Quo vadis? von cooking_butty ================================================================================ Kapitel 8: ¡Toquemos! --------------------- Die nächsten vier Wochen vergingen relativ schnell und ohne besondere Vorkommnisse. Da die Chemo anders eingestellt worden war, wuchsen sogar Farins Haare wieder – die Chancen, dass er die Ärzte-Konzerte nicht kahlköpfig spielen musste, standen also nicht schlecht. Zwar waren sie nun, aufgrund der Behandlung, etwas dunkler und auch schon grau meliert, aber erstens machte ihm das nichts aus und zweitens blondierte er sich für die Auftritte sowieso. Mittlerweile musste der Hüne auch den Mitmusikern seiner Zweitband reinen Wein bezüglich seines Gesundheitszustandes einschenken. Um sich einiges an Aufwand zu ersparen, hatte er sie alle zusammengetrommelt – oder wohl eher von Axel zusammentrommeln lassen – und hieß sie nun im Konferenzraum des Labels, das er gemeinsam mit Rod und Bela gegründet hatte, willkommen. „Hey Jan, wie geht’s“, wurde er von den einzelnen Mitgliedern des Racing Teams begrüßt, als er den Raum betrat, wo schon auf ihn gewartet wurde. „Hi Leute“, erwiderte er lächelnd und ließ sich auf den einzig noch freien Sessel neben Axel nieder. „Also, wie ihr wisst, mussten wir die Konzerte verschieben, weil ich krank war“, begann er und atmete noch einmal tief durch. Während er kurz durch die nickende Runde blickte, beschloss er, sofort zur Sache zu kommen. „Anfang Dezember wurde bei mir ein Gehirntumor festgestellt.“ Er überging das bestürzte Einatmen geschickt und fuhr fort: „Und, na ja, bis jetzt war ich eben zu schwach, um Konzerte zu spielen und ich kann auch nicht garantieren, dass es in nächster Zeit auch dazu kommen wird…Ich wollte zwar am Anfang noch, aber als die Termine immer näher gerückt sind, hab ich gemerkt, dass sich mein Körper das nicht so vorstellt.“ Er schenkte den anderen ein aufmunterndes Lächelnd, womit er wohl sagen wollte ‚Aber sooo schlecht ging’s mir auch nicht’. „Na ja, jedenfalls werd ich mit Bela und Rod drei Konzerte geben, wie ihr sicher schon mitbekommen habt, und vielleicht macht sich der ein oder andere jetzt Hoffnung in Hinsicht auf unsere Konzerte, aber die muss ich leider enttäuschen. Ich kann halt noch nicht sagen, wie ich gesundheitlich drauf bin, aber ich werd in zwei Monaten wieder einmal operiert und da wird sich dann weisen, wie die Zukunft aussieht…also macht euch drauf gefasst, dass ihr dann Neuigkeiten bekommt.“ Nachdem Farin seine kleine Ansprache beendet hatte, blickte er rüber zu Axel, der ihm mit einem aufmunternden Lächeln zunickte. „Jan, das…“, meldete sich Simone als erste zu Wort, jedoch wusste sie nicht, wie sie den Satz beenden sollte. Auch die anderen konnten ihr nicht zu Hilfe kommen, zu tief saß der Schock bei ihnen. Sie wussten zwar, dass sehr viele Menschen jährlich an Krebs erkrankten, aber bisher hatte es nie jemanden aus ihrem näheren Umfeld getroffen. Bis dato waren es immer nur der Bruder des Freundes einer Freundin oder jemand ähnlich weit entferntes, für den man zwar kurz Mitleid empfunden hatte, aber es einen nicht weiter gekümmert hatte. Jetzt aber handelte es sich immerhin um Farin, um jemanden aus ihrer unmittelbaren Umgebung! „Bevor ihr euch weiter den Kopf darüber zerbrecht: Es geht mir gut. Die Therapie wurde jetzt herunter geschraubt und ich werd, wie gesagt, in zwei Monaten von einem französischen Spezialisten operiert, was ziemlich gute Aussichten sind. Außerdem hab ich mich in den letzten sechs Monaten nicht unterkriegen lassen und ich hab das auch in der Zukunft nicht vor“, meinte der Gitarrist, als er merkte, dass seine Mitmusiker noch etwas Zeit brauchten, sich von ihrem Schock zu erholen. „Okay…ähm…eine Frage hab ich noch“, bat Hardy dann. „Warum hast du uns das nicht schon früher gesagt?