Hide and Seek von Grave ================================================================================ Kapitel 3: 3 ------------ Die Nacht war wieder erfüllt von unruhigem hin und her Wälzen. Schlaf wechselte sich mit kaltem Erwachen ab. Seine Gedanken im Kopf rasten, überschlugen sich. Irgendwann, es war dunkel, auf die Uhr zu schauen sparte er sich, schlug er das Laken zurück und setzte seine Füße auf den kühlen Parkett Boden. Er musste irgendwas tun. Noch eine Sekunde hier länger liegen bleiben, schien unmöglich. Unweigerlich kam er an der Couch vorbei. Der Fernseher flackerte lautlos im Hintergrund und ließ Schatten im ganzen Loft tanzen. Auch wenn er nicht wollte, blieb er doch an der Rückenlehne stehen und blickte hinab auf Brandons schlafende, zusammengerollte Gestalt. Bitter verzog sich sein Mund. Er konnte die Gefühle nicht genau einordnen, die in seinem Magen aufkeimten. Nur merkte er, wie sich seine Gesichtszüge entspannten und er beinahe mit einem tiefen Bedauern auf Brandon hinab schaute. Nicht ein Wort hatte er darüber verloren, was in diesen zwei Jahren geschehen war und langsam bekam Cole den bösen Verdacht, dass es damit mehr auf sich hatte. Er hatte vermieden darüber nachzudenken, warum Brandon gegangen war. Aus Langeweile, aus einer Laune heraus – wenn, dann hatte er es immer mit verbitterten, leichtfertigen Gründen abgeschoben. Fakt war: Brandon hatte sich verändert. Nicht nur äußerlich. Die kurzen Haare, die er sonst doch immer bevorzugt hatte länger zu tragen, schon immer blass, doch jetzt wirkte er manchmal durchscheinend und jetzt, wo der Fernseher tiefe Furchen in sein Gesicht zog, wurde ihm noch einmal deutlich vor Augen geführt wie mager Brandon war. Jetzt, selbst im Schlaf, verfiel nicht der dunkle Schatten, der um seine Augen lag. Unbewusst war er ein paar Schritte näher an die Rückenlehne heran getreten. Mit der Hand stützte er sich an dem weichen Stoff ab, ballte die Hände zu Fäusten. »Wieso?«, formte er beinahe lautlos. Die Wut vom Mittag war in dem Moment verschwunden, als er so auf ihn hinabsah. Was verschwieg er ihm? Als ihn plötzlich grüne Augen entgegen sahen, wandte er sich beinahe beschämt ab und setzte endlich seinen Weg fort in die Küche. Sofort bemerkte er die leichten Schritte hinter sich. Ohne etwas zu sagen, zog er zwei Wassergläser aus dem Schrank und öffnete den Kühlschrank. Mit einem kleinen Kopfnicken nahm Brandon das Glas entgegen, nippte kurz daran und war dann schon wieder drauf und dran zurück zur Couch zu wander. »Ich gebe dir noch einen Monat.« Mit hochgezogener Augenbraue drehte sich Brandon um. »Was?« »Du hast mich verstanden.« Die Arbeitsplatte war interessanter als das Gesicht des anderen. Nicht, dass er ihm auswich, nur er vertraute sich nicht mehr selber. Am Ende würde er es zu schnell bereuen. »Ein Monat. Such dir eine Wohnung. Such dir einen Job. Genau ein Monat und du bist draußen.« Das kleine Lächeln war deutlich in Brandons Stimme zu hören. »Du gibst mir immer wieder eine Chance.« »Und du weißt immer wieder nicht, wann du besser die Klappe halten solltest.« Mit einem lauten Klirren stellte donnerte er das Glas auf die Platte. „Hör mir gut zu: Ich weiß nicht, was du hier willst. Ich weiß nicht warum du einfach so wieder auftauchst. Ist mir auch egal. Ich will dafür keine Erklärung. Es geht mich nichts an…genauso wie es dich nichts angeht, was ich tue.« - Obwohl er noch nicht einmal den Schlüssel in die Tür gesteckt hatte, hörte er schon von innen zwei Stimmen. Die eine davon eindeutig Coles und die andere eben so bekannt. Der sarkastische, abfällige Unterton, das ausgewählte Vokabular, das humorlose Lachen. »Wann kann ich dann zur Hochzeit kommen?« »Gott, fang nicht wieder damit an.« »Nein, ich mein ja nur. Wenn ihr euch schon so einrichtet, dann muss du doch was Längeres vorhaben.« »Ich habe gar nichts vor.« »Cole, Cole...denkst du nicht-?