Stumme Tränen von AnaO (Darfst du mich denn lieben, Inuyasha?!) ================================================================================ Prolog: -------- Regentropfen liefen die Fensterscheibe hinab. Sie fielen gleichzeitig mit der Träne in meinem Herzen. Ich weinte schon wieder, oder hatte ich je aufgehört? Wann wird der Strom der Trauer je versiegen? Nie, solange ich in dieser Dunkelheit gefangen bin. Ein strahlendes goldenes Licht, wie sehr ich mich danach sehne! Wird dieser warme Schein je meine dunkle Welt erhellen? Ich starrte zum Fenster hinaus. Die Welt war grau, kalt, trostlos. Genau wie mein Herz. Er hatte es sich genommen und in Scherben zurückgelassen. Werde ich je glücklich sein? Der Bus hielt vor meiner Schule. Kaum war ich ausgestiegen, zierte ein strahlendes Lächeln mein Gesicht, das solange anhalten würde, bis ich wieder alleine wäre. Wenn ich schon nicht glücklich sein kann, sollen es wenigstens meine Freunde sein! Aber wann kümmert sich mal einer um mich? Wann sorgt mal einer dafür, dass ich glücklich bin? Gibt es so jemanden überhaupt? Gibt es in dieser Welt jemanden, der mein Herz mit seinem goldenen Schein erhellt? Gibt es in dieser Welt jemanden, der mich lieben kann? Kapitel 1: Ein neues Leben -------------------------- So fing jeder Tag von Anjaani Arora an. Kaum verließ sie ihren Bus, der sie von ihrer Wohnung am Rande Tokios zur Oberschule brachte, war sie gezwungen zu lachen. Dabei hatte sie das Gefühl, sie lebe schon lange nicht mehr richtig. Anjaani war ganz allein. Eine Familie hatte sie nicht mehr... eigentlich nie gehabt. Ihre Eltern hatten sie vor einem Jahr verstoßen uns verlassen, um ohne sie wieder in Indien zu leben. Aufgrund rechtlicher Beschlüsse, erhielt Anjaani von ihnen monatlich genug Geld, um alle nötigen Kosten zu decken. Das war das einzige, was sie von ihrer Mutter noch hatte, ihr Name auf den Kontoauszügen. Viel mehr hatte sie von dieser Frau nie gehabt. Diese Frau, die sie von Geburt an verabscheut hatte. Nie hatte sie Mutterliebe erfahren können. Von klein auf war Anjaani nie geliebt worden, außer von ihren Freundinnen. Yuki, Yoko und Yami Higurashi waren Drillingsschwestern, die die indische Schönheit wie eine Schwester behandelten. Die Freundinnen verschönerten ihren Tag, bis die Nacht hereinbrach und mit der Finsternis auch die Einsamkeit brachte. Heute war der 10. März. Auf den Tag genau war es jetzt ein Jahr her, dass Anjaani ihre Freude verloren hatte. Schon 12 Monate, wie die Zeit verflog! Und sie hatte immer noch das Gefühl, sie stecke zwischen Sekunden fest. Den Drillingen war dieser grauenhafte Tag nur allzu bekannt, aber sie ließen sich nichts anmerken. Ihre Fröhlichkeit bekam keinen noch so winzigen Riss. Sie quasselten und alberten herum wie immer und das indische Mädchen lachte mit. Was wäre sie nur ohne ihre seltsamen Freundinnen? In einem gedankenverlorenen Moment betrachtete Anjaani die deutschstämmigen Japanerinnen. Sie sahen alle genau gleich aus, nur in der Farbe ihrer Klamotten unterschieden sie sich. Anjaani wusste an der Person mit den Skizzenblog in der Hand und der blauen Schleife im Haar, dass diese ihr Yuki-Hase war. Yami-Maus trug eine grüne Schleife im Haar und sang ihnen eines ihrer selbst komponierten Lieder vor, so schön, das es den Teufel bekehren könnte. Yoko-Neko mit der roten Schleife, war multitaskingfähig, kommentierte Yamis Liedtext und korrigierte gleichzeitig die Schulaufsätze. Was noch bewundernswerter war, da sie einen japanischen Text las, aber Hindi sprach. Die Freundinnen hatten für Anjaani Hindi gelernt, sie sprachen untereinander keine andere Sprache, was das Zusammengehörigkeitsgefühl stärkte. Dies war aber keine große Sache, da die drei Sprachtalente mehrere Sprachen fließend beherrschten. Leider, nur leider versteckten die Schwestern ihre wunderschönen hellbraunen Augen hinter gefärbten Kontaktlinsen. Was der Schönheit der Drillinge aber keinen Abbruch tat. Sie waren atemberaubend. In ihren glatten, ebenmäßigen Gesichtern, konnte man sowohl östliche, als auch weltliche Züge erkennen, was sie weit exotischer aussehen ließ als die hellhäutige Inderin. Anjaani beneidete ihre Schönheit. „Aani, mein Herz!