Die Story zweier Kämpfer... von MitsuruSenpaii (Vorgeschichte zu "Happy School Life") ================================================================================ Prolog: Erstes Treffen... ------------------------- "Ich geh dann zur Nachhilfe!", rief Yoko noch voller Eile in die Wohnung, dann zog sie die Tür hinter sich zu. Sie war schon viel zu spät - schon wieder. Sie würde sich beeilen müssen, wenn sie die Bahn noch rechtzeitig kriegen wollte. Normale Grundschüler gingen nicht zur Nachhilfe, aber normale Schüler hatten es sich auch nicht in den Kopf gesetzt, von einer öffentlichen Grundschule auf deine Elite Mittelschule zu wechseln - entweder, man war schon seit der Grundschule auf einer Elite-Schule, oder halt nicht. Aber Yoko Yamagishi war in der Hinsicht anders. Sie wollte unbedingt auf die Honzo Elite-Mittelschule, und dafür scheute sie auch nicht den halbstündigen Weg in die Innenstadt. Wieso sie dieses Ziel verfolgte? Es war nicht unbedingt in ihrem eigenen Interesse, sie erhoffte sich dafür aber Anerkennung von ihrem Vater. Würde sie eine erstklasissche Schule besuchen, würd er sie wahrscheinlich endlich als Tocher akzeptieren und mit ihr abgeben. Und genau dafür kämpfte Yoko unerbittlich. Ihre Mutter Nojiko war anfangs dagegen gewesen, aber sie mochte Yokos Vater auch nicht. Die beiden hatten sich getrennt - der Grund, wieso ihre Mutter wieder mit Nachnamen Rittona hieß. Doch auch, wenn ihre Mutter Yokos Entscheidung, weiterhin Yamagishi heißen zu wollen und ihren Tatendrang, an die Honzo-Mittelschule zu kommen, nicht billigte, befahl sie Yoko nicht das Gegenteil. Allerdings ließ sie es sich nicht nehmen, bei jeder Gelegenheit über Yokos Vater abzulästern. Ihr Vater, Yamatto Yamagishi, war ein sehr einflussreicher Mann, dem eine riesen Firma gehörte. Doch weil Yoko ein Mädchen geworden war, und weil er sich halt mit Nojiko verstritten hatte, hatte er neu geheiratet. Er besuchte Yoko vielleicht zwei Mal im Jahr, doch sie war immer sehr froh, wenn er da war - auch, wenn seine Besuche immer in Streits um Dinge, von denen Yoko nichts wissen durfte, endeten. Doch dieses Jahr hatte er sie noch kein einziges Mal besucht, wie Yoko schweren Herzens von Tag zu Tag stärker wahrnahm. Oder wusste er vielleicht was? Als Schülerin der recht bekannten Imura-Grundschule müsste Yoko eigentlich keine Prüfungen ablegen, um an die Mittelschule, welche ebenfalls an der Imura war, zu kommen (sie würde nicht mal Prüfungen ablegen müssen, um an die Oberschule zu kommen, denn die Imura-Schule verband alle drei Jahrgansstufen in einem). Doch wollte sie an eine Privat-Schule wechseln, würde kein Weg an den Prüfungen vorbei führen. Und gerade die der Honzo-Schule hatten es in sich. Nachdem sie das letzte Stück hatte rennen müssen, kam sie endlich am Bahnhof an, als auch schon ihre Bahn einfuhr. Sie wohnte weit außerhalb, im Higashi-Bezirk, in dem auch die gleichnamige Oberschule lag, aber sie ging weiter außerhalb zur Schule, und die Nachhilfe-Schule lag im Hauptteil von Honzo, weshalb sie mit der Bahn fahren musste. Doch das alles nahm sie auf sich, um an eine gute Schule zu kommen. Ihr Vater würde sicherlich stolz sein. Für die halbstündige Fahrt nahm sie natürlich ein Lehrbuch raus. Sie hatte nämlich das Gefühl, dass heut ein Test geschrieben werden würde, und sie wollte lieber vorbereitet sein. Nicht, dass das wirklich zwingend von Nöten war, denn Yoko war eine ausgesprochen gute Schülerin, der das Lernen zudem auch noch fließend von der Hand ging, und die nicht lang lernen musste, um etwas zu verstehen - man sagte ihr oft, dass das schon fast an eine übernatürliche Begabung grenzen würde -, doch sie fühlte sich einfach wohler, wenn sie solche Freizeiten, die sie eh nicht abwenden konnte, mit Lernen verbrachte, statt sich die Zeit totzuschlagen. Tief versanken in ihr Buch, bemerkte sie nichts von den Unruhen, die im Zug vor sich gingen, und als sie gerade das 15 Seiten lange Kapitel geendet hatte, war es auch schon Zeit am Aussteigen. "Und, wie fandest du den Test, Yamagishi-san?" Ein rosa haariges Mädchen, ungefähr in ihrem Alter, kam auf sie zu. "Darry-chan!" Yoko stand auf, streckte sich kurz, und begann dann, ihre Sachen zu richten. "Spielend einfach", antwortete sie. "Wirklich?" Darry legte den Kopf leicht schief. "Deinen IQ hätt ich gern, Yamagishi-san.", meinte sie dann seufzend. "Ich fand den Test höllisch schwer." Da musste Yoko lachen. Darry sah auf den ersten Blick aus wie ein Mädchen von höchstens 8 Jahren, und so gab sie sich auch meistens, was bei Aushilfslehrern immer Erstaunen hervorrief. Aber mit Yoko sprach sie seltsamerweise normal, wenn nicht manchmal einen Tick zu erwachsen. "Es heißt Yoko, wir sind doch Freundinnen, nicht wahr?" Darry sah sie mit ihren seltsam leeren und nichtssagend Augen an. Es war selbst für Yoko schwer, zu erraten, was das Mädchen dachte, denn es erweckte nahezu immer den Anschein, dass ihr das, was um sie herum passierte, reichlich egal war, und was wieder den Eindruck, es mit einer 8 Jährigen zu tun zu haben, verstärkte. "Hm...", sagte sie, was so gut wie nichts bedeutete. Yoko seufzte, ehe sie sich verbeugte. "Also, ich muss dann los, sonst verpass ich meine Bahn. Sag deiner Mutter einen schönen Gruß, ja?" Darry nickte. "Danke, werd ich ausrichten..." Daraufhin machte sich Yoko auf den Nachhause-Weg. Von der Nachhilfe-Schule war es Gott sei Dank nicht weit bis zum örtlichen Bahnhof, aber es war schon spät Abends, und Yoko hatte so ganz allein in der Stadt schon ein leicht mulmiges Gefühl, weshalb sie sich lieber beeilte. Im Zug fühlte sie sich zumindest etwas besser, außerdem würde sie dort wieder die Nase ins Buch stecken können. Von diesem Moment, bis sie in den Zug einstieg und nach Higashi fuhr und dort den Zug wieder verließ, geschah auch nichts sonderlich merkwürdiges: Yoko laß wie immer in einem ihrer sehr teuren Lehrbücher - für die ihre Mutter hart arbeitete, wie Yoko immer mit einem starken Schuldgefühl bewusst wurde - und bekam von ihrer Umwelt nichts mit, aber damit verpasste sie auch nichts, denn um die Uhrzeit war in diese Richtung in den Zügen nicht mehr viel los. Am Bahnhof dann ließ sich sie in ein kurzes, belangloses Gespräch mit einer Bekannten ein, in dem es nur um solche Banalitäten wie dem Wohlbefinden ihrer Mutter ging. Danach machte sich Yoko eiligst auf den Weg. Als sie durch den Park kam, bemerkte sie jedoch, das was nicht stimmte. Laute Stimmen und Schreie waren zu hören. Ob hier vielleicht gerade eine Schlägerrei stattfand? Ihre Mutter hatte sie schon öfters zur Vorsicht angehalten, denn die Schüler der Higashi-Oberschule waren ziemlich streitlustig, aber bisher hatte Yoko selbst sowas noch nie erlebt. Den Hauch einer Vorahnung hegend wollte Yoko gerade kehrt machen und zurück zu den Häusern gehen, um dort einen Umweg zu nehmen, der sie zwar durch einige Straßen und Häusergaßen durchführen würde und auch 15 Minuten länger dauern würde, sie aber davor weg vom Spielplatz und der dort lauernden Gefahr bringen würde, doch in dem Moment raschelte es neben ihr im Gebüsch, und ein Typ kam auf sie zugesprungen. "Haben wir dich!" Yoko wollte irgendwie reagieren, doch das alles geschah viel zu schnell - doch einen Augenblick später stand plötzlich ein weiterer Typ vor