« »Ich denke gar nichts!« Alles in ihm verkrampfte sich und lieber hätte er die Tür wieder zugeschlagen anstatt reinzugehen. Sofort schwiegen die beiden, als er eintrat. Kurz sah er Cole an, der ihm auswich und aus dem Fenster schaute. »Brandon! Ich wollte mir mal euer neues zu Hause anschauen.« Riley Delayn. Schon seid ihrer Schulzeit konnte er ihn nicht leiden. Er gehörte zu der Sorte Mensch, die dich vorne herum Anlächeln und hinter ihrem Rücken ein Messer verstecken. Undurchsichtig und Hinterhältig und zu allen Mitteln fähig. Bis heute Verstand Brandon nicht genau, was Cole an Riley so mochte, genauso umgekehrt. Trotzdem waren sie seit ihrer Kindheit miteinander befreundet und verstanden sich bis heute. »Danke schön.«, brachte er verkrampft hervor und ließ langsam seine Tasche von der Schulter sinken. »Obwohl das Lob hier wohl eher Cole gehört.«, setzte er langsam nach. Tief atmete er durch. Es war klar, dass das hier nicht ein Anstandsbesuch war sondern mal wieder einer von Rileys Kontrollgängen. „Ich dachte du wärst hier um dir die scheiß Wohnung anzugucken und nicht um Cole wieder irgendeinen Mist einzureden?“ Amüsiert lachte Riley auf und verschränkte die Arme. »Wie kommst du jetzt darauf? Seid wann lässt sich Cole den etwas von mir sagen? Sieht man doch jetzt deutlich.« »Was willst du damit sagen?« »Ich will damit lediglich sagen, dass wenn er auf mich hören würde gar nicht erst mit dir zusammen gezogen wäre, nichts weiter.« Darauf konnte Brandon nicht anders als rot sehen. Es dauerte nur einige Sekunden bevor er Riley am weißen Hemdkragen packte. »Behalt deine überflüssigen Kommentare für dich! Es interessiert keinen, was du zu sagen hasst! Ich könnte dir so die Fresse polieren-« »Darin warst du immer gut, nicht? Drohen, Prügeln-« »Riley!« Entschieden wurde Brando, trotz Protest und Gegenwehr – denn Gott er brauchte die Genugtuung ihm sein dummes, selbstgefälliges Grinsen aus dem Gesicht zu wischen - von dem Jüngsten im Raum weggezogen. »Verschwinde!« Angewidert verzog dieser die Nase und richtete sich wieder den teuren Stoff. Doch in den goldbraunen Augen funkelte Still der Triumph, den Sieg, den er immer haben würde. Doch er sagte nichts mehr, holte nur noch seine Jacke und ging. »Lass mich los verdammt!« Ruckartig riss er sich von Cole los und ging auf Abstand. »Muss das jedes Mal sein?!« »Was bitte?« Fassungslos starrte er den anderen an. »Immer dasselbe. Langsam wird es peinlich.« »Er hat mit der scheiße angefangen, er ist derjenige der immer wieder kommt und dir irgendeinen Bullshit erzählt!« »Und du lässt dich immer wieder provozieren.«, gab Cole kühl zurück und verschränkte die Arme. »Wie zwei eifersüchtige Idioten.« »Das hat nichts mit Eifersucht zu tun!« Und hatte es doch. Jedes Mal, wenn er Riley sah, spielte ihm seine Fantasie einen Streich und er sah die beiden, so wie er Cole mit keinem mehr sehen wollte. »Er ist ein verdammtes, arrogantes Arschloch und ich will ihn hier nicht mehr sehen!« »Das hast du nicht allein zu entscheiden!« »Das ist meine Wohnung!« »Und meine falls du das schon wieder vergessen hast!« Damit wandte sich der Jüngere ab, murmelte etwas, dass Brandon nur halb verstand. »Was hast du gesagt?!« »Wenn du dich so benimmst, dann möchte ich ihm fast Recht geben.« Der Zusammenprall von Haut auf Haut, Knochen auf Knochen, Fleisch auf Fleisch hallte in seinen Ohren unglaublich laut wieder. »Du hast keine Ahnung. Du hast keine beschissene Ahnung.