The World Outside The Cage von -Red-Karasu (+3rd chapter up July 4th+) ================================================================================ Kapitel 1: 01. Lost Scene ------------------------- So, der Wahnsinn geht weiter und ich bin ziemlich aufgeregt deswegen. Es hat ein ganzes Stück gedauert, aber mittlerweile hab ich wenigstens eine ungefähre Idee wo das Ganze hinführen könnte, auch wenn noch eine Menge Punkte ungeklärt sind – weshalb ich keine Garantie dafür gebe das Ganze nicht eventuell doch schon vorzeitig abzubrechen, bevor es totaler Mist wird. Das hier bekommt ihr auch nur zu sehen, weil Juli, meine Beta, es für gut befand, die hat da das Sagen. Für das Ende hab ich eine konkrete Idee, aber dahin zu kommen wird nicht ganz einfach. Ich denke allerdings, dass das hier nicht ganz so lang wird, wie der erste Teil. (Und war ich bei der Namensgebung nicht schrecklich kreativ? XD) Es wird werden alte Bekannte dabei sein und auch ein paar neue Gastauftritte sind geplant, also seid gespannt. Die Charakterbeschreibungen werden dann immer nach und nach aktualisiert, wär ja langweilig, wenn ihr jetzt schon wüsstet, was euch noch bevorsteht. Also, ich hoffe ihr habt beim Lesen wieder so viel Spaß wie ich beim schreiben und hinterlasst mir eure ehrliche Meinung (gern auch Kritik) in vielen Kommentaren~ The World outside the Cage 01. Lost Scene Unwillig kniff er die Augen zusammen und drehte den Kopf zur Seite. Das 'Lass mich endlich in Ruhe', das er dem Anderen gedanklich entgegenschrie, schaffte es nicht seinen Mund zu verlassen. Obwohl die Situation so bekannt für ihn war, fühlte er sich dieses Mal wie gelähmt vor Angst. Erneut war er den Händen ausgeliefert, die beinahe hektisch über seinen Körper glitten, gierig danach, jeden Zentimeter zu erforschen, den sie erreichen konnten. Er hasste dieses Gefühl, es widerte ihn an, doch er wusste, dass es keinen Sinn gehabt hätte sich gegen das Drängen des anderen Körpers zu wehren. Durch das Halbdunkel war er nicht einmal in der Lage das Gesicht des Mannes über ihm zu erkennen, was die Situation nur noch unerträglicher machte, die in ihm aufsteigende Panik schürte. Unwillkürlich zuckte er zusammen, als die rauen Hände, die den Weg unter sein dünnes Oberteil gefunden hatten, jetzt über seine Haut glitten und mit harten Fingernägeln rote Male auf seinem Bauch hinterließen. Und wieder konnte er nichts anderes tun, als zu versuchen, alles auszublenden und sich vorzustellen, dass das alles nicht ihm, sondern jemand anderem passierte. Er kniff im Dunkeln die Augen zusammen, als seine Hotpants unsanft von seinen Hüften gerissen wurden – der Andere machte sich nicht einmal die Mühe die Knöpfe zu öffnen, sondern zerrte einfach so lange an dem Kleidungsstück, bis es mit einem reißenden Geräusch nachgab. Die Stille, die kurze Zeit herrschte, ließ ihn innerlich zittern und die Augen fester zusammenkneifen. Doch nur Sekunden später hörte er das keuchende Atmen wieder dicht an seinem Ohr; allerdings konnte es nicht das Geräusch des Reißverschlusses übertönen, der jetzt ungeduldig geöffnet wurde. Er verspannte sich, biss sich auf die Unterlippe, um nicht zu wimmern, als er grob an den Hüften gepackt und so zu dem Fremden gezogen wurde – viel näher, als es ihm lieb gewesen wäre. „Zero!...“ Die besorgte Stimme drang an seinen hektischen Atemzügen vorbei nur langsam in sein Bewusstsein. Er wusste nicht, ob er reagieren sollte, oder lieber im Dunklen bleiben wollte, um für alles unerreichbar zu sein. Auch wenn das bedeutete, weiter diese Angst ertragen zu müssen. „Zero, wach auf...“ Er zuckte zusammen, als er eine für den Moment viel zu reale Berührung spürte. „...du hast geträumt...“ Eine warme Hand legte sich beruhigend auf seine Stirn und strich sanft über die erhitzte Haut. Blinzelnd und im schwachen Licht einer Nachttischlampe noch orientierungslos schlug er die Augen auf. Als er einen Moment später erkennen konnte, wo er war, atmete er tief durch, versuchte so seinen noch immer hämmernden Puls zu verlangsamen. Schließlich erwiderte Zero den Blick des Anderen, der ihn noch immer besorgt betrachtete. Ihm war jedes Mal unwohl, wenn Hizumi ihn so ansah, es kam ihm vor als wüsste der Schwarzhaarige mehr als er selbst. Etwas zittrig richtete er sich in eine sitzende Position auf, lehnte sich mit dem Rücken gegen das Kopfteil des Bettes und schlang die Arme um den eigenen Oberkörper, um Halt in der Realität zu finden. „Tut mir Leid, dass ich dich geweckt hab...“, selbst seine leise Stimme klang so unsicher und vollkommen erschöpft wie er sich fühlte. Dabei war es bei Weitem nicht das erste Mal, dass er mitten in der Nacht aus einem solchen Albtraum aufgewacht war. Aber anscheinend hatte er dieses Mal zumindest nicht geschrieen oder um sich geschlagen. „Ist doch okay...du kannst nichts dafür...“ Zero schüttelte schwach den Kopf. Er fühlte sich dafür verantwortlich, denn – auch wenn er es dem Älteren nicht erzählte – er war der Meinung, dass diese Träume etwas mit seinem noch immer anhaltenden Gedächtnisverlust zu tun hatten. Wenn er sich nur an alles erinnern könnte, würden sie mit Sicherheit aufhören. Oder vielleicht würde er zumindest 'sehen', wovon er träumte, und so einen neuen Hinweis auf einen möglichen Grund bekommen, warum ihn die gleichen Geschehnisse immer und immer wieder quälten. Sich dadurch eben doch an das erinnern, was passiert war. Das Schlimmste an diesen Träumen war für ihn, dass er nichts sehen konnte und überall nur Dunkelheit war, sodass sich seine Wahrnehmung allein auf Hören und Fühlen beschränkte. Bei dem Gedanken daran jagte ihm erneut ein Schauer über den Rücken. Dennoch – eine leise Stimme in seinem Inneren bezweifelte, dass er sich wirklich erinnern wollte. Manchmal war es besser, nicht alles zu wissen. Und das hier gehörte aller Wahrscheinlichkeit nach zu diesen Fällen, das zeigte ihm schon allein Hizumis Reaktion, wenn er ihn nach ihren Treffen in der Vergangenheit fragte – auch wenn das nur sehr selten vorkam. Er hatte es eigentlich aufgegeben, da er sowieso keine neuen Informationen zu bekommen schien. „Ich geh kurz was trinken...“, murmelte er schließlich und stand dann immer noch etwas zittrig auf, einen lautlos seufzenden Gastgeber zurücklassend. Dieser fuhr sich flüchtig mit der Hand durchs Gesicht, legte den Kopf für einen Moment in den Nacken. Irgendwie hatte er sich das alles einfacher vorgestellt, als er beschlossen hatte den Jüngeren zu sich zu nehmen. Seufzend erhob er sich ebenfalls, schritt durch das geräumige Schlafzimmer und sah durch das Panoramafenster hinunter auf die Stadt. New York – genau wie Tokyo schien auch diese Stadt nie zu schlafen. Er mochte es hier zu leben, es machte Spaß, war etwas Neues, aber wirklich heimisch fühlen würde er sich vermutlich nie. Hergekommen war er nur, weil er sich mit seiner Tante darüber einig gewesen war, dass es zu gefährlich sein würde weiterhin in Japan zu bleiben. Sollte der Chef des Grudge herausfinden, dass Zero noch lebte – und das würde sich früher oder später nicht verhindern lassen – würde dieser Mann vermutlich alles daran setzen, ihn zu finden. Und das konnte und wollte Hizumi nicht riskieren. Nicht nur, dass Kana ihm dann gewaltig aufs Dach steigen würde, ihm selbst war Zero einfach zu wichtig, um noch einmal zu riskieren, ihn zu verlieren. Also hatte er vor etwa drei Monaten seine Sachen gepackt, sein Leben in Japan aufgegeben und war nach Amerika gegangen, um jemanden zu beschützen, dem er vermutlich ziemlich egal war. Hörte sich irgendwie erbärmlich an, wenn man es so formulierte. Als er das Geräusch einer sich schließenden Tür hörte, drehte er sich um, schenkte dem Anderen ein müdes Lächeln. „Geht's wieder?“ „Mh...“ Zero ging zu dem Doppelbett, das im Raum stand, und ließ sich darauf sinken. „Ich wünschte nur, dass die Träume aufhören würden...ich hab Augenringe bis zum Kinn und konzentrieren kann ich mich tagsüber auch nicht...ich glaub, ich kann mich nicht mal wirklich an die letzte Nacht erinnern, in der ich richtig durchgeschlafen habe...“ Hizumi konnte. Es war die letzte Nacht gewesen, die sie vor ihrer Abreise aus Japan in Shinyas Haus verbracht hatten. Es schien, als hätte die bloße Anwesenheit seines Freundes aus Kindertagen Zero beruhigt. Aber das würde er dem Jüngeren jetzt sicher nicht sagen. Also zuckte er nur etwas hilflos – und das nicht einmal gespielt – mit den Schultern und sah ihn ernst an. „Du musst dir noch Zeit geben...“ „Das interessiert mich aber nicht! Du hast leicht reden, du bist es schließlich nicht, der diese verdammten Träume hat!“, fuhr Zero ihn an, warf ihm aber gleich darauf einen entschuldigenden Blick zu. „...tut mir Leid...“, murmelte er und ließ den Kopf hängen. Es war nicht das erste Mal, dass ein Gespräch über dieses Thema in einem Ausraster seinerseits geendet hatte, aber im Moment war er einfach zu erschöpft, um noch weiter zu diskutieren. „Schon okay...versuch noch ein bisschen zu schlafen, ja?“ Hizumi hatte es mit der Zeit gelernt, in diesen Fällen einfach ruhig zu bleiben, denn es nützte nun mal nichts, wenn er sich durch die Worte des Anderen angegriffen fühlte oder, noch schlimmer, ebenfalls anfing herumzuschreien. Das war ihm einmal passiert und anschließend hatte er sich vor der abgesperrten Schlafzimmertür wiedergefunden und die nächste Stunde damit verbracht, den Jüngeren davon zu überzeugen, dass er ihm nichts tun wollte. Und das nur, weil er Zero an den Schultern gepackt und geschüttelt hatte, um ihm klarzumachen, dass es nichts brachte sich zu zwingen, sich wieder zu erinnern. Auf diese Tat hin war dieser dann in Panik geraten und hatte ihn geradezu mit Gewalt aus dem Zimmer gedrängt. Er sah zu, wie Zero sich hinlegte, wieder in seine Decke einwickelte und die Augen schloss, bevor er sich abwandte, um seinerseits den Raum zu verlassen und sich schließlich im Wohnzimmer auf dem Sofa niederzulassen. Ein erneutes Seufzen entwich seinen Lippen. Vielleicht hatte er sich wirklich zu viel vorgenommen, als er beschlossen hatte, Zero bei sich wohnen zu lassen. Er wusste ja, dass der Jüngere gern wissen wollte, was in seiner Vergangenheit geschehen war – und allein diese immer wiederkehrenden Träume waren wahrlich Zeugnis genug dafür, dass die Wahrheit sich nicht auf Dauer verbergen lassen würde – aber was sollte er ihm denn sagen? 