ihr, der sich schützend vor sich gestellt hatte. "Alles okay?" Die nächsten Ereignisse geschahen rasend schnell: Plötzlich sprangen aus alle Ecken und Enden irgendwelche Typen, und die meisten erkannte sie anhand der Uniformen als Schüler der Higashi-Oberschule an. Diese gingen sogleich auf andere Jungs los, welche die selben Uniform trugen wie jener, der sie eben beschützt hatte. "Hast du was abgekriegt?" Er Junge, der sich schützend vor gestellt hatte, ging auf die Knie - was eigentlich nicht nötig gewesen wäre, dennn so viel größer als sie war er nicht. Stumm schüttelte Yoko als Antwort den Kopf. Nach einigen Sekunden wagte sie es aber doch, den Mund aufzumachen. "N-nein..." Daraufhin lachte der Junge. "Immerhin etwas... Ich dacht schon, du hättest dir vor Schreck auf die Lippen gebissen." Er musterte sie kurz, dann sah er sich. "Was macht eine Grundschülerin - du bist doch Grundschülerin, oder?" Er hielt kurz inne, um Yokos Kopfnicken abzuwarten, ehe er weiterfuhr. "Also, was macht eine Grundschülerin wie du um diese Uhrzeit noch unterwegs?" Yoko wollte gerade antworten, als der Typ gepackt wurde. "Denkst, du könntest dir 'en Kaffekränzchen erlauben, oder was?" Und dann sah Yoko in ihrem Leben zum allerersten Mal eine handfeste Schlägerrei. Und obwohl ihr Kopf ihr ununterbrochen sagte, sie solle schnell abhauen und sich in Sicherheit bringen, konnte sie keinen einzigen Schritt gehen. Stattdessen sah sie wie gebannt dem Jungen von eben zu, welcher sich hitzköpfig, aber irgendwie auch stilvoll durch die Menge kämpfte. Während sie ihm zusah, wurde ihr klar, woher sie seine Uniform kannte: Sie hatte mal vor einiger Zeit zur Hälfte im Fernsehen einen Bericht über Jugendgewalt gesehen, in der auch von dieser Schule, dessen Uniform der Junge trug, erzählt wurde. Doch ihre Mutter hatte dann ausgeschaltet, weil sie nicht wollte, dass sich Yoko sowas ansah. Sie wusste daher nicht den Namen dieser Schule, aber zumindest, dass sie und der Bezirk weit im Süden lagen. Der Junge hatte, obwohl er auf den ersten Blick sehr jung aussah und sicherlich nicht älter als 15 sein konnte, eine sehr tiefe, weit schallende Stimme, mit der er die ganze Zeit rumschrie und all seine Tritte und Schläge mit eigensinnigen Namen versah. Der Kampf dauerte ingesamt nicht länger als 15 Minuten, doch diese 15 Minuten kamen Yoko wie halbe Ewigkeiten vor, und egal, wie sehr sie sich bemühte, sie konnte den Blick nicht von diesem Jungen lassen. Seine ganze Art hatte etwas seltsam anziehendes, auch, wenn sie nicht genau sagen konnte, was. Und dann, von einer Sekunde zur nächsten, war alles vorbei. "Verdammt, das wird sich rächen, ihr Elenden..." Die Higashi-Schüler türmten, und die Gewinner begannen lautstark zu lachen und zu feiern. "Diese elenden Waschweiber haben doch gar nichts drauf!" und "Gott, was für Pussys!" Sogleich umzingelten sie den Jungen, der sie beschützt hatte: Er war zwar nicht sehr groß; viele um ihm herum waren größer, doch er stach schon allein durch seine Haarfarbe und die Frisur hervor. Dieser ließ sich auch wie ein Held feiern. "Yoooosh, denen haben wirs gezeigt! Die sollen sich nochmal mit uns anlegen..." Plötzlich sah er in ihre Richtung, und im nächsten Moment machte er sich von seinen Kameraden los und kam auf Yoko zugeschlendert. "Wie, du bist immer noch hier? Musst du nicht nach Hause? Es dämmert bereits!" Yoko wusste nicht, was sie antworten sollte. Es war, als habe sie ihre Zunge verschluckt. Also zuckte sie nur hilflos mit den Zultern. "Mich interessiert ja immer noch, was eine Grundschülerin um diese Uhrzeit noch draußen verloren hat, vor allem in Schuluniform." "Ehm..." Endlich schien Yoko ihre Stimme wieder erlangt zu haben. "Ich... hatte Vorbereitungskurs..." Das versetzte den Schlägertypen in Erstaunen. "Wie, als Grundschülerin? Schlag mir eine rein, wenn ich falsch liegen sollte, aber ist das nicht ein Stücken seltsam, als Grundschülerin schon 'nen Vorbereitungskurs zu besuchen?" Auf die Aussage mit dem Reinschlagen musste Yoko leicht kichern, was ihr nen verwunderten Blick bescherrte. "Ehm... ich will von der öffentlichen auf eine Private Schule wechseln... auf die Honzo-Mittelschule..." "Boah, leck mich fett!", rief der Typ daraufhin mehr als nur überrascht. "Das ist doch diese total verschrobene und bis in alle möglichen Ecken bekannte Bonzen-Schule, ne?" Yoko nickte. "Genau." "Und da willst du hin? Darf man den Grund dafür erfahren?" "Naja... ich will, dass mein Vater stolz auf mich ist. Wenn ich es auf diese Schule schaffe, erkennt er mich sicher endlich als seine Tochter an..." Daraufhin seufzte der Typ. "Klingt nach 'ner dummen Familien-Geschichte..." Er war vorhin in die Hocke gegangen, stand aber nun wieder auf und sah sich um. "Kommst du, Boss?", wurde ihm zugerufen, doch er winkte nur herrisch ab. "Nen Moment, hai?" Er streckte sich kurz, dann beugte er sich wieder leicht runter (wie schon erwähnt, viel größer als sie war er seltsamerweise eh nicht, da gab es also nicht viel zum Runterbeugen). "Naja, ohne mich allzu sehr einmischen zu wollen kann ich sagen, dass es ein Fehler sein kann, wenn man nur für andere statt für sich selbst lernt..." Er hielt kurz inne, und schien etwas sagen zu wollen. "Okay, zugegeben, ich selbst will eigentlich auch nur für jemand anderes...", fing er an, doch dann brach er wieder ab. "Ach, vergiss das von eben..." Er sah ihr tief in die Augen, und Yoko bemerkte, dass er rote Augen hatte. "Sag... das ist doch gewiss nicht einfach, oder? Das viele Lernen, die ständige Vorbereitungskurse... oder?" Yoko nickte zörgernd. "Schon, aber ich kämpfe weiter, weil ich dieses Ziel unbedingt erreichen will." Plötzlich fing der Schlägerjunge an zu lachen. "Dann bist du also eine Kämpferin, wie?" "Kämpferin... naja, kommt auf den Zusammenhang an. So wie du könnte ich zum Beispiel niemals kämpfen..." "Glaub mir: Ist auch besser so, wenn du es nicht machst. Ich kann dir sagen, das ist kein schönes Leben..." "Wenn das so ist, wieso kämpfst du dann? Wieso kämpfen die Menschen überhaupt gegeneinander? Wieso tun sie sich so schreckliche Sachen an?" Der Stachelkopf seufzte. "Hey, wenn ich das wüsste, würd ich mich sicher nicht selbst prügeln... Und dennoch ist es so, dass du wohl nicht drumrum kommen wirst, dir deinen Weg durchs Leben zu erboxen. Wenn du im Leben etwas erreichen willst, wirst du kämpfen müssen. Du wirst dein ganzes Leben lang kämpfen müssen, und der letzte Kampf ist der gegen den Tod. Aber selbst, wenn du an dieser Stelle angekommen bist, darfst du nicht aufhören, zu kämpfen, okay? Egal, wie scheiße das Schicksal es mit dir meint: Du musst das Kinn immer stolz erhoben tragen und allen, die dir trotzen, allen Deppen und vor allem dem verfluchten Schicksal, frech den Mittelfinger zeigen!" Sie bemerkte, dass er heftigst aus einer Wunde an der Lippe blutete, doch das hinderte ihn anscheinend nicht daran, fett weiter zu grinsen. Doch dann verschwand dieses Grinsen plötzlich, und er wurde noch einen Tick ernster. "Doch wenn ich "Kämpfen" sage, meine ich damit nicht nur den Kampf mit dem Schwert, sondern auch den mit dem Kopf. Du wirst dich immer behaupten müssen im Leben, doch nur halb so oft, wie es dir lieb ist, wirst du dein Schwert zum Gewinnen des Kampfes benötigen." Er schwieg und sah sie