“ Schuldbewusst kniff Farin die Augen zusammen und sog geräuschvoll Luft ein. Es war klar, dass diese Frage kommen würde. Nachdem er also kurz in die Gesichter der anderen geschaut hatte, begann er: „Also, eigentlich…ich könnte euch jetzt natürlich Sachen sagen, wie ‚mein Zustand hat’s nicht zugelassen’ oder so, aber um ehrlich zu sein…ich hab’s einfach vergessen! Ich hatte mit der Therapie und den Operationen so viel um die Ohren und wenn ich mal nicht im Krankenhaus war – und ihr wisst, wie sehr ich Krankenhäuser hasse – dann hab ich zu Hause im Bett gelegen und hab die meiste Zeit geschlafen, weil ich einfach so…fertig war! Also…tut mir Leid, wenn da nicht mein erster Gedanke war ‚Hey, warum hol ich nicht mal so zehn Leute zu mir und sag ihnen, wie scheiße’s mir geht’…es…es tut mir wirklich Leid!“ Während er geredet hatte, hatte er die meiste Zeit auf die Tischplatte geschaut. Als er nun unsicher aufsah, blickte er in durchwegs ermunternde Gesichter, die ihm wohl signalisieren wollten, dass sie ihn verstehen konnten. Wenige Tage darauf begannen Die Ärzte auch schon zu proben. Immerhin konnten sie ja nicht unvorbereitet auf die Bühne gehen. Das erste Konzert würde auf dem Nova Rock Festival in Österreich sein, wo sie, als Headliner, solange spielen konnten, wie sie wollten. Hierfür bereiteten sie eine lange Setlist vor, die sie fürs Southside oder fürs Hurricane nur zu verkürzen brauchten. Axel hatte vorsichtshalber die Veranstalter noch gebeten, sich um eine Ersatzband umzusehen. Für den Fall, dass Farin nicht mehr konnte. „Jan, alles in Ordnung?“, fragte Bela besorgt, als der Gitarrist um eine Pause bat. „Klar…ich dachte nur…wenn ihr weitermachen wollt, dann können wir das natürlich machen“, stellte dieser daraufhin klar. „Nein, nein schon okay…ich mein ja nur“, rechtfertigte sich der Ältere und kam hinter seinem Schlagzeug hervor. „Bist du dir wirklich sicher, dass du das schaffst?“, wollte nun auch Rod wissen. „Hey Leute, ich weiß schon, was ich mir zumute, okay?“, versuchte Farin genervt, die Sorgen seiner Freunde einzudämmen. „Sicher?“, hackte Bela nach. „Gaaaanz sicher…so sicher, wie ich mir sicher bin, dass eine Pause jetzt definitiv nicht schlecht wäre“, beendete der nun wieder erblondete Hüne die Diskussion. Nun war es soweit. Zum ersten Mal seit der verheerenden Diagnose stand Farin wieder auf der Bühne, vor zehntausenden von jubelnden Menschen. Für die nächsten zweieinhalb Stunden konnte er vollkommen abschalten, konnte die scheiß Chemo und Bestrahlung und OPs einfach vergessen, denn für diese zweieinhalb Stunden war er einfach nur Farin Urlaub, der ausgelassen mit seinen beiden Freunden auf der Bühne feierte. Durch zahlreiche Interaktionen, wie sie auf der letzten Tour eher in den Hintergrund geraten waren, entstand eine so gute Stimmung, wie sie sie selten erlebt hatten. Der blonde Hüne dachte im Stillen, dass es sich hierfür zu kämpfen lohnte. Dass all das Erbrechen, der Haarausfall, all die Male, in denen er ohnmächtig geworden war, weil sein Körper einfach zu schwach war und all die Tage, die er auf der Intensivstation und all die Wochen, nein, Monate, die er im ihm so verhassten Krankenhaus hatte verbringen müssen – all das war es wert, um gesund zu werden, um Momente wie diesen noch ewig wiederholen zu können. „Hast du Jan gesehen?“, fragte Bela Rod. Sie waren nun in Scheeßel, auf dem Hurricane-Festival. Das letzte ihrer drei Konzerte innerhalb von drei Tagen. Der Bassist schüttelte den Kopf und begann, dem Älteren beim Suchen zu helfen. Sie fragten ihre Roadies und auch Leute von den Securities, aber niemand hatte den Gitarristen gesehen. „Okay, weißt du was? Wir teilen uns auf und suchen das ganze Gelände noch mal ab! Kann doch nicht sein, dass Jan einfach verschwindet“, schlug der Chilene vor. Da Bela damit einverstanden war, trennten sie sich und während Rod mit dem Backstage-Bereich anfing, suchte der Schlagzeuger noch einmal das Gelände hinter der Bühne ab. Da entdeckte