Die Stimme von Animemelli (Eslosias Held) ================================================================================ Ende einer Ära -------------- Am nächsten Morgen betrachtete sie ihre Tat an der Wand. Von Askariel waren nur noch die Flügel zu sehen, der Rest fehlte. Dia hatte befürchtet, bei dem Anblick in Tränen auszubrechen aber eigentlich fühlte sie sich eher befreit. Sie entfernte die Überreste ihres ehemaligen Lieblingsposters und dann auch alle anderen Poster von Askariel. Stattdessen wollte sie bei nächster Gelegenheit David um ein Foto bitten. Er sollte ab sofort in ihren Träumen wandeln. Gegen Mittag rief Isis an. „Na, wie ist der Abend gewesen?“ fragte sie neugierig. Und Dia erzählte ihr alles. Isis´ Enttäuschung war nicht zu überhören und ebenso wenig ihr Mitleid. „Das ist ja ein ziemlich starkes Stück. Wie kann man nur so fies und berechnend sein? Kommst du damit klar?“ Dia erzählte von ihrer Aktion mit den Postern und der Figur. Isis staunte zwar über Dias Reaktion aber sie verstand sie auch. „Bist du trotzdem noch ein Fan von Eslosia?“ fragte Isis vorsichtig. Das wusste Dia selbst nicht so genau. Vorläufig hatte sie aber keine Lust darauf. Sie wollte bis zum Herbst warten, wenn die neuen Folgen kamen, und sich dann entscheiden. Nun brannte Isis noch eine andere Frage auf der Seele, die für Dia völlig überraschend kam. „Willst du immer noch mit mir befreundet sein?“ Dia verstand nicht, wie Isis darauf kam. „Na ja, du hast doch gesagt, ich würde dich an Aria erinnern. Du hättest also ständig Eslosia und damit vielleicht auch Askariel im Kopf, wenn du mich siehst.“ Dia musste sich eingestehen, dass da etwas dran war. Aber sie hätte Isis um keinen Preis der Welt verlieren wollen. „Isis, ich liebe dich wie eine Schwester, egal an wen du mich erinnerst. Ohne dich würde ich das alles sicher nicht schaffen.“ Sie hörte den Stein von Isis´ Herz plumpsen. Und dann fiel ihr plötzlich ein, dass sie ja noch gar nichts von David gesagt hatte. Isis musste grinsen, als sie die Neuigkeit hörte. Sie war auch nicht überrascht. Sie wusste ja, dass David immer schaffte, was er wollte und dass er Dia wollte, war nicht zu übersehen gewesen. „Und über Kiki muss ich mich echt wundern“, gab Isis ehrlich zu. „Dass sie auch eine andere Seite hat und mal so offen über ihre Familienverhältnisse redet – das passt eigentlich gar nicht zu ihr.“ „Also mir tut sie richtig leid“, gestand Dia. „Und immerhin hat sie jetzt mein Leben gerettet, nachdem sie deins fast auf dem Gewissen gehabt hätte. Ich denke, wir sollten ihr nichts mehr nachtragen, oder was meinst du?“ Isis stimmte ihrer Freundin zu. Kiki würde zwar niemals ihre Freundin werden, da waren sie sich beide sicher aber der Krieg war vorbei. „So, ich muss mich jetzt langsam fertig machen. Ich treffe mich später noch mit David. Wir sehen uns dann morgen früh im Bus, okay?“ beendete Dia das Telefonat. Isis verabschiedete sich und wünschte „den Turteltauben viel Spaß“. „Nanu, was ist denn hier passiert?“ fragte Dias Mutter erstaunt, als sie einen Stapel Wäsche in Dias Zimmer ablegte. „Wo sind denn die ganzen Poster hin, die am Kopfende deines Bettes gehangen haben?“ „Abgehängt“, antwortete Dia knapp. „Warum denn?“ wollte Frau Freise wissen. „Hatte meine Gründe.“ „Und welche Gründe? Du vergötterst Askariel doch seit Jahren. Was ist denn passiert?“ „Dominik ist ein Dreckschwein.“ Frau Freise verstand kein Wort. Sie kannte keinen Dominik und hatte keine Ahnung, was der mit Askariel zu tun hatte. Aber sie hatte noch genug zu tun und fragte nicht weiter nach. „Okay…!? Ist ja deine Sache. Räumst du bitte die Wäsche in den Schrank? Ich hab noch einen ganzen Haufen zu bügeln.“ Dann verließ sie das Zimmer wieder. Dia suchte sowieso noch nach einem Oberteil und durchwühlte den Wäschestapel nach etwas passendem. Plötzlich fiel ihr das Askariel-Shirt in die Hände. Sie hielt es vor sich und betrachtete den Aufdruck. Wut überkam sie. Aus der Schublade holte sie die große Bastelschere und zerschnitt das Shirt sorgfältig in kleine Stücke. Diese Stücke packte sie in eine kleine Tüte und dann zog sie sich für ihr Treffen fertig an. „Und wo möchtest du gerne hin?“ fragte David, als er Dia den Helm abnahm. Er hatte sie natürlich wieder mit seinem Moped abgeholt und war mit ihr in die Stadt gefahren. Dia wollte dort irgendwas erledigen. „Ich muss noch jemandem danken.