Shadows of the NewMoon von Darklover ================================================================================ Kapitel 48: 49. Kapitel ----------------------- Nein, nein, nein, NEIN! Er musste sich beruhigen. Davonlaufen brachte nichts, vor allem da er es ohnehin nicht gekonnt hätte. Wie könnte er Amanda alleine lassen? Erst recht, da sie völlig verwirrt sein musste! Nein, er war ja so ein Idiot! Aber es änderte nichts. Das alles hatte ihn so schlagartig überrumpelt, dass er niemals rechtzeitig die Fassung hätte finden können, ehe das mit der Wandlung passierte. Wenn es ihn gefühlsmäßig so sehr zerriss, dass er sich verwandelte, dann hatte das definitiv seine äußerste Belastungsgrenze kilometerweit überschritten. Als es ihm das letzte Mal passiert war, hatte er Stunden gebraucht, bis er sich soweit konzentrieren konnte, dass er sich wieder hatte zurückverwandeln können. Aber damals war Amanda nicht an seiner Seite gewesen. Sie war zwar der Grund für seine Zerrissenheit, damals wie heute, aber sie war bei ihm. Trotzdem lief er solange unkontrolliert auf und ab, bis ihre Hände nach ihm griffen und er erst jetzt begriff, dass sie in einer Decke gehüllt auf dem Boden vor ihm kniete. Als sie seinen breiten Kopf dazu zwang, direkt in ihr Gesicht zu sehen, schloss er zunächst gequält die Augen, als würde sie sofort die Wahrheit erkennen, wenn er sie nur anschaute. Aber eigentlich … eigentlich freute er sich so sehr darüber, dass sein Herz heftig vor Glück in seiner Brust auf und ab sprang. Gerade in dieser Form war das wichtiger, als lediglich die Tatsache, dass er sie vorsätzlich geschwängert hatte, ohne sie vorher darüber in Kenntnis zu setzen. Er würde es nur zu gerne darauf schieben, dass er noch nie mit einem Menschen geschlafen hatte, außer ihr und somit das Ganze ungewohnt war. Immerhin bekam sie ihren eigenen Körper nicht so gut mit, wie er es tat. Aber das würde nicht der Wahrheit entsprechen. Denn damals hatte er keinen Moment lang mehr gezögert. Er wollte mit ihr Kinder haben. Das sagte ihm deutlich die Freude in seinem Herzen und die Zufriedenheit in seiner Seele. Aber alles andere marterte seinen Verstand, bis sein Kopf zu platzen schien. Selbst in Form des Panthers. Schließlich öffnete er doch die Augen. Sah ihr mit aller Kraft so lange in das verwirrte Gesicht, bis er es nicht mehr ertragen konnte. Ihre Hände ließen ihn los, da sie ihn nicht mit voller Kraft festgehalten hatte, als er seine Stirn leise winselnd gegen ihre Halsbeuge schmiegte. Nataniel setzte sich vor sie hin, drückte seinen noch immer heftig bebenden Körper zugleich aber an ihren, damit sie auf dem kalten Boden nicht so frieren musste. Es lag alleine an ihm, sie wieder in das warme Bett zu bringen. Doch erst einmal musste er es schaffen, sich wieder zurück zu verwandeln. Bis es allerdings so weit war, entschuldigte er sich tausendfach für sein Verhalten, was sich in dieser Form aber nur in leises, fast schon verzweifeltes Schnauben und Fiepen äußerte. Schließlich, nach mehreren Minuten des konzentrierten Kämpfens, gelang es ihm, sich wieder zu wandeln, bis er nackt an Amanda lehnte. Seinen Kopf noch immer an ihrer Schulter und seine Hände um ihren Körper geschlungen. Sein Atem ging heftig vor lauter Anstrengung. Normalerweise zehrte Wandeln nicht so an seinen Kräften, aber wenn er sich mit allem dazu zwingen musste, was er aufbringen konnte, war es ein gegen die Natur gehender Prozess, der sich dafür revanchierte. Leider übernahm jetzt auch wieder der logische Verstand die Führung, was ihm einen stechenden Schmerz in den Schläfen einbrachte. Dennoch biss er ihn herunter und löste sich soweit von seiner Gefährtin, dass er ihr in die Augen sehen konnte. So schwer es ihm auch fiel. „Tut mir leid.