Der Schöne und das Biest von S0RA ([ Hizaki Grace Project ]) ================================================================================ Kapitel 12: Part 12 ------------------- Jukas Wohnung war genau so, wie ich sie mir vorgestellt hatte: Chaotisch, vollgestopft mit allem möglichen Schnickschnack und trotzdem dabei irgendwie noch romantisch und gemütlich. Und dunkel war sie mit ihren vielen Gothicaccessoires. Interessiert sah ich mich um und lief Juka hinterher ins Wohnzimmer. Ich ließ mich auf die dunkelblaue Couch fallen und musterte neugierig Jukas DVD-Sammlung in dem offenen Schrank, auf dem Jukas Fernseher stand. „Sorry, dass es so unaufgeräumt hier ist, aber ich bin immer schrecklich wühlig vor einer Tournee.“, entschuldigte Juka sich schief lächelnd, doch ich glaubte ihm nicht, dass es ohne Tournee anders bei ihm aussah. Ich lächelte und sagte: „Achwas, ist schon okay.“ „Willst du was trinken oder was essen oder so?“, fragte er und wirkte ungewohnt aufgeregt und hibbelig. War ich der Grund dafür gewesen? „Was hast du denn da?“, wollte ich wissen. Ich stand einfach wieder auf und folgte Juka in dessen Küche. Dort herrschte das Chaos in Perfektion. Überall überfüllte Aschenbecher, lediglich kurz mit Wasser abgespülte Teller und ein paar leere Verpackungen. Aber eine einsame Blume in einer Vase auf der Fensterbank! Es amüsierte mich schrecklich wie Juka wohnte. „Ähh… Na ja… Viel bietet mein Kühlschrank leider nicht…“, murmelte Juka verlegen, nachdem er die Tür des Kühlschranks geöffnet hatte. Nun konnte ich mir ein Kichern nicht verkneifen und Juka sah mich verwundert an. „Ach Juka, mach dir nicht so einen Stress! Du hast Bier da, also lass uns Bier trinken. Wir müssen wohl beide mal runter kommen.“, sagte ich lieb lächelnd und sah, dass sich nun auch auf Jukas Gesicht ein Lächeln abzeichnete. „Du hast wohl Recht…“, seufzte er und holte also zwei Bierflaschen aus dem Kühlschrank, um dann wieder mit mir ins Wohnzimmer zu laufen. Wir setzten uns diesmal gemeinsam auf die Couch und Juka schaltete mit der Fernbedienung leise Musik an. „Prost!“, kam es von ihm, wir stießen kurz mit den Flaschen an und tranken beide einen großen, wohlverdienten Schluck. Dann presste Juka aber seine Hand an den Mund, da er scheinbar lachen musste, bevor er das Bier herunter geschluckt hatte. „Was hast du??“, fragte ich verwundert und Juka kicherte einen Moment später: „Du müsstest dich selbst sehen! Eine schöne Prinzessin mit einer Bierflasche in der Hand sieht man nicht alle Tage! Noch eine Zigarette und Pizza dazu?“ Er lachte wieder und auch ich musste etwas grinsen. „Gerne, nur her damit!“, sagte ich, woraufhin Juka sich plötzlich zu seinem Telefon streckte und tatsächlich Pizza bestellte. Interessanterweise schien er die Nummer des Pizzadienstes auswendig zu kennen. Nach einem Moment der Ruhe und des entspannten Biertrinkens, fragte Juka mich: „Willst du irgendwie mal Klamotten von mir haben? Das Kleid wird sicher unbequem, oder?“ Ich schluckte schwer und sah an mir herunter. Dieses verdammte Kleid von diesem verdammten… Biest. Ich hätte auf Tomozo hören und mich nicht auf dieses gewagte Spiel von Kamijo einlassen sollen! Ich lächelte Juka entschlossen an und sagte: „Oh, liebend gern ziehe ich dieses Kleid aus!“ Ich sah ihm an, dass er ein wenig irritiert schien, doch er sagte nichts weiter dazu, sondern eilte lieber in sein Schlafzimmer, um mir dann eine Jogginghose und ein T-Shirt zu reichen. „Das Bad ist dahinten. Kannst auch gerne duschen, wenn du magst, die Pizza kommt sicher erst in 20 Minuten.