Out Of Reach von monophobie (Seto x Joey) ================================================================================ Welcome To The Silence ---------------------- Titel: Out Of Reach Teil: 1/6 Fandom: Yu-Gi-Oh! Pairing: Puppyshipping (Seto x Joey) Warnings: Shounen-ai (don’t like, don’t read), “Lime” Genre: Romantik, Epik, light Drama, Erotik, Shounen-Ai Autor: monophobie Disclaimer: Mister Seto Kaiba und Joey gehören natürlich Kazuki Takahashi. Ich erhebe hiermit keinen Anspruch auf sie und verdiene auch kein Geld mit dem Schreiben solcher Geschichten. A/N: Alte/neue Liebe, einen Monat Akkord-Arbeit, mal kein alternatives Universum und soviel Herzblut in dieser Geschichte; Das wird ein dickes Kommentar. Mehr dazu allerdings im Nachwort. Kommentare, Kritik, Anregungen und Verbesserungsvorschläge sind gern gesehen. Widmung: , meine Liebe, da du der erste Stoß in die richtige Richtung warst. Nun viel Spaß mit: 1. Welcome to the silence. Ein Gefühl von Befreiung quoll in seinem Inneren auf, Erleichterung. Gewissheit. Die Straße um ihn herum war voller Menschen und ihre Gesichter strahlten, als gäbe es keine schlechten Tage. Die Welt war noch in ihren Fugen und Seto Kaiba noch immer er selbst. Er wusste, was er getan hatte. Er beschönigte nichts, versuchte es nicht zu verschleiern. Die nackte, pure Wahrheit lag vor ihm ausgebreitet. Er kannte die Antwort, er wusste, wie er das Puzzle vervollständigen könnte. Er war bereit, das letzte Teil hinzuzufügen. Es konnte doch gar nichts schief gehen. Dort wo alles begonnen hatte, da würde seine Suche ein Ende finden. Tief seufzend und die bleischweren Lider wieder hebend, sah Kaiba über seinen Tisch zu der Uhr in der Ecke seines Laptopdisplays. 16 Januar, 23.38 Uhr. Draußen war es bereits dunkel und selbst die Lichter der Straßenlaternen, der Autos und Werbereklamen erreichten den obersten Stock des Firmengebäudes der Kaiba Corp. nicht. Nur der Laptop flimmerte in einem unerträglich hellem Blau vor Kaiba, die Schreibtischlampe knipste er mit einer flüssigen Bewegung aus. Das war zu hell, viel zu hell für diese späte Uhrzeit. Er sollte schlafen gehen, ja, das sollte er zur Abwechslung wirklich einmal tun. Denn er war müde, so unerträglich müde von diesem ganzen Alltag. Morgen hätte er schon wieder eine Besprechung nach der Anderen, Produktvorführungen, dann ein Meeting mit einem Mann, dessen Firma er übernehmen würde, er müsste die Kalkulationen zur Jahresbilanz langsam anfangen zu bearbeiten, den Winter- und Weihnachtsverkauf berec... Tief einatmend rieb er sich die Schläfe einen Augenblick, bevor er über das Tastfeld seine Limousine anforderte. Er war so unerträglich müde von diesem Alltag. Er sollte wirklich schlafen gehen, obendrein vielleicht auch einmal seinen Arzt aufsuchen, denn diese Kopfschmerzen wollten und wollten nicht besser werden. Morgen. Morgen hätte er sicherlich Zeit dafür. Diese Kopfschmerzen hatten ihn drei Stunden seines Schlafes geraubt und der anschließende Arztbesuch abermals eine halbe Stunde seines Tages. Das Resultat überzeugte ihn unterdessen auch nicht. „Mr. Kaiba, ich kann ihnen nur sagen, was ich Ihnen schon seit Ewigkeiten sage. Sie sollten ein wenig kürzer treten und sich Entspannung und Erholung gönnen. Dieser dauerhafte Stress bekommt Ihnen nicht.“, ermahnte ihn Kaibas Arzt und verschrieb ihm dabei dennoch erneut ein paar Tabletten gegen Migräne. Unbeeindruckt sah Kaiba ihm dabei zu, knöpfte den letzten Teil seines Hemdes zu, bevor er sich aufrichtete und seine Jacke ergriff. „Verschreiben Sie mir einfach stärkere Tabletten.“, sagte er, noch während des Anziehens, woraufhin sein Arzt wieder resignierend seufzte. „Mr. Kaiba, ich meinte das bei Ihrem letzten Besuch durchaus ernst, dass Sie vielleicht einmal eine Masseurin aufsuchen oder in ein Spa eintreten. Es könnte Ihrer Gesundheit nur dienlich sein.“ Kaiba allerdings schien nicht allzu viel von dieser Idee zu halten, nahm seinen Aktenkoffer, während er sich schon fast am Hinausgehen dem Arzt zuwand, „Damit ich anschließend in der Klatschpresse Gerüchte lesen kann, die eben solche vertrauensvollen Personen erfinden? Nur weil sie dichter als andere in meine Privatsphäre dringen dürfen? Nein, danke.“ Als er bereits gehen wollte, hielt sein Arzt ihm allerdings eine Visitenkarte hin. „Sollte Anonymität Ihr größtes Problem bei dieser Sache sein, ist es schnell auszumerzen. Ich bitte Sie, Mr. Kaiba, eine Stunde dort und dann sehen Sie weiter ob dies nach Ihrem Geschmack ist oder nicht. Ich denke das wird sich doch einrichten lassen?“, Kaibas Arzt schien es durchaus ernst zu meinen, drückte Kaiba das Kärtchen in die Hand. Der betrachtete es nur kurz, bevor es in die Manteltasche verschwinden ließ und er zur Tür hinaus ging. „Guten Tag, Doktor.“, war die Verabschiedung, bevor er wieder hinaus in seine Limousine stieg. Fast eine Stunde vertrödelt für ein Resultat, dass sich nicht beheben ließ. Der Tag konnte ja nicht besser laufen. Kaiba spürte bereits die Kopfschmerzen aufkeimen, griff in seine Manteltasche für ein paar Tabletten und die Visitenkarte, die ihm der Arzt gegeben hatte. Während er zwei kleine, weiße Pillen hinabschluckte, fuhr er über die geprägte Schrift der schwarzen Karte. „House Of Silence“ – Klangvoller Name für ein Massagestudio. Es war eine Telefonnummer darauf, eine Website-Adresse und die Adresse des Studios selbst. In geschwungenen Buchstaben stand auf der letzten Zeile „Es gibt vielerlei Arten von Lärm. Aber nur eine Stille.“. Schön zitiert. Doch was sollte man damit anfangen? Ein Massagestudio mit Bibliotheken-Flair? Mit einem amüsiertem Schnauben fischte Kaiba nach seinem Laptop, klappte ihn auf und tippte die Adresse des Studios ein. Der Bildschirm färbte sich schwarz, dann erschien im Zentrum ein Tropfen, fiel und zog Kreise in der schwarzen Flüssigkeit, die dabei leise Klänge abgab. Nett animiert. Und weiter? In den kleiner werdenden Kreisen bildete sich langsam eine graue Schrift, die ein Passwort verlangte. Etwas kleiner darunter stand, dieses wäre auf der Visitenkarte zu finden, die somit eine exklusive Einladung war. Die Stirn gerunzelt und etwas skeptischer als vorher nahm Kaiba wieder die Karte, besah sie sich ein erneutes Mal, etwas gründlicher. Er fand auf den ersten Blick aber kein Passwort oder Code, nur die Telefonnummer und Adresse und das wäre wirklich das dümmste Passwort, was er je gesehen hätte. Mit dem Daumen strich er hinten vorsichtig über die raue Fläche, erfühlte etwas und wand die Karte ein wenig im Licht. Kaum sichtbar, aber vom Sonnenlicht reflektiert, erkannte er einen fünfstelligen Zahlencode, den er schließlich eintippte. So ein großer Aufriss für eine Internetseite? Vielleicht hatte der Doc. ihm ja doch etwas außergewöhnliches empfohlen. Ein erneuter Tropfen führte Kaiba weiter, zur richtigen Homepage des Studios. Die Aufmachung hätte wirklich besser sein können und was sollte diese lächerlichen Wasserlilien überall? Er lehnte sich zurück, überflog den Begrüßungsbildschirm. „Willkommen Außererwählter.“ Na das fing ja gut an. Hatte Yugi nach Abschluss der Schule ein Massagestudio aufgemacht? Klang ganz nach dem Knirps und der Idiotentruppe. Aber was verschwendete er nach vier Jahren überhaupt noch einen Gedanken an diese Leute? Sie waren schließlich endlich aus seinem Leben verschwunden. „Konzentrier dich, Seto.“, ermahnte sich Kaiba selbst, bevor er weiterlas: „Dieser Service muss Ihnen von einem Mitglied unseres Studios nahe gelegt worden sein, der, wie Sie auch, eines sehr schätzen muss: Anonymität. In diesen Zeilen möchte ich Ihnen näher bringen, was das Konzept unserer speziellen Behandlung ist.“ Kaiba runzelte die Stirn leicht, scrollte tiefer. Er musste zugeben, ein wenig neugierig war er nun schon, was an diesem Massagesalon so besonders sein sollte. „Unser Studio ist ein exklusiver Club für die Menschen, die Entspannung benötigen, denen es aber auf Grund von gesellschaftlichem Druck nicht vergönnt ist diesen ohne Risiko einzugehen.“ Menschen wie er. Mitten ins Schwarze. „Unser Salon spezialisiert sich darauf Entspannung im höchsten Maß zu gewährleisten ohne dabei die Anonymität eines jeden Einzelnen anzugreifen. Keiner unserer Kunden wird sich je in unserem Hause begegnen oder sehen, es sei denn dies sei erwünscht. Gleichzeitig wird gewährleistet, dass unser gut ausgebildetes Team nie erfährt, wer ihre Kunden genau sind. Wir garantieren somit das höchste Maß an Namenlosigkeit in diesem Gewerbe. Sollte nun Ihr Interesse geweckt sein, scheuen Sie sich nicht uns telefonisch zu kontaktieren. Die Leitungen sind nicht nachzuvollziehen, es besteht keine Gefahr der Überwachung.“ Mit einem dunklen Brummen verschränkte Kaiba die Arme. Wie um alles in der Welt sollte das funktionieren? Massiert werden, ohne dabei den Anderen zu sehen? Wenn dies schließlich ein Salon für die Bekannten waren, die die Presse scheuten, waren diese doch auch prominent. Wie sollte eine Masseurin ihn nicht erkennen? Mit Maske? Sack über dem Kopf? Oder Augen verbunden? Lächerlich. Aber durchaus interessant zu erfahren. Kaiba sah kurz aus dem Fenster. Es war noch ein wenig Zeit, bis er bei der KC ankam, also konnte er wohl noch ein wenig forschen. Er klickte weiter auf der Website umher, besah sich Bilder der wirklich stilvollen Einrichtung des Studios, verschaffte sich dann Anschließend einen Überblick über alle Angebote und die Masseure. Natürlich gab es weder Fotos noch Namen, nur der Bericht, dass alle jung waren und meist recht frisch von der Ausbildung. „Somit also mit den neusten Techniken und gesundheitlichen Folgen vertraut. Wir garantieren gut ausgebildete Mitarbeiter, die von uns noch extra geprüft worden um Ihnen die größt mögliche Entspannung zu garantieren.“, las Kaiba und besah sich die Profile. Alter, Geschlecht, Jahre der Ausbildung, Spezialisierungen, Erfahrungen. Es schien als könnte man sich den Masseur frei wählen, auch wenn mal wohl nie erfahren würde, ob die Person ein deformiertes Antlitz hatte oder nicht. Aber das glaubte Kaiba nicht. Das wäre wohl nicht der Stil dieses Massagestudio. Er hoffte nur auch, dass dieses ganze mysteriöse Gehabe nichts mit dem horizontalen Gewerbe zu tun hatte. Das wäre dann wiederum nicht Kaibas Art. Mit einer flüssigen Bewegung zückte er sein Handy aus der Hosentasche, wählte die Nummer der Visitenkarte. Kein Freizeichen später meldete sich bereits eine freundlich und verlässlich klingende Frauenstimme: „Massagestudio ‚House Of Silence’, Rezeption. Um Ihre Diskretion zu wahren, beantworten Sie meine Fragen bitte kurz und bündig.“ Kaiba hatte den Mund bereits geöffnet, Macht der Gewohnheit, doch er holte nur tief Luft und lauschte auf die Stimme, „Ist dies Ihre erste Kontaktaufnahme mit unserem Haus. Bitte antworten sie mit ‚Ja’ oder ‚Nein’.“ Kaiba antwortete ein knappes: „Ja.“ Sehr akkurat fuhr die Frau fort: „Wenn Sie Interesse an unserem Service haben und diesen zum ersten Mal nutzen möchten, könnte ich Ihnen eine kostenfreie Probestunde anbieten. Haben Sie Interesse an diesem Angebot, antworten sie bitte mit ‚Ja’ oder ‚Nein’.“ Langsam kam er dahinter, was dieses Studio versprach. Keine langen Fragen, keine langen Antworten. Diskretion und Anonymität, wie man sie heutzutage nur von Robotern kannte. Den Service den sie anboten, war nun aber ein menschlicher. Dieses Studio musste also im höchsten Maß geplant sein. Kaiba lehnte sich zurück, antwortete wieder: „Ja.“ „Wir danken Ihnen für Ihr Interesse.“, fuhr sie sogleich fort, „Versuchen Wir nun einen Termin zu finden, der Ihnen zusagt. Bitte nennen Sie mir ein Datum und eine Uhrzeit, die für Sie angemessen ist.“ Kaiba schaute in seinem Laptop nach den Terminen, antwortete schließlich: „19 Januar, 20 Uhr.“ Die Frau schien etwas aufzuschreiben, dann antwortete sie: „Wir danken Ihnen. Wenn Sie ihren Termin wahr nehmen, bitte ich Sie sich mit der Nummer 0235 vorzustellen. Ich hoffe Ihnen sagt dieser Service zu und Sie werden mit uns zufrieden sein, 0235. Auf wiederhören.“ Kaiba klappte sein Handy zu. Tippte die Ziffern in seinen Laptop. 0235. Er war eine Nummer, er war nur ein ‚Ja’, nur der Fetzten seiner Stimme und seines Selbst. Er musste zugeben, diese Art der Behandlung schien ihm sehr exklusiv, diskret und ganz nach seinem Geschmack. Er war gespannt auf übermorgen, auf die Behandlung. Kurz überflog er noch einmal die Liste der Masseure, das Angebot, bevor er den Laptop und damit dieses außergewöhnliche Unterfangen zu den Akten legte. Vor erst. Man wusste ja nie, in was das enden würde. Als die Limousine vor der Kaiba Corporation hielt war er in Gedanken schon beim nächsten Meeting. Schwer ging sein Schritt an diesem kühlen Januarabend. Die Wölkchen, die sich beim Ausatmen bildeten, ließen ihn erst erkennen wie kühl es eigentlich gerade war. In seinem Wagen hatte er das kaum mitbekommen, zu surreal wirkte die Temperaturanzeige auf dem Display. Mit schnellen, zielsuchenden Schritten überwand er den Matsch auf dem Bürgersteig, in Suche nach der Hausnummer. Autos hupten, als die Ampel auf Grün sprang und sich nichts bewegte, Menschen eilten hektisch an ihm vorbei, ein Hund kläffte, wer weiß, was ihn aufgeregt hatte und ein Kind schrie um Aufmerksamkeit. Wie abscheulich grau diese Stadt manchmal war. Sein Blick richtete sich nach links, als er beinah an seinem Ziel vorbei gegangen wäre. Diese Örtlichkeit wirkte unscheinbar, neben den großen Werbetafeln und der schnellen Kreuzung. Die Fassade war grau, die Fenster dunkel und mit undurchsichtigen Gardinen. Neben der Tür stand auf einem schmalen, goldenem Schild „House Of Silence“. Er war angekommen und mit einem Blick auf seine Uhr, die 19.57 Uhr verkündete, sogar noch mehr als pünktlich. Er wand sich mit einem kurzen Seitenblick um. Die leeren Gesichter der Menschen, dieses graue Bild einer Stadt und der dunkle Himmel, der näher zukommen drohte um jeden hie... Er öffnete die Tür, trat ein und lockerte sogleich seinen Mantel als die Tür hinter ihm wieder leise ins Schloss fiel und jegliches Geräusch schluckte. Keine Autos mehr, die an sein Ohr dröhnten, Flugzeuge, Stimmen, Schreie, bellende Hunde und quietschende Bahnen, diskutierende Geschäftspartner, das beständige Klicken der Tastatur. Nichts davon. Nur ein heller, kleiner Raum, dessen Licht einladend und ruhig wirkte. Auf dem Brunnen in der Linken des Zimmers schwammen Wasserlilien, in der Rechten wartete hinter einer halb hohen Theke eine adrett gekleidete Frau. Ihr Blick traf genau den von Kaiba und unter den blass geschminkten Lippen formte sich ein schmales Lächeln. „Guten Abend, Sir.“ Er erkannte ihre Stimme vom vorgestrigen Gespräch, suchte kurz auf der Theke und fand schließlich auch das Telefon, daneben ein Buch, auf der anderen Seite einen Bildschirm. Alles wirkte geordnet, strukturiert und geplant. In diesen Räumlichkeiten war das Chaos bezwungen. Nur langsam trat er näher, den Blick dabei noch einmal durch das Zimmer schweifend lassend. Es schien nur ein Raum zum passieren zu sein. Es gab außer diesem Brunnen, der keinen Ton von sich gab und der Rezeption nichts, was sonst einladend wirkte. Keine Garderobe oder Stuhl, nur Dekoration und diese Frau, die mit ihrem Blick, Kaiba jede Zeit der Welt gab. Als schließlich seine Augen zu ihr wanderten, musste er gestehen, dass er sie für etwas älter gehalten hatte. Vielleicht war sie Mitte bis Ende zwanzig? Und doch wirkte sie förmlich auf den hohen, schwarzen Schuhen. In einem Kostüm, wie er es oft an europäischen Geschäftsfrauen sah. Die schwarzen langen Haare streng zurückgebunden und ein gerader Pony, welcher in dunkel geschminkten Wimpern endete. Sie bemerkte Kaibas Blick sehr wohl, senkte aber nur die Augen einen kurzen Moment und fragte: „Ihre Nummer, Sir?“ Kaiba blieb stehen, die Hände an den Seiten und erwiderte formlos: „0235.“ Erst jetzt verbeugte sich die Dame vor ihm tief und als sie sich wieder aufrichtete, lächelte sie abermals schmallippig. „Willkommen, Nummer 0235. Ich werde Ihnen eine Einführung in unsere Lokalitäten geben und all Ihre Fragen klären, wenn Sie denn welche haben. Danach können Sie unseren Service genießen.“ Sie betätigte kurz einen Mechanismus unter der Platte der Theke, an der sie stand. Das Geräusch erkannte Kaiba nur zu gut, von seiner eigenen Firma. Die Tür hinter ihm, durch welche er eingetreten war, wurde verriegelt, dafür schien die ihm gegenüber geöffnet worden zu sein. Die junge Dame kam herum, trat mit gehörigem Respekt vor Kaiba und verbeugte sich erneut, diesmal nicht so tief, wie das erste Mal. „Bitte folgen Sie mir, 0235.“, sage sie noch in der Verbeugung und als sie sich aufrichtete und umwand, folgte er ihr langsam. Durch die Tür ging es in einen Flur, der U-förmig schien. In goldenen Lettern las er den Spruch, den er bereits auf der Visitenkarte gefunden hatte. „Es gibt vielerlei Arten von Lärm. Aber nur eine Stille.“ Allerdings wurde ihm erst in diesem Gebäude bewusst, was dies eigentlich hieß. In diesem Flur war es still, fast schon beängstigend still. Man könnte meinen, hier würde es verlassen und leer sein, doch das rötliche, beruhigende Licht und die Anzeigen vor den Türen belehrten ihn eines besseren. Dies war auch der Punkt, wo die Erklärungen begannen. „Wie Sie sehen und hören, 0235, liegt uns in erster Linie vollkommene Entspannung in diskreter Atmosphäre am Herzen. Dies ist der Verbindungsraum zu allen Örtlichkeiten. Hinter jeder Tür warten komplett gleichausgestattete Räume, Kabinette, wie wir sie nennen, die dem Wunsch von Anonymität gerecht werden. Auf diesen Anzeigen steht der jeweilige Status jeden Raumes.“, sie deutete auf die handgroße Anzeige neben einer der vielen schweren Türen. Es stand nur ‚Ready’ darauf. „Ist er reserviert, steht die Nummer des Kunden, der Masseurin beziehungsweise des Masseurs und die Uhrzeit darin. Muss der Raum gesäubert werden, steht auch das darauf. Ist nichts von alledem zutreffen, finden sie wie hier die Aufschrift ‚Ready’.“ Die Dame schritt zwei Türen weiter, hier zeigte das Display „Example“ an. Sie fuhr mit einer Karte durch das Schloss, woraufhin auch diese Tür sich mit einem leisen Klacken entriegelte und sie diese öffnete. Sie trat mit Kaiba ein und schloss die Tür hinter ihnen wieder. „Dies ist unser Muster-Raum. Hier werde ich Ihnen alles erklären, was Sie wissen müssen. Schauen Sie sich in Ruhe um.“ Kaiba tat dies unterdessen auch, selbst wenn ihn in diesem Mantel langsam warm wurde. Der Raum hatte außer der Verbindungstür zum Flur noch zwei weitere Türen, zwei Fenster, die mit schweren Gardinen behangen war. Man konnte nicht hinaussehen, aber wohl auch nicht hinein. Zentral stand die Massagebank, die einladend und gut gepolstert wirkte. Obendrein sagte ihm das helle, moderne Flair des Raumes zu. Entgegengesetzt seines Büros und seiner sonstigen Welt gab es viel Holz, weich aussehende Handtücher und Wasser. Langsam wanderte der Blick wieder zu der Dame, die darauf wartete mit ihren Erklärungen fortzufahren. Sie nickte Kaiba kurz zu, bevor sie auf eine der beiden Türen deutete und zu ihr Schritt, sie öffnete, damit Kaiba hineinsehen konnte. “Dies ist der Umkleideraum. Jedes Kabinett besitzt einen. Hier können sie ihre Kleidung ablegen. Wir bitten Sie außerdem jegliche elektronischen Gegenstände wie Handys, Laptop, Pager und ähnliches abzuschalten und hier liegen zu lassen. In diese Räume gelangt man nur durch das Kabinett, dass sie eben gesehen haben. Ihre Wertgegenstände werden also gesichert sein.“ Die Dame trat zurück und Kaiba ließ erneut seinen Blick schweifen. Es gab eine hellgestrichene Holzbank mit Sitzpolstern, daneben Kleiderhaken und ein schmaler, niedriger Schrank mit Handtüchern und zwei Schubkästen. Die Wand zierte eine große Banderole auf der „Harmonie“ stand. Er trat zurück, still und ohne ein Wort zu sagen. Das was er gerade hörte, würde er wohl erst später wirklich verinnerlichen. Gerade betrachtete er dies alles nur mit dem Pokerface, dass jeder von ihm kannte. Er stellte keine Fragen, das brauchte er auch nicht. Die Informationen, die er erhielt, waren reichhaltig und doch nicht ausschweifend. Zufriedenstellend und hilfreich. So musste Service sein. „Hier ist ein zweiter, angrenzender Raum.“, das Fräulein öffnete die nächste Tür und ließ Kaiba wieder hineinsehen, „Hier befindet sich die Dusche, eine Toilette und wie Sie sehen auch eine Badewanne. Nach einer Massage geben wir Ihnen eine Stunde Zeit um sich gegebenenfalls zu duschen, anzuziehen und zu gehen. In dieser Zeit wird es von uns natürlich vermieden, dass Sie auf andere Personen treffen.“ Sie deutete mit ihrer Hand zu der Badewanne, „Natürlich haben wir neben Massagen auch das Angebot zu entspannenden Bädern. Diese können Sie individuell bei mir anfordern und vor oder nach den Massagen einnehmen.“ Kaiba nickte verstehend, wand den Blick wieder zu ihr, denn eine Frage war noch offen... Die junge Dame senkte ihren Blick und schritt von der Tür zu der Massageliege. „Wie bereits erwähnt, 0235, ist unser besonderer Service die Anonymität. Unser Ziel ist es, dass die einzige Person, die Sie jemals hier sehen und mit der Sie sprechen werden, ich bin. Zu Recht, fragen Sie sich, wie dies vonstatten gehen soll. Erlauben Sie mir.“ Sie griff an das Kopfstück der Liege, legte etwas um und klappte sie nach oben, sodass Kaiba einen Blick auf die Unterseite bekam. „In unserem Haus herrschen Regeln und wir bitten Sie, falls Sie unseren Service öfter nutzen möchten, diese einzuhalten.“ Sie deutete eine Verbeugung an, eine Entschuldigung wohl. Kaiba gefiel diese Förmlichkeit zusehend. „Jeden Termin, den Sie wahrnehmen wollen, wird mit mir geregelt. Ich kann Sie nicht abhalten, mit anderen Personen zu sprechen. Ich bitte Sie nur darum, der Diskretion wegen. Haben Sie einen Termin und eine Art der Massage vereinbart, werde ich Ihnen die Raumnummer sagen und bei Ihrem Eintreten eine Schlüsselkarte geben. Diese wird das Kabinett öffnen und schließen. Sie werden im Voraus ihre Masseurin oder Masseur wählen, da Sie nie persönlich mit Ihnen in Kontakt treten werden.“ Sie deutete auf den Raum in den man sich umkleidete. „Sobald sie im Kabinett sind, legen sie dort ihre Kleidung ab, kehren hierher zurück und betten sich auf die Liege.“, Sie deutete auf die Massageliege, dessen Unterseite Kaiba immer noch sah und die ihn in einem gewissen Punkt irritierte. „Wie Sie bemerkt haben, gibt es auf der Unterseite dieser speziellen Liegen ein Knopfsystem, dass von uns entwickelt wurde. Sie erreichen sie bequem im Liegen und können auch ohne zu sehen erfühlen, welcher Knopf was auslöst. Ich werde es Ihnen erklären.“ Kaiba trat näher, besah sich die Knöpfe, die angebracht waren kurz. Zwei zur Rechten, zwei zur Linken. „Der äußere, rechte Knopf mit der halbrunden Sonne ist der wichtigste Knopf. Sobald Sie hier Platz genommen haben, drücken Sie ihn und das Licht wird ausgehen und der Masseur oder die Masseurin eintreten. Es wird zu dunkel sein, um etwas zu erkennen. Sowohl für Sie als auch für Ihren Betreuer. Schrecken Sie also nicht zusammen, wenn vor der Massage eventuell erfühlt werden muss, welche Ausmaße ihr Körper hat.“ Kaiba hob skeptisch eine Braue, bevor er die Stirn langsam in Falten legte, aber nichts sagte. Eine Massage im Dunkeln also? Keine Masken oder Augenbinden und doch vollkommen blind. Interessant. Das junge Fräulein fuhr fort. „Unsere Mitarbeiter sind alle hoch ausgebildet und talentiert, allerdings kann es in diesen blinden Situationen durchaus zu unerwünschten Dingen kommen. Sollten Sie Schmerzen verspüren, drücken sie den äußeren linken Knopf. Ein schwaches, blaues Licht wird kurz aufleuchten und unser Mitarbeiter wird sich verbessern. Sollte es andere Dinge zur Beanstandung geben, die sofortigen Klärungsbedarf benötigen, drücken sie den zweiten linken Knopf. Der Masseur oder die Masseurin wird die Arbeit unterbrechen und Sie allein lassen. Anschließend können Sie bei mir Ihre Klage vortragen.“ Sie deutete wieder auf die rechte Knopfseite, „Der innere, rechte Knopf ist für kurze Unterbrechungen. Unser Mitarbeiter wird den Raum verlassen und das Zimmer wird kurze Zeit später beleuchtet werden, damit sie zum Beispiel die Toilette aufsuchen können oder ähnliches.“ Das Fräulein klappte das Kopfteil wieder herum, sah Kaiba an. „Sobald sie den Sonnen-Knopf“ Was für eine hübsche Beschreibung, „Gedrückt haben wird automatisch der zuvor eingestellte Zähler aktiviert, der ihre Zeit misst. Durch ein Geräusch werden sie den Start und das Ende vernehmen. Sollte das End-Signal ertönen, wird unser Mitarbeiter sich zurückziehen und bald darauf das Licht angehen.“ Ihr Blick wanderte auf ihre Uhr, dann sah sie wieder Kaiba an. Dieses schmallippige Lächeln wirkte dieses mal sogar ein wenig mysteriös. „Haben Sie sonst noch Fragen, 0235?“, sagte sie leise, senkte die Lider ein Stück. Kaiba antwortete ein knappes „Nein“, denn in der Tat, er hatte keine Fragen. Zumindest vorerst nicht. Es war alles zu seiner Zufriedenheit erklärt und um ehrlich zu sein, war er nun neugierig, auf das, was folgen würde. Auf die Dunkelheit und ob er tatsächlich Entspannung spüren würde. Ob er tatsächlich abschalten könnte von diesem grauen Leben. „Wenn Sie mir folgen würden, besprechen wir die Art der Massage und Sie wählen sich ihren Masseur oder Masseurin.“, sie nickte ihm zu und führte ihn anschließend wieder in die Rezeption, die er zuerst gesehen hatte. Das junge Fräulein klappte unter der Theke die Tastatur hervor, begann zu tippen und richtete den Blick auf den Monitor während Kaiba ihr gegenüberstand. „Sie haben eine volle Stunde Zeit für Ihre erste Kostprobe. Dies wäre nun von 20.15 Uhr bis 21.15 Uhr. Wollen sie die gesamte Stunde nutzen?“, fragte sie ihn und erhielt abermals ein knappes ‚Ja’. Schnell huschten die fein manikürten Fingernägel über die Tastatur. „Wünschen Sie einen weiblichen oder männlichen Masseur?“ Da musste Kaiba nicht wirklich lang überlegen. Er war der Ansicht, dass Männer ihre Arbeit besser verrichteten als Frauen, deswegen fiel seine Wahl auch auf einen Mann. Das Fräulein nickte. „Von unseren sonst fünf Masseuren sind gerade drei verfügbar. Möchten Sie sich einen kurzen Überblick verschaffen?“, fragte sie und sah vom Monitor auf, fand sich in Kaibas Nicken bestätigt und drehte ihm den Bildschirm zu. Hier war die Statistik, die er auch bereits im Internet gesehen hatte, allerdings, wie erwähnt, nur drei der Kandidaten. Er überflog die Profile, tat den Ersten bereits ab, da er ihm mit 31 zu alt war. Jünger wäre Kaiba tatsächlich lieber. Doch wie jung? Der eine schien sehr neu zu sein, ein Jahr jünger als er selbst, allerdings mit sehr gut abgeschlossener Ausbildung. Der zweite war drei Jahre älter, 25 und mit mehr Berufserfahrung. Ob das besser war? „Was bedeutet dies?“, Kaiba deutete bei dem jüngeren von Beiden auf den Vermerk, dass er ayurvedische und Thai-Massagen beherrschte. Die Dame schaute, lächelte und nickte, „Diese Art der Massage ist gut gegen körperliche Leiden wie Kopfschmerzen, Übelkeit oder Schlaflosigkeit. Zudem entspannt sich der Körper danach merklich und der Schlaf wird tief und erholsam wie lang nicht mehr.“ Das klang perfekt. Wie für ihn geschaffen. „Dann nehme ich ihn.“, entschied Kaiba, sah die Dame an, die daraufhin nickte und wieder tippte. „Ich empfehle ihnen für den Beginn dann eine ayurvedische Rückenmassage. Ist Ihnen das Recht?“ Kaiba stimmte zu. Er hatte schließlich keine Ahnung was das heißen sollte. Solang es half, die Kopfschmerzen los zu bekommen, war er zufrieden. Das Fräulein reichte ihm über die Theke hinweg eine Schlüsselkarte, die Kaiba an sich nahm. „Ihr Masseur ist die Nummer 0009, er wird im Raum 05 auf Sie treffen. Das Kabinett ist den Gang links entlang auf der rechten Seite. Ich werde Ihn unterrichten und er wird sich für Sie bereit halten.“ Sie lächelte kurz, das schmale, formlose Lächeln, das so nichtssagend war, wie all diese Nummern hier, dann endete sie: „Falls Sie anschließend Fragen oder Beanstandungen haben, verlangen Sie nach mir. Nach Nummer 0001. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Erholung.“ Sie verbeugte sich und sah Kaiba nach, wie er mit seiner Karte und ungeordneten Gedanken durch die Tür schritt. Das Schloss hinter ihm klackte leise, dann war es still und er war allein. Für einen kurzen Moment fühlte er sich wie in einem Traum gefangen. Ein endlos scheinender Korridor, Tür an Tür und diese absolute Stille. So still, dass er nur sein Blut rauschen hörte, nur das Pumpen seines Herzens. Wer hätte gedacht, dass es überhaupt noch schlug? Langsam setzte er einen Schritt nach dem anderen, die weichen Matten des Bodens schluckten sogar die Geräusche seiner Schuhsohlen. Es waren nur vier Schritte und doch ein endlos langer Weg bis zum Raum 05. Die Schlüsselkarte gezückt, zog er sie durch den Spalt, hörte das metallische Klicken und öffnete die Tür. Das Licht ging an, ein ähnlicher roter Ton wie im Flur, doch sonst glich dieser Raum dem Muster-Kabinett, alles schien identisch, nur die Bilder und Sprüche an der Wand verkündeten andere Weisheiten. Kaiba hielt sich nicht lang auf und ging in die Umkleide, wurde endlich den warmen Mantel los. Er überlegte einen Moment, ob er sein Handy nur auf lautlos stellte, oder doch ausschaltete. Er entschied sich für das zweite. Anschließend stellte er sogar den Peilsender und die Funkanlage in seinem Mantel aus, atmete tief. Ein Gefühl, als wäre ihm gerade ein zwei Tonnen schwerer Stein von den Schultern genommen wurden. Sein Blick schweifte im Raum umher, suchend, dann schloss er die Augen einen Moment. Er sollte aufhören solche Paranoia zu entwickeln. Er griff sich den schwarzen Pullover am Kragen, zog ihn sich über den Kopf und räumte ihn zusammengelegt auf die Bank. Das selbe Spiel mit seiner Hose und den Shorts, die Schuhe räumte er unter die hölzerne Bank und schlüpfte dafür in bereitstehende Slipper. Eines der weichen, weißen Handtücher, welches am Saum mit goldenen Lettern verziert war, um die Hüften gewickelt, sah Kaiba an sich herab. Er wusste nicht, wann er sich das letzte Mal so unwohl gefühlt hatte. Nackt vor anderen Menschen zu sein, hieß soviel wie ihnen ebenbürtig zu sein. Doch das war er nicht. Niemals. Er war Seto Kaiba und kein noch so gut ausgebildeter Masseur stand in der Rangordnung über ihm. Seufzend strich er sich ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht, atmete tief. Es würde dunkel sein. Er würde niemals seinen Masseur kennen lernen und der würde nie wissen, wen er da vor sich liegen hatte. Worüber machte sich sein Ego hier eigentlich Gedanken? Langsam schritt er zur Tür und hinaus in das Kabinett, auf die Massageliege zu. Der Raum hatte sich von allein angenehm warm temperiert und als er mit einer knappen Handbewegung über die Massageliege strich, schien auch diese beheizt. Er setzte sich, atmete tief ein und wieder aus. Die Luft hier roch angenehm, ein wenig duftend nach Blüten, doch er konnte nicht sagen, welche es wohl waren. Woher der Geruch wohl kam? Er hatte nichts gesehen, wobei er doch sonst immer auf Details achtete. Ein weiteres mal tief Einatmend, den Geruch inhalierend, legte sich Kaiba langsam nieder, schloss für einen Moment die Augen. Er müsste nicht auf Details achten. Nicht heute. Nicht jetzt. Er müsste nur loslassen, anfangen zu genießen und sein Misstrauen ablegen. Langsam suchte sein Finger an der Unterseite der Massageliege den Knopf, erfühlte die halbrunde Sonne, strich ein- zweimal darüber, sachte und vorsichtig, bevor er den Knopf hineindrückte. Welcome to the House Of Silence. Er schlug ruckartig die Augen wieder auf doch es war stockdunkel, selbst als er den Kopf ein wenig drehte, zu der Richtung in der die Fenster gewesen sein musste, nahm er nicht die geringste Lichtquelle war. Es war schwarz, Nacht. So finster, wie er sonst nie etwas erlebt hatte. Seine Sinne waren seltsamerweise sofort geschärft. Es schien als intensivierte sich der Geruch der Blüten mit der Dunkelheit. Täuschte ihn seine Nase oder waren das Rosen? Ein wenig Honig vielleicht sogar? Die Ohren gespitzt vernahm er von links ein Geräusch. Die Tür wurde langsam geöffnet, nicht breit genug, als das dieses Licht des Flures den Raum, welches auf einmal eher einen blauen Ton hatte, die Personen hier, erhellte. Nummer 0009 schlüpfte durch den schmalen Spalt, bevor die Tür sich wieder schloss und erneute Dunkelheit sich breit machte. Ein leises Geräusch, ähnlich einem Gong ertönte. Gleichzeitig mit dem zweiten Schließen der Tür begann leise Musik zuspielen. Sie erinnerte Kaiba an Wälder, an endlos weite Natur und Wasser. So unglaublich viel Wasser. Unter Wasser ist auch alles still, man hört keine Geräusche, nicht einmal einen Hilfeschrei. Automatisch schloss er die Augen, versuchte die Quelle der Musik auszumachen, doch seine Ohren waren nur auf die leisen Schritte des Masseurs gespitzt. Er schien näher zu treten und so wie auch sein Geruch- und Hörsinn geschärft war, war es auch sein Tastsinn. Kaiba wusste selbst nicht wieso, doch als er nur drei Fingerkuppen auf seinem Rücken spürte, zuckten seine Muskeln einen Moment. Eine so ungewöhnliche Situation. Berührt zu werden, ohne zu wissen von wem, ohne zu wissen, wie, was... Noch einmal kurz nahm Nummer 0009 seine Finger zurück, dann legte er sie aber wieder vorsichtig an Kaibas linke Seite. Es war kaum ein Druck und doch spürte Kaiba genau die Wärme und Präsens dieser Hand und ein Schauer durchfuhr ihn. Nicht einzuordnen ob es Wohlgefallen oder Abneigung war. Mit unglaublich sanfter Sorgfalt nahmen die Finger ersten Kontakt auf, taten das, was 0001 Kaiba erklärt hatte: Seine Körpermaße feststellen. Und der Masseur ließ es beinah zu einem Spiel ausarten, wanderte fast tänzelnd von der linken Seite hinauf bis zur Schulter und mit den selben federleichten Bewegungen zur rechten, von da aus wieder hinab. Kaiba wusste kaum wie ihm geschah, nur seine Muskeln durchfuhr ein Zucken, ein Erschaudern mit einer inneren, aufkeimenden Wärme. Vorsichtig und diskret strichen den Fingerkuppen das Handtuch, etwas tiefer, fanden schließlich in der Mitte an Kaibas Steiß zusammen und nahmen den Weg aufwärts. Es schien ihm, als würde der junge Masseur mit einer unglaublichen Sanftheit in den Händen seine Wirbel zählen und dabei gleichzeitig Verspannungen ausmachen. Schritt um Schritt wanderten die Kuppen höher, zwischen die geprägten Schulterblätter und schließlich am Nacken aufwärts. Diese Berührung, diese Geste – Es war der erste Schritt in eine Richtung die Kaiba tatsächlich beunruhigte. Wie die Finger immer noch mit all der Ruhe und Zeit der Welt, langsam sein Nackenhaar auseinander strich, die sensible Haut freilegte und ihm somit eine Gänsehaut bescherte. Mit einer unglaublichen Geborgenheit ordnete der Masseur die feinen Härchen an der Seite, strich mit sanftem Druck vom Nacken ein wenig nach vorn zum Hals, erfühlte die verspannten Muskeln nur um mit diesen viel zu sanften Männerhänden wieder hinabzustreichen. Seto Kaiba hatte gedacht, dass diese alte Flamme in ihm längst erloschen wäre, doch gerade verbrannte er. Er verbrannte für diese Hände. Auf einmal fühlte er sich schwerelos, ganz leicht und doch schien an seinen Gelenken, an seinen Gliedern, tonnenschwere Gewichte zu hängen, die ihn auf dem Boden hielten. Die weichen Hände, so sanft und warm, als würde er im Wasser treiben, getragen von der Strömung und gewärmt von der Sonne. Die Ohren noch gespitzt aufgrund der Dunkelheit, hörte Seto, wie nass-feuchte Hände sich aneinander rieben, wärmten und doch zuckte er kurz als die eingeölten Finger ihn wieder berührten. Er war überrascht, im positiven Sinne. Hatte er doch immer gedacht das Öl würde sich kalt und unbarmherzig anfühlen, war es eher noch warm und der Film auf seiner Haut übertrug die Hitze der Hände. In kreisenden, langen und durchzogenen Bewegungen wurde es verteilt auf seinem Rücken, genug, um besser voranschreiten zu können, zu wenig, als das es die Berührungen abschwächen würde. Und was es für Berührungen waren! Getragen von dem öligen Überzug wurden sie federleicht und sanft, viel zu zart. Nicht schwach genug, als dass er missmutig wurde, als dass er dachte, hier wäre eine Frau am Werk, aber auch nicht stark genug, als dass er Schmerzen spürte. Hatte er sich tatsächlich leidend vorgestellt? Um seine alltäglich, alten Schmerzen zu lösen, sollte er neue in Kauf nehmen? - Er kam sich töricht vor, wie er eines Besseren belehrt wurde. Einen Moment presste er die Lippen zusammen, als die Daumen und der Ballen sein Schulterblatt untermalten, zu den Rippen wanderten. Als formte der Masseur Ton, wiederholte er seine Bewegungen, zum Ende hin stärker, fester um auch die letzten Knoten zu lösen. Seto musste tief einatmen, als auf diesen harten Berührungen ein Windhauch von Fingern folgte. Mit sanftem Druck bearbeiteten die Kuppen nun höher gewandert den Nacken, fuhren seitlich herum und tänzelten auf der Sehne zum Schulterblatt. Er kam sich vor wie ein Spielzeug, ein Instrument, welches gerade erst lernte, was es heiß einen Meister gefunden zu haben. Diese Berührungen waren viel zu leidenschaftlich und lockten zu viele Sehnsüchte, an die er nicht denken wollte, nicht konnte. Wieso gefiel ihm das so sehr? Das Gefühl, etwas sehen zu können, dass er nie erreichen würde? Wieso gefiel es ihm so sehr, zu wissen, dass es für diesen Moment in Ordnung war, etwas zu begehren, dass er niemals besitzen würde? Wieso bettete sich sein Gehirn gerade auf Wolken, weit entfernt von ihm? Was hatte er bis gerade noch gefühlt? Wie viel Zeit ist seitdem vergangen? Er fühlte nichts mehr, er dachte nichts mehr. Da war nur er und Dunkelheit, leise Geräusche, ein Bild in seinem Kopf und Berührungen von tausend Fingern von abertausend Händen. Nahmen seinen Verstand und liefen damit hinfort. Es war ihm egal. Solang sie nicht aufhörten ihn zu berühren. Er sollte nicht aufhören – er tat es nicht. Seto zuckte erneut, als zwei schlanke Fingerspitzen über seine empfindliche Seite fuhren, doch er gab keinen Ton von sich. Stattdessen konzentrierte er sich auf die so oft und punktiert eingesetzten Fingerkuppen. Als wären sie das feinste und hochausgebildetste Sinnesorgan an diesem Masseur, begaben sie sich auf die Suche und fanden jeden Muskel mit jeder noch so kleinsten Verspannung. Zart aber zielorientiert lösten sie jede Unbequemlichkeit und fast schon verspielt tänzelten sie danach weiter. Mittlerweile schien ihm das Öl viel zu warm geworden sein – war es sein Rücken oder dieser Film, der auf ihm loderte? Hatten diese Hände ihn in Brand gesteckt? Als hätte der Masseur seinen Hilferuf gehört, spürte Seto die ganze Handfläche – schlank, aber mit langen, talentierten Fingern, schoben sie die Haut, den heißen, brennenden Ölfilm höher, hinauf bis zu den Schultern, nur um wieder unten anzusetzen und das Spiel von vorn zu beginnen. Er zählte nicht wie oft er so von unten herauf so massiert wurde, doch er merkte, dass es nicht das Gefühl besserte. Sein Rücken war heiß und diese Finger nur Zunder – doch vielleicht nur andersherum? Tief einatmend, die Augen weit geöffnet holte er stockend Luft als die Fingerkuppen erneut eine Expedition begannen, als Vorhut zum Handballen, der die freigelegten Stellen mit sanftem Druck besuchte und brennend hinterließ. Ihre Reise schien unbestimmt zu sein, doch es kam ihm so vor als bevorzugten sie Stellen, die Seto reizten. Er wollte am liebsten wissen, ob der Masseur das als Spaß empfand, als Spiel, doch egal wie angestrengt er nach unten schaute, wie lang er die Augen geöffnet ließ – Es blieb dunkel. Nur eine leise Melodie im Hintergrund, die Wiesen und Wasser versprach, wo nichts der Gleichen auftauchen würde. Nur die Geräusche der Hände, wenn sie über seinen Rücken glitten, das Öl verteilten, mit sich trugen. Langsam schloss er die Augen wieder und atmete den Geruch ein. Eine Mischung aus Rosen, Honig und die Note des Öles, das er nicht kannte. Seine Lungen füllten sich mit dieser stickig, dumpfen Luft und sein Hirn benebelte sich wieder. Er wurde ruhig und der Drang, zu wissen, was der Andere dachte, wurde schwächer. Er fühlte sich unglaublich sicher und innerlich ganz ruhig, ausgelassen. Es gab nur seinen verspannten Rücken und diese Erlösungs-versprechenden Hände. Als hätten sie keinen Besitzer, niemand zu dem sie gehörten. Nur diese Hände, die vor seinem inneren Auge umhertänzelten. Er sah die langen, wohlgeformten Finger, der Rücken, der in schlanken Gelenken endete. Er sah sie vor sich, mit ihren Sehnen und dem trainierten Daumen. Vielleicht so hell und blass wie seine eigene Haut, vielleicht dunkler, er wusste es nicht. Was wusste er schon? Es war egal, wem sie gehörten, wie sie waren. Seto interessierte nur das Gefühl, dass sie ihm brachten. Wieso gab es überhaupt andere Gefühle, als dieses, als diese Sicherheit, Geborgenheit? So unglaublich weich. Wann hatte er das letzte mal so gefühlt? Hatte er jemals so gefühlt? Jemals das gespürt, was er nun spürte? Noch nie, so kam es ihm vor. Noch nie. An Kaibas Ohr drang wieder das Geräusch des leisen Gongs. Er schlug die Augen auf, doch es war nach wie vor dunkel, die Musik spielte leiser. War dies das Ende? War eine Stunde vorbei? Wo war die Zeit geblieben? Tief einatmend spürte er aber noch die warmen Hände auf seinem Rücken, die nun ruhten, still lagen, als müssten sie überlegen. Eine Hand löste sich, schließlich auch die zweite. Das restliche Öl wischte der Masseur behutsam mit einem Handtuch vom Rücken, dann verebbte die Berührung. Kaiba hörte, wie sich die leisen Schritte entfernten, blaues Licht drang durch den Türspalt. Zu schwach um zu sehen und zu schnell vergehend um sich daran zu gewöhnen. Er war wieder allein in der Dunkelheit. Sein Rücken noch sensibilisiert von der zu schnell vergangenen Nähe. Ein Schauer kroch sich seinen Körper entlang. Nun war ihm kalt. Seine Hände waren unsagbar kalt. Langsam ging das Licht wieder an, gedämmt, zum Glück, denn seine Augen schmerzten beim ersten Blinzeln. Nur schwer konnte Kaiba sich drehen und aufsetzten, verharrte so für den Moment. An seinen Gliedern hängte Blei und in seinem Kopf war es leer. Er fühlte sich unglaublich befreit und gut, als hätte die Massage seinen inneren Druck einfach aufgelöst und gleichzeitig war er müde. Nicht seelisch, zur Abwechslung Mal, sondern körperlich. Er sah zu der Tür, atmete tief ein und wieder aus. Den Duft nahm er nicht mehr wahr, die Musik löste keine Bilder mehr aus, aber wenn er die Augen schloss, dann spürte er, dass die Glut noch nicht erkaltet war. Er brauchte nur genug Zunder und seine Haut aus Papier würde brennen. Er verbrannte für diese Hände. Als er sich erhob um sich anzuziehen, kam ihm sein Oberkörper schwer vor. Nicht belastend, aber schwer, müde. Er würde wohl, Zuhause angekommen, sogleich ins Bett gehen. Er fühlte sich ein wenig wie ein unbeholfenes Kind, als er sich wieder anzog. Verknöpfte sich bei seinem Hemd zweimal und wollte seine Schuhe erst verkehrt herum anziehen. Er musste zugeben, dass ihn diese Sache, diese Massage ziemlich aus dem Konzept gebracht hatte. Ein Zustand, den er schnellstmöglich zu beheben versuchte. Kontrollverlust war für Kaiba ein Ding der Unmöglichkeit. Wie hatte er sich nur so kindisch verhalten können? Er musste verrückt gewesen sein und sehr leichtgläubig, ja fast schon naiv. Zu guter letzt zog er sich seinen Mantel über, schaltete seine Gerätschaften wieder ein und prüfte die Uhrzeit auf seinem Handy. 