“ Seine Stimme war brüchig und dünn. Er benetzte sich die trockenen Lippen und suchte verzweifelt nach einer guten Erklärung für das Ganze. Aber die würde er nicht finden. Zumindest könnte er niemals sagen, wie Amanda auf seine Ankündigung reagieren würde, was für ihn schlimmer als alles andere war. Dennoch zwang er seine wackeligen Beine dazu, sie mit sich vom Boden hoch zu ziehen und wieder aufs Bett zu setzen. Der Boden war unter seinen nackten Fußsohlen kalt und eine Erkältung war das Letzte, was er Amanda zumuten wollte. Nataniel holte mehrmals tief Luft, ehe er so ruhig wie möglich sagte: „Ich denke, ich bin dir eine Erklärung schuldig…“ Allein sein Ton besagte, dass er damit nicht nur seine Reaktion meinte, sondern ein viel umfassenderes Thema. Oh Gott, ihm wurde schon alleine bei der Vorstellung schlecht, wie sie auf die ganzen Neuigkeiten reagieren würde. Wieder diese zwiespältigen Gefühle! Selbst die Reaktion des Katers war leicht mitzubekommen. Er schloss die Augen und seine Schnauze zog sich in Falten, was Amanda als Widerstreben deutete. Trotzdem ließ sie ihn nicht los, sondern versuchte geduldig zu warten, dabei hoffend, dass er sich doch in irgendeiner Weise, die sie verstehen konnte, äußern würde. Die Augenblicke wollten sich wohl wie Kaugummi in die Länge ziehen, während Amanda nichts anderes tun konnte, als ihre Finger in das weiche, schwarze Fell des Panthers zu krallen. Das Einzige, was ihr dabei noch mehr Halt gab, als seine Gestalt, war die Tatsache, dass er sich nicht dazu anschickte, sie allein zu lassen. Ebenso lang, aber mit noch mehr verwirrenden Emotionen belastet, dauerten die Momente, in denen ihr die blauen Augen regungslos ins Gesicht starrten. Dagegen war es eine echte Erleichterung den großen Kopf und den warmen Körper an sich zu spüren. Es konnte Amanda nicht wirklich beruhigen, nahm ihr aber zumindest die Sorgen, die sich ihr am Auffälligsten in den Sinn gedrängt hatten. Dennoch konnte sich ihr aufgeregtes Herz unter den Lauten, die Nataniel in dieser Gestalt von sich gab, nicht beruhigen. Es stimmte ganz eindeutig etwas nicht und wenn selbst der Panther das auf so gequälte Art ausdrücken musste, dann wunderte es Amanda nicht, dass Nataniel sich in diese Variante seiner Erscheinung geflüchtet hatte. Trotzdem atmete sie erleichtert auf, als der silberne Schein die Arme, die sich nur Sekunden später fest um sie schlossen, bereits ankündigte. Auf seine ernste Entschuldigung, antwortete Amanda mit ebenso brüchiger Stimme. "Ist schon in Ordnung…" Sie ließ sich von Nataniel in gleicher Weise hochziehen, wie er seinen immer noch zittrigen Körper an ihr zu stützen schien. Immer noch hatte Amanda nicht den kleinsten Schimmer, was er ihr sagen wollte. Innerlich versuchte sie sich für das Schlimmste zu wappnen, auch wenn Amanda nicht sagen konnte, ob es ausreichen würde. Auf seine Ankündigung, dass sie nun eine Erklärung zu erwarten habe, nickte sie nur schwach. Adrenalin und eine