er eine kleine Öffnung bei den Abdeckplanen, die das Gerüst umgaben, durch die man unter die Bühne gelangte. Zwar konnte sich der Schwarzhaarige nicht vorstellen, dass dort jemand, der nicht zu den Aufbauern gehörte, hingehen würde, aber so konnte er wenigstens sagen, er habe wirklich überall gesucht, wenn er da jetzt nachschauen würde. Unsicher schob er die Plane etwas zu Seite und schlüpfte hindurch. Er musste sich nicht einmal bücken, so hoch war das Gestänge, das die Bühne trug. Etwas unheimlich war ihm schon zumute – was, wenn die Bühne plötzlich einbrechen würde. ‚Mensch Dirk! Wann ist bei uns schon mal eine Bühne eingebrochen? Eben: nie’, versuchte er sich zu beruhigen. Während er der Musik der gerade auftretenden Beatsteaks lauschte, die hier in angenehmer Lautstärke zu vernehmen war, sah er sich etwas um und entdeckte eine Hängematte. Diese wäre ja nichts Besonderes, würde da nicht jemand darin liegen! Bela brauchte sich gar nicht zu bemühen, leise zu sein, da man ihn aufgrund der Musik ja sowieso nicht hören würde. Er schlängelte sich durch das Gerüst hindurch und war so innerhalb kürzester Zeit bei dem anderen angekommen. „Warum hab ich das nicht entdeckt“, meinte er grinsend, als Farin ihn bemerkt hatte und ihm somit die durchaus hinterhältige Möglichkeit des Erschreckens nahm. Der Schlagzeuger setzte sich auf eine Querstange, die neben der Hängematte verlief. „Weil du nicht alles haben kannst, Felse“, erwiderte der Gitarrist ebenfalls grinsend. „Heute ist’n schlechter Tag, hm?“, fragte Bela dann mitleidig. Der Jüngere nickte bloß und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Er hasste es, wenn sein Gesundheitszustand angesprochen wurde. Er war einfach kein Mensch, der Schwäche zeigen wollte. „Ich weiß, du willst das jetzt nicht hören, aber…meinst du, du schaffst das?“, wollte der Schwarzhaarige dann vorsichtig wissen. Wiederum nickte der Andere bloß. „Ich werd dann mal Rod Bescheid sagen, dass ich dich gefunden hab…in einer Stunde haben wir ein Interview, ich hol dich, wenn du noch nicht da bist, okay?“, meinte der Ältere, der merkte, dass Farin noch etwas „Ruhe“ haben wollte, klopfte sich auf die Schenkel und stand auf. „Danke“, lächelte der Blonde. Bela tätschelte ihm noch einmal aufmunternd auf die Schulter, ehe er wieder zurückging. Der Schlagzeuger musste nicht lange suchen, bis er Rod entdeckt hatte. „Und, hast du Jan gefunden?“, fragte dieser schon ganz besorgt. „Jap! Er liegt unter der Bühne“, entgegnete Bela. „Bitte wo?“, wollte der Chilene wissen, der sich nicht vorstellen konnte, wie man dorthin gelangte. Und vor allem, was man da machen wollte. „Da hängt ’ne Hängematte“, klärte ihn der Ältere auf, woraufhin Rod verstehend nickte. „Schlechter Tag, was?“, hakte er seufzend nach. Ebenfalls seufzend bejahte der Drummer. „Wird er das…heute schaffen?“, wollte der Bassist wissen. „Er sagt ja“, gab Bela wider. Eine Dreiviertelstunde später kam Farin, nachdem die Beatsteaks ihren Auftritt beendet hatten, aus seinem Versteck hervor, ging noch schnell in ihren Backstage-Bereich, um sich zu richten und machte sich dann gemeinsam mit Bela und Rod bereit für’s Interview. „Ach ja, eins noch! Überleg dir noch eine gute Geschichte Jan, denn der wird dich sicher fragen, warum die ganzen Konzerte abgesagt werden mussten…oh, und damit ihr es nicht vergesst: es ist ein Liveinterview, also, macht keinen…nicht allzu viel Scheiß“, klärte Axel die Band grinsend auf, bevor das Fernsehteam auf sie zu kam und kurz darauf das Interview begonnen werden konnte. „In diesem Jahr spielt ihr nur drei Konzerte – warum das?“ „Nach der Unrockstar-Tour, die ziemlich lang war, haben wir gemerkt, dass wir wieder etwas Abstand von einander brauchen könnten, von daher war dieser Schritt nur logisch“, erklärte Bela. „Und was erwartet uns nächstes Jahr von der besten Band der Welt?