Ai shite iru von HiYasha (Eine Reise, die ihr Leben veränderte) ================================================================================ Kapitel 28: Der Neue -------------------- Der Neue Ihr Herz klopfte wie verrückt. Erst war er ihr gar nicht aufgefallen, der Neue, der da ganz hinten am Tisch saß. Mittwochs waren sie immer im gemischten Gruppenraum. Die meisten der jungen Mädchen freuten sich darauf, endlich mal wieder ein paar Jungs zu sehen. Und man wollte sie ja auch nicht ganz von den Männern isolieren. Viele waren hier, weil sie Probleme im Umgang mit dem anderen Geschlecht hatten, und das würde nicht besser werden, wenn sie nur noch unter Mädchen sein durften...meinten die Ärzte. Trotzdem verbrachten sie die meiste Zeit in ihrem eigenen Trakt, denn viele der Patientinnen waren minderjährig, und die Eltern von ihnen wollten nicht, das ihre Mündel eine Beziehung mit einem ‚Verrückten’ hätten oder gar noch von einem schwanger wurden. Die Wärter, die waren eine Ausnahme. Die gab es auch im Frauentrakt, denn um eine völlig ausgerastete Kranke festzuhalten bedarf es einer Menge Muskeln. Und sie rasteten dort oft aus. Verführen ließen sich diese durchtrainierten Tarzans jedoch nie. Sie würden hochkantig raus fliegen, wenn auch nur einmal rauskäme, dass sie sich mit einer Patientin eingelassen hätten. Und das Prahlen der Mädchen, welchen der Kerle sie in der letzten Nacht verführt hatten, war reines Wunschdenken. Nur im Gruppenraum, da konnten sie sich dann wirklich mal an ein paar Jungs ranmachen, was sie dann auch kichernd und auffällig taten. Sarah hielt sich immer abseits. Sie interessierte sich nicht für die Jungs, die dort saßen. Die meisten waren drogenabhängig oder gewalttätig, ihr Gehabe angeberisch und großspurig. Oder sie waren extrem schüchtern und verklemmt wie die Selbstmordgefährdeten hinten in der Ecke... solche wie sie... Meist würdigte sie sie mit keinem Blick, saß nur ihre Zeit dort ab und wartete, bis die Schwester kam und sie wieder in ihren Flügel brachte, wo sie endlich in ihr Zimmer gehen konnte um weiter zu malen. Aber diesmal saß sie wie hypnotisiert an ihrem Platz und starrte zu dem Neuen hinüber. Er hing mehr in seinem Stuhl als er saß, die langen Beine streckte er unter den Tisch, und sein gesenkter Kopf war vollkommen unter der Kapuze seines schwarzen Sweatshirts verborgen. Irgendetwas an ihm kam ihr bekannt vor. Er wirke so vertraut. Aber erst senkte sie denn Blick, keiner sollte merken, dass sie so neugierig zu ihm hinüber schaute, schon gar nicht der Typ selbst. Wieder schielt sie vorsichtig in seine Richtung. Die Rapper-Klamotten, die er trug, die schlabberige Hose und das überweite Shirt ließen seinen Körper nur erahnen. Groß musste er sein, und sehr schlank. Aber er bewegte sich nicht, schien nur auf den Tischplatte vor ihm zu starren. Ob sie es wagen konnte, zu ihm hinüber zu gehen, ohne zu sehr aufzufallen? Dabei hatte die Ärztin hatte sie bei der letzen Sitzung doch extra aufgefordert, mehr Kontakte zu knüpfen und sich nicht so vollkommen zu isolieren. Aber was konnte sie dafür, wenn sie sich für niemanden interessierte? Wenn ihr ihre Träume und Erinnerungen genug waren? Nur dieser Junge, der interessierte sie wirklich. Sie wusste nicht warum, aber sie wollte sein Gesicht sehen. Entschlossen stand Sarah auf, schaute kurz verstohlen zu den Aufpassern hinüber, die aber genug zu tun hatten, den giggernden Haufen Mädchen im Auge zu behalten und schlich zu dem Tisch hinüber, an dem er saß. Schnell setzte sie sich neben ihn. „Hallo!“, grüßte sie ihn kurz, aber er sah nicht auf, und sie vorgezogene Kapuze verhinderte immer noch, dass sie sein Gesicht erkennen konnte. Ihr Herz schlug heftiger, sie wusste nicht warum. Ein magischer Reiz ging von ihm aus. Sarah senkte den Kopf. Sie hatte keine Übung mehr, einen Mann anzusprechen. Ihr fiel einfach nichts ein, und so schaute sie wieder auf und rang nach Worten, die ihr einfach nicht über die Lippen kamen. Da, endlich hob er den Kopf... und im gleichen Augenblick schoss ihr Blut siedend heiß durch ihre Adern. Sie meinte zu kochen. Das Gesicht, die dunklen Augen, die wohlgeformten Lippen... das war ER!!!! Wieder senkte er den Kopf, und Sarah musste sich erst fassen und überlegen, was sie tun sollte. Wie konnte das sein? Er? Hier? Wie kam er... Er blickte auf und sah ihr direkt in die Augen. Erkennen lag in ihnen, Liebe und unendliche Sehnsucht. Sarah hätte fast aufgeschluchzt, als sie sein Blick traf. „Kouga...“ Ihre Lippen hauchten seinen Namen, tonlos und rau, als ob sie Jahre nicht mehr gesprochen hätte. Er legte schnell den Zeigefinger auf seine Lippen, forderte sie auf leise zu sein. Sie nickte nur unmerklich. Nicht auffallen! Ganz ruhig bleiben! Aber wie sollte das gehen, wenn er ihr hier gegenüber saß? Seine Hand, sie erkannte sie wieder, diese Hand, die sie gestreichelt hatte... wie sehr sehnte sie sich... Aber es war zu spät. Sie hatte viel zu lange gezögert, bis sie den Mut gefasst hatte, zu ihm hinüber zu gehen. Sarah verfluchte sich innerlich dafür. Die Schwester klapperte schon mit den Schlüsseln, die Zeit war zu Ende und sie musste zurück in die Frauenabteilung. Schnell, noch irgendeine Handlung. Ihr musste doch etwas bleiben für die ganze Woche, die vergehen würde, bis sie ihn wieder sehen konnte. Und so strich sie im Gehen über die Finger seiner Hand, deren Berührung sich wie die Gluthitze der Wüste in ihre Fingerspitzen und ihr Herz einbrannte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)