neue Welle von Angst überschwappte sie, als Amanda die Decke von ihrem Körper löste und ein Stück auf Nataniel zurutschte, um auch ihm den wärmenden Stoff ein wenig um die nackten Schultern zu legen. Nataniel nahm dankbar die Decke an, weil ihm Nacktheit in diesem Augenblick nicht gerade nützlich vorkam. Auch wenn er sich noch nie vor Amanda geschämt hatte, so würde es ihn selbst doch ganz schön in diesem Moment stören. Er kam sich ohnehin schon so vor, als hätte man ihm das Fell abgezogen und er müsste nun ohne den Schutz seiner Haut vor einem ganzen Gericht stehen, das ihn anklagend ansah. Seine Gefährtin tat definitiv nichts voll alledem. Aber an dem Gefühl konnte er trotzdem nichts ändern und letzten Endes wäre es vielleicht ganz gut, einfach mit der Wahrheit heraus zu rücken. Längerer Aufschub würde alles nur noch schwerer machen und das konnte er schon jetzt nicht mehr ertragen. Also holte Nataniel noch einmal tief Luft und begann dann zu erzählen, während sein Blick auf seine Hände gerichtet war, die in seinem Schoß mit einem Stück Stoff herum spielten. „Du weißt doch, dass wir Wandler Gefühle sehr deutlich anhand von körperlichen Reaktionen mitbekommen können. Unser Geruchssinn ist auch in menschlicher Gestalt stark genug dafür.“ Zwar machte er eine kurze Pause, erwartete aber keine Antwort. Amanda wusste das und es hatte sie bisher in einigen Fällen ziemlich gestört. Noch eine Tatsache, die das alles hier ziemlich schwierig machte. Auch ohne die Schwangerschaft. „Das ist aber noch nicht alles, was wir wahrnehmen können. Wenn zum Beispiel jemand eine Krankheit in sich trägt, mag es nur eine Grippe kurz vor dem Ausbruch sein, bekommen wir das deutlich mit. Das … ist auch bei anderen körperlichen Reaktionen so.“ Sein Innerstes krampfte sich zusammen, während er nach genau der richtigen Sorte von sachlichen, wie auch gefühlvollen Worten suchte. „In gewisser Weise sind wir ständig Tiere. Ob nun in Menschengestalt oder eben als Tier. Unsere Instinkte gehen uns nicht verloren. So wie bei den meisten Menschen es über viele tausende von Jahren passiert ist.“ Nataniel zwang sich dazu, Amanda anzusehen. Es kostete ihn viel Kraft, aber noch mehr, weiter zu sprechen. „Weißt du noch, der Tag an dem ich regelrecht über dich hergefallen bin, nach dem du vom Einkauf zurückgekommen bist? Oder die darauf folgende Nacht, als ich … mich völlig daneben benommen habe? Damals war ich nicht ganz ich selbst.“, gestand er schließlich leise. „Dein Duft hat mich fast wahnsinnig gemacht. Er war … ist wie eine Droge für mich. Aber damals war es so schlimm, dass ich meine animalische Seite kaum noch bändigen konnte. Ich hab mich dagegen gewehrt. Wirklich. Aber als meine Gefährtin hast du stärkeren Einfluss auf mich, als irgendjemand anderes auf der Welt. Dein Körper hat buchstäblich ... nach mir geschrien. Ich kann es … nur schwer beschreiben. Dir ist vermutlich gar nicht bewusst, dass du damals…“ Ihm brach definitiv der Schweiß auf der Stirn aus und seine Finger zitterten nun so stark, dass er nicht einmal mehr mit dem Stoff der Decke nervös herumfummeln konnte. Stattdessen verschlang er sie verkrampft ineinander. Er seufzte und senkte nun doch wieder den Blick, als er endlich geschlagen zu reden anfing und zwar richtig. „Damals war dein Körper fruchtbar, Amanda. Schwach kann jeder Wandler so etwas riechen, aber