« Graue Augen sahen ihn an, in ihnen eine dunkle, tiefe Wut, die ihn beinahe zurück schrecken ließen. Grob packte ihn Cole, presste ihn gegen die nächste Wand und sah kalt auf ihn hinab. Es sah so aus als wollte er etwas sagen oder ebenso einfach auf ihn einprügeln. Brandon wusste nicht, was ihn in diesem Moment zurück hielt. Doch er drehte sich um und ging einfach. Wie so oft. Und das waren Momente, in denen er Cole hasste. - Wieder eine Woche verging und es war diese Woche, in der er begann, Brandon genauer zu beobachten. Nicht beobachten, wie bei jedem Schritt mit den Augen verfolgen, aber doch, dass ihm Gewohnheiten auffielen. Und es fielen ihm immer mehr Dinge auf, die ihn die Stirn runzeln ließen. Er hatte gesagt, dass es ihn nichts anging und er sich nicht dafür interessiere was Brandon tat, aber ihn bei sich wohnen zu haben machte es fast unmöglich wegzuschauen. Wenn Brandon nicht seinen Laptop auf den Schoß hatte oder überhaupt gar nicht da war, dann schlief er. Obwohl er nichts tat, was die stände Müdigkeit rechtfertigen würde. Die dunklen Schatten unter den grünen Augen - oft so abwesend, oft so erschöpft -blieben, wurden eher tiefer, als dass sie sich verzogen. Cole wusste zwar nicht, was er tat, wenn er das Loft verließ oder er selber arbeiten war, aber es passte einfach nicht zusammen, wie er es auch drehte und wendete. Doch er sagte nichts. Schwieg. Weil er die Sorge, die er vielleicht empfand einfach ignorieren und abschalten konnte. Es war nicht so, als hätte er nicht genug Probleme. Er war alleine vor seinem PC und seinem Skizzenblock, als es an der Tür zum Loft klopfte. In die Arbeit vertieft, wollte er es einfach ignorieren, als es aber noch nach zehn Minuten anhielt, raffte er sich auf. Brandon konnte es nicht sein, schon nach einer Woche hatte dieser den Schlüssel zurück erhalten, den er vor seiner Abreise ohne Zettel, ohne Nachricht, beinahe als endgültiges Lebewohl und nicht als Auf Wiedersehen, zurück gelassen hatte. Vor seiner Tür überraschte ihn jemand, mit dem er nicht gerechnet hatte. Dunkle, vorwurfsvolle braune Augen starrten ihm entgegen. »Seid wann ist er wieder da?« »Komm erstmal rein.« Mit einem genervten Seufzen wandte sich Cole von der Tür ab und machte Riley Platz um hinter ihm zu folgen. »Seid wann ist er wieder da?«, fragte er erneut, nachdem er seinen Trenchcoat abgelegt hatte und sich neben Cole aufs Sofa setzte. Vom Fernsehtisch nahm er die Zigaretten und zündete sich eine an. »Seid einem Monat ungefähr.« Was sollte er schon groß um den heißen Brei herum reden? Riley war jemand, den er noch nie gerne angelogen hatte. Meistens fand er es sowieso raus und was würde es ihm schon bringen? »Seid einem Monat und du kommst nicht auf die Idee mich anzurufen?« »Du warst in New York auf Geschäftsreise.« Und um ehrlich zu sein, hatte er nicht einmal im Entferntesten daran gedacht seinem besten Freund Brandons Ankunft mitzuteilen. Am besten wäre es eh gewesen, wenn er es nicht erfahren hätte. »Ich bin seid zwei Tagen zurück!« Riley klang aufgebracht. Sein Ton erinnerte Cole gerade zu sehr an den einer vernachlässigten und betrogenen Ehefrau. Ihm standen solche Gefühlsausbrüche gar nicht. »Bin ich dir darüber Rechenschaft schuldig?«, fragte er in einem ebenso patzigen Ton nach, genau in dem Ton von dem er wusste, dass Riley ihn gar nicht leiden konnte. Genau das bekam er auch gleich bestätigt als sich blonde Augenbrauen wütend zusammenzogen. »Ich weiß nicht. Musst du mir erzählen, dass dein egoistischer Ex wieder zurück ist, nachdem er sich zwei Jahre nicht gemeldet hat und du Monate lang unerträglich für jeden Anwesenden warst? Ich hab keine Ahnung, Cole, sag dus mir!« »Woher sollte ich denn wissen, dass er wieder da ist?«, konterte er kühl. »Gott, Cole, ich weiß, dass er wieder bei dir wohnt! Ich hab nämlich mit ihm geredet, als ich ihn vor dem Krankenhaus getroffen habe.« Ab dem Punkt wurde er hellhörig. Zum ersten Mal wandte er sich Riley zu. »Krankenhaus?« »Ich war meinen Vater besuchen.« »Nicht du. Er! Was will er im Krankenhaus?« Rileys Wut schien abzuebben. Mit der gleichen Skepsis sah er ihm entgegen. »Das wollte ich dich eigentlich fragen.