ernst an, ehe er fortfuhr. "Es gibt Kämpfe, die lassen sich nicht mit dem Schwert oder mit roher Gewalt gewinnen. Und genau diese Art von Kämpfen mein ich. Wirst du stark genug sein, im richtigen Moment das Schwert liegen zu lassen und den richtigen Weg zu wählen?" Er schien noch was hinzu fügen zu wollen, doch dann brach er in schallendes Gelächer aus. "Pfff, was laber ich heut für sentimentalen Quatsch? Vergiss das grad einfach, denn du wirst wahrscheinlich eh niemals ein Schwert in die Hand nehmen." Doch als krassen Gegensatz zu seinen Worten nahm er plötzlich sein Holzschwert, welches an seiner Seite hing, sah es einige Sekunden nachdenklich an und... - streckte es Yoko plötzlich entgegen. "Hier." Yoko starrte das Schwert einige Sekunden an, als würde es sich dabei um eine giftige Schlange handeln, ehe der Typ es ihr erneut auffordernd unter die Nase rieb. "Ehm... aber hast du nicht eben gesagt, ich würde wahrscheinlich eh niemals ein Schwert in die Hand nehmen? Wo liegt dann der Sinn, dass du mir nun selbst eins in die Hand drücken willst?" Endlich kam das rothaarige Mädchen dazu, auch was zu sagen. Daraufhin zuckte der Typ die Schultern. "Naja, hat keiner gesagt, dass du dich damit rumkloppen sollst. Sieh es stattdessen eher als Erinnerung daran, dass du dir geschworen hast, dir deinen Weg durchs Leben zu kämpfen. Wenn du mal nieder geschlagen bist, nimm das Schwert und denk an mich und daran, wie du niemals enden willst. Und vielleicht wirst du es eines Tages sogar wirklich gebrauchen können... wobei ich hoffe, dass es nicht so ist..." Den letzten Satz sagte er jedoch so leise, dass sie ihn kaum verstand. Dann wandte er sich um. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, aber sie wollte nicht, dass er ging, sie wollte ihm weiterhin beim Kämpfen zuschauen. Er hatte diesen elanvollen Stil, voll mit Kraft und Energie, aber dennoch nicht nur dumpfes Draufloskloppen, wie es die meisten taten. "W-warte...", rief sie ihm hinterher, aber er drehte sich nicht um, sondern streckte nur den Finger in den Himmel. "Denk dran! Immer mit stolz erhobenem Kinn durchs Leben gehen, dann werden wir uns eines Tages sicher wieder begegnen! Und pass gut auf mein Schwert auf, vielleicht wirst du es mir eines Tages wieder geben müssen!" Yoko stand da und sah diesem Typen hinterher. Sie versuchte sich alles an ihm einzuprägen, wirklich alles: Seine blauen, stachlig frisierte Haare, seine Augenfarbe, seine Stimme, die Art, wie er sprach und seinen Kampfstil. Wie dumm nur, dass sie seinen Namen nicht kannte... "Yoko-chan?" Schnell rannte Yoko auf ihr Zimmer hoch, aber bevor sie darin verschwand, rief sie ein "Ich bin lernen" ihrer Mutter ins Wohnzimmer zu. Im Zimmer angekommen sah sie sich hastig um, wo sie das Schwert verstecken konnte. Wenn ihre Mutter dieses Teil sehen würde, würde sie nämlich sicher einen Herzinfarkt oder so ähnlich bekommen vor lauter Schreck, und das wollte sie ihrer Mutter ersparen. Aber weil sie keinen besseren Ort fand, verkrammte sie es kurzerhand unters Bett - keine Sekunde zu früh, denn dann kam gerade ihre Mutter rein. "Wieso bist du so spät? Ich hab mir wahnsinnige Sorgen gemacht. Und was machst du unterm Bett?" Yoko versuchte, ganz normal zu lächeln. "Frage Nummer Eins: Ich hab eine alte Klassenkameradin getroffen und hab mit ihr ein wenig gesprochen, und außerdem Minashi-san. Und Frage Nummer Zwei: Ich wollte gerade mein altes Klassenbuch rausholen und nachschauen, wie dieses Mädchen nochmal mit Vornamen hieß und wann wir in der selben Klasse waren." Sie holte das Buch, welches direkt neben dem Schwert lag, bevor, und zeigte es lächelnd ihrer Mutter, in der Hoffnung, dass das eine normale Ausrede war, die ihre Mutter glauben würde. Nojiko sah sie noch zwei Sekunden an, dann seufzte sie. "Na denn... ich hab mir echt Sorgen gemacht, den es schien, als hätte es auf dem Spielplatz wieder mal eine Schlägerrei gegeben..." Sie legte den Kopf schief, ehe sie nochmals seufzte. "Wenn das so weiter geht, werd ich dich für den Rest des Schuljahres nicht nur zur Nachhilfe, sondern auch zur normalen Schule bringen müssen." Dann lächelte sie Yoko aufmunternd zu. "Aber sobald du an der Hanzo genommen wurdest, ziehen wir eh nach Hanzo-Mitte!" Yoko sah überrascht auf. "Wirklich?" "Ja, ich hab nächste Woche sogar schon einen Termin, um mir eine Wohnung in Hanzo anzuschauen. Du musst nur noch die Aufnahme-Prüfung im Winter bestehen, dann können wir schon hinziehen." Von Freude erfüllt sprang Yoko auf und ihrer Mutter in die Arme. "Das ist ja wunderbar!" "Naja, mir wärs lieber, du würdest an diese Schule wollen, weil du das selbst willst, und nicht, weil du deinen Vater beeindrucken willst, aber wenn dies dein Wunsch ist, werde ich den Teufel tun und dir im Wege stehen." Sie drückte ihre Tochter an sich und gab ihr einen Kuss auf den Kopf. "Dein Wohlergehen geht über alles, Yoko-chan." Daraufhin drückte Yoko ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange. "Du bist die beste Ôka-san der ganzen Welt, weißt du das?" Beim Essen wurde dann die ganze Zeit nur noch über den gepanten Umzu gesprochen, und die Schlägerrei und der blauhaarige Stachelkopf waren fürs erste vergessen. Doch spät in der Nacht, als Yoko schon lange im Bett lag, aber nicht einschlafen konnte, musste sie wieder dauerhaft an ihn denken. Wer er wohl war? Und würde sie ihn jemals wieder sehen? Und wieso er ihr wohl einfach so sein Schwert gegeben hatte? Yoko wusste nur eines: Das er unglaublich cool war und das sie gern selbst so wie er wäre. Doch nichtmal in ihren tiefsten Träumen hätte Yoko sich zu erträumen gewagt, dass dieser Wunsch eines Tages in Erfüllung gehen wird... ------------------- Okay, das mag nun etwas verwirren, aber ich hatte irgendwie totale Lust, Yokos Gesichte in dieser Art noch etwas ausführlicher zu erzählen, deshalb dieses Kapitel nun... Ich hoffe, es gefällt euch : D Schicksal...? ------------- "Hör zu, kleines. Wenn du im Leben etwas erreichen willst, wirst du kämpfen müssen. Du wirst dein ganzes Leben lang kämpfen müssen, und der letzte Kampf ist der gegen den Tod. Aber selbst, wenn du an dieser Stelle angekommen bist, darfst du nicht aufhören, zu kämpfen, okay? Egal, wie scheiße das Schicksal es mit dir meint: Du musst das Kinn immer stolz erhoben tragen und allen, die dir trotzen, allen Deppen und vor allem dem verfluchten Schicksal, frech den Mittelfinger zeigen!" Der Kerl, der ihr das sagte, hatte eine dicke Lippe und blutete daraus heftigst, aber das störte ihn anscheinend nicht, frech weiter zu grinsen. Er legte ihr eine Hand auf den Kopf und tätschelte diesen kurz - dabei war es sicherlich nicht älter als 14, grad mal zwei Jahre älter als sie. Die Uniform zeigte eindeutig, dass er ein Mittelschüler einer Schule aus einem weit entfernten Nachbarbezirk war. Was tat er dann hier? War er den ganzen Weg hergekommen, nur, um sich prügeln? "Kommst du, Boss?" Der Typ, der nicht mal viel größer als sie war, nickte, aber ehe er sich umwandte, zog er ein Schwert hinterm Rücken hevor und gab es ihr. "Hier, das wirst du irgendwann mal vielleicht gebrauchen können... wobei ich hoffe, dass es nicht so ist." Den letzten Satz sagte er jedoch so leise, dass sie ihn kaum verstand. Dann wandte er sich um. