Schlaflos von Cookie-Hunter (Der Albtraum endet nie...) ================================================================================ Kapitel 10: Hope ---------------- Kapitel 10: Hope „Mensch, Kaoru. Jetzt glaub mir doch“, schmollte Die in sein Telefon. Er hatte es sich nicht verkneifen können den Älteren nach Feierabend an zu rufen. Dafür war die Nachricht einfach zu brisant, die Neuigkeit zu atemberaubend, zu heiß, als dass er sie für sich hätte behalten können. Seine Verlobte stand Augen rollend am Esstisch, wartete darauf, dass sich ihr Liebling setzte und mit ihnen zusammen zu Abend aß. „Er hat gesungen. Kaum hatten Toshiya und ich angefangen 'Kodou' zu spielen hat er sich an den Text erinnert und ihn gesungen. Das war so...so... du hättest dabei sein müssen. Du und Shinya. Es war ein bisschen so, als wäre er nie weg gewesen.“ „Dai-chan, würdest du bitte zum Essen kommen.“ „Einen Moment noch, Schatz. Das hier ist wichtig.“ Zumindest aus seiner Sicht. Aber wie er bei Kaoru hören konnte, war er gerade nicht der Einzige, dem es so ging. „Kyo muss unbedingt wieder hinters Mikro. Da gehört er einfach hin. So wie wir an unsere Instrumente. Hab ich recht oder hab ich recht?“ „Du hast recht“, erwiderte Kaoru und murmelte noch: „Ausnahmsweise.“ „Hey!“ „Aber was, wenn er das noch nicht will? Wenn es noch zu früh ist? Ich weiß, im Restaurant hat er gesagt, dass er gerne wieder mit uns zusammen Musik machen würde, aber er ist schließlich noch nicht mal eine Woche wieder bei uns. Ich will ihn nicht überfordern.“ Dabei kribbelte es ihm doch so in den Fingern und am Liebsten hätte er sich jetzt sofort mit seinen Freunden irgendwo verschanzt und gespielt, bis Blut über die Saiten seiner Gitarre gelaufen wäre. So begierig war er darauf. Aber er hatte auch unheimliche Angst, den guten Freund damit zu verschrecken. Wenn sie plötzlich so große Erwartungen in ihn setzen würden, dann würde Kyo unter dem Druck zusammenbrechen. Dabei sollte der Jüngere doch erst einmal wieder ein ganz normales Leben führen und sich seinen Weg in einen geregelten Alltag bahnen. Er sollte zudem auch erst einmal selbstsicherer werden und lernen sich selbst wieder zu akzeptieren. „Wir können das noch nicht wieder von ihm verlangen. Er soll von selbst auf uns zukommen. Dann ist es kein Zwang für ihn und es wird auch ihm wieder Freude bereiten.“ Jedoch war Die ganz anderer Meinung: „Aber Kaoru. Wenn wir darauf warten müssen, bis er das von sich aus vorschlägt, dann vergehen vielleicht noch Wochen oder Monate, so wie der sich noch zurückhält. Ich will aber jetzt spielen. Ich will 'Dir en Grey' zurück haben! Ich-“ „DIE!“, fauchte Kaoru ihn an. „Du glaubst doch nicht allen ernstes, dass es uns Dreien anders geht, oder? Verdammt, du weißt genau wie mir das Spielen fehlt. Dass es auch mir nicht reicht, wenn wir uns nur alle paar Monate zusammensetzten. Aber lass Kyo einfach seine Zeit. Die hat er schon immer gebraucht, erinnerst du dich? Es gibt noch ein paar Dinge in seinem Leben, mit denen er fertig werden muss. Kyo muss erst lernen in dieser Welt wieder Fuß zu fassen, bevor wir daran denken können ihn mit unseren Wünschen zu belagern.“ „Er hat gefälligst zu wollen!“, rief Die trotzig und schmiss missmutig den Hörer auf die Station. Kaoru seufzte einmal tief auf. Er konnte den Jüngeren ja verstehen. Seit Kyos Anruf an seinem Geburtstag wünschte er sich nichts sehnlicher zurück als die gute alte Zeit. Ein ganz kleines bisschen sogar die Zeit, bevor sie berühmt geworden waren. Mit einem entschuldigenden Lächeln begab er sich zum Esstisch, wo er seiner Frau einen Kuss auf die Wange gab. „Was war denn so wichtig?“, fragte Itoe auch gleich nach. Musste schließlich ein triftiger Grund sein, wenn der gute Freund ihres Mannes um diese Zeit anrief und Kaoru auch noch so aufwühlte. „Ist etwas mit Kyo-san?