Order von Mebell (24 Tage - 24 Befehle (Oder: Der etwas andere Adventskalender)) ================================================================================ Kapitel 24: 24. Dezember ------------------------ 24. Dezember Als Farin nach einer wirklich interessanten Nacht aufwacht (Man mag nicht meinen was mit ein wenig Fantasie und... Eigeninitiative möglich ist. Könnte Wischmopp reden, er hätte wahrlich eine Menge zu erzählen.) kann er einfach nichts gegen das Grinsen tun, welches sich immer wieder auf seine Lippen schleicht. Und das durchaus ein kleines bisschen debil anmutet. Nachdem er gestern noch sein Fuß ein wenig gekühlt hatte (Bäumen können wenn sie wollen verdammt hart sein), kam er nach langen Überlegungen zu den Schluss, dass definitiv mehr dahinter stecken muss. Es nicht nur ein extrem fieser Scherz des Drummers ist. Dafür hat Bela zu viel Energie in diesen Kalender gesteckt. Sich beinah selbst übertroffen bei den einzelnen Türchen. (Ja, ja, im Nachhinein kann man ja immer über schlimme Dinge lachen. Auch über Schlitten fahren, Weihnachtskarten schreiben und Entchen füttern.) Farin schlichtweg auf diese (zugegebener Maßen etwas eigenwillige und schräge Art und Weise) seine Liebe demonstriert hat. Weswegen sich der Gitarrist auch an diesem Morgen absolut sicher ist, dass er den Älteren heute zu Gesicht bekommen wird. All die letzten Befehle, die Distanz die Bela augenscheinlich aufgebaut hat, die aber doch von Zuneigung durchtränkt war, dank den ganzen süßen Aufgaben, machen das deutlich. Es muss einfach so sein! Fast aus seinen Bett hüpfend, sprintet Farin nur so ins Bad, zieht alle Register. Und ja, er sieht verdammt gut aus in dem Anzug, den er dieses mal mit einem weinroten Hemd kombiniert hat und den etwas helleren Haaren im selben Ton, die zu allen Seiten abstehen! Sich kurz ein Tee machend, verdursten will er schließlich nicht, lauert Farin dann geradezu nur so vor der Tür. Und schnell wird im klar, dass nichts sicher ist. Außer die Steuer und der Tod. Mit jeder Runde die der Zeiger der Uhr dreht, mit jeder Minute die Bela verstreichen und ihn warten lässt, wird Farin unsicherer. Könnte doch immer alles nur noch ein schlechter Scherz von Bela sein, ein kleiner Spaß nebenbei. Bela gibt sich in solchen Dingen gerne viel Mühe. Je perfekter und authentischer der Witz, je besser die Pointe – Desto zufriedener ist der Schlagzeuger. Seine morgendlich beschwingte Laune weicht einem beklemmendem Gefühl. Eigentlich will er sich nur den schlechtesten Fall ausmalen, doch in seine Gedanken tummelt sich zu viel noch in rosarot. Farin hasst sich selber dafür, aber dagegen unternehmen kann er gerade nichts. Leicht hilflos sitzt er in der Küche und klammert sich an seine warme Teetasse. Bis es klingelt. Seine Füße fliegen regelrecht zur Tür, alles Denken wird in der klebrigen Zuckerwatte ertränkt, einzig und allein der Gedanke an Bela zählt. Farin bemerkt nicht, wie er die Tür überhaupt öffnet. Das erste was er bemerkt, ist die gänzlich fremde männliche Person vor seiner Haustür. Bekannt ist nur das Pappschild mit der vertrauten Schrift, allein die Buchstaben lassen Farins Herz irgendwie höher schlagen. „Vierundzwanzigster Befehl: Folge allen Anweisungen des Taxifahrers!“ „Würden Sie mir bitte folgen?“ Wie fremdgesteuert marschiert Farin hinter seinem Fahrer zu einem ganz normalen, gelbem Taxi mit den üblichen Ledersitzen. Als ihm die Tür geöffnet wird, registriert er das Ganze nur mit einem kurzen Nicken. „Bitte ziehen Sie diese Augenbinde an.