The World Outside The Cage von -Red-Karasu (+3rd chapter up July 4th+) ================================================================================ Kapitel 3: 03. Paradox 5 ------------------------ Entgegen jeder Annahme geht es doch noch weiter. Und ich kann eignetlich nichts zu meiner Verteidigung vorbringen, als dass es mir Leid tut u.u Neben einer ausgewachsenen Schreibkrise, was diese Story angeht, hab ich nämlich auch noch das Problem, dass meine Beta seit März am anderen Ende der Welt weilt, was das korrigieren/besprechen nicht eben einfacher macht, zumal sie auch ziemlich ausgelastet ist. Aber naja. Dafür ist das Kapitel relativ lang und es passiert endlich mal ein bisschen was. So viel erstmal dazu und vielen Dank an alle, die noch die Geduld haben, diese Story nicht aufzugeben! 03. Paradox 5 Entspannt beobachtete Kana die Eiswürfel, die in ihrem Cocktail schwammen. Ab und zu trank sie einen Schluck, während sie sich von den warmen Sonnenstrahlen verwöhnen ließ. Mit einer kleinen Geste rückte sie ihre Sonnenbrille etwas zurecht, konzentrierte sich dann wieder auf die Stimme ihres Neffen, mit dem sie gerade telefonierte. Eine leichte Falte bildete sich zwischen ihren Augenbrauen, als sie den mürrischen Tonfall Hizumis wahrnahm. Sie mochte es nicht, wenn er so mit ihr redete. „Es nützt nichts, wenn du dich so aufregst, mein Lieber“, stellte sie daher klar. „Ich habe nicht vor deinen kleinen Stricher zu stalken, also mach keine so große Sache daraus, dass ich in Amerika bin.“ Diese Behauptung entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, schadete im Moment jedoch auch niemandem. Ihren erst vor zwei Wochen gefassten Entschluss wieder in die Staaten zu gehen, hatte sie umgesetzt und wohnte seit einigen Tagen wieder in dem Haus, das sie in Los Angeles besaß. Schon früher, wenn sie aus geschäftlichen Gründen hier gewesen war, hatte sie dieses Domizil bevorzugt. Und auch dieses Mal ging es vorrangig um geschäftliche Dinge. Was danach kam, würde man zu gegebener Zeit sehen. Allerdings sollte ihrem Neffen klar sein, dass er sie ganz sicher nicht davon abhalten konnte nach New York zu kommen, wenn ihr danach war. „Ich will nur nicht, dass er dich trifft und sich deswegen wieder an alles erinnern muss“, erklärte Hizumi am anderen Ende der Leitung nun seinen Standpunkt. „Irgendwann wird sein Gedächtnis sowieso zurückkehren, das weißt du und das kannst du nicht ändern.“ Ihre Stimme war vollkommen ruhig, obwohl sie sich bei diesem Thema sonst schnell in Rage reden konnte. Allerdings wirkte der Anblick Uruhas, der gerade im Pool ein paar Bahnen schwamm, durchaus als angenehme Ablenkung. „Wie auch immer“, setzte sie das Gespräch fort, „ich wollte dir nur mitteilen, dass ich in den Staaten bin. Und im Moment hast du nichts zu befürchten“, ihre Stimme nahm einen leicht sarkastischen Tonfall an, „ich habe in L.A. zu viel zu tun, als dass ich einfach so quer durchs Land fliegen könnte. Allerdings würdest du mir einen großen Gefallen tun, wenn du bei Gelegenheit mal in meinem Apartment auf Long Island vorbeischauen könntest... ich bin schon länger nicht mehr da gewesen und schätzungsweise müsste es ein bisschen auf Vordermann gebracht werden...