Die Vergangenheit der frühen Helden von Sora_Bay ================================================================================ Kapitel 3: "Doch, er ist anders!" --------------------------------- Roland kümmerte sich um sein Pferd. Und er machte es auffällig lang. „Sollen wir eine Wache aufstellen?“, ertönte plötzlich eine Stimme. Er fuhr zusammen, weil sie ihn völlig aus seinen Gedanken gerissen hatte. Am liebsten würde er sich selbst dafür schlagen, denn in der Bewegung hatte er die Stimme von Phoebe schon erkannt. Aber er hatte geträumt und somit gegen das oberste Gebot verstoßen, dass er den anderen auferlegt hatte. „Du meine Güte! Erflehe deine Verzeihung; ich wusste nicht, dass du neuerdings so schreckhaft bist. Was ist nur los?“ Sie sah ihn nachdenklich und besorgt zugleich an, als er sich zu ihr umdrehte. Und obwohl sie sehen konnte, dass etwas nicht stimmte und Bert das ja auch schon gesehen hatte, schüttelte er den Kopf. „Es ist nichts. Und ich glaube, eine Wache wird nicht nötig sein.“ Sie sah ihn noch einen Moment an. Dann nickte sie. „Alles klar.“ Sie hatte überlegt, ob sie ihm sagte, dass es eindeutig war, dass er mit den Gedanken nicht ganz da war, aber dann verwarf sie das. Würde bei Roland ja eh nichts bringen. Manchmal war er komisch. Aber das dachte er ja auch von ihr und Bert. So war es irgendwie schon wieder ausgeglichen. „Gute Nacht, Will.“, sagte sie beim Umdrehen und sah ihn noch einen Augenblick an, bevor sie in Richtung ihres Nachlagers ging. „Gute Nacht.“, gab er zurück und war fast schon wieder in Gedanken versunken. „Du kannst mir sagen, was du willst, aber er ist irgendwie komisch.“, sagte Phoebe zu Cuthbert, als sie ihre Sachen zusammen packten. Heute sollten sie in die Stadt hinein reiten und sich dem örtlichen Sheriff vorstellen. Vielleicht konnten sie eine Unterkunft bekommen oder zumindest aber die Erlaubnis, irgendwo hier ihre Zelte aufzuschlagen. Sie hatten mit Absicht schon ein paar Tage auf dieser seltsamen Fläche gerastet, um sicherzustellen, dass man sie bemerkte und erwarten würde. „Das ist er doch immer.“, gab Bert verständnislos zurück. „Nein, komischer.“, sagte sie. Dann legte sie die Stirn in falten. „Oder anders komisch… Komischer….“ Sie merkte selbst, dass sie das schlecht ausdrückte. „Anders komischer?“, fragte Bert amüsiert. „Ach, halt doch den Mund!“, murrte Phoebe genervt. Die letzte Nacht war mal wieder nicht sehr erholsam gewesen. Sie hatte kaum ein Auge zu getan. Immer wieder waren ihr die Ereignisse der letzten Wochen und Monate im Kopf rumgeschwirrt. Und das Rolands so komisch war, half auch nicht grade weiter. Aber war er das wirklich oder bildete sie sich das nur ein? Er war in Gedanken seit letzte Nacht, ja. Aber sie war das in letzter Zeit ja auch oft. „Also, das kann doch wohl nicht sein, dass du jetzt sauer auf mich bist.“, sagte Bert mit gespielter Empörung. „Du hast mich doch gefragt.“ „Ja, was hab ich mir nur dabei gedacht!“, maulte Phoebe. „Hör dir das an, Herr Wachposten. Siehst du, wie sie mich behandelt?“, sprach er wieder mit dem Vogeltotenkopf. „Fängst du jetzt gleich an zu weinen?“, fragte Phoebe mit gespieltem Mitleid. „Ich bin kurz davor.“, stimmte Bert tot ernst zu. Zum Schluss lachten sie doch wieder gemeinsam. „Jetzt mal ernsthaft, Bert. Ist er anders oder bild ich mir das ein?“, fragte sie mit einem Blick über die Schulter, ob Alain oder Roland in der Nähe waren. „Ich weiß nicht, da fragst du den falschen. Oder bin ich hier überall für meine Menschenkenntnis bekannt?“, antwortete er jetzt sogar fast ernst. „Hmm… Ich glaub, meine ist auch keine große Hilfe mehr. In letzter Zeit wittere ich nur noch Hinterhalte und Verrat. Ich werd langsam paranoid und du kannst mir glauben: das find ich echt scheiße.“, sagte Phoebe mürrisch. Seltsamerweise machte Bert jetzt keine Witze. Er hörte ihr aufmerksam zu. Das tat er immer, wenn Phoebe sprach, aber meistens merkte man ihm das nicht an. Jetzt sah er sie fast mitleidig an. „Du hast in letzter Zeit viel durchgemacht. Wir alle. Ist doch klar…“, sagte er. Trösten oder so was war nicht grad seine Stärke. Davor drückte er sich meist und überließ das Alain. Der hatte das echt drauf. Berts Stärke war es mehr, die Leute zu unterhalten, Witze zu machen. Aber wenn es Phoebe ging, dann konnte er sogar das. „Nein, ist es nicht!“, sagte sie. Sie hasste Mitleid, auch wenn es von ihren besten Freunden kam. Sie konnte diesen mitleidigen Ausdruck in seinen Augen nicht aushalten. Dann fühlte sie sich so klein und schwach und genau das wollte sie nie mehr sein. „Das kann doch nicht eine verdammte Ausrede für alles sein.“, sagte sie. „Was?“, fragte plötzlich Alain. Roland und er kamen mit den letzten Sachen wieder, die sie in der Nacht aufgehängt hatten. „Nichts.“, gab Phoebe zurück ohne aufzusehen. „Du hast grad was von Ausreden gesagt.“, hakte Alain nach. „Und? Brauchst du eine?“, fragte Phoebe. „Na, dazu haben wir doch Arthur.“, grinste er und nickte zu Bert. „Witzig, wahrhaftig.“, sagte dieser nur. Dann gab es einen gepfefferten Schlagabtausch zwischen Alain und Cuthbert, bei dem Phoebe immer wieder lachen musste, obwohl ihr doch eigentlich zum Weinen zumute war. Als alle Sachen gepackt waren, ritten sie los. Phoebe wollte gerade aufsatteln, da lief Bert an ihr vorbei. Er stand ganz nah hinter ihr und flüsterte in ihr Ohr: „Er ist wirklich anders.“, dann ging er zu Glue Boy, seinem Pferd rüber. Phoebe sah ihn vielsagend an, aber er tat so, als merkte er es gar nicht. Sie sattelte auf und musterte Roland. Hoffentlich ging er nur gerade durch, was er dem Sheriff erzählen würde, auch wenn sie das schon an die hundert Male getan haben. 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