“ Leicht perplex nimmt Farin das schwarze Stück Stoff, verbindet seine Augen und denkt immer noch keinen Deut nach. Er ist so aufgeregt, verwirrt, erwartungsvoll und (so böse das Wort sein mag) verliebt. Gefangen im Rosarot, unwiderruflich. Lange Zeit hört Farin nichts, bis endlich irgendetwas laut polternd in den Kofferraum des Taxis geladen wird. Seltsamerweise scheint sein Fahrer nicht mehr allein, beweisen kann Farin es nicht, da niemand redet. Doch da ist diese ganz bewusste Ahnung von der Präsenz einer anderen Person. Der Taxifahrer ist weiterhin ein eher stiller Zeitgenosse. Stumm fährt er los, stumm bleibt er. Währenddessen stirbt Farin die süßesten Tode auf seinem Beifahrersitz. Er kann nicht anders, malt sich die schönsten auf ihn wartenden Dinge aus. Obwohl da noch ganz klar der Verdacht ist, dass die Fahrt ihn nur zu der Pointe des Kalenders bringen wird. * „Aussteigen!“ Siezen scheint dem Fahrer mittlerweile zu anstrengend, stattdessen ein eher schroffer Befehl. Farin ist dies aktuell ziemlich egal, vorsichtig tritt er aus dem Auto. Eine Ahnung, wo er sich befindet, hat er nicht. Wie auch, wenn man mit verbunden Augen schon fast entführt wird. Plötzlich blendet ihn das Sonnenlicht, für einige Sekunden sieht Farin überhaupt nichts. Es dauert eine ganze Weile, bis er seine Umgebung realisiert und richtig wahrnimmt. Ein großes Gebäude vor ihm, einige wenige Menschen mit Koffern und Reisetaschen, über ihm hört er Flugzeuge. Genau bei diesem Gedanken fährt Farin zusammen und würde am liebsten frenetisch jubelnd im Kreis rennen. Der Flughafen. Ausgangspunkt für sein eigentliches Glück. Aus der kleineren Menschenmenge vor dem Hauptgebäude kristallisiert sich eine Person heraus, die geradewegs auf ihn zu läuft. Farin beschließt, sich nicht auf das unterste Niveau einzulassen. Also kein ungestümes Umrennen des Schlagzeugers. Dieser scheint aber ebenso ungeduldig und läuft beständig, rasch, mit festem Blick auf ihn zu ihm. „Du hast es echt durchgehalten.“ Die Bewunderung in Belas Stimme registriert er nicht ohne Stolz. „Natürlich.“ Mittlerweile steht der Schlagzeuger direkt vor ihm, Farin wird halbwahnsinnig, reißt sich aber zusammen. Mit einer Hand fummelt Bela irgendetwas aus seiner Tasche, Farin kann nichts genaueres erkennen. Keiner der Beiden spricht ein Wort, eine leichte Spannung liegt in der Luft. Ob positiv oder negativ ist noch die Frage. Ebenso überraschend wie das Sonnenlicht vor ein paar Minuten bekommt er einen Umschlag in die Hand gedrückt. Eigentlich kann er sich ja denken, was ihn erwartet. Trotzdem reißt er den Kuvert so aufgeregt auf, wie er das letzte Mal als Kind zu Weihnachten Geschenke aufgemacht hat. Damals flogen die Papierschnipsel auch nur so durch die Luft, konnte er nicht genug von dem lauten Rascheln bekommen. Heute ist es nur ein kleiner Ratsch und das sanfte Fallen des Umschlags auf den grauen Betonboden. Allein das Leuchten in Farins Augen, dieses Kribbeln im Bauch welches das Silvesterfeuerwerk schon vorweg zu nehmen scheint ist das gleiche. Oder sogar noch ein wenig mehr. Fast andächtig tastet Farin das Flugticket ab. Registriert eher beiläufig den angestrebten Ort, die Malediven, gilt doch beim Gitarristen wirklich das Sprichwort: Der Weg ist das Ziel. Alle restlichen Hemmungen fallen lassend, will er den Drummer für