21.34 Uhr, eine gute Zeit um aufzubrechen. Das Mobiltelefon glitt zurück in die weite Manteltasche, er schloss die letzten Knöpfe und fuhr sich mit den Fingern einen kurzen Moment über die geschlossenen Lider. Es brannte. Mit zielstrebigen Schritten ging er aus der Tür, verließ das Kabinett, den Flur und stand im blassgelben Licht wieder vor der Rezeption. Der Brunnen rechts von ihm gluckte leise, 0001 sah auf, Kaiba an, um wieder ein schwaches Lächeln zu formen, die Lider wissend niedergeschlagen. „Hat es Ihnen gefallen, 0235?“, fragte sie leise, den Blick auf das Buch gerichtet, „Wünschen Sie einen neuen Termin zu vereinbaren?“ Kaiba trat von der Tür weg - dem Ausgang zu seinem Alltag, zu seiner großen, grauen Stadt, deren Mauern ihn einkreisten und gefangen nahmen, näher. Ein kurzer Schulterblick zurück, zu dem stillen Flur, dem bilderreichen Kabinetten. Er hatte die Kontrolle verloren, doch das würde nie jemand erfahren. Er brannte. Feuer musste geschürt werden. Seine Augen huschten hinüber zu 0001. Er beobachtete den hohen Wimpernaufschlag, das Lächeln auf den blassen Lippen und er kam sich vor wie ein anderer Mensch, nicht er Selbst, als er „Ja.“ antwortete. Der Teich gluckte erneut. „Wie Sie wünschen.“, antwortete das Fräulein und sie zog ihr Buch heran, nahm den dunkelroten Stift zwischen die blassen Finger, „Bei Ihrem nächsten Termin können wir natürlich berücksichtigen, ob Sie nicht einen anderen Masseur, der heute nicht zur Auswahl stand, möchten. Wollen Sie dieses Angebot annehmen?“ Kaiba ging einen Schritt dichter zum Tresen, wand sich 0001 zu und sagte entschlossen: „Nein.“, gab ihr dabei die Schlüsselkarte wieder. Sie erwiderte ein Nicken, schlug eine Seite in ihrem Buch um. „Wären Sie mit dem 26. Januar zufrieden? Wieder die gleiche Uhrzeit?“ Kaiba überlegte einen Moment, ob an diesem Montag schon etwas geplant sei, erwiderte nur ein: „Eine Stunde später, bitte.“ Er wäre das Wochenende vorher auf Besuch in Korea, danach würde diese Behandlung ihm sicher gut tun. Als der Stift über das Papier glitt, war immer noch dieses unzugängliche, unvergleichliche Lächeln auf den Lippen von 0001. „26. Januar, 21 Uhr, Nummer 0009. Wie lang denken Sie, werden Sie bleiben wollen?“ Sie füllte einen kleinen Zettel aus, auf dem sie alles notierte. Kaiba legte seine Stirn in Falten. Diese eine Stunde war eindeutig zu wenig gewesen, doch man sollte immer steigerungsfähig bleiben, nicht wahr? „Zwei Stunden.“, antwortete er schließlich und 0001 notierte sich abermals alles. Sie klappte ihr Buch zu und legte den Stift beiseite. Mit einem schnellen Griff in die Schublade unter der Platte holte sie eine Visitenkarte und einen Umschlag hervor, beides, zusammen mit dem Zettel für den Termin reichte sie Kaiba. Er nahm es ihr entgegen, steckte sich alles in die große Innenseite seines Mantels. 0001 verbeugte sich nun zum Abschied. „In dem Umschlag finden Sie alles was Sie noch wissen müssen. Ich danke Ihnen, 0235 und hoffe auf ein baldiges Wiedersehen.“ Kaiba nickte, antwortete dunkel: „Guten Abend.“ bevor er sich umwand, die Tür zur Straße öffnete und hinaus schritt. Menschen zwängten sich an ihm auf dem schmalen Bürgersteig vorbei, ein Hupen durchzog die kühle Luft für einen Bruchteil einer Sekunde. Ein großer Monitor, der vom Hochhaus aus hinab strahlte, zeigte die neuste Coca-Cola Werbung, die Ampel an der Kreuzung gab einen Signal-Ton ab, als es grün wurde und die Menschen losströmten. Kaiba sah nach oben, in den dunklen Himmel, der bedrohlich und wenig einladend aussah. Es war Nacht, schwarz und düster. Es sah kurz zurück zur Tür, die in das „House Of Silence“ führte und ein wenig amüsiert zuckten seine Mundwinkel. Doch was wahre Dunkelheit bedeutete und was sie in einem auslöste – Das wussten all diese leeren Menschen mit ihren trüben Gesichtern nicht. Mit den Händen in den Manteltaschen durchschritt er die Nacht auf den Weg zu seinem Auto. Als er eingestiegen war, drehte er sogleich die Heizung hoch und ließ sich ein wenig in den Sitz zurücksinken. Mit spitzen Fingern fischte er den Umschlag aus seinem Mantel, öffnete ihn und faltete das Papier darin auseinander. „Damit niemand ihre Ausgaben kontrollieren kann, bitten wir Sie, verehrter Kunde, jegliche Bezahlung in Form von Bargeld nach ihrer Behandlung an der Rezeption zu bezahlen. Das System unseres Salons kommt aus dem europäischem Raum, weswegen es durchaus angebracht ist Trinkgeld für die Masseure und Masseurinnen zu zahlen. Die Preisliste ist diesem Schreiben beigelegt, beachten Sie also bitte vor Ihrem Erscheinen in unserem Haus, dass sie genügend Geld mitnehmen.“ Leise brummend besah sich Kaiba die Tabelle für die Preise. Es gab einen Tarif für die Stunden, darauf saftige Zuschläge für die Art der Massagen, die Körperregionen wurden ebenfalls einzeln berechnet und dann kam es noch ganz auf die Spezialisierungen der Masseure an, wie viel Aufschlag diese bekamen. Kaibas Masseur befand sich preislich im Mittelfeld, was sich wohl mit dem Zuwachs an Erfahrung und Weiterbildungen ändern würde. In Gedanken überschlug er, wie viel er normalerweise für die heutige Kostprobe gezahlt hätte – Und durchaus, das Sümmchen war stolz. In der Tat ein exklusiver Service, den sich wohl nicht jeder leisten konnte. Nichts desto trotz für Kaiba nicht beunruhigend. Er könnte sich das locker vier Mal in der Woche leisten. Amüsiert verstaute er den Zettel in seinem Handschuhfach, dann machte er sich auf seinen Weg nach Hause. Ob es tatsächlich an dieser Massage lag? Er fühlte sich erholt, gut, wenn auch müde, als er Zuhause nach einer ausgiebigen Dusche im Bett lag. Vielleicht bildete er sich das auch nur ein, der menschliche Wille hatte schließlich weitaus mehr Macht als man ihm zugestand. Eine kurze Gedanken-Illusion, nicht mehr. Nur ein Hirngespinst in seinem Kopf, für eine Nacht, den Tag danach vielleicht – Dann würde er es zu den Akten legten, bis zum nächsten Termin. Seine Woche würde normal verlaufen, vielleicht mit ein wenig mehr Schlaf, mit weniger schmerzenden Kopfschmerzen, doch es änderte sich nichts. Er blieb Seto Kaiba, er blieb gereizt aber kontrolliert. Keiner wusste von diesen Dingen, keiner würde es je erfahren. Er musste sich keine Gedanken darum machen. Nein, das musste er wirklich nicht. Die Augen geöffnet, drehte Kaiba den Kopf langsam in Richtung der Wand. Ein kühler Wind wehte durch das gekippte Fenster, er trug den Geruch von Schnee mit sich, von diesem kalten, unbarmherzigen Januar. Es war still hier, nur eine Uhr tickte leise. Ob Mokuba Zuhause war? Vielleicht kam er wieder erst 23 Uhr Heim, von Freunden, von einer Feier. Was wusste er schon. Es war still hier und doch nicht die Stille. Es war Dunkel, aber nicht das Dunkel. Die Nacht war kühl und seine Finger eisig, doch sobald er sie auf sein Schulterblatt legte... Kaiba atmete tief, rieb die kalten Finger an der warmen Haut. Das war nur aufgrund seines Blutes, das nun besser zirkulierte. Wofür sollte eine Massage sonst gut sein? Da war nichts besonderes dran, keine Magie, keine besonderen Kniffe. Vielleicht war die Umgebung ungewöhnlich gewesen, doch sonst sollte er sich wirklich nichts dabei denken. Alles war normal. Auch das würde wieder vorbei gehen. Langsam schloss Kaiba die Augen, zog die Bettdecke ein Stück höher. Alles war normal. Dieses Gefühl, dass dort noch immer Hände auf seinem Rücken ruhten, ihn hielten, wärmten, auch das würde wieder vorbei gehen. 1. End TBC. Beeing Restless --------------- Danke für alle Kommentare! Ich war eine Woche in Wien, deswegen gibt es erst jetzt ein Update. Wer darüber keine Benachrichtigung möchte, sagt bitte bescheid! Teil: 2/6 Viel Spaß mit: 2. Beeing Restless Er hasste fliegen – zumindest, wenn er nicht selbst im Cockpit saß. Es war unglaublich langweilig, einfach nur zu sitzen und aus dem Fenster zu schauen. Arbeiten konnte er dabei meist nicht, er wusste nicht warum, sein Kopf war dann wie leer gefegt. Meistens fasste er überhaupt keine Gedanken, wenn er flog. Selbst wenn er Zeitung las oder etwas prüfte, war sein Kopf stets wo anders. Vielleicht hing er einfach zu weit oben in den Wolken, als dass er sich mit dem so winzig wirkenden Geschehen auf der Erde befassen könnte. Wahnsinn, manchmal konnte er ja regelrecht poetisch zweideutig sein. Tief einatmend rieb sich Kaiba die Schläfe, ließ seinen Blick auf die Uhr fallen. Er würde 24.30 Uhr in Tokyo ankommen, endlich. Korea nervte ihn so unglaublich. Wie konnte ein Land nur so verrückt nach ausländischen Produkten sein? Er würde es nie verstehen, doch war es gut für sein Geschäft. Er machte millionenschwere Umsätze. Er hatte viel zu viel Geld. Kaiba knackte kurz mit den Fingern, lehnte den Kopf zurück in das weiche Polster des Sitzes bevor er den Laptop heranzog. Er müsste seine Termine für morgen noch einmal durchgehen, es hatte sich überraschend ein Geschäftsessen angemeldet, dass er noch einbinden musste. Er hoffte nur, sein Plan ließ das zu. Mit flinken Fingern öffnete Kaiba seinen Zeitplaner. Er wollte das Ganze möglichst abends hinter sich bringen, wenn diese Leute tranken verredeten sie sich meistens in unwichtigen Smalltalk, den man sich aber meistens einfach anhören musste, um vorwärts zu kommen. Also sollte er besser damit rechnen, dass das ganze bis in die späten Abendstunden hinauslaufen würde. Er klickte sich bis 20 Uhr durch, bis dahin müsste er die Pläne für die Koreaner aus- und durchgearbeitet haben aber hatte er danach nichts vorgehabt? Doch als er weiterklickte dämmerte ihm etwas. „HOS, 21 Uhr.“ Das hatte er komplett ausgeblendet. Wenn er den Termin vom „House Of Silence“ absagen würde, könnte er das Essen auf 20.30 Uhr legen. Dann hätte er das Geschäft schnell abgewickelt und könnte sich gleich am nächsten Tag um den Auftrag kümmern. Sein Dienstag sah noch sehr lückenhaft aus, zwei Stunden am Vormittag waren frei. Genug Zeit um alles durchzugehen und den Termin für die Massage könnte er auf 23 Uhr am Abend legen. Ein guter Plan. Er lehnte sich zurück, ließ die Finger über der Tastatur schweben. Eine Hand wanderte in seinen Nacken, strich darüber und das Haar ein wenig beiseite. Da fiel ihm ein, dass er nicht wusste, ob dieser Salon überhaupt Öffnungszeiten hatte. Wäre das nicht zu spät und wenn nicht, wäre Nummer 0009 verfügbar? So kurzfristig einen Termin zu ändern war in diesem gut durchplantem Haus sicher nicht so einfach möglich. Vielleicht würde er dann einen anderen Masseur bekommen, vielleicht sogar eine Masseurin? Wer weiß, ob 0001 das überhaupt versprechen konnte? Sie musste schließlich darauf achten, dass sich keiner begegnet, nicht dass sie wegen ihm in Bedrängnis käme. Kaiba klickte sich zu seinem Dienstag vor. Er könnte das Geschäftsessen auf die beiden Stunden am Vormittag legen, es zu einem Brunch machen. Das wäre sowieso viel ergiebiger als ein Gelage am Abend. Die Verträge würden so höchstwahrscheinlich viel schneller Anklang und Gehör finden. Wenn das dann geklärt wäre, könnte er sich dann auch Abends gleich mit der Ausarbeitung beschäftigen. Ein guter Plan. Kaibas Blick wanderte zum Bordtelefon und mit einer galanten Bewegung erhob er sich, ging hinüber. Er zückte seinen Portemonnaie und zog einen Stapel an Visitenkarten hervor. Die schwarze mit der eingestanzten Schrift befand sich direkt unter der, des Geschäftskunden. Eine Weile musterte er beide, stark am Überlegen, welche er zurücksteckte und welche Nummer er wählen sollte. Schließlich atmete er tief, drehte die Karte zwischen den Fingern und wählte die Nummer. „Seto Kaiba, guten Abend. Ich würde gern aufgrund unabänderlicher Termine das Geschäftsessen morgen mit dem Präsidenten des Unternehmens verschieben. Ich schlage einen Brunch am 27. vor. Ja, bitte richten Sie das aus und kontaktieren Sie morgen früh meine Sekretärin. Sie wird die Einzelheiten klären. Auf Wiederhören.“ Er hängte den Hörer auf, ging zurück und setzte sich wieder. Eine Hand in seinen Nacken gelegt, schloss er langsam die Augen und lehnte sich zurück. In einer halben Stunde wäre er wieder in Tokyo. Welcome back, 0235. Nach wie vor flimmerte die leuchtend rote Cola-Werbung über die LED-Monitore an den Wolkenkratzern. Er lief mit der Menge mit, die hastig über die Straße eilte, bevor das grüne Symbol eines skurrilen Mensches wieder erlosch. Er hatte den Kragen seines Mantels hochgezogen, versteckte sein halbes Gesicht darin um vor dem Wind geschützt zu sein. Eine Frau zwängte sich an ihm vorbei, viel zu dicht für sein Empfinden, doch sagte sie nichts, tippelte auf den zu hohen Absätzen durch den dreckigen Schneematsch. Es hatte wohl geschneit, als er gearbeitet hatte, kaum merklich. Hier in dieser Stadt blieb sowieso kein Schnee liegen. Er wusste nicht was kälter war; Seine Finger oder der goldene Metallgriff der Tür um einzutreten. Mit einer letzten eisigen Windböe trat Kaiba in die warme, hell beleuchtete Vorhalle des „House Of Silence“. Er spürte ein leichtes Stechen, als seine unterkühlten Wangen auf die warme Luft und sein Blick den von 0001 traf. Sie lächelte leicht, bevor sie fast genauso kalt wie der Wind hauchte: „Willkommen zurück, 0235.“ Sie faltete ihre Hände auf der Theke vor sich und wartete bis Kaiba zu ihr herangetreten war. Kurz nur blickte er zu den Fenstern, durch die man weder hinein, noch hinaus sehen konnte. Fast als würde man von dieser lauten, fremden Stadt in eine andere Welt treten. Genauso fremd, nur weitaus beruhigender und leiser. „0009 hält sich bereit für Sie. Haben Sie sich für eine Art der Massage entschieden?“ Kaibas Blick wanderte langsam zu 0001, er nickte langsam, bevor er: „Das Selbe wie letztes Mal.“ antwortete. Um ehrlich zu sein hatte er einfach keine Zeit gehabt, beziehungsweise auch gar nicht dran gedacht, sich nach anderen Dingen zu erkundigen. Vielleicht sollte er das bis zum nächsten Mal einmal tun. Es gab sicher genug wundersam heilende Massage, für die er einen Haufen Geld da lassen konnte. Solang sein Arzt zufrieden war, wäre das Ergebnis ja egal. 0001 hatte in der Zwischenzeit eine Schlüsselkarte herausgeholt, reichte sie Kaiba über den Tisch. „Kabinett 03. Den Gang links entlang auf der rechten Seite, kurz vor der 05. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Erholung.“ Kaiba nahm die Karte und noch während er auf die Tür zuschritt, hörte er abermals das leise Klacken, das die Eingangstür verschloss und den Weg zu den Massageräumen freigab. Kaiba wand sich nach links, musste nur zwei Schritte zu diesem Kabinett gehen. Die Karte durchgezogen öffnete sich die Tür, ließ ihn herein, bevor sie ihn noch weiter von dieser ihm so seltsam erscheinenden Außenwelt abschottete. In der Garderobe angekommen rieb er kurz seine Hände aneinander, die sich, obwohl der angenehmen Temperaturen nur schwerlich aufzuwärmen schienen. Er hängte den Mantel beiseite - das Handy und alles übrige war bereits ausgestellt. Als er auch die letzten Kleidungsstück abgelegt und sich wieder nur mit einem Handtuch bekleidet hatte, fühlte er sich diesmal weitaus weniger unwohl als das erste Mal. Es war alles nur eine Frage der Routine. Dennoch verharrte er etwas länger in der Umkleide, rieb seine Hände aneinander, hauchte leicht hinein und rieb wieder. Allerdings half es alles nichts, sie wollten nicht wärmer werden und mit einem Blick auf seine Finger überlegte Kaiba sich, ob sie jemals wärmer gewesen waren. Oder bildete er sich das nur ein? Den Kopf schüttelnd ging er schließlich hinaus, nahm Platz auf der weichen, warmen Massageliege. Die Beine ein wenig angewinkelt sah er sich um, strich sich das Haar zurück. Auf der Holzablage rechts von ihm sah er ein Glasgefäß, gefüllt mit Wasser und auf der Oberfläche ein regenbogenfarbener Schimmer. Hatte er doch gewusst, dass hier wieder etwas nach Blumen roch. Mit einem selbstgefälligem, amüsiertem Schnauben legte er sich nieder. Er wusste doch, dass er, langsam aber sicher, das Geheimnis dieses Hauses lüften würde. Sein Finger fand den kleinen „Sonnen-Knopf“, drückte ihn langsam hinein und noch im selben Moment wand er den Blick zur Tür. Das Licht ging aus und es wurde wieder dunkel, finster. Die leise Musik begann zu spielen. Der Gong ertönte. Als Letztes sah er den sich öffnenden Türspalt als 0009 eintrat. Das noch bis eben rötlich gewesene Licht des Flures hatte wieder einen dumpfen blauen Ton angenommen und erneut musste Kaiba amüsiert zugeben, dass dieses Haus unglaublich gut durchdacht war. Rotes oder gelbliches Licht als Empfang war natürlich warm und beruhigend für die Augen, das richtige um die Kunden auf eine Massage vorzubereiten. Doch wenn das Licht erst aus ist, soll man nichts sehen. Ein klarer Nachteil, wenn das rote und somit langwellige Licht vom Flur in das Kabinett fallen würde. Die Gefahr, man könnte etwas sehen, wäre zu groß. Also wechselte die Farbe zu einem kurzwelligem Blau, die beste Garantie, der beste Sichtschutz, den man bieten konnte. Ein wenig in seine Überlegungen vertieft, hatte Kaiba nicht auf 0009 geachtet, der bereits näher getreten war und dessen warme Finger sich viel zu plötzlich auf Kaibas Rücken legten. Er zuckte zusammen, da er erst jetzt merkte, wie die Kälte von draußen unter seine Kleidung gekrochen sein musste und ihn auch hier ausgekühlt hatte. Der Masseur schien es ebenso zu spüren, denn der Druck der ganzen Hand ließ schnell nach, sodass Seto sie nur knapp über sich schweben spürte. Sie legte sich erneut an seine Schultern an, am Nacken, der noch kälter als der Rest schien – Seto sollte sich wirklich einen Schal zu legen. Als es schließlich sicher war, dass wohl der gesamte Rückenbereich kühl war, legte der Masseur die Hände auf den Schulterblättern ab, fuhr hinab und wieder hinauf, leicht und streichend. Seto war sich sicher dass dies noch kein Teil der Massage war, auch kein Antasten mehr, wie beim ersten Mal, sondern viel eher der Versuch den Rücken ein wenig aufzuwärmen. Doch wieso die Mühe? Beim Massieren würde sein Rücken sich eh aufheizen. - Er spürte die Konsequenz dieses törichten Gedankens schnell; Nachdem der Masseur den Rücken recht erfolglos warm gerieben hatte, nahm er das erhitzte Öl um die Massage zu beginnen. Diesmal jedoch, schien dieses so hilfreiche Mittel Setos Haut zu verbrennen. Er zuckte zusammen als die Wärme auf seine Haut traf, wand sich automatisch ein Stück und musste aber zu seiner Überraschung feststellen, dass es diesem Masseur sofort Leid zu tun schien. Wirkte dieses flinke, fließende Verstreichen der Flüssigkeit auf Setos Haut tatsächlich... unbeholfen? Innerlich amüsiert musste er sich selbst zustimmen. Die Hände strichen sanft immer und immer wieder über die Haut um sicher zu gehen, dass es nirgends zu heiß, zu unangenehm wurde – er schien ein Händchen dafür zu haben, denn schon bald war sein Rücken nur so warm, wie es sein sollte. Er wusste nicht recht, was er davon halten sollte. Ob dieses Fehlerchen nicht eine Einbuße des Trinkgeldes mit sich ziehen sollte oder ob... Tief einatmend musste Seto die Augen schließen, bog den Nacken etwas mehr hervor, als der Masseur, immer noch im Glauben, sich entschuldigen zu müssen, seine Schulterpartie liebevoll – ja nicht massierte - sondern streichelte. Gut, das gab dann keine Einbuße. Vielleicht sogar noch im Gegenteil. Seto spürte die Kuppen, ein klein wenig sogar die Fingernägel dieses Masseurs, als er am Nacken entlang fuhr, die Haare wieder trennte um sie nach vorn zu streichen. Er atmete tief ein und aus, als die weichen Finger hinter seinem Ohr entlang strichen, knapp die Muschel umrundeten, nur zwei kurze Male und schließlich wieder nach vorn wanderten. Den empfindlichen Nacken an den Schultern hinab, kurz über den Steiß. Das Ende der „Entschuldigung“ wurde damit besiegelt, dass jener Masseur das Handtuch ein wenig hinabschlug um die Massage mit flüssigen, langgezogenen Bewegungen von unten zu beginnen. Mal mit mehr Druck, bald wieder sanfter, vollführte er die kreisenden, wellenartigen Bewegungen auf seinem Rücken. Wieder suchten die Hände, die Ballen und Kuppen, Stelle für Stelle, Verspannung um Verspannung. Suchten sie, massierten sie und regten so wieder die Lebensgeister an. Spielerisch leicht wirkten die Bewegungen, als er die Wirbelsäule entlang tiefer wanderte, von außen nach innen strich, die Rippenbögen wieder reizte. Aber nichts, nichts kam dieser flüchtigen Berührung in seinem Nacken gleich. Dieser eigentlich lächerliche Versuch einer Wiedergutmachung, unbeholfen und kindlich und so unglaublich ehrlich. Seto hatte die Augen geschlossen, als er spürte wie sein Körper Butter in den Händen dieses Masseurs wurde, halbgeschmolzen formte er die Haut zu obskuren Gebilden. Die Lippen hatte Seto geöffnet, atmete tief ein und aus und seufzte ein paar wenige Male lautlos in die Dunkelheit. Er konnte sich nicht mehr konzentrieren, auf das was um ihm war. Weder auf den Duft der Blüten, noch auf die Geräusche, die gerade einfach nur im Hintergrund erklangen. Die Musik hatte keine Noten und der Raum keinen Anfang oder Ende. Die Welt war endlos, wenn diese warmen Finger die Haut vor sich schoben ohne sie aufzubahren. Es war ein Spiel ohne Gewinn, ein Spiel, dass weder einem Sinn, noch einer Handlung folgte. Es gab kein Schema und es gab keine Lebenspunkte. Man konnte nichts erreichen, nichts greifen. Aber Seto hatte das Gefühl, er hätte bereits alles verloren. Er wurde entlohnt mit einem Feuerwerk der Sinne. Eine Explosion, die sich über die Handinnenflächen ihren Weg suchte und mit den Fingerspitzen vollendete und jede Stelle, die es traf, brannte lichterloh. Ein unglaublich warmes, tiefsitzendes Gefühl breitete sich in ihm aus, während die Hände jenes Masseurs ihn von den schlechten Dingen des Alltags befreite. Was war das dort draußen für eine Welt eigentlich? Seto schien es vergessen zu haben, wie grau und kalt sie sein sollte. Wie könnte er sich auch erinnern, wo in seinem Kopf nur das Gefühl von Leidenschaft versprühenden Händen war? Ein Schneegestöber vor seinem inneren Auge und die sowieso schon schwarze Sicht wurde neblig und dick. Er spürte ein Kribbeln in seinen Fingern, in den Zehen, das sich ausbreitete. Nur sein Rücken, der immer und immer wieder mit neuen Bewegungen gereizt wurde, blieb verschont. Der Rest seines Körpers füllte sich mit einer tiefen Müdigkeit, die ihn dösig werden ließ, schläfrig. Die Augen geschlossen spielten sich in seinem Kopf Szenarien ab, die erst lebendig und bunt wirkten und die er dennoch schon im nächsten Moment vergessen hatte. Da war diese Musik, ohne wirklich eine Melodie zu sein. Nur Farben die aufleuchteten und vergingen und die weichen Hände bewegten sich im Takt dazu – Oder war es die Musik, die sich an die Finger anpasste? Je mehr er darüber nachdachte, desto weniger klar schien es ihm. Diese Hände schienen alles zu beeinflussen. Nicht nur seine Gefühle, seine Gedanken, dieser ganze Raum, die Zeit schien mit ihnen zu fließen und mit den Bewegungen mitzufiebern. Er sah die Hände vor sich, die sich so gleichförmig und wellenartig bewegten, wie dieses schwarze Meer, dass ihn umgab. Er spürte nur noch das sanfte Kribbeln, dass die verspielten Finger auslösten, nur noch angenehme Wärme, Berührungen, die soviel Geborgenheit ausstrahlten. Seto wünschte sich nichts mehr, nur, dass die Finger nicht aufhörten mit ihrer Bewegung, niemals aufhörten. Sein Atmen wurde tief und stetig, vollkommen entspannt und ruhig. Er fühlte sich leer und so leicht, angebunden wie ein Stein. Alles war in Ordnung. Alles war so, wie es sein sollte. Er war umgeben von Wolken, vom Dunst des Nichts und er dämmerte hinfort. In all diesen verworrenen Gedanken war das leise Geräusch des Gongs wie ein Wecksignal. Seto zuckte leicht und blinzelte, doch die Dunkelheit hielt an. Fast dankbar atmete er tief ein und aus, dass dieses Geräusch ihn aus dem Trancezustand zwischen wach sein und Schlaf geholt hatte und er wieder ausdrücklich die Finger spürte, doch keinen Augenblick später wurde ihm bewusst, was dieses Signal eigentlich hieß; Die zwei Stunden waren vorüber gegangen, die Massage endete und was hatte er getan? Er war beinah eingeschlafen. Innerlich würde er sich am liebsten ohrfeigen für die Dummheit bei so einer kostspieligen Angelegenheit eingedöst zu sein, doch schien ihm die Erinnerung an diesen Schlaf eine Gute. Sein Rücken war warm und fühlte sich befreit an, er spürte nur eine Handfläche auf sich, die andere schien gerade das Handtuch zu greifen und tupfte schließlich auch das restliche Öl weg. Das weiche Gefühl verschwand und Seto war gefasst darauf, dass dies wieder die letzten Berührungen für die nächste Zeit gewesen sein mussten, da merkte er, kaum spürbar, wie jener Masseur drei Finger vorsichtig an sein Schulterblatt legte, um ihn herum ging, die Nackenhaare am Hals dabei ein klein wenig mit sich nahm und auf der gegenüberliegenden Seite wieder von ihm ließ. Seto drehte den Kopf ein Stück, blinzelte in die Dunkelheit doch in dem blauen Licht, dass durch den schmalen Türspalt fiel, erkannte er nichts. Die Tür schloss sich leise und er war allein. Seine Hand wanderte langsam in seinen Nacken, richtete sein Haar, dass dieser Masseur gerade so frech durcheinander gebracht hatte. Er spürte seine kalten Finger an der brennenden Haut, die schweren Arme und seine müden Beine. Das Licht wurde langsam heller, deutlicher und er blinzelte. Er streckte seine Arme ein wenig und atmete dabei tief ein, rollte den Nacken, doch er fühlte sich nicht in der Lage, sich zu erheben. Seine Glieder waren so schwer und steif wie in Schnee getaucht, doch sein Rücken brannte, als würde jemand im Inneren tanzen. Nur wer? Langsam löste er sich aus seiner Starre und setzte sich auf, zupfte das Handtuch zurecht. In seinem Kopf drehte sich die Welt langsamer, für ein, zwei Augenaufschläge. Dann beruhigte sich sein Herz und seine Kontrolle kehrte langsam zurück. Er setzte die Füße auf und ging zurück zum Umkleideraum. Er atmete ein, aus, seine Hände waren ruhig, zitterten nicht, er stand fest, er war auf dem Boden der Tatsachen. Es war alles in Ordnung, die Welt noch in ihren Fugen, sein Alltag noch da, die Arbeit wollte erledigt werden. Alles war wie er es gewohnt war. Er schloss den obersten Knopf seines Hemdes, bevor er als letztes Kleidungsstück auch den Mantel wieder anlegte. Mit geschickten Fingern schlüpfte er in die Tasche und schaltete sein Handy ein, fuhr sich selbst beruhigend einige Male über die Knöpfe, zog es aus seiner Tasche und schaute auf den Display. Vier verpasste Anrufe strahlte es ihm in blauem Licht entgegen. Im blauem Licht. Da waren die Hände verschwunden. Den Kopf schüttelnd machte sich Kaiba daran, möglichst schnell aus dem Kabinett zu verschwinden. Auf dem Flur angekommen hatte das Licht wieder den rötlichen Stich, den seichten, beruhigenden Ton, den Kaiba aber gerade nur innerlich wütend werden ließ. Wäre das Licht immer rot, er hätte wahrscheinlich gesehen, wie die Hände aussahen. Er hätte die Hände sehen können. Mit spitzen Fingern fuhr er sich über das Nasenbein, atmete ein und beim nächsten Schritt aus. Er sollte sich nicht in so etwas reinsteigern. Wahrscheinlich war er nur gereizt, weil er eingedämmert war. Das musste es sein. Mit zielgerichteten Schritten ging er durch die Tür zum Vorsaal. 0001 stand adrett, wie nie ihren Platz verlassen hinter der Theke und sah zu ihm. Eine Hand ruhte bereits auf dem Buch der Daten. Heute hatte sie kleine Glitzersteine auf dem weißen Streifen der Nägel. „Hat es Ihnen gefallen, 0235?“, fragte sie leise, die Wimpern schlug sie dabei hinab. Kaiba wusste, dass er auf diese Frage nicht antworten musste, rein platonisch, denn mit der anderen Hand hielt sie ihm einen Umschlag hin. Kaiba nahm ihn ihr ab, faltete den Zettel darin auseinander. Sauber untereinander geschrieben stand dort die Stundenanzahl, die Massageart und alles was es zum Berechnen für die Behandlung gab, die Preise waren dahinter gedruckt. Unter dem letzten Strich stand die Gesamtsumme, die Kaiba zu zahlen hatte. Mit ähnlichem hatte er auch gerechnet. Die Summe hatte er passend dabei, allerdings spendierte er 7000 Yen* Trinkgeld für diesen Masseur. Er tat das gesamte Geld in den Umschlag, reichte ihn 0001 zurück und meinte: „Passend.“ Sie nickte verstehend, bevor sie den Umschlag außer Sichtweite räumte. „Möchten Sie einen neuen Termin vereinbaren, 0235?“, fragte sie keine Minute später, das Buch vor sich ziehend. Als Kaiba zustimmend brummte schlug sie es auf, zückte den dunkelroten Stift um zu schreiben. Sie wollte bereits einen Vorschlag machen, als Kaiba sein Handy hervorzog. Er hatte sich diesmal den Terminplan darauf gespeichert. Sein Notebook mitzunehmen wäre doch zu umständlich und er wusste, dass nächste Woche die Zeit knapp bemessen war. Unüberlegte Terminplanung wäre also nicht möglich. 0001 betrachtete Kaiba eine Minute schweigend, leicht lächelnd senkte sie dennoch wieder den Blick, „Wir haben täglich geöffnet von 15 Uhr bis 1 Uhr in der Nacht. Sollten Sie einen Termin wünschen, der außerhalb dieser Zeiten liegt, bitte ich Sie diesen eine Woche vorher anzumelden und mit einem Aufpreis zu rechnen. Sonst steht es Ihnen frei einen Termin zu wählen, solang Sie dies zwei Tage vorher mit mir besprechen und sich auf eventuelle Konsequenzen, wie andere Masseure, einrichten müssen.“ Kaiba betrachtete immer noch den Planer auf seinem Handy, runzelte die Stirn leicht. Die Öffnungszeiten verwunderten ihn, im ersten Moment, dann schienen sie ihm doch logisch. Wenn die Kundschaft prominent war, waren die Tage meist am Vormittag ausgebucht. Ein Geschäft, dass die späten Abendstunden beansprucht ist da weitaus lukrativer. Mit dem Daumen fuhr er über den Touchscreen, schwitchte zwischen diesem Sonntag und dem Mittwoch der nächsten Woche hin und her. Die anderen Tage wären ausgebucht. Welchen sollte er wählen? „Der 04.02. Mittwoch, 21 Uhr, 0009, 2 Stunden.“ 0001 hatte die Seite bereits umgeschlagen, als Kaiba das Datum genannt hatte. Sie fuhr mit dem schlanken Finger über die Buchseite des Mittwoch, schaute, ob etwas 21 Uhr eingetragen war. Als Kaiba einen kurzen Blick über die Theke riskierte, sah er, dass sie mit dem Nagel auftippte. „21 Uhr ist uns nicht möglich. Ich würde ihnen eine Stunde später empfehlen.“ Kaiba nickte ihr zu, „Auch das wäre in Ordnung.“, antwortete er schließlich und nun begann 0001 zu schreiben. Kaiba wartete solang, bis sie ihm erneut einen Zettel mit dem Termin gab und sich mit einem schmalen Lächeln bedankte. „Sollten sich Ihre Termine verschieben, 0235, scheuen Sie nicht mich anzurufen. Wir sind jederzeit gewillt Ihren Wünschen nach zu kommen.“ Kaiba nahm den Hinweis entgegen ohne etwas zu erwidern. Er steckte den Zettel in seine Manteltasche, bevor er sich langsam abwand. Frauen waren manchmal gruselig. Sie hatte genau gewusst, was Kaiba gebraucht hat um seinen Termin festzumachen. Den Tag zuvor hatte er sich noch gefragt, ob dieser Salon Öffnungszeiten hatte und sie nannte sie ihm keinen Tag später. Suspekt, sehr suspekt kam ihm das vor. Doch warum? Es zeigte nur ihre Kompetenz und ihre Menschenkenntnis. Eigentlich sollte man so etwas heutzutage nur erwarten dürfen. Ohne eine Verabschiedung öffnete Kaiba die Tür zur Straße und trat langsam hinaus in die kühle Nacht. Er spürte noch 0001s Blick als er die schmale Treppenstufe hinabschritt und wieder zwischen dem grauen Schneedreck und dem eintönigem Straßenbild stand. Die Straßen waren nun weitaus leerer, die Autos kamen zügig und ohne behindert zu werden voran. Nur ein paar wenige Menschen standen an der Ampel, zusammen mit Kaiba und überquerten sie. An seinem Auto angekommen sah er kurz über die Schulter zurück, die Straße entlang, doch nichts schien ihm in den Blick zu fallen. Die Tür verschwand unter den Lichtern, die so grell und bunt wirken sollten und doch nur zeigten, wie abgestumpft diese Welt war. Ein Trauerspiel. Er hätte nie gedacht, dass dort, mittendrin, eine Lücke klaffte, es eine Ausnahme gab. Amüsiert stieg er in sein Auto, schloss die Tür und atmete tief ein. Und Kaiba hätte nie gedacht, dass er, gerade er, diese Ausnahme für sich beanspruchen könnte. Wenn es so etwas wie Schicksal gäbe, es hatte sich wohl entschuldigen wollen. „Mr. Kaiba.“ Als Kaiba am nächsten Tag, gerade vom Brunch mit den Geschäftspartnern zurück, durch das Foyer zu seinem Büro schritt, tippelte seine Sekretärin ihm mit flinken Füßen hinterher. Im Anschlag hatte sie einige Akten, die andere Hand schien den Kugelschreiber bereit zu halten. Kaiba stoppte und sah sie mit erhobenen Augenbrauen an. Sie kannte diesen Ausdruck, schließlich gab es nur wenig Emotion in und an Kaiba, doch wenn er sie zeigte, musste man sie kennen um auf sie reagieren zu können. „Mr. Kaiba.“, sie wiederholte sich räuspernd, schlug dann die Akten auf, „Hier sind die Kopien der Verträge von letzter Woche. Sie müssten sie noch unterschreiben, dann kann ich sie abheften und verschicken.“ Kaiba wand seinen Blick auf die Akten, nahm den Kugelschreiber, den seine Sekretärin ihm reichte. Derweil beobachtete sie genau die kleine Falte zwischen Kaibas Brauen, als er schrieb. Sie seufzte leise und schlug um zum nächsten Vertrag, der unterzeichnet werden musste. „Mr. Kaiba, war das Geschäftsessen nicht erfolgreich?“, fragte sie vorsichtig. Kaiba erwiderte ein dunkles „Tzz.