. Hat Tio sich um dein Wohl gekümmert?“ Selena bemühte sich darum das Thema auf etwas unblutiges zu lenken. Sie wollte Lisa nicht damit belasten, dass sie den niederen Dämon in Stücke gerissen hatte. Das Mädchen würde es ohnehin nicht verstehen. Menschen konnten ja so zart besaitet sein. „Ja schon .. aber es war ziemlich langweilig. Immer in diesem Zimmer zu sein ist nicht sonderlich spannend.“ Lisa schob leicht die Unterlippe vor und schmollte ein wenig, auch wenn sie es für unwahrscheinlich hielt, dass Selena darauf eingehen würde. „Übermorgen wird mein Vater hier sein. Wenn alles glatt läuft sind wir am Tag darauf wieder in London. Bis dahin wirst du es schon überstehen.“ Selena legte kurz ihre Hand auf Lisa's Wange und betrachtete sie ernst. Während sie dies Tat begannen ihre Augen wieder einen verräterischen gelben Farbton anzunehmen, wodurch sie gezwungen war ihre Hand wieder von Lisa zu entfernen. „Deine Au ..“ Lisa wollte dieses seltsame Verhalten Selena's gerade erneut ansprechen, als ihr auch schon selbige ins Wort fiel. „Es ist spät, ich möchte mich etwas ausruhen.“ Selena wandte sich endgültig vom braunäugigen Mädchen ab und warf sich auf das Bett. Sie drehte sich auf den Bauch und blickte in Richtung des Fensters, weg von Lisa. „Was ich dich noch fragen wollte, wer lebt eigentlich alles in diesem Haus? Außer deiner Schwester, dem Katzen-Ding und diesem Gnom-Ding an der Haustür ..“ Zögerlich setzte Lisa sich auf die Bettkante. „Unsere Sippe ist nicht groß und wir sind nicht Blutsverwandt. Es gilt das Recht des stärkeren. Celina und ich sind die beiden letzten leiblichen Kinder unseres Vaters. Er ist das Oberhaupt. Unangefochten seit über 2000 Jahren. Somit leben hier viele verschiedene Diener und Dämonen unserer Sippe.“ Selena hielt abrupt inne, als sie spürte wie Lisa sich neben sie legte. „Was bedeutet es wenn deine Augen gelb werden?“ Lisa sprach leise und vorsichtig, wollte sie doch nicht das Selena wieder die Flucht antrat. Selena jedoch machte nicht den Eindruck auf die Frage antworten zu wollen. Sanft piekste Lisa ihre Dämonin in die Seite und hoffte auf diese Art etwas mehr Aufmerksamkeit zu erlangen. Selena jedoch knurrte nur warnend. „Warum machst du daraus so ein großes Geheimnis?“ Eine weitere frage, ein weiteres Pieksen. Bevor Lisa wusste was los ist, war Selena bereits über ihr und heftete Lisa's Hände fest über ihrem Kopf zusammen. Ihr Gesicht war wutverzerrt und ihre scharfen Reißzähne blitzen auf. „Warum stellst du meine Selbstbeherrschung immer wieder auf die Probe ..“ Selena's Stimme war zu einem dunklen Grollen geworden und ihr Gesicht näherte sich immer weiter dem von Lisa. Jene schluckte hart und ihr kamen beängstigende Bilder in den Sinn. Lisa schloss panisch ihre Augen und wartete darauf das Selena ihr wehtun würde. Jedoch geschah nichts dergleichen. Vorsichtig öffnete sie ihre Augen, in fester Erwartung Selena's rote Augen zu erblicken. Anders als gedacht hatten sich Selena's Pupillen von beängstigendem rot nun wieder in ein mysteriöses gelb getaucht. „Du kennst die Antwort wirklich nicht, oder?“ Langsam näherte Selena sich Lisa's Gesicht. Kurz bevor sich ihre Nasen berühren würden stoppte sie und hielt inne. „Es ist mir unangenehm darüber zu sprechen, also werde ich es dir zeigen.“ Vorsichtig begann Selena ihre Scharfen Zähne über Lisa's Hals zu ziehen, wodurch diese ein erschrockenes Keuchen von sich gab. „Was .. was tust du denn da?!“ Vollkommen aus dem Konzept gebracht versuchte Lisa sich aus dem Griff der Dämonin zu befreien, jedoch hatte sie nicht den Hauch einer Chance. Selena's Zähne verursachten ein angenehmes Kribbeln auf ihrer Haut. Hoffentlich beißt sie nicht zu, dachte sie bettelnd. „Was möchtest du denn, dass ich tue?