“ Die Antwort ihres Neffen bestand vorerst nur aus einem tief genervten Seufzen, dann jedoch gab Hizumi sich geschlagen und versprach ihr – wenn auch mit deutlichem Widerwillen in der Stimme – dass er versuchen würde sich in der nächsten Zeit darum zu kümmern. Zufrieden beendete Kana dasTelefonat und legte ihr Handy auf dem kleinen Tischchen neben ihrer Sonnenliege ab. Sie liebte diese Tage, an denen alles so funktionierte, wie sie es wollte, vor allem da diese in ihrem Leben so vorherrschend waren. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen richtete sie sich auf, um einen besseren Blick auf den noch immer schwimmenden Uruha zu haben. Ja, Tage wie diesen musste man einfach genießen. ~~~ Einige tausend Kilometer entfernt beobachtete Zero mit leicht schief gelegtem Kopf seinen Mitbewohner, als dieser das Wohnzimmer betrat. Hizumi telefonierte, war aber anscheinend gerade dabei das Gespräch zu beenden. Und wenn man nach seinem Gesichtsausdruck ging, hätte er auf diese Konversation wohl auch verzichten können. „Ja, wenn du unbedingt willst...ich kümmere mich darum...“, versicherte er seinem Gesprächspartner nun noch einmal, bevor er endgültig auflegte. „Alles okay?“ „Mh?“, Hizumi ließ das Handy in seiner Hosentasche verschwinden. Als er den Anderen ansah, musste er wie so oft unwillkürlich lächeln. „Ja, schon okay. Bin nur etwas genervt...“, erklärte er dann seufzend und ließ sich in den Sessel fallen, neben dem er bisher gestanden hatte. „Willst du drüber reden?“ Den Kopf an die Sitzfläche der Couch gelehnt saß Zero, wie so oft wenn er fernsah, im Schneidersitz auf dem Boden. Jetzt erwiderte er das Lächeln des Älteren leicht und sah ihn fragend an, was diesem ein Zeichen war, dass der Jüngere heute einen guten Tag hatte. „Schon gut...meine Tante ist nur wieder in den Staaten und degradiert mich zum Dienstmädchen...“, meinte er dann. „Will sie dich hier besuchen kommen?“ Hizumi schüttelte den Kopf. „Bloß nicht. Ich soll nur ihr Apartment herrichten lassen, aber das reicht schon... ich hab ja schließlich sonst nichts zu tun... arbeiten oder so... “ Selbst über das leise Lachen, das er Zero mit diesen sarkastischen Worten entlocken konnte, konnte er sich im Moment nicht wirklich freuen, dazu hatte ihn das Telefonat mit Kana zu nachdenklich gestimmt. Er würde es nicht zulassen, dass diese Frau Zero noch einmal zu nahe kam. Auch wenn er seine Tante sehr gern hatte – schließlich hatte er ihr auch einiges zu verdanken – aber dass sie ihr ehemaliges Spielzeug noch einmal in die Finger bekommen würde, konnte sie sich definitiv abschminken. Und wenn er dafür mit Zero bis zum Südpol auswandern musste. Eine Option, die er angesichts der Tatsache, dass Kana eben Kana war, vielleicht im Hinterkopf behalten sollte. Erneut tief seufzend erhob er sich wieder. „Ich muss noch ein bisschen arbeiten...wenn was ist, du weißt wo ich bin...“ Er schenkte dem Anderen ein etwas missratenes Lächeln, bevor er dann das Wohnzimmer wieder verließ. „Ist gut...“ Mit leicht zusammengezogenen Augenbrauen sah der Jüngere seinem Gastgeber hinterher und biss sich unbewusst leicht auf die Unterlippe. Er mochte ja so seine Probleme mit zwischenmenschlichen Beziehungen haben, aber dass ihm hier etwas verschwiegen wurde, bekam sogar er mit. Er hatte zwar nicht die geringste Ahnung, was es Hizumi bringen sollte ihm etwas zu verschweigen, aber es wurde immer deutlicher, dass es so war. Ganz blind – oder dämlich – war schließlich auch er nicht. Und irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass diese ominöse Tante durchaus etwas damit zu tun