« Er wusste nicht, was er davon nun denken sollte. Betreten sah er zur Seite und nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. Brandon im Krankenhaus. In seinem Kopf ratterte es. Ein weiteres Puzzel Teil, das erstaunlich gut in das Bild passte, das sich langsam in seinem Kopf zusammenfand. Doch noch fehlte was, noch fand er nicht die Antwort auf seine Frage. Kühle Finger an seiner Wange rissen ihn los aus seinen Gedanken. Automatisch sah er wieder den Mann vor sich an. »Warum wohnt er wieder hier?« Natürlich, das war das einzige, was Riley interessierte. Und eine weitere Frage, die er nicht beantworten konnte. »Noch drei Wochen und er verschwindet.« »Was siehst du in ihm?« Aufgebracht zog Cole seinen Kopf zurück. »Diese Unterhaltung ist hier und jetzt beendet!« Er würde jetzt nicht auf die verdammte gefühlsduselige Schiene kommen. Rede über deine Gefühle, Dinge eingestehen, die er nicht konnte – zum Teufel mit dem Scheiß. »Ich hasse diesen Satz und ich möchte nicht anfangen, wie in jedem schlechten Film, der jemals gedreht wurde, aber…du hast was Besseres verdient. Nichts besseres, aber zumindest etwas anderes.« Man sah Riley deutlich an, durch die leicht gerümpfte Nase und den verzogenen Mund, dass es ihm ebenfalls nicht schmeckte so etwas zu sagen. Wieder hatten beide seine Hände Coles Gesicht gefunden. Für ein paar Sekunden herrschte Schweigen zwischen ihnen. »Und das bist du?«, fragte Cole spöttisch nach. Der Schmerz stand deutlich in Rileys Augen geschrieben, flackerte dort kurze Zeit auf, bevor er wieder verschwand. Es war gemein von ihm diese Karte auszuspielen, da er genau wusste, was Riley für ihn empfand und das obwohl er mittlerweile verheiratet war. Er wusste wirklich nicht, was der andere in ihm sah oder warum er gerade von der misanthropischen Seite Rileys verschont blieb. Aber er war zu egoistisch um die Freundschaft zu beenden. Genauso wie er zu egoistisch dafür war, Riley davon abzuhalten ihn zu küssen und seine Hände unter sein Shirt wandern zu lassen. Er hatte es gelassen als Brandon noch bei ihm war und sie sowas wie ein Paar waren. Dabei hatte er sich auch nie viel gedacht, da er Riley eh kaum gesehen hatte, ab dem Zeitpunkt als sich Brandon und er ein Dach teilten. Nachdem Brandon allerdings verschwunden war, wurde ihm wieder klar, welchen Bonus die Freundschaft mit Riley hatte. Unkomplizierter Sex. Ohne Probleme, ohne Verantwortung. Er liebte es, wie hungrig der Jüngere nach ihm war, wie verdammt darauf bedacht ihm zu gefallen und zu befriedigen. Genauso wie er den wohlbekannten, sicheren Geschmack von Riley auf der Zunge und wie sein Körper unter ihm erbebte, liebte. Die Kleider waren schnell gefallen, genauso wie Riley schnell seinen Platz auf Coles Schoß fand, mit Lippen und Zähnen seine Halsbeuge bearbeitete , während er leise seinen Namen flüsterte. »Warum vergisst du ihn nicht endlich?« Es war nur ein leises entferntes Hauchen und er war sich noch nicht einmal sicher, ob er ihn wirklich verstanden hatte. Und wäre er nicht zu atemlos von der heißen, wohligen Enge, die ihn umschloss, dann hätte er vielleicht geantwortet Ich weiß nicht. So küsste er nur den weichen Mund, streichelte über die schlanken Hüften, die sich von ihm hoben und auf ihn hinab sanken in einem delikaten Rhythmus, der ihn vergessen ließ. Er wusste es wirklich nicht. Ein Wort und er könnte Riley haben und er wüsste, dass er damit mehr als nur glücklich werden würde. Aber es würde ihn wohl nicht verlassen. Nicht die grünen Augen, die ihn gefangen halten konnten für zu lange Zeit. Er, der ihn schwindeln ließ und ihn herausforderte. Er, der bald wieder fort sein würde. Diesmal für immer. Für immer schien eine verdammt lange Zeit zu sein. --- Ich bin keine Kommentarhure, wirklich nicht, aber ein bisschen Feedback macht jeden Autor glücklich! Hir kam außerdem ein neuer Charakter vor: Riley, der gute beste Freund von Cole, der mir sehr am Herzen liegt und im Grunde der Charakter meiner lieben Freundin Langley ist. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)