“, lächelte er und ich nahm ihm dankend die Sachen ab, um anschließend ins Badezimmer zu verschwinden. Ich erschrak über meinen zerzausten Anblick im Spiegel und musste unfreiwillig daran zurückdenken, wie schön ich an jenem Tag in diesem Kleid aussah, als ich es das erste Mal trug. Als Kamijo es mir anzog und mich so liebevoll berührte und… Ich schüttelte eifrig den Kopf, warf dem Spiegelbild des Kleides böse Blicke zu und zog es aus, um es dann symbolisch auf den Boden zu werfen und es dann mit den Füßen in die Ecke zu treten. Wie konnte ich nur so naiv sein? Ich hätte wohl alles für diesen Mann gemacht. Doch es hatte auch Positives, was geschehen war: Ich hatte Klarheit. Alles war glasklar wie nie zuvor. Und diese bittersüße Erfahrung hatte meine Kreativität angekurbelt und ließ mich dieses Gitarrensolo komponieren, welches voll sehnsüchtiger Gefühle steckte. Gefühle, die ihren eigentlichen Empfänger nicht erreichten, aber meine Fans berührten und dies allein bedeutete mir unheimlich viel. Somit sollte dieses leidenschaftliche Lied ihnen gehören und nicht mehr Kamijo. Nachdem ich mich gänzlich ausgezogen hatte, stieg ich unter die Dusche und genoss das warme Wasser auf meiner Haut, welches endgültig die letzten schlechten und traurigen Gedanken weg zu spülen schien. Was nützte es sich noch weiter verrückt zu machen? Sich weiter Vorwürfe oder gar Hoffnungen zu machen? Das Kapitel, nein, das gesamte Buch war abgeschlossen. Sowohl innerlich als auch äußerlich erfrischt, kehrte ich zu Juka zurück, der nun auch völlig anders als auf der Bühne aussah: Er hatte seinen Pony auf seinem Kopf mit einer Spange befestigt, sodass ihm keines der Haare mehr vor der Stirn herumbaumelte, war abgeschminkt, in bequemer Kleidung und mit Brille. Ich musste über Jukas Anblick ein wenig schmunzeln und setzte mich zu ihm. „Es riecht nach Pizza!“, freute ich mich und Juka erwiderte mein Lächeln. „Ja, ist gerade angekommen! Fühlst du dich etwas besser?“, wollte er wissen und lief ohne meine Antwort abzuwarten in die Küche, um die Pizzas zu holen. „Japp! Die Dusche tat gut!“, rief ich ihm aber hinterher und er kam auch schnell zurück mit unserem Essen und einer großen Flasche Cola, die er sich gleich hat mitliefern lassen. „Das freut mich! Lass es dir schmecken.“, lächelte Juka und begann zu essen. Ich griff ebenfalls nach einem Stück der geschnittenen Pizza, zog meine Beine an und knabberte an dem leckeren Essen. „Es gibt nichts Besseres als Fast Food nach einem Konzert!“, grinste ich und merkte, wie Juka mich immer wieder aus den Augenwinkeln musterte. „Hizaki…“, murmelte er irgendwann und sah mich nachdenklich an. Ich schluckte das Stück Pizza in meinem Mund schwer herunter. Ich hörte an seiner Stimme, dass ihm etwas Schweres auf dem Herzen lag und wurde etwas angespannter. „Darf ich dich etwas fragen?“ Ich hasste es, wenn er das sagte, denn darauf war bisher noch nie etwas Gutes gefolgt. Doch um völlig Frieden mit meiner Seele und meinem Gewissen zu schließen, wollte ich mich auch dem ‚Problem Juka’ hingeben und alles aufklären, was es zu klären gab, damit auch in diesem Bereich wieder Ordnung herrschte. Ich nickte also eifrig und sah ihn nur aus den Augenwinkeln an, während ich wieder von meinem Stück Pizza abbiss. Es dauerte einen kleinen Moment, doch dann hörte ich Juka fragen: „Liebst du Kamijo?“ Meine Augen weiteten sich schlagartig und ich verschluckte mich an meiner Pizza. Hustend und röchelnd hielt ich mir eine Hand vor den Mund und wedelte mir mit der anderen Luft zu. Juka klopfte mir auf den Rücken und schluckte schwer. Diese Reaktion war wohl Antwort genug gewesen, aber dennoch antwortete ich mit einer Gegenfrage: „Wie… wie kommst du darauf?“, wollte ich wissen, da ich wirklich nicht mit dieser Frage gerechnet hatte. Woher wusste er es? Kannte und durchschaute er mich etwa so gut? Oder hatte Tomozo getratscht? Vielleicht hatte aber auch Kamijo von unserem Ball erzählt, schließlich verstanden er und Juka sich gut!? Mein Herz raste vor Nervosität. Das war alles nicht geplant gewesen und ich hatte gehofft das Thema Kamijo zumindest für diesen Abend ruhen lassen zu können. Ich sah wie Juka seinen Kopf etwas senkte und er wirkte ziemlich betrübt. Dennoch versuchte er zu lächeln, doch es sah unheimlich traurig aus. „Als er kurz vor der Zugabe hinter die Bühne kam… Ich… ich sah wie du ihn angesehen hast. Ich sah wie er dich angesehen hat! Und dann… dieses Kleid und… na ja… In meinen Augen bot sich mir da eine mehr als offensichtliche Szene, wenn du verstehst, was ich meine.