hatte. Anders konnte er sich die Tatsache nicht erklären, dass der Schwarzhaarige sofort abblockte, wenn es in einem Gespräch um diese Frau ging. Aber was sollte er machen – er konnte Hizumi schlecht zwingen darüber zu reden. Zumal es ihn ja eigentlich relativ wenig anging, welche Schwierigkeiten es in dessen Familie gab. Er wandte sich wieder dem Fernseher zu und versuchte weiterhin zu verstehen, was der Nachrichtensprecher da gerade von sich gab. Diese Bemühung war allerdings einzig der Tatsache verschuldet, dass er irgendetwas tun musste, um seine nur spärlich vorhandenen Englischkenntnisse zu erweitern und nicht etwa einem plötzlich aufgekeimten Interesse an Weltpolitik. Schade war eigentlich nur, dass Hizumi ihm anscheinend nicht genug vertraute, um über seine Probleme zu reden und das war ein Gedanke, der ihn unwillkürlich etwas traurig stimmte. Gleichzeitig saß der junge Grafikdesigner in seinem Arbeitszimmer und starrte aus dem Fenster. Die Sonne strahlte immer wieder zwischen Wolkenfetzen hindurch und zeichnete Muster auf die Stadt, aber der junge Mann betrachtete mehr seine eigene Reflexion im Glas als das Treiben draußen auf den Straßen. Ein schweres Seufzen entkam seinen Lippen. Er hatte ein Problem, ein ziemlich Großes sogar. Es war egal, was Kana behauptete, sie würde früher oder später hier in New York auftauchen, egal ob ihr Apartment fertig war, oder nicht. Egal, ob er es ihr verboten hatte oder nicht. Es spielte keine Rolle, ob er ihrer 'Bitte' Folge leisten würde, diese Frau machte so oder so, was ihr gerade einfiel. Und bei dem Glück, das er gewöhnlich hatte, würde Zero ihr letztlich zufällig irgendwo in die Arme laufen und dann würde das Chaos erst richtig losbrechen. Er für seinen Teil war sich nämlich ziemlich sicher, dass diese Begegnung dazu führen würde, dass der Jüngere sich wieder an so einiges aus seinem alten Leben erinnern würde und das konnte keine wirklich guten Folgen haben. Und man durfte drei Mal raten, wer sich dann mit den Folgen dann rumschlagen durfte. Seine Tante war es mit Sicherheit nicht. Unwirsch fuhr sich der 23-jährige mit der Hand übers Gesicht. Die nächsten Wochen versprachen jetzt schon ziemlich heiter zu werden. ~~~ Mit müden Augen starrte Karyu auf die Anzeigetafel, die einige Meter von ihm entfernt hing. Noch immer befand sich ihr Flug – direkt von Seoul nach Chicago – am unteren Ende der Tafel, immerhin stand die Maschine jedoch mittlerweile überhaupt angeschrieben. Er hatte zwar nur eine vage Ahnung – eine sehr, sehr vage, wenn er ehrlich war – wo in etwa in den USA sich Chicago befand, aber der Flug war einer der günstigsten gewesen und dort drüben hätten sie erstmal einen Abstand zu Japan, der groß genug war, um seiner Paranoia nicht noch mehr Nährboden zu bieten. Tsukasa neben ihm hatte schon eine Weile keinen Laut mehr von sich gegeben, vermutlich war der Kleine einfach eingeschlafen. Er gönnte es ihm. Der Trip hierher war alles andere als entspannend gewesen. In dieser Affenhitze in einem hoffnungslos überfüllten Bus zu sitzen entsprach zumindest nicht seiner Definition von Komfort, aber was wollte man machen. Leider war das auch noch einer der eher angenehmeren Teile ihrer kleinen Reise in die südkoreanische Hauptstadt gewesen, denn wie sich später herausgestellt hatte, waren Tramper hier anscheinend nicht wirklich gern gesehen. Und so hatte es doch wesentlich länger gedauert