Schlaflos von Cookie-Hunter (Der Albtraum endet nie...) ================================================================================ Kapitel 28: Let us talk ----------------------- Es war wieder ein Mal Freitag Mittag. Und gleich würde Akio wieder kommen, um das Wochenende mit seinem Vater zu verbringen. Wie schon schon an so vielen Wochenenden zuvor. Mit dem Unterschied, dass Toshiya heute noch nicht zu Hause war. Im Gegensatz zu Kyo. Schließlich sollte irgendjemand den Jungen in Empfang nehmen. Gerade bereitete er das heutige Mittagessen zu, als es auch schon an der Tür klingelte. Ein wenig nervös war er schon, denn diese Situation war für alle Beteiligten neu. Zumal auch keine Zeit gewesen war Akemi Bescheid zu sagen. Hoffentlich nahm sie den Kleinen nicht einfach wieder mit. Tief durchatmend ging er zur Tür, fuhr sich noch einmal durch Haare und Gesicht, dann öffnete er. Sofort wurde er von Akio angesprungen und fest gedrückt. „Ich freue mich auch, dich zu sehen, Akio-kun“, sagte Kyo und strich sanft über den schwarzen Schopf von diesem. „Wo ist Toshimasa?“, kam es misstrauisch von Akemi, die genau wusste, dass ihr Ex-Mann es sich sonst nicht nehmen ließ seinen Sohn in Empfang zu nehmen. Okay, die Stunde der Wahrheit war gekommen. Wie brachte Kyo ihr das jetzt am Besten bei? „Möchten Sie nicht vielleicht einen Moment hereinkommen, Akemi-san? Ich möchte Ihnen das jetzt nur ungern zwischen Tür und Angel erklären und muss auch noch ein Auge auf das Essen haben.“ Er trat einen Schritt zur Seite und lud sie mit einer Geste dazu ein, die Wohnung zu betreten, knabberte an seiner Unterlippe. „Onkel Kyo? Wo ist Papa?“ „Der... kommt etwas später. Aber er beeilt sich. Das hat er mir versprochen. Und es tut ihm auch sehr Leid, dass er jetzt nicht hier ist.“ Jetzt war es raus. Unsicher warf er einen Seitenblick zu der Mutter des Jungen. Er sah, wie sie die Augen aufgerissen hatte und zu irgendetwas ansetzen wollte, ihr aber noch nicht die passenden Worte einfielen. „Ach so“, meinte Akio und schlenderte, leicht geknickt zu seinem Zimmer. Kyo konnte es ihm nachfühlen. Schließlich wusste er, wie sehr die beiden ihre gemeinsame Zeit genossen. Er hörte, wie Akemi Luft holte, entschied, dass genau jetzt der beste Zeitpunkt wäre, um alles zu erklären. „Im Laden wurde eingebrochen.“ „...“ Es hatte gewirkt. Also am besten weiter erklären. „Als wir heute morgen zur Arbeit gingen, haben wir die Schaufenster zertrümmert vorgefunden. Und im Inneren ist auch einiges verwüstet worden. Die Kasse aufgebrochen. Wir können schon von Glück reden, dass da nicht allzu viel drin war. Es sind zwar in erster Linie nur Regale umgestoßen und alles quer über die Verkaufsflächen verteilt worden, aber es sind auch einige Instrumente kaputt gegangen. Teilweise auch entwendet, wie wir bei genauerer Untersuchung festgestellt haben. Und noch einiges mehr. Alles hab ich noch nicht gesehen. Nur haben Daisuke und Toshimasa dann erst Mal beschlossen, dass alle Angestellten wieder nach Hause gehen sollten, da wir den Laden so ja nicht betreiben können. Jetzt sprechen die beiden mit der Polizei und der Versicherung.“ Zum ersten Mal traute er sich ihr in die Augen zu sehen. „Deswegen bin nur ich hier. Tut mir Leid.“ Sie schüttelte den Kopf, war noch zu geschockt von dem, was sie da gerade gehört hatte. „Nein, nein. Schon gut.“ „Wenn ihnen trotz allem unwohl bei dem Gedanken ist, dass nur ich hier bin... Bleiben sie doch zum Essen. Ich hab eh zu viel gemacht. Dann können sie warten, bis Toshiya wieder zurück ist“, bot er ihr an. Er hasste es, bei ihr immer das Gefühl haben zu müssen der Staatsfeind Nummer 1 zu sein. Sie willigte zögernd ein und folgte ihm zur Küche, wo sie sich, noch immer ein wenig unter Schock, setzte und etwas abwesend vor sich hin starrte. Kyo überprüfte derweil den Inhalt seines Topfes. Heute stand Ramen auf dem Speiseplan. Noch richtig selbstgemacht. War noch alles in Ordnung. Nichts angebrannt, nichts verkocht. Er fügte noch das eben geschnittene Gemüse hinzu, ehe er das Essen wieder sich selbst überließ. Dann konnte er sich in der Zwischenzeit ja schon mal um den Tisch kümmern. Da gab er sich heute sogar noch ein wenig mehr Mühe. Zuerst Platzdeckchen, dann die Schüsseln und zum Schluss die Essstäbchen samt kleiner Bank zum Ablegen. „Darf- Darf ich Sie vielleicht etwas fragen?“, erkundigte Kyo sich und sah die hübsche Frau mit den langen, schwarzen Haaren an, die noch immer total geschockt dasaß. „Was denn?“, war ihre Gegenfrage, richtete ihren Blick auf den ihr, noch immer ein wenig suspekten, Mann. „Ich würde gerne wissen, warum Sie und Toshiya sich getrennt haben. Ihn brauche ich nicht fragen. Er verfällt dann immer in Schweigen und wird ganz melancholisch.