“ David war etwas irritiert. Aber er folgte Dia einfach. Sie lief quer durch die Stadt und bog dann zu seinem Erstaunen in die Kochstraße ein. Am Brunnen saßen die zwei Schlägerinnen. Dia steuerte direkt auf Mitzi zu. „Hey, was willst du denn hier?“ fragte die mit dem Rosen-Tattoo - Rosi. Aber Mitzi hielt sie zurück, als sie aufspringen wollte. „Schon gut, das geht in Ordnung. Na? Haben die Bullen den Kerl mitgenommen?“ „Ja, haben sie. Und ich schätze, der wird so bald nicht wieder frei rumlaufen“, erklärte Dia und niemand bemerkte den wehmütigen Unterton in ihrer Stimme, nicht einmal Dia selbst. Mitzi grinste hämisch. „Hat er auch nicht verdient, dieser Drecksack!“ „Worum geht´s eigentlich?“ fragte Rosi gereizt. „Erklär ich dir später, Rosi“, antwortete Mitzi. "Hast du es ihr noch gar nicht erzählt?" fragte Dia etwas verwundert. "Hatte noch keine Gelegenheit heute", antwortete Mitzi, "wir hatten was anderes zu tun." Dia wollte gar nicht genau wissen, was das war. Rosi sah verwirrt zwischen Dia und Mitzi hin und her. Was war denn auf einmal los bei den beiden? „Hör zu, Mitzi, ich möchte dir danken", begann Dia. "Du hast mein Leben gerettet. Vielen Dank für deine Hilfe, der hätte mich glatt umgebracht und die anderen sicher auch.“ Dia drehte sich zu David um und lächelte ihn an. Er lächelte zurück. „Da solltest du dich lieber an Kiki wenden. Sie hat mich drum gebeten. Aber ich hätt´s auch so gemacht, wegen Anja. Die beiden sind gute Freunde von uns. Kiki hat uns mal aus der Klemme geholfen, als die Bullen… na ja, sie hat uns jedenfalls geholfen. Und dafür passen wir etwas auf sie und Anja auf. Und wenn sie uns um einen Gefallen bittet, zum Beispiel einer Tussi, die scharf auf ihren Boy ist, die Visage zu demolieren, dann ist es für uns Ehrensache, ihr diesen Gefallen zu tun“, erklärte Mitzi. Dia schluckte kräftig. „Aha, gut zu wissen“, sagte sie etwas nervös. „Na, wir gehen dann mal wieder.“ Sie hatte irgendwie ein komisches Gefühl. Doch Mitzi war noch nicht fertig. „Moment mal, warte!“ rief sie ihr nach. Dia und David blieben stehen und sahen sich kurz an. Kam jetzt die Abreibung, die Kiki ihr angedroht hatte? „Danke, dass du Anja vor diesem Arsch gerettet hast. Anja ist ziemlich naiv und hat noch keine Ahnung vom wirklichen harten Leben.“ „Was ist mit Anja? Ist ihr was passiert?“ warf plötzlich Rosi ein. Sie war rot vor Wut und wollte jemanden schlagen, weil sie glaubte, Anja wäre was passiert. „Nein, Rosi, aber das erklär ich dir alles gleich. Jedenfalls, ich möchte dir das hier geben, Dia.“ Und bei diesen Worten zog Mitzi einen ihrer Totenkopf-Ringe von ihrem Zeigefinger und gab ihn Dia. Die verstand erst nicht, was das sollte. „Ab jetzt kannst du jederzeit hier vorbeikommen. Und wenn einer von unseren Leuten was zu meckern hat, zeig ihm den Ring und sag: Mitzi sucht übrigens gerade nach einem Sandsack. Das werden sie alle kapieren.“ Dia musste lächeln. Ja, das konnte sie sich nur zu gut vorstellen. Sie steckte sich den Ring an den Daumen, weil er für die anderen Finger zu groß war. „Danke, Mitzi. Du bist voll in Ordnung“, sagte Dia und meinte es auch so. Dieses Kompliment brachte Mitzi dazu, sich wieder mit dem Handrücken unter der Nase lang zu wischen. Rosi bemerkte ungläubig, dass ihre toughe Freundin verlegen war! Das hatte sie noch nie gesehen. „Hör ich jetzt endlich, was Sache ist?“ meckerte sie beleidigt. „Ja doch! Also dann, Dia. Man sieht sich“, sagte Mitzi übertrieben lässig. „Ja, man sieht sich“, antwortete Dia schmunzelnd und verließ dann mit David die Kochstraße. „Und wo soll´s jetzt hingehen?“ fragte David, als sie wieder am Moped ankamen. „Zum Wasser“, antwortete Dia, „da hab ich auch noch was zu erledigen.“ David fuhr nicht zum Hafen, wie Dia es erwartet hatte, sondern er fuhr zu einer kleinen Bucht außerhalb der Stadt. Die Stelle war für Dias Vorhaben ideal, denn eine Klippe ragte hier über das Wasser hinaus. Sie kletterten auf den Vorsprung und Dia zog die Tüte mit den Shirt-Schnipseln aus ihrer Jackentasche. „Was ist das denn?“ fragte David, als Dia die Stofffetzen aus der Tüte holte. „Vergangenheit“, antwortete sie und warf die Fetzen des T-Shirts auf das Wasser. Sie segelten langsam hinunter und Dia beobachtete sie dabei. Als das letzte Stück auf der Wasseroberfläche gelandet war, drehte sich Dia zu David um und sagte: „Und das ist meine Zukunft.“ Und dann küsste sie ihn. Es war ein langer und intensiver Kuss. Danach hielt er sie noch lange im Arm und sie sahen auf das Wasser hinaus, das die Stofffetzen immer weiter aufs Meer hinaus trieb. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)