nach Seoul zu kommen, als er gehofft hatte. Im Moment hätte er unglaublich gern einen Kaffee getrunken und ein oder zwei Zigaretten geraucht, aber er wollte den Jüngeren nicht hier allein lassen, schon gar nicht, wenn dieser gerade schlief. Also ließ er sich etwas tiefer in den unbequemen Sitz rutschen und verschränkte die Arme, was Tsukasa seinerseits als Aufforderung zu sehen schien, sich an seine Schulter zu lehnen. Der Brünette murmelte im Halbschlaf irgendetwas Unverständliches vor sich hin, was Karyu unwillkürlich grinsen ließ. Unglaublich, der Kleine war einfach hinreißend. Und er gerade wieder einmal dankbar dafür, dass niemand von diesen Gedanken wusste. Mit einem Seufzen streckte er die Beine von sich, während seine Blicke durch die Wartehalle schweiften. Sie mussten sich später unbedingt noch etwas zu essen besorgen. ~~~ Kritisch glitten seine Augen hinter der Designersonnenbrille über die, im Schaufenster ausgestellten, Kleidungsstücke. Es war ein Jammer. Die Klamotten waren nicht einmal übel, aber ausgerechnet jetzt hatte er keine Lust zu shoppen. Und das musste schon was heißen. Uruha schüttelte leicht den Kopf, strich sich eine Strähne seiner karamellbraunen Haare wieder glatt. Diese Frau machte ihn fertig. Manchmal wünschte er sich wirklich, er hätte sie nie kennengelernt. Er zog ein Päckchen Zigaretten aus seiner Hosentasche und steckte sich entnervt eine an. Was musste diese Hexe ihn auch wortwörtlich einfach in diesem verdammten Café sitzen lassen? Für einen Moment spannte seine Hand sich an, ballte sich zur Faust. Es kam sehr, sehr selten vor, dass er wütend auf Kana war, aber heute war einer dieser raren Tage. Und das, obwohl er so vielversprechend begonnen hatte. Er war am Morgen zu seinem eigenen Erstaunen neben ihr aufgewacht, obwohl sie normalerweise wesentlich eher aufstand als er. Um das Los-Angeles-typische Wetter auszunutzen waren sie danach zu einem verspäteten Frühstück in Kanas Lieblingscafé aufgebrochen, wo sie einen ruhigen und entspannten Spätvormittag verbracht hatten. Zumindest so lange, bis das Handy seiner Begleitung geklingelt hatte und sie keine fünf Minuten später einfach abgerauscht war. Ohne Erklärung wohlgemerkt. Ja, manchmal wünschte er sich wirklich, er könnte sie hassen. Denn trotz aller gegenteiligen Anzeichen hatte er schließlich auch seinen Stolz. Mit einem unwilligen Kopfschütteln verwarf Uruha diese Gedanken; sie brachten ihm ja letztlich doch nichts. Der junge Mann straffte seine Schultern etwas und setzte dann gemächlich seinen Weg durch Downtown Los Angeles fort. Dann würde er eben noch etwas von ihrem Geld ausgeben, um sich die Zeit zu vertreiben. Er ließ seine Zigarette achtlos fallen und betrat das Shoppingcenter, dessen Schaufenster er sich bis jetzt angesehen hatte. Eine Weile lief er recht ziellos durch die fast schon überfüllten Gänge, besah sich auch hier halbherzig die Auslagen der Läden und genoss das Gefühl in dieser Menschenmenge unterzugehen. Nach einigen weiteren Minuten betrat er schließlich einen Laden, in dem es wesentlich ruhiger war als draußen im Einkaufscenter. Was vielleicht daran lag, dass es sich selbst hier in Los Angeles nicht jeder leisten konnte, sein Leben mit ein paar Klamotten oder Accessoires von ChromeHearts zu verschönern. Aufmerksam betrachtete Uruha, die in den Vitrinen ausgestellten Schmuckstücke. Ein paar davon konnte er sein Eigen nennen, aber so wie es aussah, hatten die Shops hier in den USA eine noch breiter gefächerte Auswahl als die wenigen, die es in Japan gab. Gerade musterte er eine der Sonnenbrillen etwas genauer, als ihm in der Spiegelung des Vitrinenglases auffiel, dass ein paar Meter hinter ihm ein junger Mann stand und ihn anscheinend beobachtete. Ein wenig irritiert zog er eine Augenbraue nach oben und drehte sich dann, als der Andere näher kam, zu ihm um. „Na, was Schönes gefunden?