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, aber sie wollte nicht, dass er ging, sie wollte ihm weiterhin beim Kämpfen zuschauen. Er hatte diesen elanvollen Stil, voll mit Kraft und Energie, aber dennoch nicht nur dumpfes Draufloskloppen, wie es die meisten taten. "W-warte...", rief sie ihm hinterher, aber er drehte sich nicht um, sondern streckte nur den Finger in den Himmel. "Denk dran! Immer mit stolz erhobenem Kinn durchs Leben gehen, dann werden wir uns eines Tages sicher wieder begegnen! Und pass gut auf mein Schwert auf, vielleicht wirst du es mir eines Tages wieder geben müssen!" Ring Ring Ring Ring Ri- Müde streckte sie die Hand aus, um den Wecker auszumachen. Ein Traum - ein Traum, der sie daran erinneren sollte, wieso sie überhaupt kämpfte. Yoko war damals in der 6. Klasse Grundschule gewesen, als sie jenem Typen begegnet war. Damals hatte sie noch nicht viel mit seinen Worten anfangen können, doch dann hatte sie erfahren, dass der einzigste Grund für ihr Lernen und ihr Streben nach guten Noten das eh nicht schätzte und sie in Wirklichkeit gar nicht gewollt hatte, und ab da hatte Yoko angefangen, sich immer öfters nachts aus dem Haus zu schleichen. Und irgendwann nahm sie dann jenes Schwert mit. Doch dann war ihre Mutter plötzlich krank geworden, von einem Tag auf den nächsten. Es hatte harmlos angefangen: Plötzlich vergaß sie, wieso sie eigentlich das Haus verlassen hatte, oder sie vergaß den Schlüssel daheim - Dinge, die jedem Menschen mal passieren konnten, doch bei ihrer Mutter wurde es immer schlimmer. Als sie irgendwann sich sogar nicht mehr an den Namen ihrer eigenen Tochter erinnern konnte, hatte Yoko sie zum Arzt mitgenommen. Daraufhin wurde ihre Mutter ins Krankenhaus eingeliefert. Eines Tages dann hatte Yoko ein Gespräch der Ärzte mitangehört, welches sie gewiss nicht mitanhören hätte sollen. Sie sprachen darüber, dass sie beschlossen hatten, ihre Mutter Nojiko wieder nach Hause zu lassen, denn es bestand sowieso keine Hoffnung mehr auf Heilung, und in diesem Moment hatte irgendetwas in Yoko Klick gemacht. Anfangs hatte sie noch versucht, ihrer Mutter zu erklären, wo sie war, wieso sie im Bett lag, und das sie ihre Mutter war, doch nachdem sie dies Tag ein, Tag aus tat, verging ihr irgendwann die Lust, und der Gedanke, es würde eh nichts mehr bringen, nahm Überhand. Und ab da hatte sie dann keine Hemmungen mehr, sich wild und energisch mit anderen zu prügeln, und irgendwann konnte sie auch nicht mehr Ohne. Denn prügelte sie sich mal nicht mit anderen, war es so, als würde sich ein unsichtbares Band um ihren Hals legen und langsam, aber sicher, zudrücken. Yoko war nun 13 und ging selbst auf die Mittelschule - es war unglaublich, aber seit dem Tag, an dem sie jenem Kämpfer begegnet war, war erst ein Jahr vergangen. Und mittlerweile kannte jeder sie und ihre Bande, die Rittona-Bande. Sie waren gefürchtet und in aller Munde - doch diesen Kerl hatte sie dennoch niemals wieder getroffen. Sie kannte nicht den Bezirk, aus dem er kannte, und die Bezirke allein waren schon sehr groß; jeden einzelnen abzusuchen würde Ewigkeiten dauern. So kämpfte sie weiter, in der Hoffnung, eines Tages so bekannt geworden zu sein, dass er auf sie aufmerksam werden würde. Und egal, wie oft sie sich dachte, dass es keinen Sinn hatte: Sie konnte nicht aufhören, weiterhin nach ihm zu suchen. Und so prügelte sie sich weiter und weiter, bis eines Tages ein Wunder geschah... ------------------------------ Nachwort: Erstmal: Hallo : D Uhm~ Dies ist der Auftakt zu einer längeren FF-Reihe, die ich jedoch nicht als hochladen werde, sondern mit dem Gemeinschafts-Account , welchen ich mir mit (Minato) teile. Wieso ich es nicht mit meinem eigenen Acc hochladen werde? Weil das ein Gemeinschafts-Projekt von mir und Minato ist XD Wir wollen dazu viele Fanarts malen, und vor allem ist auch endlich ein Doujinshi geplant, und deshalb gehört die FF auch auf den Gemeinschafts-Account : D Wenn ihr also wissen wollt, wie es weiter geht, lest bei weiter :D In diesem Sinne~ Epilog: Auf einer Baustelle... ------------------------------ "Hey, und was machen wir mit ihr?" Ein Mädchen beugte sich über Yoko herab, blondierte Haare und die typische Yankee-Klamotten an, aber Yoko bekam das kaum noch mit. Sie hatte bei dieser Schlägerrei eindeutig zu viel abbekommen. Wieso waren Kittan und die anderen nicht aufgekreuzt? "Ach, lasst sie liegen. Die wird bestimmt schon noch von jemanden aufgekratzt...", sagte die Chefin dieser Mädchenbande. Danach entfernten sich Schritte. "Megges?", hörte Yoko noch eine fragen, dann hatten sie die Bausstelle verlassen und waren im alltäglichen Lärm der Stadt untergegangen. Da lag Yoko nun, fast 14 Jahre, zusammen geschlagen im Dreck einer Baustelle irgendwo in der Innenstadt von Honzo. Und das nur, weil sie unbedingt hatte hierher kommen müssen... Vor ungefähr einem Jahr hatte das ganze Unheil seinen Lauf genommen... Damals hatte sie unbedingt auf die Honzo Elite-Mittelschule wechseln wollen und hatte hart dafür gekämpft: Sie war viermal die Woche zum Vorbeireitungskurs gegangen und jede noch so kurze freie Minute zum Lernen verwendet - alles, um endlich von ihrem Vater respektiert zu werden. Es war nicht mal ganze fünf Monate, bis die ersten Aufnahme-Prüfungen anfangen würden, und demnach war Yoko ziemlich im Lernstress gewesen, als plötzlich und völlig unverhofft ihr Vater aufgetaucht war. Und irgendwie war es dann dazu gekommen, dass er erfahren hatte, dass Yoko auf die Honzo wollte. Doch anstatt überrascht zu sein und sich zu freuen, hatte er Yoko angesehen, und dann hatte er plötzlich angefangen zu lachen und zu ihr gesagt: "Und was soll dir das bringen?" Daraufhin hatte Yoko nicht anders gekonnt, als ihn einige Sekunden wortlos anzustarren. Als sie dann geantwortet hatte, geschah es nur zörgerlich. "Ich dachte... wenn ich es schaffe... an der Honzo aufgenommen zu werden... würdest du mich endlich akzeptieren, Vater..." Das versetzte ihren Vater in einen wahren Lachanfall. "Mensch Yoko... wer hat dir nur diesen Unsinn eingebläut?", begann er, nachdem er einige Sekunden lang nur laut und schallend gelacht hatte, und obwohl Yokos Mutter ihm schon zwei Mal gesagt hatte, er solle nun bitte leise sein, sprach er weiter: "Weißt du denn nicht, dass ich mittlerweile einen Sohn habe?" "D-doch... aber... ich verstehe nicht..." "Es reicht, Yamatto...", wandte ihre Mutter ein, doch ihr Vater sprach unbeirrt weiter: "Das bedeutet, dass ich schon einen Spitzensohn habe, der die beste Schule überhaupt besucht, Privatunterricht bekommt, in tradionellen Künsten ausgebildet wird und für dessen Wohlergehen ich Unmengen an Geld ausgebe. Ich hab einen Sohn, verstehst du? Ich brauche dich nicht. Du wurdest eh nur in der Hoffnung, dass du ein Junge wirst, gezeugt, aber da du leider ein Mädchen wurdest, bist du für mich von keinerlei Bedeutung." Plötzlich erhob sich Nojiko unter Gebrüll. "Yamatto Yamagishi, hast du nun komplett den Verstand...?" Weiter kam Yoko nicht mehr mit. Mit Tränen in den Augen stand sie wie betäubt auf, und ehe sie sich versah, rannte sie weinend aus dem Haus. An diesem Abend lief Yoko das erste Mal von daheim weg. Sie wusste im Nachinein nicht mehr, wie lange sie gelaufen war, wohin, und was sie dabei gedacht hatte. Aber irgendwann war sie