Abendstern von abgemeldet (Und du wirst strahlen, heller als die Sonne.) ================================================================================ Kapitel 8 - Begegnung ---------------------- „Als Nächste noch Lady Dunada, ebenfalls ein Mitglied des Harems. Sie ist leicht an ihrer Abstammung zu erkennen, da sie die Merkmale einer Rin trägt. Ihr werdet sie vermutlich in den Gärten finden, doch seid gewarnt, sie ist nicht sehr zugänglich.“ Während ich versuchte, mir auch diesen Namen einzuprägen, ließ ich meinen Kopf müde gegen die hinter mir stehende Wand fallen. Wie erwartet war der Unterricht der Anwärterinnen nicht besonders einfallsreich. Karim hatte die letzten Stunden damit verbracht uns eine ewige Liste von Namen der Bewohner des Palastes zu erläutern, und woran man sie erkennen konnte. Offenbar wurde von uns erwartet, dass wir nicht nur alle Lehrmeister, sondern auch die oberste Garde, den Hofstadt und alle Haremsdamen sowie des Sultans als auch des Berater mit Namen kennen mussten. Am Anfang war ich noch bemüht gewesen mir alles zu merken, doch mittlerweile hatte ich aufgegeben. Der Palast hatte mehr Bewohner als manche Viertel der Wüstenstadt. Frustriert ließ ich meinen Blick in dem kleinen Saal umherhuschen. Die fünf anderen Anwärterinnen lagen, mehr gelangweilt als aufmerksam, auf ihren Kissen und eine von ihnen musste sich sogar verstohlen ein Gähnen unterdrücken. Auf einen Seitenblick Karims, der sich einem der Wandteppiche zugewandt hatte und augenscheinlich darauf aufgeschriebene Symbole erklärte, schossen sie jedoch wieder in die Höhe, bis einige Minuten später ihre Aufmerksamkeit erneut schwand. Nur Kishe schien eine Maske des Interesses aufgesetzt zu haben. Sie verfolgte mit bewundernswerter Wachsamkeit jede Ausführung des Lehrmeister. Ich bewunderte ihre Geduld, und nahm mir vor sie nach dem Unterricht zu fragen ob sie mir das eine oder andere erklären konnte. Wie sich herausstellte hatte der Sultan, Jakib Marmar Suero, trotz seiner jungen Jahre bereits nicht weniger als 23 Haremsdamen – eine Größe die den Harem seines Vorgängers, seines verstorbenen Onkels, um mehr als die Hälfte überstieg. Weiterhin gehörte es zu den Angewohnheiten des Sultan immer eine hohe Anzahl an Gästen zu seinem Amüsement im Palast zu empfangen, die kommen und gehen durften wie es ihnen beliebte. Große Feste standen mehrmals jeden Mond an und abendliche Veranstaltungen beherrschten den Großteil des Lebens im Palast. Wenn die Anwärterinnen auch nicht zu allen davon zugelassen wurden so mussten wir doch auch die Namen eines jeden Festes - und hohen Gastes - kennen und bei Bedarf anwenden können. Karim prophezeite uns, dass wir mehrere Wochen mit diesem Thema verbringen würden. Zum Glück jedoch blieb uns erspart die 500 Mann starke Palastgarde, die in einem Gebäudering innerhalb der äußeren Palastmauern lebte, namentlich kennen zu müssen. Ich blickte über den Mauersockel neben mir. Das große Fenster des Saales, das die ganze westliche Wand durchzog, bot einen schönen Ausblick über die Stadt hinter der Palastmauer. Ich konnte ich die hohe Stadtmauer sehen, die Shrida wie eine Schale umschloss und der helle Sandstein der Häuser glänzte golden in der langsam tiefer hängenden Sonne. Es war ein sehr malerischer Anblick. Hinter der großen Wüstenstadt jedoch erstreckte sich Ödland. Die einstigen Palmenwälder, die den Kern Mangalins gebildet hatten, waren von Sultan Salim vor über hundert Jahren abgeholzt worden, als Vorbereitung für den großen Krieg gegen die Beduinen. Nun hatten sich