“, wollte der Dunkelhaarige, der anscheinend hier arbeitete, wissen, doch Uruha zuckte als Antwort nur mit den Schultern. Er hatte zwar keinerlei Probleme damit sich auf Englisch zu verständigen, aber das hieß ja nicht, dass er mit jedem dahergelaufenen Kerl sprechen musste. Eben dieser verschränkte nun begleitet von einem schiefen, herausfordernd wirkenden Grinsen die Arme und musterte sein etwas kleineres Gegenüber von Kopf bis Fuß. Die Rückseite dieses Kunden hatte ihm ja schon gefallen, aber von vorn war der Anblick noch um einiges besser, wie er fand. „Wenn du fertig mit Starren bist, sag Bescheid!“, wurde er dann auch schon von dem asiatisch aussehenden jungen Mann angefahren, was ihn allerdings nur noch etwas breiter grinsen ließ. „Heute Abend schon was vor?“, fragte er ebenso entspannt wie dreist. Die Lippen des Brünetten verzogen sich zu einem Lächeln. „Tut mit Leid, da bin ich schon ausgebucht.“ Uruhas Antwort war von der gleichen falschen Freundlichkeit wie sein Lächeln, das erst bitter wurde und schließlich ganz verschwand, als er sich abwandte, um den Laden zu verlassen. An der Tür angekommen hielt er jedoch inne, dachte einen Moment nach und drehte sich dann noch einmal zu seiner neuen Bekanntschaft um, deren Blicke noch immer auf ihm ruhten. Auf seinen spontanen Entschluss hin lächelte er den Amerikaner an, diesmal allerdings auf eine ganz und gar andere Weise. „Aber ich hätte jetzt gleich noch ein wenig Zeit, wenn du willst...“ Hin und wieder durfte er sich doch auch ein bisschen was für sein Ego gönnen, oder? ~~~ „Hey, Karyu, aufwachen!“ Irgendetwas rüttelte an seiner Schulter, brachte ihn dazu erst zusammenzuzucken und dann blinzelnd die Augen aufzuschlagen. „Huh?“, war vorerst alles, was der großgewachsene Japaner von sich geben konnte. Verwirrt sah er sich um. Wo kamen diese ganzen Leute her? „Karyu?“ Diesmal bestand seine Antwort nur aus einem Murren, als er die Augen wieder schloss. Er würde diese komischen Menschen hier einfach ignorieren und noch ein bisschen weiterschlafen, wo er doch gerade so ein weiches Kissen gefunden zu haben schien. „Karyu!“, wurde er nun mit einem erneuten Rütteln deutlich nachdrücklicher ins Wachsein berufen. Er unterdrückte ein Gähnen und richtete sich widerwillig auf, bis er mehr oder weniger aufrecht saß. Er sah nach rechts, von wo aus Tsukasa ihn mit einem etwas betretenen Gesichtsausdruck ansah. „...ist irgendwas passiert?“, wollte der Ältere immer noch reichlich neben sich stehend wissen. Der Jüngere schüttelte den Kopf, lächelte dann auf eine irgendwie herrlich verlegene Art. „Du bist nur eingeschlafen und fandest anscheinend, dass ich ein recht bequemes Kissen abgebe...“, bekam er nun erklärt. „Oh...tut mir Leid...“ Manchmal war er wirklich sagenhaft dämlich. „Unser Flieger kommt bald, da wollte ich dich lieber wecken...“ „...okay...“, Karyu nickte, nun allmählich doch etwas wacher. „Danke...