'Tut mir Leid, aber bevor wir hierher gekommen sind, warst du 'ne billige Nutte'? Nein, das konnte er wirklich nicht bringen. Und egal, wie er versuchen würde es ausdrücken, es würde im Grunde doch auf diese Aussage hinauslaufen. Zero würde das sicherlich nicht entgehen. Außerdem musste er sich eingestehen, dass er jetzt, wo er den eigentlichen Charakter des Jüngeren kannte, diesen noch mehr ins Herz geschlossen hatte. Was anfänglich reine Neugier gewesen war, hatte sich zu ehrlicher und eigentlich zu tiefer Zuneigung entwickelt. Allerdings war dies eine weitere Sache, die er Zero nie sagen können würde. Sie mochten ja derzeit im gleichen Bett schlafen, aber bis auf Freundschaft – und von der Seite des Jüngeren aus war er sich noch nicht einmal dessen sicher – war da nichts zwischen ihnen. Dass sie sich ein Zimmer teilten, hatte sich eher dadurch ergeben, dass sein Mitbewohner so zumindest etwas ruhiger schlafen konnte, als wenn er ganz allein in einem Raum war. In den ersten Nächten hier, als Zero allein im Gästezimmer genächtigt hatte, war er aufgewacht und hatte in Panik aufgelöst versucht, sich aus einer vermeintlichen Gefangenschaft zu befreien. Der 22-jährige fuhr sich mit einer Hand durchs Gesicht und warf einen Blick auf die digitale Anzeige des DVD-Players. „...fast halb fünf...super...“, murmelte er müde und stand dann langsam auf. Es waren Nächte wie diese, in denen er mit dem Gedanken spielte mit dem Rauchen anzufangen, nur um sich ein bisschen ablenken zu können. ~~~ „..gut, das ist kein Problem, das sollte sich machen lassen...ja, genau. Ich mache Ihnen bis Freitag einen Entwurf fertig und dann klären wir noch etwaige Änderungen.“ Hizumi saß im Schneidersitz in seinem Bürostuhl, drehte sich mit diesem immer wieder leicht hin und her und spielte mit einem Kugelschreiber, während er seit einer gefühlten Stunde mit einem seiner aktuellen Auftraggeber telefonierte. Als sein noch ziemlich verschlafen wirkender Mitbewohner den Raum betrat, lächelte er ihn freundlich an, versuchte aber immer noch aufmerksam, dem Mann am anderen Ende der Leitung zuzuhören – was ihm aufgrund von Zeros zerzaustem 'Out of bed'-Look allerdings nicht eben leicht fiel. „...gut. Vielen Dank, dann sehen wir uns in zwei Tagen...Ja...Ihnen auch...Auf Wiederhören.“ Er beendete endlich das Telefonat und legte den Hörer beiseite, um Zero seine volle Aufmerksamkeit zu schenken. „Wie wär's mit Frühstück?“, bot er noch immer lächelnd an. Ein schweigendes Nicken war alles, was er an Antwort erhielt, aber daran war er gewöhnt. Wenn er gerade aufgestanden war, war der Jüngere nie wirklich gesprächig. Was in etwa hieß, dass man keine Antwort von ihm erwarten konnte, die viel mehr als ein Ja oder Nein umfasste. Also sortierte Hizumi noch ein paar Notizen und ging dann ebenfalls in die Küche, wo er Zero schon mit Kaffee in den Händen am Tisch sitzen sah. Sich gedanklich dazu gratulierend, gleich vorsorglich mehr gekocht zu haben, goss er sich ebenfalls eine Tasse ein und stellte diese auf dem Küchentisch ab. „Magst du was essen? Ich hab vorhin Donuts mitgebracht...“ „...später vielleicht...“ Auch als er antwortete, blieb Zeros Blick auf die Tischplatte vor sich gerichtet. „Konntest du noch etwas schlafen?“ Der Sitzende fuhr sich mit einer Hand durch die noch immer etwas zerzausten Haare. „Ging schon...keiner von diesen Träumen mehr...“ „Aber?“ Schulterzucken. „Diese innere Unruhe...“ Zero trank einen Schluck und sah seinen Mitbewohner dann mit zusammengezogenen Augenbrauen an, ohne etwas zu sagen. Was hätte das auch sein sollen? Nachdem der Ältere schon so großzügig war und ihn hier kostenfrei wohnen ließ, konnte er kaum noch irgendwelche Ansprüche stellen. Er verstand bis heute nicht, warum er unbedingt aus Japan weggemusst hatte, aber auch wenn ihn von Shinya abgesehen nicht viel dort gehalten hatte – es war sein Heimatland und irgendwie vermisste er es. Und, um ehrlich zu sein, ohne Shinyas Drängen hätte ihn auch nichts dazu gebracht von dort wegzugehen. Hier war immer noch alles fremd. Die Umgebung, die Menschen, die Sprache. Und außer Hizumi kannte er eigentlich niemanden. Er wandte den Kopf ab und starrte nun wieder auf die schwarze Brühe in seiner Tasse. Vor seinem Inneren Auge sah er wieder Shinya vor sich. Es hatte wehgetan zu sehen, dass seine erste große Liebe mit einem Anderen so glücklich war. Aber er hatte schnell begriffen, dass er gegen jemanden wie Die nie im Leben angekommen wäre. Schon gar nicht mit Gedächtnisverlust, nachdem er damals scheinbar von einem Tag auf den anderen verschwunden war, ohne etwas zu sagen oder eine Nachricht zu hinterlassen. Außerdem war es nicht zu übersehen, wie gut Shinya das Zusammenleben mit seinem Verlobten tat. Also hatte er beschlossen, dass zumindest Shinya das Recht auf ein glückliches Leben haben sollte, wenn er selbst schon nichts auf die Reihe zu bekommen schien. Dennoch – trotz all dieser guten Vorsätze – er vermisste den zierlichen jungen Mann und dessen fürsorgliche Art ungemein. Natürlich mochte er Hizumi, aber das beständige Gefühl, dass dieser etwas Wichtiges vor ihm verbarg, machte es ihm schwer, ihm wirklich zu vertrauen. Nicht zuletzt auch wegen dessen ominöser Tante, die zwar dafür gesorgt zu haben schien, dass sie hier lebten, die er aber noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Er war so in diese immer wiederkehrenden Gedanken vertieft, dass ihm nicht aufgefallen war, dass sein Mitbewohner die Küche schon wieder verlassen hatte. Er wurde sich dessen erst bewusst, als er wieder aufsah und den Platz, an dem der Andere vorhin gestanden hatte, leer vorfand. Vermutlich war der Ältere an seinen Arbeitsplatz zurückgekehrt. Er musterte noch einige Augenblicke lang die Holzmaserung des Tisches, bevor er sich schwerfällig erhob und nach seinen Zigaretten griff. Mit wenigen Schritten hatte er die Küche durchquert und öffnete das Fenster, sodass der Lärm der Großstadt dumpf zu ihm durchdrang. Nachdem seine Finger wie von selbst einen der Glimmstängel angesteckt hatten, nahm er mit in den Nacken gelegtem Kopf einen tiefen Zug. So sehr er es auch versuchte, die Bilder des Traumes von heute Nacht konnte er nicht ganz von seinem inneren Auge vertreiben. So wie ihn eigentlich jeden Tag die Ereignisse der vergangen Nacht beschäftigten – ein Rhythmus der etwas unbestimmt Vertrautes hatte. Allerdings nicht im positiven Sinne. 'Vielleicht bin ich einfach unterbeschäftigt...', dachte er selbstironisch, als er einen Blick nach draußen warf. Vielleicht sollte er sich irgendeine Art von Nebenjob suchen. Anscheinend hatte er ja früher in einer Bar gearbeitet, da musste sich doch etwas finden lassen; schließlich gab es hier mehr als genug japanische Restaurants und dergleichen. Sich selbst zunickend schnippte er die nur halb aufgerauchte Zigarette aus dem Fenster. Im Vorbeigehen nahm er seine Kaffeetasse mit, um später noch etwas davon trinken zu können. Doch gerade als er die Tür zu Hizumis Arbeitszimmer öffnen wollte, kam der ihm schon entgegen, wie immer mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. „Wolltest du zu mir?“ „...schon, gewissermaßen...“ Ohne, dass er es selbst bemerkt hätte, war Zero einen Schritt nach hinten – von seinem Mitbewohner weg – getreten. Er wusste nicht genau, woran es lag, aber körperliche Nähe jagte ihm hin und wieder große Angst ein und er musste in diesen Momenten seine ganze Willenskraft aufbringen, um die Panik, die sich dann in ihm ausbreitete, nicht die Oberhand gewinnen zu lassen. Auch wenn es sich bei Hizumi normalerweise in Grenzen hielt. „Was ist denn?“, wurde er nun aus seinen Gedanken gerissen. „Mh?...ah...ich wollte dich fragen, ob ich später mal an deinen PC kann.“ „Sicher, kein Problem“, meinte Hizumi, noch immer lächelnd und ging in Richtung Wohnungstür, wo er sich Jacke und Schuhe anzog. „Was willst du denn machen?“ „Ich will nach japanischen Läden oder Restaurants und so was suchen...“ „Wieso das?“ „Zum arbeiten...ich hab das Gefühl, mir fällt hier bald die Decke auf den Kopf...“ Bildete er sich das ein, oder hatte sich Hizumi gerade für einen kurzen Moment ziemlich verspannt, als er von 'arbeiten' gesprochen hatte? Oder aber er selbst wurde langsam wirklich ziemlich paranoid. Wäre so gesehen auch kein Wunder. „...sicher...klar kannst du das tun...aber du weißt, dass du nicht musst, ja? Ich verlange nicht, dass du dich an der Miete oder so beteiligst...“, hakte der Ältere nun doch noch einmal nach. „Ja, ich weiß...“ Zero verzog die Lippen zu einem schwachen, aber ehrlichen Lächeln. „Erstmal sehen, ob ich überhaupt was finden kann. Wo willst du eigentlich hin?“ „Material abholen von 'nem Auftraggeber. Anscheinend sind die zu dämlich mir das Zeug zu mailen, keine Ahnung...“ In gespielter Frustration verdrehte Hizumi die Augen, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen. „Ich denke in so zwei Stunden bin ich wieder da. Bis später, okay?“ Er griff nach seinen Schlüsseln, hob noch einmal die Hand zum Gruß und war keine zwei Sekunden später durch die Tür verschwunden, während Zero ihm einmal mehr an die Wand gelehnt hinterhersah. ~~~ Und? Was denkt ihr? Kapitel 2: 02. Maze ------------------- Glaubt ihr mir, wenn ich sage, dass das Kapitel eigentlich spätestens Anfang Dezember online sein soll? u.u Es tut mir so Leid, wirklich, aber es kam (vor allem bei meiner Beta und Uni geht nun mal vor) immer was dazwischen...aber hier ist es nun...Ich kann nicht mal sagen, ob ich es wirklich gut finde (eher nicht, glaube ich...wirkt irgendwie so gewollt und gequetscht x.x) aber es geht zumindest an den anderen Handlungssträngen auch mal was los...also dann... 02. MAZE Mit einem gequälten Stöhnen legte der junge Mann den Kopf in den Nacken. Das hier musste die Hölle sein, eine andere Erklärung gab es für diese Temperaturen einfach nicht. Mit der Speisekarte in einer Hand versuchte er, sich etwas Luft zuzufächeln – ein Versuch, der von vornherein zum kläglichen Scheitern verurteilt war. Wie konnte man diese Hitze nur aushalten? Oder vielmehr: diese Hitze gepaart mit fünfundneunzig Prozent Luftfeuchtigkeit? Dagegen war der Sommer in Tokyo ja geradezu harmlos. Seine Kleidung klebte ihm buchstäblich am Körper und er hatte das Gefühl, als er würde er allmählich mit dem Plastik des Stuhles, auf dem er saß, verschmelzen. Langsam hob er den Kopf wieder ein Stück, um einen Blick auf das Glas zu werfen, das vor ihm auf dem Tisch stand. Die Eiswürfel, die in seiner Cola geschwommen hatten, hatten sich binnen weniger Minuten in Wohlgefallen aufgelöst, was ihm ein weiteres Seufzen entlockte. Vermutlich war das Zeug mittlerweile lauwarm. Aus den Augenwinkeln sah er zu der Person, die sich in diesem Moment neben ihn setzte und die Beine übereinander schlug, machte aber keine Anstalten, irgendwie auf deren Ankunft zu reagieren. Karyu griff ungeniert nach seiner Cola, wobei jedoch schon der erste Schluck allein reichte, ihn das Gesicht verziehen zu lassen. Nach dieser Reaktion zu urteilen hatte er Recht gehabt. „...ich möchte dir nur mitteilen, dass ich an einem Hitzschlag gestorben bin“, informierte er den Neuankömmling nach einer Weile in einem desinteressierten Tonfall. „Oh, dann ist ja gut, ich dachte schon, irgendwas sei nicht in Ordnung“, erwiderte der nur mit einem schiefen Grinsen. Unter Aufbietung seiner ganzen Kraft setzte Tsukasa sich aufrecht hin, stützte sich dann aber sicherheitshalber mit dem Ellenbogen auf der Tischplatte ab. „Und? Hast du irgendwas gefunden?