“, sah dann zu ihr hinab und antwortete: „Es war natürlich erfolgreich.“ Sie nickte verstehend, die schweren Ohrringe wippten leicht. Kaiba mochte die Art seiner Sekretärin. Bei dem Vorstellungsgespräch wollte er eigentlich zuerst einen Mann, doch man empfahl ihm diese Frau wegen ihrer freundlichen Stimme, den perfekten Kenntnissen in sämtlichen Sprachen und ihrer Größe; Denn selbst mit hochhakigen Schuhen, die jedes Model zum Weinen bringen würden, war sie fast zwei Köpfe kleiner als er. Die perfekte Größe um unscheinbar neben ihm zu stehen und, wie jetzt, Akten zu erreichen und sie unterschreiben zu lassen. Nach einiger Zeit allerdings war sie eine treue Mitarbeiterin geworden, wohl seine engste dazu, die mehr über seine Gewohnheiten wusste, als er selbst. Auch wenn sie nur acht Jahre älter als er war, bemerkte er ihre mütterliche Fürsorge. Ein Grund wohl, wieso sie schon vier Jahre für ihn arbeitete. Alle anderen hatte er meist nach zwei Jahren entlassen, da sie ihm lästig geworden waren. Schließlich war die letzte Akte unterzeichnet und Kaiba reichte ihr den Stift zurück. Ihr besorgter Blick lag noch auf ihm. „Mr. Kaiba, soll ich Ihnen einen Kaffee und Aspirin besorgen? Sie wirken seit dem Wochenende ein wenig mitgenommen.“, fragte sie, während sie die Akten zurück in die Mappe steckte. Kaiba wusste wohl, was sie meinte. Er war gerade missmutig gestimmt, da seine Geschäftspartner unterbelichtete Vollidioten waren, die ihn fast eine halbe Stunde lang haben warten lassen und dann einen Smalltalk von unglaublicher Nichtigkeit begonnen hatten. Natürlich ist das Geschäft abgewickelt worden, doch solche Menschen verschwendeten seine kostbare Zeit und raubten ihm Nerven, die er anderswo besser investieren konnte. „Aspirin wäre gut.“, sagte er schließlich, während er sich über die Schläfe strich und wieder den Weg in sein Büro nahm. Seine Sekretärin sah ihm nach, sie schien noch etwas zu überlegen, also zögerte er bevor er hineinging. „Ich habe ihren Terminplan für die kommende Woche aktualisiert, Mr. Kaiba. Wenn ich eine Frage erlauben darf,“, Sie atmete tief, schien Mut zu sammeln. Kaiba mochte diese Art von ‚Respekt’., „Was ist dieser späte Termin am Mittwoch? Sie haben es mit ‚HOS’ gekennzeichnet, also habe ich es so aufgeschrieben, aber ich weiß nicht, bei wem ich mich melden müsste oder wer sich deswegen eventuell mit mir in Konta...“ Kaiba hob die Hand abwehrend. „Es ist gut. Darüber musst du dir keine Gedanken machen, Fräulein Chouko. Privatangelegenheiten.“, sagte er erklärend und wand sich schließlich ab um in sein Büro zu gehen. Seltsam. Sonst plante sie fast alles was privat mit ihm zu tun hatte. Wenn es um Mokuba ging zum Beispiel, oder Arzttermine, doch diesmal hatte Kaiba das Gefühl, dass das allein sein Geschäft wäre. Niemand würde ihm auf die Finger schauen, über die Schulter, zu ihm auf. Nein. Das war seine Angelegenheit, die er im Stillen, im Dunkeln betrieb. Kaiba ließ sich auf seinen Stuhl fallen, den Aktenkoffer vor sich. Mit schnellen Bewegungen fischte er die Verträge von heute heraus, besah sie sich kurz und schnaubte zufrieden. Es lief alles so wie er es wollte, immer. Es gab eigentlich nichts überraschendes mehr. Jeder wollte sein Partner sein, etwas von seinem Platz an der Sonne ab haben und wenn sich jemand widersetzte hatte er genug Mittel, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Er war erfolgreich, so unglaublich erfolgreich, dass es ihm Kopfschmerzen bereitete. Er hatte alles was er wollte in seinem Leben, er schuldete niemandem Rechenschaft, er war für die Person, die ihn am meisten brauchte da und doch schien es ihm als gäbe es etwas, dass ihm durch die Finger rann. Mit kraus gezogener Stirn nahm er den Vertrag vor sich, zog auch seine Tastatur heran um die nötigen Bedingungen festzuhalten. Diese Idioten. Sie hatten bei dem Brunch kein anderes Thema gehabt als Frauen. Frauen. Was war an denen schon besonders? Sie langweilten Kaiba, genauso wie die meisten Themen, die für ihn wie Arbeit klangen. Frauen. Das waren berechenbare Biester, geldgeile Furien, die sich sogar ein Kind andrehen lassen würden nur um sich die neuste Gucci-Tasche kaufen zu können. Frauen. Er konnte ihre Attitüde nicht leiden. Ein Geschwafel von Emanzipation, wo man sie nie fand. Kurze Röcke und einen weiten Ausschnitt konnten sie tragen, aber den ersten Schritt machen und auf einen Mann zu gehen, das passte nicht zu ihnen. Doch wenn sie es taten, dann aus welchem Grund? Um sich einladen zu lassen, wollten die Türen aufgehalten bekommen, einen Gentlemen, der sich um sie kümmert. Für Kaiba klang das eher nach Prostitution, als Emanzipation. Seine Finger glitten über die Tastatur. Im beständigem Klicken tippten sie Worte und Zahlen ein, die für ihn nur eine geringe Bedeutung einnahmen. Wiederholend checkte er die Daten, die Unterschriften und Bedingungen. Bedingungen, die gab es nicht, wenn man mit Männern Vorlieb nahm. Frauen wollten soviel und gaben so wenig. Er konnte geheucheltes Stöhnen im Bett nicht ertragen. Nein, Männer waren weitaus unkomplizierter. Sie warteten nicht, bis man auf sie zuging, sie wollten kein Kind und keine Luxusyacht und erst recht keine feste Bindung. Kaiba schnaubte amüsiert. Und diese Idioten, die sich seine Geschäftspartner nannten, redeten die ganze Zeit über nichts anderes als „die eine“. Die große Liebe, mit der sie ihr Leben verbringen und Kinder bekommen wollten. Wie erbärmlich. Als ob es so etwas geben würde. Liebe ist nur eine chemische Reaktion im Kopf, ein Hormoncocktail, der verrückt und dumm macht. Man brauchte nur die richtigen Zutaten und schon glaubte man an „Liebe auf den ersten Blick“. Er könnte sich die perfekte Frau mischen und doch würde er mit ihr nicht glücklich werden. Glück war etwas für Verlierer. Man musste sein Leben schon in die Hand nehmen um vorwärts zu kommen, wenn man auf so etwas wie das Schicksal vertraute, blieb man doch nur stehen. Wo war er eigentlich stehen geblieben? Rastlos suchten seine Augen die auszufüllenden Punkte, bevor er seinen Browser öffnete um nach den heutigen Wechselkursen zu sehen. Schnell hatte er den Dollar umgerechnet und eingetragen, da sah er in seinem E-Mail Postfach eine Nachricht von Mokuba. Natürlich, er war gestern Abend in Rom angekommen und hatte versprochen sich zu melden. Kaiba hatte dabei zwar an das Telefon gedacht, aber auf diesem Weg war es auch in Ordnung. Er öffnete die Nachricht und las die wenigen Zeilen. Mokuba war gut angekommen und hatte mit seinen Freunden ein Zimmer in der Jugendherberge bezogen, aber alles kam ihm kleiner vor. Amüsiert hob Kaiba die Brauen. Was hatte sein kleiner Bruder da erwartet? Ein Luxushotel, wie sie es sich sonst leisten konnten? Er war auf Klassenreise, nicht im Urlaub. Doch Mokuba schien es zu gefallen. Es war wohl weitaus wärmer als in Japan, auch wenn er lieber im Sommer dort wäre. Morgen würden sie Sehenswürdigkeiten besuchen und heute Abend in ein typisches Restaurant essen gehen. Außerdem fragte er, ob Kaiba sich etwas wünschte, dass er mitbringen konnte. So naiv. Kaiba schüttelte amüsiert den Kopf. Er war doch selbst oft genug in Rom gewesen, in Europa, in den USA, auch wenn er oft nie mehr als den Flughafen und das Hotel gesehen hatte. Blinzelnd sah er auf als seine Sekretärin mit einem Glas Wasser und einer neuen Packung Kopfschmerzmittel eintrat. Das Geräusch der Stöckelschuhe wurde vom Teppich geschluckt, als sie auf ihn zukam und das Glas nebst Kaiba abstellte. Hochkonzentriert drückte sie eine Tablette aus der Packung und ließ sie in das Wasser fallen. Zischend und sprudelnd ging diese unter und Kaiba sah dem Vorgang zu, dann zu ihr. „Keine Aspirin?“, fragte er, mit einem Blick auf die Verpackung, die anders aussah als sonst. „Nein.“, erwiderte sie und zeigte Kaiba die Rückseite der Tablettenpalette, „Dies ist ein natürliches Mittel. Eine Freundin hat es mir empfohlen. Normalerweise soll das was für Bio-Freaks und Ayurveda-Typen sein, aber da Sie ihre Aspirin innerhalb von zwei Tagen aufbrauchen, dachte ich, ein wenig mehr Natürlichkeit könnte nicht schaden, Mr. Kaiba.“ Kaiba schien amüsiert, als er ihr die Tabletten abnahm. Andere hätte er für diese Dreistigkeit wohl gefeuert, aber sie durfte das. Wie bereits gesagt, sie kannte ihn besser, als er sich selbst. „Ayurveda.“, las Kaiba leise, als er auf die Verpackung schaute und sich dann das Glas nahm, „Was weißt du davon?“ Seine Sekretärin schien zu warten, bis Kaiba den ersten Schluck getan hatte. Die Stirn, nun noch stärker in Falten gelegt, sah er das leicht trübe Wasser an. Sollte das Zitronengeschmack sein? Schmeckte für ihn eher nach Toilettenstein. „Ich weiß nicht soviel davon, scheint aber so ein neuer Trend zu sein.“, zufrieden beobachtete sie, wie Kaiba einen erneuten Schluck nahm, „Hat irgendwie was mit der Art des Lebens zu tun. Friede, Freude. Das Essen ist irgendwie besonders gut und biologisch und dazu gibt es entschlackende Rituale und Massagen und so etwas. Interessieren Sie sich dafür, Mr. Kaiba?“ Kaiba stellte das Glas, nachdem es halbleer und der ekelhafte Geschmack wohl für die nächste Stunde seine Zunge betäuben würde, ab, schüttelte den Kopf. „Nicht sonderlich.“, antwortete er, sah dann wieder zu seinem PC. Seine Sekretärin verstand und wand sich ab zu gehen. Er sah ihr nach und den Absätzen zu, wie sie im Teppichboden versanken. Er würde wohl nie verstehen, wie man auf Eisstielen laufen konnte. Tief einatmend wand er sich wieder seiner Arbeit zu, schwebte mit dem Courser über dem Eingabefeld zur Internetrecherche. Ayurveda. Hieß das dieser Masseur war auch so einer? Oder musste das nicht zwangsläufig sein? Seine Finger verharrten über der Tastatur, bevor er den Suchbegriff eingab und leicht blinzelnd die Seiten überflog, die der PC ausspuckte. Wellness Hotels, Tees für die Seele, Foren, Therapeuten, Händler und Privatkunden. Er hatte doch nur eine Massage gehabt, was um alles in der Welt war dann das]? Schnell klickte er den Internetbrowser zu, rieb sich mit zwei Fingern die Schläfe. Er sollte aufhören Neugierde zu entwickeln. Am Ende erfuhr er Dinge von denen er nichts wissen wollte und das war in den meisten Fällen nur belastend für sein Gehirn. Er sollte besser arbeiten. Die Gewohnheit war schließlich die einzige Sicherheit die er hatte. So wand sich Kaiba ab, den Vertrag zu Ende durch zugehen. Bereits der nächste Tag brachte wieder Normalität in Kaibas Ablauf. Er verschwendete keinen Gedanken mehr an das Massagestudio oder an Menschen, die sein Leben mit unwichtigen Details tangierten. Er bearbeitete seine Auflagen gewissenhaft, kümmerte sich um die neusten Entwicklungen und tippte gegen 20 Uhr am letzten Bericht des Tages. Das Licht in seiner Firma war fast überall erloschen, da kam seine Sekretärin herein. Sie brachte ihm die Unterlagen nach denen er gebeten hatte auf leisen Sohlen, schien ihn nicht sonderlich stören zu wollen. Dennoch verharrte sie, als sie die Mappen ablegte und keine Reaktion von Kaiba kam. Es schien sie Mut zu kosten zu fragen: „Mr. Kaiba, ist alles in Ordnung?“ Langsam sah er auf zu ihr, die Finger hielten für einen kurzen Moment still. „Sollte etwas nicht in Ordnung sein?“, erwiderte er ruhig, sah zu den Akten und dann zu ihr. Sie hatte eine Hand leicht gehoben, atmete tief. „Entschuldigen Sie meine offensichtliche Dreistigkeit, Mr. Kaiba, aber Sie wirken so unbeeindruckt von allem, heute und gestern und...“ Sie atmete tief, seufzte dann leise, „Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, Sir, aber ich habe das Gefühl als hätten Sie keine Lust.“ Nun war Kaiba in der Tat ein wenig überrascht. Er hob die Brauen, überlegte einen kurzen Moment, bevor er mit einer fahrigen Bewegung die Akten zu sich heranzog um sie aufzuschlagen. Leicht amüsiert besah er sie sich, fast so, als würde er auf die Frage seiner Sekretärin nicht eingehen. Doch nach einem kurzen Augenaufschlag erwiderte er: „Das musst du dir einbilden.“ Er sah sie nicht an, doch er spürte das schiefe Lächeln, ein falscher, aufgesetzter Ausdruck. Denn sowohl sie als auch er selbst wussten, dass diese Antwort weder richtig noch befriedigend war. Langsam tat sie einen Schritt zurück, verbeugte sich knapp und sagte leise: „Schlafen Sie gut, Mr. Kaiba.“, bevor sie sich abwand um zu gehen. Kaibas Blick selbst ruhte noch auf den Akten und erst als er das Klicken des Türschlosses vernahm, sank er zurück in die Lehne des Stuhls, atmete tief. Unbeeindruckt also? Keine Lust? Wieso um alles in der Welt dachte sie das? Nur weil er gestern genervt war? Weil er heute weniger geredet hatte als sowieso schon? Unbeeindruckt sollte er sein? Von seinen eigenen Taten, seinem eigenen Konzern, der nur wegen ihm, nur mit ihm groß wurde. Keine Lust sollte er haben? Auf diese wiederkehrende Arbeit, auf die täglichen Abläufe, die gleichen Gesichter? War es so offensichtlich? Innerlich amüsiert lehnte Kaiba sich wieder nach vorn, suchte mit den Augen die vertrauten Zahlen, die ihn vom Bildschirm aus ansprangen. Er betrachtete die Zeilen eine Weile stumm, dann sanken seine Lider schwer hinab. Er war unbeeindruckt und gelangweilt. Es stimmte. Er kannte auch den Grund hierfür und wusste, dass es eine vorrübergehende Phase war. Es wären nur ein paar Tage, die er in dem Bann stehen würde, sich hinter Zahlen Gesichter zu denken, oder noch abstrakter; Fähigkeiten. Es wäre nicht von Dauer, wie ihm die eigenen Mitarbeiter unqualifiziert und überemotional vorkamen. Nur in einem kurzen Moment seines Lebens würde er zweifeln, ob all das, was er erbaut hatte, auch auf einem soliden Fundament stand. Dann würde er die Wahrheit kennen, das Mysteriöse und die Geheimnisse aufdecken. Alles wäre menschlich, normal, vielleicht nur etwas mehr geplant als andere Personen, doch er käme dahinter. Hinter das, was das „House of Silence“ ausmachte. Kopfschüttelnd und dunkel schnaubend öffnete er die Augen wieder. Wieso dachte er schon wieder daran? Hatte er für diese Woche nicht bereits genug Gehirnleistung an dieses Unternehmen verschwendet? Seine müden Augen huschten von dem hellen, weißblauen Bildschirm zu seinen Händen. Er fühlte, dass sie kühl waren und die Finger steif, von der ewigen, selben Pose. Diesem Masseur würde das wohl nicht passieren, nein, würde es wohl nicht. Er fragte sich, ob man dadurch einen starken Händedruck bekam oder ganz im Gegenteil, er eher weich wurde. Wie lang brauchte man wohl für die Pflege der Hände, damit sie angenehm für jeden erschienen? Wöchentliche Maniküre? Kaiba knackte kurz mit den Gelenken in den Fingern, faltete sie dann ineinander. Wenn er solchen Händen begegnen würde, irgendwo, mitten auf der Straße, ob er sie wohl erkennen würde? Ob er wüsste, was sie schaffen können? Ob er bemerken würde, was sie für ihn getan hatten? Schwachsinn. Er verengte die Augen kurz, griff nach der Tastatur und Maus. Man könnte es nicht erkennen, man würde es nicht sehen und es wäre kein Geheimnis dahinter. Der Masseur tat, was er tun sollte. Seine Arbeit, das, wofür er bezahlt wurde. So war der Lauf der Dinge, wie alles funktionierte. Kaiba wäre in dieser Welt immer Seto Kaiba, er tat, was er tun musste, wofür er qualifiziert und berechtigt war. Genau so sollte sich auch jeder andere Mensch verhalten. Man sollte den Platz einnehmen, der einen gegeben war. Kaiba wusste seinen eigenen und er würde ihn nicht verlassen, genauso, wie dieser Masseur wusste, wo er hingehörte. Es war deutlich, was er zu tun hatte und er sollte es so gut tun, wie Kaiba seinen Job vollführte. Das war alles. Der Lauf der Dinge. Keine Geheimnisse und somit keine zwischenmenschlichen Stränge, die quer liefen. Wenn sie sich je begegnen würden, auf offener Straße, wäre er Seto Kaiba und der Andere nur ein Kerl, wie jeder auch. Sie würden sich nicht kennen, nicht wahrnehmen und das öffentliche Bild aufrecht erhalten. Es gäbe keine Überraschung. Nur das Geheimnis um die Dunkelheit und die Stille. Der Lauf der Dinge. Er würde es nicht ändern, denn das wäre nicht seine Aufgabe. Er würde vielleicht mehr herausfinden, doch das berührte nicht die Umständen, nur die Auswirkungen. Sein Kopf wäre wieder frei für seine Arbeit. So wäre es. Der Lauf. Und er würde alles vergessen, was ihm jetzt noch so abstrakt schien. Wie eine Seifenblase würde die Illusion von Perfektion zerplatzen. Es wäre fast schon schade drum. Doch nur fast. Kaiba würde sich wieder einmal beweisen, dass es nichts gäbe, dass nicht erklärlich war. Niemals. Wieso in aller Welt war er dennoch am nächsten Tag so ruhelos? Bereits der Morgen dieses Donnerstags versprach nichts Gutes. Der Himmel über ihm schien zum greifen nah, so dunkel und schwer waren die Wolken und der kalte Wind. Selbst der heiße, starke Kaffee weckte seine Glieder und die unterkühlten Finger nicht. Stattdessen starrte Kaiba aus dem Fenster seines Büros und wartete nur darauf, dass Schneeflocken fielen. Auf dem Schreibtisch lagen die Notizen zu der sich schlecht auswirkenden Weltwirtschaftskrise. Er müsste das in Ordnung bringen, gerade biegen. Er war sich sicher, dass er noch einen der Konzerne leitete, die wohl nicht zu sehr darunter litt und dennoch gab es nun Geschäfte, die dringlich wurden. Doch wie sollte er arbeiten, wenn sich seine Finger kaum bewegten? Dunkel in sich hineinknurrend schlang er die Hände fester um die warme Kaffeetasse. Er spürte den stechenden Schmerz, wenn Heiß auf Kalt traf und dennoch sah er sich nicht in der Lage zu Handeln. Mit einer schnellen Bewegung und einem dunklen Ton, forderte er seine Sekretärin auf, ihn bei seinem Arzt anzumelden. Er würde sofort aufbrechen und sich etwas geben lassen, um die Verkrampftheit zu lösen. Er durfte sich so etwas in dieser Zeit nicht erlauben. Sogleich wurde er zu der Arztpraxis chauffiert. Er hätte nicht die Geduld auf einen Hausbesuch zu warten. Doch selbst als sich sein Doktor die Hände ansah und die Umstände anhörte, gab es nicht viel, was er tun konnte. „Ich gebe Ihnen einmalig ein paar Tabletten, Mr. Kaiba. Für heute. Doch dieser Aussetzer ist nicht aufgrund der Kälte, ich hoffe das wissen Sie.“, sagte er dunkel murrend während er ein Rezept ausstellte. Kaiba schien durchaus empfänglich für die heutige Kritik an ihm selbst. „Dessen bin ich mir durchaus bewusst.“, sagte er und nahm das Schreiben für die Medikamente entgegen. „Sagen Sie, waren Sie bei dem Massagestudio, das ich ihnen empfohlen habe?“ Kaiba nickte zustimmend und hob die Brauen. Wollte sein Arzt ihn schon wieder etwas in diesem Punkt vorhalten? Doch sein Blick wandelte sich in Zufriedenheit. „Dann wäre es wohl das Beste für Sie, wenn sie das nächste Mal auch ihre Hände behandeln lassen, Mr. Kaiba.“, meinte der Doktor, fast schon amüsiert, „Und wenn meine Tabletten nicht mehr helfen, das so bald wie möglich.“ Kaibas Blick spiegelte einen kurzen Moment Ratlosigkeit wieder, dann atmete er tief und erwiderte ein dunkles: „Natürlich.“ Bevor das Medikamentenrezept in seine Tasche wanderte und er sich zum Gehen abwand, „Noch einen guten Tag, Doktor.“ Zurück in seinem Büro, die Pillen neben ihm auf dem Tisch, sah er seinen Händen zu, wie sie unverkrampfter wurden und sich mit Wärme füllten. Er fragte sich, was er hier eigentlich verschrieben bekommen hatte. Ob es ein Beruhigungsmittel war oder etwas Drogenähnliches? Die Wirkung war auf alle Fälle zufrieden stellend und berauschend. Die Wolken am Himmel schienen viel von ihrer Bedrohlichkeit verloren zu haben. Kaiba ballte die Hand kurz zur Faust und zufrieden über seine wiedererlangte Beweglichkeit zog er die Tastatur heran. Er überflog in seinem Kopf, die Dinge, die er zu regeln hätte, um was er sich kümmern musste. Seine Tage wären mit dieser neu aufgeladenen Belastung noch ausgefüllter als sonst. Er müsste noch länger, noch härter arbeiten, noch mehr schaffen. Er müsste wieder alles gerade rücken, Normalität und Sicherheit herstellen. Wieso also stellte sich sein Körper gerade in dieser Situation gegen ihn? Wenn die Tabletten nicht mehr helfen... Mit einer galanten Bewegung holte er die Visitenkarte des „House Of Silence“ hervor, die er immer noch in seiner Tasche hatte. Die Webadresse eingegeben und mit dem Passwort auf die Seite gelangt, öffnete er das Profil des Masseurs, der ihn behandelte. Der Arzt meinte, er sollte seine Hände kurieren lassen und siehe da, auch das gab es als Angebot, inbegriffen zu den Armen. So bald wie möglich. Kaibas Blick fiel auf sein Telefon. Der Arzt verschrieb es ihm, sein Körper verlangte danach und auch sein Kopf würde mit aufgedeckten Geheimnissen Ruhe geben. Es gab nichts, das dagegen sprach. Im Gegenteil; Je konzentrierter Kaiba von diesem Haus zurückkam, desto besser könnte er sich um sein Geschäft kümmern, Arbeitsplätze retten und neue Ideen vorantreiben. Sonntag hätte er Zeit, drei ganze Tage mehr, die er nutzen könnte. Es gab absolut nichts, was ihn aufhielt. Er hob den Hörer des Telefons und tippte mit spitzen Fingern die Nummer ein. Wieder dauerte es keine Sekunde, bis abgehoben wurde. Die Stimme, die sich meldete kannte er zu gut:„Massagestudio ‚House Of Silence’, Rezeption. Um Ihre Diskretion zu wahren, beantworten Sie meine Fragen bitte kurz und bündig.“ 0001. Ein fast schon erleichtertes Aufatmen entkam Kaiba. „Ist dies Ihre erste Kontaktaufnahme mit unserem Haus. Bitte antworten sie mit ‚Ja’ oder ‚Nein’.“ Das Spiel kannte Kaiba bereits, doch im Gegensatz zu seinem ersten Anruf, war die Antwort ein klares „Nein.“. „Ihre Nummer, bitte.“, antwortete 0001 konkret, die Stimme fast mechanisch monoton aber freundlich. „0235.“, erwiderte Kaiba und lehnte sich zurück, lauschte auf irgendein Geräusch, doch es gab keines. Wie auch? 0001 stand sicher in ihrem leeren Foyer indem ihr Herzschlag der einzige begleitende Ton war. „Guten Tag, 0235. Was kann ich für Sie tun?“ Schon klang sie noch etwas freundlicher, als würde die Mitgliedschaft in diesem Studio alles ändern. Er stellte sich ihr blasses Lächeln vor, so schmal und aufgesetzt, wie er es wohl kaum kannte. „Ich würde gern meinen Termin verschieben.“, antwortete Kaiba schließlich um nicht zu sehr in seine Überlegungen über diese Person abzuschweifen. Bildete er sich das ein oder hatte 0001 gerade das Buch herangezogen und aufgeschlagen? „Natürlich. Hatten Sie schon ein bestimmtes Datum im Blick?“ „01.02., Sonntag.“, antwortete er sogleich, im Blick seinen Terminplaner, der für diesen Sonntag einige freie Stunden bereithielt. 0001 schien ebenso ihren Plan zu überschauen, dann sagte sie: „Wenn Sie den Masseur 0009 wünschen, kann ich Sie, entgegengesetzt ihrer ersten Intension, nur für eine Stunde anmelden. Wäre dies in Ordnung für Sie, 0235?“ Kaiba zog die Stirn in Falten und rieb sich kurz die Schläfe. Nur eine Stunde? Aber gut, er wollte eh nur seine Hände beruhigt wissen und er nahm an, dass eine Stunde ausreichend war. „Ja, wäre es.“ Wenn er recht überlegte, wäre dies vielleicht noch besser. Er könnte früher hingehen und wäre den Rest des Tages auf einem hohen Energielevel. Die beste Vorraussetzung um Höchstleistungen zu erzielen. „15 Uhr wäre eine Option.“, fügte er hinzu und schien fast schon ein entzücktes Geräusch von 0001 zu vernehmen. „15 Uhr wäre möglich. Soll ich Sie also für den 01.02., 15 Uhr für eine Stunde mit 0009 eintragen?“, resümierte sie, schien bereits zu schreiben. „Ja.“, erwiderte Kaiba und tippte ebenso in seinen Plan den Termin ein. „Danke, 0235. Auf wiederhören.“, sagte sie abschließend und Kaiba legte auf. Seine Brust hob sich stark, als er sich zurücklehnte und einatmete. Vier Tage. Er hatte ein Ziel auf das er hinaus arbeiten konnte. Vier Tage. Die Welt blieb in ihren Fugen. 2. End * 7000 Yen = 50 € TBC. All addicts want to gain affection. ----------------------------------- Nah! Ich hab in den Ferien ganz vergessen, dass ich betan wollte. n_n *shame* Dafür nun ein extra langes Kapitel und danke für all die lieben und langen und konstruktiven Kommentare. ;_; Das macht mich total glücklich! Somit hoffe ich dass euch dieses Kapitel auch gefallen wird.~ Teil: 3/6 Viel Spaß mit: 3. All addicts want to gain affection. Kaibas Blick wanderte umher, als er diesmal bei Tageslicht die Straße entlangging. Geschäftiger als in den späten Abendstunden tummelten sich hier die Leute, die Kreuzung mit der Ampel quoll über, als all die Menschen losströmten um noch bei grün die Straße zu passieren. Mit einem Blick auf die gegenüberliegende Straßenseite schien ihm auch der Grund hierfür deutlicher zu werden. Das große Gebäude, dass er für ein Büro gehalten hatte, war wohl ein Einkaufszentrum indem die Menschen ihren Kaufrausch auslebten. Er könnte sich eine weitaus bessere Lage vorstellen, als an dieser Straße, neben diesem Dreck, denn selbst das fahle Licht dass durch die dunkle Wolkendecke sickerte machte hier nichts lebhafter. Die Menschen, die Reklamen und all das stetige Auf und Ab des Verkehres erschien ihm wie ein Standbild. Entweder er besah es sich im Dunkeln oder er beleuchtete es. Egal wie, es blieb leblos. Näher betrachtet oder von weiter entfernt. Es war grau in grau und es roch nach einer Mischung aus Schnee und Regen in der Luft. Seine Hand ruhte bereits auf der goldenen Türklinke zum „House Of Silence“, da schweifte sein Blick zu dem Schild. Sauber poliert spiegelten sich die Wolken darin, ein kleiner Teil des Gebäudes gegenüber. Er wand sein Blick zum Himmel und atmete tief ein. Goldene Wolken. Für seinen Kopf. Kaiba öffnete die Tür und trat ein, richtete den Blick zugleich zu 0001, die wie eine eiserne und einsame Hüterin an ihrer Theke stand und die Augen zuschlug, als sie ihn erkannte. „Willkommen zurück, 0235.“, sagte sie leise und formte tonlos das schmallippige Lächeln das Kaiba unscheinbar aber rätselhaft vorkam, „0009 hält sich bereit für Sie. Haben Sie bereits eine Art der Massage gewählt, die ich ihm mitteilen soll?“ Kaibas Blick wanderte auf der Theke umher, von 0001s sauberen Fingern zu einer Tasse grünem Tee, die das so geordnete Bild in irgendeiner Weise störte, aber gleichzeitig perfekt dazu passte. Schließlich sah er zu seinen eigenen Händen hinab, die bleich und starr vor Kälte waren. „Eine Hand- und Armmassage.“, erwiderte er, während er ungesehen die kalten Hände zu Fäusten ballte und sie fest drückte, sodass rote Farbe in ihnen hochschoss. 0001 nickte verstehend, ließ den Blick zu ihrem Buch sinken. „Soll dies das gesamte Programm für die Stunde sein oder soll ich 0009 sagen, dass Sie zur anderen Hälfte auch Ihr bisheriges Programm wünschen?“ Während sie sprach schien die Hand ruhig unter dem Tisch nach etwas zu suchen. Kaiba sah dem Arm ein wenig misstrauisch zu, lies ihr gegenüber sich allerdings nichts anmerken. „Wenn es das Beste wäre.“, erwiderte er und nahm mit hochgezogenen Brauen, die Schlüsselkarte entgegen, die 0001 ihm just diesen Moment reichte. Sie lächelte schwach und senkte wieder die Lider, ließ das Schloss für die Tür klicken, sodass Kaiba gehen könnte. „Ich werde es 0009 ausrichten. Kabinett 06. Den Gang rechts entlang auf der linken Seite. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Erholung.“, waren ihre letzten Worte die Kaiba nickend entgegennahm bevor er auf den Flur verschwand. „Nur eine Stille.“, sagte er leise, die Zeile vor sich lesend und wand sich nach rechts. Stille war ein Luxus der ihn in den letzten Tagen nicht gegönnt wurde. Selbst Nachts war es in seinem Kopf ganz und gar nicht ruhig. Ständig hörte er sein Handy oder Telefon, die aufgeregten Stimmen, die besorgt und verzweifelt klangen, die ihn anflehten zu helfen, bettelten, heuchelten. Er sah sie alle in seinem Kopf, diese Gesichter mit ihren übertrieben falschen Emotionen, die hofften Kaibas Nerven zu treffen, ihn zum Erweichen zu bringen. Er wollte ihnen allen Nummern geben und dann sollten sie lächeln. Lächeln so wie es 0001 tat. Vollkommen unnatürlich, aber niemanden besorgend. Dann wäre es still. Im Kabinett 06 kamen ihm die Sprüche an den Wänden und die Bilder alle mysteriös vor. Undurchsichtige Wälder und in das Nichts führende Wasserfälle. Im Umkleideraum war groß in Schönschrift geschrieben „Fürchte dich nicht vor langsamen Veränderungen; fürchte dich nur vor dem Stillstand.“ Mit dem Handtuch um die Hüften betrachtete Kaiba die Leinwand auf der dieser Spruch ihn anlachte. Stillstand, hum? Er kannte so etwas wie Stillstand nicht. Er blickte nicht zurück, sondern immer vorwärts. Was sollte das also für eine Weisheit sein? Welcher Idiot hielt schon an allem fest, was er kannte? Amüsiert schüttelte er seinen Kopf, bevor er langsam hinaus in das Kabinett ging. Da es heute nicht so kalt draußen war wie noch letzten Montag, empfand er die Raumtemperatur als angenehmer und sicherlich würde auch das Öl nicht so brennen wie zuvor. Obwohl er gestehen musste, dass er gespannt gewesen wäre, wie dieser Masseur sich wohl bei einem zweiten Fehler entschuldigen wollte. Langsam setzt er sich auf die Liege. Er betrachtete seine Arme, dann seine Hände. Ob er wieder so liegen müsste, wenn er diesmal diesen Teil massierte? Ihm wurde nichts anderes gesagt. Er sollte es also annehmen. Einatmend nahm er Platz und hielt sich nicht lange auf, auch das Licht zu löschen indem er den Knopf drückte. Diesmal den Kopf ein wenig gehoben, beobachtete er wie die Tür zum Zimmer sich öffnete und jemand eintrat. Durch die schwarze Silhouette konnte er ungefähr die Größe des Mannes erkennen. Er schien kleiner als Kaiba zu sein. Also vielleicht doch ein schmächtiger Schwächling? Das letzte blaue Licht wurde weggedrückt und die absolute Dunkelheit kehrte ein. Eine beruhigende, melodische Musik ging einher mit dem leisen Gong-Geräusch, dann ließ Kaiba den Kopf wieder sinken. Er schloss beruhigt die Augen, als er die erste Berührung der Finger spürte. Die Hand jenes Masseurs wanderte höher, über sein Schulterblatt zum Nacken und ein wenig verdutzt schnaubte Kaiba, als die flinken Finger sich in sein Haar einflochten. Er wusste nicht recht, was er davon halten sollte, als die Hand durch die Strähnen glitt und die langen enden langsam zwirbelte. Kurz fuhr ihm ein Schauer über den Rücken und die nackten Arme, als die Finger weiterhin liebevoll das Haar eindrehte und schließlich fühlte er, wie der Masseur den kleinen Zopf mit einer Klammer nach oben steckte, außer Reichweite. So war das also. Er wollte nur freie Fläche haben. Dennoch schien es Kaiba fast schon zu fürsorglich, wie er die Haare feststeckte und prüfte, dass auch nichts irgendwo ziepte. Dann strichen die weichen Finger langsam durch den Nacken Kaibas, an den Schultern entlang und diesmal an den Armen hinab. Kaiba glaubte dass er die Länge der Arme erfühlte, strich vorsichtig durch die Ellenbeuge, was Kaibas Muskeln veranlasste zu zucken. An den Handgelenken stoppte er kurz, umrundete sie mit einem Finger und hoben sie leicht an um die Innenseiten der Hand zu ertasten. Wer hätte gedacht, dass er so empfindlich wäre? Er spürte eine schwache Gänsehaut über seine Arme laufen, sich langsam ausbreitend bis hin zum Rücken, doch er fühlte die warmen Finger nicht lang genug zwischen seinen, als das sie anhaltend wurde. Sein Arm sank wieder neben seinem Körper auf die Liege und er hörte das leise Geräusch des Öls, dass sein Masseur zwischen den Händen rieb. Zufrieden presste er die Luft aus seinen Lungen als die warmen Hände den Weg zurück zu seinem Rücken fanden um ihn nicht noch länger auf die Folter zu spannen. Schon bei den ersten fließenden Bewegungen, die diese Hände vor und zurückmachten, spürte Seto, wie die Verkrampfungen der letzten Tage aus ihm wichen. Er konnte sehr deutlich fühlen, was die bisher zwar seltenen, aber intensiven Massagen bewirkt hatten; Sein Rücken war weniger steif und er bewegte sich unkontrolliert aber flüssig mit den Händen seines Masseurs mit. Die sonstigen Schmerzen im Nacken, die er nach Stunden am Schreibtisch sonst immer gespürt hatte, waren deutlich weniger geworden. Seine Schultern hatten viel Ballast abgeworfen und das alles nur durch diese Hände. Obwohl er erst zweimal diese Örtlichkeit besucht hatte, kam es ihm schon wie eine Gewohnheit vor, ohne die sein Alltag unmeisterlich wäre. Natürlich wusste er es besser, natürlich kannte er sein Leben, ohne diese Annehmlichkeit, doch er gab zu; Ein wenig Farbe schadete dem grauen Bildnis seiner Selbst nicht. Der Ton würde in diesem Moment wohl in ein purpurnes, rotes Spektrum eintauchen, wie sein Blut das seine Haut aufheizte, als sich die Hände in diesen unglaublich guten, langen Bewegungen seinen Rücken vorknöpften. Loderndes Rot wie Feuer, dass er innerlich und auf sich spürte, ihn auffraß und einnahm und nach dieser Behandlung schon zweimal unverdaut wieder ausgespuckt hatte. Er wollte gar nicht daran denken, wie wenig Zeit sein Masseur diesmal mit der Betreuung seines Rückens einnehmen würde. Fast nur ein flüchtiges Winken, wo die vorhergehenden Aufmerksamkeiten doch soviel mehr versprochen hatten. Allerdings schienen die geschickten Finger sich diesmal besonders Kaibas Nacken vornehmen zu wollen. Ob es daran lag, dass er diesmal, von Haaren befreit, zur Verfügung stand ohne Gefahr zu bieten, jemanden weh zu tun, oder aber, ob sein Masseur einfach wusste, dass er diesen Teil die letzten Male schändlich vernachlässigt hatte? Kaiba kannte die Antwort nicht, doch wenn er sich so auf die Zärtlichkeiten –etwas anderes war es für ihn einfach nicht- konzentrierte, dann war es ihm auch herzlich egal. Die kreisenden Fingerkuppen fühlten sich einfach zu gut an um noch Gedanken an ein „was wäre wenn“ zu verschwenden. Große Kreise abwärts führten sie schließlich weiter, flüssig über die Schultern und nun das erste Mal an die Arme. Mit beiden warmen und noch öligen Händen strich er erst den Oberarm entlang, wiederholend und anheizend. Mit sanftem Druck auf den Handballen strich er die Schulterpartie zurück zur anderen Seite um auch hier sein Spiel mit Setos Bizeps zu vollführen. Zufrieden mit den eingeölten Bereich wanderten die Hände in all ihrer Größe tiefer und umstrichen die dagegen eher dünn wirkenden Unterarme, die schmalen Handgelenke Setos. Anstatt nun einfach zu unterbrechen um auf den anderen Arm zu wechseln, ging sein Masseur mit flüssigen Bewegungen wieder den ganzen Weg zurück. Am Nacken strichen drei zarte Fingerkuppen die empfindliche Haut, bevor er sich am rechten Unterarm zu schaffen machte. Als sein Masseur wieder die Beuge streifte, erschauderte Setos Haut von neuem und die ersten Härchen stellten sich auf. Ein Umstand der ihm aus unerfindlichen Gründen unangenehm war. Vielleicht, weil es im Gegensatz zu Lauten nicht unterdrückbar war, nicht zu kontrollieren. Er wollte nicht, dass sein Masseur dachte, er könne sich nicht beherrschen. Entgegengesetzt seiner Befürchtung schien es keine Rolle zu spielen. Sein Masseur umrundete und ölte die Haut ein und fand nun schon den Weg zur Hand. Das Gefühl hier schien ihn um einiges stärker, vielleicht waren seine Nerven hier sensibler oder er konzentrierte sich momentan stärker darauf, doch schon kurz darauf wurde das System erkennbar. Als die Finger seines Masseurs erst eincremend über die Handfläche und den Rücken strich, bevor er sie sanft fasste und mit den Ballen seiner eigenen Hand langsam die Haut ein wenig auseinander zog. Schließlich wandelte sich die Bewegung in das Kreisen lassen der Daumen auf Setos Handrücken. Sie tanzen vor und zurück, zum Anfang der Finger und zurück bis zum Handgelenk. Setos Finger zuckten dabei ein wenig unkontrolliert, doch als die Daumen am Gelenk verharrten, blieb auch er gespannt und regungslos. Der Druck der Daumen nahm ein wenig zu als sie in gerader Linie hinabwanderten. Rechts überwanden sie den Hügel des kleinen Fingers und rutschte dazwischen, links versank der Daume seines Masseurs in der Spanne nach dem Zeigefinger. Als er sie wieder am Handgelenk ansetzte und sie geradlinig hinabrutschen ließ nahmen sie diesmal den Weg um den Mittelfinger herum ein. Doch er hielt sich nie lang zwischen Setos langen Fingern auf. Immer wieder wiederholte er die feinen Linien, bis er spürte, dass die Finger unverkrampfter wurden. Schließlich drehte sein Masseur Setos Hand ein wenig, um besser an seine Handinnenflächen zu gelangen. Hier begann das Spiel von vorn; Das sanfte Ziehen mit den Ballen, dass sich schon bald in kreisenden Bewegungen des Daumens verlor und keinen Millimeter aussparte. Diesmal kreiste er vor allem auf den Handwurzeln, die sogar einmal leise knackten und tänzelte wieder zurück zu Setos Puls um auch hier ein wenig, nur vorsichtig, zu kreisen. Allerdings ohne imaginär gezogene Linien drehte sein Masseur Setos Hand wieder und schien sich nun um die Finger kümmern zu wollen. Vorsichtig nahm er den ersten, kleinen Finger seitlich zwischen Daume und Zeigefinger, begann beim untersten Glied sich langsam vorzutasten und dabei kleine Kreise zu vollführen, ein wenig zu pressen. An den Kuppen angekommen drehte er die Position seines Fingers, sodass nun der Daume oben auflag und er mit dem Zeigefinger von unten sanft dagegen presste. Setos Nerven schien bis kurz vor dem Zerreisen gereizt. Er wusste nicht, wieso er es als so unglaublich angenehm empfand, dass jemand jeden einzelnen seiner Finger zwischen den eigenen so verführte. Er spürte deutlich seine Gänsehaut, die beide Arme erobert hatte. Er merkte das Blut in seinen sonst so kalten Finger zirkulieren und noch nie hatte er sich besser gefühlt. Noch nie hatte er Hände so bewusst wahr genommen wie in diesem Moment. Sein Masseur war am Daumen angelangt, der nun auch sanft gepresst wurde und schließlich zu den übrigen entlassen. Die warmen Hände seines Masseurs legten sich dann langsam und fast schon zaghaft um den vorderen Teil von Setos Hand, hielten sie für einen kurzen Augenblick warm, dann rutschten sie zu den Fingern, schlossen auch sie in sich ein. Dieses Gefühl, dass Wärme ihn umschloss, dass jemand anderes seine Hand hielt - Es war unbeschreiblich. Kaiba spürte seinen Arm erzittern, wie der Schauer dieses Moments durch Mark und Bein fuhr, doch war er bewegungsunfähig. Mit geöffneten Augen starrte er in die Dunkelheit, blendete aber diese, die Musik und den Geruch um sich herum aus. Es gab nur die Hände, nur flinke Finger, geschickte und zarte Finger, die seine Hand hielten. Der Rest der Welt schien ihm egal. Viel zu spät zuckten die Muskeln in Setos Hand, als sein Masseur ihn losließ um über den Unterarm, dem