“ „Kein Problem... soll ich uns Kaffee holen? Ich glaub, da vorn um die Ecke hab ich ein kleines Bistro gesehen, als wir gestern angekommen sind...“, schlug Tsukasa, der eindeutig munterer als seine Begleitung war, vor. Eine Idee, die Karyu nur mit einem weiteren Nicken gutheißen konnte. Er kramte in seiner Hosentasche nach etwas Kleingeld, das er noch übrig hatte und gab es dem Jüngeren. In den USA hätte er dafür sowieso keine Verwendung mehr und für zwei Kaffee sollte es noch reichen. Gerade wollte er es sich wieder etwas bequemer machen – soweit das auf dieser Bank überhaupt möglich war – als eine wachsende Unruhe am anderen Ende der Wartehalle seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Er setzte sich ein Stück aufrechter hin und versuchte zu erkennen, was genau da vor sich ging. Und so wie er es beurteilen konnte, lief das alles gerade auf eine ziemlich heftige Prügelei hinaus. Ohne weiter nachzudenken stand er auf, ließ sein und Tsukasas weniges Gepäck stehen, wo es gerade war, und durchquerte mit schnellen Schritten die Halle. Er hatte zwar keine Ahnung, was genau da vorgefallen war, aber er sah, dass hier drei oder vier Typen gemeinsam auf einen blonden jungen Mann losgingen. Das reichte ihm vorerst als Grund. Kaum am Ort des Geschehens angekommen, packte er einen der Angreifer an der Schulter, drehte ihn zu sich herum und verpasste ihm einen heftigen Schlag ans Kinn. Seine Lippen verzogen sich zu einem kleinen Grinsen, als er Unbekannte zu Boden ging. Nach den Flüchen des Mannes zu urteilen, hatte er einen guten Treffer gelandet. Auch der Blonde hatte anscheinend einige Erfahrung mit Schlägereien, da auch er einen seiner Gegner gerade ziemlich gekonnt außer Gerecht setzte. Die verbleibenden zwei Unruhestifter hatten anscheinend kein Verlangen danach, die Auseinandersetzung fortzusetzen, sondern machten sich unterdrückt fluchend, ihre lädierten Freunde im Schlepptau, aus dem Staub. Während Karyu ihnen noch einen Moment nachsah, hob der Blonde seine Jacke vom Boden auf und trat dann auf ihn zu. „Danke, Mann.“ Das Japanisch des Anderen hatte einen unterschwelligen Akzent, den er nicht wirklich einordnen konnte, aber das Grinsen des Kleineren machte ihn Karyu sofort sympathisch. Ebenfalls grinsend schlug er mit dem Blonden ein. „Kein Ding. Ich kann solche Typen einfach nicht ab.“ Ein Mädchen, das bisher am Rand gestanden hatte, trat jetzt auf sie zu und verpasste dem Blonden spielerisch eine Kopfnuss. „Akira. Du musst wirklich musst wirklich aus allem gleich eine Schlägerei machen, oder?“, schimpfte sie spielerisch, schien aber im Grunde eher amüsiert zu sein. „Ach, ich hätte sie also machen lassen sollen? Gut, das nächste Mal beschütz ich dich eben nicht mehr...“, demonstrativ verschränkte er Blonde die Arme und drehte sich etwas von seiner Begleitung weg, die nur den Kopf schüttelte, sich dann aber an Karyu wandte. „Trotzdem danke, dass du ihm geholfen hast. Manchmal überschätzt er sich einfach“, meinte sie mit einem offenen Lächeln und bot ihm ihre Hand an, die der Größere immer noch grinsend ergriff, und stellte sich vor: „Ich bin übrigens Leila.