“ „Naja“, der groß gewachsene Japaner strich sich mit einer Hand die Haare aus der Stirn. „Wir könnten erstmal mit Bus oder Zug nach Seoul fahren, wenn du willst. Oder nach Busan. Ich weiß nur nicht, was wir dann machen...“ „...in ein Land gehen, in dem wir die Sprache verstehen, klänge für mich ganz gut...“ „Du mich auch, Kleiner.“ Karyu konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Im Nachhinein war es vielleicht nicht unbedingt die klügste Entscheidung gewesen, einfach Hals über Kopf das Land zu verlassen. Andererseits... „...du weißt genau, dass es zu gefährlich gewesen wäre, weiter in Japan zu bleiben.“, führte er seinen Gedanken laut zu Ende und sah den Jüngeren für einen Moment ernst an. Und da war es nun mal am einfachsten – und unauffälligsten – gewesen einfach eine Fähre nach Korea zu nehmen. „Ja, weiß ich...“ Eigentlich sollte er dankbar sein, dass Karyu das alles für ihn tat, schließlich hatte der sich ziemlich in Gefahr gebracht, als er mit ihm vom Grudge abgehauen war. Von daher sollte er sich vielleicht ein bisschen zusammenreißen. „Also...was denkst du, was wäre besser?“ Der Ältere legte die Stirn etwas in Falten. „Naja...Bus ist im Normalfall billiger, aber dauert eben auch länger...und von Seoul aus haben wir vielleicht bessere Möglichkeiten weiterzureisen...“. Zumindest solang sie noch etwas von dem Geld übrig hatten, das Karyu hatte mitgehen lassen. Nachdenklich sah er Tsukasa an. Seit sie aus dem Grudge geflohen waren, hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, auf den Jungen aufzupassen, um sichergehen zu können, dass ihm nichts passierte. Seinetwegen hatten sie Japan verlassen. Und wenn es nicht anders ging, würde er auch nach Großbritannien, Schweden oder Timbuktu gehen, um Tsukasa in Sicherheit zu wissen. Das Geld dafür würde er immer irgendwie auftreiben können. ~~~ Die linke Augenbraue leicht nach oben gezogen musterte Tsukasa sich kritisch im Spiegel, der im Badezimmer ihrer Unterkunft hing. Es war irgendwie merkwürdig, sich selbst wieder geschminkt zu sehen. Das letzte Mal, dass er Make-up getragen hatte, war im Grudge gewesen – ein Gedanke, bei dem ihm unwillkürlich ein Schauer über den Rücken lief; er versuchte seine Zeit dort im Moment einfach weitgehend zu verdrängen. Mit dem Daumen wischte er sich ein wenig Kajal aus dem Augenwinkel. Im Gegensatz zu den Tagen im Grudge war sein jetziges Make-up eher dezent, sodass es nur leicht seine Augen betonte. Aber wenn er schon einmal ausging – zumindest im weitesten Sinne – wollte er schließlich auch halbwegs präsentabel aussehen. Auch wenn fraglich war, wie lange man von seinen dekorativen Bemühungen etwas sehen würde, da die tagsüber herrschende schwüle Hitze auch in den Abendstunden nur unmerklich abnahm. Trotz dieser Umstände schlich sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen. Er hatte sich wirklich gefreut, als Karyu ihm am Nachmittag einen Flyer gezeigt hatte, auf dem für das Festival geworben wurde, das in Suncheon – einer Stadt mit etwas über einhunderttausend Einwohnern, die im Südwesten Südkoreas lag – heute stattfinden sollte. Die Veranstaltung, mit der man jedes Jahr am 15. August die Unabhängigkeit Koreas von Japan feierte, fand heute Abend ihren krönenden Abschluss in einem großen Feuerwerk. Tsukasa liebte Feuerwerke, was wohl deutlich in seinem Gesicht abzulesen gewesen war, als er den Flyer betrachtet hatte. „Willst du hingehen?“, hatte Karyu mit einem Gesichtsausdruck gefragt, in dem sich Belustigung widerspiegelte; umso erstaunter war er gewesen, das der Ältere aus dieser scherzhaften Bemerkung tatsächlich Ernst gemacht hatte und sie später auf das Volksfest gehen würden. Nachdenklich stürzte der 18-jährige die Lippen. Freute er sich nicht vielleicht ein bisschen zu sehr darüber? Sein Herzschlag stockte kurz, als ihm über diesen Gedanken klar wurde, dass man ihre Unternehmung durchaus als Date auslegen konnte und er schüttelte den Kopf. Das war absurd. Er hatte kein Date mit Karyu. Aber andererseits... Was war das eigentlich zwischen ihnen? Seit sie aus dem Grudge geflohen waren – seit Karyu ihn gerettet hatte – hatte er vermieden darüber nachzudenken, wie es weitergehen sollte. Nicht nur mit seinem Leben im Allgemeinen, sondern auch darüber, wie es weitergehen sollte...zwischen Karyu und ihm. Auch wenn es sich sehr merkwürdig anfühlte, diesen Gedanken so deutlich zuzulassen. Mit einem Seufzen wandte er sich vom Spiegel ab, verließ das Bad und ließ sich, nachdem er die kurze Distanz zum Bett überbrückt hatte, auf diesem nieder. Eigentlich wollte er nicht weiter darüber nachdenken, aber nun, da er einmal damit angefangen hatte war es schwierig, weitere Gedanken daran zu unterdrücken. Einer der Hartnäckigsten dabei war die Frage, was er eigentlich für Karyu empfand. Er war dem Älteren unglaublich dankbar, natürlich. Schließlich hatte der ihn vor der Hölle auf Erden bewahrt, da gab es keine Möglichkeit nicht dankbar zu sein. Und er mochte ihn. So absurd es war, war ihm die Anwesenheit des Anderen immer lieber gewesen, als die irgendeines Anderen im Grudge. Selbst ganz am Anfang, als dieser einfach nur ruppig und unfreundlich gewesen war, ihn vollkommen kalt behandelt hatte. Aber vielleicht deswegen? Vielleicht hatte er einfach gemerkt, dass dieser Unwillen, den Karyu so deutlich zeigte, immerhin echt war. Und echte Emotionen waren nun wahrlich nichts, was man in der Scheinwelt der käuflichen Liebe, zu der das Grudge gehörte, allzu oft finden konnte. Mit einem unguten Gefühl musste er dabei an Zero denken, der ja das beste Beispiel dafür gewesen war. Beim Anblick des jungen Mannes war ihm mehr als einmal der Vergleich mit einer Porzellanpuppe in den Sinn gekommen: hübsch anzusehen, doch vollkommen kalt und leer. Tsukasa schauderte erneut. Er wollte lieber nicht wissen, wie viel Leid und Schmerz sich unter dieser Maske verbargen. Wie viele Albträume. Aber das war jetzt auch nicht der Punkt, ermahnte er sich selbst mit einem Kopfschütteln. Er wollte gerade wieder bei seinem ursprünglichen Gedanken ansetzen, als die Tür aufging und Karyu das Zimmer betrat, in der Hand eine kleine Plastiktüte mit ihrem heutigen Abendessen. „Da bin ich wieder...“ Der Ältere stockte kurz, schluckte und zwang sich ruhig weiterzuatmen. Heilige Scheiße. Wie konnte der Kleine da einfach so auf dem Bett sitzen, ganz schlicht in Jeans und Tanktop, ihn leicht erstaunt anschauen und dabei so unglaublich...unglaublich aussehen? Bemüht, sich nichts anmerken zu lassen, betrat der Größere das Zimmer und stellte das Essen auf einem kleinen Tisch, der zur Einrichtung gehörte, ab. Er musste wirklich aufpassen, was er hier tat. Schon nach der ersten Nacht, die er damals mit Tsukasa in dem Motel in Japan verbracht hatte, hatte er beschlossen, dass der Jüngere tabu für ihn war. Nicht nur körperlich, sondern auch auf emotionaler Ebene. Egal wie sehr es ihm in diesem Moment gefallen hatte, den Kleinen so im Arm zu halten. Eine Vernunftsentscheidung und das ausgerechnet von ihm! Maya wäre stolz. Ironie des Lebens, aber es war der einzige Weg, wie das hier funktionieren konnte. „Ich hoffe, Hühnchencurry ist okay?“, fragte er schließlich mit einem Blick über seine Schulter nach, bekam allerdings nur ein Nicken als Antwort. „Und du willst nachher immer noch zu dem Feuerwerk?“ „Natürlich, wie kommst du darauf, dass ich es mir anders überlegt hätte?“ Aus Tsukasas Blick sprach ein solches Unverständnis über die Frage, dass es ihn schmunzeln ließ. „Wollte nur sicher gehen. Ich weiß jetzt, wo wir es uns schön ansehen können, aber dann müssten wir ein bisschen eher los, damit nicht schon zu viele Leute vor uns da sind...“ „Ist doch kein Problem, wir essen und dann können wir.“ Mit diesen Worten erhob er sich, trat zu Karyu und setzte sich mit einem sorglosen Lächeln auf den Lippen an den Tisch, um sich seinem Essen zu widmen. ~~~ Als nach einem kurzen Klopfen die Tür geöffnet wurde, hob Kana nur ihre linke Hand zum Zeichen, dass sie noch einen Moment brauchte, bis sie ihrem Gast ihre volle Aufmerksamkeit schenken konnte. Sie warf einen letzten konzentrierten Blick auf die Dokumente, die sie gerade bearbeitet hatte und setzte dann ihre Unterschrift und ihren Stempel darunter. Sie war froh, wenn diese Verhandlungen endlich abgeschlossen waren. Alles hatte länger gedauert, als sie erwartet und gehofft hatte, doch nun sollte der Vertrag endlich zustande kommen, was ihrem Konzern nicht nur eine weitere Einnahmequelle, sondern auch ein gutes Standbein in Übersee sichern sollte. Sie legte ihren Stift beiseite und widmete sich nun endlich der Person, die leise in ihr Büro getreten war. „Du hast deine Haare geschnitten.“, meinte sie ohne Begrüßung zu Uruha, der geduldig neben der Tür gewartet hatte, und winkte den jungen Mann näher zu sich. „Es gefällt mir.“ „Vielen Dank. Ich wollte Sie nicht stören, aber Herr Takao ist eben eingetroffen.“ Ein wenig erstaunt warf Kana einen Blick auf ihre Armbanduhr, die tatsächlich schon 17 Uhr zeigte. Und dabei hatte sie gehofft, vor diesem Termin noch ein paar Minuten Ruhe zu haben, um sich vorbereiten zu können. Aber gut, dann musste es eben so gehen. „Danke, Uruha.“ Sie erhob sich von ihrem Platz, blieb aber noch kurz hinter ihrem Schreibtisch stehen, um die Dokumente darauf zu ordnen, bevor sie ihren Untergebenen erneut ansah. „Was hältst du davon, mich auf das Geschäftsessen heute Abend zu begleiten?