wenn du erregt bist, dann nehme ich so etwas umso deutlicher wahr. Gerade weil du meine Gefährtin bist und das nicht nur vom Wortlaut her. Mein ganzer Körper ist auf dich eingestimmt und um es nur einmal vom biologischen Sinne her auszudrücken: Dein Körper hat in der kurzen fruchtbaren Phase genau die gleichen Signale ausgesandt, wie es jedes Lebewesen schon seit Anbeginn der Zeit tut, um die Art zu erhalten. Menschen können das meistens nicht mehr wahrnehmen. Wandler schon. ICH konnte es gar nicht ignorieren.“ Das stimmte. Er war wie auf Drogen gewesen. Luststeigernde Drogen. „Aber noch deutlicher reagieren meine Instinkte auf deinen unwiderstehlichen Geschmack. Er sagt mir mehr, als meine Nase wahrnimmt. Und vorhin hat er…“ Verdammt, gleich fing er an zu hyperventilieren. Bevor es jedoch so weit kam, nahm er all seine noch verbleibenden Kräfte zusammen, sog die Gefühle in seinem Herzen bis in seinen Verstand ein und lächelte dann warm und mit aller Ernsthaftigkeit, die in seiner Liebe zu Amanda lag. „Wir bekommen Nachwuchs…“ Seine Stimme bebte ebenso sehr wie seine Lippen und nun da er es ausgesprochen hatte, wurde es in seiner Brust ganz heiß. Die Freude über diese Nachricht überwog langsam, auch wenn sie die Angst nicht vertreiben konnte. Weshalb Nataniel seine Gefährtin nicht ansehen konnte, sondern seinen verschwommenen Blick nun auf seine völlig still da liegenden Hände richtete. Wenn das so weiter ging, würde er wirklich noch vor ihr flennen. Aber allein das Wissen, dass er Vater werden würde … oder nicht, wenn sie das hier nicht überlebte. Er hatte wirklich entsetzliche Angst vor der Zukunft. Jetzt mehr denn je. Die Welt musste stehen geblieben sein. Zusammen mit der Zeit und der Wirklichkeit, die sie normalerweise umgab. Während Nataniel versucht hatte, ihr zu erklären, was ihm auf dem Herzen lag, hatte sich die Umgebung bereits verabschiedet und zuerst noch Nataniel in die kleine Sphäre eingeschlossen, die Amanda umgab. Sie hatte teilweise nicht gewusst, ob sie sich auf die zittrigen Reaktionen seines scheinbar überlasteten Körpers oder auf seine Worte konzentrieren sollte. Schließlich war es aber der Inhalt dessen gewesen, was er ihr zu sagen versucht hatte, der sie aus der Wirklichkeit geschleudert zu haben schien. Stocksteif, mit den Händen in ihrem Schoß gefaltet, saß Amanda wie in einer Glaskugel, durch die sie kein einziger Eindruck von außen erreichen konnte. Sie nahm absolut nichts um sich herum wahr. Selbst Nataniel war wie ausgeblendet, obwohl er immer noch neben ihr saß, in die gleiche Decke gehüllt und allein seine Emotionen eigentlich hätten auf Amanda überschwappen müssen. Auf dem Inneren der Kugel liefen die Worte wie Tickermeldungen vorbei und schienen so aneinander gereiht doch absolut keinen Sinn zu ergeben. Starr versuchte Amanda ihren Blick auf die vorbeihuschenden Buchstaben zu heften, rutschte aber immer wieder ab. Im Rhythmus ihres Herzens pochte ihr sowieso nur ein einziges Wort in Körper, Herz und Seele: Nachwuchs. Die Nachricht drängte sich so absolut in Amandas Geist, dass alles andere wie ausgelöscht war. Warum, wann war völlig egal. Wie einzelne Tropfen auf eine spiegelnde Wasseroberfläche schienen die Worte nach einander endlich zu einander zu passen und eine Aussage zu bekommen. Die Nacht in Nataniels Haus, als er sie gebissen hatte… Sie war fruchtbar