Gemeinsam fliegen von Lasagne ================================================================================ Kapitel 2: abendliches Treffen ------------------------------ Nachdem ich meine Hausaufgaben erledigt hatte, blieb mir noch genug Zeit um etwas zu essen, bevor mein abendlicher Zeichenkurs begann. Trotzdem kam ich mal wieder zu spät, weil meine Mutter mir wie jeden Mittwochabend die gleiche Predigt hielt. Die Sache mit dem „Nicht mit Fremden mitgehen“ und so, kennt man ja. Diese Regel wird einem ja von Geburt an eingeprägt. Heute hielt meine Mutter allerdings eine Überraschung für mich bereit. „Denk daran: Der Teufel will uns in Versuchung führen, also zeigt er sich in schöner Gestalt.“ Ich musste unwillkürlich an Phil denken. Eine schöne Gestalt, in der Tat. Während meine Mutter völlig in ihrer Rede über Versuchung aufging, machte ich mich mit dem Motorrad auf, um wenigstens nur 15 Minuten zu spät zukommen. „Kate! Welch seltener Gast in unseren Reihen!“, rief mein Lehrer aus, als ich in den Raum trat. „Sehr witzig.“, murrte ich. „Du weißt doch genau, dass mich meine Mutter nie zeitig weglässt.“ „Ok, ist ja schon gut.“, meinte er beschwichtigend. „Wir haben sowieso gerade erst das neue Thema besprochen.“ Ich runzelte die Stirn. „Welches neue Thema denn?“ „Du hast letzte Stunde wieder gepennt, was?“ „Nein, ich habe mich mit dem Thema befasst.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ist auch ok. Also, das nächste Thema handelt von: Aktmodellen!“ Ich zog eine Augenbraue hoch. „Aktmodelle? Na ja, solange du nicht das Aktmodell bist, kann es mir ja egal sein.“ Ich ging zu meinem Platz und setzte mich. „Tja, da kann man mal wieder sehen was du für einen schlechten Geschmack hast!“ An dieser Stelle muss man zu seiner Verteidigung sagen, dass Vincent erst 28 Jahre alt und mit einem athletischen Körper, honigfarbenen Locken und strahlendblauen Augen gesegnet war, was alles in allem ja ganz nett war, aber halt nicht das, was ich sehen wollte. Wohl aber die meisten der anderen Mädchen, und vielleicht auch ein paar Jungen, die wahrscheinlich nur wegen ihm diesen Kurs belegt hatten. „Ich hab auch schon jemanden gefunden, der sich dazu bereit erklärt hat, für uns als Aktmodell zu arbeiten. Und er sieht fast so gut aus wie ich!“ Die Mädchen neben mir begannen zu tuscheln und zu kichern. Ich verdrehte genervt die Augen. Vincent war, wie sein Bruder Eric, ein Angeber, was mal ganz nett war, aber auch auf die Dauer richtig ätzend werden konnte. „Eigentlich müsste er jeden Moment hier sein.“, sagte Vincent und sah auf die Uhr. In diesem Augenblick, klopfte es an der Tür. „Herein!“, rief Vinc und als sich die Tür öffnete, schlug mein Herz einen Purzelbaum. Wer da in der Tür stand, war kein Anderer, als Phil Logan. Phil würde mein Aktmodell sein! Ich glaube in diesem Moment, nahm meine Gesichtsfarbe die meiner Haare an. Zum Glück bemerkte es niemand, denn die Aufmerksamkeit aller, war auf Phil gerichtet. „Da ist ja unser Aktmodell! Wir haben gerade über dich geredet!“ Vinc kam auf ihn zu und stellte sich mit ihm vor die Klasse. „Ich hab ihn heute zufällig in der Stadt getroffen und ihn gefragt, ob er nicht Lust hätte Aktmodell zu spielen.“ Phil stellte sich vor und legte direkt wieder so ein Lächeln auf, dass die gesamten Mädchen in der Klasse aufseufzten. Alle außer mir. Klar, ich kannte es ja auch schon. Obwohl, es immer wieder beeindruckend war, wie er strahlen konnte. Als er den Blick durch die Klasse schweifen ließ, duckte ich mich. Ich wollte nicht von ihm gesehen werden, denn wenn Vinc davon Wind bekam, wüsste es Eric morgen auch und das konnte zu ganz blöden Situationen führen. Doch zu spät! „Kate, was machst du denn hier?“ Sofort spürte ich Blicke, die sich in meinen Rücken bohrten. „Malen.“, antwortete ich. „Na dann.