“ Vielleicht war diesem ja etwas zugestoßen. Sie kannte den Sänger nicht persönlich, hatte aber über die Jahre gemerkt, dass er Kaoru sehr am Herzen lag. Wie ein Bruder. „Wie man es nimmt“, antwortete er ihr und nahm dankend die Reisschüssel entgegen. „Kyo hatte heute seinen ersten Arbeitstag bei Daisuke und Toshiya im Laden. Und kurz vor Feierabend haben die beiden noch ein wenig gespielt. Eines von unseren Liedern, woraufhin Kyo angefangen hat zu singen. Weißt du, seit fast sechzehn Jahren habe ich nicht eine Note von ihm gehört. Und ich vermisse das Band-Leben ein Stück weit...“ „Ich weiß“, sagte Itoe und legte ihm verständnisvoll eine Hand auf den Unterarm, welche Kaoru gleich mit seiner Hand bedeckte. „Ich wäre gerne dabei gewesen.“ „Ich kann dir doch was vorsingen, Papa“, ertönte es von einem kleinen Dreikäsehoch. Kaoru schmunzelte: „Danke, Prinzessin, aber es wäre nicht das Gleiche. Verstehst du?“ Das kleine Mädchen, mit den niedlichen Zöpfen rechts und links an ihrem Kopf, fing an zu schmollen. Sie konnte doch so viel besser singen, als irgendwer sonst. Kaoru nahm einen Bissen, konnte aber nicht verhindern, dass ihm ein weiterer Seufzer über die Lippen kam. „Was bedrückt dich, Liebling?“, hakte Itoe mitfühlend nach. „Ich mache mir Sorgen. Die kann manchmal so übermütig sein und ich will nicht, dass er alles nur verschlimmert. Schließlich ist Kyo vieles, aber nicht einfach. Er baut sich gerade erst wieder ein Leben auf, da soll ihn niemand unter Druck setzen etwas zu tun, was er vielleicht nicht möchte.“ Einen Moment legte sich Schweigen über den Tisch, ehe Itoe das Wort ergriff: „Aber er ist doch Sänger, nicht wahr? Ist es dann nicht das Wichtigste für ihn zu singen?“ Dies brachte ein Schmunzeln auf Kaorus Lippen. „Ich bin ja derselben Ansicht. Dennoch sollte er selbst diesen Wunsch haben. Ich mag den Gedanken nicht jemanden zu etwas zu zwingen. Gerade ihn nicht.“ „Auch, wenn das vielleicht dazu dienen würde, dass diese Person ihr Glück findet?“, fragte sie und hielt ihre Tochter gerade so davon ab, ihr Essen aus Trotz durch die Gegend zu werfen. Moe konnte es wirklich nicht haben, wenn sie nicht im Mittelpunkt stand. Typisches Verhalten eines Einzelkindes. Kaoru und sie hätten wirklich strenger bei der Erziehung sein sollen. Sie freute sich jetzt schon auf die Pubertät und die damit verbundenen Nervenaufreibenden Momente. Ihr Mann zuckte einfach nur mit den Schultern. Eigentlich hatte er mit 'Ja' antworten wollen, doch im selben Moment war ihm bewusst geworden, wie töricht es gewesen wäre. Ein Teil dachte nun einmal, dass es Kyo wirklich glücklich machen würde, wenn er wieder singen konnte. Das hatte es schon immer gemacht und dass sich daran etwas geändert hatte bezweifelte er. Andererseits glaubte er an die Worte, die er sagte. Dass der Jüngere eben einfach seine Zeit brauchte. „Ich bin jedenfalls gespannt, wie lange es dauern wird.“ In einem anderen Teil Tokyos... Toshiya saß mit seinem Sohn im Wohnzimmer und half ihm bei einer Schullektion, mit der dieser seine Schwierigkeiten hatte. Vorher hatte er sich selbst zwar erst ein wenig hineinarbeiten müssen, aber er versuchte sein Bestes, um seinem Jungen zu helfen. Sein Mitbewohner war jedoch gleich nach dem Abendessen im Gästezimmer verschwunden und wollte scheinbar auch nicht gestört werden. Wie immer, wenn dich der Ältere in seine 4 Wände zurück zog. Das kannte der Bassist ja noch von früher. Abwesend starrte Kyo aus dem Fenster. Er hatte den Stuhl, der für seine Kleidung gedacht war, wenn er sich umzog, davor gestellt und sich darauf niedergelassen, die Füße ganz nah an der Heizung. Auf seinem Schoss lag sein Buch, in welchem all die alten Texte drin standen, die er geschrieben hatte. So auch 'Kodou'. Er hatte ihn sich nochmal durch gelesen. Es hatte gestimmt. Bis