diese „Belohnung“ einfach nur ohnmächtigen drücken (wahlweise auch küssen, Farin ist da sehr flexible), doch als er den Blick hebt, ist da kein Bela mehr. Der ist nämlich seinem natürlichen, viel zu hohen Bewegungsdrang gefolgt, steht bereits am Kofferraum des Taxis, dem Fahrer dabei helfend, Farins Gepäck aus zu laden. Das hat also vorhin so lange gedauert. Langsam schlendert der Große zu den beiden, versucht auf den kurzen Weg seine Beherrschung wieder zu finden. Zur Hälfte bleibt es „versucht“. „Du bist dir schon klar, dass ich wohl weniger Bekleidung brauchen werde am Strand?“ Ein Fingerzeig auf den viel zu beladenen Koffer, von den sich Farin jetzt schon fragt, wie er ihn durch die Kontrollen bekommen soll. Da darf er dann wohl mächtig Übergewicht bezahlen. „Zumindest habe ich überhaupt an Sachen für dich gedacht. Andere Leute stürmen ja einfach kopflos aus den Haus, gewisse Präsente vergessend, die durchaus notwendig werden könnten. Das bist so typisch du, würdest wahrscheinlich selbst deinen Kopf vergessen, wenn du niemanden hättest der dich daran erinnert. Oder du deine dummen Listen nicht hättest...“ Bela munter weiter vor sich hinplappern lassend, fällt dem Gitarristen siedend heiß die Tüten mit den Einkäufen von gestern ein, die noch immer auf seinem Küchentisch liegt und da einen sehr guten Platz gefunden hat. Der Gedanke der aber viel wichtiger ist, alle anderen Überlegungen mit der Vorschlaghammermethode verdrängt und so plötzlich auftaucht wie ein Blitz, ist die Feststellung das er nur ein Flugticket in seinen Händen hält. Zeitgleich hört Farin sein Herz laut aufschreien und wundert sich, dass niemand es mitbekommt. Im Bruchteil nur einer Sekunde ist jede gute Laune dahin und es braucht nur einen weiteren Wimpernschlag lang, dass er sich entscheidet, diesen Flughafen nicht ohne Bela zu verlassen. Und wenn er dafür in Deutschland bleiben muss. Diesem Entschluss irgendwie einen verbalen Mantel geben wollend, sucht Farin nach den passenden Worten. „Bela, ich-“ „... außerdem hatte ich keinen Bock zwei Koffer zu packen. Ich meine, so viel Zeug brauch man am Strand wirklich nicht, da hast du schon recht. Ich geh ohnehin viel lieber nackt baden, hat man viel mehr von, meines Erachtens nach und-“ Dieses Mal wirklich nicht mehr an sich halten könnend, reißt Farin Bela an sich, vergräbt seinen Kopf in den schwarzen Haarschopf. Die leicht pikierten Blicke der Passenten und die ungeduldigen Gebaren des Taxifahrers, der wohl endlich sein Geld haben möchte, sieht er gar nicht. Farin ist viel zu sehr damit beschäftigt, das Gesicht des Drummers in seine Hände zu nehmen, ihn mit kleinen Küssen zu übersehen, Stirn, Nase, Mund und immer wieder leise „Danke“ zu murmeln. Erst eine Hand an seinem eignen Hinterkopf, die ihn energisch gegen die Lippen Belas drückt, lässt ihn wieder ein klein wenig klarer werden. So klar wie man in einem Meer aus rosaroter Zuckerwatte sein kann. Ganz vorsichtig und ehrlich bedauernd, löst sich Farin von dem Kleineren, schenkt ihn sein glücklichstes Lächeln, dass im Vergleich doch eher klein ausfällt, sich viel mehr in den grün- braunen Augen widerspiegelt. Und in dem Wissen, dass es kein besseren Zeitpunkt geben kann, beugt sich Farin ein klein wenig runter zu Belas Ohr. Wenn er schon in diesem Meer untergeht, dann richtig. Und nur zusammen mit seinem Bela. „Ich liebe dich.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)