“ Der 26-jährige warf ihr einen erstaunten Blick zu. Wie kam seine Chefin denn auf einmal auf dieses Angebot? Kana hatte ihn noch nie bei einem derartigen Termin dabei haben wollen, sondern immer einen ihrer offiziellen Firmenangestellten als ihre Begleitung ausgewählt. Dennoch freute er sich über diese unerwartete Chance. „Ich würde Sie sehr gern begleiten, wenn Sie das wünschen.“, antwortete er schnell, bevor sie es sich am Ende noch anders überlegen konnte, spürte dabei die Aufregung in seinem Inneren wachsen. Vielleicht hieß das ja, dass es für ihn doch noch eine Chance gab, dass er das Herz dieser eleganten Frau für sich gewinnen konnte. Während er überlegte, hatte diese sich nun endgültig von ihrem Arbeitsplatz losgerissen und war auf dem Weg zur Tür. „Dann sehen wir uns heute Abend. Und bitte kleide dich dem Anlass entsprechend, ja?“, trug sie ihm noch auf, bevor sie das Büro verließ. Und ganz entgegen seines gewöhnlichen Gesichtsausdrucks stand Uruha mit einem verträumten Lächeln auf den Lippen da und sah ihr hinterher. Schließlich konnte er nicht ahnen, was Kanas eigentliche Gedanken hinter diesem Angebot waren. Die Geschäftsfrau ging zielstrebig in die Eingangshalle ihres Hauses, um ihren Gast zu begrüßen. Kurz kam ihr der Gedanke, dass es unfair war, den jungen Mann in ihren Diensten auf diese Weise zu benutzen. Natürlich wusste sie, dass er hoffte, sie für sich gewinnen zu können und welchen Effekt ihre Bitte auf ihn haben würde. Aber sie dachte nun einmal zuerst an ihr Unternehmen und dann an alles andere. Und da sie wusste, dass der Mann, den sie heute Abend geschäftlich treffen würde, eine nicht zu verachtende Schwäche für schöne junge Männer hatte, war Uruha einfach nur der Trumpf, den sie im Ärmel hatte, um bei den Verhandlungen genau das Ergebnis zu bekommen, das für sie am Besten wäre. Erst spät an diesem Abend betraten sie das großzügige Haus wieder, das Kana ihr Eigen nannte. Sie war durchaus zufrieden mit dem Verlauf des Abends. Nicht zuletzt durch den unbewussten Einfluss, den Uruha auf ihren Geschäftspartner ausgeübt hatte, hatte sie bekommen, was sie wollte. So, wie sie eigentlich immer bekam, was sie wollte. Doch diesmal hatte sie das Gefühl, dass sie Uruha dafür belohnen sollte, dass er ihr ein so zuverlässiges Hilfsmittel gewesen war. Nachdenklich betrachtete sie den jungen Mann an ihrer Seite, der ihr gerade wie selbstverständlich den Mantel abgenommen hatte und diesen nun aufhängte, schwieg allerdings noch, bis sie in ihre privaten Räume gelangten. Uruha war der Einzige, der sie ohne besondere Aufforderung hierher begleitete – sei es um ihr gegebenenfalls noch einen Wunsch zu erfüllen, oder weil er hoffte, dass sie das Bett mit ihm teilen würde. Ihr Weg führte sie zunächst zu ihrer Kommode, um die Ohrringe, die sie heute getragen hatte, abzunehmen, wobei sie ihren Untergebenen durch den Schminkspiegel weiter musterte. „Sag, Uruha...“, begann sie schließlich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. „Wie würde es dir gefallen, mich auf eine längere Geschäftsreise zu begleiten?“ Der Angesprochene, der gerade in Gedanken versunken den Teppich zu seinen Füßen begutachtet hatte, blickte erstaunt auf. Nahmen die merkwürdigen Angebote denn heute gar kein Ende? „Ich weiß nicht..ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, was ich von diesem Angebot halten soll...“, antwortete er dann nachdenklich. Es war ihm schließlich nicht entgangen, wie dieser alte Sack, mit dem Kana im Moment neue Geschäfte aushandelte, ihn heute während des Essens angegafft hatte. „Nun, du solltest dich darüber freuen und mir zusagen, sonst überlege ich es mir wieder anders. Und ich bin sicher, dass Amerika dir gefallen würde.“ Sie legte mit ruhigen Bewegungen ihren Schmuck zurück in die Schatulle, aus der sie ihn früher am Abend genommen hatte und erhob sich dann. „Deine Gesellschaft würde mir die Zeit dort schöner machen und ich wäre sicherlich für zwei oder drei Monate nicht in Japan, also denk darüber nach, ja?“ Unbewusst biss Uruha sich auf die Unterlippe, während er ihr hinterhersah, als sie ihr Schlafzimmer in Richtung Bad verließ, um sich für die Nacht umzuziehen. Welche Möglichkeiten hatte er schon? Er war nicht unbedingt erpicht darauf, so viel Zeit in einem fremden Land zu verbringen, aber wenn er die Chance ausschlug, würde er über mehrere Monate hinweg nicht wissen, was Kana tat oder mit wem sie sich traf. Und natürlich wusste sie, dass er das nicht zulassen würde, wenn es irgendwie in seiner Macht stand. Mit einem Seufzen verließ er seinen Platz an der Tür und zog sich das elegante schwarze Jackett aus, während er das Zimmer durchquerte. ~~~ Als sie langsam den Rückweg von der Brücke, von der aus sie das Feuerwerk angesehen hatten, antraten, kam es Karyu so vor, als könne er noch immer die Reflexionen der bunten Explosionen in Tsukasas glänzenden Augen sehen. Der Jüngere wirkte heute Abend vollkommen unbeschwert, als wäre für eine Zeit die Last seiner jüngeren Vergangenheit von ihm genommen. Vielleicht war er jetzt mehr so, wie es seinem eigentlichen Wesen entsprochen hatte, bevor er ins Grudge gekommen war. Mit einem ein wenig wehmütigen Lächeln beobachtete der Größere ihn, bis Tsukasa es bemerkte, ihn ebenfalls anlächelte und dann nach seiner Hand griff, um ihn weiter zu ziehen. „Komm schon, du hast mir vorhin Zuckerwatte versprochen!“, erinnerte er Karyu mit einem geradezu spitzbübischen Grinsen, das dieser gern für immer in diesem hübschen Gesicht gesehen hätte. Er schüttelte den Kopf, um diese überflüssigen Gedanken zu vertreiben und folgte dem Anderen zügig. „Wer hätte gedacht, dass du auf dieses Zeug so stehst. Wenn du willst, kann ich dir ja auch noch ein Plüschtier an dem Stand da drüben schießen“, erwiderte er dann mit kurzer Verspätung neckend, wofür eine frech herausgestreckte Zunge zunächst die einzige Antwort war. „SO sehr bin ich dann auch kein Kind mehr!“, kommentierte der Kleinere dann jedoch noch seine vorherige wortlose Äußerung. „Ja, ja, schon gut.“ In einer gutmütigen Geste wuschelte Karyu dem 18-jährigen durch die Haare, dann waren sie endlich an der Reihe und Karyu bedeutete dem Verkäufer unter Körpereinsatz, was genau er denn haben wollte. Tsukasa, der den Älteren einfach mal machen ließ, drehte sich währenddessen um, um noch ein bisschen das Treiben auf der Straße zu beobachten. Es war schon eine Weile her, dass er sich in einer solchen Menschenmenge aufgehalten hatte und das ohne, dass sich in ihm ein immer stärker werdendes Gefühl der Beklemmung breit machte. Nein, dieses Mal genoss er die Atmosphäre, die der auf den Straßenfesten in Japan natürlich recht ähnlich war, nur dass er hier eben nicht wirklich verstand, worüber sich die Leute unterhielten. Doch gerade, als ihm diese Gedanken durch den Kopf gingen, hörte er Fetzen einer in seiner Muttersprache geführten Unterhaltung. „...und dann fahren wir einfach nach Seoul und von dort geht’s dann mit dem Flugzeug weiter...“, erklärte eine männliche Stimme. Die Erwiderung dazu ging im Lärm der Menge unter, während Tsukasa sich nach dem Sprecher umsah. Aufmerksam geworden durch das folgende Lachen des Mannes, blickte Tsukasa gerade noch rechtzeitig in dessen Richtung, um noch einen Blick auf seine Rückseite zu erhaschen. Auf seinen Armen breitete sich Gänsehaut aus, als er den blonden Haarschopf in der Menge verschwinden sah. Diese Stimme kam ihm eindeutig bekannt vor und noch viel mehr das Lachen. Aber er konnte sich im Moment einfach nicht daran erinnern, woher er sie kannte. __________________________ So...ja, es werden noch neue Personen auftauchen...eure Spekulationen dazu, wer die Blondine ist, nehm ich gerne an *lach* Und wenn irgendjemand mir gute FFs empfehlen kann (von euch oder nur welche, die ihr sehr mögt), wär ich über Vorschläge per ENS oder so dankbar, ich hab nichts mehr zum lesen xD Bis zum nächsten Mal, was hoffentlich nicht erst im März sein wird *lach* En Kapitel 3: 03. Paradox 5 ------------------------ Entgegen jeder Annahme geht es doch noch weiter. Und ich kann eignetlich nichts zu meiner Verteidigung vorbringen, als dass es mir Leid tut u.u Neben einer ausgewachsenen Schreibkrise, was diese Story angeht, hab ich nämlich auch noch das Problem, dass meine Beta seit März am anderen Ende der Welt weilt, was das korrigieren/besprechen nicht eben einfacher macht, zumal sie auch ziemlich ausgelastet ist. Aber naja. Dafür ist das Kapitel relativ lang und es passiert endlich mal ein bisschen was. So viel erstmal dazu und vielen Dank an alle, die noch die Geduld haben, diese Story nicht aufzugeben! 03. Paradox 5 Entspannt beobachtete Kana die Eiswürfel, die in ihrem Cocktail schwammen. Ab und zu trank sie einen Schluck, während sie sich von den warmen Sonnenstrahlen verwöhnen ließ. Mit einer kleinen Geste rückte sie ihre Sonnenbrille etwas zurecht, konzentrierte sich dann wieder auf die Stimme ihres Neffen, mit dem sie gerade telefonierte. Eine leichte Falte bildete sich zwischen ihren Augenbrauen, als sie den mürrischen Tonfall Hizumis wahrnahm. Sie mochte es nicht, wenn er so mit ihr redete. „Es nützt nichts, wenn du dich so aufregst, mein Lieber“, stellte sie daher klar. „Ich habe nicht vor deinen kleinen Stricher zu stalken, also mach keine so große Sache daraus, dass ich in Amerika bin.“ Diese Behauptung entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, schadete im Moment jedoch auch niemandem. Ihren erst vor zwei Wochen gefassten Entschluss wieder in die Staaten zu gehen, hatte sie umgesetzt und wohnte seit einigen Tagen wieder in dem Haus, das sie in Los Angeles besaß. Schon früher, wenn sie aus geschäftlichen Gründen hier gewesen war, hatte sie dieses Domizil bevorzugt. Und auch dieses Mal ging es vorrangig um geschäftliche Dinge. Was danach kam, würde man zu gegebener Zeit sehen. Allerdings sollte ihrem Neffen klar sein, dass er sie ganz sicher nicht davon abhalten konnte nach New York zu kommen, wenn ihr danach war. „Ich will nur nicht, dass er dich trifft und sich deswegen wieder an alles erinnern muss“, erklärte Hizumi am anderen Ende der Leitung nun seinen Standpunkt. „Irgendwann wird sein Gedächtnis sowieso zurückkehren, das weißt du und das kannst du nicht ändern.