Bizeps und den Schultern zur linken Hand zu wandern. Die Technik, mit der er die Hand lockerte und sie zur Entspannung anregte, war die gleiche. Das Ziehen, das Kreisen und die Linien. Er machte genau das gleiche, doch war es keines dieser Dinge, auf das Seto lauerte. Es waren nicht diese, durchaus angenehmen Gefühle, auf die er hoffte. So hielt er seine Hand in stiller Erwartung seinem Masseur entgegen und der bearbeitete wieder die einzelnen Fingern. Seltsam, dass ihm gerade in diesem Moment Mokuba einfiel. Die kleine dunkelhaarige Freundin, die er mit 14 gehabt hatte. Ein schüchternes aber durchaus niedliches Mädchen in das sich sein kleiner Bruder unsterblich vergucken musste. Als sie schließlich zueinander gefunden, hatte er sie oft eingeladen und er immer, in Hoffnung Seto hätte es nie bemerkt, hinter dem Rücken mit ihr Händchen gehalten. Übrig gehabt hatte Seto dafür nie viel – Mokuba durfte in dieser Hinsicht tun, was ihm beliebte. Seto selbst versprach sich von solchen Gesten nichts, doch gerade, in diesem Augenblick, kam er sich töricht vor, die Berührung zweier Hände als etwas so Banales abgetan zu haben. Denn wieder legten sich zwei warme Handflächen um seine Finger und gaben ihm das Gefühl sicher zu sein, als gäbe es ungeahnte Kräfte in ihm, die nun frei werden konnten. Es war eine Mischung aus den köstlichsten Drogen der Welt, aus Selbstsicherheit und Geborgenheit, er war zufrieden und gleichzeitig zu allem bereit. Bereit alles zu ändern. Er hätte sich stundenlang an diesem Gefühl ergötzen können, doch die Berührung wurde schwächer und sein Masseur löste die Hände langsam. Reflexartig zuckten Setos Muskeln und er griff in die Dunkelheit, erwischte die Fingerspitzen einer Hand und hielt sie fest. Er wusste selbst nicht genau, was gerade geschehen war. Er merkte nur, dass sein Masseur über dieses plötzliche ergreifen der Initiative genauso überrascht sein musste, wie Seto selbst. Beinah hätte er sich durchgerungen, seinen Griff zu lösen, da wurde der sanfte Druck erwidert und nicht nur die Fingerkuppen, sondern die gesamte Handfläche legten sich um Setos Hand. Vorsichtig strich der Daume seines Masseurs in gerade Linie über seine Haut, zaghaft und sanft und mit aller Geduld, die er aufbringen konnte. Setos Griff lockerte sich langsam und seine Hand wurden zurück geführt auf die Liege neben seinem Körper. Sanft strichen die fremden Finger über sie, beruhigten und besänftigten, bevor beide Hände den Weg aufwärts suchten um an Setos Arm entlang zu massieren. Er lag da, die Augen einen Spalt geöffnet und schwach ein und ausatmend. Seine Fingerkuppen zuckten, wenn sein Masseur die empfindliche Beuge passierte, hinaufglitt und knapp die Achseln streiften. Seine Finger zuckten, die Hand brannte und sein Kopf glühte. Was war in ihn gefahren? Was war gerade geschehen? Wieso tat er so etwas törichtes? Wieso fahndete er so provokant um Aufmerksamkeit? In seinem Kopf rotierten diese Fragen zusammenhaltlos, doch egal wie lang er eine rationale, eine zufriedenstellende Antwort suchte; Er fand sie nicht. Wo war sein Verstand geblieben? Hatte er ihn mit all den belastenden Menschen und Dingen, mit allem was ihn hinderte, was ihn auf seinem Weg aufhielt, draußen vor der Tür gelassen? War sein Verstand, seine kühlen, rationalen Überlegungen, all sein Genie und seine glorreiche Raffinesse – War das, all das, in etwa auch etwas, was ihn belastete, was ihn hinderte und aufhielt? Aufhielt diese Hand zu greifen? Wieder zuckten seine Muskeln als sein Masseur nun die rechte Armbeuge streifte und die Handgelenke knapp umrundete, die Haut sanft auseinander zog. Doch er vermied es peinlich genau wieder die Hände von Seto zu berühren, den Fingern zu nah zu kommen. Hatte er ihn verschreckt? War es seine eigene Schuld? Langsam wand Seto den Kopf herum, blickte zu der Stelle an der er seinen Masseur vermutete, doch egal wie lang er den schwarzen Punkt anstarrte – Er erkannte nichts. Kein Ausdruck auf dem Gesicht, keine Person, nicht einmal einen Umriss. In diesem Moment verwünschte er sogar die sonst so angenehm und beruhigend wirkende Musik, die jedes Geräusch, dass sein Masseur eventuell verursachte, schluckte. Kein Atem und kein Seufzen, weder Zustimmung noch Ablehnung konnte er auf diese Art wahrnehmen. Das Einzige, dass hier etwas zu sagen hatte, waren diese Hände, doch auch mit deren Reaktion konnte man sich Nichts sicher sein. Alles was sie Seto antaten war beruflich, es war die Arbeit seines Masseurs, die er gewissenhaft und -weiß Gott- perfekt ausführte. Die Reaktionen, wie sie auf Setos Offenheit reagierten, wie sollte er sich sicher sein, dass sie echt waren und nicht nur aufgrund der Umstände gespielt? Sowohl Seto selbst als auch sein Masseur schienen überrascht als das leise Geräusch des Ende verkündeten Gongs ertönte. Die Hände, die gerade noch den Oberarm umstrichen hatten wanderten zurück zum Rücken, in den Nacken. Vorsichtig tastend suchten sie den eingedrehten Zopf und die Klemme, die ihn weggesteckt hatten. Er zog die Klammer langsam aus Setos Haaren, richtete dann die Strähnen, bevor er sich wieder löste um ein Handtuch zu nehmen. Regungslos ließ Seto all das über sich ergehen, das Öl vom Körper abtupfen und schließlich vernahm er, wie sein Masseur sich zum Gehen abwand. Träge hob er den Kopf, blickte zur Tür, die langsam geöffnet wurde und schließlich die ersten bläulichen Lichtstrahlen hinein fielen. Er beobachtete, wie der schwarze Schatten sich schmal durch diesen Spalt zwängte und für den Bruchteil einer Sekunde, hatte er das Gefühl, sein Masseur sah über die Schulter zurück, direkt Seto an und ihre Blicke würden sich treffen. Dann wurde er wieder in vollkommener Dunkelheit allein gelassen. Dunkel ächzend ließ er den Kopf auf das Polster fallen, schnaubte leise und wartete, bis das Licht gedämmt anging. Mutierte er zu einem naiven Trottel? Ihre Blicke konnten sich nicht getroffen haben, es war viel zu dunkel gewesen, die Lichtstrahlen nicht intensiv genug ihre Gesichter zu erhellen. Dieses dumme Händchenhalten – Was war in ihn gefahren? Wollte er den Respekt vor sich selbst verlieren? Missmutig und mit kraus gezogener Stirn richtete er sich langsam auf und sah sich in dem Raum um, brummte dunkel. Es war nur eine Handmassage gewesen. Nichts weiter. Ende. Kaiba besah sich seine Finger, wand sie im Licht und krümmte sie. Er hatte seinen Job gut gemacht, das war es doch was zählte. Das Produkt, nicht wie es zustande kam. Das Endergebnis, nicht der Weg dorthin. Alles andere darum war egal. Diese lächerliche Berührung, nur eine Kurzschlussreaktion. Er nickte sich selbst zu, bevor er langsam aufstand um sich anziehen zu gehen. Flüssiger als heute morgen noch ließen sich die Knöpfe an seinem Hemd schließen, die Krawatte festbinden. In der Tat, diese Behandlungen zeigten ihre Erfolge schnell und deutlich. So sollte es sein. Er hielt sich nicht länger als nötig auf und kehrte bald zurück in den Vorsaal zu 0001. Erwartend stand sie hinter der Theke, eine Hand auf dem Buch, in der anderen erneut einen Umschlag. Als Kaiba zu ihr trat lächelte sie und gab mit einer verbeugenden Kopfgeste zu verstehen, dass sie Notiz genommen hatte, als er ihr die Schlüsselkarte gab. „Hat es Ihnen gefallen, 0235?“, sie reichte ihm den Umschlag mit der Rechnung für die heutige Massage. Kaiba betrachtete die Summe wortlos, außerhalb ihres Sichtfeldes steckte er den Betrag und eine ordentliche Summe Trinkgeld in den Umschlag, reichte ihn ihr zurück. Lächelnd tat sie das Geld beiseite nur um schließlich das kleine, braune Buch heranzuziehen. „Wünschen Sie einen neuen Termin, 0235?“, sie sah zu ihm hoch und fingerte bereits nach einem Stift, „Ich könnte Ihnen anbieten die heutige, nicht in Anspruch genommene Stunde, auf den erst vorgesehen Mittwoch zu verlegen.“ Kaiba zog die Stirn kurz Kraus. In seiner Manteltasche drehte er zwischen seinen Fingern sein Handy auf dem sein Terminplaner gespeichert war. „Eine Stunde am Mittwoch wäre einzurichten.“, erwiderte er dunkel und ließ sein Mobiltelefon an Ort und Stelle, atmete dagegen tief ein. Fast zeitgleich zu seinen Worten öffnete 0001 das Buch, schlug um zum Mittwoch, den Stift parat fuhr sie mit dem Finger über die Seite. „Welche Uhrzeit wünschen Sie?“, fragte sie leise. Wahrscheinlich dachte sie nicht, dass Kaiba zur selben Uhrzeit wie erst bestellt kommen würde. Um ehrlich zu sein, hatte er das auch nicht vor. Am Telefon hatte er von einer Verschiebung gesprochen; Er würde sich also selbst als einen Lügner entlarven, wenn er zugab, doch zu dieser Uhrzeit verfügbar zu sein. „Ab 15 Uhr wäre es einzurichten.“, erwiderte er ohne einen Blick auf seine Termine zu werfen. Was auch immer zu dieser Zeit wäre, er könnte es auf die freien Abendstunden verschieben. Das wäre also seine geringste Sorge. „Ich biete Ihnen 16.30 Uhr an. Ist dies eine Option für Sie, 0235?“, antwortete sie und strich mit dem Finger über die Spalte im Buch. Kaiba nickte nur kurz und schon glitt sie mit der Kugelschreibermine darüber und notierte seine Nummer. „Mittwoch, der 04. Februar. 16.30 Uhr bei 0009.“ Er erhielt einen Zettel mit dem Termin, bevor sie sich schwach verbeugte. Mit einem dunklen Schnauben wand Kaiba sich ab zum Gehen. Das Papier wanderte in seine Manteltasche, ebenso seine Hände als er hinaustrat und Kälte ihn umspülte. Der Wind war wieder stärker geworden und hatte die Menschen reingetrieben. Zumindest einen Großteil derer, die vor einer Stunde noch diese Straße überfüllt hatte. Mit schweren Schritten bahnte Kaiba sich den Weg vorwärts über den grauen Asphalt und durch den Rest an dreckigem Schnee, der am Rand klebte. Als er wartend an der Ampel stand sah er sich gegenüber ein junges Pärchen. Im ersten Moment wusste er nicht recht, was ihn daran komisch vorkam, doch als sein Blick auf ihre Hände fiel, erklärte er die Welt für vollkommen verrückt. Sie trugen beide Handschuhe, zumindest an jeweils einer Hand, denn die, die ineinander verhakt waren schienen sie absichtlich von dem wärmenden Stoff befreit zu haben. Er blinzelte und realisierte im ersten Moment nicht, wie die Ampel auf Grün sprang. Als Kaibas Weg und der des Pärchens sich kreuzten, zuckten seine Mundwinkel amüsiert. Diese ganze Welt war wirklich unglaublich undurchsichtig. Auf der anderen Straßenseite angekommen sah er auf, zu den großen Werbetafeln über dem Einkaufszentrum. Mit vielen Herzen und in rosa-rot kündigten sie den baldigen Valentinstag an. Die Augen verdrehend unterdrückte Kaiba, dass ihm sein Frühstück gleich wieder hochkam. Valentinstag; Wenn er nur daran dachte wollte er jemanden verklagen. Wer hatte diesen nutzlosen Tag eingeführt? Eine Schulmädchen-Untergrundorganisation, die einen Grund wollte, noch mehr Schokolade auf den Markt zu bringen? Er würde den Trubel darum nie verstehen. Er hatte oft genug selbstgemachte Pralinen oder Kekse geschenkt bekommen, doch im Gegensatz zu Mokuba, schmiss er die meisten davon weg. Vielleicht war es auch diese pinke, zuckrige Stimmung, die alle Leute um ihn herum anstachelte, noch verliebter drein zu schauen, noch enger aneinander zu kleben – Und überall diese Händchen haltenden Pärchen! Kaibas Schritt wurde schneller als er die letzten Meter zu seinem Auto nahm und einstieg. Die warme Heizung tat sofort ihren Dienst und doch blieb Kaiba noch eine Weile regungslos sitzen, sah zur Windschutzscheibe hinaus. Die grauen Wolken drückten das Bild der Stadt ein wenig dichter zusammen. Dem Himmel war es egal, ob bald Valentinstag war. Aus seiner PR-Ecke wusste er, dass es überall bald Angebote gab. Das war Normalzustand um große, besondere Tage herum, seine Firma bildete da keine Ausnahme – Auch wenn er von soviel Kitsch nicht sonderbar begeistert war. Man hatte eine Ausrede Spezial-Angebote anzupreisen um Kunden zu ködern. Die perfekte Masche. Perfekt. Er fragte sich, ob im „House Of Silence“ auch so etwas aufkommen würde. Eine extra Massage für den Valentinstag, vielleicht im Paket mit einem Bad und speziellen Düften. Wo man doch überall Blumen schenkte und sie roch. Zu überdenken wäre das wohl. - Auch wenn es ihm komplett lächerlich erschien. Worüber zerbrach er sich hier den Kopf? Über Angebote bei seinem Masseur? Seit wann hatte er so was nötig? Und wieso dachte er nicht zweimal nach? Diese Abzocke mit geheuchelten Gefühlen hatte dieses Haus doch nicht nötig. Er könnte froh sein, wenn er dort vor all diesem törichten Gerede von Liebe und Zuneigung verschont wäre. All dieser süße Parfum-Geruch in der Stadt musste ihn benebelt haben. Das würde es sein. Sein Gehirn fing sich schon gleich wieder, wenn er erst Zuhause am Laptop saß und arbeite. Nur ein wenig Dunst, der sich schon lichten würde. Er müsste nur auf die Sonnenstrahlen warten. Die Sonnenstrahlen kamen – doch der Nebel in seinem Hirn blieb. Die Arbeit und alle Probleme, sie gingen ihm furchtbar leicht von der Hand. Alles was Kaiba vorher Kopfschmerzen bereitet hatte schien auf einmal so leicht lösbar wie noch nie. Niemand erhob Einspruch, machte Unzufriedenheit deutlich oder schien sich beschweren zu wollen. Kaiba hatte alle Bedürfnisse gedeckt. Alle schienen zufrieden, glücklich. Alle, er selbst eingeschlossen. Zufriedenheit. Das war ein seltsames Gefühl, weil es ihn, egal wie viel Lob er sich selbst zusprach, doch nicht ausfüllte. Da war seine vor Stolz fast doppelt so groß anschwellende Brust, weil er ganz genau wusste, was er geleistet hatte. Sein Ego, dass einen Höhenflug erlebte, da von allen Seiten Zuspruch kam. Gleichgewicht, aufgrund der Tatsache, dass er den gröbsten Ärger beseitigt hatte. Aber jedes Mal, wenn er zum Fenster hinaus sah, spürte er, dass es einen Flecken in ihm gab, der nicht gefüllt werden konnte – Egal wie viel er sich selbst zugestand. Normalerweise hätte er solche Lächerlichkeiten mit einer rationalen und schnellen Erklärung abgetan. Hätte, wenn er dazu in der Lage gewesen wäre. Es lag nicht daran, dass er nicht denken konnte, wie bereits erwähnt fiel ihm das unglaublich leicht, viel mehr, gab es nichts rationales, dass er sich dazu hätte reimen können. Alles was ihm einfiel, war diese Hand, die seine eigene gehalten hatte. Was war daran erklärt? Richtig, nichts. Zu seiner eigenen Verwunderung, wohl zur größten im Moment, stimmte ihn das nicht einmal missmutig. Etwas nicht zu wissen – sonst ein für ihn nicht zumutbarer Sachverhalt, der Klärungsbedarf zur Folge hatte – schien auf einmal vollkommen banal. Er wusste es nicht und spürte auch nicht die geringste Lust danach es wissen zu wollen. Er gab sich damit zufrieden, dass etwas da war und er nicht wusste, was es war. Nur tief, tief in seinem Inneren spürte er vielleicht, dass ... Was war es? „Mr. Kaiba? Ihr Bruder kommt so eben hinauf. Er scheint Sie etwas wichtiges fragen zu wollen.“, Kaibas Sekretärin war gerade herein getreten, sich höflich verbeugend sah sie ihn an. Sie wusste, dass Mokuba der Einzige war, der Kaiba jederzeit stören durfte, also nickte er nur und sie schloss die Tür. Sein Blick fiel auf die Anzeige an seinem PC. Der 03.02, 17 Uhr, Dienstag. Der Tag an dem Mokuba die Schule zeitiger verlies als sonst üblich. Eventuell wollte er Kaiba etwas über seine Klassenreise erzählen? Als er seinen Bruder am Sonntagabend vom Flughafen abgeholt hatte, war er zu müde gewesen um Details aufzuzählen. Jetlags gut zu verdauen lag wohl eher ihm selbst im Blut. „Nii-san!“, Kaiba sah auf als Mokuba eintrat. Die dunkelblaue Schuluniform, die er früher selber tragen musste, noch an. „Ich hab dir was aus Rom mitgebracht, das hatte ich gestern ganz vergessen.“, plapperte er sogleich drauf los als er herum kam zu Kaiba und sich an den Schreibtisch lehnte. Die Schultasche halb auf dem Schoß, halb haltend, kramte er darin herum. Kaiba lehnte sich zurück und musterte ihn einen Moment schweigend. So stark hatte sich sein kleiner Bruder verändert. Die langen, schwarzen Haare kürzte er von Frisörbesuch zu Frisörbesuch immer mehr, dafür wurde er selbst größer und größer. Dass Mokuba ihn irgendwann einholte, schien ihm aber ausgeschlossen. „Er ist gefälscht, ich weiß. Aber darauf kommt’s auch gar nicht an.“, Mokuba kramte noch immer, lächelte dann freudig, als er das Objekt seiner Begierde Kaiba unter die Nase halten konnte, „Aber du musst zugeben, dass er außergewöhnlich ist.“ Kaiba nahm die halbdurchsichtige Packung, auf der mit dicken Buchstaben etwas auf italienisch gedruckt war und besah sich den Inhalt. Es war eine kleine Spielfigur, eine Miniaturausgabe eines „Blue eyes“. Allerdings war der Drache nicht weiß und schaute ihn auch nicht mit blauen Augen an, sondern er war rosa. Ein regelrecht penetrantes altrosa mit gelbe Augen. So eine schlechte Kopie von einem Spielzeug hatte er ja noch nie gesehen. Mokuba hatte wirklich seinen Nerv getroffen – er war amüsiert. So etwas war für ihn der Inbegriff eines schlechten Scherzes, der schon wieder unglaublich gut wurde, dadurch, dass er so furchtbar war. Amüsiert hob Kaiba die Brauen, besah sich die Verpackung kurz, bevor er zu Mokuba schaute und witzelte:„Vielleicht kennen wir die Karte nur nicht? ‚Pink Dragon with yellow eyes’. Wäre sicherlich ein hübsches Pendant zu meinem Drachen, allerdings könnte man bei ihrer Fusion wohl erblinden, aufgrund der unerträglichen Farbkombination.“ Mokuba blinzelte einen Moment, dann lachte er und beugte sich vor um auch einen Blick auf die Spielfigur und seinen Bruder zu haben. „Er gefällt dir ja wirklich.“, nuschelte er wohl erfreut, hob einen Finger, „Du scheinst ja richtig gut drauf zu sein heute, Nii-san.“ Kaiba hob die Brauen ein Stück höher, hielt Mokuba die Verpackung des Drachens vor die Nase und erwiderte: „Wer wäre bei diesem Geschenk nicht ‚gut drauf’?“ Doch Mokuba lächelte nur noch breiter, „Was ist los, hm? Freust du dich so sehr auf Valentinstag und die Pralinen? Oder ist es etwas anderes?“ Nun war es Kaiba der blinzelte und sich zurücklehnte, seinen Bruder ansah. Seit Mokuba 15 geworden war, rätselte er wirklich über zu viele Sachen, von den Fragen, die er früher nie getraut hatte zu denken, ganz zu schweigen. „Wie kommst du auf so etwas?“, fragte er mit zurückgenommenen Ernst, der allerdings jetzt wenig Erfolg versprechend war. „Irgendwas ist anders.“, bemerkte Mokuba weiter, schwenkte den Finger, „Oder ist es nicht der Valentinstag an sich sondern eine gewisse Person, die dir et...“ „Tzz.“, Kaiba schnaubte leise, „Seit wann interessiert dich so was? Und obendrein; Nein.“ Je älter sie wurden, desto frecher. So hatte er seinen Bruder sicherlich nicht erzogen. „Ach, hör schon auf, Nii-san.“, Mokuba grinste breit und formte mit den Fingern ein Herz, deutete auf Kaibas Brust, „So ausgelassen und locker warst du schon lang nicht mehr und du bist schließlich auch nur ein Mann.“ Kaiba wedelte die Hand von sich weg. „Allerdings war ich und werde ich mich auch nie so pubertär und kindisch verhalten wie du, also Ruhe jetzt.“ Mokubas Antwort war ein tiefes Einatmen, bevor er sich abstützte und aufstellte. „Ich treff’ mich gleich noch mit Freunden und bin heut Abend wieder da, ja? Wir sehen uns dann, Nii-san.“, sagte er, bevor er sich auf den Weg hinaus machte. „Bis dann.“, antwortete Kaiba als er ihm nachsah und sich zurücklehnte. So ausgelassen und locker war er schon lang nicht mehr? Kein Wunder, wenn alles so gut lief. Dafür brauchte er nicht verliebt sein oder eine Romanze haben, nein. Die Richtung die sein Leben einschlug, war vollkommen zufriedenstellend. Er brauchte nur seine Firma, seinen Bruder, all die Möglichkeiten, die ihm offen standen, um seine Wünsche zu verwirklichen und... Sein Blick fiel auf den Terminplaner, der minimiert auf der Taskleiste ruhte. Er lehnte sich tief einatmend zurück und schmunzelte kurz. Und ein wenig Stille. Ja, mehr brauchte er nicht. Doch tief, tief in seinem Inneren spürte er, dass es nur die halbe Wahrheit war, die er nur nicht wahrhaben wollte. Versteckt genug um sie zu ignorieren. Erklären könnte er sie nicht. Kaum, dass Mokuba das Zimmer verlassen hatte, tippelte seine Sekretärin herein. „Mr. Kaiba, gerade ist das Fax eingetroffen auf das sie gewartet haben.“, lächelte sie ihm freundlich zu und kam näher um ihm das Papier zu reichen. „Sehr gut.“, erwiderte er und nahm es, begann gleich es zu überfliegen und ignorierte gekonnt den Blick seiner Sekretärin auf den gefälschten Spielzeugdrachen und ihm. „Stimmt etwas nicht, Mr. Kaiba?“, sie beugte sich ein Stück vor und schien ihn genauer zu betrachten. Er sah zurück, blinzelte: „Sollte es?“ Sie zog die Lippen zusammen. Der Lippenstift war für ihre Verhältnisse ziemlich dunkel gewählt heute, das Haar trug sie offen. Es schien ihm eher, dass mit ihr etwas nicht stimmte. „Sie ziehen Ihre Stirn nur so kraus. Da dachte ich, das Fax brächte schlechte Neuigkeiten.“, antwortete sie ehrlich und beugte sich wieder zurück, neigte den Kopf fragend. Kaiba fasste sich an die Stirn. Hatte er? „Es ist nichts.“, betonte er ruhig, doch der Blick seiner Sekretärin wich nicht von ihm. Sie schien mehr zu sehen als er. Bemerkenswert. Ab und zu brachten Frauen ihn doch zum staunen. „Vielleicht bekommen Sie schon Falten, Mr. Kaiba? Kein gutes Zeichen in Ihrem Alter.“ Was sollte das denn heißen? Kaibas strenger Blick wanderte zu ihr und er schnaubte dunkel. Als würde er Falten bekommen, lächerlich. Sie lächelte verlegen und hob abwehrend die Hände, erklärte sich: „Verstehen Sie mich nicht falsch. Bei Ihrem Beruf und dem Stress. Vielleicht sollten sie einfach mal einen Wellness-Tag machen? Mit Gesichtsmasken und Massagen und ähnlichem. Das beugt dem sicher vor.“ Als Kaiba darauf nichts als ein dunkles Brummen erwiderte, verabschiedete sie sich rasch: „Ach, nehmen Sie das nicht zu ernst, Mr. Kaiba. Das legt sich sicherlich von allein.“ Immer noch leicht verlegend lächelnd ging sie aus dem Büro. Seine Finger wanderten über seine Stirn, kreisten an den Schläfen. Als würde er Falten bekommen, lachhaft. Zudem glaubte er auch nicht, dass irgendwelche zusammengemischten Tinkturen und Gurken auf den Augen, das beheben würden. Er ließ die Hand sinken und krümmte seine Finger. Allerdings würde eine Massage sicherlich wohltuende Kräfte haben. Mittlerweile war Kaiba davon überzeugt, dass dieses ständige Anregen seiner Blutgefäße förderlich für seine Gesundheit wäre. Er spürte es im Rücken, in den Schultern, seit der letzten Behandlung auch deutlich in den Händen. Nur weil all diese alten, verwahrlosten Männer, die sich sonst Geschäftsführer nannten, sich nicht um ihr Gesicht kümmerten, galt das nicht automatisch für ihn. Er brauchte niemanden mit Geld bestechen um seine männlichen Bedürfnisse auszuleben. Sein filigranes Gesicht reichte meist schon aus – und die Tatsache, dass in dieser Szene, viele Männer unterwürfig waren. Aber das spielte nichts zur Sache. Amüsiert sah er zu seiner Uhr, atmete tief ein, bevor er sich die Strähnen aus dem Gesicht zupfte. Da er morgen sowieso nur eine Stunde Behandlung hatte, wäre das durchaus zu überlegen. Er fuhr sich über den Kiefer, tippte mit den Fingern auf. Durchaus. Überraschend gut gelaunt ging Kaiba den Weg durch die Menschenmassen zur Ampel, an der er geduldig wartete. Die Sonnenstrahlen, die sich den Weg durch die dicke Wolkendecke bahnten, waren das erste Mal dieses Jahr wärmer. Er konnte den Mantel offen tragen ohne das Gefühl zu haben, sich sämtliche Extremitäten abzufrieren. Als er die Werbung über der Einkaufspassage musterte, bemerkte er einen großen Zähler, der die Stunden bis Valentinstag rechnete. Zehn Tage und er sah schon jetzt überall die Mahnungen, dass man sich vorzubereiten hatte. Vorzubereiten. Auf was? Sollte man bis dann hungern, um die Schokolade ohne schlechtes Gewissen essen zu können? Vielleicht die Tage vorher den Angebeteten noch einmal besonders auf die Nerven fallen? Ohja, Kaiba war amüsiert. Furchtbar amüsiert über diese dummen Menschen, die sich so viele Gedanken über diese noch dümmere Tradition machten. Er entkam ihnen allen, unbemerkt und ungesehen – Verschwand er in der Stille. Leicht blinzelnd sah er über die Straße, dann zum Himmel und kniff die Augen ein wenig zusammen, als die Sonne ihn anstrahlte. Das Wetter schien unwirklich unzufrieden. Dabei wusste keiner, was das hieß; Zufrieden sein. Er würde es wissen. Er wusste es. Da es nur ein schmaler Spalt, ein kleiner Schritt war – Hinein in die Dunkelheit, in die Stille, in eine andere Welt, die diese banalen Menschen, niemals zu Gesicht bekommen würde. Egal wie heiter die Sonne schien; Sie waren doch alle nur geblendet. Amüsiert drückte er am goldenen Türgriff und trat ein in das warme und beruhigende „House Of Silence“. Welcome back, addict. Kaibas Schritte zu 0001 waren weitaus weniger zögerlich als bei den ersten Malen, doch im Gegensatz zu vorher, erschien ihm dieses Lächeln von Mal zu Mal undurchdringlicher. Die blassen, dünnen Lippen, die weder von Leidenschaft noch Sinnlichkeit zeugten, hatten eine unheimlich anziehende Wirkung auf ihn. Doch eher im Sinne des Rätselhaften, dass man zu lösen versuchen wollte. An ihrer Erscheinung festgehangen, überhörte er das:„Willkommen zurück, 0235.“ Sie schien zu warten, bis er wieder bei sich war und fragte anschließend: „0009 hält sich bereit für Sie. Haben Sie sich für eine Art der Massage entschieden, die ich ihm mitteilen soll?“ Kaiba hatte sich entschieden – Und wie er sich entschieden hatte. Informiert, ob es überhaupt mit seinem Masseur möglich wäre, schließlich ist das Gesicht ein unverkennbares Merkmal, dass man durchaus auch blind erkennen könnte und die Preise im Kopf berechnet, hatte er einen Entschluss gefasst – Und das Risiko würde er einfach eingehen. Er kalkulierte nicht ein, dass sein Masseur ihn fragen würde, wer er war. Diese Bedenken hatte er schnell weggefegt bekommen. „Eine Kopfmassage.“, antwortete er 0001. Die Wimpern schlugen schneller als üblich auf und mit ihren fast schwarzen Augen sah sie ihn von unten hinweg an. Als sich diesmal ein Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete, badeten ihre Lippen in Wohlgefallen. „Wie Sie wünschen, 0235.“ Die schlanken Finger, die bereits eine Schlüsselkarte gezogen hatten, verschränkten sich noch einmal kurz und erklärend begann sie: „Bei diesem Programm, muss ich Sie darauf hinweißen, dass Sie anders liegen werden. Die übliche Position mit dem Gesicht nach unten wird hier natürlich nicht möglich sein.“ Ihre rechte Hand wanderte unterhalb der Theke entlang und sie zog eine Schlüsselkarte, die Kaiba anders vorkam als seine bisherigen. War es die Farbe? Oder der Schimmer? „Sie werden mit dem Gesicht nach oben liegen und 0009 wird hinter Ihnen sitzen. Nur zum Verständnis. Die Knöpfe werden hierbei natürlich nicht unterhalb der Liege sein sondern bequem auf ihrer Armlehne zu erreichen sein.“ Sie nickte ihm schmal lächelnd zu und für einen kurzen Moment sah man sogar ihre Zähne. „Bei einer Kopfmassage ist natürlich die Berührung und die Behandlung des gesamten Kopfes, also auch ihres Gesichtes Pflicht. Sind Sie sich über das hier vorhandene Risiko im klaren, 0235?“ Kaiba nickte stumm, ohne zu zögern. Mit einem devoten Liderniederschlag reichte 0001 Kaiba die anders aussehende Schlüsselkarte, das Türschloss knackte leise und gab den Weg zum Flur frei. „Ich werde 0009 unterrichten.“, sagte sie leise, als Kaiba das letzte Mal zu ihr sah, „Kabinett 10. Den Gang rechts entlang auf der rechten Seite. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Erholung.“ Nickend balancierte Kaiba die Karte zwischen den Fingern, bevor er sich abwand und in den Flur ging. Die Tür hinter ihm fiel ins Schloss und ein angenehmer Schauer durchfuhr seine Glieder. Ein Schauer, den er aus Kindertagen kannte und den er damals Vorfreude genannt hatte. Der Gedanke amüsierte ihn und er ging den langen Flur entlang zu dem beschriebenen Kabinett. Auf der Anzeige war in der Ecke ein kleiner, leuchtender Vermerk. „Head-Up divan-bed”. Ein Zimmer mit Massageliege extra für den Kopf? Oder gab es noch weitere Behandlungsarten, bei dem man nicht auf dem Bauch lag? Kaiba trat ein und sah sogleich, dass die Liege und die darauf liegenden Handtücher vermuten ließ, dass er heute anders sitzen würde. Zudem stand dahinter ein höhenverstellbarer Hocker auf dem sein Masseur wohl Platz nehmen würde. Den Mantel langsam lösend ging er in die Umkleidekabine und hängte seine Sachen beiseite. Inwieweit müsste er dafür eigentlich nackt sein? So wie sonst auch? Sicherlich. Ein Pullover wäre vielleicht nicht störend für die Massage an sich, aber eindeutig zu eng zum Entspannen. Die ganzen Dämpfe, die nach Blumen und Hölzern rochen, würden sich zudem auch nur an ihn heften und vielleicht falsche Schlüsse bei gewissen Personen aufkommen lassen. Eindeutig ein Grund sich zu entledigen. Als Kaiba sich das Handtuch fest um die Hüften wickelte, fand sein Blick die beschriebenen Leinen an der Seite des Zimmers. „Wer neu anfangen will, soll es sofort tun, denn eine überwundene Schwierigkeit vermeidet hundert neue.“, las er leise und als würden die Worte wirklicher werden, wenn er es tat. Doch sie wurden es nicht, im Gegenteil; Der Sinn dieses Spruches schien sich von ihm entfernen zu wollen. Neu anfangen? Wofür? Er hatte doch alles was er wollte, wieso also sollte er etwas anders machen? Sollte er anders wählen? Würde er anders wählen, hätte er eine Wahl? Neu anfangen. Das braucht er nicht, musste er nicht und konnte er nicht. Niemals. Die Brauen zusammengezogen ging er aus der Umkleide heraus und schloss die Tür. Kurz umrundete er die Liege und besah sich die Knöpfe an den Lehnen für die Arme, die 0001 beschrieben hatte. Als er sich halb setzte, halb dabei lag, lehnte er den Kopf zurück in das weiche Handtuch. Er rutschte zurecht und atmete tief ein, sah an die Decke und wieder zu den Knöpfen die unter seinen Fingern ruhten. Diesmal wäre es anders, davon war er überzeugt. Nur inwiefern konnte er nicht ausmachen. Er schielte zu seiner Hand, strich über den Knopf bevor er ihn langsam drückte und in gewohnter Weise das Licht erlosch. Keinen Augenblick später öffnete sich die Tür spaltbreit und im blauen Licht des Flures sah er eine Person schnell hineinhuschen. Das Schloss knackte leise und die Geräusche seines Masseurs wurden übertönt von dumpfer, leiser Melodie, dem Gong-Schlag. Kaiba atmete tief ein und nahm einen vertrauten Geruch auf, der süßlich und lieblich wirkte. Doch war es nicht das ganze Drumherum auf dass er sich versuchte zu konzentrierten – Die leisen Schritte, der Atmen, der diesmal näher war und schließlich das Geräusch als sein Masseur Platz nahm; Seto erwartete alles Weitere wie durch eine Maske. Nicht sicher, ob sein Benehmen töricht oder nachvollziehbar war. Nicht im Klaren, in was das hier enden würde. Würde es überhaupt enden? Würde er es jemals enden lassen? Er würde, er würde, doch diese Hände... Seto zuckte kurz zusammen als er eben jene an seinen Schultern spürte. Da hatte er sie gerade nicht erwartet, doch schnell beruhigte er sich, als er merkte, dass sie nur den Weg suchten. Die Finger strichen vorsichtig, suchend an seinem Hals aufwärts, am Kiefer vorbei zu den Ohren und hier am Haaransatz entlang bis zur Stirn. Mit fließenden und zaghaften Bewegungen, deutlich zaghafter als jemals zuvor, strich sein Masseur Setos Haare aus der Stirn zurück. Seto schloss die Augen langsam und sein Kopf beruhigte sich innerlich. Die verspannten Gesichtspartien lockerten sich merklich, als sein Masseur die Haare hinter die Ohren strich. Das wohlbekannte, gute Gefühl einer Gänsehaut kroch über seine Arme und den Oberkörper und ließ ihn einen Wimpernschlag lang stockend einatmen. Es wäre ihm nicht aufgefallen, hätte ihn nicht einmal interessiert, wenn sein Masseur ewig so die Strähnen weggestrichen hätte anstatt zu massieren. Das Gefühl, dass ihm diesmal jemand nah war, noch näher als sonst, mit noch feineren Berührungen; Unbeschreiblich. Er konnte nicht mehr klar erkennen, was in ihm vorging als diese wohlvertrauten Hände ihn berührten. Er hatte die Augen geschlossen und doch waren so viele Bilder in seinem Kopf, von schönen Tagen, von Farben und Dingen, die ihn innerlich wärmten. Seto öffnete die Lippen überrascht als die Hände leicht eingeölt und noch wärmer zurückkehrten und sich auf seine Stirn legten, hinabstrich zu den Schläfen und kurz zum Ansatz hin kreisten. Die Fingerkuppen spürte er deutlich, den Daumen an seinem Hinterkopf nur schwach und doch waren schon diese ersten Handgriffe Grund genug, dass er den Kopf dichter zurückdrückte, näher an seinen Masseur. Bereitwillig wiederholte der die kreisenden Bewegungen der Kuppen, streifte dabei auch durch Setos Haar. Langsam wanderte die rechte Hand allein zur Mitte der Stirn und der Daumen begann an der Stelle zwischen den Brauen, kurz darüber, zu kreisen. Immer größer werdend, entlang fahrend und leicht ziehend. Mit weiteren, flüssigen Bewegungen strichen die Hände wieder von der Stirn abwärts zu den Schläfen und kreisten beruhigend entlang. Setos Kopf versuchte, die Berührungen nachzuvollziehen, ihnen zu folgen, doch viel zu sehr war sein gesamter Körper darauf aus auf sie zu reagieren. Bei der stärkerwerdenden Gänsehaut wusste er nicht, ob ihm warm oder kalt sein sollte. Ob das Gefühl, dass sein Kopf leerer wurde, angenehm oder abstoßend war. – Dennoch; Er sank in einen Zustand zwischen Raum und Zeit und indem ihm alles um ihn herum blass und unwirklich erschien. Das war längst kein Nebel mehr, der vor dieser realen Welt stand, es war eine Wand, erbaut aus den Empfindungen, die der Dunkelheit entsprangen. Er verspürte nicht die geringste Lust sie einzureißen. Setos Masseur entlockte ihm ein leises Seufzen, als er den Kopf sanft drehte um durch die Haare zum Hinterkopf zu gelangen um hier zu kreisen, zu massieren. Die Fingerkuppen waren erst vorsichtig, dann stärker und schließlich spürte er die gesamte Hand. Sein Kopf war schwach und labil in diesem Griff, ließ sich so leicht bewegen wie lang nicht mehr und sein Masseur verstärkte das ganze, als er seinen Kopf wieder gerade drehte um schließlich mit diesen viel zu weichen Fingern an seinem Hals hinab zu wandern. Es löste ein Gefühl in ihm aus, dass er so gern behalten, wie abschütteln hatte wollen. Als sein Masseur sanft kreisend Setos Kieferknochen streifte, hinabfuhr, spürte er Muskelzucken, die pochenden Sehnen am Hals und das unabdingliche Verlangen, mehr zu wollen. Er reckte den Hals und blinzelte leicht, doch er konnte nicht sehen, wem oder was er sich entgegenstreckte. Nur Hände, Berührungen, die fühlten, wie Setos Gesichtsform war, wie verspannt die Stirn und prägend die Kieferknochen. Sein Masseur fühlte ihn und gab Seto im Gegenzug eine reizende Empfindung nach der anderen. Sanfte Kreise und vorsichtiges Streichen, Finger, die über sein Gesicht flossen wie Wasser. Sein Masseur fühlte und wusste nun vielleicht auch. Was wusste Seto? Unbedeutend wenig, so kam es ihm vor. Unbedeutend wenig über die Dinge, die man mit ihm tat, die man in ihm auslöste oder den Mann, der ihm so nah war, ohne jemals da zu sein. So unglaublich wenig, wusste er, was in der Dunkelheit eigentlich geschah. Es kam ihm unfair vor. Seto presste die Luft aus den Lungen als er spürte wie die gefalteten Hände seines Masseurs sich auf seine Stirn legten, sanft pressten und die Finger punktieren ließen. Er schlug die Augen weit auf, starrte in die Dunkelheit, mit der Gewissheit, dass der Masseur direkt über ihm sein musste. Gebeugt und konzentriert auf die Handballen die hinabwanderten um die Schläfen mit größerem Druck zu bearbeiten, sanft durchs Haar strichen, nur um wieder die Hände zu falten um von vorn zu beginnen. Er war direkt über ihm; Seto spürte es. Ein schwacher, flacher Atem und ein Geruch, der angenehm und vertraut schien, der zu seinem Masseur gehörte, zu diesem Mann, der ihn nun kannte. Er wusste. Es war unfair. Seto wollte Gerechtigkeit. Schwerfällig hob er seine Hände, schnaubte innerlich leise und zog die Brauen zusammen. Es wäre Gerechtigkeit, nicht wahr? Nur gerecht für ihn. Mit einem ernsten Ausdruck, der in der Dunkelheit ungesehen blieb, streckte er die Arme mehr und schließlich stieß er mit den Fingerkuppen an Haut. Ein Zucken ging durch den Anderen und die noch eben so konzentriert verrichtete Arbeit wurde jäh unterbrochen. Nicht schnell genug für Seto, der bereits mit den Fingern weiter gewandert war und schließlich lagen seine Hände auf fast glühenden Wangen. So ein schmales, junges Gesicht, glatte, weiche Haut, wie die einer Frau und das Herz pochend am Puls. Er wusste; Es war nur fair. Seto wollte seine Neugier stillen. Der junge Masseur verharrte regungslos, die Hände noch immer an Kaibas Schläfen ruhend, lagen sie beide auf der Lauer. Der nächste Zug wäre entscheidend für den Ausgang des Spiels; Und Seto Kaiba war ein unglaublich schlechter Verlierer. Sein Daumen strich langsam von der Wange nach vorn und kam bei den Lippen an, er fühlte die schmalen Wölbungen und spürte den sanften Atmen durch die Nase. Als sein Masseur den Kopf ein wenig drehte, weg vom Daumen, spielte er Seto nur in seine zweite Hand, die höher fuhr, die Nase streifte und unterhalb des Auges entlang fuhr. Der Wimpernkranz kitzelte seine Fingerkuppen. Der junge Mann hatte seine Augen wohl bereits geschlossen. Amüsiert zuckten Setos Mundwinkel, als sich der Masseur nicht weiter wegzudrehen versuchte, zu entkommen dachte, doch schnell verflog die Innere Amüsierung, als er Gleiches mit Gleichem vergalt. Die regungslosen Finger seines Masseurs zuckten kurz, dann tastete er tiefer zu Setos Wangen, strich darüber um nur –genau wie er es getan hatte- mit den Zeigefinger über die Lippen zu fühlen. Seto schnaubte amüsiert und er spürte, wie die Mundwinkel des Anderen sich zu einem schmalen Lächeln bogen. Er hatte in der Tat mit mehr Protest gerechnet, mit schockierten Zuständen oder Abneigung, aber dass dieser junge Mann für ein Spiel bereit war; Es sprach nur für ihn. Vorsichtig grub Seto seine Finger in das weiche Haar des Anderen, zog ihn dichter und strich tiefer, wieder über die Augen um das Gesicht erfühlen zu können. Sein Gegenüber schien weiche Züge zu haben und ein furchtbar glattrasiertes Gesicht, doch er konnte die ertasteten Partien nicht zuordnen. Ob die Stirn hoch oder die Augen groß waren, kam ihm ohne zu sehen zu zusammenhangslos vor, als dass er Schlussfolgerungen ziehen könnte. Als letzten Ausweg legte er die gesamten Handflächen vorsichtig auf das Gesicht des Anderen und erntete ein Schnauben. Der junge Masseur kniff als Antwort nur in Setos Wange, zog sie ihm lang. So ein freches Kind. Seto kniff dunkel brummend zurück, zog ebenfalls an der Wange des Anderen, bis der den Kopf wand und nach seinen Fingern schnappte. Das war ja nicht mehr frech, das war ja regelrecht unerzogen. Die Finger an Setos Wange lockerten sich und seine eigene Hand noch an den Lippen des Anderen ruhend, spürten das ausatmen seines Masseur, bevor die Kuppen sich sanft weiter über die Züge schlichen. Es war seltsam, denn obwohl der Dunkelheit, schien Seto genau zu ahnen was vor sich ging. In was für ein Spiel hatte er sich hier verrannt? Das Seltsamste an dieser Sache schien ihm jedoch, dass diese Art des plötzlichen Gefühlsumschwungs seines Masseurs, diese zwei Seiten, ihm furchtbar vertraut vorkamen. Wie eine schwache Erinnerung an schöne Zeiten, die verdrängt wurden war. Bildete er sich das nur ein? Setos Finger suchten sich wieder den Weg zurück und strichen durch das Haar des Anderen, der die zagen Berührungen erwiderte. Er tastete erneut über die Lippen, als er mit Schrecken das leise Geräusch des Gongs hörte. Ihre Finger blieben erst regungslos doch dann fühlte Seto deutlich, wie die Wärme und Präsenz seines Masseurs abnahm, bevor er sich ganz löste. Etwas ratlos wand er den Kopf, suchte die Geräusche des Anderen, die schon bald zurückkamen, nur um mit einem kleinen Handtuch die Stirn trocken zu tupfen. Die Arbeit verrichtet, ergriff Seto das Handgelenk seines Masseurs, hielt ihn fest, doch viel zu schwach, um ihn wirklich zu halten. Der Andere riss sich los und keinen Moment später verschwand der schwarze Umriss durch den Türspalt ins blaue Licht. Seto sah ihm nach, sah zu wie die Tür langsam ins Schloss sackte und er erhob sich ruckartig. Mit zwei langen Schritten durch die Dunkelheit stand er an der Tür und tastete mit der Hand bereits nach der Klinke, legte sie darauf, da ging das gedämmte Licht langsam an. Seto sah hinab, auf seine Hand, die tatbereit wartete, auf seine nackten Füße und seinen nur mit einem Handtuch bekleideten Leib. Was um alles in der Welt hatte er hier getan? Er löste die Finger langsam, sah sich seine Hand an und runzelte die Stirn missmutig. Was war passiert? Was war in ihn gefahren? Was um alles in der Welt war das für eine vollkommen idiotische Idee gewesen? Amüsiert über seine eigene Dummheit rieb er sich die Stirn, schloss für den Moment seine Augen und atmete tief ein. Er musste sich beruhigen; Er könnte das erklären. Sein Inneres war aufgewühlt, doch nur kurz. Bald schon würden sich die Wogen glätten und der Sinn würde sich erkenntlich zeigen. Sicherlich war er simpel, banal. Natürlich war er das. Was erwartete Kaiba? Es gab eine Erklärung hierfür. Er ließ die Hand sinken, sah sie sich an und krümmte die Finger zur Faust. Er würde sie finden. Schon bald. Kaibas Kopf ruckte herum und er ging in die Umkleidekabine, den Gedanken, dass sich alles auf einmal anders anfühlte, verdrängend. Als er sich anzog und den Pullover über den Kopf stülpte, merkte er, dass er duschen sollte. Sein Ansatz war vom Öl feucht und es wäre ein ungepflegter Anblick, wenn er so in die Firma spazieren würde. Er strich sich über die Stirn und den Kiefer und seine Haut fühlte sich so seltsam weich und fremd an. Seine Finger fanden den Weg über seine Lippen und er ertappte sich selbst bei einem schmalen Lächeln. Noch bevor er den Mantel anzog, holte er sein Handy aus der Tasche, schaltete es ein und rief den Terminplaner vor. Es war eine simple Rechnung. Was man anfing, musste man zu Ende bringen. Was er heute begonnen hatte, musste er bald fertig stellen. Logisch. Dann würde sich das alles aufklären; Die Geheimnisse und das unerträglich Unbekannte. Unbekannt – Waren sie das noch? Er selbst und dieser... Kaiba legte die Stirn in Falten, als er sich die nächsten Tage besah. Sein Kalender quoll beinah über und selbst mit 26 Stunden am Tag wäre er nicht erlöst gewesen. So wenig Zeit für so dringend benötigte Antworten. Sein Blick schweifte ein wenig ratlos umher und er las leise: „Wer neu anfangen will, soll es sofort tun, ...