“ Bevor die beiden Schwarzhaarigen etwas sagen konnten, meldete sich Farin zu Wort: „Wir feilen gerade an einigen Projekten, von denen wir jetzt noch nichts sagen wollen, und werden dann sehen, welche wir realisieren wollen!“ „Farin, dieses Jahr musstest du aufgrund einer Krankheit – wie es heißt – einige Interviews bezüglich deines Soloalbums und auch die Tour absagen. Was hast du dir denn eingefangen?“ „Eingefangen ist definitiv das richtige Wort. Es ist so: Ich war im Dezember in Afrika und hab mir da eine seltene Infektion geholt, an der ich seitdem laboriere…und nein, ich werd jetzt nicht sagen, was das genau ist“, lenkte der Gitarrist den Reporter und damit auch die ganzen Fans, die sich dieses Interview ansahen, auf die falsche Fährte. „Und jetzt bist du wieder gesund?“ „Na ja…nicht wirklich…ähm…es ist so, dass das Ganze Kranksein mit allem Drum und Dran – also das Fieber und das im Bett liegen und so was – das kommt einfach in Schüben…und es gibt dann eben auch Phasen, in denen ich wieder relativ gesund bin“, saugte sich der Gitarrist zusammen. Mal ehrlich, gab es jemanden, der ihm diesen Scheiß abkaufte? Gab es so eine Krankheit überhaupt? „Und…wirst du dann überhaupt wieder gesund?“ „Ja klar…aber es braucht halt seine Zeit“, munterte Farin den Interviewer und damit auch die Zuschauer auf. Er fragte sich gleichzeitig, wie viele Gästebucheinträge in diesem Moment geschrieben wurden. Er beschloss, nach dem Auftritt auf seine Homepage zu schauen. Bestimmt würden ihm einige besorgte Fans raten, sich bis zur vollkommenen Genesung auf gar keinen Fall zu überanstrengen, womit sie ja nicht Unrecht haben würden. „Deine Haare sind seit neuestem ziemlich kurz und nicht, wie sonst, hochgestellt oder nach hinten gegelt – wie kamst du auf diese Idee?“ Der Gitarrist sah sein Gegenüber kurz verwirrt an. Seit wann waren denn seine Haare ein Gesprächsthema? „Ich wollte einfach mal was Neues ausprobieren…und sooo schlecht sieht’s jetzt auch nicht aus, oder?“, rechtfertigte er sich dann. „Sag jetzt ja nichts Falsches“, warf Bela lachend ein, ehe das Thema wieder gewechselt wurde und das Interview auch schon bald vorbei war. Die drei Musiker atmeten noch einmal tief durch, klatschten sich, wie vor jedem Auftritt, noch einmal kurz ab und gingen dann die Treppen hinauf zur Bühne. Bereits in den ersten Minuten spürte Farin, dass es ein Fehler war, in seinem jetzigen Zustand ein Konzert zu geben, aber nun konnte er auch keinen Rückzieher mehr machen. Er blickte kurz zu Rod und Bela, nickte ihnen zu und das Konzert konnte beginnen. Der blonde Hüne versuchte sein Bestes, er musste sich die nächsten anderthalb Stunden einfach zusammenreißen. Noch dazu wurde dieser Auftritt live im Fernsehen übertragen, was bedeutete, dass die Fans, die nicht vor Ort waren, sicher vor dem TV-Gerät zu Hause saßen und ihnen zusahen. Den Hauptblock hatten sie gut über die Bühne gebracht. Sie hatten ihre Späße getrieben und sollte sich Farin etwas zurückgehalten haben, so konnte er sich ja damit herausreden, dass er ja an dieser mysteriösen Krankheit litt – was definitiv keine Lüge war. „Jan, alles okay? Du bist so blass!“ – „Sollen wir abbrechen?“, fragten Bela und Rod besorgt, als sie während der Zugabenpause am Fuß der Treppe warteten, wobei sich Farin erschöpft hingesetzt hatte. „Das schaff ich jetzt auch noch“, beschwichtigte sie dieser. Er wollte auch nicht mehr sagen, dass alles in Ordnung war, sie würden merken, dass er gelogen hätte. „Aber wenn irgendwas ist, gib uns ein Zeichen, dann machen wir Schluss, hast du verstanden?