“ Ihre Stimme war vollkommen ruhig, obwohl sie sich bei diesem Thema sonst schnell in Rage reden konnte. Allerdings wirkte der Anblick Uruhas, der gerade im Pool ein paar Bahnen schwamm, durchaus als angenehme Ablenkung. „Wie auch immer“, setzte sie das Gespräch fort, „ich wollte dir nur mitteilen, dass ich in den Staaten bin. Und im Moment hast du nichts zu befürchten“, ihre Stimme nahm einen leicht sarkastischen Tonfall an, „ich habe in L.A. zu viel zu tun, als dass ich einfach so quer durchs Land fliegen könnte. Allerdings würdest du mir einen großen Gefallen tun, wenn du bei Gelegenheit mal in meinem Apartment auf Long Island vorbeischauen könntest... ich bin schon länger nicht mehr da gewesen und schätzungsweise müsste es ein bisschen auf Vordermann gebracht werden...“ Die Antwort ihres Neffen bestand vorerst nur aus einem tief genervten Seufzen, dann jedoch gab Hizumi sich geschlagen und versprach ihr – wenn auch mit deutlichem Widerwillen in der Stimme – dass er versuchen würde sich in der nächsten Zeit darum zu kümmern. Zufrieden beendete Kana dasTelefonat und legte ihr Handy auf dem kleinen Tischchen neben ihrer Sonnenliege ab. Sie liebte diese Tage, an denen alles so funktionierte, wie sie es wollte, vor allem da diese in ihrem Leben so vorherrschend waren. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen richtete sie sich auf, um einen besseren Blick auf den noch immer schwimmenden Uruha zu haben. Ja, Tage wie diesen musste man einfach genießen. ~~~ Einige tausend Kilometer entfernt beobachtete Zero mit leicht schief gelegtem Kopf seinen Mitbewohner, als dieser das Wohnzimmer betrat. Hizumi telefonierte, war aber anscheinend gerade dabei das Gespräch zu beenden. Und wenn man nach seinem Gesichtsausdruck ging, hätte er auf diese Konversation wohl auch verzichten können. „Ja, wenn du unbedingt willst...ich kümmere mich darum...“, versicherte er seinem Gesprächspartner nun noch einmal, bevor er endgültig auflegte. „Alles okay?“ „Mh?“, Hizumi ließ das Handy in seiner Hosentasche verschwinden. Als er den Anderen ansah, musste er wie so oft unwillkürlich lächeln. „Ja, schon okay. Bin nur etwas genervt...“, erklärte er dann seufzend und ließ sich in den Sessel fallen, neben dem er bisher gestanden hatte. „Willst du drüber reden?“ Den Kopf an die Sitzfläche der Couch gelehnt saß Zero, wie so oft wenn er fernsah, im Schneidersitz auf dem Boden. Jetzt erwiderte er das Lächeln des Älteren leicht und sah ihn fragend an, was diesem ein Zeichen war, dass der Jüngere heute einen guten Tag hatte. „Schon gut...meine Tante ist nur wieder in den Staaten und degradiert mich zum Dienstmädchen...“, meinte er dann. „Will sie dich hier besuchen kommen?“ Hizumi schüttelte den Kopf. „Bloß nicht. Ich soll nur ihr Apartment herrichten lassen, aber das reicht schon... ich hab ja schließlich sonst nichts zu tun... arbeiten oder so... “ Selbst über das leise Lachen, das er Zero mit diesen sarkastischen Worten entlocken konnte, konnte er sich im Moment nicht wirklich freuen, dazu hatte ihn das Telefonat mit Kana zu nachdenklich gestimmt. Er würde es nicht zulassen, dass diese Frau Zero noch einmal zu nahe kam. Auch wenn er seine Tante sehr gern hatte – schließlich hatte er ihr auch einiges zu verdanken – aber dass sie ihr ehemaliges Spielzeug noch einmal in die Finger bekommen würde, konnte sie sich definitiv abschminken. Und wenn er dafür mit Zero bis zum Südpol auswandern musste. Eine Option, die er angesichts der Tatsache, dass Kana eben Kana war, vielleicht im Hinterkopf behalten sollte. Erneut tief seufzend erhob er sich wieder. „Ich muss noch ein bisschen arbeiten...wenn was ist, du weißt wo ich bin...“ Er schenkte dem Anderen ein etwas missratenes Lächeln, bevor er dann das Wohnzimmer wieder verließ. „Ist gut...“ Mit leicht zusammengezogenen Augenbrauen sah der Jüngere seinem Gastgeber hinterher und biss sich unbewusst leicht auf die Unterlippe. Er mochte ja so seine Probleme mit zwischenmenschlichen Beziehungen haben, aber dass ihm hier etwas verschwiegen wurde, bekam sogar er mit. Er hatte zwar nicht die geringste Ahnung, was es Hizumi bringen sollte ihm etwas zu verschweigen, aber es wurde immer deutlicher, dass es so war. Ganz blind – oder dämlich – war schließlich auch er nicht. Und irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass diese ominöse Tante durchaus etwas damit zu tun hatte. Anders konnte er sich die Tatsache nicht erklären, dass der Schwarzhaarige sofort abblockte, wenn es in einem Gespräch um diese Frau ging. Aber was sollte er machen – er konnte Hizumi schlecht zwingen darüber zu reden. Zumal es ihn ja eigentlich relativ wenig anging, welche Schwierigkeiten es in dessen Familie gab. Er wandte sich wieder dem Fernseher zu und versuchte weiterhin zu verstehen, was der Nachrichtensprecher da gerade von sich gab. Diese Bemühung war allerdings einzig der Tatsache verschuldet, dass er irgendetwas tun musste, um seine nur spärlich vorhandenen Englischkenntnisse zu erweitern und nicht etwa einem plötzlich aufgekeimten Interesse an Weltpolitik. Schade war eigentlich nur, dass Hizumi ihm anscheinend nicht genug vertraute, um über seine Probleme zu reden und das war ein Gedanke, der ihn unwillkürlich etwas traurig stimmte. Gleichzeitig saß der junge Grafikdesigner in seinem Arbeitszimmer und starrte aus dem Fenster. Die Sonne strahlte immer wieder zwischen Wolkenfetzen hindurch und zeichnete Muster auf die Stadt, aber der junge Mann betrachtete mehr seine eigene Reflexion im Glas als das Treiben draußen auf den Straßen. Ein schweres Seufzen entkam seinen Lippen. Er hatte ein Problem, ein ziemlich Großes sogar. Es war egal, was Kana behauptete, sie würde früher oder später hier in New York auftauchen, egal ob ihr Apartment fertig war, oder nicht. Egal, ob er es ihr verboten hatte oder nicht. Es spielte keine Rolle, ob er ihrer 'Bitte' Folge leisten würde, diese Frau machte so oder so, was ihr gerade einfiel. Und bei dem Glück, das er gewöhnlich hatte, würde Zero ihr letztlich zufällig irgendwo in die Arme laufen und dann würde das Chaos erst richtig losbrechen. Er für seinen Teil war sich nämlich ziemlich sicher, dass diese Begegnung dazu führen würde, dass der Jüngere sich wieder an so einiges aus seinem alten Leben erinnern würde und das konnte keine wirklich guten Folgen haben. Und man durfte drei Mal raten, wer sich dann mit den Folgen dann rumschlagen durfte. Seine Tante war es mit Sicherheit nicht. Unwirsch fuhr sich der 23-jährige mit der Hand übers Gesicht. Die nächsten Wochen versprachen jetzt schon ziemlich heiter zu werden. ~~~ Mit müden Augen starrte Karyu auf die Anzeigetafel, die einige Meter von ihm entfernt hing. Noch immer befand sich ihr Flug – direkt von Seoul nach Chicago – am unteren Ende der Tafel, immerhin stand die Maschine jedoch mittlerweile überhaupt angeschrieben. Er hatte zwar nur eine vage Ahnung – eine sehr, sehr vage, wenn er ehrlich war – wo in etwa in den USA sich Chicago befand, aber der Flug war einer der günstigsten gewesen und dort drüben hätten sie erstmal einen Abstand zu Japan, der groß genug war, um seiner Paranoia nicht noch mehr Nährboden zu bieten. Tsukasa neben ihm hatte schon eine Weile keinen Laut mehr von sich gegeben, vermutlich war der Kleine einfach eingeschlafen. Er gönnte es ihm. Der Trip hierher war alles andere als entspannend gewesen. In dieser Affenhitze in einem hoffnungslos überfüllten Bus zu sitzen entsprach zumindest nicht seiner Definition von Komfort, aber was wollte man machen. Leider war das auch noch einer der eher angenehmeren Teile ihrer kleinen Reise in die südkoreanische Hauptstadt gewesen, denn wie sich später herausgestellt hatte, waren Tramper hier anscheinend nicht wirklich gern gesehen. Und so hatte es doch wesentlich länger gedauert nach Seoul zu kommen, als er gehofft hatte. Im Moment hätte er unglaublich gern einen Kaffee getrunken und ein oder zwei Zigaretten geraucht, aber er wollte den Jüngeren nicht hier allein lassen, schon gar nicht, wenn dieser gerade schlief. Also ließ er sich etwas tiefer in den unbequemen Sitz rutschen und verschränkte die Arme, was Tsukasa seinerseits als Aufforderung zu sehen schien, sich an seine Schulter zu lehnen. Der Brünette murmelte im Halbschlaf irgendetwas Unverständliches vor sich hin, was Karyu unwillkürlich grinsen ließ. Unglaublich, der Kleine war einfach hinreißend. Und er gerade wieder einmal dankbar dafür, dass niemand von diesen Gedanken wusste. Mit einem Seufzen streckte er die Beine von sich, während seine Blicke durch die Wartehalle schweiften. Sie mussten sich später unbedingt noch etwas zu essen besorgen. ~~~ Kritisch glitten seine Augen hinter der Designersonnenbrille über die, im Schaufenster ausgestellten, Kleidungsstücke. Es war ein Jammer. Die Klamotten waren nicht einmal übel, aber ausgerechnet jetzt hatte er keine Lust zu shoppen. Und das musste schon was heißen. Uruha schüttelte leicht den Kopf, strich sich eine Strähne seiner karamellbraunen Haare wieder glatt. Diese Frau machte ihn fertig. Manchmal wünschte er sich wirklich, er hätte sie nie kennengelernt. Er zog ein Päckchen Zigaretten aus seiner Hosentasche und steckte sich entnervt eine an. Was musste diese Hexe ihn auch wortwörtlich einfach in diesem verdammten Café sitzen lassen? Für einen Moment spannte seine Hand sich an, ballte sich zur Faust. Es kam sehr, sehr selten vor, dass er wütend auf Kana war, aber heute war einer dieser raren Tage. Und das, obwohl er so vielversprechend begonnen hatte. Er war am Morgen zu seinem eigenen Erstaunen neben ihr aufgewacht, obwohl sie normalerweise wesentlich eher aufstand als er. Um das Los-Angeles-typische Wetter auszunutzen waren sie danach zu einem verspäteten Frühstück in Kanas Lieblingscafé aufgebrochen, wo sie einen ruhigen und entspannten Spätvormittag verbracht hatten. Zumindest so lange, bis das Handy seiner Begleitung geklingelt hatte und sie keine fünf Minuten später einfach abgerauscht war. Ohne Erklärung wohlgemerkt. Ja, manchmal wünschte er sich wirklich, er könnte sie hassen. Denn trotz aller gegenteiligen Anzeichen hatte er schließlich auch seinen Stolz. Mit einem unwilligen Kopfschütteln verwarf Uruha diese Gedanken; sie brachten ihm ja letztlich doch nichts. Der junge Mann straffte seine Schultern etwas und setzte dann gemächlich seinen Weg durch Downtown Los Angeles fort. Dann würde er eben noch etwas von ihrem Geld ausgeben, um sich die Zeit zu vertreiben. Er ließ seine Zigarette achtlos fallen und betrat das Shoppingcenter, dessen Schaufenster er sich bis jetzt angesehen hatte. Eine Weile lief er recht ziellos durch die fast schon überfüllten Gänge, besah sich auch hier halbherzig die Auslagen der Läden und genoss das Gefühl in dieser Menschenmenge unterzugehen. Nach einigen weiteren Minuten betrat er schließlich einen Laden, in dem es wesentlich ruhiger war als draußen im Einkaufscenter. Was vielleicht daran lag, dass es sich selbst hier in Los Angeles nicht jeder leisten konnte, sein Leben mit ein paar Klamotten oder Accessoires von ChromeHearts zu verschönern. Aufmerksam betrachtete Uruha, die in den Vitrinen ausgestellten Schmuckstücke. Ein paar davon konnte er sein Eigen nennen, aber so wie es aussah, hatten die Shops hier in den USA eine noch breiter gefächerte Auswahl als die wenigen, die es in Japan gab. Gerade musterte er eine der Sonnenbrillen etwas genauer, als ihm in der Spiegelung des Vitrinenglases auffiel, dass ein paar Meter hinter ihm ein junger Mann stand und ihn anscheinend beobachtete. Ein wenig irritiert zog er eine Augenbraue nach oben und drehte sich dann, als der Andere näher kam, zu ihm um. „Na, was Schönes gefunden?