“ Phil grinste. Vincent auch. „So, dann fangen wir mal an. Ihr packt bitte eure Sachen aus und Phil, du kommst bitte mal mit. Ich geb dir die Sachen die du dann anziehst.“ Kaum waren die Beiden weg, wurde ich ausgefragt. Woher ich ihn kennen würde, wie alt er wäre, was seine Hobbies wären und so weiter. „Ich kenn ihn erst seit heute Morgen! Ich weiß so gut wie gar nichts über ihn!“ „Aber immerhin etwas, oder?“ Als ich schon das Gefühl hatte, dass mein Schädel platzen würde, kam Vincent wieder. Er ging nach vorne und begann eine Art Podest aufzubauen. Als er damit fertig war, rief er: „Begrüßt mit mir: Phil, das Super-Model!“ Als das ‚Model’ dann den Raum betrat, fiel nicht nur mir die Kinnlade herunter. Das einzige was Phil vor unseren Blicken schützte, war ein Seidentuch, welches farblich zu seinen Augen passte. Ich war die Erste, die ihre Sprache wieder fand. „Findest du nicht, dass das etwas übertrieben ist Vinc? Er schämt sich ja zu Tode.“ „Nein, jetzt schau doch mal!“ Vinc war ganz aufgeregt. „Setz dich mal hier hin.“ Phil ging zum Podest und setzte sich. Doch damit wie er sich hingesetzt hatte, war Vincent natürlich nicht zufrieden. „Du musst lockerer werden. Setz dich so hin.“ Er machte es Phil vor, wie er sich setzen sollte. „Jetzt schaut es euch noch mal an, wie der Stoff fällt. Seide fällt ganz anders als zum Beispiel samt oder Baumwolle.“ Ich verdrehte die Augen. Der hatte sie echt nicht mehr alle! „Kate, das hab ich gesehen! Alle an die Arbeit!“ Also holte ich meine Sachen raus und begann mit den Konturen. Während ich zeichnete, machte ich mir Gedanken über Phil. Einerseits tat er mir Leid, weil er hiernach den Mädchen aus dem Kurs schutzlos ausgeliefert sein würde, andererseits, wann würde sich sonst so eine Gelegenheit noch mal bieten, Phil mit nackten Oberkörper zu sehen. In diesem Augenblick war ich froh die Haare heute offen zu tragen, denn ich konnte fühlen wie meine Ohren glühten. „Gefällt dir was du siehst?“ Vor Schreck zuckte ich zusammen und stieß dabei den Stift, mit dem ich gerade arbeitete, durch die Leinwand. „Verdammt noch mal Vincent! Lass den Scheiß!“ Verärgert besah ich mir den Schaden. „Wirklich toll gemacht! Woher soll ich jetzt eine neue leinwand nehmen? Ich hab doch eh kein Geld mehr für diesen Monat übrig! Denk doch einmal nach bevor du handelst!“ Wütend starrte ich ihn an. „Hey, reg dich doch nicht so auf! Du kannst eine Leinwand von mir haben, was aber immer noch nicht meine Frage beantwortet.“ „Ja, er gefällt mir! Was ist jetzt mit der Leinwand?“ „Kriegst du schon noch, kein Problem.“ Er hob abwehrend die Hände, ging nach vorne und gab mir neues Material. Genervt setzte ich meine Arbeit fort. Drei Stunden später waren wir am Ende der Sitzung angelangt. Wie ich erwartet hatte stürzten sich die Mädels und ein paar Jungs direkt auf Phil. Zu meiner Verwunderung hatte Vincent heute mal einen großzügigen Tag und lud die gesamte Klasse auf einen Drink ein. Ich wehrte ab, da ich nach hause musste und Phil erwiderte das Gleiche. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich so schnell wieder sehen würde.“, sagte ich. „Ich auch nicht.“ Phil lächelte. „Die Leute hier scheinen nett zu sein.“ Ich schaute ihn an. „Die Mädels sind ein bisschen seltsam, aber man kann mit ihnen auskommen, wenn es sein muss.“ Wir schauten uns an. „Soll ich dich nach hause bringen? Ist ja ganz schön spät geworden.“ Verdammt! Warum war ich denn auch mit dem Motorrad gekommen? Scheiße! „Ist schon in Ordnung, ich bin mit dem Motorrad da.“ „Tja …“ „Tja …“ „Wir sehen uns dann morgen?“ „Ja klar.“ Wieder standen wir vor einander. „Ok, … ähm … dann bis morgen.“ Ich brachte meinen ganzen Mut auf, stellte mich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Dann lief ich ganz schnell zu meinem Motorrad und fuhr nach Hause. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)