“ Nachdem er noch ein paar Sätze mit den beiden ausgetauscht hatte, machte er sich auf den Weg zurück zu seinem Gepäck. In dem kurzen Gespräch hatte sich herausgestellt, dass die beiden aus den USA kamen und gerade nach ihrem Urlaub hier wieder dorthin zurückfliegen wollten. Mit dem Satz, dass er sich doch melden solle, wenn er mal Langeweile habe, hatte Leila ihm einen Zettel mit ihrer Telefonnummer in die Hand gedrückt, als sie sich verabschiedet hatten. Zurück bei ihrem Gepäck fand er sich mit einem schon mehr als ungeduldig wartenden Tsukasa konfrontiert, der ihn wütend anfunkelte und ihm zunächst wortlos seinen Kaffee in die Hand drückte. „Ist alles okay?“, fragte Karyu nach kurzem Schweigen vorsichtig – weil ihm eigentlich klar war, dass irgendwas nicht stimmen konnte. „Nein, was soll denn sein?“, scharfe Ironie schwang in der Stimme des Brünetten mit. „Ich bin ja nur zurückgekommen und unsere Sachen standen einfach so in der Gegend herum!“ Obwohl er so wütend klang, konnte Tsukasa ihn nicht ansehen. Seine freie Hand, die er zur Faust geballt hatte, zitterte leicht vor unterdrückten Emotionen. „Ich...“ „Hey...“, Karyus Stimme war ungewöhnlich leise, sanft, als er seine Hand auf die schmale Schulter des Jungen vor sich legte. „Hast du etwa gedacht, ich bin einfach abgehauen?“ Ein leichtes Zusammenzucken zeigte ihm, dass er richtig lag. Er schüttelte den Kopf. „Warum sollte ich das tun? ...Schließlich hab ich die Flugtickets doch schon bezahlt“, fügte er leicht grinsend hinzu. „Idiot.“ „Danke, ich weiß. Und jetzt lass uns zum Gate gehen, unser Flug wird sicher gleich aufgerufen.“ ~~~ Als die Türen sich schlossen, fragte er sich für einen Moment, ob er nicht doch lieber hätte laufen sollen. Er schloss die Augen und atmete tief durch, so gut das in diesem Gequetsche eben noch möglich war. Es nützte alles nichts, irgendwann musste er damit beginnen ein eigenständiges Leben zu führen, er konnte schließlich nicht die nächsten dreißig Jahre auf Hizumis Kosten leben. Er rückte noch ein kleines Stück näher an das Fenster in seinem Rücken, als sich eine ziemlich beleibte Frau, die sich eben noch mit in den Bus gedrängt hatte, durch die Menschenmenge schob, um zu einem freien Sitzplatz zu kommen, den sie glaubte noch erspäht zu haben. Hoffentlich hielt er das hier aus, ohne durchzudrehen. Beinahe verzweifelt suchten Zeros Augen den Linienplan, der im Inneren des Wagens angebracht war. Immerhin musste er nur fünf Stationen fahren und sich dann irgendwie zur Tür durchkämpfen, um aussteigen zu können. Wie er dann genau zu dieser Bar kam, hatte er sich aufgeschrieben, sodass er – hoffentlich – auch niemanden nach dem Weg fragen musste. Außerdem würde er sich ziemlich beeilen müssen. Hizumi hatte zwar gemeint, dass er vermutlich den ganzen Tag unterwegs sein würde, aber es konnte dennoch vorkommen, dass er eher zu Hause war. Und dann würde er sich überlegen müssen, welche Ausrede er dem Älteren präsentierte. Diese kleine Odyssee schien demnach von Anfang an unter keinem gutem Stern zu stehen, aber der Schwarzhaarige hoffte einfach, dass alles irgendwie klappen würde. Und das ohne, dass er sich in den Straßen von New York vollkommen verlief. Gott, er hasste solche Spielchen. Es gefiel ihm nicht, irgendetwas vor Hizumi verbergen zu müssen, aber er wusste genau, dass der nur versuchen würde, ihn nur von seiner Idee abzubringen. Und er hatte es nun einmal satt den ganzen Tag in der Wohnung zu verbringen und Löcher in die Luft zu starren, wenn er doch genauso gut etwas Anderes tun konnte. Vermutlich würde ein Job zwar nichts daran ändern, dass sein Mitbewohner ihn weiterhin davon abhalten würde auch nur einen kleinen Teil zu irgendwelchen Ausgaben