gewesen. Er hatte es gewusst. Aber… Amandas Atem stockte kurz, bevor er leicht keuchend wieder seinen Takt aufnahm. Langsam fing die Welt wieder an sich zu drehen und machte Amanda schwindelig. Die Tragweite dessen, was Nataniel ihr gerade gesagt hatte, konnte sie noch nicht begreifen. Ein Baby. Selbst ihre Hand auf ihren Bauch zu legen fühlte sich jetzt seltsam anders und bedeutungsschwer an. Es war nicht anders als sonst. Das war ihr Körper. Und er hatte ihr genauso wenig Vorwarnung gegeben wie Nataniel, der immer noch nackt und zitternd neben ihr auf dem Bett saß. "Herzlichen Glückwunsch." Noch bevor Amanda das zweite Wort beendet hatte, brachen Tränen über sie herein und sie schlang ihre Arme um Nataniel. Sie vergrub ihren Kopf an seiner Halsbeuge und ihr Körper wurde von den Emotionen geschüttelt, die alle auf einmal auf sie einstürzten. Was übrig blieb, war von Tränen durchmischtes Lachen. Ohne sich wirklich die Zeit zu nehmen, sich zu beruhigen, löste sie sich wieder von Nataniel, nahm sein Gesicht in ihre Hände und sah ihn an. "Freust du dich?" Egal welche Reaktion er von Amanda erwartet hätte. Er wäre nicht darauf vorbereitet gewesen. Wie auch? Er wusste es doch selbst erst seit wenigen Minuten und wie er auf die Nachricht reagiert hatte, war schließlich auch kein Geheimnis gewesen. Darum gab er Amanda Zeit, die Botschaft zu verinnerlichen. Schweigend und still saß er neben ihr, erstarrte mit ihr in der Zeit, bis sie schließlich endlich eine Reaktion zeigte, mit der er etwas anfangen konnte. ‚Herzlichen Glückwunsch‘, ja das passte definitiv, sah man mal von all den Dingen ab, die dieses Glück gefährdeten. Aber die einmal beiseite geschoben, konnte man ihnen beiden wirklich gratulieren. Sofort schlang er seine Arme um seine geliebte Gefährtin, als sie sich weinend an ihn schmiegte und ebenso heftig geschüttelt wurde, wie er noch vorhin. Wie gut er das alles doch nachvollziehen konnte. Nachdem auch bei ihr zum ersten Mal reichlich die Tränen flossen, musste auch Nataniel sich mehrmals verstohlen über das Gesicht wischen, bis er Amandas Lachen hörte und sie sich von ihm löste. „Ob ich mich freue?“, fragte er sie ungläubig, als wäre es unmöglich etwas anderes als Freude dafür zu empfinden. Natürlich hatte er auch andere Gefühle in sich, die wild herum tobten, aber alle hatten definitiv etwas mit Sorge, oder Ängsten zu tun. An der Tatsache, dass Amanda schwanger war, störte sich keine einzige Zelle in seinem Körper. Ganz im Gegenteil. Er könnte nicht nur vor Freude heulen, sondern er tat es, wenn auch so klamm heimlich wie möglich. Weswegen man später auch nur schwer sagen konnte, von wem die Nässe auf ihren Wangen kam, als er ihr Gesicht zu küssen begann. Jeden einzelnen Millimeter davon und dabei betonte Nataniel immer wieder, wie sehr er sich darüber freute und wie sehr er sie doch liebte. Bis er sie wieder in seine Arme zog und sich sachte mit ihr zu einer imaginären Melodie wiegte. „Mein Herz fließt über vor Glück.