“, murmelte er und seufzte. Ich sog scharf Luft ein vor Schreck und legte eilig die Pizza aus der Hand, um Jukas Handgelenk fest mit beiden Händen drücken zu können. Er sah mich verwundert an und blinzelte mehrmals hinter seiner Brille. „Nein, nein, nein!! Denk das bloß nicht! Wir.. wir sind kein Paar oder so! Alles Blödsinn, okay?? Das war… Er hat… BLÖDSINN, okay???“, rief ich aufgeregt und schluckte schwer. Ich sah ihn eindringlich an und spürte wie mir das Herz bis zum Hals schlug. Wieder lächelte Juka traurig und tätschelte mir vorsichtig den Kopf. „Lügst du, um mich nicht zu verletzen? Und selbst wenn ihr kein Paar seid… Du liebst ihn. Und ich weiß auch, wieso du so geweint hast nach dem Auftritt.“, sagte er und schluckte schwer. Und plötzlich schien es still zu stehen. Mein Herz stand für einige Sekunden still und ich starrte Juka aus aufgerissenen Augen an, während ich ganz langsam sein Handgelenk los ließ. Er wusste es. Er wusste es! Aber wie konnte das nur sein? Ich verstand die Welt nicht mehr und plötzlich schien mich alles wieder einzuholen, was ich so sorgfältig von mir gestoßen hatte. Die Wut, die Trauer, die Verzweiflung… Die Liebe. Nein, sie waren nie weg gewesen, ich hatte sie nie von mir gestoßen, sondern lediglich versucht sie in mir zu vergraben, zu verstecken, doch so etwas klappte nie. Aber dass ausgerechnet Juka sie ausgraben und finden würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Nun stiegen mir unkontrolliert Tränen in die Augen, doch mit einem festen Biss auf die Unterlippe kämpfte ich gegen sie an. Verzweifelt sah ich Juka in die Augen und wisperte kaum hörbar: „Aber… woher…?“ Jukas Lächeln verschwand und sein Gesichtsausdruck hatte nun etwas Bemitleidendes. Er bemitleidete mich. „Es galt nur eins und eins zusammen zu zählen, Hizaki. Ich bin nicht dumm. Ich fing schon an mir Gedanken zu machen, als du nach Kamijos Handynummer fragtest. Als er dann aber noch hinter die Bühne kam, ihr euch so angesehen habt und du ihm sagtest, dass dein Solo dein Dank sei für was auch immer… da wurde mir alles klar. Umso verwirrter war ich dann, als ich Kaya in Kamijos Armen sah. Du hast… sie auch gesehen, nicht wahr? Womöglich sahst du noch ganz andere Dinge… Und das riss dir das Herz aus der Brust.“, erklärte er und seufzte wieder. Von da an verlor ich den Kampf gegen die Tränen und senkte den Kopf tief und beschämt. Wie konnte ich nur so dumm sein? Diese Frage stellte ich mir immer und immer wieder. Und gleichzeitig war ich erstaunt über Jukas Auffassungsgabe und darüber, dass er sich so lieb um mich kümmerte, obwohl ich ihn angelogen und für so dumm gehalten hatte. Ich war der Dumme in allerlei Hinsicht. Mein Bauch kribbelte aufgeregt und ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Ich war völlig überwältigt gewesen. Mein Körper zuckte wieder mit jedem Schluchzen stark zusammen und ich starrte auf meine Füße. Wie jämmerlich ich mich fühlte. Und dennoch zog Juka mich nach einer Weile in seine Arme und streichelte mir langsam und unheimlich beruhigend über den Rücken. Ich schmiegte mich einfach an ihn, doch ich schaffte es nicht die Tränen zu stoppen. „Warum… bist du so lieb zu mir?“, wollte ich irgendwann wissen und schluckte schwer. Ich hörte Juka ganz leise auflachen. „Das weißt du doch. Du bist meine Prinzessin, ob du willst oder nicht. Und daran wird sich auch nichts ändern. Soll ich dir was sagen? Es macht mich schrecklich wütend, dass Kamijo dich so zum Weinen bringt. Ich hätte dich warnen sollen… Er… meint es nur selten ernst.“, seufzte er und ich musste schmerzlich an Tomozos Worte denken, der etwas Ähnliches gesagt hatte. Mann, muss ich blind gewesen sein! „Ich hätte dir wahrscheinlich eh nicht geglaubt.