“ Hatte er damit schon zu viel verraten? Vielleicht wollte Toshiya ja gar nicht, dass sie das von ihm wusste. „In den Scheidungspapieren habe ich unüberbrückbare Differenzen angegeben. Dabei habe ich nur gemerkt, dass er nicht mehr so glücklich war, wie zu Beginn unserer Beziehung war. Durch Akio hatte sich das alles noch einmal gebessert, aber es war einfach, dass ich merkte, wie er Jahr für Jahr immer mehr das Glänzen in seinen Augen verlor. Ehrlich gesagt... ich dachte, dass es an mir liegt. Dass er mich nicht mehr will und wir uns statt anzuschreien nur an schweigen würden. Was bei Weitem grausamer ist. Aber selbst nach der Scheidung kam es nicht zurück.“ Sie wischte sich ein paar Tränen aus den Augenwinkeln. Es fiel ihr bestimmt nicht leicht das zu erzählen, wobei Kyo sich schon etwas über ihre Ehrlichkeit wunderte. „Bis... Es ist wieder da. Kommt langsam zurück. Seit ein paar Monaten.“ Hatte sie ihren Kopf bisher gesenkt, sah sie ihm nun eindringlich ins Gesicht. „Seit Sie wieder da sind.“ Das kam doch etwas überraschend für Kyo. Grübelnd stand er auf, rührte das Essen ein paar Mal um. „Danke, dass Sie so offen zu mir sind.“ Er stellte den Herd aus und den Topf auf den Tisch, wo er in jede Schüssel etwas von der Nudelsuppe tat. „Tut mir Leid, dass ich so unhöflich zu Ihnen war. Ich hatte damals nur-“ „Angst. Ich weiß. Hätte ich an Ihrer Stelle auch gehabt.“ Damit war es für ihn erledigt. Schließlich war er ihr nie böse gewesen, wegen ihres Verhaltens. „Gäbe es... Wäre es vielleicht möglich, dass sie beide wieder zueinander finden?“, fragte er und garnierte jede Portion mit ein wenig zusätzlichem Grün. „Ich würde es mir wünschen“, flüsterte Akemi und sah traurig auf ihre Schüssel. Im Gegensatz zu ihr glaubte Kyo jedoch mehr daran, dass es funktionieren würde. Es gab noch eine Chance für diese kleine Familie. Schnell holte er Akio noch zu Tisch, bevor das Essen kalt wurde. „Itadakimasu“, kam es von jedem, ehe sie mit der Mahlzeit begannen. Akio erzählte von der Schule und was er diese Woche so alles erlebt hatte und was er dieses Wochenende gerne mit seinem Papa machen wollte. Und seinem Onkel. Viel zu viel jedenfalls für nur 2 1/2 Tage. Als er hörte wie die Haustür geöffnet wurde, sprang er mit einem freudigen: „Otou-san“, vom Tisch auf und rannte zu dem vermissten Elternteil. Auf Kyos Lippen legte sich ein leichtes Lächeln, als er die glücklichen Stimmen aus dem Hausflur vernahm. Ja, Toshiya liebte seinen Sohn. Liebte ihn über alles. Das konnte man spüren. „Ich sollte vielleicht besser gehen“, murmelte Akemi, aber Kyo wehrte ab. Toshiya würde sicher nichts dagegen haben, dass sie noch ein wenig blieb. Außerdem hatte sie ja noch gar nicht aufgegessen. Und für Akio wäre es sicherlich auch mal wieder schön ein wenig Zeit mit beiden Elternteilen zu verbringen. Ein Argument, dass sie überzeugte. Später am Abend, nachdem Toshiya seinen Sohn endlich zu Bett gebracht hatte, setzte er sich zu Kyo aufs Sofa, der sich gerade gelangweilt durch das Programm zappte. „Sag Mal.“ „Hm?“ „Wie hast du es eigentlich geschafft, dass Akemi so nett zu dir war? Nicht, dass sie sonst jemand wäre, der alles und jeden gleich mit einer kalten Schulter behandeln würde, aber ihr hattet ja nun keinen Traumstart.“ Das Treffen hatte er auch noch allzu lebhaft in Erinnerung. Von den Folgen ganz zu schweigen. „So ist das nun Mal mit Meinungen: Sie können sich ändern.“ Er warf Toshiya ein Lächeln zu. „Wir haben uns heute einfach ein wenig unterhalten. Jetzt verstehen wir uns besser. Ist doch gut so, oder?“ Ein Gähnen unterdrückend stand er auf, drückte seinem Freund die Fernbedienung in die Hand. „Ich geh schlafen. Wir haben ja morgen mit den ganzen Aufräumarbeiten einiges zu tun.“ Lächelnd klopfte er dem anderen auf die Schulter, wünschte ihm eine 'Gute Nacht', ehe er ins Badezimmer ging und sich die Zähne bürstete. Er dachte noch mal an das Mittagessen zurück. Wie sehnsüchtig Toshiyas Blick doch geworden war, nachdem er sich kurz darüber gewundert hatte, dass seine Ex-Frau zum Essen geblieben war. Aber er hatte sich gefreut. Von ganzem Herzen. Er selbst hatte die Beiden in aller Ruhe reden lassen. Das war der erste Schritt, um sich wieder anzunähern. Währenddessen hatte er sich mit dem Abwasch beschäftigt und kontrolliert, ob Akio sich bereits an seine Hausaufgaben gesetzt hatte. Kyo musste lächeln, als er daran dachte, dass die beiden zwei Stunden in der Küche gesessen und einfach nur geredet hatten. Diese Beziehung hatte definitiv noch eine Chance. Vor allem eine verdient. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)