“, wollte der Dunkelhaarige, der anscheinend hier arbeitete, wissen, doch Uruha zuckte als Antwort nur mit den Schultern. Er hatte zwar keinerlei Probleme damit sich auf Englisch zu verständigen, aber das hieß ja nicht, dass er mit jedem dahergelaufenen Kerl sprechen musste. Eben dieser verschränkte nun begleitet von einem schiefen, herausfordernd wirkenden Grinsen die Arme und musterte sein etwas kleineres Gegenüber von Kopf bis Fuß. Die Rückseite dieses Kunden hatte ihm ja schon gefallen, aber von vorn war der Anblick noch um einiges besser, wie er fand. „Wenn du fertig mit Starren bist, sag Bescheid!“, wurde er dann auch schon von dem asiatisch aussehenden jungen Mann angefahren, was ihn allerdings nur noch etwas breiter grinsen ließ. „Heute Abend schon was vor?“, fragte er ebenso entspannt wie dreist. Die Lippen des Brünetten verzogen sich zu einem Lächeln. „Tut mit Leid, da bin ich schon ausgebucht.“ Uruhas Antwort war von der gleichen falschen Freundlichkeit wie sein Lächeln, das erst bitter wurde und schließlich ganz verschwand, als er sich abwandte, um den Laden zu verlassen. An der Tür angekommen hielt er jedoch inne, dachte einen Moment nach und drehte sich dann noch einmal zu seiner neuen Bekanntschaft um, deren Blicke noch immer auf ihm ruhten. Auf seinen spontanen Entschluss hin lächelte er den Amerikaner an, diesmal allerdings auf eine ganz und gar andere Weise. „Aber ich hätte jetzt gleich noch ein wenig Zeit, wenn du willst...“ Hin und wieder durfte er sich doch auch ein bisschen was für sein Ego gönnen, oder? ~~~ „Hey, Karyu, aufwachen!“ Irgendetwas rüttelte an seiner Schulter, brachte ihn dazu erst zusammenzuzucken und dann blinzelnd die Augen aufzuschlagen. „Huh?“, war vorerst alles, was der großgewachsene Japaner von sich geben konnte. Verwirrt sah er sich um. Wo kamen diese ganzen Leute her? „Karyu?“ Diesmal bestand seine Antwort nur aus einem Murren, als er die Augen wieder schloss. Er würde diese komischen Menschen hier einfach ignorieren und noch ein bisschen weiterschlafen, wo er doch gerade so ein weiches Kissen gefunden zu haben schien. „Karyu!“, wurde er nun mit einem erneuten Rütteln deutlich nachdrücklicher ins Wachsein berufen. Er unterdrückte ein Gähnen und richtete sich widerwillig auf, bis er mehr oder weniger aufrecht saß. Er sah nach rechts, von wo aus Tsukasa ihn mit einem etwas betretenen Gesichtsausdruck ansah. „...ist irgendwas passiert?“, wollte der Ältere immer noch reichlich neben sich stehend wissen. Der Jüngere schüttelte den Kopf, lächelte dann auf eine irgendwie herrlich verlegene Art. „Du bist nur eingeschlafen und fandest anscheinend, dass ich ein recht bequemes Kissen abgebe...“, bekam er nun erklärt. „Oh...tut mir Leid...“ Manchmal war er wirklich sagenhaft dämlich. „Unser Flieger kommt bald, da wollte ich dich lieber wecken...“ „...okay...“, Karyu nickte, nun allmählich doch etwas wacher. „Danke...“ „Kein Problem... soll ich uns Kaffee holen? Ich glaub, da vorn um die Ecke hab ich ein kleines Bistro gesehen, als wir gestern angekommen sind...“, schlug Tsukasa, der eindeutig munterer als seine Begleitung war, vor. Eine Idee, die Karyu nur mit einem weiteren Nicken gutheißen konnte. Er kramte in seiner Hosentasche nach etwas Kleingeld, das er noch übrig hatte und gab es dem Jüngeren. In den USA hätte er dafür sowieso keine Verwendung mehr und für zwei Kaffee sollte es noch reichen. Gerade wollte er es sich wieder etwas bequemer machen – soweit das auf dieser Bank überhaupt möglich war – als eine wachsende Unruhe am anderen Ende der Wartehalle seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Er setzte sich ein Stück aufrechter hin und versuchte zu erkennen, was genau da vor sich ging. Und so wie er es beurteilen konnte, lief das alles gerade auf eine ziemlich heftige Prügelei hinaus. Ohne weiter nachzudenken stand er auf, ließ sein und Tsukasas weniges Gepäck stehen, wo es gerade war, und durchquerte mit schnellen Schritten die Halle. Er hatte zwar keine Ahnung, was genau da vorgefallen war, aber er sah, dass hier drei oder vier Typen gemeinsam auf einen blonden jungen Mann losgingen. Das reichte ihm vorerst als Grund. Kaum am Ort des Geschehens angekommen, packte er einen der Angreifer an der Schulter, drehte ihn zu sich herum und verpasste ihm einen heftigen Schlag ans Kinn. Seine Lippen verzogen sich zu einem kleinen Grinsen, als er Unbekannte zu Boden ging. Nach den Flüchen des Mannes zu urteilen, hatte er einen guten Treffer gelandet. Auch der Blonde hatte anscheinend einige Erfahrung mit Schlägereien, da auch er einen seiner Gegner gerade ziemlich gekonnt außer Gerecht setzte. Die verbleibenden zwei Unruhestifter hatten anscheinend kein Verlangen danach, die Auseinandersetzung fortzusetzen, sondern machten sich unterdrückt fluchend, ihre lädierten Freunde im Schlepptau, aus dem Staub. Während Karyu ihnen noch einen Moment nachsah, hob der Blonde seine Jacke vom Boden auf und trat dann auf ihn zu. „Danke, Mann.“ Das Japanisch des Anderen hatte einen unterschwelligen Akzent, den er nicht wirklich einordnen konnte, aber das Grinsen des Kleineren machte ihn Karyu sofort sympathisch. Ebenfalls grinsend schlug er mit dem Blonden ein. „Kein Ding. Ich kann solche Typen einfach nicht ab.“ Ein Mädchen, das bisher am Rand gestanden hatte, trat jetzt auf sie zu und verpasste dem Blonden spielerisch eine Kopfnuss. „Akira. Du musst wirklich musst wirklich aus allem gleich eine Schlägerei machen, oder?“, schimpfte sie spielerisch, schien aber im Grunde eher amüsiert zu sein. „Ach, ich hätte sie also machen lassen sollen? Gut, das nächste Mal beschütz ich dich eben nicht mehr...“, demonstrativ verschränkte er Blonde die Arme und drehte sich etwas von seiner Begleitung weg, die nur den Kopf schüttelte, sich dann aber an Karyu wandte. „Trotzdem danke, dass du ihm geholfen hast. Manchmal überschätzt er sich einfach“, meinte sie mit einem offenen Lächeln und bot ihm ihre Hand an, die der Größere immer noch grinsend ergriff, und stellte sich vor: „Ich bin übrigens Leila.“ Nachdem er noch ein paar Sätze mit den beiden ausgetauscht hatte, machte er sich auf den Weg zurück zu seinem Gepäck. In dem kurzen Gespräch hatte sich herausgestellt, dass die beiden aus den USA kamen und gerade nach ihrem Urlaub hier wieder dorthin zurückfliegen wollten. Mit dem Satz, dass er sich doch melden solle, wenn er mal Langeweile habe, hatte Leila ihm einen Zettel mit ihrer Telefonnummer in die Hand gedrückt, als sie sich verabschiedet hatten. Zurück bei ihrem Gepäck fand er sich mit einem schon mehr als ungeduldig wartenden Tsukasa konfrontiert, der ihn wütend anfunkelte und ihm zunächst wortlos seinen Kaffee in die Hand drückte. „Ist alles okay?“, fragte Karyu nach kurzem Schweigen vorsichtig – weil ihm eigentlich klar war, dass irgendwas nicht stimmen konnte. „Nein, was soll denn sein?“, scharfe Ironie schwang in der Stimme des Brünetten mit. „Ich bin ja nur zurückgekommen und unsere Sachen standen einfach so in der Gegend herum!“ Obwohl er so wütend klang, konnte Tsukasa ihn nicht ansehen. Seine freie Hand, die er zur Faust geballt hatte, zitterte leicht vor unterdrückten Emotionen. „Ich...“ „Hey...“, Karyus Stimme war ungewöhnlich leise, sanft, als er seine Hand auf die schmale Schulter des Jungen vor sich legte. „Hast du etwa gedacht, ich bin einfach abgehauen?“ Ein leichtes Zusammenzucken zeigte ihm, dass er richtig lag. Er schüttelte den Kopf. „Warum sollte ich das tun? ...Schließlich hab ich die Flugtickets doch schon bezahlt“, fügte er leicht grinsend hinzu. „Idiot.“ „Danke, ich weiß. Und jetzt lass uns zum Gate gehen, unser Flug wird sicher gleich aufgerufen.“ ~~~ Als die Türen sich schlossen, fragte er sich für einen Moment, ob er nicht doch lieber hätte laufen sollen. Er schloss die Augen und atmete tief durch, so gut das in diesem Gequetsche eben noch möglich war. Es nützte alles nichts, irgendwann musste er damit beginnen ein eigenständiges Leben zu führen, er konnte schließlich nicht die nächsten dreißig Jahre auf Hizumis Kosten leben. Er rückte noch ein kleines Stück näher an das Fenster in seinem Rücken, als sich eine ziemlich beleibte Frau, die sich eben noch mit in den Bus gedrängt hatte, durch die Menschenmenge schob, um zu einem freien Sitzplatz zu kommen, den sie glaubte noch erspäht zu haben. Hoffentlich hielt er das hier aus, ohne durchzudrehen. Beinahe verzweifelt suchten Zeros Augen den Linienplan, der im Inneren des Wagens angebracht war. Immerhin musste er nur fünf Stationen fahren und sich dann irgendwie zur Tür durchkämpfen, um aussteigen zu können. Wie er dann genau zu dieser Bar kam, hatte er sich aufgeschrieben, sodass er – hoffentlich – auch niemanden nach dem Weg fragen musste. Außerdem würde er sich ziemlich beeilen müssen. Hizumi hatte zwar gemeint, dass er vermutlich den ganzen Tag unterwegs sein würde, aber es konnte dennoch vorkommen, dass er eher zu Hause war. Und dann würde er sich überlegen müssen, welche Ausrede er dem Älteren präsentierte. Diese kleine Odyssee schien demnach von Anfang an unter keinem gutem Stern zu stehen, aber der Schwarzhaarige hoffte einfach, dass alles irgendwie klappen würde. Und das ohne, dass er sich in den Straßen von New York vollkommen verlief. Gott, er hasste solche Spielchen. Es gefiel ihm nicht, irgendetwas vor Hizumi verbergen zu müssen, aber er wusste genau, dass der nur versuchen würde, ihn nur von seiner Idee abzubringen. Und