“ Sofort? Und wenn das nicht möglich war? Mit einem Blick auf seinen Terminplaner, einige Überlegungen später, könnte er sich wohl eine Stunde am Samstag oder Sonntag freischaufeln. Vier Tage bis dahin, das würde er aushalten. Er ließ das Handy zurück in die Tasche gleiten, bevor er sich den Mantel umwarf und hinausging. Seine Schritte waren schwer und in der Stille laut und unbarmherzig. Nur die eingebaute Federung der Flurtür zum Vorsaal verhinderte, dass sie mit zu viel, zu lauter Gewalt aufsprang als Kaiba sie aufriss. 0001s Blick wanderte direkt zu ihm, schmallippig lächelnd öffnete sie den Mund, holte Luft, doch dann fiel Kaiba ihr noch in das unausgesprochene Wort: „Ja, es hat mir gefallen. Ja, ich wünsche einen neuen Termin. Samstag, 18 Uhr, 0009.“ Er legte ihr recht energisch dabei die Schlüsselkarte auf den Tisch. Die blassen Lippen der Dame vor ihm, die in ein ernstes, verbissenes Gesicht schauten, kräuselten sich für einen kurzen Moment, bevor sie in ihre ursprüngliche Phrase verfielen. Ohne ein weiteres Wort zu verschwenden, reichte sie Kaiba den Umschlag mit der Rechnung für den heutigen Tag. Zeitgleich, als er ihn auffaltete und das Geld hineinsteckte, sah sie in dem Buch für die Termine nach, ob der Samstag frei wäre. „Es tut mir Leid, 0235.“, sagte sie leise, den Finger in der Seite ruhend. Kaibas Blick traf ihren und devot schlug sie die Lider nieder, „Am Samstag ist 0009 nicht verfügbar. Könnte ich Ihnen einen anderen Masseur vorschlagen?“ Kaibas Antwort war ein sofortiges, energisches: „Nein.“ 0001 schien damit gerechnet zu haben, ihr Blick fiel wieder auf das Buch und sie schlug zwei weitere Seiten um, erklärend fügte sie hinzu: „Jahreszeitlich bedingt muss ich Sie darauf hinweißen dass wir stark ausgebucht sind. Der nächste Termin für den 0009 verfügbar wäre im Rahmen unserer üblichen Öffnungszeiten wäre Dienstag der zehnte Februar. Könnte ich sie hierfür einplanen?“ Sie könnte. Sicherlich. Eine Woche war genug Raum für Kaiba um seine Termine so umzuschlichten, dass er Zeit hätte. In einer Woche hätte er sicherlich mehr Spielraum, als Momentan. In einer Woche wäre ein optimaler Zeitpunkt. Eine Woche – Bis dahin wäre sein Gehirn wohl zu einem ekelhaftem Brei verkommen. Er würde unter dem Druck, den diese Hände in seinem Kopf verursacht hatten, zusammenknicken. Wie könnte er das rechtfertigen? „Wenn dieser Termin für Sie nicht einzurechnen ist,“, Kaibas Blick fand den von 0001, das schmale Lächeln wirkte bedrohlich und so unglaublich hinreißend, wie nie zuvor, „Ich würde Ihnen 13 Uhr am Sonntag anbieten können. Da dies außerhalb unserer sonstigen Öffnungszeiten liegt, wissen Sie natürlich, dass es einen Aufpreis geben wird.“, durchzog ihre leise Stimme den Raum. Kaiba zog die Luft scharf durch die Nase ein und endlich konnte er diese ganze Art, diese devote Zurückhaltung, die Unterwürfigkeit, mit der 0001 ihm gegenüberstand, einordnen. In all seinen Jahren, in denen er mit Menschen solcher Art verkehrt hatte; Nun hatte er wohl den Meister unter den Korrupten gefunden. Mehr als diese Tatsache verwunderte ihn aber, dass er bereit war auf ein so dreistes Angebot einzugehen. „Eine Stunde ab 13 Uhr am Sonntag lässt sich einrichten.“, erwiderte er dunkel und sah kurz hinab, kapitulierte, angesichts seines Drangs nach Wissen. Der rote Stift notierte seine Niederlage, hielt sie fest auf Papier und schließlich reichte 0001 ihm den kleinen Zettel mit dem Datum. „Eine Stunde, 13 Uhr, der 08. Februar, 0009.“, wiederholte sie alles und sah Kaiba zu, wie er das Papier einsteckte und sich zum Gehen abwand. Er wusste selbst, dass er in dieser Sache nicht das letzte Wort gehabt hatte und egal wie sehr sich seine innere Einstellung, sein Kopf und seine Überzeugung dagegen sträubte: Er war abhängig von dem Willen dieser Frau. Eine Erkenntnis, die ihn beißender als der kalte Wind traf, als er hinaus in die Kälte trat. Mit erhobenem Kopf wanderte sein Blick über die graue Straße, die von einer Minute auf die nächste all ihren Glanz verloren zu haben schien. Seine Schritte waren schwer und seine Gedanken dunkel, missmutig; Er verlor nicht gern. Doch was hatte er verloren? Seinen Stolz? Hatte er seine innere Einstellung aufgegeben? War es am Ende doch nur Geld? Für welchen Preis? Er blieb zwischen all den Menschen auf dem Bürgersteig stehen und richtete den Blick zum Himmel. Ein anderer Mann rempelte ihn mit dem Ellenbogen an, doch verflog das Gefühl hierfür, als er die Augen schloss und sich in den Moment zurückversetzte, in dem es keine Rolle gespielt hatte, was er aufgegeben hatte. Der Lohn war entschädigend genug gewesen. Amüsiert schnaubend ging er mit geraden, zielorientierten Schritten weiter. Sein Lohn würde die Erkenntnis, Aufklärung, ein wenig Farbe in der grauen Welt, sein, bevor das Kartenhaus in sich zusammenbrechen würde. Er glaubte nicht daran, dass es etwas Besonderes dahinter gäbe. Hinter der Art und Weise seines Verhaltens oder der, des Anderen. Das einzig Seltsame, dass ihn so handeln ließ, war der Moment. Der kam und ging, wie Kaiba es wollte. Er richtete seinen Blick nach vorn, direkt durch alle Menschen, Gebäude und Gassen hindurch. Wie Kaiba es wollte. Er hatte nichts verloren, nichts aufgegeben, oh nein, denn er würde alles zurückbekommen. Wenn er erst alles aufgeklärt hatte und das Geheimnis verrauchte, wie ein Hologramm. 3. End TBC. Very clear (There's nothing here) --------------------------------- Super und noch länger zum betan gebraucht. n_n Ich fühl mich ehrlich schlecht! Aber Abi stresst, Freunde lenken ab und dann bekommt man noch eine PS3 zum Geburtstag und Genji und bla und... hier das Kapitel. Verzeiht mir! ;3; Teil: 4/6 Viel Spaß mit: 4. Very clear (There’s nothing here) „Hefte das bitte ab und lege es zu den Protokollen aus Osaka.“ Kaiba stand vor seiner Sekretärin, reichte ihr einen recht dicken Stapel an Papieren, den sie überrascht blinzelnd entgegen nahm. Sie sah die Blätter kurz durch, dann in Kaibas Gesicht und verzog den Mund nachdenklich. „Mr. Kaiba, diese Papiere habe ich Ihnen doch erst gestern gegeben. Sie hätten das erst Sonntag fertig haben müssen.“, Ihre Stimme nahm von Wort zu Wort einen tadelnderen Ton an, „Sie haben doch nicht etwa die Nacht durchgemacht?“ Kaiba hob die Brauen, beugte sich ein kleines Stück zu ihr runter. „Fräulein Chouko, sehe ich so aus als hätte ich es nötig für diesen Witz eine Nacht durchmachen zu müssen?“, erwiderte er ruhig, ließ sich von ihr mustern. Diese Art der mütterlichen Fürsorge ließ den Büroalltag ab und an angenehmer erscheinen. „Keine Augenringe, kein nervöses Augenlidzucken, keine verkrampfte Stirn. Mr. Kaiba, ich würde ja sagen, dass es Ihnen regelrecht gut geht, wenn ich nicht wüsste, dass es normalerweise anderweitig ein Dauerzustand ist.“, lächelte sie spitzbübisch und erntete ein dumpfes Schnauben. „Werd nicht frech.“, Kaiba beugte sich wieder hoch und sah sie von oben an, „Ich möchte heute noch die Statistik über den Marktverlauf des letzten Monats auf dem Tisch liegen haben. Ein bisschen weniger Fantasterein und mehr Arbeit bitte.“ Dann wand er sich ab, um in sein Büro zu gehen. Er spürte deutlich ihren prüfenden Blick im Nacken, doch hielt sich nicht auf, sie zum reden zu provozieren. Er wusste selbst zu gut, dass er vor Tatendrang trotzte. Ob es daran lag, dass er seine gezeigte Schwäche nun innerlich auszugleichen suchte oder ob es die Hände waren, die in seinem Kopf umherschwirrten, sobald er die Augen schloss, er wusste es nicht. Ein beflügelndes Gefühl blieb dennoch. Es begleitete ihn durch den Tag und durch alle Aufgaben und selbst in der Nacht, die er normalerweise herumwälzend und eher wach als schlafen verbrachte, war er befreit, innerlich leer und leicht. Die Suche nach einer Antwort trieb ihn voran, durch die Stunden, die mal schneller, mal langsamer vergingen. Eine Erklärung zu finden, das hatte Priorität. Es könnte auch daran liegen, das alles andere so schnell und leicht von der Hand ging. Er merkte einfach, dass es etwas gab, dass seine Hirnleistung ausnutzte, ohne dabei ermüdend zu wirken. Die Arbeit mit seiner Firma, um seine Korporation, das füllte sein Leben aus; Keine Frage. Doch diese Ablenkung, diese völlig andere Welt, in der er sich nur für eine oder zwei Stunden bewegte, gaben ihm das Gefühl zurück, dass es in diesem stetigen Trott mehr geben musste. Er wollte Herr darüber werden, es besitzen und regieren. Das hatte Priorität. Es ging ihm allerdings nicht allein nur darum, dass er herausfand, wieso er in diesen Behandlungsräumen sich so anders als üblich verhielt, viel mehr noch. Er wollte dieser Frau, diesem korruptem Biest, zeigen, wer die Oberhand hätte. Er würde sie alle bloß stellen. 0001, das Unternehmen, seinen Masseur. Sie alle wären nackt vor ihm und würden betteln. Was er ihnen gewähren würde, das entschied er später. Nun ging es darum, das System zu beugen, sich zu widersetzten. Sie hatten den Falschen ausgesucht um ein makaberes Spiel um Führung gewinnen zu wollen. Kaiba lehnte sich amüsiert in seinen Drehstuhl zurück und ließ den Blick an die Decke wandern. Sie Hände glitten unruhig über die Armlehnen, krallten sich kurz fest und schließlich schloss er die Augen. Er konnte es sehen. Das Gesicht, welches seine Finger erfühlt hatten. Die weiche Haut und die schmalen Züge, Haarsträhnen und das Lächeln. Kaiba hatte ihn zum lächeln gebracht. Dieser andere Mann. Er müsste sich widersetzten. Sein Kopf glitt sofort wieder nach vorn und er schlug die Augen auf, als es klopfte. „Mr. Kaiba?“, Seine Sekretärin trat sich verbeugend herein, „Ihr kleiner Bruder ist hier.“ Kaiba nickte nur einmal, dann zwängte sich Mokuba an ihr vorbei in das Büro. Die Tür hinter ihm fiel ins Schloss und freudestrahlend kam er auf ihn zu. „Rate!“, strahlte er und lehnte sich ihm gegenüber auf den Tisch. Kaiba zog die Stirn kraus. Worüber freute sich Mokuba so sehr, dass er es ihm gleich mitteilen wollte? „Du hast in Englisch endlich mal mehr als nur die Hälfte der Punkte erreicht?“, antwortete Kaiba, die Braue gehoben und sich eigentlich sicher, dass er damit falsch lag. Hundert Punkte. Mokuba zog sofort eine Schnute und schüttelte den Kopf. „Erfreulich für mich, nicht für dich.“, murmelte er. Kaiba schnaubte amüsiert. „So ein Ereignis sollte dich noch mehr freuen als mich.“, fuhr er erziehungstechnisch fort mit der Gewissheit, er würde unterbrochen werden. Auch hier lag er richtig, als Mokuba tief seufzend den Kopf kurz hängen ließ und sich dann zu voller Größe aufbaute und grinste: „Ich hab uns was organisiert!“ Nun gut. Organisieren war an sich nichts schlechtes. Aber ‚uns’? Ihm schwante Übles. „Würdest du mich freundlicherweise einweihen?“ Kaiba lehnte sich zurück und verschränkte die Arme dabei, musterte seinen kleinen Bruder misstrauisch. „In meiner Schule hat mich das hübscheste Mädchen von allen gefragt, ob ich mit ihr am Valentinstag ausgehen will.“ Vor seinem inneren Auge landete Kaibas Kopf auf der Tischplatte. Wieso kam sein Bruder nur so wenig nach ihm? Hatte er ihn falsch erzogen? Hätte er sich bei den ganzen seltsamen Animes, die Mokuba schaute, doch mehr Gedanken machen müssen? „Aber das Beste kommt noch.“, Kaibas Bruder schwang den Zeigefinger, lächelte, als hätte er den Plan zur Welteroberung, „Als wir uns unterhalten haben, kam raus, dass sie eine große Schwester hat. Die hab ich dann kennen gelernt, sie ist so zwei oder drei Jahre jünger als du und die würde dich gern kennen lernen.“ Kaiba unterdrückte ein Auflachen. Er war Seto Kaiba – Welche Frau wollte ihn nicht kennen lernen? Ja, Mokuba kam wirklich nicht nach ihm. Viel zu naiv gestrickt für diese Welt. Viel zu gutherzig für Frauen. Außerdem viel zu jung und unerfahren. Aber er würde es ihm gern selbst überlassen diese Erfahrungen zu machen. „Mokuba, das ist lächerlich.“, sagte er ruhig, schlug ein Bein über das andere, während sein Bruder einen Schmollmund zog. „Aber wieso denn? Du hast sie doch noch nie gesehen. Sie ist wirklich hübsch und süß und klug und so. Willst du sie nicht einmal kennen lernen?“, sagte er in dieser eingeschnappten Tonart, die Kaiba nur noch mehr seufzen ließ. Immer noch ruhig antwortete er: „Mokuba, du weißt genau, dass ich für solche Dinge keine Zeit habe.“ Sein kleiner Bruder verdrehte die Augen. Jetzt mischte sich Genervtheit mit in die Stimme: „Das sagst du immer. Ich möchte echt wissen, was du am Valentinstag so wichtiges machst. Da sind doch eh alle total geistesabwesend, also mit wem zusammenarbeiten wird nichts und soviel ist es dieses Jahr noch nicht gewesen, was du unbedingt machen musst.“ Kaibas Augenlid zuckte bedrohlich. Stellte Mokuba ihn hier gerade in Frage? Von wem hatte er sich diese Dreistigkeit abgeschaut? Kaibas Tonfall wurde ein wenig missmutiger: „Ich wüsste wirklich nicht, seit wann ich mich vor dir zu rechtfertigen habe.“ Mokuba hielt dagegen, zuckte mit den Schultern, als wäre das Thema Kinderkram für ihn: „Seit dem ich mit ansehen muss, wie du ein hübsches Mädchen nach dem anderen verschmähst. Das ist nicht gut für dich. Glaub mir.“ Natürlich. Sein jüngerer Bruder wusste darüber besser bescheid als er selbst. Wo lebte er denn? „Danke, aber ich weiß selbst was gut für mich ist. Ich brauche dich nicht um das festzustellen oder zu lösen.“ Kaiba lehnte sich zurück, atmete tief ein, in der Hoffnung, das Thema sei hiermit gegessen, doch die Rechnung ging bei Mokuba selten auf. Frech lächelnd lehnte er sich verschwörerisch nach vorn, flüsterte leise: „Sag bloß dieses HOS-Ding, was du keinem erzählen willst ist deine Geliebte zu der du immer fährst? Oder ein Bordell?“ Kaibas Lid zuckte bedrohlich stark nach oben, sein Atem ging tief, tiefer – Er versuchte sich ruhig zu halten. „Erstens, seit wann tauscht du dich mit meiner Sekretärin aus? Und zweitens; Nein. Drittens, geht dich das nichts an.“, er sah Mokuba streng an. Ein Blick der aber nicht mehr funktionierte, seit seinem Bruder die ersten Bartstoppeln gewachsen waren. Zu seinem Leidwesen wohlgemerkt. Kaiba mochte es nicht, Geheimnisse vor Mokuba zu haben. An sich war es ja nichts schlimmes, dennoch wollte er das nicht jemanden wissen lassen. Man wusste nie, in was es enden könnte. Das beste Fazit wäre also Stillschweigen über die Sache zu bewahren, doch mit dem zunehmenden Alters Mokubas wurde er auch zunehmend neugieriger und dreister, Kaiba gegenüber. Ein Nachfragen war also vorprogrammiert und er spielte seinen größten Trumpf aus: Hundeaugen. Oh, wie Kaiba diesen Blick doch hasste. „Du willst es mir nicht sagen? Wieso? Ist es so geheim? Nii-san, bitte.“, bettelte Mokuba und lehnte sich näher. Kaiba schnaubte nur verächtlich. Er dachte ja gar nicht dran. „Früher oder später wirst du es schon erfahren, doch jetzt ist Ruhe.“, erwiderte er und wand den Blick dabei ab. Er wusste nicht, ob er Mokuba eventuell davon erzählen würde. Er hoffte nur, dass sein kleiner Bruder so erst einmal Schweigen darüber bewahrte. Tatsächlich verzog er den Mund nachdenklich und sah Kaiba an, seufzte dann leise und hob den Finger erklärend: „Okay! Ich frag nicht nach, aber eins möchte ich trotzdem verlangen.“ Kaiba öffnete die Hände, zuckte leicht und nickte, dass er es sagen sollte. Mokuba fuhr fort: „Ich will nicht, dass du am 14. allein bist, ja?“ Mit einem leisen Seufzer rieb Kaiba sich die Schläfe, murmelte: „Das kann ich dir nicht versprechen. Schließlich ist das ein Tag wie jeder andere auch. Wieso also sollte ich...“ Sein Bruder reckte ihm den Finger vor die Nase: „Keine Ausflüchte! Versuch es einzurichten, ja?“ Er sprang vom Tisch, die Hände in die Hüften gestemmt sah er Kaiba an. „Ich komme heute spät nach Hause, warte nicht auf mich.“, sagte Mokuba abschließend. Kaiba nickte ihm zu. „Stell nichts Dummes an.“, war sein Ratschlag, bevor sie sich verabschiedeten und sein Bruder wieder ging. Sehr seltsam. Seit wann war das so ein großes Thema für Mokuba? Wahrscheinlich wurde er doch langsam erwachsen. Entglitt Kaiba. Vielleicht war es Mokubas Art zu zeigen, dass er sein Leben von dem von Kaiba lösen wollte? Sein Blick wanderte umher, zu seinen Händen und er krümmte die Finger kurz, als würde er etwas imaginäres greifen wollen. Mokuba entwuchs ihm und schon bald würde er sein eigenes Leben haben. Sein Blick wanderte in seinem großen Büro umher, von der teuren Inneneinrichtung über die hochwertige technische Ausrüstung zu seiner Brust, auf der sein Kettenanhänger ruhte. Wenn die eine Hand ihm entglitt – Sollte er einfach die Neue greifen? Schwer ausatmend lehnte er sich in seinen Stuhl zurück und schloss die Augen, legte die Hand darauf und ließ seine Gedanken entschwinden. In diesem Moment war es so unglaublich in Ordnung nicht er selbst sein zu wollen. Zwischen dem Geruch von Abgasen und Hundekot mischte sich ein Hauch des Frühlings, als Kaiba ungewohnt früh, die Straße überquerte. Mittlerweile konnte er genau die Schritte von der Kreuzung bis zum „House Of Silence“ mitzählen, doch dieser sonst so helle Lichtblick schien löchrig und schattig zu werden. Vielleicht war es die Tatsache, dass er einen bitteren Nachgeschmack spürte, wenn er an 0001 dachte, oder, es war die Sonne die heute verhöhnend hell schien und somit die Welt um ihn herum ein wenig strahlender wirken ließ. Er hatte keinen direkten Plan, mit dem er hineingehen und seinen Masseur bloß stellen wollte. Nur eine Ahnung in seinem Hinterkopf, die sich noch nicht manifestieren wollte. Sie würde, sicherlich, wäre der Moment erst da. Er spürte, dass er des Rätsels Lösung näher war, als je zuvor. Er war den Händen nah und dem Gesicht, dem schönen, ehrlichen Lächeln, dass er jemanden entlockt hatte, den er nicht kannte. Er würde seine Reaktionen aufklären. Ganz sicher. Er würde alles aufklären, doch zufuhr nahm er den langen, grauen Weg zu 0001. Ihre Blicke trafen sich sofort als er eintrat und die Tür hinter ihm die Geräusche abschottete. Diesmal ließ er aber nicht zu, dass ihr fades Lächeln zu ihm durchdrang, dass die Stille des Vorsaales ihn beeindruckte, das warme Licht, ihre korrekte, akkurate Art zu sprechen, immer und immer wieder alles zu wiederholen: „Willkommen zurück, 0235.“ – Er ließ es nicht an sich ran oder berührte es ihn nur nicht mehr? „Der Masseur 0009 hält sich bereit für Sie. Welche Art der Massage soll ich ihm zuweisen?“ Kaiba hatte die Hände immer noch in den Manteltaschen, er blickte zu 0001 ohne sie wirklich anzusehen. Das ganze Spiel, dass sie spielte war unglaublich professionell, das gestand Kaiba ihr ein, doch wenn er es wollte, könnte er ihr gläsernes Gebilde mit einem Mal niederstrecken – Und er würde. Darauf könnte sie sich verlassen. „Rückenmassage.“, antwortete Kaiba und nahm langsam die Hände aus den Taschen. „Wie Sie wünschen, 0235.“, war ihre Antwort, bevor sie nach einer Schlüsselkarte griff um sie Kaiba zu geben. Die Verriegelung betätigte sich klickend. „Ich unterrichte 0009 umgehend. Kabinett 04. Den Gang rechts entlang auf der linken Seite. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Erholung.“ Fast schon wäre Kaiba ein amüsiertes Schnauben entkommen, doch er beherrschte sich und wand sich ohne ein Wort, ein Blick oder eine verdächtige Regung ab. Im Flur angekommen wünschte er ihr die Pest und Cholera an den Hals, schwang kurz die Karte und ging zu der Tür. Er wusste nicht, ob es mit dem Betreten des Hauses, oder mit 0001s Erscheinung zusammenhing, doch er fühlte sich auf einmal in den Dingen, die er vorhatte bestärkt. Selbstsicher ging er sich entkleiden nun mehr als nur gefasst, für seine Pläne. Es könnte gar nichts schief gehen, da war er sich sicher. Während Kaiba seine Kleidung zusammenlegte und beiseite räumte wanderte der Blick zu dem Spruch, der diese Wand zierte: „Die Blütezeit ist der Anfang des Verfalls.“ Er zog die Stirn kurz kraus und pfiff schnippig durch die Zähne. Was wussten die denn schon von Blütezeiten? Wenn Kaiba es wollte, würde es das ganze Jahr über blühen. Wenn er nur wollte, könnte er sie auch alle innerhalb eines Tages verwelken lassen. Was wussten die denn schon? Was wussten die schon, über ihn und über seine Macht? Er strich sich kurz über den Oberkörper, zupfte das Handtuch zurecht, bevor er sich der Tür zuwand. Sie wussten nichts über ihn und er würde es ihnen beweisen. Er war der Antwort so unglaublich nah. Mit galantem Schritt ging er in das Kabinett und setzte sich auf die Massageliege. Sein zielgerichteter Blick wanderte im Raum umher, suchend, Anhaltspunkte festmachend. Die Lösung des Rätsels wartete hier. Sein Instinkt sagte es ihm. Die schlanken Finger gruben sich in das Polster der Liege und er wand sich etwas um, tastete mit den Augen das Zimmer ab, doch nichts, was ihm hätte helfen können, war hier verborgen. So schien es. Seine Fingerkuppen schlichen sich am Polster unterhalb entlang und er erfühlte die Knöpfe, auf der linken Seite. Gefunden. Er schloss die Augen kurz und lehnte sich weiter nach hinten, griff mit der Hand um und tastete nach den Schaltern der rechten Seite der Liege. Das halbe Sonnensymbol erfühlt drückte er es langsam hinein und mit dem Erlöschen des Lichtes, breitete sich ein schmales, triumphierendes Lächeln auf Kaibas Zügen aus. Gefunden. Kaiba lehnte sich wieder aufrecht, saß auf der Liege und wartete. Gerade aus musste die Tür liegen, die sich jeden Moment öffnen würde. Das Szenario spielte sich in seinem Kopf ab. Was würde sein Masseur wohl tun? Wenn er merkte, dass Kaiba sich widersetzte, gegen das System? Wenn etwas nicht stimmte? Was würde er tun? Kaiba sog amüsiert die Luft ein. Hier würde sich beweisen, ob das Verhalten des Anderen nur eine Phrase gewesen war, nur gespielt oder ob doch mehr Charakter dahinter steckte, als Kaiba ahnte. Er neigte den Kopf ein Stück, als blaues Licht durch den Türspalt hereinsickerte. Undeutliche Umrisse, die zögerlich eintraten und schließlich wieder vollkommene Dunkelheit. Kaiba blieb regungslos und wartete auf die leisen Schritte die näher kamen. Das Geräusch des Gongs und die leise Musik versuchte er auszublenden, lauschte dem Atem, der beinah unterging. Es war anstrengend, die Ohren so zu sensibilisieren, dass er genau wüsste, wo sein Masseur sich gerade befand. Fast vor ihm vielleicht, ein wenig schräg. Das eindeutige Geräusch aber, als die Hand auf die leere Liege fassten, verriet ihn. Die Hand rutschte auf dem Stoff erst höher, dann tiefer und schließlich traf sie Kaibas Bein. Ein Zucken durchfuhr die Hand und den anderen Mann, der keinen halben Meter mehr von ihm entfernt stand. Unschlüssig stand die Stille im Raum. Doch Seto merkte schnell, dass sie keine Worte brauchten. Die Hand, die nur leicht an den Oberschenkel gestoßen war, fand den Weg dorthin zurück und über die Haut, den Stoff des Handtuchs, tastete sie sich höher. Etwas misstrauisch verfolgte Seto den Kurs der Finger, die an seinem Bauch nur noch darüber schwebten um zur Brust zu gelangen. Die Hand ruhte vorsichtig auf dem Muskeln, während Kaiba tief ein und ausatmete, beruhigend. War es sein eigenes Herz oder der Puls seines Gegenübers, den er spürte? Der Zeigefinger setzte oberhalb an und begann langsam zu malen. Ein großes Fragezeichen auf seiner Brust. Seto zuckte amüsiert. Nun, das war auch eine Art der Kommunikation. Nur wieso fragte er nicht einfach? War es der Schein, den er aufrecht erhalten wollte? Hatte er soviel Respekt vor der Stille? Oder wollte er sich selbst und Seto nur nicht in Verlegenheit bringen? Er atmete ein, blieb sonst aber regungslos und wartete, dass die Hand, wieder etwas auf die eigene Brust malte. Tatsächlich begann er langsam, so, dass Seto den Bewegungen genau folgen und erraten konnte, was er auf die Haut schrieb: „Hinlegen.“ Amüsiert hob Kaiba den Arm, streckte ihn leicht und stieß mit den Fingerspitzen an Stoff. Als er seine gesamte Handfläche darauf legte, zuckte der Andere kurz, ließ ihn dennoch gewährend, als er über das Oberteil höher glitt und ebenfalls auf die Brust malte: „Nein.“ Der Andere schien einen Moment zu überlegen, dann malte er wieder ein Fragezeichen auf Setos Brustmuskel. Nun. Wie sollte er es am besten ausdrücken? Nein, hießt nein. Ein entschlossenes, energisches nein eben. Konnte man das deutlicher machen, als so? Setos Hand ruhte auf der Brust des Anderen, die kaum schmaler als seine eigene schien. Nur, dass er nackt war und der junge Mann nicht. Fast wäre ihm ein „schade“ in den Sinn gekommen, doch das enge, baumwollene Oberteil, das er trug, gab schon Aufschluss genug, wenn er denn... Langsam strich er mit der Hand hinab, deutlicher, sodass sein Gegenüber spürte, dass dies durchaus gewollt war. An den Rippenbögen vorbei, zur Seite, die zur Taille hin wesentlich schmaler wurde. Still schweigend erduldete der Andere Setos Neugier auf den fremden Körper. Es war schließlich nicht so, als würde das alles hier geschehen aufgrund einer unerklärlichen Anziehungskraft einander; Viel mehr war es eine Notwendigkeit, damit Seto um die Hüften des Anderen greifen konnte um ihn mit einer festen Bewegung näher zu ziehen. Die ruppige Umarmung zögerlich erwidernd legten sich auch die beiden fremden Hände um Setos Nacken, verwoben sich mit dem Haar und er spürte, wie sich sein Gegenüber an ihn lehnte. Sein Zeigefinger wanderte auf den schmalen Rücken des Mannes in seinen Armen und er malte langsam: „Nein heißt nein.“ Er rechnete fest mit einer Antwort, mit Gegenwehr, doch alles, was sein Masseur zu sagen hatte, war ein sanftes Streichen über seinen Rücken. Sie hielten einander fest, Seto hatte die Dreistigkeit besessen, alles bisher da Gewesene über den Haufen zu werfen. Er hatte ihn überrumpelt und fest mit Gegenwehr, mit Protest, Empörung oder wenigstens Schrecken gerechnet; Doch nichts. Seine Bestrafung war Zuneigung. Er kniff die Augen zusammen und drückte den Kopf an den Hals des Anderen, atmete in der warmen, wohlgeformten Beuge tief ein und aus. Der schwache Duft eines guten Parfums benebelte seine Sinne und er verlor sich in der bodenlosen Tiefe des Ungewissen. Er war in einem fremden Raum, in einem fremden Haus. Diese Arme, diese Gesten und Zärtlichkeiten; Es war ihm schier fremd, doch dieser Geruch, dieser unbeschreiblich betörende Duft, war ihm vertrauter, als er es für möglich gehalten hatte. Es sah sich selbst hier sitzen und kam sich unglaublich unwirklich vor. Er war nicht mehr er selbst; Er war es nie gewesen, seit er hier eingetreten war. Von oben betrachtet, aus seinem Körper herausgelöst, ergab es alles einen Sinn. Es ging hier nie um Anonymität, sondern um Schwäche. Sie alle hatten nur gewollt, dass Kaiba Schwäche zuließ. Kontinuierlich, von der ersten Begegnung an, hatten sie mehr und mehr, die Fassade, die er zur Außenwelt aufrecht erhalten hatte, abgetragen und nun, just diesen Momentes, war sie gänzlich verschwunden. Er ließ es zu, dass jemand ihm nah war, nur um der Nähe Willen. Zärtliche Gefühle, wo keine hätten sein dürfen. Er war klein und unbedeutend im Dunkeln, schwach und hilflos – Für diesen Moment, diesen kostbaren Moment, der wie alle anderen auch, vorbeigehen würde. Seto öffnete langsam die Augen, nicht in der Lage, etwas von dem Menschen zu sehen, der ihn nun besser kannte, als jeder andere. Besser vielleicht sogar als sein Bruder. Er hatte die Augen geöffnet und war dennoch nicht in der Lage, zu erkennen, was so offensichtlich schien. Er hatte die Antwort gefunden: Es gab keine. Nur Stille und Dunkelheit. Perfektion, in die er sich fügen musste. Seto blinzelte leicht und rieb langsam die Nase an der Haut, sein Gegenüber zuckte zusammen. Der Atem und die Haare schienen ihn zu kitzeln. Fügen. Dieses Wort brauchte er nicht, höchstens, wenn andere nach seiner Pfeife tanzen sollten. Er hatte sie nie verstanden, wie man still schweigend, alles was einem gesagt wird, auch akzeptieren konnte. Er hatte es nie verstanden, bis jetzt. Seto war tatsächlich im Inbegriff des Akzeptierens, dieses Momentes. Er tat es nicht diesen Unternehmens zu Willen, aufgrund dieser korrupten Frau, der Atmosphäre, seines Arztes oder der so gut-tuenden Berührungen. Nein. Er fügte sich diesem Masseur, diesem Mann, den er nicht kannte und wohl auch nie kennen lernen würde. Alles was er von ihm wusste, war vage. Nur Schätzungen, Erfühltes, ohne es prüfen zu können. Er hatte sich eine Illusion geschaffen und sie mit dem gefüttert, was er dachte, zu wissen. Es war zu wenig. Viel zu wenig und trotz alledem, war es ihm egal. Der Moment, der ihm gegeben wurde war Balsam für Wunden, die nie aufhören würden zu schmerzen. Tief einatmend kam sein Kopf und seine Gedanken zurück in diesen Raum. Noch immer fuhren die Hände seines Masseurs in aller Ruhe über Kaibas Rücken, während seine eigenen Finger in den Stoff des Oberteiles verhakt waren. Er fügte sich, doch innerlich, innerlich brannte er und schrie; Mehr. Langsam suchte sich Setos Hand den Weg aufwärts und strich durch das Haar des Anderen. Ein wenig Haarspray verklebte es, doch Seto schien die Wirkung mit seinen Bewegungen aufzulösen, fuhr durch die einzelnen Strähnen. Es war ein bizarrer, verschrobener Moment. Hätte er jemand anderem davon erzählt und wie unglaublich gut er sich dabei gefühlt hätte, er wäre für verrückt oder pervers erklärt worden. Aber niemals, niemals würde jemand davon erfahren. Er wusste nicht, wie viel Zeit bereits vergangen war, doch langsam löste der junge Mann die Umarmung und legte den Finger zum schreiben wieder an Setos Brust. Ein Schriftzeichen nach dem anderen entzifferte er: „Wieso tust du das?“. Seto atmete tief ein, deutlich hörbar für den Anderen, bevor er ansetzte und schrieb: „Ich weiß es nicht.“ Er spürte, dass sein Gegenüber kurz auflachte, bevor er wieder knapp mit der freien Hand durch Setos Nacken strich, dann setzte er wieder den Finger an: „Ich weiß es.“ Er wand den Kopf seinem Masseur zu, zeichnete ein Fragezeichen. Es war ihm allerdings nicht möglich, sich auf eine Antwort zu konzentrieren, da die freie Hand von Setos Schulter aus den Arm hinabwanderte und schließlich seine Finger, die auf der fremden Brust ruhten, umschloss. Sein Arm wurde geführt und die Fingerkuppen stießen auf die weiche Haut der Wangen, die er erst neulich kennen gelernt hatte. Das schmale Gesicht bettete sich in die Innenfläche seiner Hand und mit dem Daumen strich er über die feinen Züge. Sein Masseur schien die Augen geschlossen zu haben, wand sein Gesicht der wärmenden Quelle zu und für diesen kurzen Augenblick, kam es Seto so vor, als wäre er nicht der einzige in diesem Raum, der Nähe suchte. Langsam wanderten feine Finger an seiner eigenen Wange entlang und strichen über die Haut, fuhren sein Kinn hinab und streiften die Lippen. Es war ein schönes Spiel, ein intimes und Kaiba verspürte nicht die Lust, einen Sieg davon tragen zu wollen; Innerlich hatte er bereits gewonnen und zurückerhalten, was er gezahlt hatte. Wie ein Weckruf, der unbarmherzig und einen unvorbereitet im Schlaf überraschte, erklang das Geräusch des Gongs. Sie erschrocken beide und waren dennoch nicht in der Lage sich zu lösen. Nur langsam, sehr langsam entwich Seto die Silhouette, seines Masseurs. Im letzten Moment noch konnte er das Handgelenk greifen, versuchte ihn bei sich zu halten, zurückzuziehen. Ein Drängen, dem nur kurz nachgegeben wurde. Mit einem Temperament und einer plötzlich aufflammenden Emotionswelle, die Seto nicht erwartet hatte, wurde er fest in die Arme dieses Mannes gedrückt. Warme Haut schloss sich um ihn, beschützte ihn, gab ihm das Gefühl von Geborgenheit, bevor sie sich genauso abrupt, wie sie gekommen war, löste. Zu spät reagierte sein Körper. Das blaue Licht vom Flur verschwand bereits wieder durch den schmaler werdenden Spalt und stattdessen leuchtete langsam das helle Licht auf. Er saß da, unverändert, wie noch vor einer Stunde. Nicht sicher, ob das alles überhaupt wirklich geschehen war. Nicht sicher, was er davon halten sollte, wenn es so wäre. Nicht sicher, was er nun tun sollte. Er betrachtete seine Hände als könnten sie sich besser als er selbst daran erinnern, was er noch bis vor ein paar Minuten gespürt hatte. Er kam sich lächerlich vor, wie er hier gesessen hatte, einen völlig fremden Mann umarmend. Er verlor gerade alle Selbstachtung vor sich selbst, seinen Respekt, seine Überzeugung. Er hatte sich selbst verloren. Langsam wanderte sein Blick aufwärts, durch die brauen Strähnen hindurch zur Tür und er starrte sie an, als würden jeden Moment jemand herein kommen. Sein Masseur vielleicht, oder er selbst, wie er sich auslachen würde. Er hatte sich verloren und es war ihm egal. Dort draußen würde er sich schon wieder finden. An jeder Ecke, in jeder Zeitschrift, überall war er definiert. Es war ein leichtes, sich wieder einzubinden, in den Alltag. Es wäre so leicht, da draußen. Doch hier, in diesem Raum, da fand er sich nicht mehr. Da würde er sich niemals wieder sehen. Es war ihm egal. Alles was er wollte, war die Dunkelheit zurück und ihn. Ihn. Seto schloss die Augen für einen kurzen Moment und versuchte klare Gedanken zu finden, doch Übelkeit überkam ihm, als sein Hirn, den Weg nach draußen bereits simulierte. Er würde hinausschreiten und würde vergessen haben. Nicht die Dinge an sich, doch das Gefühl dabei. Es wäre wieder verschwunden, unerreichbar, durch diese dicke Tür des grauen Alltags. Die Wärme bliebe vor ihm verschlossen; So wie es die Tage zuvor war. Erst jetzt realisierte er, dass es diese unbändige Suche gewesen war, die ihn hier her getrieben hatte. Immer und immer wieder. Doch genauso realisierte er, das, wenn er erst wieder die Stille verlassen hätte, er von diesen Überlegungen nichts mehr wissen würde. Ausradiert, gelöscht und entfernt. Nur eine Leere in seinem Körper, die mit nichts zu füllen war. Er würde diese lange Straße entlang gehen und er würde nicht wissen, nicht wahrhaben wollen, was just diesen Momentes so klar vor ihm stand. Es war vorprogrammiert, aber nicht änderbar. Nur vielleicht. Nur vielleicht könnte er... Er schwang sich elegant von der Massageliege bevor er zurück zum Umkleideraum ging und sich wieder anzog. Wieso hatte er sich diesmal überhaupt entkleidet? Ein wenig amüsiert zog er sich das Oberteil über, die Hose an. Vielleicht gäbe es eine Möglichkeit, all dem zu entfliehen. Dem Vergessen, der Suche, der unbefriedigenden Erlösung, die er jedes Mal von neuem spürte, wenn er nicht mehr hier war. Vielleicht gab es sie. Er müsste nur willens genug sein, sie zu finden. Seto zog sich seinen Mantel über und strich sich ein paar verirrte braune Strähnen aus der Stirn, betrachtete seine Hand. -Er würde entkommen- Ballte sie zur Faust. –Und ihn mitnehmen. Er ging langsam und ruhig aus dem Kabinett, den Flur entlang, sich noch einmal umsehen und alles einprägend, dann durch die Tür. 0001 sah ihm hinter ihrer Theke entgegen, lächelte ihr schmales, liebloses Lächeln. „Hat es Ihnen gefallen, 0235?