“ Und wurde zugleich von Sorge zerfressen. Aber das wollte er ihr eindeutig nicht sagen. Stattdessen küsste er ihren Hals, streichelte mit seinen Fingern über ihren Nacken und summte ganz leise eine Melodie, die er tief verinnerlicht hatte. Amanda musste das Lied kennen. Sie hatte es gesummt, als sie voller Freude im Fluss gebadet und sich die Sonnenstrahlen auf ihrer Haut geräkelt hatten. Nataniel würde diesen Anblick niemals vergessen. Amanda schloss die Augen und hörte Nataniel zu. Dass sie sich bei ihm anlehnen konnte, brachte erst Recht die Bilder in ihre Erinnerung zurück, die sie sich damals bei ihrem Bad im Fluss vorgestellt hatte. Gute Zeiten, eine Familie. Sie konnte fast noch jedes Gefühl erspüren, das sie damals empfunden hatte und das ihr so unwirklich und weit entfernt vorgekommen war. Sie hatte mit Nataniel lachen wollen, ohne Sorgen mit ihm leben, auch wenn ihr Beziehung damals erst als reine Bekanntschaft gewertet werden konnte. Und jetzt… Aufgeregt und auch ängstlich fing Amandas Herz an heftig zu pochen. Sie hatte doch absolut keine Ahnung, was zu tun war. Wenn sie ehrlich war, hatte sie noch nicht einmal darüber nachgedacht, schwanger zu werden. Selbst bei der Moonleague hatte sie nur in legendenartigen Gerüchten davon gehört, dass Menschen und Gestaltwandler Kinder zusammen gezeugt hatten. Diesen Dingen hatte sie weder besondere Aufmerksamkeit, noch wirklich viel Glauben geschenkt. Und dabei war es schon schwerwiegend genug, ein Kind in sich zu tragen. Ob von einem Wandler oder nicht. Was das alles mit sich brachte, würde sie wohl noch herausfinden, aber Amanda war jemand, der gern vorbereitet war und das traf gerade jetzt in keinster Weise zu. Am liebsten wäre sie bereits jetzt aufgesprungen und hätte sich zumindest im nächsten Buchladen einen dicken Wälzer über Schwangerschaft besorgt. Immerhin wollte sie bloß nichts falsch machen. Die Gedanken rasten nur so in Amandas Hirn herum und schienen ihren Puls oben zu halten, der sich seit Nataniels Nachricht in schwindelerregende Höhen aufgeschwungen hatte. Aber über alles konnte sie jetzt sowieso nicht nachdenken. Das war unmöglich. Mit dieser Explosion an Emotionen war es völliger Blödsinn irgendwelche Pläne fassen zu wollen. "Ich dachte wirklich, dass das gar nicht möglich ist. Du und ich… Ich meine, weil wir so verschieden sind. Und jetzt bekommen wir ein Jaguarbaby, das vermutlich durch die Schatten gehen kann." Amanda grinste übers ganze Gesicht, während sie sich keinen Millimeter aus Nataniels Umarmung löste. "Wird verdammt schwer werden, einen Babysitter zu kriegen." Noch dazu, wenn das kleine Wesen das geballte Temperament seiner Eltern erben sollte. Aber bis sie sich über so was unterhalten mussten, war noch Zeit. Es war kaum ein Monat und noch … standen leider ganz andere Sachen im Vordergrund. Bevor ihr jetzt das Herz schwer werden und sie in Panik ausbrechen konnte, wandte sie ihr Gesicht doch Nataniel zu und konnte das frohe Lächeln immer noch nicht aus ihrem Gesicht wischen. Als sie seine blitzenden Augen sah, verwandelte es sich völlig automatisch sogar in ein Grinsen, das locker den Raum hätte erhellen können. "Scheiße, eigentlich sollte ich sauer auf dich sein. Du hättest was sagen müssen!" Sie boxte ihn leicht auf die Schulter, küsste ihn aber kaum eine Sekunde später versöhnlich auf die Lippen. "Ist es ok, wenn wir einfach nur schlafen gehen? Ich fühl' mich irgendwie … ein bisschen erschlagen." Oh Mann. Er war so erleichtert, über Amandas relativ harmlose Reaktion, dass es ihm vorkam, als würde eine ganze Steinlawine von seinem Herzen fallen. Natürlich war er immer noch besorgt und hatte Angst, aber es fühlte sich doch ganz gut an, dass sie offensichtlich nichts gegen ein Baby von ihm und mit ihm hatte. Selbst wenn das im Augenblick völlig daneben war, freute er sich doch wie wild darüber, während er alles andere beiseite schob. Darüber könnte er sich morgen auch immer noch Gedanken machen. Eigentlich könnte er nicht nur, er würde sogar. Davon konnte man ihn unmöglich abhalten. „Ja, ich hätte was sagen sollen. Das weiß ich. Aber erklär das mal jemanden, der sich vorkommt, als wäre er auf LSD vermischt mit einer Wagenladung Viagra.