in der Halbwüste die Vorstädte Shridas und weiter entfernt kleinere Dörfer zusammengefunden, die wie weiße Flecken in der sonst roten Wüstenlandschaft lagen. Durch sie hindurch zog sich ein dickes, blaues Band, der Nuasa, der wichtigste und größte Fluss Mangalins. Er entsprang, soweit ich wusste, in den höchsten Gipfeln Morins Bergen und floss bis in den äußersten Winkel Kerwins, wo er die eisernen Gebirgen durchfloss und unbekannte Länder erreichte. Ich würde seinem Verlauf gerne folgen. . ., flüsterte das Stimmchen. „Ich denke, für heute ist es genug. Lasst uns morgen fortfahren.“, riss mich Karims Stimme aus meinen Gedanken. Als ich verschreckt aufsah, bemerkte ich, dass der tadelnde Blick des Lehrmeisters auf mir ruhte. Etwas beschämt stellte ich fest dass ich aufgehört hatte ihm Aufmerksamkeit zu schenken. Als er sich von seinem Platz erhob, kam auch Bewegung in die Übrigen. Zwei, die sich besonders weit vom Fenster weggesetzt hatten, wohl um der sengenden Nachmittagssonne zu entgehen, sprangen augenblicklich von ihren Liegekissen auf und verneigten sich tief vor dem Lehrmeister. Auch die beiden anderen folgten ihrem Beispiel, ebenso wie Kishe und ich. Ich warf der Blonden einen neugierigen Seitenblick zu. Kishe war die letzten Stunden über seltsam abwesend gewesen. Während des Unterrichts hatte sie kaum ein Wort gesprochen und selbst als einige Diener uns um die Mittagszeit Getränke und Baklava gebracht und wir den Unterricht unterbrochen hatten, hatte sie kaum etwas gesagt. Jetzt stellte ich zu meiner Erleichterung jedoch fest, dass der angespannte Ausdruck auf ihrem Gesicht verschwunden war. Ich lächelte erleichtert und als wir den Saal verließen ging ich neben ihr her. „Hast du dir etwas gemerkt?“, fragte ich leise. Sie nickte. „Ich habe es versucht.“ Ein nachdenklicher Ausdruck legte sich auf ihr Gesicht. „Hättest du gedacht wie viele Menschen hier leben? Wenn man die Diener und die Garde dazurechnet sind es mehr als in ganz Calia!“ Ich nickte zustimmend. Calia musste ihre Heimatstadt gewesen sein. „Ich hoffe nur, dass ich den Weg in die Quartiere wiederfinde.“, murmelte sie. „Karim sagte wir könnten uns in der Bibliothek Pläne besorgen.“, erwiderte ich, bemüht ihre Stimmung aufzubessern. Stattdessen runzelte sie die Stirn. „Wer?“ „Lord Kuero, meinte ich.“ „Oh.“, sie nickte nachdenklich. „Dann sollten wir die Bibliothek vermutlich suchen. Hast du eine Idee, wo . . .?“ Ich schüttelte bedauernd den Kopf. Eine kurze Weile gingen wir schweigend nebeneinander her. Dann blieb Kishe langsam stehen und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Ich vermute sie liegt über der Versammlungshalle. Zwei Mädchen neben mir haben darüber gesprochen, dass sie da noch hin wollten.“, meinte sie hoffnungsvoll, doch ihre Stimme klang seltsam dünn. Ich nickte und drehte mich halb um. Die Versammlungshalle lag – vermutlich – nicht in dieser Richtung. Kishe jedoch blieb stehen wo sie war und trat unschlüssig von einem Fuß auf den anderen. Als ich mich zu ihr umwandte sah ich zu meinem Erschrecken dass der abwesende Ausdruck auf ihrem Gesicht zurückgekehrt war. Sie rieb sich mit einer Hand über die Schläfe und hatte die Lider halb geschlossen. Besorgt trat ich näher. Sie fing meinen Blick auf und ein leidender Ausdruck trat auf ihr Gesicht. „Tamima, würde es dir etwas ausmachen, allein hinzugehen? Ich fühle mich nicht sonderlich wohl und-“ Sie stütze sich gegen die Wand, offenbar schwindelig. Sie hielt sich die Stirn. Plötzlich dröhnte Karims Stimme den Korridor entlang, als er, einige Schriftrollen unter dem Arm, auf uns zukam. Ein amüsiertes Lächeln lag auf seinen Lippen. „Wenn ihr beide die Quartiere sucht“, er deutete mit einer Hand über seine Schulter „die sind in dieser Richtung.