beizutragen, aber zumindest hätte er dann eine Beschäftigung und würde sich nicht ganz so nutzlos vorkommen wie im Moment. Mit einem erleichterten Aufatmen verließ er an seiner Haltestelle den Bus, darum bemüht so schnell wie möglich aus der Menschentraube zu entkommen. Er war dankbar für seine Fähigkeit sich in Gedanken auszuklinken, sodass er sein unmittelbares Umfeld gar nicht mehr wirklich wahrnahm. Das machte die ganze Sache hier etwas einfacher. Er holte den Zettel mit der Wegbeschreibung aus seiner Hosentasche hervor und sah sich einen Moment lang um, sodass er sich zumindest halbwegs orientieren könnte. Eigentlich war er hier ja nicht weit weg, von seiner und Hizumis Wohnung, aber man konnte nie vorsichtig genug sein. Tatsächlich brauchte er nur ein paar Minuten um von der Busstation am St. Marks Place aus, den richtigen Weg in eine der Seitenstraßen zu finden. Die richtige Bar ausfindig zu machen, war dann schon etwas komplizierter, denn es schien als würde hier es hier nichts anderes als unzählige Restaurants, Pubs, Bars und kleine Livehouses geben. Irgendwas an diesem Anblick – die relativ unscheinbare Tür im etwas abgelegenen Halbdunkel der fast menschenleeren Straße – jagte ihm eine leichte Gänsehaut über den Rücken, ohne dass er genau sagen konnte, warum. Zero schüttelte leicht den Kopf, um diesen Gedanken zu vertreiben. Er musste sich jetzt auf sein Vorhaben konzentrieren. Noch einmal hielt er kurz inne und legte dann seine Hand auf die Türklinke, um das hier endlich hinter sich zu bringen, als sich die Tür plötzlich nach innen öffnete, sodass er beinahe sein Gleichgewicht verlor. „Na hoppla...du bist aber stürmisch...“ Die Stimme war tief, war und hatte neben einem amerikanischen Akzent momentan auch einen definitiv belustigten Unterton. Er sah auf und blickte in dunkle Augen, die in freundlich ansahen. „Wolltest du zu mir?“ Es dauerte einen Moment, bis Zero sich soweit unter Kontrolle hatte, dass er zu einer klaren Antwort fähig war. „Vielleicht...ich hab gehört, dass ihr einen Barkeeper sucht...“ „Ah, ja. Dann bist du hier richtig. Ich hab schon auf dich gewartet, wir hatten telefoniert, oder?.“ Der junge Mann, offensichtlich japanischer Abstammung, griff nach der rechten Hand des Neulings und schüttelte sie kurz und umstandslos. „Komm rein, dann können wir reden. Ich bin übrigens Toshiya.“ ______________ A/N: So, Glückwunsch an die, die es bis hierher geschafft haben. Wie man sieht, gibt es also ein paar neue Charaktere (zu denen vermutlich noch so einige dazukommen werden, mal sehen), die dem Ganzen hoffentlich noch etwas mehr Schwung verleihen. So als kleine Info: St. Marks Place ist eine Straße im East Village, Manhattan, New York City. Dort gibt es neben einer ziemlich gut gewachsenen (Crust-) Punkszene und einer bunten Mischung von Bars, Kneipen und Läden, die alles Mögliche verkaufen (mehrere sehr gut bestückte Plattenläden und ein großer Comicstore, zb) auch eine hohe Konzentration japanischer oder japanischstämmiger Einwohner, sodass es durchaus nicht allzu abwegig ist, dass Hizumi und Zero dort wohnen *lach* Wer dazu noch Infos will, kann sich gern bei mir melden ^^ Abgesehen davon, noch etwas Kleines, Oneshottiges, um die Wartzeit zum nächsten Kapitel zu überbrücken: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/50744/249280/ bis zum nächsten Mal~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)