“ Er grinste zurück und streichelte ihre Schultern, als sie ihn küsste. Danach zog er die Decke von ihnen beiden, schob die Kissen zurecht und legte sich mit seiner Gefährtin im Arm hin. „Erschlagen fühle ich mich nicht gerade. Aber ich denke, jetzt weißt du, was ich mit Zerrissen meine, sollte ich mir jemals wieder so vorkommen.“ Und Sex war um ehrlich zu sein, gerade das Letzte, woran er dachte. Immerhin hatte ihn die Nachricht mit der Schwangerschaft ebenso eiskalt erwischt, wie seine Ankündigung Amanda gerade eben. Noch immer streichelte er ihren Nacken, auch als er schon längst die Augen geschlossen hatte. „Tut mir übrigens immer noch wahnsinnig leid, dass ich dich gebissen habe. Geistige Umnachtung ist keine Ausrede dafür.“ Er nuschelte es bereits nur noch, während sein Körper sich immer mehr entspannte. Das Zittern hatte schon längst nachgelassen, aber man spürte trotzdem noch leichte Nachbeben. Vor allem war es wirklich ganz schön anstrengend gewesen. Nataniel wollte gar nicht an morgen denken. Sondern lieber an eine Zukunft die bereits einige Monate weiter war, als ihre derzeitige Lage. Keine Moonleague. Seine Gefährtin. Das Baby. Auf dem Land. Frieden. Glück und Freude. Keine Gefahr mehr. Schade dass alles so ungewiss war und in seinen Gedanken nicht vollkommen Farbe annehmen wollte. Gedankenverloren strich seine Hand unter der Decke über Amandas Schulter, ihre Seite und blieb schließlich mit dem Daumen unterhalb ihres Bauchnabels hängen, wo er sanfte Kreise zog. Niemals hätte er gedacht, dass er seine Gefährtin einmal teilen könnte. Aber das Gefühl des zu Drittseins jagte ihm einen behaglichen Schauer durch den Körper und obwohl es noch sehr früh und kaum greifbar war, so spürte doch sein ganzer Organismus, welche Rolle ihm zugedacht war. Deshalb hatte ihr Geruch seinen Kennzeichnungstrieb nicht mehr hervor gelockt. Sie gehörte zu ihm. Trug etwas von ihm in sich. Das alleine sagte schon genug. Fand er. Auf Nataniels neuerliche Entschuldigung hin, was den Biss von damals betraf, sagte Amanda nichts. Sie kuschelte sich nur an ihn, schlang einen Arm um seinen Oberkörper und schloss ebenfalls die Augen. Es war seltsam, wie stark die Stimmung umgeschlagen war, aber es war nicht weniger intim, einfach nur anders. Und Amanda fühlte sich inzwischen wirklich müde. Das Adrenalin schien sich langsam aber stetig aus ihrem System zurückzuziehen, um aber immer noch ihr stark pochendes Herz zurückzulassen. Es war nur der Vorbote all der Gedanken, die sie sich jetzt machen musste. Aber nicht mehr heute. Solange sie konnte, würde sie die Ruhe mit Nataniel genießen. Seine Hand, die schleichend und sanft ihren Körper hinunter strich, um schließlich kleine Kreise zu ziehen, sorgte nur dafür, dass Amanda schneller in den Schlaf sank. Er war bei ihr, also würden sie das schon alles hinkriegen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)