er hatte es nun einmal satt den ganzen Tag in der Wohnung zu verbringen und Löcher in die Luft zu starren, wenn er doch genauso gut etwas Anderes tun konnte. Vermutlich würde ein Job zwar nichts daran ändern, dass sein Mitbewohner ihn weiterhin davon abhalten würde auch nur einen kleinen Teil zu irgendwelchen Ausgaben beizutragen, aber zumindest hätte er dann eine Beschäftigung und würde sich nicht ganz so nutzlos vorkommen wie im Moment. Mit einem erleichterten Aufatmen verließ er an seiner Haltestelle den Bus, darum bemüht so schnell wie möglich aus der Menschentraube zu entkommen. Er war dankbar für seine Fähigkeit sich in Gedanken auszuklinken, sodass er sein unmittelbares Umfeld gar nicht mehr wirklich wahrnahm. Das machte die ganze Sache hier etwas einfacher. Er holte den Zettel mit der Wegbeschreibung aus seiner Hosentasche hervor und sah sich einen Moment lang um, sodass er sich zumindest halbwegs orientieren könnte. Eigentlich war er hier ja nicht weit weg, von seiner und Hizumis Wohnung, aber man konnte nie vorsichtig genug sein. Tatsächlich brauchte er nur ein paar Minuten um von der Busstation am St. Marks Place aus, den richtigen Weg in eine der Seitenstraßen zu finden. Die richtige Bar ausfindig zu machen, war dann schon etwas komplizierter, denn es schien als würde hier es hier nichts anderes als unzählige Restaurants, Pubs, Bars und kleine Livehouses geben. Irgendwas an diesem Anblick – die relativ unscheinbare Tür im etwas abgelegenen Halbdunkel der fast menschenleeren Straße – jagte ihm eine leichte Gänsehaut über den Rücken, ohne dass er genau sagen konnte, warum. Zero schüttelte leicht den Kopf, um diesen Gedanken zu vertreiben. Er musste sich jetzt auf sein Vorhaben konzentrieren. Noch einmal hielt er kurz inne und legte dann seine Hand auf die Türklinke, um das hier endlich hinter sich zu bringen, als sich die Tür plötzlich nach innen öffnete, sodass er beinahe sein Gleichgewicht verlor. „Na hoppla...du bist aber stürmisch...“ Die Stimme war tief, war und hatte neben einem amerikanischen Akzent momentan auch einen definitiv belustigten Unterton. Er sah auf und blickte in dunkle Augen, die in freundlich ansahen. „Wolltest du zu mir?“ Es dauerte einen Moment, bis Zero sich soweit unter Kontrolle hatte, dass er zu einer klaren Antwort fähig war. „Vielleicht...ich hab gehört, dass ihr einen Barkeeper sucht...“ „Ah, ja. Dann bist du hier richtig. Ich hab schon auf dich gewartet, wir hatten telefoniert, oder?.“ Der junge Mann, offensichtlich japanischer Abstammung, griff nach der rechten Hand des Neulings und schüttelte sie kurz und umstandslos. „Komm rein, dann können wir reden. Ich bin übrigens Toshiya.“ ______________ A/N: So, Glückwunsch an die, die es bis hierher geschafft haben. Wie man sieht, gibt es also ein paar neue Charaktere (zu denen vermutlich noch so einige dazukommen werden, mal sehen), die dem Ganzen hoffentlich noch etwas mehr Schwung verleihen. So als kleine Info: St. Marks Place ist eine Straße im East Village, Manhattan, New York City. Dort gibt es neben einer ziemlich gut gewachsenen (Crust-) Punkszene und einer bunten Mischung von Bars, Kneipen und Läden, die alles Mögliche verkaufen (mehrere sehr gut bestückte Plattenläden und ein großer Comicstore, zb) auch eine hohe Konzentration japanischer oder japanischstämmiger Einwohner, sodass es durchaus nicht allzu abwegig ist, dass Hizumi und Zero dort wohnen *lach* Wer dazu noch Infos will, kann sich gern bei mir melden ^^ Abgesehen davon, noch etwas Kleines, Oneshottiges, um die Wartzeit zum nächsten Kapitel zu überbrücken: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/50744/249280/ bis zum nächsten Mal~ Kapitel 4: 04. Interlude I – Tsukasa: One way to go --------------------------------------------------- So, quasi als nachträgliches Weihnachtsgeschenk gibt es dieses Jahr doch noch mal ein Kapitel, auch wenn es die Geschichte nicht wirklich voranbringt. Aber dafür lernt ihr den etwas jüngeren Tsukasa mal etwas kennen, inklusive Anhängsel :) Ich hoffe ihr hattet schöne Feiertage und kommt gesund ins neue Jahr ____________________________________________________________ „...also seid nett zu eurem neuen Mitschüler. Dort am Fenster ist noch ein Platz frei, setz dich bitte dorthin, Archer-kun.“ Tsukasa, der die Geschehnisse im Klassenraum bisher einfach ausgeblendet hatte, zuckte zusammen, als neben ihm eine Schultasche nachlässig auf den Boden fallen gelassen wurde. Er sah von seinem Buch auf und musterte den Neuen aus den Augenwinkeln. Dieser wünschte ihm mit einem schiefen Grinsen und einem merkwürdigen Akzent einen guten Morgen, was ihn vollkommen grundlos dazu brachte sich bei irgendetwas ertappt zu fühlen. Er zwang sich zu einem Lächeln und erwiderte den Gruß nur mit einem schwachen Nicken, bevor er sein Buch schließlich zur Seite legte, um es kurz darauf sicher in seiner Schultasche zu verstauen. Seine Aufmerksamkeit richtete sich nun voll und ganz auf seine Japanischlehrerin. Dieser neue Schüler schien so oder so niemand zu sein, mit dem er sich abgeben wollte – ganz zu schweigen von der Tatsache, dass der Andere auch mit ihm nichts zu tun haben wollen würde, hätte er erst einmal Kontakte in der Klasse gefunden. Erneut sah Tsukasa 'den Neuen' aus den Augenwinkeln an. Obwohl er die Schuluniform trug, schrie alles an ihm förmlich 'Rebell': Von den hellblond gebleichten Haaren bis hin zu seinem Rucksack, der mit den Aufnähern obskurer Metal- und Punkbands versehen war – davon ging er zumindest aus, wenn er sich die Namen dieser Bands so ansah. Nein, das war definitiv nicht die Art von Mitschülern, mit denen er sich abgeben würde. Der Blonde hier würde definitiv Aufmerksamkeit auf sich ziehen und das war etwas, dem Tsukasa selbst nach Möglichkeit entgehen wollte. Er wollte lediglich so ruhig, zurückgezogen und problemfrei wie möglich seine Schulzeit hinter sich bringen, ein gutes Zeugnis bekommen und dann an einer mehr als nur durchschnittlich guten Universität studieren. Gedanklich stieß er ein tiefes Seufzen aus. Soweit sein Plan. Er hoffte nur, dass er auch daran festhalten können würde. Für die Meisten hier was er ohnehin der Klassenstreber schlechthin. Der kleine Freak, der den ganzen Tag seine Nase in irgendwelche Bücher steckte – die allerdings selten wirklich etwas mit dem Unterrichtsstoff zu tun hatten –, nur dann etwas sagte, wenn er von einem Lehrer dazu aufgefordert wurde und der an sich die Unauffälligkeit in Person war. Und Tsukasa war das ganz recht. Als die Unterrichtsstunde vorbei war, lehnte er sich in seinem Stuhl zurück, schloss für einen Moment die Augen und atmete unauffällig durch. Prinzipiell hatte er ja nichts dagegen, dass sie momentan klassische japanische Literatur durchnahmen, aber dieses so genannte ‚Werk’, mit dem sie sich zur Zeit herumschlugen, raubte ihm noch den letzten Nerv. Er war froh, wenn er die Klausur, die sie darüber noch schreiben würden, hinter sich hatte. Als er neben sich ein amüsiertes Glucksen hörte, wendete er sich ein Stück weit seinem neuen Banknachbarn zu, zog fragend eine Augenbraue nach oben. Der Blonde hielt ihm umstandslos – und eigentlich mit einer gewissen Dreistigkeit – seine rechte Hand unter die Nase. „Hi, Kenji Archer-Baines mein Name. Freut mich, hier neben dir unsere Schulzeit genießen zu dürfen“, stellte er sich grinsend vor. Und wieder war dieser merkwürdige Akzent deutlich hörbar. „Tsukasa Oota“, erwiderte der Angesprochene, fast ein wenig verwundert darüber, dass der Neue sich überhaupt die Mühe machte, das Wort an ihn zu richten. Nicht, dass er sich das anmerken lassen würde. Mit einem weiteren innerlichen Seufzen griff er dann wieder nach seinem Buch und suchte nach der Seite, auf der er das Lesen hatte unterbrechen müssen. Wenn er in Ruhe gelassen wurde, würde er dieses Kapitel vielleicht noch schaffen, bevor die nächste Stunde begann. „Was liest du da?“, wurde er allerdings schon zwei Sätze später von der neugierigen Stimme seines neuen Banknachbarn unterbrochen, der – so schien es – momentan von hochgradiger Langeweile geplagt wurde. „Man nennt es Buch.“ „Nein, wirklich?“ Tsukasa blickte von seinem Text auf und sah, dass der Blonde tatsächlich grinste, als hätte er eben einen unglaublichen Witz gemacht. Diesmal war sein Seufzen deutlich hörbar. „Willst du dich nicht mit irgendjemand anderem hier anfreunden?“, fragte er, ohne sich wirklich zu bemühen, den genervten Unterton aus seiner Stimme zu verbannen. „Nö, eigentlich nicht.“ Kenji verschränkte die Arme und sah seinen Banknachbarn weiterhin dreist grinsend an. Irgendwie gefiel ihm die ruppige Art seines japanischen Banknachbarn, da die immerhin nicht so gespielt schien wie die Freundlichkeit der meisten Leute hier. „Also, was liest du?“ Betont ruhig schloss Tsukasa sein Buch und legte es auf den Tisch vor sich. Anscheinend würde er vorerst nicht mehr zum Lesen kommen. „Eine Abhandlung über die Entstehung und Bedeutung der Hieroglyphenschrift im Alten Ägypten und deren Einfluss auf die Gestaltung der Grabmäler dort“, antwortete er schließlich, ebenfalls die Arme verschränkend. „Wow, das klingt... “ „Langweilig?“ Kenji lachte. „Nein, interessant. Zu kompliziert, als dass ich es durchhalten würde so was zu lesen, aber durchaus interessant.“ ~~~ Tsukasa atmete unwillkürlich auf, als die Tür zu seinem Elternhaus hinter ihm ins Schloss fiel, und hielt einen Moment inne, bevor er erst seine Schultasche fallen ließ, dann einen Moment später seine Schuhe abstreifte. Es kam ihm vor, als hätte er soeben einen tagelangen Lernmarathon hinter sich gebracht und nicht nur acht Stunden Schule. Dieser Neue war wirklich unglaublich anstrengend. Er genoss die Ruhe, die ihn im Moment umgab, in dem sicheren Wissen, dass sie nicht lange anhalten würde. Tatsächlich verlange keine zehn Sekunden später ein heiseres Miauen nach seiner Aufmerksamkeit. „Na, du Stinker?“, begrüßte er den kleinen grau getigerten Kater, der zu seinen Füßen saß und ihn aus großen grünen Augen ansah. Eigentlich gehörte das Tier seiner Schwester, hatte aber von Anfang an einen Narren an ihm gefressen. Oder er konnte einfach besonders gut kraulen. Wer konnte schon genau sagen, was in so einem Katzenkopf vor sich ging. Ein erneutes Miauen – diesmal eindringlicher – machte ihn darauf aufmerksam, dass er sich gefälligst in die Küche zu begeben hatte, um den hauseigenen Stubentiger zu füttern. Der hatte schließlich schon ganze zwei Stunden ohne Gesellschaft auskommen müssen. Armes Tier. „Ist ja gut...ich weiß, du leidest, Toya-sama...