einem blondköpfigen Typen, der zufällig auf die selbe Schule ging wie sie, in die Arme gelaufen: Kittan. Sie hatte dann kurzerhand die Nacht bei ihm verbracht, und nachdem er ihre Story gehört hatte, hatte er gefragt, ob sie nicht Mitglied bei seiner Bande werden wolle - und Yoko hatte zugestimmt. Von da an ging alles bergab. Sie besuchte den sündhaft teuren Vorbereitungskurs nicht mehr, lernte so gut wie nicht mehr, und zum krönenden Abschluß ging sie nicht mal zu den Aufnahme-Prüfungen für die Honzo, obwohl sie sogar eine Einladung gehabt hatte. Und egal, wie sehr sich ihre Mutter bemühte, Yoko wieder auf die Beine zu bekommen, rutschte Yoko immer mehr in die Kriminalität ab. Und ihre Mutter Nojiko verlor irgendwann jegliche Hoffnung, dass Yoko irgendwann ihr Leben wieder normal weiterleben würde - und damit begann ihre Krankheit: das Vergessen. Es hatte harmlos angefangen: Plötzlich vergaß sie, wieso sie eigentlich das Haus verlassen hatte, oder sie vergaß den Schlüssel daheim - Dinge, die jedem Menschen mal passieren konnten, doch bei ihrer Mutter wurde es immer schlimmer, aber davon bekam Yoko nicht viel mit, weil sie immer mehr und mehr unterwegs war, dauerhaft auf der Suche nach den nächsten, die Streit wollten und die sie verprügeln konnte. Doch als ihre Mutter irgendwann sich sogar nicht mehr an den Namen ihrer eigenen Tochter erinnern konnte, hatte Yoko sie zum Arzt mitgenommen. Daraufhin wurde ihre Mutter ins Krankenhaus eingeliefert. Eines Tages dann - es war kurz vor dem Ende der 6. Klasse gewesen, und für Yoko stand schon lange fest, dass sie nur auf die Imura-Mittelschule kommen würde - hatte Yoko ein Gespräch der Ärzte mitangehört, welches sie gewiss nicht mitanhören hätte sollen. Sie sprachen darüber, dass sie beschlossen hatten, ihre Mutter Nojiko wieder nach Hause zu lassen, denn es bestand sowieso keine Hoffnung mehr auf Heilung, und in diesem Moment hatte irgendetwas in Yoko Klick gemacht. Anfangs hatte sie noch versucht, ihrer Mutter zu erklären, wo sie war, wieso sie im Bett lag, und das sie ihre Mutter war, doch nachdem sie dies Tag ein, Tag aus tat, verging ihr irgendwann die Lust, und der Gedanke, es würde eh nichts mehr bringen, nahm Überhand. Und ab wurden die Schlägerreien, in die Yoko verwickelt waren, noch viel schlimmer. Sie legte den Namen ihres Vater, Yamagishi, ab, und nahm den Mädchennamen ihrer Mutter an: Rittona. Und unter diesem Namen gründete sie dann ihre eigene Bande: Die Rittona-Dan. Anfangs waren Kittan und noch zwei Typen - Ailak und Kidd - die einzigsten Mitglieder gewesen, doch durch das Besiegen anderer Gruppen hatte sie schnell an Bekanntheit gewonnen, und bald standen die Typen, die ebenfalls Mitglied der Rittona-Dan werden wollten, Schlange. Doch nur, wer es schaffte, sich lang genug gegen Yoko zu erwähren, wurde genommen - denn besiegen konnte sie eh keiner; und wenn es jemand doch vermochte, dann nur jener Stachelkopf, von dem sie ihr Schwert bekommen hatte, dessen war Yoko sich sicher. Und es war in der Tat so, dass sie lange Zeit als Unbesiegbar galt, nicht mal Kittan, von dem sie das Kämpfen im Wesentlichen gelernt hatte, konnte sie besiegen. Ja, sie war unbesiegbar gewesen - bis heute... Heute war sie in einen Hinterhalt gerannt, ohne es zu merken. Jemand hatte das Gerücht gestreut, eine richtig starke Jungenbande aus dem Süd-Bezirk wäre in Honzo aufgetaucht, und Yoko hatte gleich erhofft, dass vielleicht jener Stachelkopf dabei wäre, doch stattdessen war sie in die Arme dieser mindestens Zwanzig-Kopf starken Mädchenbande gerannt, die sie auch gleich gepflegt fertig gemacht haben. Sowas hatte Yoko noch niemals erlebt. Besiegt lag sie im Dreck, in einer schmalen Gasse auf einer Bausstelle. Langsam versuchte sie, sich aufzuraffen, doch es reichte nur, um sich in eine hockende Lage zu bringen, danach verließen sie die Kräfte. Sie konnte nicht mehr. Diese Schmacht war sowas von erbärmlich... Sie sah sich müde um, und entdeckte ihr Schwert. Es war noch ganz. Wenigstens etwas. Als sie es an sich nahm, rannen ihr einige leise Tränen die Wangen herab. Ja, Yoko war in Wirklichkeit schwach. Und hätte sie dieses Schwert, ihren absoluten Schatz, nun auch noch verloren, sie hätte nicht gewusst, wie sie hätte weiter leben sollen. Es war nun etwas über ein Jahr her, seit sie im Besitz dieses Schwertes war, und damals, als sie es von diesem blauhaarigen Stachelkopf bekommen hatte, hätte sie sich niemals erträumen lassen, dass sie es jemals benutzen würde oder was alles passieren würde. Auch hätte sie niemals gedacht, selbst eine Kämpferin wie dieser Typ zu werden. Und vor allem hatte sie damals nicht genau verstanden, was er gemeint hatte, doch nun verstand sie. Doch obwohl sie mittlerweile verstanden hatte, was er ihr gesagt hatte, konnte sie nicht mehr. Sie war einfach am Ende, um weiterhin gegen alle Widersacher ankämpfen zu können. Und das lag nicht nur an ihrer ersten Niederlage, sondern auch an all den anderen Dingen, die um sie herum geschahen. Wie sollte es denn nun überhaupt weiter gehen? Sie hatte doch eh schon alles verloren. Ihr Vater hatte sie niemals geliebt, und würde es auch nie tun, ihre Mutter würde auch nicht mehr lang leben, Schule hatte sie aufgegeben, und irgendwelche andere Aussichten auf eine normale Zukunft hatte sie ebenfalls nicht. Sie war zum Abschaum der Gesellschaft geworden. Auch, wenn es nichts anderes als Selbstmitleid war: In dieser dunklen Gasse konnte Yoko nicht länger die Tränen unterdrücken... Yoko wusste im Nachinein nicht mehr, wie lange sie da gesessen und geweint hatte, aber die Tränen waren schon lang versiegt und jegliches Gefühl von Schmerz, körperlicher sowie seelicher Natur, sowie das Gefühl der eisigen Kälte war schon längst erstorben, als sie neben sich ein Geräusch ausmachte. Doch sie war zu müde, um den Kopf zu wenden, also ließ sie es. "Ist da wer?" Es klang, als würd jemand in die Gasse gekrochen gekommen. Dann ein ersticktes Aufkeuchen. "Oha, du siehst ja ziemlich mitgenommen aus! Gehts dir gut?" Yoko wollte erst nicht antworten, aber dann tat sie es doch. "Soll... das... ein Witz sein...?", brachte sie mühsam heraus. Ihr Hals schmerzte hundserbärmlich, aber das war wohl noch der geringste Schmerz. Wobei... wenn sie ehrlich zu sich war, gab es so gut wie keine körperlichen Schmerzen. Zugegeben, diese Bande war nicht sehr ziemperlich gewesen, aber das war noch alles im Rahmen des Erträglichen. Das, was den körperlichen Schmerzen den Geschmack von Unerträglichkeit gab, waren die seelischen Schmerzen und die unsagbar tiefe Schmacht, die sie heut über sie hatte ergehen lassen müssen. "Um ehrlich zu sein... sind die Schmerzen doch nicht so schlimm..." Wieso sagte sie das? Was war grad in sie gefahren? Erst Schweigen. Dann: "Dein erster vergeigter Fight...?" Schwach nickte Yoko. Wieder Schweigen. Dann, irgendwann, gab die Person - die übrigens eindeutig ein Junge oder ein Junger Mann sein musste - einen zerknirschenden Ton von sich. "Naja... ich hab heut auch meine erste Niederlage erleben müssen..." Eigentlich stand Yoko nicht der Sinn nach netter Konversation, aber irgendwas an der Stimme des Fremden hatte ihr Interesse geweckt. "Achso...?" "Joa... weißt, heut ist der 7. August - mein Geburtstag. Und um den gebührig zu feiern, sind