“, bat der Chilene den Kranken, woraufhin dieser dankbar nickte. Zumindest konnten sie ihn verstehen. Die beiden Schwarzhaarigen halfen ihrem Freund auf, damit sie wieder auf die Bühne gehen konnten. Sie nahmen ihre Instrumente entgegen, bedankten sich erfreut bei den am Bühnenrand sitzenden Beatsteaks, die sich ihren Auftritt nicht entgehen lassen wollten und ihnen ein aufmunterndes Lächelnd entgegenstrahlten und gingen auf ihre Plätze. Ihre Zugabe hielten sie relativ kurz, um die Show schnell hinter sich zu bringen. Auch die Reimorgie, die sie normalerweise bei ‚Zu spät’ veranstalteten, fiel diesmal eher klein aus, was aber niemanden kümmerte, waren die Zuschauer doch froh, einer der wenigen diesjährigen Die Ärzte-Konzerte miterleben zu dürfen. Nach der Verbeugung und Rods finalem „Remember, I love you“ konnten die drei Musiker von der Bühne gehen. Während die beiden Schwarzhaarigen die Treppe hinunterhüpften und sich, vom Adrenalin noch ganz aufgeputscht, begeistert über die wider Erwarten gute Show unterhielten, versuchte Farin, an das Geländer geklammert, trotz der wackligen Beine die Stufen unversehrt hinunter zu kommen. Endlich war er wieder auf sicherem Boden, als er die anderen, die am Fuß der Treppe auf ihn warteten, erreichte. Er nahm jedoch kaum noch etwas wahr. Weder Bela und Rod, die ihn besorgt musterten, noch die fünf Mitglieder der Beatsteaks, die sich zu ihnen gesellt hatten, um ihnen zu dem gelungenen Auftritt zu gratulieren und um noch einen kleinen Plausch zwischen Freunden anzufangen. Der blonde Hüne vernahm nur noch ein Rauschen und seinen stetig lauter und schneller werdender Herzschlag, ehe sich sein Bild schwärzte und er bewusstlos nach hinten in Arnims Arme fiel, der ihn geistesgegenwärtig auffing und ihn langsam und vor allem vorsichtig zu Boden gleiten ließ. „Wir brauchen hier sofort einen Arzt“, rief Rod, der als erstes wieder einen klaren Gedanken fassen konnte, den bestürzten Roadies zu, die auf sie zu gelaufen kamen. Bela versuchte indessen vergebens, seinen Freund wieder aufzuwecken. Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis endlich ein Rettungsarzt und zwei Sanitäter da waren, die sofort wissen wollten, was geschehen war. „Er ist einfach zusammengebrochen“, berichtete nun Peter, der genauso wenig wie seine Bandkollegen verstand, was hier gerade passierte. „Nimmt er irgendwelche Medikamente, Drogen…etwas, wovon ich wissen sollte“, hakte der Arzt nach. „Jan hat einen Gehirntumor und ich weiß nicht, welche Medikamente er da nimmt, irgendwelche Schmerzmittel, aber mehr weiß ich echt nicht“, antwortete Bela hilflos, woraufhin die fünf Musiker und die wenigen Roadies, die bei ihnen standen, geschockt den Atem anhielten. Während der eine Sanitäter einen Krankenwagen rief und der Arzt mit dem zweiten begann, Farin zu versorgen, erklärte er: „Ich schätze mal, Ihr Freund hat sich einfach überanstrengt. Er wird wahrscheinlich die Nacht im Krankenhaus bleiben müssen, je nach dem, wann er wieder das Bewusstsein erlangt.“ Die drei Mediziner legten den Gitarristen auf eine Trage und luden ihn in den gerade angekommenen Krankenwagen ein, ehe sie mit Blaulicht davonfuhren. „Ich fahr hinterher und ruf euch an, wenn’s Neuigkeiten gibt“, meinte Axel gestresst und verabschiedete sich. „Er hat Krebs?“, stellte Arnim nun vorsichtig die Frage, die allen Umstehenden auf der Zunge lag. Bela betrachtete die Runde. Er wusste, dass Farin es nicht wollte, dass so viele eingeweiht waren, aber was hätte er denn anderes machen sollen? „Das muss aber unter uns bleiben, habt ihr verstanden?“, bat Rod dann eindringlich, woraufhin die anderen verstehend nickten. Die beiden Schwarzhaarigen gaben noch kurz einige Informationen bezüglich des Gesundheitszustandes des Gitarristen wider, bis sie sich dachten, dass die anderen nun genug wüssten. Sie verabschiedeten sich und verschwanden im Tourbus, wo sie angespannt auf Neuigkeiten warteten. „Verdammt“, fluchte Bela und trat gegen das Sofa. Ein Blick zu Rod verriet ihm, dass dieser sich wohl die gleichen Vorwürfe machte, wie er, die sie aber beide nicht auszusprechen wagten: Sie hätten das Konzert absagen und sich nicht auf Farins „Es geht mir gut“ verlassen sollen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)