zur letzten Silbe hatte er alles richtig in Erinnerung behalten und am Nachmittag wiedergegeben. Nach all den Jahren hatte er den Text immer noch auswendig gekonnt. Als Dai und Toshiya angefangen hatten zu spielen, als er die ersten Töne der Melodie gehört hatte, da hatte es in seinem Kopf einfach 'Klick' gemacht. Wie früher, wenn sie einen Auftritt hatten und er jedem Lied sein ganzes selbst gewidmet hatte. Und dann war da noch dieses Gefühl gewesen. Dieses Gefühl von...daheim. Es war so schön gewesen. So vertraut. Ob er es noch einmal haben würde, wenn er sang? Nur was? Kyo wandte seinen Blick von dem Fenster ab und dem kleinen schwarzen Buch zu. So viele Zettel hatte er raus gerissen und noch weit mehr wieder dazu geklebt und geheftet. Alle voll mit Ideen, Texten. Voll mit Gefühlen, die er einst gehabt hatte. Wahllos schlug er das Buch auf, las die ersten Zeilen. 'Drain Away'. Danach schlossen sich seine Augen wieder und er sagte den Rest aus dem Gedächtnis auf. Es schien allerdings mehr als würden sie eher aus seinem Herzen, als aus seinem Kopf kommen, so verbunden fühlte er sich mit ihnen. Aber noch zögerte er dem ganzen eine Melodie zu geben. Zu unsicher war er sich noch. Das übernahm seine Stimme jedoch von ganz allein. Und so saß er in dem Zimmer und füllte es mit seinem noch unsicheren, doch immer stärker werdenden Gesang. Kyo fühlte sich in der Zeit zurück versetzt und während er den traurigen Text sang fühlte er sich dennoch so glücklich, dass sich ein leichtes Lächeln bei ihm zeigte. Ohne sein Wissen stand Toshiya vor der Tür, der sich im Moment ähnlich glücklich fühlte. Eigentlich hatte er ins Bad gewollt, kam aber nicht drumrum anzuhalten, als er den leisen Gesang hörte. Er schlich zurück ins Wohnzimmer und schnappte sich sowohl Telefon als auch Handy und ging damit wieder zu Kyos Zimmer. Mit dem einen wählte er Kaoru an, mit dem anderen Shinya. Schließlich sollten die beiden auch mal wieder in den Genuss dieses Gesanges kommen. Hoffentlich gingen sie schnell ran, denn der Kleine hatte schon mehr als die Hälfte des Liedes hinter sich. Shinya sah verwundert auf. Niemand rief Samstagabends bei ihm an. „Entschuldigt mich“, meinte er und begab sich in den Flur zum Telefon. Eigentlich eine Unverschämtheit ihn gerade jetzt zu kontaktieren. Schließlich gehörte das Wochenende von Samstagabend bis Montagmorgen nur seiner Familie und er schaute sich gerade mit seiner Frau und den Kindern einen Film an, den die Kleinen hatten aussuchen dürfen. Nebenbei wurde gekuschelt. Und während dieser Zeit wurde er nur ungern gestört. Dafür war ihm diese Zeit einfach zu wichtig. Das wussten alle, die ihn kannten. Einzige Ausnahmen waren Geburtstagsfeiern, so wie seine am morgigen Tag. Trotzdem wunderte es ihn schon sehr, dass er Toshiyas Namen auf dem Display lesen konnte. „Hallo Toshiya“, begrüßte er den Anderen mit einem leichten Seufzer. Er wollte eben bei seiner Familie sein. Allerdings verwunderte und verstimmte ihn, dass er keine Antwort erhielt. Gerade wollte er noch mal nachhaken, als er Gesang vernahm. Es war leise, aber Shinya würde diese Stimme unter vielen anderen heraushören. Genießend schloss er die Augen und lauschte. Wie versteinert saß Kaoru am Tisch und starrte ins Leere. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht ans Telefon zu gehen, nach dem klingeln. Seinem Gefühl nach war es Toshiya, der versuchte ihn zu erreichen und mit einer großen Wahrscheinlichkeit das selbe erzählen wollte wie Die. Aber ohne ihn. Wozu gab es schließlich Anrufbeantworter. Als dann jedoch dieser Gesang ertönte... Es war noch nicht so kräftig wie früher. Bei weitem nicht und noch fehlte die alte Sicherheit, dennoch war es ihm so vertraut. Gab es vielleicht wirklich noch Hoffnung für 'Dir en Grey'? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)