“ Ich versuchte zu lächeln. „Danke.“, wisperte ich. „Doch wir wollten in die Bibliothek.“ Ich warf Kishe einen besorgten Blick zu, die offenbar mit aller Kraft versuchte nicht umzukippen. Zu meinem Entsetzen sah ich dass alle Farbe aus ihrem Gesicht gewichen war. „Wenn Kishe sich wohl genug fühlt.“, setzte ich hinzu. Sofort verschwand das Lächeln des Lehrmeisters. Er trat einen Schritt näher an die Blonde heran. „Ihr müsst der andere Neuzugang meiner Gruppe sein, Kishe Umeri, nehme ich an?“ Sie nickte schwach. Er runzelte die Stirn. „Geht es Euch gut?“ Sie nickte abermals, doch ihre Blässe strafte ihre Worte lügen. Karim warf ihr einen langen Blick zu, dann wandte er sich zu mir um. „Ich denke Eure Begleiterin sollte sich in ihr Quartier zurückbegeben, Tamima. Erlaubt Ihr mir, sie dorthin zu bringen?“ Ich nickte zögernd, verwundert über die Frage. Er braucht meine Erlaubnis dazu? Er deutete eine Verbeugung an „Die Bibliothek, solltet Ihr noch dorthin wollen, liegt am Ende dieses Flures, auf der rechten Seite. Ihr solltet sie nicht verfehlen können.“ Kishe an seiner Seite rang sich ein schwaches Lächeln ab, dann drehte sie sich um und ging vorsichtig los. Karim folgte ihr und stützte sie vorsichtig ab. Stirnrunzelnd sah ich den beiden eine Weile nach. Dann begab auch ich mich auf den Weg. Wie sich bald herausstellte, war “gleich am Ende des Flures“ ein sehr dehnbarer Begriff. In diesem Stockwerk waren alle Gänge offenbar ganz besonders ineinander verschachtelt, und da immer wieder Abzweigungen von ihnen abgingen, hatte ich schon sehr bald die Orientierung verloren. Außerdem schien dieser Teil des Palastes um diese Tageszeit vollkommen leer zu sein. Hier und da huschten zwar einige geschäftige Diener umher, oder einzelne Anwärterinnen, die offenbar tief in Gedanken versunken waren, kreuzten meinen Weg, doch keine von ihnen blieb lange genug stehen als dass ich es gewagt hätte, sie nach dem Weg zu fragen. So kam es, dass die Sonne bereits hinter dem Horizont zu versinken begann, als ich endlich vor einem hohen, bogenförmigen Tor ankam, über dessen geöffneten Flügeln das Bild eines aufgeschlagenen Buches in die Mauer eingeritzt war. Die Bibliothek. Sie hatte dieselben Ausmaße, wie die darunter liegende Versammlungshalle, war jedoch bei weitem vollgestellter. Ihre hohe Decke war mit kunstvollen Mustern verziert und hohe Erkerfenster fingen die letzten Strahlen der Sonne auf. An den Wänden standen hohe Schränke, auf denen sich Schriftrollen aller Größen stapelten. Es roch nach Staub und altem Pergament. Innerhalb des Raumes waren bedeutend kleinere Regale angebracht, die zu beiden Seiten mit Büchern bedeckt waren. Interessiert ging ich auf sie zu. Auf den Rücken waren Worte und Symbole eingeritzt, die ich nicht verstand. Ehrfürchtig strich ich mit der Hand darüber. Als ich sie wieder zurückzog hatte sich eine dicke Staubschicht auf meinen Fingerkuppen gebildet. Vorsichtig zog ich eines der Bücher heraus und schlug die vergilbten Seiten auf. Ein leises Räuspern hinter mir ließ mich auffahren. Ich fuhr herum. Einer der Lehrmeister, in weiße Roben gehüllt, stand hinter mir und beobachtete mich misstrauisch. Mich daran erinnernd was Karim mir erklärt hatte, verneigte ich mich augenblicklich. Zu meinem Erstaunen wurde der Blick des Mannes, mit dem er mich zu durchdringen versuchte, tatsächlich etwas weicher. Er nickte mir als Gruß zu. „Was wollt Ihr hier, Anwärterin?