wir von Kanagawa hierher gekommen, um einen drauf zu machen. Doch dann sind wir in die Arme dieser üblen Mädchenbande gerannt, und die hat uns gepflegt fertig gemacht..." "Ach... und da kannst du so locker drüber reden?" Wieder einige Sekunden Schweigen. Dann: "Ja, klar. Man kann im Leben nicht immer nur gewinnen; verlieren gehört ebenfalls zum Leben dazu. Und was will ich klagen, ich leb ja immerhin noch..." "Oh Gott, du hast vielleicht gut reden... bist du etwa ein absoluter Grünschnabel? Und was soll das heißen, dass du immerhin noch am Leben bist - rechnest du, irgendwann mal umgebracht zu werden?" "Pff, Grünschnabel? Ore wo dare da to omotteyagaru?!? Ich bin schon seit 3 Jahren ein Schläger... hab schon gegen Schulen wie die Higashi oder die Hirano gekämpft... Und ja, ich lebe jeden Tag, als wärs mein letzter..." "Wieso... kämpfst du dann? Wieso vergeudest du dein Leben so?" "Weil ich sonst nichts kann... ich bin nicht gut in der Schule, habe keine Familie und eigentlich keine Ziele, aber..." Abrupt brach der Fremde ab, und einige Zeit herrschte Schweigen. Irgendwann meinte Yoko dann: "Du hast mal gegen die Higashi gekämpft? Ich hab mal auch jemanden gegen die Higashi kämpfen gesehen... doch damals war ich noch keine Yankee gewesen, sondern hab mich um gute Noten bemüht... weißt du, ich wollte unbedingt auf diese Elite Schule, auf die Honzo-Mittelschule. Und... das alles nur, um von meinem verdammten Vater akzeptiert zu werden..." Sie brach ab, denn die Tränen kamen ihr wieder, doch sie versuchte, sie nieder zu kämpfen. "Damals hatte mir einer der Typen, die gegen die Higashi gekämpft hatten, gesagt, dass ich im Leben immer würde kämpfen müssen..." Der Fremde zog scharf die Luft ein, doch als er nichts sagte, fuhr Yoko fort: "Ich habe das damals nicht verstanden, doch... doch als ich erfahren habe, dass ich für meinen Vater eh nur ein ungewolltes Kind war, und er mich nicht gebrauchen konnte, weil ich kein Junge war; als ich erfahren habe, dass ich all die Zeit für nichts und wieder nichts gebüffelt und gebüffelt habe; als ich dann erfahren habe, wie es ist, sich selbst zu prügeln; und als zu guter Letzt meine Mutter krankheitsbedingt sogar meinen eigenen Namen vergessen hat; da habe ich verstanden, was dieser Typ gemeint hatte..." Sie versuchte zu lächeln, doch es scheiderte kläglich. "Dieser Typ... der sollte dich in dieser Verfassung wahrscheinlich nicht sehen, nicht...?" Endlich zeigte sich eine Regung an Yoko. "Natürlich nicht!", begahr sie auf. "Das... das... das wäre... das absolut schlimmste, was mir passieren kann..." Sie wollte nicht dran denken. Nein, das schlimmste, was ihr jetzt noch passieren konnte, war, dass jener Stachelkopf sie nun so sah. Der Fremde neben ihr, dessen Gesicht sie wahrscheinlich so oder so nicht hätte erkennen können, weil es dafür einfach viel zu dunkel in der Gasse war, schwieg wieder einige Sekunden, ehe er meinte: "Aber meinst' nicht, dass dieser Typ in Wirklichkeit was anderes gemeint hat?" "Eh...? Was denn zum Beispiel?" "Na... das er vielleicht eine Art Kampf ohne Schwert gemeint hat...? Ne Art-Mind-Fight vielleicht?" Yoko seufzte, wie man so seufzte, wenn man etwas vermeintlich sehr dummes gehört hatte und sich eigentlich nicht die Mühe machen wollte, darauf einzugehen, jedoch gezwungen war, es dennoch zu tun. "Wieso hätte er das meinen sollen...?" Anstatt auf diese Frage einzugehen, meinte der Fremde: "Ich hab ja eben erwähnt, dass heut mein Geburtstag ist. 16 bin ich geworden, das ist an sich eig. ganz schön jung. Aber ich bin bereits einmal sitzen geblieben, und werde dieses Jahr wohl ebenfalls wieder sitzen bleiben..." Yoko fragte sich zwar, wieso er das erzählte, hörte aber weiterhin stumm zu. "Naja... und stell dir vor: zu meinem 12. Geburtstag erfahre ich erst, dass mein Vater mehr ist als nur ein Schläger war... Obwohl er schon Frau und Kind hatte, hat er seine Familie verlassen um... an der Todai zu studieren." Okay, das überraschte Yoko nun. "Ein erwachsener Mann verlässt Frau und Kind, um an der Todai zu studieren?" "Yosh, so is' es. Und heut hab ich den Brief bekommen, dass er mit dem Studium nun fertig ist... und als wär das nicht genug, hat er sogar das Angebot bekommen, Professor an der Todai zu werden... krass, ne?" Er lachte tief und laut, und irgendwas an dieser Lache kam Yoko seltsam bekannt vor, aber sie konnte nicht sagen, was. "Sogar Professor?" "Jupp... und das alles tut er nur, um seine wahre Liebe zu finden..." "Aber... dann liebt er deine Mutter nicht...?" In Yokos Hals bildete sich ein schwerer Kloss. "Genau... aber auch, wenn sie mich deshalb von daheim raus geschmißen hat und ich mich nun ganz allein und auf mich selbst gestellt durchs Leben kämpfen muss, respektiere ich meinen Alten über alles. Denn er tut stets das, was er wirklich will, und keine halbstarken Sachen. Und nun, wo ich weiß, dass er sich nicht nur prügeln kann, sondern auch noch einiges im Kopf hat, würde ich nichts lieber tun als es ihm nachzumachen. Aber hey, das kann ich vergessen, denn ich bin dumm wie Stroh..." "Eh, schon versucht?" "Klar... ich weiß seit gut und gern nem Jahr, dass mein oller Ôto-san Student an der Todai war, und seitdem hab ich schon öfters versucht, mein Leben zu ändern. Aber ich komm von meiner Bande nicht los, und alles Lernen bringt nichts..." "Deine Bande, wie heißt sie denn?" Irgendwie wurde Yoko so langsam richtig müde. Sie konnte kaum noch die Augen aufhalten. "Eh...? Das ist die von allen gefürchtete Gurren-Dan!" "Achso...? Hey, ich glaub, den Namen hab ich sogar... schonmal gehört..." Sie gähnte leicht, und wurde immer leiser. "Darf... darf ich meinen Kopf an deine Schulter anlehnen...?" Ein erschrockened Geräusch, welches von Yoko falsch gedeutet wurde: "Oh, tut mir leid... ich bin ja über und über mit Dreck übersät..." Zumindest ging sie davon aus, sie hatte ja einige Zeit auf der bloßen Erde gelegen. "Eh? Nee, darum gehts nicht, und btw bist du auch nicht dreckig..." Er schien etwas näher ranzurücken, dann meinte er. "So, wenn du magst..." Yoko wusste auch nicht, woher diese plötzliche Müdigkeit kam. Ein leichter Test zeigte ihr, dass sie eigentlich bis auf reichlich blaue Flecken keine weiteren Blessuren oder Verletzungen davon getragen hatte, und dennoch war sie hundsmüde - kam wohl davon, weil sie immer bis spät in die Nacht unterwegs war und sich rumkloppte. Oder viellicht hatte ja ihr Kopf was abgekommen, konnte doch alles möglich sein... "Danke..." Dankbar lehnte sie sich an die Schulter des Fremden Schülers - wo auch immer er herkam. "Von welcher Schule bist... du?" Das Gefühl, welches Yoko überkam, war sehr seltsam und schwer zu beschreiben; so seltsam, das sie dachte, schon zu schlafen und diese Frage nicht mal mehr gestellt zu haben, doch dann kam doch eine Antwort: "Kanagawa-Mittelschule." Yoko schloß die Augen. Alles um sie herum drehte sich. Schlief sie bereits? Oder träumte sie vielleicht die ganze Zeit bereits? "Hey..." Erst bekam sie keine Antwort, aber dann kam sie endlich: "Hm?" Also schlief Yoko zumindest noch nicht. "Wie ist dein Name?" "Kamina. Klingt cool, ne?" Der Typ schien zu grinsen, zumindest klang seine Stimme danach. "Ka-... Kamina...? Wer soll sich... so 'nen Name merken können? Und ist... der überhaupt japanisch...?" "Pfff, sag