“, fragte sie in einem leisen Ton, reichte Seto den Umschlag und nahm dafür die Schlüsselkarte entgegen. Er reagierte nicht auf sie, besah sich nur kurz den heutigen zu zahlenden Betrag und steckte diesen mit Trinkgeld wieder zurück. Als er es ihr gab, nickte sie und zog schon ihr Buch heran, „Wünschen Sie einen neuen Termin, 0235?“ Seto sah sie an, direkt und unterdrückte ein kleines Lächeln als er erwiderte: „Nein.“ 0001s Augen weiteten sich einen Moment, nur kurz, schockiert, dann sah sie lächelnd hinab auf das Buch und schob es langsam beiseite. „Wie Sie wünschen, 0235.“, entgegnete sie, „Falls Sie doch noch einmal den Drang verspüren unser Haus aufzusuchen, haben Sie ja sicherlich noch unsere Telefonnummer.“ Seto vergrub die Hände in den Manteltaschen, nickte nur leicht: „Ja, die habe ich noch.“ 0001 lächelte ihn an. Die Überlegenheit in ihren Zügen war von einem Moment auf den nächsten weggewischt. Das Lächeln war falsch, unglaublich falsch und er konnte genau zu ihr durchdringen und sehen, wie ihre schöne Fassade langsam dahin schwand. „Auf wiedersehen, 0235.“, sagte sie leise, als sie sah, dass Seto sich abwand und zur Tür ging. Er erwiderte nichts und schritt hinaus. Auf nimmer wiedersehen. Die Sonne flackerte durch die Wolkendecke und ließ die vorbeifahrenden Autos blitzen. Ein Gefühl von Befreiung quoll in seinem Inneren auf, Erleichterung. Gewissheit. Die Straße um ihn herum war voller Menschen und ihre Gesichter strahlten, als gäbe es keine schlechten Tage. Die Welt war noch in ihren Fugen und Seto Kaiba noch immer er selbst. Er wusste, was er getan hatte. Er beschönigte nichts, versuchte es nicht zu verschleiern. Die nackte, pure Wahrheit lag vor ihm ausgebreitet. Seufzend umfasste er sein Handy in der Tasche, fuhr mit dem Daumen die Linien nach. Er kannte die Antwort, er wusste, wie er das Puzzle vervollständigen könnte. Er zog es hervor und tippte eine Nummer auf dem Touchscreen ein. Er überlegte nur einen schwachen Augenblick, dann drückte er das Symbol des grünen Hörers und hielt sich das Gerät ans Ohr. Er war bereit, das letzte Teil hinzuzufügen. „Fräulein Chouko?“, er ging, während er in das Telefon sprach langsam die Straße entlang, „Ich bin in einer halben Stunde in meinem Büro, bis dahin möchte ich, dass du mir den besten Privatdetektiv der Stadt einlädst. Frag nicht. Tu es einfach.“ Seine Sekretärin, die am anderen Ende nicht wirklich wusste, was Sache war, bestätigte nur alles und Kaiba legte auf. Den restlichen Weg zu seinem Auto ging er mit einer inneren, unbeherrschten Unruhe, doch gleichzeitig schien es ihn vor Leichtigkeit von den Füßen zu heben. Er wandelte im Ungewissen, das Ziel geradeaus. Es konnte doch gar nichts schief gehen. Eine gute halbe Stunde später schritt Kaiba durch das Foyer zu seinem Büro. Seine Sekretärin richtete sich sogleich auf und kam ihm nachgehetzt. „Mr. Kaiba. Ich habe getan, was sie veranlasst haben.“, sagte sie durchatmend, reichte Kaiba einen Zettel, „Das ist der Mann. Wann soll ich ihm einen Termin geben?“ Kaiba nahm das Papier, überflog es und nickte einverstanden. „Ab sofort.“, war seine Antwort, bevor er weiterging. Seine Sekretärin verbeugte sich und ging zurück, visierte dabei das Telefon an. Kaiba blieb vor der Tür seines Büros stehen, sah über die Schulter zu ihr und wartete. Ihr Blick lag ebenfalls auf ihm, bevor sie sich dem Telefonat zuwand: „Guten Tag, wir haben vorhin gesprochen. Chouko, mein Name. Ich bin Mr. Seto Kaibas Sekretärin. Ganz Recht Könnten Sie es ermöglichen sofort in das Büro zu kommen?“ Sie sah auf ihre Armbanduhr, „Eine Viertelstunde bis zwanzig Minuten? Ja ich denke, das ist in Ordnung. Den Grund erfahren sie dann von Mr. Kaiba persönlich. Ja. Ich danke Ihnen. Auf wiederhören.“ Der Telefonhörer glitt zurück und sie sah wieder auf. Kaiba hob den Kopf fragend, „Er ist in zwanzig Minuten da?“ Seine Sekretärin nickte und er wand sich wieder dem Büro zu. „Bring uns dann bitte zwei Tassen Kaffee und gehe sicher, dass uns anschließend niemand stört, selbst Mokuba nicht.“ Sie schreckte ein wenig, blinzelte ihn, aufgrund der absoluten Ernsthaftigkeit seiner Miene, überrascht an. Sie verstand, doch sie war durchaus neugierig. „Es geht doch nicht um Leben und Tod, oder, Mr. Kaiba?“ Für einen kurzen Moment sah sie seine Mundwinkel amüsiert zucken. Er wand den Blick von ihr auf seine Hand, die den Türgriff umfasste. Langsam drückte er sie hinab und antwortete im Gehen: „Das kann ich dir nicht versprechen.“ Er schloss die Tür hinter sich und lächelte schmal. Leben und Tod. Vielleicht ging es darum. Um leben und um sinnloses dahinvegetieren. Vielleicht war das der wahre Grund. Mit einem Blick auf seine Uhr machte er sich in der verbleibenden kurzen Zeit daran, sein E-Mail Postfach zu überprüfen, ein paar Anrufe zu tätigen und wartete schließlich ungeduldig auf den Privatdetektiv. Durchaus pünktlich erschien er zur besagten Zeit. Unauffällig im grau-blauen Anzug, mit korrekt gebundener Krawatte und einem dünnen Aktenkoffer aus schwarzem Leder. Er trug einen dieser Kinnbärte, die Männer über 30 jung aussehen lassen sollte. Der Haarschnitt wirkte dagegen fast schon zu konventionell. Kaiba erhob sich, als der Mann auf ihn zukam und sich verbeugte. Er bot ihm den Platz ihm gegenüber an, schlug schließlich die Beine übereinander und erwartete seine Sekretärin. Keinen Moment später kam sie herein mit Kaffee für sie beide. Sie versicherte Kaiba, dass sie ab nun keiner stören würde und ging mit in Sorgenfalten gelegter Stirn hinaus. „Nun, Herr Kaiba, ihre Sekretärin konnte mir keine Auskunft darüber geben, um was es sich nun genau handeln soll. Ich nehme also an sie wünschen Diskretion?“ Kaiba hob die Brauen, fügte: „Äußerste Diskretion.“ hinzu. Er nahm die zuvor bereit gelegte Visitenkarte des „House Of Silence“ und reichte sie dem Detektiv. „Haben Sie von diesem Unternehmen schon einmal gehört?“, fragte Kaiba, während die Karte inspiziert wurde. Verneinend schüttelte der Detektiv den Kopf, „Was ist das für eines? Die Karte gibt keine Auskunft darüber.“ Kaiba faltete die Hände und begann erklärend: „Es handelt sich hierbei um ein Massagestudio, jedoch kein normales. Aufgrund dieser Abnormalität muss ich Sie bitten, etwas herauszufinden.“ Der Detektiv nickte ihm zu, er solle fortfahren. „Die dort angegebene Adresse ist der Kundeneingang. Ich nehme an, es gibt eine besondere Tür für das Personal. Finden Sie diese. Zeichnen Sie alles auf, was sie zu der männlichen Belegschaft dort finden können. Fotos, Alter, Schulbildung, meinetwegen auch die Lieblingsfarbe und Musikgeschmack. Egal, wie. Finden sie es heraus. Falls zudem Regelmäßigkeiten auftreten in ihren Arbeitszeiten, an welchen Tagen die Personen wann mit der Arbeit beginnen und aufhören, notieren Sie es. Ich erwarte einen vollständigen Bericht ohne nachfragen zu müssen.“ Der Blick des Detektivs war fest auf Kaiba gerichtet, dann wand er sich wieder der Visitenkarte zu, nickte verstehend. „Für diese Fülle an Informationen wird einiges an Zeit nötig sein.“, begann er, doch Kaiba hob abwehrend die Hände, „Ich gebe Ihnen fünf Tage.“ Der Detektiv sah überrascht aus, blinzelte: „Bei aller Ehre, Herr Kaiba, aber fünf Tage? In dieser kurzen Zeit kann man keine Regelmäßigkeiten festmachen und ob ich all die Informationen herausfinde, die Sie benötigen, ist auch fraglich. Schließlich habe ich noch weitere Kunden und...“ „Dann stellen Sie diese hintendran.“, Kaiba sah ihn energisch an, ein wenig erbost sogar, „Sie können sich vorstellen inwiefern ich Sie dafür entschädigen werde. Obendrein kann ich Ihnen anbieten für diesen Auftrag meine Datenbank zu nutzen. Kontakte zur Polizei habe ich ebenso, es dürfte also kein Problem sein, zu einem Gesicht schnell Namen und Alter zu finden, oder Herr Watanabe?“ Der Detektiv schien etwas eingeschüchtert von Kaibas Entgegenkommen, dennoch in Versuchung. Mit so einem großen Datenspeicher, den man ihm hier anbot, arbeitete jeder Detektiv gern. „Gut, Herr Kaiba. Ich werde mein Bestes versuchen.“, versicherte er und steckte die Visitenkarte ein. Kaiba nickte ihm zu. „Dann lassen Sie uns alles Formelle klären.“ Und unter dem Tisch hatte Kaiba sein Scheckbuch bereitliegen. In den nächsten Tagen spürte er deutlich die Neugier seiner Sekretärin auf sich lasten. Sie hatte Mokuba nichts erzählt, was wohl auch besser so war. Für den gab es Momentan eh kein anderes Thema als hübsche Mädchen und Valentinsschokolade. Der Detektiv meldete sich täglich und kam auch ab und an in die Firma um Daten zu überprüfen. Kaiba hatte ihm verordnet, nichts läuten zu lassen, bevor er nicht alle Informationen ausgewertet hatte. Einerseits, war Kaiba schon gespannt darauf, zu erfahren, wer hinter all dem steckte, doch mit genügend Arbeit und wenig Freizeit verdrängte er diese Gedanken schnell. Zudem wollte er keine halben Ergebnisse oder Fotos ohne dazugehörige Namen. Nicht umsonst stellte er ihm solch eine Menge an Aufzeichnungen zur Verfügung. Diese beachtliche Menge war auch ein Grund, wieso sich seine Sekretärin vor Sorge beinah auseinander riss. Als der Detektiv bereits den dritten Tag in der Kaiba Corporation ein- und ausging, warf sie Kaibas ersten Rat völlig über den Haufen und konfrontierte ihn in seinem Büro. „Mr. Kaiba, es tut mir wirklich Leid, aber dieser Detektiv ist nun schon den dritten Tag hier und ihre Geheimniskrämerei gibt mir wirklich zu denken. Ist alles in Ordnung? Soll ich die Polizei verständigen?“ In ihren Zügen lag ehrliches Interesse und Sorge um ihren Vorgesetzten. Manchmal wünschte Kaiba sich wirklich in ihr Gehirn schauen zu können. Diese Gedanken schienen ihn manchmal zu abwegig um wahr zu sein. Wieso denn die Polizei? „Chouko-san.“, sagte er ruhigen Tones und sich von seinem PC abwendend, „Ich habe alles unter Kontrolle. Ich weiß was ich tue und wir können diesem Mann insoweit er seine Arbeit gut erledigt auch vertrauen. Es wird nichts furchtbares passieren.“ Es wird nichts schief gehen. Sie seufzte besorgt, nicht wirklich überzeugt, aber zumindest teilweise zufrieden. Kaiba unterdessen war überzeugt; zumindest was ihn selbst an ging. Er wusste nicht, worüber er sich den Kopf zerbrechen sollte. Alles war in bester Ordnung. Wie er gesagt hatte, er hatte alles unter Kontrolle. Dieser Detektiv tanzte nach seiner Pfeife und hatte er erst die Ergebnisse vor sich liegen, wäre er auch entschlossen zu handeln. Natürlich, die Aufgabe, die er gestellt hatte, ging über sein eigentliches Interessengebiet heraus. An sich wollte er nur die Daten einer Person, allerdings wäre dies wohl problematischer, beziehungsweise auffälliger gewesen, als sein Ruf hätte vertragen können. Somit sammelte er also eine Fülle an Informationen, die er gegebenenfalls wohl auch gegen das Unternehmen verwenden könnte, gegen diese Frau. Kaiba war innerlich amüsiert, strich sich mit den Fingern über das Kinn. Er hatte ihr System gebrochen, einfach so. Das wird ihr wohl bereits genug zu beißen gegeben haben. Er sollte sich auf das Wichtigste konzentrieren, ja, das sollte er. Und das Wichtigste in diesem Haus war eindeutig nicht sie. Nein. Niemals. Kaiba ließ seine Finger kurz knacken, bevor sich seine Augen wieder zum Monitor wandten und er sich weiter an seine Arbeit machen wollte. Seine Sekretärin hatte kaum den Raum verlassen, da ging die Tür bereits wieder auf und sein Bruder trat ein. „Nii-san!“, strahlte er, setzte sich Kaiba gegenüber auf den Tisch und hielt ihm ein Foto hin: „Ist sie nicht süß?“ Kaiba blinzelte, nahm Mokuba das Bild ab und besah sich das Mädchen darauf. Sie trug darauf das weibliche Pendant zu Mokubas Schuluniform. Die Haare waren an einigen Stellen aufgebleicht und leicht bräunlich, das Gesicht war noch kindlich und die Augen schienen zu groß für ihren Kopf. „Ich hoffe ihr plant nicht eine Familie aufzuziehen.“, antwortete Kaiba amüsiert, als er Mokuba das Bild wiedergab. Der schnaubte leise, eine Angewohnheit, die er sich bei seinem großen Bruder abgeschaut haben musste. „Sie ist niedlich und ihre große Schwester auch. Sie war echt enttäuscht, dass du sie nicht treffen willst.“, fuhr er fort, wippte leicht mit den Beinen. Kaibas Laune schien wieder mal blendend, schnippig antwortete er: „Ohja. Ich wäre auch enttäuscht, wenn ich mich selbst nicht mal ausführen würde.“ Mokuba konnte darüber herzlich wenig lachen, er verschränkte nur die Arme provozierend und lehnte sich ein Stück zurück: „Wo wir beim Thema wären, Nii-san. Wie sieht es mit Samstag aus? Schon ein Date an der Angel?“ Kaiba ließ die Finger an der Schläfe kreisen, sah zu Mokuba: „Dieses Thema beschäftigt dich mehr als deine schulische Laufbahn, hm? Tragisch.“ „Lenk nicht vom Thema ab. Hast du oder hast du nicht? Du hast es versprochen.“ Kaiba hob die Brauen amüsiert: „Ich habe gar nichts versprochen.“ Mokuba zog eine Schnute, beugte sich näher: „Also hast du nicht.“ Damit erntete er ein genervtes Seufzen und Augenrollen von seinem großen Bruder: „Das hab ich auch nicht gesagt.“ „Also hast du eines?“ Immer diese strahlenden Augen. Herrje. „Auch das habe ich nicht gesagt.“, erwiderte Kaiba mit antrainierter Ruhe. Mokuba dagegen wurde sprunghafter, seine Neugier war geweckt und er fragte: „Was ist jetzt? Sag schon!“ Kaiba hob die Hände, zuckte leicht mit den Schultern und erwiderte immer noch vollkommen ruhig: „Lass dich überraschen?“ Eine äußerst unbefriedigende Antwort für seinen kleinen Bruder, der vom Tisch sprang und die Hände in die Hüfte stemmte. Mit einer Mischung aus Ärger und dem kläglichen Versuch, einschüchternd zu wirken, sah er Kaiba an. „Wehe du verarscht mich! Wenn ich rausfinde, dass du am 14. ganz allein warst, dann...“ „Dann?“ „...Dann! Dann; Wirst du schon sehen!“ „Natürlich. Ich verstehe.“ Mokuba schnaubte ein letztes Mal, machte einige drohende Gebärden, bevor er sich umwand. „Gehst du nach Hause?“, fragte Kaiba seinen wegspazierenden Bruder fragend. Der nickte nur kurz, „Bis heut Abend.“ Kaiba sah ihm nach, das Gefühl in seinem Magen nahm einen flauen Beigeschmack an. Kam es ihm nur so vor oder sorgten sich alle Menschen, die ihm halbwegs nah standen, mehr um ihn, wenn er zufrieden schien? Seine Sekretärin hatte es selbst gesagt; Er sah bei weitem nicht mehr so unausgeschlafen oder gestresst aus wie noch vor ein paar Wochen. Sein Bruder scherzte freier mit ihm, da er merkte, dass Kaiba sehr wohl in der Laune dafür war. Selbst sein Arzt hatte ihm bestätigt, dass es ihm körperlich eindeutig besser ging; Dennoch tat jeder so als sei Kaiba hilfsbedürftig und bräuchte nun besonders viel Aufmerksamkeit. Dabei bekam er Aufmerksamkeit genug wenn er wollte und noch mehr, wenn er sie sich holen würde. Dessen war er sich sicher. Zurückgelehnt strichen seine Finger über die Maserung des Tisches. Vielleicht lag es auch daran? Dass die Menschen um ihn rum fürchteten, Kaiba würde sich anderen Dingen zu wenden, die nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich lagen? Vielleicht hatten sie Angst davor, dass Kaiba, das bisschen Zuneigung, dass er übrig hatte, an jemand Anderen als sie verschwendete? Ach was. Er schloss für einen Moment die Augen. Selbst wenn er seine Zuneigung teilen würde, käme es ihm nicht in den Sinn jemanden zu vernachlässigen. Ganz davon zu schweigen, dass er denjenigen, der in seinem Interessengebiet auf dieser Ebene lag, nicht kannte. Das ganze wäre also eine äußerst problematische Angelegenheit, würde sein Detektiv nicht bald mit Informationen daher kommen. Kaiba würde das Gesicht zu einem Charakter kennen lernen. Ein Charakter, der ihm Rätsel aufgab und den er nicht einzuordnen wusste. Ein Charakter, der von der Norm abwich. Vielleicht lag es daran, dass er nicht wusste, dass er sich Seto Kaiba gegenüber sah. Oder der Grund lag darin, dass Kaiba sich noch nie sonderlich für Menschen und ihre Abgründe interessiert hatte. Doch diese Person hatte seine Neugier geweckt, ganz ohne Provokation und Offensichtlichkeit. Nun war es an Kaiba, zu erwidern. Nur noch ein wenig Geduld. Ein kleines Stück. Es konnte gar nichts schief gehen. Welcome to reality, you fool. 21.07 Uhr. Der Himmel draußen war klar und beinah wolkenlos. Die ersten Sterne waren in weiter Ferne zu erkennen. Es kam Kaiba vor, als wäre es die Ruhe vor dem Sturm. Seine Firma war leer, selbst seine Sekretärin war bereits nach Haus gegangen. Nur in seinem Büro brannte noch Licht. Einsam, hätte man denken können, doch Kaibas Inneres war zu aufgewühlt um einen Gedanken daran zu verschwenden. Er wartete. Er wartete ungeduldig. Die Zeit wollte nicht schneller vergehen, hatte er das Gefühl, als sein Blick erneut die Uhr streifte. Die Deadline für den Detektiv um die Informationen herauszugeben wäre 21.30 Uhr. Er hatte diese Zeit eingefordert, da er vor einer guten halben Stunde, zwar schon die wichtigsten Daten, allerdings einen Teil liegen gelassen hatte. So wartete er in seinem Büro und die Uhr tickte unbarmherzig. Er sah zur Seite, atmete tief um sich zu beruhigen, doch schaffte er es nur den äußeren Schein zu wahren. Im Inneren stellte er sich selbst immer und immer wieder die gleiche Frage; Was wäre, wenn er wüsste, wer dahinter steckt? Wenn er das Gesicht kannte, den Namen, alles, was man zu ihm wissen müsste. Was wäre dann? Wenn er ihn kennen würde. 0009. Kaibas Kopf fuhr herum, als er ein Klingeln hörte. War der Detektiv schon zurück? Er schritt mit langen Bewegungen vom Fenster zurück zu seinem Tisch, betätigte den Taster und seine Bürotür öffnete sich. Tatsächlich stand er dort, die Akten griffbereit und kam auf Kaiba zu. „Entschuldigen Sie die Verspätung, Herr Kaiba, doch nun habe ich alles dabei, was sie gewünscht haben.“, der dicke Stapel an Papier, zusammengefasst in einer Mappe, wurde vor Kaiba auf den Tisch geworfen. Wie eine unheilvoll drohendendes Omen sah Kaiba hinab. „Wollen Sie einen kurzen Blick hinein werfen, ob alles zu Ihrer Zufriedenheit ist?“ Der Detektiv sah Kaiba neugierig an. Wahrscheinlich dachte er, er könnte so herausfinden, was Kaiba damit eigentlich vor hatte. Mit spitzen Fingern griff er die Mappe, zog sie näher zu sich heran und setzte sich auf seinen Stuhl. Tief einatmend öffnete er sie, lehnte sich darüber um einen ersten Blick drauf zu haben. „Das ist der Personaleingang.“, erklärte der Detektiv, die verschiedenen Aufnahmen von einer schmalen Seitengasse mit Tür, die wohl eine Straße weiter sein müsste, als der Haupteingang. Er fuhr fort: „Von da aus habe ich die Belegschaft fotografiert. Es sind deutlich mehr als nur die Masseure und die Frau an der Rezeption. Aber wie ich annahm, waren Ihnen nur die Masseure wichtig, nicht wahr?“ Kaiba nickte zustimmend, besah sich die Fotos, als wäre es besonders interessant. In Wirklichkeit aber getraute er sich nur nicht umzublättern, auf die Seite, wo die genannten sein mussten. Das Gesicht von 0009. Es war zum greifen nah. Kaiba presste die Lippen zusammen, blätterte schließlich um und wand den Blick langsam auf das Papier. Zwei Fotos neben denen eine Reihe an Daten standen. Das erste zeigte den Masseur beim herausgehen aus der Tür des Personals. Ein dicker Wollschal verdeckte die Hälfte des Gesichts, schwarzes, kurzes Haar war vom Wind verweht. Daneben ein Passfoto. Shouta Tanaka, 31 Jahre. Nicht Kaibas Masseur, oh Gott sei Dank. Die Hand, die erst an die Schläfe wandern wollte, blieb doch stur an der Mappe und er überflog die gesammelten Informationen. Nicht nur der Name und das Alter, nein, auch den Familienstand hatte der Detektiv herausbekommen, ehemals besuchte Schulen, Kopien des Lebenslaufes. Kaiba nickte anerkennend. „Dies scheint mir durchaus reichhaltig.“, sagte er und blickte auf zu dem Detektiv, der zufrieden lächelte. „Ihr restliches Geld sehen Sie in Kürze auf ihrem Konto. Kann ich Ihnen sonst noch helfen?“, sagte Kaiba abschließend und die Mappe nun ignorierend, in der Hoffnung, der Detektiv würde nun gehen. Dieser Verstand den Wink mit dem Zaunspfahl durchaus, verbeugte sich leicht. „Ich hoffe Sie finden, was Sie suchen, Herr Kaiba.“, sagte er abschließend. Kaiba quittierte es mit einem Nicken, erwiderte nur ein höfliches „Danke sehr.“, bevor der Detektiv den Weg nach draußen nahm. Kaiba wand die Augen bis zum Schluss nicht von ihm ab, sah zu, wie die Tür ins Schloss fiel und lehnte sich zurück. Dort lag es. Direkt vor ihm. Wissen, gleichzusetzen mit Macht. Er könnte seinen Durst stillen, sofort, auf der Stelle. Seine Neugier wäre befriedigt, er hätte eine Antwort, seine Suche ein Ende. Er müsste nur umblättern. Nur eine winzige Bewegung. Doch er war starr vor Ehrfurcht, vor Respekt. Vor ihm lag absolute Ungewissheit. Schon eine kleine Kerze in einem dunkeln Raum konnte alles beleuchten, was man brauchte, was man sehen wollte. Er hatte es seit dem ersten Mal nie für möglich gehalten, dass dieses Licht so einfach zu beschaffen war. Doch hier lag es, auf seinem Tisch und es schrie ihm zu. Es wollte gelesen werden. Es konnte doch nichts schief gehen. Wieso hatte er also so ein seltsames Gefühl in seiner Magengegend? Er krümmte seine Finger, fasste die Seite und blätterte um. Ein Brünetter Brillenträger mit schmalen Gesicht. Masao Ito, 26 Jahre. Nicht Kaibas Masseur. Die Falte zwischen seinen Brauen wurde deutlicher, dann griff er wieder die Seite, blätterte um. Schwarzes langes Haar, ein kleiner Bart und ein verkrampfter Blick. Yoshio Sato, 29 Jahre. Nicht Kaibas Masseur. Er schluckte schwer, griff und blätterte. Blond gebleichtes, halblanges Haar, das fransig ins Gesicht hing, am Nacken war es ein wenig länger. Die rehbraunen Augen zusammengekniffen, hob er die Hand um Schutz vor dem Wind zu finden. Das Gesicht war schmal, aber relativ lang, die männlichen Züge weich und an einigen Stellen abgerundet. Das konnte nicht sein. Joseph Jay Wheeler, 21 Jahre. Kaibas Masseur. Das konnte nicht sein. 4. End TBC. Walk on the colourful boardwalk ------------------------------- Teil: 5/6 Widmung: , weil wir auch auf den bunten Wegen laufen. :3 Warning: Alles was ich zu Joeys Eltern sage ist erfunden, auch das mit seinem Nachname war eine Neckigkeit von mir. :D Nicht böse gemein! A/N:Ich hab mich riesig über die ganzen Kommentare zum letzten Kapitel gefreut und dass es trotzdem spannend war, auch wenn ihr wusstet wer dahinter gesteckt hat. :) Ich wünsche allen hiermit einen prallgefüllten Strumpf zum Nikolaus. :D Viel Spaß mit: 5. Walk on the colourful boardwalk Er war regungslos, starrte auf die Seite vor ihm, die Fotos, das Gesicht, dass ihm wohlvertraut war. Zu vertraut. Das musste ein schlechter Scherz sein. Das war nicht möglich. Dieser Zufall wäre zu groß, viel zu groß. Jemand musste ihn beobachtet und hinters Licht geführt haben. Das konnte nicht sein. Nicht er. Wheeler? Sein Masseur? Der Mann mit den weichen Händen, mit dem schönen Gesicht, dem ehrlichen Lächeln und dem undurchdringbaren Charakter. Das konnte nicht sein. Niemals! Kaiba fuhr sich über die Schläfe, die Stirn, schloss die Augen und legte die Hand darauf. Das war ein Traum, ein furchtbar, realer Traum. Wenn er die Augen wieder öffnen würde, wäre dort ein anderes Bild. Vielleicht wäre das auch alles nie passiert? Er öffnete die Augen und dennoch war es niemand anderes als Joseph Wheeler, der dort auf den Fotos abgelichtet war. Vier Jahre später, oh Gott, er hatte ihn komplett verdrängt. Er hatte sich kaum verändert, das Gesicht war erwachsener geworden, länger, deswegen aber nicht männlicher. Kaiba strich sich die Strähnen zurück. Sein Gehirn wollte nicht realisieren, was das hieß. Wheeler. Ein Name den er früher mit allerlei Abscheu ausgesprochen hatte. Heutzutage erschien es ihm fast lächerlich; Er hatte nie einen Grund gehabt, den Blonden zu hassen. Just diesen Moment schien sich aber dafür ein triftiger Grund zu entwickeln. Er fragte sich, was Wheeler wissen müsste. Ob er erkannt hatte, wer dort vor ihm gelegen hatte. Vielleicht hatte es 0001 auch gesagt? Auszuschließen wäre es nicht. Dieser korrupte Haufen verschwor sich sicherlich gegen ihn. Wheeler. Er war zur falschen Zeit, am falschen Ort gewesen. Dieses Talent hatte der Trottel schon immer gehabt. Hätte er doch nur einen anderen Masseur gewählt. Alles wäre so anders gewesen. Das simple Prinzip von Aktion und Reaktion - es hätte nie einen Grund dafür gegeben. Die steigende Spirale, die Zunahme an Spannung zwischen ihnen und das Enden eben dieser in den Situationen... Oh Gott, was hatte er nur getan? Wenn er wusste, wenn Wheeler wusste, dass es Kaiba gewesen war, er könnte ihn bloß stellen. Er besäße Macht über ihn. Wenn er es nicht wusste? Ob diese Möglichkeit bestand? Er dürfte es nie herausfinden, zu groß wäre die Schmach für Kaiba. Viel zu groß. Er biss sich auf die Unterlippe und fuhr sich unruhig durch das Haar. Wheeler. Wie konnte dieser plumpe Raufbold solche zarten Hände besitzen? Wie um alles in der Welt ist gerade er dazu gekommen Masseur zu werden? Diese verspielte Art, die Leichtigkeit des Seins, die er gespürt hatte; Wieso erschien es Kaiba auf einmal so vollkommen klar, dass es niemand anderes als Wheeler hätte sein können? Er hatte sein Gesicht in den Händen gehabt, er hatte seine Hand gehalten und sich selbst halten lassen und ihm war dabei nichts aufgefallen? Wie unsagbar blind muss Kaiba nur gewesen sein? Wheeler. Es war so sonnenklar. Es konnte nur dieser blonde Vollidiot gewesen sein. Von Anfang an. Die Berührungen, der Umgang mit ihm. So unglaublich klar. Wheeler. Kaiba krallte seine Hand in sein Haar, kniff die Augen zusammen. Und verdammt, wieso störte ihn das nicht? Wieso konnte er diesen Mistköter nicht hassen? Regungslos verharrte Kaiba eine Zeit lang so, dann atmete er tief ein, blickte langsam auf zu dem Foto. Er musste an früher denken, an die Zeiten, als er noch zur Schule ging. Wheeler erschien ihm wie eine Schattenfigur daraus. Er hatte ihn nie ernst genommen obwohl er bisweilen amüsant war. Manchmal hatte er ihren Wortgefechten mehr Bedeutung zugemessen als ihren Duellen. Er hätte nie gedacht, dass er diesen Idioten nach vier Jahren noch einmal begegnete und dann auf diese Weise. Hier handelte es sich wohl um die berühmte Ironie des Schicksals. Er rieb sich über die Schläfe. Kopfschmerzen quollen in ihm auf, wenn er nur daran dachte, dass Wheeler vielleicht wissen würde, dass Kaiba sein Patient gewesen war. Er würde wissen, dass Kaiba von sich aus Nähe gesucht hatte, die Nähe zu einem Mann, den er nie kennen gelernt hatte. Er schaute auf das Foto, auf die weichen Züge, die er erfühlt hatte. Er lächelte auf dem Bild nicht, aber Kaiba hatte ihn zum lächeln gebracht. Kaiba hatte ihn dazu gebracht, liebevoll zu sein und er hatte ihn umarmt, aus freien Stücken, zum Abschied. Hätte Wheeler das getan, wenn er gewusst hätte, dass es Kaiba gewesen war? Unwahrscheinlich, sehr unwahrscheinlich. Ihre Antipathie hatte schließlich auf Gegenseitigkeit beruht. Unter einem leisen Seufzen schlichen sich Kaibas Finger zurück zu der Mappe und er zog sie näher, warf einen Blick darauf. Joseph Jay Wheeler, 21 Jahre, geboren am 25. Januar, Blutgruppe B. Das hatte Kaiba schon immer vermutet gehabt. Ein Wassermann mit Blutgruppe B, er hörte seine Sekretärin ihn bereits mahnen, passt eindeutig nicht zu einem Skorpion mit Blutgruppe A. Amüsiert las er weiter. 1,78 Meter groß, da hatte Mokuba ihn ja bald eingeholt. Eine Schwester, Elternteile geschieden. Kaiba zog die Stirn kraus. Daran konnte er sich nicht mehr erinnern. Seit wann dieser Zustand wohl vorherrschte? Er schaute nach den Eltern, über die es aber keinen genaueren Vermerk gab. Seine Mutter schien Amerikanerin gewesen zu sein, sein Vater Japaner. Er hatte erst den Nachnamen Katsuya gehabt, bei der Scheidung aber ebenfalls wie seine Schwester den Mädchennamen seiner Mutter angenommen. Nur wieso? Kaibas Finger wanderte forschend über die Seite. Nach der Schule hatte Wheeler eine dreijährige Ausbildung zum Masseur gemacht und anscheinend in diesem „House Of Silence“ direkt angefangen. Er musste dort also schon mindestens ein Jahr arbeiten. Weiter unten hatte der Detektiv sogar tatsächlich die Arbeitszeiten herausbekommen. Er hatte notierend dazu geschrieben, dass sie stark davon abhingen, wie die Kundschaft für ihn die Termine wählte, allerdings schien es Regelmäßigkeiten mit der Stammkundschaft zu haben. Am Donnerstag, Freitag und Samstag schien er immer 22 Uhr seine letzten Termine zu haben und dies auch nur in Ausnahmefällen zu ändern. Kaiba wollte gar nicht wissen, woher der Detektiv diese Informationen nahm. In dem Zeitplan den Kaiba vorgegeben hatte war schließlich keiner dieser Tage inbegriffen gewesen, doch war er ihm dankbar. Sein Blick glitt zur Uhr. 22.12 Uhr. Kaiba nagte leicht an der Unterlippe, besah sich noch einmal das Bild. Mit schnellen Fingern rief er seinen Terminplan für morgen auf, ließ die ruhelosen Augen darüber wandern. Er hatte morgen bedeutend wenig vor. Vielleicht lag es wirklich an dem, was Mokuba gesagt hatte. Das alle mit ihrem Kopf woanders waren und sich keiner auf ihn konzentrieren könnte, der sündigen Versuchung namens Schokolade sei Dank. Er klickte kurz, zog die Tastatur heran und tippte einen Termin. Es konnte ja nichts mehr schief gehen. Nicht mehr, als sowieso bereits aus dem Ruder gelaufen war. Wheeler. Dieser Trottel hatte schon immer ein Händchen dafür gehabt, Chaos zu stiften. Es wurde Zeit, ihm mal wieder Einhalt zu gebieten. Wenn nicht Kaiba es tat, wer dann? Es wurde Zeit. Die Gasse war dunkel, die Fenster in den Häusern leer. Wenn er den Blick nach oben richtete erblickte Kaiba nur einen winzigen Spalt des Himmels, der bereits dunkel dreinblickte und mit den Fassaden verschmolz. Es musste bedrückend sein, wenn man nie etwas anderes als diesen Abschnitt des endlosen Horizontes sah. Er lehnte still mit dem Rücken an der Wand, den Blick wieder zur Tür gewandt und wartete. Würde er es nicht besser wissen, er würde hinter den verschmutzen Mauern dieses Hauses ein ebenso heruntergekommenes Lokal vermuten, oder eine winzige, vollgestopfte Wohnung, in der es sich nicht lohnen würde zu leben oder zu sterben. Aber Kaiba wusste es besser. Dass hinter diesen Mauern makabere Spiele abgehalten wurden. Spiele in der Stille und Spiele im Dunkeln. Kurz wand er den Blick zum Boden. Seine Schuhe dürfte er wohl morgen wieder putzen. Er wollte gar nicht so genau wissen, in was für eine Art Schmutz er hier stand. Manchmal war Dunkelheit und Nicht-Sehen doch hilfreich. Manchmal. Das ein oder andere Mal jedoch, musste man eben diesen Zustand ausmerzen. Als sein Blick aufwärts wanderte erhaschte er einen erneuten Blick auf seine Armbanduhr. 22.09 Uhr und noch immer keine Regnung. Es konnte wohl doch nicht jeder so pünktlich sein wie Kaiba. Er tippte mit dem Finger an seine Manteltasche, scharrte mit dem Fuß und sah wieder nach oben. Es war lächerlich, was er hier tat. Er verriet sich damit selbst, das war ihm bewusst. Wenn Wheeler nichts gewusst hätte, spätestens ab dann würde er es wohl. Wieso Kaiba es dennoch tat? Vielleicht aus Neugierde, dem berühmten Nervenkitzel wegen, vielleicht auch, aus dem Drang heraus, Gewissheit haben zu wollen. Gewissheit – das war ein Luxus, den man sich heutzutage nicht oft leisten konnte. Keiner machte mehr ehrliche Versprechen, keiner gab es klares „Ja“ oder „Nein“ von sich. Alles war immer vage und halbherzig. Kaiba verachtete es. Menschen, die ihm nicht antworteten, die nicht zu den Dingen, die sie taten standen, sie widerten ihn an. Er wollte nicht so sein. Hatte er etwas begonnen, so wollte er dafür auch kämpfen. Bis zum bitteren Ende. Es war töricht, sicherlich. Er hätte einfach nichts tun können, die Informationen würden vernichtet werden und keiner würde je erfahren, was zwischen ihnen vorgefallen wäre. Kaiba hätte in seinem Alltag fortfahren können. Alles wäre beim Alten geblieben, es hätte nichts neues gegeben. Doch wer einen Neuanfang suchte, sollte ihn sofort nehmen. Nicht die langsame Veränderung sollte man fürchten, sondern den Stillstand. Seine Blütezeit hatte noch nicht begonnen. Er war sich sicher. Ab jetzt konnte nichts mehr schief gehen. Er richtete seinen Blick auf, als die schwere Tür sich langsam öffnete und helles Licht durch den Spalt sickerte. Eine Person trat heraus, die ersten beiden Treppenstufen hinab und schließlich verharrte er, als er Kaiba an der Wand gegenüber erblickte. Ihre Blicke trafen sich, das Türschloss knackte leise und vom Fernen hörte man das Rauschen der Straße. Die braunen Augen weiteten sich einen Moment, überrascht, schockiert und nicht ahnend, was diese Situation bringen würde. Er trat die nächste Stufe hinab und schließlich zierte ein aufgesetztes, schiefes Lächeln die Züge des Blonden. „Kaiba.“, sagte er, stemmte eine Hand dabei in die Hüften, „Was tust du denn hier?“ Besagter löste sich von der Wand und trat einen Schritt nach vorn, verschränkte die Arme und blickte den Anderen von oben herab an. „Wheeler. Ich denke, das weißt du ganz genau.“, sagte Kaiba ruhigen Tones, erntete ein leises, amüsiertes „Tzz“ des Anderen. „Weiß ich das?“, fragte Wheeler ziemlich schlecht geschauspielert, die Hände hob er unverstehend, „Vielleicht hattest du nach all den Jahren Sehnsucht nach mir?“ Kaiba war nicht nach Scherzen zumute. Er hob nur das Kinn ein Stück, erwiderte formlos: „Red keinen Unsinn, Wheeler. Oder sollte ich ‚0009’ sagen?“ Der Ausdruck des Blonden wurde ernst, er zog die Brauen zusammen und sah Kaiba an, nur kurz, dann wand er den Blick langsam beiseite, schmunzelte leicht und zuckte mit den Schultern. „Ertappt. Und nun? Willst du mich verklagen?“, er wand den Blick hoch, sah Kaiba direkt in die Augen, „0235?“ Er hatte es gewusst. Natürlich. 0001 musste es ihm gesagt haben. Was sonst? Sein Gesicht war präsent. Vielleicht wusste sie um ihrer Vergangenheit? Er hatte es gewusst. Was sonst. „Aber ich hätte nicht gedacht, dass du den Arsch in der Hose hast und mir hier auflauerst.“ Kaiba wand den Blick zu Wheeler, der den Kopf gehoben hatte und ihn misstrauisch musterte, dann leicht lächelte und fort fuhr: „Ich hätte es dir zugetraut mich mitten in der Behandlung zu fragen, aber so.“ Er zuckte mit den Schultern. Mitten in der Behandlung? Wieso sollte er so etwas tun? Er hatte erst durch Nachforschung herausgefunden, dass Wheeler hinter der ganzen Maskerade gesteckt hatte. Wäre er da tatsächlich noch einmal zur Massage gegangen? Oder wollte der Blonde tatsächlich behaupten, Kaiba hätte es vorher wissen sollen? Er spürte fragende, bohrende Blicke auf sich, die stärker wurden, als er nach wie vor nichts erwiderte. Leise seufzend schüttelte Wheeler den Kopf. „Als du mir im Gesicht rumgefasst hast, da habe ich wirklich gedacht, du wüsstest es, aber es kam ja nichts und sowieso war dein Verhalten“, Er zog die Brauen hoch, schwenkte die Hand und schien Worte zu suchen, „merkwürdig?“ Kaiba schnaubte abfällig, stemmte die Hände in die Hüften und antworte ein dunkles: „Das möchtest du mir weiß machen? Wenn du wusstest, dass ich dir gegenüber stand, wieso hast du dann nichts gesagt, getan und sogar noch erwidert, Wheeler?“ Ein schmales Schmunzeln breitete sich auf den Zügen des Anderen aus, er neigte den Kopf leicht: „Ich für meinen Teil war mir bis zum Ende nicht sicher und obendrein...“ Er trat einen Schritt dichter an Kaiba, von unten sah er ihn ein wenig verschmitzt an, hob einen Finger erst in die Luft und senkte ihn schließlich bis kurz vor Kaibas Brust. Noch bevor er ihn berührte malte er in de Luft: „Ich weiß.“ Kaiba sah zu dem Finger, schnaubte amüsiert. Sollte das heißen 0001 hatte nichts ausgeplaudert? Das konnte er sich schlecht vorstellen. Hätte Wheeler das erraten können? Hatte Kaiba sich verraten? Ein frischer Luftzug ließ ihre Mäntel wehen. Der Geruch des Frühlings, des Erwachens, war deutlich darin zu spüren. Er brach sich an Kaiba, hielt ihn kurz fest und riss ihn nieder, wie das tosende Meer ein winziges Schiff. Ihre Blicke trafen sich und für einen kurzen Moment schien es lautlos in der Gasse. „Möchtest du etwas essen?“, fragte Kaiba dunkel, leise, aber durchaus mit ruhiger Stimme. Die braunen Augen blinzelten ratlos, dann amüsiert und er erwiderte: „Lädst du mich ein?“ „Sonst würde ich nicht fragen.“ Wheeler legte ein sanftes Lächeln auf: „Egal zu was?“ „Meinethalben.“ „Mister Donut?“ Kaiba griff sich an die Schläfe, rieb sie sich kurz und zuckte nur mit den Schultern. Er öffnete die Lippen um zu antworten, da legte Wheeler seine Finger auf Kaibas, tauchte mit in die Bewegung ein und führte ihn sanft zu größeren Kreisen. „Wenn du es falsch machst verschlimmert sich der Effekt nur noch.“, erklärte der Blonde ruhigen Tones, ließ dann von ihm ab und sah ihn an, sprach weiter, als wäre nichts gewesen: „Also. Eine Runde Mister Donut? Ich muss mich mal weiter durch die Karte probieren.“ Kaiba ließ die Hand sinken, nickte zustimmend. Wheeler deutete die Gasse entlang, anscheinend den Weg zum auserkorenen Restaurant. „Du weißt aber schon, dass wenn du mich jetzt einlädst, ich das schamlos ausnutzen werde?“, erklärte er im Vorbeigehen, den Schulterblick zu Kaiba, der ihm mit großen aber langsamen Schritten folgte. „Ich habe es befürchtet.“, erwiderte der formlos und trat aus der Gasse heraus. Sie befanden sich auf einer Parallelstraße zur sonst breiten Kreuzung, die zum Haus führte. Es prangte zwar kein großes Einkaufszentrum auf der gegenüberliegenden Seite, dafür aber ein kleiner Laden an den nächsten. Die Menschen liefen hier mindestens genauso wirr durcheinander und hetzten sich ihres Weges. Ihre Blicke wanderten umher, aber nicht das Gleiche suchend. Irgendetwas war seltsam an diesem Ort, an dieser Straße. Die Fenster schienen alle gleich hohl, dunkel und er fühlte sich seltsam beobachtet, wenn er hier zu zweit mit Wheeler entlang ging. Den Blonden schien von all dem nichts aufzufallen. „Sieht das nicht toll aus?