“, fragte er. Seine Stimme klang ruhig und bestimmt. „Eine Karte des Palastes.“, flüsterte ich und legte unauffällig das Buch, das ich in Händen gehalten hatte, wieder zurück. „Ihr seid eine der Neuankömmlinge, oder?“ Ich nickte, unschlüssig ob dies etwas Gutes war oder nicht. Er lächelte jedoch, wodurch er eine Reihe erstaunlich weißer Zähne entblößte. „Uns ist es nicht erlaubt den Anwärterinnen Karten des gesamten Palastes auszuhändigen.“ Er verschränkte die Hände vor der Brust „Dort hinten jedoch hängt eine an der Wand, die ihr abzeichnen dürft. Wenn Ihr euch beeilt könntet Ihr noch vor Sonnenuntergang fertig sein.“ Ich nickte, dankbar für die Hilfe und zwängte mich nach einer kurzen Verbeugung an ihm vorbei. Als ich um eine Ecke in der Regalwand bog, bemerkte ich zum ersten Mal, wie still es hier war. Der dicke Teppich, der den ganzen Raum ausfüllte, verschluckte jegliche Geräusche. Doch selbst wenn es nicht so wäre, hätte ich schwören können, dass niemand hier war. Der Lehrmeister war offenbar nur durch Zufall hier – oder er beaufsichtigte die Bibliothek. Ansonsten schien sie wie ausgestorben zu sein. Ein Gefühl der Abgeschiedenheit, schwer wie Blei, lag über allem. Nach wenigen Augenblicken hatte ich die Karte gefunden, sie hing an einer Wand in der Ecke. Davor standen ein Tisch und ein hölzerner Stuhl, etwas das im allgemeinen Gebrauch nur selten benutzt wurde. Dennoch ließ ich mich auf das ungewohnt unbequeme Möbelstück nieder. Zu meinem Glück lagen auf dem Tisch einige Pergamentstücke, Tintenfässer und etliche Federkiele. Ich griff nach ihnen und machte mich daran die durch eine Öllampe an der Wand beleuchtete Karte abzuzeichnen. Bald jedoch schon wurde mir die Undurchführbarkeit dieses Vorhabens bewusst. Da ich in meinem Leben noch nie einen Federkeil in der Hand gehalten hatte, geschweige denn wusste, wie man ihn auf Papier führte, hatte ich größte Schwierigkeiten damit auch nur einen Strich auf das trockene Pergament zu machen. Als die letzten Strahlen der Sonne die hohen Fenster der Bibliothek kaum noch erreichten, erhob ich mich frustriert und nahm das Stück Pergament, auf dem ich bis jetzt zu zeichnen versucht hatte, samt Federkiel und Tintenfass, mit. Vielleicht würde ich auf eigene Faust eine Karte erstellen können, oder zumindest den Weg zurück einzeichnen. „Noch eine Anwärterin, zu so später Stunde?“, hörte ich die Stimme des Lehrmeisters, der mir geholfen hatte, durch die leere Bibliothek klingen. Ich hielt mitten in der Bewegung inne. Da ich mich an die Stille gewöhnt hatte drangen die Worte des Mannes übermäßig laut an mein Ohr. Ich überlegte. Mich konnte er damit unmöglich meinen, war ich doch in der hintersten Ecke des Raumes. Hatte sich also noch jemand hierher verirrt? Obwohl es schon fast dunkel wurde? „Verzeiht, Lord Raschid. Eigentlich habe ich mich nur verlaufen und suche nach Auskunft.“, erklang die leise Stimme einer jungen Frau. Unwillkürlich wandte ich mich um. Ich hatte die Stimme bereits einmal gehört, doch fiel mir die dazugehörige Person nicht ein. Vorsichtig ging ich näher heran. Ein schwacher Lichtstrahl drang zwischen den Regalen durch. Offenbar trug einer der beiden eine Lampe. „Vielleicht kann ich Euch ja helfen.“, bot Raschid an. Ein leises Schaben ertönte, als jemand ein Buch aus einem der Regale zog. Dann antwortete die Frau, und ihre Stimme hatte plötzlich etwas unverkennbar Schmeichelndes. „Möglicherweise könnt Ihr das, Lord Raschid. Ich bin auf der Suche nach den Sammelsurien der Mediziner.