bloss nichts über..." Er brach plötzlich ab, und als er dann weitersprach, lag ein seltsamer Ton in seiner Stimme. "Wobei... vielleicht ist es besser, wenn du dir meinen Namen nicht merken kannst..." "Häh...?" Sie wartete einige Zeit, doch es kam keine Antwort. War sie nun doch schon eingeschlafen? Oder war sie gerade am Aufwachen, weil das ganze nur ein Traum gewesen ist? "Ka..." Wie war sein Name gewesen? "Hey, du da" Sie hatte den Namen von den Typen bereits vergessen, und auf welche Schule er ging, wusste sie auch schon nicht mehr. Irgendwas mit K... Kunochi-Schule? K... Kiseki-Schule? Naja, war ja auch egal... Vielleicht hatte sie ja ne Gehirnerschütterung oder so... und wenn sie wieder aufwachen würde, würde sie vielleicht nicht mal mehr ihren Namen kennen... war doch möglich, sowas sollte es ja geben, oder? Yoko glaubte schon nicht mehr daran, dass er reagieren würde, aber dann kam wieder ein "Hm, was'sen?" Daraufhin schwieg Yoko. Aber nach einer Weile fragte sie: "Träum ich schon...?" "... vielleicht." Er schwieg kurz. "Ja... Du hast das alles nur geträumt... Am besten, du schläfst nun, und wenn du morgen wieder aufwachst, war das alles hier nur ein Traum... Aber du wirst morgen das Gefühl haben, etwas verändern zu wollen, und aus deinem Leben mehr zu machen... Du bist so inteligent, also wirf nicht alles weg... selbst, wenn alles auswegslos erscheint, gibt es immer noch nen Weg..." Yoko wollte noch was erwidern, aber plötzlich, komplett gegen ihren Willen, wurden ihre Gedanken immer schwerer und schwerer. Das letzte, was sie über die Lippen brachte, war ein genuscheltes "Danke", und dann war sie eingeschlafen... -------------------------------- Kamina wartete noch eine Virtel Stunde, dann war er sicher, dass das rothaarige Mädchen an seiner Schulter schlief. Schon ein seltsamer Zufall, er hatte sie erst wieder erkannt, als sie von seinen Worten erzählt hatte. Nur doof, dass sie ihn irgendwie zwar nicht vollkommend, aber in vielerlei Hinsicht so ziemlich falsch verstanden hatte. Sacht, darauf bedacht, sie nicht aufzuwecken, stand er auf und nahm sie auf dem Rücken. Jetzt hatte er ihr die ganze Zeit Rede und Antwort gestanden, ihr sogar seinen Namen und seine Schule verraten, aber letztendlich war er nicht mehr dazu gekommen, sie widerrum nach ihrem Namen zu fragen. Seufzend trug er sie aus der Gasse heraus, hinaus ins normale Leben. Natürlich wurden sie allerhand angestarrt, aber solche Dinge waren Kamina reichlich egal. Bei der nächstbest gelegenen Parkbank ladete er sie kurz ab, um ihre persönliche Dinge heraus zu finden. Er hoffte, zumindest nen Ausweiß oder so zu finden, damit er sie nach Hause bringen konnte. Er konnte sie ja wohl schlecht hier einfach liegen lassen, aber er konne sie auch genauso schlecht mit sich nach Hause nehmen, weil das zum einen ein ziemliches Stückchen weg von hier war, sie zum zweiten dann wissen würde, dass er genau jener Typ war, der sie hatte nicht in diesem Moment so sehen sollen, und er sich zum dritten dann wahrscheinlich sogar sowas wie "Du bist im Schlaf über mich hergefallen" anhören müsste... - wobei das sogar wirklich passieren konnte, wenn er sich das Mädchen so ansah. Schon erstaunlich, dass aus dem kleinen Grundschulmädchen in einem Jahr solch ne Schönheit geworden war: Ihre Haare waren um einiges länger und voluminöser geworden und ihr Gesicht hatte die kindlichen Rundungen verloren; dafür waren nun an anderen Stellen Rundungen, die vor einem Jahr noch nicht da gewesen waren - da brachte auch das Abbinden mit Bandagen obenrum nichts, die deutliche Wölpung war dennoch zu sehen. Kamina schüttelte eiligst den Kopf, als er merkte, dass er von den Passanten dumm angestarrt wurde. Wahrscheinlich sah man ihm seine schmutzigen Gedanken schon von weiten an! "Sry...", murmelte er leise, als er in ihre Hosentasche griff, um dort nach Habseeligkeiten zu suchen. Er konnte nur hoffen, dass noch niemand aufgrund seines auffälligen Verhaltens die Polizei verständigt hatte, sonst würde das eine mehr als nur blöde Situation werden. Er kramte etwas rum, dann fand er einen Geldbeutel. Na bitte! Jetzt schnell nach nem Auweiß schauen und schleunigst zurück stecken, bevor man denkt, er würde sie ausrauben! Da fand er ihn auch, aber etwas seltsam sah das gute Stück schon aus. Der Vorname war gründlich durchgemalt - wahrscheinlich, damit keiner heraus finden konnte, wer sie wirklich war. Sowas machten Schläger und Yankees, welche häufig nur unter irgendwelchen Spitz- oder Decknamen bekannt waren, oft, denn man lebte täglich mit der Gefahr, besiegt zu werden -, nur Nachname und Adresse waren, wenn auch schwer, zu erkennen. "Na gut, jetzt wissen wir, wo du wohnst..." Wieso führte er eigentlich Selbstgespräche? Egal! Behutsam ladete er das Mädchen, welches ziemlich ausgezerrt und mager aussah, und sich auch so anfühlte auf seinen Rücken und machte sie auf den Weg zum örtlichen Bahnhof... Auf den Weg zu Yamagishis Zuhause - ihr Nachname stand auf dem Ausweiß, welcher aber schon seit einiger Zeit abgelaufen war (Kamina konnte nur hoffen, dass sie seitdem nicht umgezogen war und das die Adresse auf dem Ausweiß noch stimmte) - überlegte Kamina, wie er es am besten anstellte, dass Yamagishi niemals erfahren würde, was passiert ist. Denn als sie gesagt hatte, es wäre das schlimmste für sie, wenn ausgerechnet er sie in diesem Zustand sehen würde, hatte ihn das schon bewegt, und deshalb wollte er alles tun, dass Yamagishi von diesem Zusammentreffen - und am besten sogar von dieser gesamten Schlägerrei - nichts erfuhr. Und ehrlich gesagt hatte er auch schon einen Plan. Was Yamagishi betraf ging er von aus, dass sie was am Kopf abgekriegt haben muss, vielleicht ne leichte Gehirn-Erschütterung oder so. Er hoffte auf jeden Fall einfach, dass sie morgen früh wirklich denken würde, es sei alles nur ein Traum gewesen. "Na, da vorne müsste es sein..." Ein kleines Mehrfamilienhaus schien das Ziel zu sein, also trug der junge Kamina sie dorthin. Gott sei Dank hatte er auch einen Haustürschlüssel gefunden; er hätte das halb nackte Mädchen - welches obenrum bis auf die Bandagen und den dünnen Mantel, welchen man aber nicht zuknöpfen konnte, weil er keine Knöpfe hatte - nackt war, nur äußerst ungern hier draußen liegen lassen. Umständlich machte er sich nun daran, mit dem rothaarigen Mädchen auf dem Rücken die Tür aufzuschließen. Danach brachte er Yamagishi in den zweiten Stock, wo Rittona/Yamagishi an der Tür stand, und schloß auf. Einen Moment hatte er Bedenken wegen Yamagishis Eltern, aber dann fiel ihm ihre Geschichte wieder ein - dass ihr Vater eine neue Familie hatte und ihre Mutter krank geworden war - und so brachte er sie ohne Bedenken ins Wohnzimmer, wo er sie auf der Couch abliefert. Aufmerksam sah er sich etwas in der Wohnung um. Auf allen Bildern waren nur Yamagishi und eine ebenfalls rothaarige Frau - sehr wahrscheinlich Yamagishis Mutter - zu sehen, aber ansonsten gab es nicht viel zu entdecken. Die Wohnung an sich war nämlich nur äußerst spärlich und kostengünstig eingerichtet. Nachdem es also nicht viel zu sehen gab, wandte er seinen Blick wieder Yamagishi zu. Er sah dieses Mädchen nun zum zweiten Mal, aber aus irgendeinem Grund beugte er sich über sie und musterte ihr schlafendes Gesicht genauer. Es war leicht drekig, aber den Schmutz rieb er mit seinem Finger weg. Ihr Gesicht fazinierte ihn, obwohl er nicht mal sagen konnte, wieso eigentlich. Wieso ging er nicht einfach? Stattdessen sah er sich noch einmal gründlichst in der Wohnung um, und dann fand er etwas, was ihm vielleicht helfen konnte: Auf dem Tisch lagen ein paar Kopfschmerz- beziehungsweise Schlaftabletten! Aber wie sollte er sie ihr geben? Er überlegte hin und her, aber ihm fiel nichts ein - beziehungsweise, eine Möglichkeit fiel ihm schon ein, aber schon allein daran zu denken ließ ihn erröten. "Nee... bloss nich'..." Das konnte er doch nicht bringen! Aber eine andere Lösung schien es nicht zu geben... "Da muss ich nun durch...", murmelte er, dann nahm er von beiden Tabletten jeweils eine in den Mund, trank ein wenig aus der Wasserflashe, welche auf dem Tisch stand, beugte sich über Yoko, und...