“, murmelte ich leise und ehrlich, da ich Tomozo schließlich auch nicht geglaubt hatte. „Wahrscheinlich.“, stimmte Juka leise zu und drückte mich etwas von sich, um mir die Tränen aus dem Gesicht wischen zu können. „Aber.. weißt du… ich hatte mir eh keine großen Hoffnungen gemacht und… irgendwo geahnt, dass es so weit kommen würde.“, gestand ich und senkte wieder den Kopf geknickt. Juka nahm allerdings mein Kinn sanft zwischen Daumen und Zeigefinger, um meinen Kopf wieder leicht anheben und mir wieder in die Augen sehen zu können. „Wieso?“, fragte er merklich verwundert und sah mich abwartend an. Ich atmete tief ein und aus. „Kamijo… hat nicht umsonst von mir zu Kaya gewechselt. Ich meine… Kaya… Er ist… wie soll ich sagen… auf jeden Fall viel erfahrener und nicht so ein Fettnäpfchen-Fetischist, wie ich es bin. Er stellt sich sicher nie so dumm an, wie ich es immer tue. Ich habe… einfach keine Ahnung von allem.“, versuchte ich zögerlich und noch an meinem Gedanken festhaltend zu erklären und seufzte schwer. „Ach Hizaki.“, hörte ich Juka seufzen und er streichelte mir kurz über die Wange, bevor er mir meine angebrochene Bierflasche reichte. Dankbar trank ich einen großen Schluck und hörte ihm weiter zu: „Mag vielleicht sein, dass Kaya erfahrener ist, aber die Art wie er seine zahlreichen und nahezu wöchentlich neuen Erfahrungen sammelt, finde ich persönlich nicht gerade schmeichelhaft. Und es macht dich niedlich, dass du eine Vorliebe für Fettnäpfchen hast!“, lächelte er und lachte kurz auf. Ich wurde etwas rot und sah Juka ungläubig an. „Trotzdem wäre ich für ein wenig mehr Erfahrung dankbar. Dann könnte ich sicherer agieren und reagieren und… und käme mir nicht immer so unglaublich dumm vor, weißt du? Und vielleicht hätte mehr Erfahrung mich davon abgehalten auf Kamijo herein zu fallen.“, seufzte ich, doch Juka schüttelte den Kopf und lächelte mich sanft an. „Tja, aber nun bist du doch um zumindest eine Erfahrung reicher, nicht wahr? Auf Kerle wie Kamijo fällst du sicher nicht mehr herein. Sieh es doch mal so!“ Wieder sah ich Juka ungläubig an, doch dann schien es ‚Klick’ in meinem Kopf zu machen. „Ja! Du… du hast vollkommen Recht. Darauf trinken wir! Hast du Schnaps da?“, fragte ich aufgeregt und war von einer Sekunde auf die andere wie ausgewechselt. Ich kann es selbst nicht erklären, aber wieder schien mir alles so glasklar und ich fand, dass dies gebührend gefeiert werden musste. „Ähm… Hältst du das für eine gute Idee?“, fragte Juka unsicher und kratzte sich am Hinterkopf. Ich seufzte wieder schwer und legte meine Hände an Jukas Wangen. „Juka…“, begann ich und sah ihn verzweifelt an. „Ich wäre wirklich froh, wenn ich zumindest für ein paar Stunden mal alles vergessen könnte. Und ich weiß, dass morgen sicher alles wieder ganz anders aussieht. Und ich… bin dir unheimlich dankbar, dass du für mich da bist! Und wenn ich mich bei dir betrinke, weiß ich, dass mir nichts passiert.“, erklärte ich ihm und lächelte dann, doch Juka sah mir erschreckend ernst in die Augen. „Achja?“, fragte er und ich schluckte schwer, bevor ich meine Hände langsam von seinen Wangen löste. Sein Blick haftete auf mir und ich erwiderte ihn mit großen Augen. Mein Herz raste. Was war denn nur los mit ihm gewesen? „So langsam… mutest du mir etwas viel zu, Hizaki.“, fing er an, worauf ich nur wieder trocken schluckte und ihn weiterhin aus großen Augen verunsichert ansah. „Ich kümmere mich liebend gern um dich und habe ein offenes Ohr für alles, was dich bedrückt, das weißt du, aber… du kannst nicht von mir verlangen, dass ich mich zügle, wenn du willenlos bei mir liegst oder ich selbst betrunken bin, Hizaki.“, wisperte er, woraufhin mir das Blut ins Gesicht schoss. Eine ganze Zeit lang starrte ich ihn einfach weiter so an, wie ich es schon eine Weile getan hatte, bis ich tief ein und aus atmete und innerlich einen Entschluss fasste. Einen Entschluss, den ich womöglich noch bereuen sollte… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)