“ Ohne auf den Protest des Katers zu achten, hob Tsukasa ihn hoch, legte ihn sich über die Schulter und trug ihn so in die Küche. Anderenfalls hätte das Tier nur einmal mehr in seiner Schultasche herumgewühlt oder sich an seinen Schuhen zu schaffen gemacht. Ja, das Leben mit so einem Fellball war schon wirklich wunderbar. Als er den Schrank öffnete, in dem das Futter aufbewahrt wurde, sprang das Tier von seiner Schulter und begann damit, unruhig zwischen seinen Füßen umherzustreichen, begleitet von weiterem klagenden Miauen. Ohne sich davon beeindruckt zu zeigen, holte Tsukasa eine Dose aus dem Schrank und löffelte einen Teil des Inhalts in eine der Futterschalen Toyas, die er dem Kater dann schließlich neben seinen Trinknapf stellte. Und der graue Fellball stürzte sich darauf, als hätte man ihn die letzten drei Tage hungern lassen. Mit einem Kopfschütteln fuhr Tsukasa ihm über den Rücken, bevor er sich dem Kühlschrank zuwandte. Seine Schwester müsste in etwa einer halben Stunde ebenfalls nach Hause kommen und würde sich sicher freuen, wenn er bis dahin etwas zum Mittag gemacht hätte. Am Abend hatte er es sich gerade auf seinem Bett gemütlich gemacht, um noch etwas lesen zu können, als seine Tür so schwungvoll geöffnet wurde, dass er erschrocken zusammenfuhr. „Tsukasa!“ Ein Kopfschütteln unterdrückend sah der Jugendliche den Eindringling an. „Ja, Schwesterherz?“ Der entschlossene Gesichtsausdruck, den seine 12-jährige Schwester bis eben zur Schau getragen hatte, wich augenblicklich einer eher leidenden, nach Mitleid heischenden Miene.. „Ich brauch deine Hilfe...“, verkündete Akemi in einem dazu passenden Tonfall und versuchte ihren großen Bruder möglichst niedlich und hilfsbedürftig anzusehen. Der richtete sich auf seinem Bett auf, machte es sich im Schneidersitz bequem und winkte das Mädchen zu sich. „Was ist es denn diesmal...?“, wollte er nachsichtig wissen. Auch wenn er gern etwas Zeit für sich allein gehabt hätte, freute er sich darüber, dass die Kleine zu ihm kam, wenn sie Hilfe brauchte. Und das betraf nicht nur schulische Dinge wie jetzt, als sie ihm ihre Aufzeichnungen zur japanischen Geschichte unter die Nase hielt, sondern hin und wieder auch andere Dinge, wie Streit mit Freundinnen. Wenn er selbst schon keine wirklichen Freunde hatte, so schien er doch zumindest als älterer Bruder nicht komplett ungeeignet zu sein. Akemi hörte aufmerksam zu, als er versuchte ihr die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen geschichtlichen Ereignissen, mit denen sie Probleme hatte, zu erklären, während sie eines von Tsukasas Kopfkissen mit beiden Armen umschlang. Sie war unheimlich stolz darauf, dass ihr großer Bruder so viele Sachen wusste und auch dazu bereit war, ihr mit der Schule zu helfen. Sie würde es ihm nie sagen, aber eigentlich war er ein großes Vorbild für sie. Nur ein paar mehr Freunde bräuchte er vielleicht, oder eine feste Freundin. Definitiv eine feste Freundin. Er war viel zu oft alleine, fand sie zumindest. ~~~ „Sag mal, hast du eigentlich kein Leben?“ „Mh?“ Er ließ ein entnervtes Seufzen hören, während er 'den Neuen', wie er Kenji in Gedanken immer noch nannte, über den Rand seines Buches ansah. „Ich hab dich gefragt, ob du kein Leben hast. Weil mir einfach sonst kein Grund einfällt, warum du mich permanent stalken solltest. Ich mein... da musst du schon ziemlich verzweifelt sein, oder?“ Auf seine Erklärung hin folgte zunächst nur Schweigen, das leider nicht dadurch verursacht wurde, dass Blondie sich vom Acker gemacht hatte, sondern lediglich dadurch, dass er an seiner Zigarette zog, bevor er ungerührt, aber dafür mit einem spöttischen Unterton konterte: „Hey, ich wollte hier nur in Ruhe eine rauchen. Ich kann nichts dafür, dass du dich hierher verziehst, um dem Rest der Menschheit aus dem Weg zu gehen...“ Daraufhin herrschte erneut Stille, die nur von den Stimmen unterbrochen wurde, die von anderen Teilen den Schulhofs bis zu Tsukasas Rückzugspunkt hinter der Turnhalle klangen. Vielleicht sollte er Kenji einfach weiterhin ignorieren. Es hatte ihn zwar einige Nerven gekostet, aber davon abgesehen hatte es in den letzten zwei Wochen ganz gut geklappt. Sich innerlich zustimmend, schlug er sein Buch wieder auf und suchte gerade mit den Augen nach der Zeile, die er zuletzt gelesen hatte, als er erneut unterbrochen wurde. „Hast du Bock heut nach dem Unterricht was mit mir zu unternehmen?“ Moment. Tsukasa blinzelte, legte dann den Kopf schief, sodass er zu dem Blonden nach oben sehen konnte, der neben ihm an die Turnhallenwand gelehnt dastand. „Wie bitte?“ „Du hast mich schon verstanden, Oota.“ Ja, theoretisch hatte er das. Aber es war einfach absurd. „Machst du mich an?“, versuchte er deshalb seine Verwirrung mit Sarkasmus zu verbergen. „Und wenn?“ Kenji grinste an seiner Zigarette vorbei und ließ seinen Mitschüler, der noch immer an die Turnhallenwand gelehnt auf dem Boden saß, nicht aus den Augen. Es war wirklich amüsant, Tsukasa, der sonst sehr kühl und abgeklärt wirkte, so zu sehen. Das sollte er sich merken. Und gegebenenfalls gegen den Anderen verwenden. „Wenn, dann verschwendest du deine Zeit...“, murrte dieser nun. „Meine Güte...“, Kenji ließ den Stummel seiner Kippe auf den Boden fallen und trat ihn gewissenhaft aus. „Ich hab Langeweile und Bock etwas Zeit in einem Einkaufszentrum totzuschlagen. CDs kaufen oder so. Ich werd dich schon nicht verschleppen und als meinen Sex-sklaven gefangenhalten. Auch wenn's verlockend ist...“ Nein, er konnte es nicht lassen. Es machte Spaß, dem Anderen solche Sprüche an den Kopf zu werfen. „Meinetwegen“, gab Tsukasa nach kurzem Zögern und durchaus zu seinem eigenen Erstaunen das Okay. „Aber dann lass mich jetzt in Ruhe lesen“, fügte er noch hinzu, als würde das die Sache besser machen. Er konnte nicht glauben, worauf er sich da gerade eingelassen hatte. Am besten er verabschiedete sich schon einmal von seinem gesunden Menschenverstand; dieser Nachmittag konnte schließlich nur im absoluten Chaos enden. Am Abend lag Tsukasa mit hinter dem Kopf verschränkten Armen im Bett und sah an die Zimmerdecke, während er den Tag gedanklich noch einmal Revue passieren ließ. Wider Erwarten hatte Kenji sich als durchaus gute Gesellschaft herausgestellt. Man könnte sagen, es hatte Spaß gemacht, Zeit mit dem blondierten Briten zu verbringen. Die Herkunft des Anderen erklärte für Tsukasa auch endlich dessen merkwürdiges Japanisch. Er hatte zwar schon vorher mitbekommen, dass Kenji nur ein Austauschschüler war, allerdings war es ihm relativ egal gewesen, woher der Andere eigentlich kam. Vorsichtig zog er einen Arm unter seinem Kopf hervor und begann Toya zu streicheln, der sich auf seinem Oberkörper zusammengerollt hatte und friedlich zu schlafen schien. So wenig er es auch mochte, wenn der kleine Kater alles vollhaarte, er brachte es nie über sich, das Tier aus seinem Zimmer zu verbannen. Und das leise Schnurren, dass das Tier gerade von sich gab, wirkte wirklich beruhigend. Also was sollte er jetzt tun? Kenji war nicht halb so nervig oder unausstehlich, wie er gedacht und zu einem Teil auch gehofft hatte. Der Nachmittag war wie im Flug vergangen, spätestens ab dem Punkt an dem der Blonde entdeckt hatte, dass Tsukasa selbst eher Rockmusik bevorzugte, auch wenn er die meisten Bands nicht kannte, von denen er auf dieses Geständnis hin erzählt bekam. Aber würde er von nun an mehr Zeit mit seinem neuen Banknachbarn verbringen, würde ihn das unweigerlich am Lernen hindern. Er konnte sich nämlich nicht wirklich vorstellen, dass Kenji viel Zeit in seine Schulaufgaben investierte. Für eine Freundschaft sprach allerdings, dass seine Eltern aufhören würden ihn zu nerven, warum er denn nicht mal etwas mit jemandem aus seiner Klasse unternahm. ~~~ „Und du bist sicher, dass du weißt, was du da tust, ja?“ „Logisch, ich hab das schon dutzende Male gemacht...“ „...das letzte Mal, als du das gesagt hast, hatte ich kurz darauf ein Messer in der Hand stecken...“ „Vertrau mir einfach...“ Tsukasa verdrehte die Augen, sodass sein Freund es deutlich im Spiegel sehen konnte. „Das letzte Mal als du DAS gesagt hast, bin ich fast von der Schule geflogen...“, rief er dem Blonden in Erinnerung. „Meine Güte, jetzt sei nicht so eine Pussy...“ Kenji stemmte seine Hände, die schon in Latexhandschuhen steckten, in die Hüften und sah seinen Kumpel mittlerweile doch aufrichtig genervt an. „Ich will dir nur die Haare bleichen und dir kein Bein amputieren. Und – wenn ich dich daran erinnern darf – das war ganz allein deine Idee.“ Ein tiefes Seufzen, das den bisher Schwarzhaarigen etwas zusammensinken ließ, war zu hören. „Okay, okay, ich bin ja schon ruhig...fang an...“, gab er schließlich nochmals die Erlaubnis, die er Kenji schon eher erteilt hatte. Er hoffte nur, dass er das nicht bereuen würde. Und vor allem, dass der Andere es schaffen würde, seine Haare nur bis zu einem warmen Braunton aufzuhellen. Er hatte relativ wenig Lust, genauso strohblond herumzulaufen wie sein Kumpel. Das wäre ihm dann doch einen Tick zu auffällig. Während er die ersten Tropfen der kalten Chemikalien und Kenjis in Handschuhen steckende Hände auf seinem Kopf fühlte, fragte er sich einmal mehr, wie sie sich überhaupt hatten anfreunden können. Aber das war wohl hauptsächlich der Hartnäckigkeit des Blonden zu verdanken, der ihn – aus Gründen, die ihm auch immer noch schleierhaft waren – nicht in Ruhe gelassen hatte, bis er mehrmals etwas mit ihm unternommen hatte. Und dann hatte er feststellen müssen, dass dieser durchgeknallte Brite eigentlich wirklich ganz okay war. Mehr als das sogar. Zumindest, wenn man von den offensichtlichen Macken, dem übertriebenen Rebellentum und dem durchweg unangebrachten Humor absah. Kenji war ein guter Freund geworden, der sich anscheinend nicht darum scherte, dass er damit vermutlich seine Beliebtheit in ihrer Klasse verspielt hatte – immerhin gab er sich ja mit dem Oberstreber ab. Tsukasa würde es ihm nie so sagen, doch mittlerweile war er wirklich dankbar, dass er sich auf diese schräge Freundschaft eingelassen hatte. Sie verbrachten viel Zeit zusammen, aber Kenji war trotzdem bereit ihm seine Ruhe zu lassen, wenn er einfach nur einen Abend hinter seinen Büchern verbringen und nicht, wie der Blonde, von Bar zu Bar ziehen wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)