- - küsste sie. Natürlich nur, um ihr die Tabletten einzuflößen!, versuchte er sich selbst zu beruhigen. Aber wieso dann... so lang? Nach einigen Sekunden ließ er dann jedoch ab, und nachdem er seinem Hirn einige Sekunden Zeit ließ, das eben Geschehene zu verarbeiten, kam er sogleich auch schon heftigst ins Schwitzen. Eh, Scheiße?, schoß es ihm durch den Kopf. Welcher Esel hatte denn ihn gerade geritten?! Schnell überzeugte er sich, dass sie nicht gerade wach geworden war, und das keiner was mitbekommen hatte, dann versuchte er, sich wieder zu beruhigen. Fuck, sowas macht man doch nicht! Wenn sie nun schwanger war, würde er knietief in der Scheiße hocken, aber so richtig (Natürlich ist es Schwachsinn, dass Frauen schon von einem blossen Kuss Schwanger werden, aber das wusste Kamina anscheinend nicht.) Leicht räuspernd stand er auf und schnappte sich die Flasche, aus der er eben getrunken hatte. Die würde schon keiner vermissen, und es war nun auch wirklich Zeit, dass er verschwand - nicht, dass sie am Ende vielleicht sogar noch wach wurde! Er sah sich kurz um und überlegte, ob er irgendeinen Hinweis hinterlassen sollte, damit sie ihn wieder fand, doch das stellte sich als unmöglich heraus. Also würde er nach ihr suchen müssen. Er konnte also nichts anderes tun als sich ihren Nachnamen merken und nach ihr Auschau halten. Aber das würde auch erst in einiger Zeit gehen, wenn er sicher gehen konnte, dass sie sich nicht an den heutigen Tag erinnern würde. Er verließ die Wohnung und daraufhin auch das Haus, aber kaum unten angekommen rief er seinen Kumpel an. "Hey, Kakihara hier. Ich hab beschlossen, dass wir uns bei dieser Mädchenbande für die heut erlittene Niederlage revanchieren werden. Trommel alle zusammen, wir werden denen heut noch nen Besuch abstatten." Das es mitten in der Nacht war, störte ihn nicht, im Gegenteil: Je früher, desto überraschender. Die Mädels rechneten sicherlich nicht damit, dass sich die Gurren-Dan so schnell erholt hat, und feierten bestimmt grad ausgelassen - bester Zeitpunkt für einen plötzlichen Gegenschlag aus dem Hinterhalt. Yosh, Zeit, denen Tussen heimzuzahlen, was sie mit Yamagishi angestellt haben! -------------------------------- Als Yoko am nächsten Morgen aufwachte, hatte sie das Gefühl, eine schrecklichen Tag hinter sich zu haben. Doch... halt, moment. Wieso war sie daheim? Das leise Gefühl einer Erinnerung kroch in ihr hoch. Hatte sie nicht gegen diese überaus vielbesetzte und hinterhätlige Mädchenbande verloren gehabt? Aber wie kam sie dann hierher? Sie versuchte, sich genauer zu erinnern, doch die Erinnerungen waren nur äußerst wage, als wäre das alles nur ein Traum gewesen. Aber konnte das sein? Anfangs hielt Yoko das nicht für möglich, aber egal, wen sie nicht fragte, keiner konnte ihr sagen, ob Yoko wirklich vermöbelt wurde. Als sie sich dann Wochen später sogar in Honzo-Mitte traute, begegnete sie zwar einigen Mitglieder dieser Bande, aber sir würdigten Yoko keines Blickes - als hätten sie sie niemals gesehen. Und als auch Wochen später keine Gerüchte a lá "Rittona-Dan-Leaderin besiegt" umher gingen, beschloß sie, dass es sich bei dieser Geschichte wohl wirklich um einen Traum gehandelt haben musste... Einige Wochen später fand Yoko dann eine seltsame Nachricht in ihrem Briefkasten: Einen Zettel, auf dem "Selbst, wenn es noch so aussichtlos scheint, gibt es immer einen Weg - du darfst nur nicht aufgeben" sowie "Nicht jeder Kampf lässt sich mit dem Schwert ausfechten" stand, sowie ein Zettel mit einem Prüfungsbogen einer gewissen Kanagawa-High. Und je länger sie das anstarrte, umso eher hatte sie das Gefühl, bisher alles falsch gemacht zu haben. Und dann rieselte es ihr wie Schuppen von den Augen. Wie hatte sie nur so dumm gewesen sein können, nur für ihren arschlöchigen Vater zu lernen, und wegen dem alles hinzuwerfen! Sie hatte doch so gute Noten gehabt, und wollte sogar mal Lehrerin werden, aber alles hatte sie weggeschmissen, nur, weil sie erfahren hat, dass sie für ihren Vater genauso viel wert war wie der Dreck unter seinen Fingernägeln. Aber es war nicht zu spät, merkte sie nun. Sie konnte das Lenkrad immer noch rumreißen und alles ändern. Selbst, wenn ihre Mutter sterben würde, musste sie weiter kämpfen, denn es war noch nicht alles verloren. Solange sie lernen konnte und wieder gute Noten bekommen konnte, gab es noch den Hauch einer Chance, aus ihrem Leben etwas vernünftiges zu machen. Als sie an diesem Tag ans Bett ihrer Mutter trat, schimmerten Tränen in ihren Augen. "Mutter...?" Sie sprach mit brüchiger Stimme, aber als sie weitersprach, lag so viel Hoffnung darin, dass es schon fast weh tat. "Es... es tut mir leid... aber ab heute wird deine Yoko wieder ein gutes Kind... ich werde versuchen, ein neues Leben anzufangen... also... werd wieder gesund..." Yoko hörte zwar nicht auf, sich zu prügeln - es war wie ein Teufeslkreis, und ihre Bande ließ sie auch nicht gehen - aber sie begann wieder mit dem fleissigen Lernen, und ihre Noten wurden wieder rasant besser. Nebenbei versuchte sie heraus zu finden, welche Kanagawa-High damit wohl gemeint gewesen sein könnte, aber zum einen gab es eh schon mehr als genug Schulen mit Kanagawa als Namen, und dann kam noch dazu, dass man nicht wusste, ob damit die Junior High, also die Mittelschule, oder die Senior High, also die Oberschule, gemeint war. Aber als sie dann eines Tages im April von der Schule heimkam - sie war gerade in die zweite Klasse der Imura-Mittelschule gekommen - änderte sich ihr Leben eh schlagartig, denn da stand plötzlich ihre Mutter am Fenster, sah raus, drehte sich bei Yokos Eintreten um und... - und rief sie beim Vornamen. "Yoko-chan?" Und Yoko starrte ihre Mutter an. Erst eine Sekunde. Dann zwei. Dann sogar drei. Dann machte es klick, und sie fragte stammelnd: "M-utter...?" Als sich in Nojikos Augen Erkenntnis zeigte, lief Yoko zörgerlich auf sie zu, und im nächsten Moment schloß sie ihre Mutter in die Arme. -------------------------------- Na, wie gefällt es euch? Ich hoffe, die Nachricht kam an... . Denn... das hier, zusammen mit dem anderen Teil dieser Rückblende... ist dein GEBURTSTAGS-GESCHENK! *herz* Naaaa, überrascht? *.* Hoffe, sie gefällt euch > //// < - und euch anderen natürlich auch *_* Greez (Wenn ihr die komplette Story über Yoko & Kamina lesen wollt, schaut bei vorbei : D) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)