“ Eine Pause folgte und ich glaubte zu hören wie der Angesprochene scharf die Luft einsog. „Verzeiht, doch eine Anwärterin hat in diesen Teilen des Palastes nichts zu suchen. Es ist mir nicht gestattet, eine Ausnahme zu machen.“ Das leise Geräusch von Schritten und dann das Rascheln von Stoff waren zu hören. „Seid Ihr sicher, Mylord? Ich wäre Euch sehr . . . verbunden, wenn Ihr mir helfen würdet.“, gurrte sie leise. Einen Moment lang herrschte eiserne Stille. Mich beschlich das seltsame Gefühl, dass ich diesem Gespräch nicht lauschen durfte. Vorsichtig machte ich ein paar Schritte rückwärts und wandte mich Richtung Ausgang. Ich konnte mein Herz in der Brust schlagen hören. Was geht dort vor?, fragte ich mich. -Geh nachsehen., antwortete die vorwitzige Stimme in meinen Kopf. Doch ich ignorierte sie. Die Ruhe der Bibliothek und die aufkommende Dunkelheit nahmen plötzlich etwas Gespenstisches an. Raschids Stimme, lauter als für ein zweisames Gespräch nötig, durchdrang die Stille. „Ich glaube es ist besser, wenn Ihr geht, Anwärterin. Die Bibliothek wird in Kürze geschlossen werden. Es schickt sich nicht für die zukünftigen Frauen des Sultans in der Dunkelheit herumzuschleichen.“ Daraufhin hörte ich laute Schritte, offenbar die Lord Raschids, die sich rasch entfernten. Ich erkannte, dass dieser Aufruf auch auf mich bezogen war. So leise ich nur konnte drehte ich mich um und schlich, soweit wie möglich von dem langsam dem Ausgang zuschwebendem Lichtstrahl entfernt, davon. Doch die Götter der Heimlichkeit waren mir nicht hold. Kurz bevor ich um die letzte Ecke bog und das große Tor in mein Blickfeld trat, stieß ich mit jemandem zusammen, der den selben Weg gewählt hatte. Ich stauchelte als mein Gegenüber gegen mich prallte. Federkiel und Tinte fielen mir aus der Hand. Ein lautes Klirren ließ mich zusammenschrecken. Alarmiert blickte ich zu Boden, wo die Tinte des zerbrochenen Glases sich langsam auf dem Fußboden ausbreitete und zwei nackte Füße und einen Kleidersaum mit schwarzen Flecken übersäten. Ein sehr undamenhafter Fluch ertönte und als ich aufsah, erkannte ich Velia. Ihre Augen waren vor Erschrecken und Überraschung aufgerissen. In der einen Hand trug sie eine gelöschte Laterne, mit der anderen hielt sie den Saum ihres Kleides hoch, damit er nicht in der Luft rascheln konnte. Ist sie diejenige, die gerade mit Raschid gesprochen hat?, fragte ich mich leise und beobachtete sie vorsichtig während sie, einen weiteren Fluch ausstoßend, einen Schritt rückwärts machte und ihre mit Tinte befleckten Füße ausschüttelte. Als sie meinen Blick bemerkte verengten ihre Augen sich, und die Überraschung verschwand aus ihren Zügen. Sie warf mir einen abschätzenden Blick zu. Sie weiß, dass ich sie belauscht habe, erkannte ich, Was wird sie jetzt tun? -Das kommt darauf an, ob du hättest hören dürfen worüber sie gesprochen haben, oder nicht., flüsterte die Stimme. Unwillkürlich machte auch ich einen Schritt rückwärts. Velias Augenbrauen schossen in die Höhe. Bevor sie auch nur den Mund öffnen konnte wandte ich mich hastig um und verließ, so rasch es mir meine Würde und mein panisch klopfendes Herz erlaubten, die Bibliothek. In meinem Rücken konnte ich die stechenden Blicke spüren, die die Rothaarige mir nachwarf. Doch ich drehte mich nicht um, als ich die Bibliothek verließ, und hastete den Weg zurück den ich gekommen war. Im Stillen betete ich zu den Göttern, bald die Quartiere zu erreichen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)