“, fragte er während sie an der Ampel standen um die Straße zu überqueren. Kaiba wand den Blick in seine Richtung, suchte etwas bestimmtes, fand aber nichts, was aus der Menge stach. „Was meinst du?“, fragte er nach, tat den ersten Schritt als es grün wurde. Zeigend reckte sich der Arm von Wheeler neben ihm vorbei, deutete den Bürgersteig entlang, der aller zwei Schritte in einem neuen Laden mündete. Kaiba besah es sich, doch seine einzige Reaktion war eine kraus gezogene Stirn. Dort waren nur Menschen, viel zu viele von ihnen, Shops, Schilder. Nichts aufregendes. „Ich finde das sieht total toll aus, wie die Farben von den Restaurants sich aneinander reihen. Wenn es so dunkel wie jetzt ist, guck doch mal. Gelb, grün, rosa, rot. Das ist doch total cool.”, lachte Wheeler, ging schnellen Schrittes weiter. Kaiba wand den Blick wieder aufwärts, ließ die Augen über das Bild huschen, über die verzerrten Farben, die für den Anderen so deutlich schienen. Er sah nur Werbung, nur Namen, die alle gleich unbedeutend waren. Im Kopf hatte er nur Verkaufstrategien, die Maskottchen fand er albern und die Farben signallos. Die Hände in den Manteltaschen vergraben folgte er Wheeler, der anscheinend recht zufrieden mit sich, vorausging. Kaibas Blick blieb an ihm hängen, wie er sich den Weg bahnte, durch Menschen und Licht und dabei nichts von dem Übel der Welt mitzubekommen schien. Blendete er es aus? Recht abrupt machten sie halt und den Kopf wendend, besah sich Kaiba das Restaurant. Das gelb-rote Licht ließ ihn blinzeln, von innen strömte ein schmackhafter Geruch langsam zu ihnen heraus und es wurde warm, so unglaublich warm, wenn er hier stand. Von der Seite spürte er einen Blick, ein sanftes Grinsen: „Sag bloß du warst hier noch nie?“ Kaiba wand den Kopf, schnaubte leise und erwiderte: „Ich ernähre mich gesund.“ Glatte Lüge, aber das wusste Wheeler ja nicht. Wieder nach vorn gewandt gingen sie hinein in die umwerfend, gut duftende Wärme. „Auf was hast du Lust?“, fragte Wheeler, während er mit Kaiba näher an die Glastheke trat und sich die ausgestellte Ware anschaute. Kaiba tat es ihm gleich, nur mit dem Unterschied, dass er dafür nicht seine Nase an dem Glas halb plattdrücken musste. Er wusste dass Mokuba diese Doughnuts liebte und auch seine Sekretärin aß hier ab und an, allerdings hatte er keine Ahnung wie ein „Honey Cookie Cruller“ schmecken sollte. Der Blonde schien da weitaus begeisterungsfähiger zu sein. „Hm ‚Pon de Double Chocolate’ hatte ich letztes mal schon. Das war lecker, aber heute darf’s ruhig mal was anderes sein. Erdbeere? Kokos?“, dachte er laut, rieb sich das Kinn und wippte leicht mit den Beinen, besah sich nun wohl schon zum dritten Mal die Ware, „Was nimmst du?“ Kaiba sah auf, musterte die Getränkekarte einmalig und erwiderte: „Kaffe, schwarz.“ Er hörte ein leises Aufächzen neben sich, Protestgemurmel: „Das kann doch nicht wahr sein. Du bist hier und willst nur einen Kaffe? Sag mal, Geldsack, willst du knausern?“ Mit erhobenen Brauen quittierte er den Kommentar, kam aber nicht dazu den Blonden zu unterbrechen: „Hör zu; Ich bestell für uns beide und du suchst einen Tisch, Okay? Kann man ja nicht mit ansehen, wie der verwöhnte Junge das gute Essen verschmäht.“ „Und wie gedenkst du zu zahlen?“, fragte er leicht höhnisch zurück, erntete ein erneutes Ächzen. „Magst du Schokolade?“, fuhr Wheeler unbekümmert fort. „Nur wenn sie nicht süß ist.“ „Erdbeeren?“ “Nein.“ „Azuki?“ “Geht in Ordnung.“ Seufzend atmete der Blonde ein, schüttelte leicht den Kopf in Kaibas Richtung, bevor er sich an die Bedienung wand, die hinter der Kasse ihrem Gespräch belustigt gelauscht hatte. Er hob den Finger, bestellte: „Einmal einen ‚Maple Flocky Chou’, ‚Angel Cream’ und einen Mango Smoothie und für den Herren hier einen ‚Brown Sugar Café Latte’ und einen ‚Pon de Azuki’. Zum hier essen. “ Blinzelnd sah Kaiba zu Wheeler. Seine Noten waren unterstes Niveau gewesen, aber Englisch sprechen konnte er und sich Namen von so etwas unwichtigem wie diesen Doughnuts hier merken. Die Kassiererin hatte eifrig mitgetippt, lud ihnen die Bestellung auf ein Tablett und Kaiba übernahm die Rechnung. Schweigend folgte er dem Blonden zu einem Tisch und seine Beine dankten es ihm, als er sich setzte. Die Augen dagegen waren unruhig, er musterte das Essen nicht, denn er spürte überdeutlich einen fragenden Blick auf sich. „Seltsame Situation, nicht wahr?“ Kaiba sah langsam auf, Wheeler lächelte verlegen. Ein ehrliches Lächeln. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich nach vier Jahren noch mal wieder sehe.“, beendete er leise und fuhr unruhig mit den Fingern über das Tablett, zog sich langsam den durchsichten Plastikbecher ran und rührte in der Sahne. Kaibas Gedanken drifteten kurz ins Unzüchtige ab, als er ihm zusah, wie er die Lippen um den Strohhalm legte um den Saft zu trinken. Nichts erwidernd griff er sich das Kaffee-Milch-Gemisch, dass seiner Meinung nach zuviel des Bitteren verloren hatte. Was war es schon für ein Suchtmittel, wenn man nicht etwas deutlicher spürte, was man seinem Körper antat? „Ist übrigens echt nett von dir, aber nicht nötig.“ Kaiba sah langsam auf, zu Wheeler, der den Kopf beiseite gewand hatte und aus dem Fenster sah. Fragend zog er die Stirn kraus, besah sich das Tablett mit dem Gebäck. „Ich hätte schon nichts ausgeplaudert.“, murmelte der Blonde leise zwischen den Fingern, die Augen niedergeschlagen und zu dem Getränk linsend. Nahm der Trottel gerade wirklich an, dass Kaiba ihn hatte bestechen wollen? Kaiba stützte seine Wange in seine Hand, mit einem wohlgefallenem Gesicht sah er Wheeler an, erwiderte ruhig: „Wieso glaubst du hätte ich das annehmen sollen? Ich habe bis gestern nicht gewusst, dass du dahinter steckst.“ Die Lippen lösten sich augenblicklich vom Strohhalm und Wheeler sah Kaiba an, blinzelte unglaubwürdig, nicht sicher, ob das ein Scherz sein sollte. „Du hast es nicht gewusst?“, blankes Entsetzen sprach aus dem Ton: „Verarsch mich nicht. Du hast mich angefasst, du würdest doch nicht...“, sein Gehirn schien auf Hochtouren zu arbeiten. Was für ein Fortschritt. Blinzelnd und mit noch geschockterem Ausdruck fuhr er fort: „Würdest du? Nein. Hör auf. Du legst mich rein. Du willst mir nicht erzählen, dass gerade du nicht eins und eins zusammen hast rechnen können.“ Der sollte mal nicht so überdramatisieren. Kaiba tippte mit dem schlanken Zeigefinger an seine Wange, hob die Brauen stumm. Und wenn es so wäre? Der Blonde grinste leicht, neigte den Kopf, „Du hast es ehrlich nicht gewusst? Das überrascht mich. Aber Okay. Im Gegensatz zu mir hattest du wohl auch nie Grund Parallelen zu ziehen, neh?“ Kaiba rührte in seinem Kaffee, schaute wieder auf das Gebäck, dass noch unberührt da lag. Wheeler folgte seinem Blick und zog leise auflachend das aufgeplusterte, mit weißem Zucker bestäubte Bällchen zu sich. Amüsiert sah Kaiba ihm bei seinem ersten Bissen zu. „Was waren das für Gründe?“, fragte er dunkel, wieder an dem süßen Kaffee nippend, den Blick aber nicht vom Puderzucker nehmend, der an den blassroten Lippen klebte. Schluckend antwortete Wheeler: „Nun, du musst dir mal überlegen, dass ich da ja nicht angefangen hab, ohne zu wissen was auf mich zukommt. Die haben von Anfang an gemeint, dass die Kundschaft wohl exklusiver, prominent sein wird und irgendwie, ich weiß nicht, da hatte ich eben immer dich vor Augen. Du warst ja schließlich so was wie der einzige Prominente, den ich persönlich kannte.“ Kaibas Blick wandelte sich ins amüsierte und er schluckte den Kaffee tonlos. Von Anfang an an ihn gedacht? So war das also. Gut zu wissen. Wheeler brummte: „Bild dir bloß nichts ein, Geldsack.“ „Und wenn doch?“ Er deutete mit dem Strohhalm auf ihn, wedelte damit bedrohlich, fand aber die Füllung des Zuckerzeugs doch interessanter, als Kaiba. Er tauchte den Finger in die weißliche Creme, nuckelte dann an der Kuppe. Er sah ihm zu, interessiert, aber unauffällig. Innerlich versuchte er sich klar zu machen, dass diese Hände in der Dunkelheit zu anderen Dingen berufen waren. „Ich meine, seit ich dort gearbeitet habe und das ist ja schon fast ein Jahr, hab ich mir immer bei einem Kunden gedacht: ‚Und was wäre, wenn da jetzt Kaiba liegen würde?’. Es war ja nicht so, als könnte man dein Gesicht so schnell vergessen. Deine Visage flimmert ja immer in Übergröße über die Monitore der Stadt.“ Spitzbübisch streckte der Blonde ihm die Zunge raus, „Aber in den meisten Fällen war es mir dann einfach klar, das du es nicht hast sein können. Man wird ja feinfühlig für so was und außerdem geben die meisten Laute von sich, dass man bestimmte Stimmen zu ordnen kann.“ Zuviel Information. Kaiba zog die Brauen ein wenig angewidert zusammen, betrachtete sein Gebäck fragwürdig. Hatte er nun noch Appetit? Definitiv nicht. Wheeler lachte. „Schau nicht so. So war das nicht gemeint!“, grinste er, beugte sich dann etwas tiefer und wurde leiser: „Aber die wenigsten sind wirklich still. Ich meine, also, du weißt es ja selbst, wie es sich anfühlt.“ Ohja, das wusste er und mit einem Blick auf die Hände, fragte er sich, ob es wohl das letzte Mal gewesen war. „Normalerweise lockern sich die Leute auch nach fünf Minuten, du hast dafür fast drei Sitzungen gebraucht.“ Kaiba sah etwas stockend auf, machte eine ernste Miene. Was sollte das den heißen? Der Blonde schien nach wie vor amüsiert. „Obendrein kenne ich wohl keinen Menschen außer dir, der äußerlich wie innerlich so kalt ist. Die Haare waren auch verräterisch, deine Statur. Allgemein gesprochen eben alles. Spätestens bei der Gesichtsmassage war ich mir sicher gewesen, so gut wie.“ Kaiba blinzelte, in einer gewissen Form, überrascht. So offensichtlich soll er gewesen sein? Seit wann hatte Wheeler ihn so gut gekannt? Wieso war ihm selbst nichts aufgefallen? Der Blonde hatte sich zurückgelehnt und Kaiba angesehen, hatte bereits den zweiten Zuckerring zu sich gezogen. Kaibas war noch unberührt. „Du solltest wirklich probieren. Mit Azuki ist das unglaublich lecker.“, er deutete auf das Gebäck, aß selbst von seinem und ein wenig Ahornsirup quoll daraus hervor. Kaiba zupfte vorsichtig an dem luftigen Teig, wurde dabei von Wheeler beobachtet, der zufrieden feststelle, dass es doch schmecken musste. Zumindest spuckte Kaiba es nicht wieder aus. Er öffnete die Lippen um etwas zu sagen, da nahmen hinter ihnen zwei Frauen Platz, die eine wohl in Kampf um ihre Beherrschung. Der Blonde nickte mit dem Kopf hinter und Kaiba wand sich kurz um hinsehen zu können. Nebst einem dicken Stapel an Doughnuts und heißer Schokolade, hatte die eine junge Frau ihre Freundin tröstend im Arm. Das Schluchzen konnte sie gerade so noch unterdrücken, sagte aber wohl lauter als gedacht, als sie sich an die Schulter drückte: „Und er hat die Pralinen einfach so weggeschlagen und gemeint, ich sollte bloß mit dem Scheiß weggehen und dass ich doch genau wüsste, was bei ihm jetzt los wäre und...“ Der Rest ging unter. Kaiba wand den Kopf zurück, die Brauen gelangweilt gehoben. Es war Valentinstag, stimmte. Die Schattenseite der Medaille zeigte sich hier wohl. Den Kaffee wieder heranziehend blickte er zu Wheeler, den mitleidsvollen Blick erwartend, doch alles was er sah, war ein sanftes Grinsen. Bildete er sich das ein oder war das Sadismus in den Zügen? „’Lass mal in den Park gehen und glücklich Pärchen vergiften.“ Kaiba hatte den Kaffe an den Lippen, vergaß aber zu trinken und sah stattdessen regungslos zum Blonden, blinzelte –einmal, zweimal. Hatte er gerade gesagt, was er dachte, gehört zu haben? Wheeler sah mit einem sanften Schmunzeln zu Kaiba. „Glaubst du tatsächlich, dass du der Einzige sein darfst, der rumstänkert?“, fragte er ihn und tippte sich mit dem Zeigefinger auf die Nase. Amüsiert hob Kaiba die Brauen, schluckte schließlich den warmen Kaffee um dunkel zu antworten: „Nicht im geringsten. Aber du musst noch viel lernen.“ Als Antwort bekam er ein Lachen: „Und du meinst ich könnte vom Großmeister persönlich, der seine Seele an Satan verkauf hat, lernen?“ „Dafür müsstest du erst einmal mir deine Seele verkaufen.“ Wheeler grinste, nickte leicht, „Solang es nichts mit Hundekostümen ist.“ Kaibas Mundwinkel zuckten amüsiert. Auch das hätte er beinah vergessen. Beinah. Gott sei Dank wurde es ihm so eben in Erinnerung gerufen. „Das kommt anschließend. Nach dem Niederknien und dem Schwur, dass du mich ab sofort nur noch ‚Meister’ nennst.“, erklärte er fachmännisch, zupfte wieder etwas von dem Gebäck mit dem süßen Bohnenmus. Gar nicht so schlecht. „Mit dem Niederknien komme ich ja klar, aber ‚Meister’?“, Wheeler hob die Brauen, sah provokant zu seinen Händen, hob sie, bewegte die Finger leicht kreisend, imaginäre Schultern massierend, „‚Meister’? Ich weiß ja nicht, wer hier, was von wem lernen sollte und wer hier mehr auf wen angewiesen ist und außerdem...“ Kaiba schnaubte dunkel. Wheeler würde ihn damit ewig nachhängen. Typisch. Zu dumm nur, dass der Blonde an der Sache auch nicht ganz so unschuldig war, wie er tat. „Natürlich, du Genie. Willst du für die Erkenntnis eine Umarmung?“, fragte er mit einem süffisanten Ton, erntete ein leises Auflachen. Wheeler nahm den letzten Bissen seines Zuckerrings, nuckelte am Zeigefinger und sah Kaiba an, hielt dem Blick stand, bevor er wieder leicht lächelte. „Wie geht’s Moki?“, fragte er zusammenhangslos , wand sich wieder dem halbgeschmolzenem Getränk zu. Kaiba kannte diese plötzlichen Sprünge in der Konversation, das war nichts Neues für ihn. „Er ist in der Pubertät und dementsprechend anstrengend. Er selbst würde es wohl als gut bezeichnen.“, erklärte er zurücklehnend, den Blick aus dem Fenster richtend. Es fiel ihm ein, worum er ihn gebeten hatte. Letzten Endes war er nicht allein, auch wenn das wohl nicht so im Sinne seines Bruder gewesen wäre. „Erfreu dich noch an ihm, solang du kannst.“, grinste der Blonde, rührte im Saft und der verflüssigten Sahne, trank wieder. Kaiba sah zu ihm. „Deine Schwester. Sie ist wohl weg?“ Er nickte leicht, seufzte hohl. „Sie will im Ausland studieren. Wer weiß warum. Ich hatte ja gehofft sie würde zu mir ziehen, aber daraus wird ja jetzt nichts.“ Kaiba nickte verstehend, rührte in der fast leeren Tasse. „Und der sonstige Idiotenverband?“ Nicht dass er sich sonderlich für die interessierte, aber Wheeler schien durchaus einsam. Was ihm seltsam vorkam, wenn er an den sonstigen ziemlich penetranten Anhang dachte. An diese Labertaschen, die in jedem zweiten Satz ‚Freundschaft’ oder ‚Schicksal’ einbrachten oder dieses blonde Playmate, was sich mal an ihn rangehängt hatte. Er zuckte die Schultern, „Irgendwann setzt jeder seine Prioritäten wo anders.“ Er antwortete nicht, nickte nur erneut und mit dem Fingern wieder etwas Gebäck abzupfend. Es wunderte ihn nicht, dass dieses Gerede von Freundschaft im Endeffekt doch nur heiße Luft gewesen war. Menschen sind so. Daran zu glauben man würde eine Ausnahme treffen, war naiv. Wheeler sah ihm zu, den Kopf in die Handfläche gestützt und leicht grinsend. „Irgendwie ja schon eine seltsame Situation.“, murmelte der Blonde, richtete den Blick auf den Saft in dem er rührte und ab und an daran nippte. Kaiba wartete bis er fortfuhr. Er fragte nicht gern nach; Umso angenehmer erschienen ihm Personen, die von sich aus das wichtigste Erzählten. „Dass nach der ganzen Zeit gerade wir uns so wiedersehen. Ich hab damals gehofft, dir noch mal was sagen zu können, aber unsere Wege trennten sich ja recht schnell.“ Es hätte ihm eigentlich logisch erscheinen müssen, dass Kaiba nicht auf eine Abschlussfeier oder den Ball gekommen ist. Kaiba seufzte lautlos: „Was wolltest du mir denn sagen?“ Wheeler lächelte schwach: „Was du doch für ein aufgeblasener Windbeutel bist, natürlich.“, er schüttelte den Kopf, als Zeichen dass er nur scherzte, „Erinnerst du dich an diesen einen Abend, wo Mokuba eingeladen war, zu Yugi zu kommen? Ich weiß nicht, woran es lag, dass er immer von dir erzählen musste. Am Anfang fand ich es nur lästig und nervig, aber später hab ich gemerkt, dass er nur versucht hat, dass wir dich sympathischer finden, einen besseren Eindruck von dir bekommen.“ Kaiba hob die Brauen ein wenig, amüsiert schnaubend antwortete er: „Da muss er euch ja schöne Lügen aufgetischt haben. Ich bin nicht sympathisch, falls du das noch nicht bemerkt hast.“ Wheeler grinste, hob den Becher um am Strohhalm zu saugen, wurde dabei aufs genaueste beobachtet und schluckend sagte er: „Er hat uns Babyfotos gezeigt. Herrje, warst du niedlich.“ Kaibas Ausdruck wandelte sich in eine Mischung aus Unglauben und Zorn. Wheeler fuhr hastig fort: „Nein, hat er natürlich nicht.“, er grinste, „Aber er hat mir eben erzählt und je mehr ich wusste, desto stärker wurde mir klar, wieso wir uns so verabscheut haben und dass es eigentlich lächerlich war.“ „Du warst lächerlich, ohja.“, Kaiba lehnte sich zurück, „Ich für meinen Teil habe filmreich gekontert.“ Der Blonde ächzte, murmelte etwas von wegen: „Dass dieses Ego hier reinpasst, Wahnsinn.“ Fuhr aber schließlich fort: „Ich meine, na ja du kennst deine Vergangenheit ja selber und mir wurde schließlich bewusst, dass wir uns ähnlicher sind, als wir weiß haben wollten. Deswegen konnten wir uns nicht leiden.“ Und gleichzeitig aber auch nicht voneinander lassen. Was für eine Ironie. Kaiba schloss ungläubig die Augen, atmete tief: „Das ist vollkommen unlogisch, Wheeler.“ Der Angesprochene brummte: „Ist es nicht!“, erklärend hob einer einen Finger, „Sieh es so. Was hasst man mehr, als den Menschen, der einem am ähnlichsten ist und somit die eigenen Schwächen am stärksten verkörpert?“ Kaiba sah ihn an, ausdruckslos und kurz anscheinend wirklich überlegend: „Erstens, sind wir uns nicht ähnlich. Zweitens, habe ich keine Schwächen. Und drittens, wird deine Theorie in sich unschlüssig, da wir ja gerade hier sitzen und weit entfernt davon sind uns zu ‚hassen’.“ Er erntete wieder ein hohles, genervtes Seufzen. Wheeler schien die ersten Punkte zu übergehen –warum nur?: „Sie wird nicht unschlüssig. Schließlich sind seit dem vier Jahre vergangen und wir sind erwachsener geworden.“, Er musterte Kaiba., „Okay, zumindest kann ich das mit Sicherheit von mir behaupten, aber der Punkt ist doch, dass man mit der Zeit lernt, sich zu akzeptieren. Meine Fehler sind mir bei weitem nicht mehr so im Weg wie damals und mit der Erkenntnis hatte ich auch keinen Grund, dich bloß zu stellen, als ich wusste, dass du vor mir liegst.“ Kaiba hatte die Arme verschränkt, erhaschte einen Blick von dem Blonden, der sich leicht grinsend dann langsam zurücklehnte, „Obwohl ich mir das jetzt wohl noch mal überlegen sollte.“ Kaiba schnaubte dunkel durch die Nase. Er würde ja sagen, dass Wheeler es genauso gewollt hatte, allerdings hätte er dann automatisch zugegeben, dass dort von ihm selbst ein Verlangen gewesen war und sich offiziell diese Blöße geben, würde er nicht. Da konnte der Köter noch so oft drohen. „Oder hast du mich aus einem anderen Grund nicht leiden können?“ Kaiba sah auf zu dem Blonden, der ihn von unten fragend ansah, die Stirn dabei zusammengezogen. Ach ja, er hatte ja ihre frühere Problematik erläutert. Sollte er darauf in etwa ein Statement abgeben? Er sah zur Seite, aus dem Fenster und beobachtete die wenigen Menschen auf der beleuchteten Straße. „Es war sinnlos. In der Tat.“, begann Kaiba dunkel, sah den Blonden aber nicht an, „Wir hatten wohl nie einen Grund uns gegenseitig so zu verabscheuen. Allerdings glaube ich nicht, dass es darauf beruhte, dass wir uns in irgendeiner Weise ähnelten oder ähneln. Wir sind grundlegend verschieden.“ Wheeler lachte leise, Kaiba hatte gar nicht bemerkt, wie er sich etwas von dem Azuki-Gebäck geklaut hatte. Die brauen Augen lagen mit einem verschmitztem Blick auf ihm, dann griff er langsam rüber und deutete auf die Kette, die Kaiba trug. „Was ist das?“, fragte der Blonde lächelnd, den anderen Finger mit der Zunge vom Puderzucker befreiend. „Sicherlich ein Armband.“, erwiderte Kaiba, die Augen leicht gerollt. „Da drin ist ein Bild von Mokuba, nicht wahr?“ „Und wenn es so wäre?“ Wheeler zog die Hand zurück, stützte damit wieder seinen Kopf und legte ihn leicht schief, fuhr erklärend fort: „Das Wichtigste für dich ist dein Bruder. Das weiß ich, das weiß jeder. So etwas wie deine einzige Schwachstelle. Warum das aber so ist, wissen nur wenige.“ Kaiba hob die Brauen. Worauf wollte der hinaus? „Ich trage immer ein Bild von Serenity bei mir.“ Darauf. Soso. Kaiba nickte verstehend, erwiderte: „Das ist keine Seltenheit.“ Joey hob die Brauen, seufzte dunkel: „Soll ich weitermachen?“ “Tu dir keinen Zwang an.“ „Dein Vater.“ Kaiba zog die Brauen stark zusammen, verschränkte die Arme abwehrend. „Das geht dich nichts an.“, raunte er, doch der Blonde ließ sich nicht einschüchtern. Er lächelte schwach, die schmalen Schultern hoben sich, als er tief einatmete. Er wand den Blick tiefer, seine Stimme wurde ebenfalls ruhiger, „Als ich noch recht neu an der Schule war, haben mich doch alle ‚Paperboy’ genannt. Weißt du warum?“ Kaiba nickte. Wheeler hatte wie er auch in der Schulzeit gearbeitet. Nur hatten die beiden Berufe wohl unterschiedlichen Stellenwert gehabt. „Mein Vater war ein alkoholabhängiger Glücksspieler. Er hat sich also genauso liebevoll und viel um mich gekümmert, wie Gozaboru um dich.“ Kaiba blinzelte und sah auf. Die brauen Augen fixierten ihn Gott sei Dank fest, da er sonst das Gefühl hätte, den Boden unter den Fußen zu verlieren. Der sanfte Geruch der Backwaren versickerte, die leisen Geräusche um sie herum wurden letztendlich stumm und es schien, als würde es nur sie beide geben und diese Erkenntnis, die wie drohendes Unheil über ihnen stand. Er war nicht schockiert, dafür hatte er zuviel Ungerechtigkeit auf der Welt gesehen; Nur ein wenig angehalten hinzusehen. Er hätte vieles vermutet, ohne sich jemals wirklich Gedanken darüber gemacht zu haben. Natürlich war es auffällig, wenn jemand nie über seine Eltern sprach, doch welche Familien waren heutzutage schon intakt? War es nun ein fanatischer Vater, der seinen Sohn in ein Leitbild zwängte ohne auf Ecken und Kanten zu achten oder einer, der mit seinem Leben nicht im Reinen war und Ausflüchte suchte. Überall gab es diese schwachen Menschen, die ihre Fehler auf andere bügelten. Überall. Es war nichts überraschendes. Das wirklich Überraschende, war die Art und Weise, wie Wheeler es zu verdauen gelernt hatte. Ein unabdinglicher Kampfgeist, der jeden noch so großen Rückschlag standhielt. Nach unzähligen Abstürzen, Demütigungen, kraftlosen Momenten aufzustehen und zu lächeln. Das war etwas, was Kaiba in diesem Moment nicht greifen konnte und das die wirklich große, klaffende Lücke zwischen ihnen bildete. „Hm.“, der Blonde streckte sich geräuschvoll, ließ sich zurücksinken und sah zur Seite, „Das hab ich seit vier Jahren mit mir rumgeschleppt. Die Erkenntnis.“ Immer noch ein wenig paralysiert sah Kaiba zu ihm. Ein Blick der jenseits vom fassbaren war. Wheeler lächelte sanft, lehnte sich nach vorn: „Wie gesagt. Was hasst man mehr als den Menschen, der einen am ähnlichsten ist und der somit die eigenen Schwächen am stärksten verkörpert?“ Kaiba schien nicht anwesend. Er schwebte irgendwo, weit über sich selbst und fasste gerade nicht, dass das, was der dort von sich gab, einen wahren Kern haben könnte. All die Umstände, die sie zu dem gemacht hatten, was sie nun waren. Wie sie sich gegenüberstanden und von Außen zu etwas geformt, was sie vielleicht nie hatten werden wollen. Zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort, wäre vielleicht alles anders ausgegangen. Vielleicht hätten sie sich näher gestanden als sie es nun taten, als sie es damals getan hatten. Damals war aber nicht jetzt und nicht heute. „Aber wir hassen uns nicht.“, sagte er mit dem letzten klaren Gedanken, den er greifen konnte. „Wir haben eben gelernt zu akzeptieren.“ Akzeptieren? Die eigenen Schwächen? Ihre Vergangenheit war der Grund all ihres Übels. Hätte Wheeler in seiner und Kaiba in des anderen Haut gesteckt, wären sie so, wie sie sich nun gegenüberstanden? Hätten sie für das gleiche gekämpft? Das was sie stark machte und gleichzeitig so unglaublich verletzlich. Sie waren sich ähnlich, so ähnlich, dass es fast schon beängstigend war und dennoch gab es keine Menschen, die unterschiedlicher als sie hätten sein können. Sie hatten akzeptiert, nicht nur ihre Fehler, sondern auch einander. Das gespiegelte Bild von einer Zeit, in der sie noch roh und formbar gewesen waren; Nun saßen sie sich gegenüber, vollendet und in stark unterschiedliche Richtungen gewachsen. Das Kind in ihnen war allerdings gleich schwach. Der Blonde musterte ihn kurz, seufzend sah er zur Seite und betrachtete ihr Spiegelbild im Glas. „Schon so spät.“, murmelte er, kratzte sich leicht an der Wange, „Vielleicht sollten wir langsam Heim gehen.“ Kaiba konnte nur zustimmend brummend, warf einen knappen Blick auf die leere Tasse, den kläglichen Rest des Saftes und die Krümel auf dem Tablett. Das war dann wohl das Ende. Wheeler erhob sich und brachte ihren Müll weg, Kaiba ging bereits hinaus und suchte in der Manteltasche seine Zigaretten. Als der Blonde neben ihn trat und er gerade sein Feuerzeug anwerfen wollte, erntete er nur einen verständnislosen Blick. „Wenn du dir jetzt eine Zise anmachst, neh!“, brummte er und klaute Kaiba den Glimmstängel aus den Lippen. „Dann was?“, fragte er brummend, nach der Zigarette greifend. Wheeler zog den Arm immer wieder weg, grinste nur leicht anstatt zu antworten. Schließlich warf er sie einfach achtlos beiseite auf die Straße. Kaiba sah ihr beim Wegrollen nach. Die Autos zogen daran vorbei und das rote Licht blitzte in den Fenstern auf. Das war dann wohl das Ende. „Womit bist du zur Arbeit gefahren?“, fragte Kaiba leise, die Hände in die Manteltaschen wandernd. Wheeler sah zu ihm hoch, „Ganz normal. Bahn.“ Kaiba sah zu ihm runter, „Soll ich dich Heim fahren?“ Lächelnd nickte der Andere. „Gern!“, sagte er und sah sich um, „Wo hast du geparkt?“ Kaiba nickte in die Richtung und ging voraus, der Blonde folgte an seiner Seite. Wenn er zu ihm sah, nahm seine Haut den Ton der Lichter an, die an ihnen vorbei zogen. Als tauchte er mit jedem Schritt in ein anderes Farbenmeer. Die Gesichter der übrigen Menschen waren unscharf und die Schriftzeichen Bedeutungslos, die Töne ausgeblendet; Beinah hätte er vergessen, wo er hin wollte, wenn er den Anderen so ansah. Auf dem Parkplatz zog Kaiba seine Schlüssel, es piepte, blinkte und er öffnete die Tür des silbernen BMW. Wheeler stieg auf der anderen Seite ein, besah sich das Innenleben des Wagens. „Lässt du dich nicht mehr mit der Limousine chauffieren?“, er grinste zu Kaiba, der sich anschnallte und den Motor startete. „Selber fahren hat einen gewissen Reiz.“, antwortete er knapp, wartete, dann fuhr er los. „Weißt du, wie du fahren musst?“, fragte Wheeler und beschaute sich die Ampel, die Kreuzung, anscheinend ohne recht zu wissen, wie er nach Hause kommen würde. Kaiba nickte stumm, erntete einen ungläubigen Blick. „Du weißt wo ich wohne?“, fragte der Blonde verwundert darüber. Als würde sein momentaner Wohnsitz nicht in den Akten stehen. Er war CEO der Kaiba Corp. Diese Stadt gehörte ihm praktisch. Kaiba antwortete nichts, fuhr einfach weiter, einen misstrauischen Blick dabei im Nacken. Wheeler schien zu sehr damit zu beschäftigt aus dem Fenster zu schauen, Kaibas Weg zu verfolgen, als zu reden. Anfänglich schien er sich unsicher mit der Richtung, doch nach einiger Zeit, als es weiter stadtauswärts ging, hatte er doch begründete Bedenken. „Ich fürchte, dass das nicht der Weg zu mir ist.“, murmelte er und sah in Kaibas Richtung. Jener hob amüsiert die Brauen, ließ sich aber sonst nichts anmerken: „Warst du schon immer so schnell, Wheeler? Wer hätte das denn ahnen können.“ Der Blonde brummte dunkel, blies die Wangen auf und motzte: „Du hast gesagt, du weißt, wie du fahren musst.“ „Das weiß ich auch.“, erwiderte Kaiba prompt, ohne Ausdruck. Von außen konnte man wohl wirklich nicht sagen, was er vor hatte. „Und wohin fahren wir dann, wenn ich den Herren Stadtplan fragen darf?“ Kaiba fasste etwas härter ans Lenkrad, die weißen Knochen waren zu sehen, sonst schien er aber ruhig. Die Lippen zuckten einmal kurz, bevor er leise sagte: „Zu mir.“ Wheeler wand den Kopf langsam, musterte Kaiba von der Seite. Die geöffneten Lippen wollten den Unglaube nicht wirklich zum Ausdruck bringen. Schließlich schluckte er langsam die Bedenken hinab, lehnte sich zurück in den Autositz und verschränkte die Hände auf dem Schoß. Die Augen geschlossen murmelte er leise: „Du hättest auch einfach fragen können, ob ich noch mit zu dir gehen möchte.“ Kaiba atmete tief. Fragen waren unbrauchbar. „Hättest du denn ‚ja’ gesagt?“, erwiderte er ruhig, aus den Augenwinkeln blickte er zum Blonden, dessen Brust sich sanft beim Atmen hob, er lächelte langsam und wand den Kopf. Für diesen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke. „Siehst du mich schreiend aus dem Auto stürzen? Ich hätte also eher nicht abgelehnt.“, sagte er leise und atmete erneut tief ein, als hätte es ihn genauso viel Überwindung gekostet, wie Kaiba selbst, diesen Umstand zuzugeben. Er wollte nicht allein sein, sie wollten es nicht. Nicht heut Abend und nicht morgen, zu keiner Zeit der Welt mehr. Kaibas Blick war wieder auf die Straße geheftet, Wheeler sah zur Seite aus dem Fenster und besah sich die vorbeiziehenden Häuser. Die Grundstücke wurden größer, die Gebäude höher, die Einfahrten länger und die Autos, die davor parkten, teurer. Er schien amüsiert darüber, mit Kaiba hierher zu fahren. „Ich war noch nie in der Villa.“, seufzte Wheeler lautlos, den Blick weiter nach draußen geheftet. Kaibas Mundwinkel zuckten kurz amüsiert. „Neugierige Hundenasen werden da ja auch nicht reingelassen.“ Der Blonde hob den Finger anmerkend, antwortete grinsend: „Nicht? Aber jetzt nimmst du mich mit rein? Bin ich aufgestiegen zum Wolf, oder was?“ Kaibas Blick blieb amüsiert, aber weiter auf der Straße. Er überlegte leise brummend und erwiderte dunkel: „Aufgestiegen bist du. Vom Straßenköter zum Schoßhündchen.“ Der Blonde knurrte zur Antwort leise, neigte sich näher zu ihm und murmelte dunkel: „Hast du vergessen, dass ich dich in der Hand habe? Sprichwörtlich. Hand. Hände. Du darin. Verstehen wir uns, Mister?“ Kaibas Braue wanderte höher und er sah aus den Augenwinkel zu dem Anderen rüber, der überlegen grinste, sich anschließend wieder zurücklehnte. Er erwiderte nichts. Das Thema war zu intim um es hier und jetzt zu besprechen, es nur anzuschneiden. Vielleicht würde sich der richtige Moment bieten. Irgendwann. Wenn Kaiba nicht neben Wheeler sitzen würde. Eventuell. Sie bogen ein, die Auffahrt hinauf. Die Fenster der Villa waren dunkel, jedes einzelne, das an der aufbäumenden Fassade zu ihnen blickte. Die Türen verschlossen, alles säuberlich geputzt und die Hecken zurecht geschnitten. Die äußere Erscheinung passte perfekt zu Kaiba selbst: Gepflegt, geordnet, leer und einsam. Er parkte in der Garage, neben der Limousine, dem Motorrad und der sportlichen Dodge. Anerkennend pfiff der Blonde beim Aussteigen, sah sich kurz in dem geräumigen Anbau um, bevor er den Kopf wand und Kaiba folgte, der das Garagentor und das Auto abgeschlossen hatte. Er hielt sich nicht auf und ging sogleich die Treppe hinauf in den Flur, der eher einer Eingangshalle glich und ließ dem Blonden kaum Zeit sich wirklich umzusehen, die Details auszumachen. Jetzt, wo sie allerdings hier zu zweit standen und das Licht sich kontinuierlich im Haus ausbreitete, es ihm Farbe und Wärme zurückgab; Was wollten sie da eigentlich tun? Die Schuhe ausgezogen, hängte Kaiba seinen Mantel in die Garderobe, ließ sich auch Joeys Jacke geben und sah schließlich zu ihm. Die brauen Augen sahen ihn nicht minder ratlos an, als er es selbst war, fast ein wenig fragend. Kein Wunder, es war seine Idee gewesen, hier herzu kommen ohne jemals einen Plan gehabt zu haben, was dann passieren würde. Schließlich nahm er äußerst selten Menschen mit in sein Heim und wenn, ging es recht schnell ins Schlafzimmer. Er sah zu Wheeler. In diesem Fall wäre das wohl ausgeschlossen. Seufzend wand sich der Blonde um, besah sich das Vorzimmer. „Hast du alles selber eingerichtet?“, fragte er und ging einige Schritte umher, sich Bilder und Skulpturen ansehen. Kaiba folgte ihm langsam, murmelte dunkel: „So ziemlich.“ Das war Gozaborus alte Villa, er hatte einfach die Tapeten und Böden entfernen lassen und alles neu eingerichtet. Nichts besonderes also. Wheeler drehte sich langsam und sah zu ihm, hob die Braue: „Wo bleiben deine Manieren, Geldsack? Willst du mir nicht was zu trinken anbieten? Oder mir vorschlagen einen Film zu sehen? Oder mir deine Briefmarkensammlung zeigen?“ Kaiba schnaubte amüsiert, nickte in eine Richtung und ging schließlich vor. Der Blonde folgte ihm in das Wohnzimmer, sah sich auch hier mit großen Schritten um. Sein Blick blieb an dem Aquarium hängen, das nebst dem Sofa bis zur Decke ragte und allerlei bunte Fische beherbergte. „Was möchtest du trinken?“, fragte Kaiba, ging zur Tür in Richtung Küche. Wheeler sah ihm nach, „Tee oder Wasser?“ Als Antwort bekam er ein Nicken, bevor der Größere im Nebenzimmer verschwand. Wheeler selbst hatte stattdessen die Möglichkeit sich ungeniert umzusehen, einen kleinen Einblick darin zu erhaschen, wie ein Seto Kaiba sich wohlfühlen musste. Dass dies große, ausladende Räume beinhaltete in denen dieses riesige Ego auch Platz finden musste, war ihm von Anfang an klar gewesen, doch überraschte ihn der viele weiche Stoff, die runden Formen und weichen Farben. Es war unauffällig dezent, keine Besonderheiten stachen hervor, doch im Gegensatz zu seiner Vorstellung, war es nicht kalt oder lieblos. Kaiba kam wieder herein, eine Flasche mit grünem Tee und zwei Gläser in der Hand. Wheeler sah ihm zu, wie er sich auf die breite, lange Couch setzte und ihnen eingoss. Er wirkte verloren auf dem dunklen Stoff , den Blick nach vorn auf einen unbewegten Fernseher und eine Bücherwand, die sich hohl und leer ihnen entgegenreckte. Kaiba nippte gerade am Glas, stellte es ab und wunderte sich für einen kurzen Moment, dass es hinter ihm so still war, da spürte er, wie sich schlanke Finger durch sein Haar schoben und sich die Kuppen an seinen Hinterkopf setze. Welcome to tonight’s phantasm. 5. End TBC. A/N: Hat man dem Umbruch sehr gemerkt? O:< *Angst* Schließlich ist Kaiba jetzt nicht mehr allein und dieses Kapitel beinhaltet deutlich mehr Dialog als vorherige. .o. Ich hoffe das hat sich nicht negativ ausgewirkt? Wäre toll eure Meinung zu hören. Und da es einige Verwirrungen zum "Azuki" gab, hier könnt ihr euch einen Überblick über die Leckerein verschaffen. ;D http://www.misterdonut.com.tw/product/product6.htm Eine schöne Weihnachtszeit! The secret door swings behind us -------------------------------- Teil: 6/6 Viel Spaß mit: 6. The secret door swings behind us Tief einatmend bewegte sich für den Moment keiner von ihnen. Kaiba schaute einfach nach vorn, so, als würde er ignorieren, dass ihn jemand berührte. Diesmal wusste er, wer es war und er könnte ihn sehen, wenn er nur wollte. Er schloss langsam die Augen. Wenn er nur wollte. Langsam begannen Joeys Finger zu kreisen, sanft und vorsichtig. Die Wärme von ihnen strömte auf ihn aus, die sanfte Rhythmus, an den sich Setos Herz anpasste. Alles um ihn herum wurde still und bewegungslos, seine Glieder harrten auf dem Polster und er erkannte das Gefühl der Schwerelosigkeit in seinem Körper. Er sank in den Stoff und ließ sich treiben, getragen von den Händen, den Fingern, denen er blind vertraute. „Dein Hypothalamus. Weißt du wie unglaublich wichtig er für dich ist?“, die Worte des Blonden drangen durch die dicke Nebeldecke in Setos Kopf nur schwerlich zu ihm vor. Er verstand sie, doch er konnte sich nicht darauf konzentrieren. Er nahm sie wahr, als eine Quelle des Dazugehörigen. Er glaubte an sie, genauso wie er an die Fähigkeiten dieses Mannes glaubte, dem er gerade bereit war, sich hinzugeben. „Er steuert unglaublich viel, in dir. Deine Körpertemperatur, zum Beispiel, die ja eindeutig etwas Feuer gebrauchen könnte. Dein Schlafrhythmus wird auch dadurch kontrolliert. So wie du aussiehst, wäre auch hier ein wenig Arbeit angebracht, hm?“ Kaiba konnte nur zustimmend brummen. Es war ihm egal, was er da redete. Die Hände kreisten dabei weiter und weiter, brachten sein Haar in Unordnung und warfen seine Bedenken ebenfalls über Bord. Er spürte wie sich eine Hand langsam nach vorn schob und auf seine Augen legte, den Rest der Welt verdunkelte und ihn zum ruhig bleiben zwang. Er spürte den Anderen, seinen Körper über die Sofalehne an ihn gedrückt, das sanfte Kreisen der Finger, einen flachen Atmen, dem er sich entgegenstreckte und der seinem Ohr so unglaublich, so unglaublich gefährlich nah kam. „Ist es im Dunkeln angenehmer?“, hauchte er leise, direkt neben ihm und das Gesicht an Seto gewand, in den Haaren vergraben. Mindestens genauso sehr nach Nähe suchend, wie er es selbst getan hatte. Langsam hob Seto seine Hand, legte sie auf Joeys und verharrte so einen Augenblick. In der Berührung hatte er vergessen, ob er sie wegziehen oder bei sich halten wollte. Er hatte alles vergessen. Wo er war und was davor geschehen sein mochte. Alles war verschwommen und undeutlich, er hatte kein Zeitgefühl, kein Empfinden für Kälte mehr; Alles was ihm klar und deutlich erschien war Joey. Langsam und als würde die viel zu helle Sonne ihn aus einem Traum wecken, lösten sich die weichen Hände von ihm und er spürte nur Kälte, da wo der Herzschlag gewesen sein musste. Seto wand den Kopf nach hinten, sah auf zu dem Blonden, der mit beiden Armen an die Couch lehnte und ihn musterte. Etwas war zwischen ihnen, nur wusste er nicht was, konnte es nicht greifen oder auch nur aussprechen. „Ich habe es gewusst.“, sagte Joey leise, sein Körper sank herab und sein Kopf bettete sich auf die Arme, in gleicher Höhe mit Setos Gesicht. Der neigte nur verwundert den Kopf, nicht sicher, was der Blonde meinte. „Ich habe es von Anfang an gewusst, dass du es warst. Ich habe es gespürt, obwohl du in der Dunkelheit wie ausgewechselt schienst.