“ Aus Selena's grollender Stimme ist ein leises brummen geworden, wodurch sich Lisa's Nackenhärchen aufstellten. „Du könntest damit anfangen mir zu erklären was hier gerade passiert!“ Lisa wollte sich überhaupt nicht ausmalen wo es enden könnte, wenn sie der Dämonin freie Hand lassen würde. Aufhalten konnte sie sie wohl nicht, aber vielleicht ein paar Antworten entlocken. Sarah hatte gesagt kreativ sein .. Oh ja, das wäre genau nach ihrem Geschmack. Gedanklich schlug sich Lisa mit ihrer Hand vor die Stirn. „Ähm, weißt du .. ich .. ich mag dich .. irgendwie ..“ Etwas unbeholfen versuchte sich Lisa an einem kleinen Lächeln und hoffte dabei nicht so dämlich auszusehen wie sie sich gerade fühlte. Selena löste sich von ihrem Hals und sah Lisa tief in die Augen. Sie ließ ihre Hände frei und presste ihre Lippen auf die ihres Menschen. Lisa schloss instinktiv ihre Augen und schlang ihre Arme und Selena’s Nacken. Für den Moment hatte sie alle Zweifel vergessen und gab sich einfach dem unbeschreiblichen Gefühl hin, welches sich in ihrem Bauch ausbreitete. Schließlich löste die nun wieder grünäugige Frau den Kuss und blickte auf das Gesicht des so schwachen Menschens unter ihr. Schon seltsam. Ein Löwe der ein Reh begehrt. Oh ja, ihr Vater würde ausrasten .. „Wow ..“ War alles was Lisa zustande brachte. „Also hat es dir gefallen?“ Selena zog eine Augenbraue nach oben und begann neckisch zu lächeln. „Ich .. also .. du ..“ Lisa begann vor sich hin zu stammeln und blickte sich hilfesuchend um. Aber natürlich war dort Niemand. Dumme Lisa! Verdammt! „Ich weiß nicht was ich sagen soll ..“ Hilflos und langsam knallrot werdend bemühte sich Lisa dem Blick ihrer Dämonin auszuweichen. „Es scheint dir gefallen zu haben. Ebenso wie mir. Wir sollten es wohl Wiederholen, meinst du nicht?“ Ihr Grinsen wurde noch ein wenig breiter, ehe die Dämonin erneut ihre Lippen mit denen des Mädchens vereinigte. -- Immer wieder rieb sie sich ihre Schläfen. Womit hatte sie das nur verdient .. und vor allem, was war nur in sie gefahren?! Lisa schluckte hart, ehe sie ihren Kopf ein wenig zur Seite neigte und die vor sich hin dösende Dämonin betrachtete. Diese hatte sich an sie gekuschelt und einen Arm besitzergreifend um sie geschlungen. „Oh Gott, warum ich ..“ Schnell massierte sie weiter ihre Schläfen, in der Hoffnung das dies nur ein Traum war und nicht wirklich passiert ist. „Du wiederholst dich. Außerdem gehörst du ohnehin mir.“ Selena flüsterte nur und lachte leise, als sie sah wie Lisa bereits wieder Luft geholt hatte um zu protestieren. „Das ist nicht Witzig! Verdammt, wenn Sarah davon erfährt ..“ Sie presste ihre Augen so stark zusammen wie sie nur konnte, als wollte sie sich vor der Welt verstecken. „Du solltest dir lieber Gedanken darüber machen, was passiert wenn mein Vater davon erfährt. Ich erwähnte doch, dass er es nicht gut heißt wenn wir uns Menschen zu sehr nähern, oder? Und ich zweifle stark an das dieses Verbot für das, was wir getan haben, nicht gültig wäre.“ „Wir .. wir haben rein gar nichts getan! Nur .. naja .. also .. wir haben uns nur geküsst!“ Protestierte Lisa leise und ein wenig verschüchtert. Das ging ihr nun bei weitem zu schnell. Sie mochte Selena und scheinbar schien dies irgendwie ja auch auf Gegenseitigkeit zu beruhen, aber soviel neues musste erstmal verarbeitete werden. Warum nur musste diese verdammte Dämonin das auch nur so locker nehmen .. alles unfair! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)