“, fuhr er leise fort und hob eine Hand. Sanft bettete er sie auf Kaibas Kopf, strich durch das braune, feine Haar und beobachtete den Älteren, wie seine Lider schwerer wurden und er sich Joey entgegenlehnte. Nur einen Zentimeter mehr und ihre Stirn würden sich berühren. Doch wieder riss man Seto aus den ersten, sanften Wogen des Dunstes des Vergessens. Joey richtete sich wieder auf, die langen Beine stiegen langsam über die Sofalehne und er rutschte neben Seto auf das Polster. In dieser kurzen Zeit des klaren Gedankens, konnte er erahnen, was es für sie bedeuten würde. Es gab keine Trennung mehr zwischen ihnen. Weder die Dunkelheit oder Stille, noch etwas räumliches, greifbares. Sie saßen einander gegenüber und es gab nichts, was sie aufhielt. Sie hatten Wissen erlangt und Freiheit gefunden, gefährliche Freiheit, die Seto zögern ließ. Denn je höher man der Sonne entgegenstieg, desto größer wurde die Gefahr, sich zu verbrennen. Zweifel, die im Keim erstickt wurden, als Joey langsam seine Hand ausstreckte und sie auf Setos Wange legte. Er schloss die Augen und atmete tief, wand sich der Hand entgegen und spürte deutlich die Verzweiflung, die in seinem Körper mitzitterte. Er hielt die Hand, griff sie am Handgelenk und versteckte sein Gesicht in ihr. Er wollte nicht gesehen werden und vor allem wollte er nicht sich selbst sehen. Er wollte nicht länger er selbst sein. Er wollte hier sitzen und die Zeit vergessen, die Berührung sollte nie vergehen, doch er wusste, er wusste, dass es nur eine Illusion war, in die er sich hineinsteigerte, die ihn beflügelte und noch im gleichen Moment die Kehle zuschnürte. Er wollte nur ein wenig Zeit, ein klein wenig Vergessen – War das zuviel verlangt? „Schau nicht so.“, hörte er Joey leise sagen, die andere, warme Hand schloss sich um sein Gesicht und streichelte seine Wangen. Er sah langsam zu ihm auf, unsicher, was er meinte. Ein sorgenvoller Blick lag auf ihm. „Ich wollte nicht, dass dir das unangenehm ist.“, fuhr er dunkel fort, ängstlich die Stimme zu erheben, da es dieses Bild der Intimität stören könnte. Seto hatte das halbe Gesicht in der Handfläche vergraben, schaute nur kurz hervor und seufzte daraus: „Wieso glaubst du, es sei mir unangenehm?“ Joey wand den Blick kurz ab und nagte an der Unterlippe. Auf Knien rutschte er dichter, hob Setos Kopf in seinem Griff und musterte sein Gesicht. „Dein Blick.“, sagte er leise, seufzte, als würde er ihn loslassen müssen, es aber nicht wollen. Seto legte die eine Hand auf Joeys, die andere auf seine Stirn, fuhr über die Augen. „Es ist mir nicht unangenehm.“ Er hatte nur Bedenken, eine innere Verzweiflung, die sich falsch auf sein Gesicht projektierte. Es tat ihm Leid, um Joeys Willen, dass er nicht besser ausdrücken konnte, was sich tief in seinem Innern abspielte. Er war ein Emotions-Krüppel. Er konnte nicht sagen, was er dachte und nicht ausdrücken, was er wollte. Umso befreiender war es für ihn, zu spüren, dass Joey von allein auf ihn zuging und ihm die schwere Bürde des Entscheidens abnahm. Er hatte nichts dagegen, im Gegenteil; Er hätte noch weitaus mehr geduldet, hätte der Blonde nur sein Wort dazugegeben. Langsam schlangen sich zwei Arme um seinen Nacken und ein schmaler Körper schmiegte sich an seinen eigenen. Er blickte auf Joey hinab und sein Anblick ließ die Umarmung unwirklich und surreal erscheinen. Seto verstand nicht, wieso er das tat, wieso er nun, wo es doch hell war, offenkundiger um seine Zuneigung suchte, als vorher. Er tastete vorsichtig mit den Händen um die Taille des Anderen, zog ihn sanft dichter an sich heran und schloss die Augen, als er sein Gesicht in der Halsbeuge verbarg. Es war egal. Es war ihm vollkommen egal. „Ich habe dir gefährliches Halbwissen mitgeteilt.“, flüsterte Joey leise an sein Ohr, tiefer in der Umarmung versinken. Der Raum um sie herum wurde dabei kleiner, dunkler, die Worte füllten die Umgebung aus und wenn sie zu laut sprechen würden, wäre das empfindliche Gebilde zerstört. „Ich habe dir gesagt, dass man den Menschen, der einem ähnlich ist, verabscheut, aufgrund der gleichen Schwächen.“ Seto spürte die Lippen an seiner Ohrmuschel, warmen Atem und die geflüsterten Worte, die durch Mark und Bein fuhren. Seine Nackenhaare stellten sich auf und Joey begann vorsichtig sie zu streicheln, „Gleichzeitig aber, kann man wohl nie von diesem Menschen lassen. Durch die hohe Ähnlichkeit, fühlt man sich auch in guten Punkten an sich selbst erinnert und beginnt, sich selbst in ihm anziehend zu finden.“ Joey kratzte sanft mit den Fingernägeln über die empfindliche Haut, reizte sie nur noch mehr und Seto zuckte, wand das Gesicht fester an den Hals. Die Stimme des Blonden wurde für den Moment rauer: „Wir konnten nicht voneinander lassen, es war vorherbestimmt. Erst als mir klar wurde, dass ich nur mich in dir gesehen habe, besänftigte sich das Gefühl.“ Seto atmete tief an der Haut, die Augen geschlossen flüsterte er dagegen: „Und nun?“ Joey zog die Beine an, ihre Knie berührten sich kurz, dann presste er die Brust gegen Setos, krallte sich in den Stoff des Oberteils. „Jetzt sehe ich soviel mehr in dir, dass mir angst wird, keine Erklärung dafür zu haben.“ Langsam lösten sie die Umarmung und Seto sah ihn an. Der Blick spiegelte das wieder, was er vor nur wenigen Sekunden hatte aussprechen wollen: Verzweiflung vor dem Ungewissen. Joey konnte es, die Gefühle, die sie teilten, aussprechen und zeigen. Emotionen in ein Bild fassen, dass man mit klaren Umrissen zeichnen konnte. Seto wusste nicht, wie dankbar er ihm dafür sein sollte. Vorsichtig, als würden die Fäden, die sie verbunden hielt, einer nach dem anderen reißen, richtete sich Joey vor ihm wieder auf die Knie, saß ihm stumm gegenüber. Die Stille hatte sie verschlungen, verdaut und zwei komplett ausgewechselte Menschen wieder ausgespieen. Sie saßen hier in einer fremden Hülle, geprägt und gebeutelt von der Außenwelt – Nur in diesem kurzen Moment der Zweisamkeit, war es ihnen möglich, offen zu sein. Joeys Finger verwoben sich mit Setos und er sah hinab zu ihren Händen, deren Farben wie Honig in Milch zu verschmelzen schien. Der Daume streichelte Setos Handrücken sanft. „Steht der Deal mit dem Film noch?“, Joeys Stimme war ungewohnt laut, plötzlich, wie verändert. Sein Blick war nach vorn zu dem Fernseher gerichtet, als wäre diese Zweisamkeit auf Zeit wieder vorbei und sie mussten die Fassade wieder aufbauen. Nur dass seine Hände in denen des Blonden lagen, gab ihm das Gefühl, diesmal, zum ersten Mal, auch mit seinem anderen Gesicht er selbst sein zu können. Er griff die Fernbedienung und schaltete den Fernseher an, switchte kurz durch die Kanäle, bevor sie bei irgendeiner Sendung halt machten, bei der Joey leicht schmunzelte. Der blonde Schopf lehnte sich an Kaibas Schulter und stumm blickten sie zu den Menschen auf der anderen Seite des Bildschirmes, die sich in aller Öffentlichkeit lächerlich machten. Er spürte ab und an ein Auflachen des Anderen, er kommentierte zusammenhanglos das Geschehen, doch war ihm klar, dass sie Beide nicht den Nerv hatten darauf zu achten. Viel zu oft berührten sie sich aus versehen, kamen sich näher, wanden einander ab und doch streichelte der Daume Setos Hand, immer und immer wieder. Er spürte ab und an den warmen Atmen an seinem Hals, wenn Joey das Gesicht zu ihm drehte und leise lachte. Es war ein gutes Gefühl, hier zu sitzen und nichts zu tun, an nichts zu denken und nur zu fühlen. Die wärmende Quelle, die sich an ihm stützte und der Rest der Welt könnte untergehen, es war ihm egal. Die Augen ruhten auf Joey, ab und zu legten sich die Lider nieder und er sog den Geruch ein, verinnerlichte die Situation und das Gefühl, ohne es einordnen zu können. Es war einfach da; plötzlich und unerwartet. Niemand hatte ihn je davor gewarnt oder ihn darauf vorbereitet. Er war ins kalte Wasser gesprungen, mit der Angst erfrieren oder ertrinken zu müssen. Nichts von dem war eingetreten. Er trieb mit der Strömung schwerelos durch den Raum, durch alles hindurch. Die Zeit schien sich zähflüssig fortzubewegen auch wenn es ihm lieber gewesen wäre, sie hätte einfach aufgehört weiterzugehen. Diesen Moment einfrieren, konservieren und genießen, wann immer er wollte. Ein Grundbedürfnis, dem er nur nachgeben wollte, wenn niemand hinsah. Allein zu zweit; Nur so konnten sie vorwärts kommen. „Langsam werde ich müde.“, hörte er ein leises Nuscheln von der Seite, das Gesicht von Joey wand sich an Setos Hals und er spürte die Nase, die über die Haut streifte, die Lippen und den Atmen, wenn er leise sprach: „Zeig mir dein Schlafzimmer.“ Ein Schauer fuhr durch seinen Körper. Seto verharrte regungslos, leise seufzend und unschlüssig zu handeln. Dieser Satz hatte eine ungewollte, aufkeimende Erotik mit sich gebracht, an die er allerdings in dieser Minute nicht denken wollte. Er hätte nie gedacht, dass er so etwas wie ein „zu früh“ empfinden würde, doch das beschrieb es wohl. Zu früh. Auch wenn sein Gehirn sicherlich einfach nur zuviel assoziierte und sich in etwas hineinsteigerte, was nirgends keimte. Langsam drehte er den Kopf, nickte schließlich, immer noch etwas zweifelnd. Joey löste sich ebenso schwerfällig, sah Seto verschlafen blinzelnd an. Die glasigen Augen verrieten, dass er wirklich müde oder erschöpft zu sein schien. Ihm selbst ging es nicht einmal ansatzweise so. Entweder es lag daran, dass er es gewohnt war, wenig zu schlafen, oder aber, es mündete in der Tatsache, dass sein Körper dauerhaft seit einigen Stunden unter Anspannung stand und nicht an Schlaf denken konnte. Es war zweitrangig, da es nun darum ging, den Blonden an der Hand langsam vom Wohnzimmer durch das Haus zu führen, die Treppe hinauf und den Korridor entlang zu seinem Schlafzimmer. Die doppelseitige Tür öffnete sich und mit verschlafener Miene sah sich Joey um. Er fröstelte, da es durch die geöffneten Fenster einen kalten Windzug gab und die dunkelblaue Einrichtung auch sonst nicht sonderlich viel Wärme ausstrahlte. Das große, weichaussehende französische Bett ließ das Herz des Blonden aber anscheinend wieder höher schlagen. Er entließ Setos Hand aus der Umklammerung, ging langsam nach vorn und setzte sich auf die weiche Matratze, sank tiefer ein und seufzte leise auf. Seto schloss hinter ihnen die Tür und beobachtete die Neugierde und Verspieltheit, mit der Joey sich umsah. Er kam zwei Schritte dichter zum Bett und hatte nun wieder die Aufmerksamkeit des Blonden. „Willst du heut Nacht hier bleiben?“, fragte er dunkel, auf ihn niederblickend und ohne Ausdruck. Er wollte sich nicht anmerken lassen, was er dabei eigentlich dachte. Joey sah zu ihm auf, dann erhob er sich langsam und blickte Seto eine Weile stumm an, musternd und direkt durchschauend. „Ich will heut Nacht mit dir hier bleiben.“ Der Windzug umspielte ihre Arme, durchwanderte den Raum und ließ sie fröstelnd allein. Ob es jedoch nur an der Kälte lag, war ihm ungewiss. Er blickte zu dem Blonden und atmete tief, ein, aus, wand das Gesicht ein wenig zur Seite, da er nicht wusste, was er erwidern sollte. Joey hatte sich gerade selbst eingeladen, sozusagen, er konnte jetzt schlecht erklären, dass er in einem anderen Zimmer schlafen würde. Aber ob es so eine gute Idee wäre, hier mit ihm zu bleiben? „Mach dir keine Gedanken.“, sagte Joey leise und lächelte, zwängte sich an ihm vorbei und betätigte die Nachttischlampe. Das weißlich-blaue Licht mischte sich mit dem hellen Gelbton der Deckenfluter. Seto sah ihm nach, wie er langsam zum Fenster schritt und hinaussah. „Worüber sollte ich mir Gedanken machen?“, fragte Seto leise, beobachtete den Blonden, wie er die dunklen, schweren Gardinen zuzog und die Nacht aus dem Schlafzimmer sperrte. „Nicht einmal der Mond wird uns zusehen.“, flüsterte er und sah über die Schulter zurück. Seto stockte, zog die Brauen zusammen, im Unwissen, was der Blonde eigentlich erwartete. Er hoffte nur, es wäre etwas, was für sie beide später nicht unangenehm werden könnte. Langsam kam Joey wieder zu ihm, den Blick kurz auf dem Bett, dann wieder an Seto gewandt. In einiger Entfernung, ein gebührender Meter, der Platz für Ängste und Zweifel ließ, sah er zu ihm. „Hast du Bedenken?“, fragte er leise, musterte ihn, als durchdränge der Blick die äußere Hülle und las in seinem Kopf jeden einzelnen Gedanken. Seto schnaubte leise, sah erst Joey an, dann den Boden und dunkel antwortete er: „Ich weiß nicht was passieren sollte oder wird. Wozu also Gedanken an etwas verschwenden, was eventuell nicht eintritt?“ Joey lächelte ein schmales, sehr zweideutiges Lächeln, schlug die Augen kurz nieder. „Und wenn ich dir sage, was ich gedenke zu tun; Würdest du dir dann Sorgen machen?“ Setos Stirn zog sich mehr in Falten, er erwiderte nichts, atmete nur ein tiefes, gegrolltest Mal. Joey sah ihn wieder an, ein Blick, der den Gesetzten der Physik zu trotzen schien und heute so wie in tausend Jahren fortbestehen sollte. Ein schmales Lächeln, das undurchdringlich und im gleichen Moment unauffällig war. „Ich habe nicht vergessen.“, flüsterte er und ging einen schmalen Schritt auf ihn zu. Stockend blinzelte Seto, überrascht und neugierig in gleichem Maße. „Was vergessen?“, fragte er. Ein kurzer Schauer durchwanderte seinen Körper, als der Blonde noch ein Stück näher kam und die Hand, bereit ihn zu berühren, hob. Der Zeigefinger begann zu malen, auf seiner Brust schrieb er langsam und überdeutlich: „Ich weiß.“ Er sah hinab, die Stirn kraus gezogen, dann wieder zu Joey. Es war das ‚Wort’ gewesen, dass sie in ihrer letzten Sitzung gewechselt hatten, das letzte, bevor er keine Antwort mehr bekommen hatte. Was wusste er? „Ich wusste von Anfang an, wieso du zu mir gekommen bist. Wieder und wieder. Noch bevor du überhaupt jemals da warst, habe ich es gewusst. In der Dunkelheit wurde es so unglaublich klar.“, sprach Joey leise und überwand die letzte, kurze Distanz zwischen ihnen. Ihre Oberkörper berührten sich und der Blonde sah zu ihm auf. „Erst tat es mir nur leid, später weh, doch mittlerweile mischte sich etwas anderes dazu. Ich weiß nicht wie, warum, aber es ist hier, zwischen uns. Seltsam, nicht wahr?“ Die Hand legte sich gänzlich auf Setos Brust, er strich kurz, dann ruhte sie auf dem Herzen, fühlte den Schlag, den Puls, der verzweifelte, letzte Versuch, diesen toten Körper lebendig erscheinen zu lassen. „Was ist es?“, fragte Seto leise, blickte auf Joey nieder, dessen Gedanken bereits an einen anderen Ort geflüchtet schienen, den er nicht erreichen könnte. Er war in seiner eigenen Welt gefangen, irgendwo, zwischen dem Hier und Jetzt und unfähig zu sehen, was andere für so wunderbar empfanden. Er bräuchte jemanden, der seine Stadt einriss um ihn zum gehen zu bewegen. Er hoffte inständig, dass er diese Person gefunden hatte. Joey löste sich langsam, seufzend, als hätte Seto das Falsche gefragt. Er ging zur Tür, betätigte den Lichtschalter und die Deckenlampen erloschen. Nur das Licht auf dem Nachttisch beleuchtete den Raum in einem fahlen Ton, durch die Gardinen drang kein Mondlicht, nicht einmal die Reflektion der Stadt vor ihrer Tür. Die eisige Kälte des noch winterreichen Windes kroch sein Bein hinauf. Joey ging wieder zurück, hinter Seto vorbei und löschte nun auch die Nachttischlampe. Dunkelheit breitete sich aus, doch im Gegensatz zu dem, was sie beide kannten, könnte man es schon zu hell nennen. Man sah Umrisse, schwarze Silhouetten und Schatten und deutlich genug sah Seto wie Joey vor ihm trat und durch den grauen Schleier ansah. „Was hast du vor?“, fragte er leise, erntete aber nur ein belustigtes Lächeln, ein amüsierter Blick, bevor der Blonde sich auf die Zehenspitzen stellte und direkt neben sein Ohr hauchte: „Ich werde deine Welt aus ihren Fugen lösen.“ Seto wollte erwidern, das schaffe er sowieso nicht, sah zu ihm hinab, doch da fasste Joey sein Sweatshirt am Saum und zog es sich über den Kopf. Achtlos fiel es neben ihren Füßen zu Boden. Seto sah dem Oberteil dabei zu, beobachtete es, wie es regungslos dort lag, neben ihnen, entledigt. Joeys Kapuzenpullover, dort ruhte er. Ohne Inhalt. Er spürte wie Joeys Finger sich um Setos Kinn schloss und ihn vorsichtig zwang ihn anzusehen. Er atmete tief, ein wenig stockend und wollte sich zwingen, nur in sein Gesicht zu blicken, doch schnell wanderten die Augen hinab und musterte den schmalen Leib vor sich. Sanfte Schultern, die in dünnen Armen mündeten. Ein wenig schwerfällig hob sich die trainierte Brust und ein Schauer lief über die Glieder, die schmale Taille entlang. In der Dunkelheit hatte die Haut den bronzenen Ton verloren und doch war sie deutlich dunkler als Setos, als er die Hand vorsichtig ausstreckte um den flachen Bauch zu berühren. Joey lachte auf, als die Finger sich an der Seite vorbei schoben und ihn näher ziehen wollten, doch der Blonde stemmte die Hände dazwischen, hielt Seto auf Abstand. Der schnaubte dunkel. „Du bist dran.“, murmelte Joey amüsiert, nickte in Richtung von Setos schwarzem Pullover. „Dran womit?“, brummte er zu einer Antwort, schob auch die zweite Hand um die schmale Hüfte, wollte den Anderen wieder näher ziehen, der sich leise lachend dagegen sträubte und schließlich die warmen Hände unter Setos Oberteil schob. „Aktion – Reaktion. Ich gebe vor und du machst nach.“, brummte Joey leise, seufzte in einem lieblichen Ton als Seto sich nach unten beugte, mit den Lippen an der Haut unter dem Ohr nippte, vorsichtig kostete. Er antwortete nichts, viel lieber zog er an dem weichen Ohrläppchen, wollte den Blonden näher, dichter an sich wissen, die Wärme und den wohlriechenden Duft aufnehmen. Es war ihm egal als die glühenden, energisch fortschreitenden Finger unter dem Stoff über seinen Bauch wanderten, höher fuhren und den Pullover mit sich nahmen. An Setos Brust angekommen, war er gezwungen, die Arme zu lösen und zu heben, damit Joey ihm den störenden Stoff entledigen konnte. Keinen Moment später drängte er wieder darauf ihn dichter zu ziehen, wollte ein wenig mehr vom Ambrosia, doch hielt der Blonde ihn stärker auf Abstand, als vorher noch. Er erntete einen belustigten Blick des Anderen, der dann schnaubte und Seto musterte. „Eigentlich hatte ich ja angenommen ich würde der draufgängerischere von uns beiden sein.“, murmelte er leise, die Augen glitten über Setos Oberkörper, die mondlichtfarbene Haut und die feinen Akzente, der Muskeln und Knochen, „Doch gerade bist du gut dabei.“ „Gut bei was?“, brummte Seto, streckte die Hand um nach Joey zu greifen, der nur einen Schritt nach hinten wich und lächelte. „Mich zu verführen.“, bekam er als leise Antwort. Seto ging einen Schritt dichter, den der Blonde noch im gleichen Augenblick wieder weiter hinfort wich. „Bin ich dir damit zuvor gekommen?“, murmelte Seto amüsiert, nahm einen schnelleren Schritt, griff flink zu, doch Joey entkam ebenso schnell und leise lachend. „Ich hatte nie vor dich zu verführen.“, lächelte der Blonde, floh um das Bett herum und sah Seto über die Ecke hinweg an. Amüsiert und zweifelnd glitten die blauen Augen über den nackten Oberkörper des Anderen, der daraufhin wieder leise lachte und einen Schritt nach hinten machte um besser zu sehen zu sein. Noch bevor Seto seinen Unglaube deutlich machen konnte, hatte Joey die Knöpfe seiner Jeans geöffnet, ließ sie an den Beinen hinabgleiten und stand in dunklen, rötlichen Boxershorts vor ihm. Nun glaubte Seto komplett nicht mehr an diese Theorie. „Du bist wieder dran.“, säuselte der Blonde amüsiert, allerdings erschien die Aufforderung weitaus weniger energisch als noch zuvor. Der kalte Windzug ließ Joey frösteln, eine Gänsehaut, die sich über den gesamten Körper des Anderen ausbreitete und Seto für einen kurzen Moment träumen ließ, was er so alles mit der weichen Haut anstellen könnte. Dafür müsste er jedoch diese Distanz zwischen ihnen überwinden und außerdem; Wenn Joey ihn nicht verführen wollte, wieso sollten sie sich ausziehen? Amüsiert zuckte Seto die Schultern, öffnete schließlich seine Hose, stieg daraus und ließ sie mit zu den anderen Sachen auf den Boden fallen. Die schwarzen, engen Shorts ließen Joey schmunzeln, als er das ‚CK’ darauf erblickte. Calvin Klein sah aus wie ein gefälschtes Kaiba Corp. Diese Parallelen hatte Seto auch schon immer amüsant gefunden. Joey ging mit langsamen Schritten um das Bett herum, näherte sich Seto wieder, der darauf wartete, dem Anderen entgegensah und tief einatmete, als er vor ihm stehen blieb. Ein schmales Lächeln auf den Zügen des Blonden verriet ihm, dass hier das Spiel den ersten Teil geschafft hatte. Joey hob die Hand, streckte den Zeigefinger und schrieb langsam auf die nackte Brust vor ihm: „Hinlegen“. Setos Mundwinkel zuckten amüsiert, er sah zu der Hand, dann in Joeys Gesicht, das eine Mischung aus Überlegenheit und Vorfreude zeigte. Das letzte Mal, hatte er auf diese Aufforderung hin sich widersetzt. Verneint. Nein heißt Nein. Dieses Mal jedoch gab es andere Umstände, andere Vorrausetzungen, eine andere Art des Bittens. Joeys Verlangen war nicht länger beruflich und erst recht war er damit nicht mehr allein. Ganz so leicht würde er es ihm dennoch nicht machen. Seto schlug sich ergebend die Lider nieder, nickte einmal schwach, bevor er die Hand hob und Joeys Finger, die noch auf seiner Brust ruhten, nahm, festhielt, als er sich zurückfallen ließ und in die Matratze versank, zog den Blonden nach, der überrascht aufjapste und auf den Älteren fiel. Der blonde Schopf hob sich dunkel brummend und er sah zu Seto auf, der den Kopf amüsiert zurückgelehnt hatte. Ihre Beine ragten noch vom Bett, eine eindeutig viel zu unbequeme Liegepose; Vor allem, wenn jemand anderes einen beschwerte. „Du spielst eindeutig nicht nach den Regeln.“, brummte Joey dunkel, stützte sich mit den Armen links und rechts von Seto ab und lehnte sich hoch, blickte amüsiert auf den Anderen runter. Der hob nur die Brauen; Er verstand ja gar nicht was er meinte. „Vergiss die Regeln, ich hab Geld.“, brummte er und reckte den Hals mehr, versuchte an die Beuge des Anderen zu kommen, der den Kopf aber lächelnd wegwand. „Du wirst mir eindeutig zu aufmüpfig.“, grinste der Blonde, richtete sich schließlich mehr auf und setzte sich zwischen Setos Körpermitte und dem Bauch auf ihn. Aufmüpfig? Sagte der, der soeben auf ihm Platz genommen hatte und dabei auch noch eine halbnackte, unglaublich anregende Silhouette im Dunkeln abgab. Seto brummte dunkel, legte die Hände an Joeys Oberschenkel, der ihnen aber nur einen ermahnenden Klaps gab. „So nicht, Mister.“, grinste er, kreiste in der Luft mit dem Finger und sagte dazu erklärend: „Umdrehen.“ Seto richtete den Oberkörper ein wenig mehr auf, während er sich auf die Ellenbogen stützte, sah an Joey hinab und zuckte amüsiert die Schultern. „Willst du dabei auf mir sitzen? Dann garantiere ich nichts.“, brummte er leise und ihm wurde prompt ein Schnauben geantwortet. Der Blonde erhob sich wieder, stemmte die Hände in die weiche, schmale Hüfte und er blickte auf den Älteren hinab. „Umdrehen.“, wiederholte er und hob die Brauen. Amüsiert schüttelte Seto den Kopf für sich, rutschte dann weiter hinter in die seidigen Decken. Er richtete den Oberkörper noch einmal gänzlich auf, setzte sich, um Joey ansehen zu können. „Normalerweise bin ich es, der das verlangt.“, murmelte er, bevor er sich umdrehte und auf dem Bauch niederlegte, das Gesicht in den Kissen verschwand. Joey, der sich neben ihm auf das Bett setzte brummte nur etwas Zusammenhangloses von wegen: „So ein Macho. Dieses Ego. So groß kann er gar nicht sein.“ und erntete ein amüsiertes Schnauben Setos. Weiche, warme Finger tänzelten den Rücken aufwärts und ordneten das Haar am Nacken, schließlich begann Joey Setos Rückansicht entlang zu streichen, vorsichtig zu kratzten und zu kraulen. Es kam bei weitem nicht mit der Massage im Studio gleich, doch Seto wusste, dass es der gleiche Mann und die gleichen Hände waren; Nur dass die Erkenntnis, wem diese gehörten ein noch wohligeres Gefühl als jeder gelockerte Muskel brachte. Seufzend spürte er, wie Joey kleine Muster zu malen begann, er schrieb Kanjis durcheinander auf die Haut und immer mehr sank er neben Seto in das Kissen. Er wand nur schwerfällig den Kopf und blickte den Blonden an, der ein ebenso zufriedenes Gesicht machte wie er selbst. Es war kalt um sie herum, die eisige Luft wurde nur direkt zwischen ihren Körper von der Hitze, die Joey ausstrahlte, verdrängt. Er spürte diese Wärme, oh Seto spürte sie nur all zu genau, wie sie jeden Zentimeter der begehrenswerten fremden Haut durchströmte und Joey in jeder Sekunde einen erregten Eindruck gab. Er übertrug seine Temperatur auf Seto, mit jeder Berührung der zarten Finger, entflammte einen neuen Teil seines Körpers, den er beiläufig streichelte, fast schon zu sanft darüber flog. Er blinzelte langsam, träge und durch die Zärtlichkeiten im Willen betäubt. Er schloss die Augen schläfrig und dösig, seine Gedanken drifteten in einen zähflüssigen Nebel der Fantasie, doch jäh wurde er zurückgeholt, als das liebliche Gesicht vor ihm verschwand und sich weiche, so unglaublich, viel zu weiche Lippen auf sein Schulterblatt legten. Seto blinzelte und atmete tief ein, ringend um Beherrschung, den Drang aufzuseufzen und mehr zu verlangen. Er wollte mehr der zarten Liebkosungen, durch den Menschen, dem er gerade sein ganzes Leben in die Hände legen würde. Er enttäuschte ihn nicht. Joey küsste die Haut ein erneutes Mal, ein paar Zentimeter weiter, wieder und wieder und wanderte vorsichtig zum empfindlichen Nacken. Die Augen schließend und tief einatmend beugte Seto den Kopf nach vorn, wurde belohnt, als sich die Lippen kurz fest sogen, knabberte und biss. Die ungewohnte, undurchsichtige Handlung ließ neuen Kampfgeist und einen ungeahnten Spieltrieb in ihm aufkeimen. Der Wunsch sich zu revanchieren und gleichzeitig weiterzugehen. Als sich Joey zum Atmen kurz löste, den Kopf höher nahm, sah Seto seine Chance gekommen. Er drehte sich mehr herum, auf den Rücken und blickte in ein überraschtes Gesicht. Seine Arme schlang er um die Taille des Blonden, zog ihn gänzlich auf sich und verknotete die Beine mit denen von Joey. Unsicher, welches Paar nun sein eigenes, welches, das des Anderen, war. Joey blinzelte immer noch ein wenig überrumpelt, seufzte dann wieder in dieser unglaublich anregenden Tonlage, als Seto ihn dichter zog und den Hals küsste. Die weiche Haut schmiegte sich ihm entgegen und er spürte, wie fremde Hände sich an seiner Seite entlang schlängelten, ihn reizte. Vorsichtig suchten die Finger weiter, aber energisch genug, um den Weg zur Brust zu finden und hier anscheinend etwas zu tun, was sie ausführen wollten, seitdem sie die nackte Haut unter sich gespürt hatten: Setos Brustwarzen necken. Dieses freche Kind. Aber er ließ ihn, denn er selbst würde nicht unschuldig bleiben, wenn es darum ging, den Anderen den Verstand zu rauben. Und so suchte er mit den Lippen höher, nippte nur ab und zu an der Haut, bevor er die Nase durch das weiche, blonde Haar schob und am Ohr halt machte. Er zupfte mit den Lippen sanft am Läppchen, entlang zur Muschel und hauchte sanft seinen Atem hinein. Joey fröstelte, kicherte und schlang die Arme fest um Setos Nacken, der das als Einladung sah, weiter zu gehen. Denn noch angenehmer, als warmer Atem allein, als sanfte Küsse am Ohr, waren dunkel, gehauchte Botschaften. Normalerweise zu leise, für jeden der zu weit weg stand. Nur hörbar, wenn man sich umschlungen hielt, so wie sie es taten. Seto kannte ein Wort, ein einzelnes Wort, das den Anderen schaudern lassen würde. Es hatte eine unbeschreibliche Wirkung, die er selbst nur vage kannte. Ein Wort, das so unglaublich viel Intimität und Geborgenheit zwischen ihnen deutlich machte, wie nichts Gesagtes davor. Er streckte den Hals und öffnete die Lippen, atmete kurz ein und aus, bevor er leise in das Ohr flüsterte: „Joey.“ Er spürte wie Gänsehaut über die warmen Arme des Jüngeren kroch, wie er sich dichter drückte und eine Hand in Setos Haar vergrub. Der Körper in seinen Armen erschauderte durch Mark und Bein und er selbst war unglaublich zufrieden mit dieser Reaktion. Belohnt wurde er mit zarten Liebkosungen an seinem Hals und der Blonde murmelte leise dagegen: „Seto.“ Als hätte diese neue Benennung ihrer Selbst den letzten Schliff für ihr zweites Gesicht gegeben, wanden sie sich einander noch stärker zu. Ihre Hände waren forsch und suchend, den Anderen, so weiträumig wie nur möglich, erkundend. In einer plötzlich aufkeimenden Flutwelle drückte Seto Joey herum, auf den Rücken und beugte sich über ihn. Seine Hände wanderten über den schönen, schmalen Leib; Reizte die Seite, den Anfang der glatten Achseln. Ein Schauer jagte den nächsten, als er am empfindlichen Nabel entlang strich und mit der Kuppe kurz eintauchte, wieder höher tanzte und die erregten Brustwarzen für den Moment, nur kurz, antippte, neckte. Es war ein unglaubliches Gefühl, zu sehen, wie der Blonde sich unter den Berührungen wand, entziehen zu versuchte und gleichzeitig mit jeder Faser mehr verlangte. „So wollte ich nicht spielen.“, seufzte Joey leise, sah Seto aus den halb geöffneten Augen an. Deutlich verschleiert und glasig. „Warum?“, gurrte der Ältere mit einer dunkleren, raueren Stimme. Sie klang abgenutzt und alt und gab ihm eine noch viel stärkere, erotische Komponente. Die Frage war platonisch; Er kannte ihre Antwort, er sah sie deutlich vor sich. Joey war eindeutig zu emotional, zu temperamentvoll, als dass er in solch einer Situation sein Gemüt unter Kontrolle bringen würde. Seto hätte nie geahnt, dass er jemals diesen Teil des aufbrausenden, nicht zurückschreckenden Charakters erleben würde, der sich am liebsten lustvoll hingegeben hätte und gleichzeitig versuchte, sich keine komplette Blöße zu geben. Aber etwas anderes wollte Seto nicht. Er wollte sehen, hören, schmecken und deutlich fühlen, wie willenlos der Andere wurde, wie er all sein Gefühl aus sich ließ, damit der schöne Körper unter den Zärtlichkeiten nicht zerriss, er wollte es sehen – Denn er selbst würde nie in der Lage sein, es zeigen zu können. Joey musste Emotion für sie beide ausdrücken. Genug Gefühl, genug Erregung. Seto konnte nicht beschreiben, wie unglaublich gut es tat, zu sehen, wie der Andere unter ihm brannte, dass er genauso reagierte, wie er es getan hatte und tat, tun würde. Es war unglaublich. In einem Moment der Unachtsamkeit, bäumte sich Joey auf, streckte sich und hinterließ mit der feucht-warmen Zunge eine Spur am Hals. Es brachte Seto aus dem Konzept, der plötzliche Gegenschlag, das Argument, dass der Blonde nicht aufgegeben hatte. Er schlang die Arme um den Nacken des Größeren und zog ihn herum, auf sich und ihre Oberkörper schmiegten sich aneinander. Seto hatte nicht bemerkt, wie warm der Jüngere geworden war, wie sehr er selbst glühte und die Luft um sie herum elektrisiert vibrierte. Er strich das blonde, verschwitzte Haar aus der Stirn des Anderen, drängte sich ihm entgegen und biss sanft in den Hals. Ihre Hände suchten einander und trennten sich wieder um empfindliche Stellen zu reizen, den Anderen an Partien kennen zu lernen, die ach so tabu schienen. Er fühlte durch seine eigene Brust hindurch das Herz von Joey, den schnellen Rhythmus, den es angeschlagen hatte. Es tanzte nicht, es stolperte ihm entgegen. Genauso unsicher aber fordernd wie sein eigenes. Seufzend schmiegte sich Joeys Körper Setos entgegen, deutlich erhitzt und angeregt, blieben ihre Hände dennoch anständig und brav über der Gürtellinie. Sie mussten es sich aufheben, aus irgendeinem nicht definiertem Grund blieb der letzte Schritt noch in ungreifbarer Reichweite. Auch wenn Setos Körper so sehr danach verlangte, schrie, wie eine kalte, emotionslose Seele eben schreien konnte, eins zu sein mit ihm. In diesem Moment wollte er Joey so nah sein, wie er nur konnte. Er wollte ihn nicht nur besitzen, ihn für sich beanspruchen, er wollte etwas hinterlassen, das einmalig sein sollte, einzigartig und unvergesslich. Er wusste nur nicht was. Setos Nase fuhr durch das weiche Haar des Blonden, küsste hinter dem Ohr und zupfte leicht daran. Zittrige Finger schoben sich an seine Wange und drückten den Kopf herum, zwangen ihn, Joey anzusehen. Das glühende Gesicht und die benebelten Augen, in denen man eine Mischung aus Scham und Erregung lesen konnte, die Lippen leicht geöffnet, sahen sie einander an. Seto wusste ganz genau, was ihn erwartete. Joey fühlte wie er. Sie wollten sich nah sein, näher als jemals einem Menschen zuvor. Der letzte Schritt musste warten, schließlich waren sie den ersten noch nicht einmal gegangen. Er schloss die Augen schnell, tief einatmend, als sich Joey nach vorn, an ihn drückte und die Lippen auf seine eigenen legte. Er schlang die Arme fest um ihn, drückte ihn an sich und erwiderte den Kuss, die Bewegung der Lippen. Er schmeckte den Anderen, erneut und erneut, ohne sagen zu können, was es ausmachte. Es war nur süß, eigen, ein wenig nach Vanille. Sie rollten herum, sich erkundend und aneinander schmiegend. Ihre nackte Haut berührte sich, die Beine waren ineinander verwoben. Die rasende, glühende Hitze wurde gedämmter, die Stimmung ruhiger. Ihre Herzen, die sich so unglaublich nah waren, beruhigten sich. Sie brauchten nun die Decke um nicht auszukühlen und dennoch dachten sie nicht daran, voneinander zu lassen. Seto hatte die Arme fest um Joeys Hüfte geschlungen, der hielt ihn am Nacken fest. Die Lippen des Jüngeren waren mit einem unglaublich einladenden Rotton versehen und längst wund geküsst und doch verlangte er mehr und mehr, seufzte jedes Mal enttäuscht, wenn Seto kurz von ihm ließ. Er wollte nicht wissen wie spät es bereits war. Sie brauchten unendlich lang, so unendlich viel Zeit, um satt zu sein, doch irgendwann, zwischen der nächtlichen Dunkelheit und dem Feuer in den Laken, kehrte Ruhe ein. Sie sickerten in das Land der Träume, wurden umspült und mitgerissen. Doch wenigstens hatte er diesmal, dieses eine Mal, jemanden im Arm, mit dem er nicht untergehen würde. Er würde am nächsten Morgen erwachen ohne der nächtlichen Gefahr ausgeliefert gewesen zu sein, sich zu verlieren. Er würde erwachen und alles wäre in Ordnung. Sein ganzes Leben stand auf dem Kopf, geordneter, als es jemals hätte sein können. Er hatte seine Welt aus den Fugen gebracht. In neue Bahnen gelenkt. Der Sonne ein Stückchen näher. Goodbye, oh goodbye, nightwalker. Joey musste erst 15 Uhr arbeiten. Seto hatte die Termine für den Vormittag verschoben und dennoch war der Morgen und die Stunden nach Mittag zu schnell vergangen. Sie hatten nichts getan. Im Bett gelegen und dort weitergemacht, wofür ihre Körper gestern zu müde gewesen waren. Joeys Lippen waren wund, als sie angezogen, adrett, gerichtet, auf dem Parkplatz in Kaibas Wagen saßen. Der Blonde müsste nur aussteigen. Die laute Stadt, den Geruch der Straße und die Menschen reinlassen; Das Bild, was sie gestern Nacht so sorgsam erbaut hatten, würde in sich zusammenbrechen. Das Ende. Hier war es zu ende. 14.58 Uhr. Er müsste nur aussteigen. „Ich muss dann mal zur Arbeit.“, sagte Joey leise, zog den Schal um seinen Hals dichter. Seto nickte, schaute zu ihm rüber. Der Blonde sah gedankenverloren aus, blickte zurück und hob die Schultern einatmend. Langsam lehnte er sich rüber, gab ihm nur ein kleines Abschiedsküsschen auf die Lippen, bevor er sich flink abwand und ausstieg. Die Autotür fiel schwungvoll hinter ihm zu. 14.59 Uhr. Das wäre es. Das Ende. Er müsste nur aussteigen. Seto öffnete die Tür, erhob sich rasch und sah dem Blonden nach. „Joey.“, rief er. Der Angesprochene wand sich um, kam Kaiba entgegen, als der zwei Schritte auf ihn zunahm. Von unten sah der Blonde ihn fragend an, doch Kaiba zog nur die Stirn kraus, sah beiseite, da er nicht wusste, wie er ausdrücken sollte, was er dachte. Joey seufzte leise, richtete Setos Mantelkragen. „Es wäre ein ziemlich unbefriedigendes Ende, nicht wahr?“, sagte er dunkel, hielt dem fragenden Blick des Älteren stand und fuhr fort: „Wenn wir uns jetzt einfach so voneinander entfernen. Als wäre nichts gewesen und darauf hoffen uns irgendwie, irgendwann einmal wieder zufällig über den Weg zu laufen. Es wäre sehr, sehr unbefriedigend; So ein ungewisses Ende.“ Seto brummte dunkel. Selber nicht sicher, ob es zustimmend oder ablehnend sein sollte. Sein Blick wanderte zur Uhr, als würde er etwas überprüfen, als müsste er einen wichtigen Termin wahrnehmen, hätte keine Zeit. „Ich hole dich heute 22 Uhr ab, in Ordnung?“, sagte Seto leise, sah dann wieder auf zu Joey. Ein schmales Lächeln formte sich auf den Zügen, ein ehrliches, schönes Lächeln auf dem schlanken Gesicht, ein kleiner Funken Vorfreude in den Augen. „Dann zeig ich dir noch ein tolles Restaurant.“, antwortete der Blonde sogleich, legte die Arme um Setos Nacken und umarte den Älteren. Zaghaft erwiderte er die Geste. „Bis heut Abend, Joey.“, murmelte er leise an das Ohr neben sich, seufzte einmal fast lautlos hinein. „Bis dann, Seto.“ Er sah dem Blonden nach, der wie ein Farbfleck im Schwarz-Weiß-Bild verschwand. Wasser lief über das Aquarell und die Farben mischten sich, undeutliche Umrisse und weiche Enden. Die Dunkelheit hatte sich gelichtet. Die Stimmen lärmten längst nicht mehr, verschmolzen zu einem sanften Tenor. Dort, wo einst alles begonnen hatte; Seine Suche war zu Ende. Er hatte eine Antwort. Sie lief gerade über die Ampel und würde in der nächsten Seitengasse verschwinden. Goodbye, oh goodbye, my old self. 6. End “Out of reach” Fin A/N: Falls viele Fehler drin waren, bitte ich um Rücksicht. n_n Ich konnte nicht ganz so gründlich betan, wie ich es gern gehabt hätte, aufgrund von zuviel Stress im Abi und einer neuen Fanficiton, die ich niederschreiben wollte. (Wer also was Neues von mir lesen will und Bleach Fan ist... ! ) Ich danke euch allen dafür, dass ihr diese Geschichte gelesen und kommentiert habt. Ich hoffe sie hat euch gefallen, inspiriert oder zum Nachdenken angeregt. Besonderer Dank geht an: Gizzy, die mich inspirierte, wieder zu schreiben und ohne die das ganze Projekt niemals zustande gekommen wäre. Kari, die meine Muse und erste Betaleserin war, die all meine Gedanken und Überlegungen ertragen musste und dennoch nicht die Geduld mit mir verlor. Pancratia, die mir gezeigt hat, dass auch Außenstehende genau den Sinn meiner Gedanken verstehen können und die mir mit ihren Kommentaren half, den Feinschliff zu verpassen. Ich habe mich wirklich gefreut, so viele tolle Begleiter gehabt zu haben. :D Monophobie Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)