“ Sie schreckte aus ihren Gedanken auf. War die Zeit wieder stehen geblieben? Mit ihren riesigen, fast schokobraunen Augen, sah sie Yuki an, die gerade ihre naturgetreue Skizze einer mächtigen Eiche unterbrach. „Geht es dir gut, Aani-Schatz? Liegt dir was auf dem Herzen?“ Ihre besorgen Blicke machten Anjaani Gewissensbisse. Gerade Yuki wollte sie mit ihrem Leid verschonen. „Warum soll ich sie mit meinem Leid quälen? Sie können doch nichts dafür. Und gerade Yuki hat es doch schwer genug mit mir." Sie schüttelte ihren schwarzen Zopf und lachte herzlich. „Ach, Yuki-Häschen! Ich war nur in Gedanken versunken… Nein, ich habe nicht an Raj gedacht“, wandte sie sich schnell an Yoko. Verdutzt schwiegen alle drei, jedes Mal von neuem überrascht, wenn die Inderin ihre Gedanken vorausahnte. „Ich habe nur daran gedacht, wie wundervoll ihr seid.“ „Wundervoll?“, kicherte Yami. „Du meinst in Wirklichkeit wundersam, nicht wahr?“ Anjaani verbrachte einen unbeschwerten Tag mit ihren Freundinnen, doch im Nachhinein erinnerte sie sich an nichts. Als wäre alles an ihrem Inneren vorbeigezogen. Nun saß sie im Bus auf dem Heimweg, starr aus dem Fenster hinausblickend. Es regnete wieder, oder weinte der Himmel an ihrer Stelle? Seit dem Vorfall hatte sie keine Träne vergossen, kein Ausbruch, kein Zusammenbruch, gar nichts. Es herrschte nur diese lähmende Leere in ihrer Seele, die so schmerzhaft drückte. Sie hatte es unter Kontrolle, aber sie konnte nicht verhindern, dass es sie quälte. Leben tat der ehemalige Sonnenschein nicht mehr wirklich. Und sie wünschte sich so sehr ein neues Leben. Sie wünschte sich ihre Erlösung herbei. Ihr persönlicher Engel mit den bernsteingoldenen Augen und den Haaren wie Mondenschein, der ihre Träume heimsuchte. Er allein, dieser Traum, bewahrte sie vor dem Zusammenbruch. Saajan... „Geliebter“. Saajan, ihre Sonne, ihre Sehnsucht. Dank ihm war nie eine Träne gefallen, der Druck war nicht geplatzt, um sie mit einem unsäglichen Schmerz zu zerstören. Anjaani wusste warum. Durch ihn, gelang es ihr, den Vorfall und alle seine Folgen weit hinter die Mauer in ihrer Seele zu verdrängen. Die Einzelheiten des genauen Verbrechens hielt sie ihren Erinnerungen fern. Alles davon verschloss sie vor ihrem Herzen. Aber irgendwann würde sie unter dem Druck zusammenbrechen. Das wusste sie. Saajan ist und bleibt ein Traum. Er würde nie kommen, um sie zu erlösen. Irgendwann würde ihr Herz dies einsehen. Langsam schlurfte sie das Treppenhaus hoch in den fünften Stock. Donnerstag war der einzige Tag der Woche, den sie alleine in ihrer Wohnung verbrachte. Wie sehr sie die Einsamkeit hasste. Aber einen winzigen Vorteil hatte die Abwesenheit der Drillinge: Der Aufzug konnte gemieden werden! Anjaani, an ihre Fitness denkend, rannte die Treppen hoch. Sie gönnte ihrem Körper nie den Luxus der Faulheit, wenn es sich vermeiden ließ. Deshalb war sie kaum aus der Puste, als sie die Tür ihrer verlassenen 2-Zimmer-Wohnung öffnete. Müde holte sie die Fernbedienung aus dem Bücherregal und war leider etwas ungeschickt dabei. Etwas fiel zu Boden. Eine innere Stimme schrie ihr zu, dies zu ignorieren, sich nicht umzudrehen. Einfach ignorieren, Schuhe ausziehen und hinsetzen... Doch sie tat es. Ein Buch war runter gefallen. Dazwischen war - ihr stockte der Atem - sein Bild! Rajesh Malhotra, ihr ehemaliger Verlobter. Der Anblick des einst so geliebten Gesichts raubte ihr die Kraft. Anjaani fiel zitternd auf die Knie. Den Blick konnte sie nicht von seinen goldbraunen Augen wenden. Diese eiskalten, goldenen Augen. Plötzlich brach die Mauer zusammen und der Schmerz tobte frei in ihrer Brust, schien sie auseinander zu reißen. Tränen brachen aus. Alles verschwamm vor ihren Augen. Sie sah nur noch Raj. Spürte, wie seine Hände grob wurden, sie schlugen, sie vergewaltigen wollten. Rajs Augen voller Wahn. Seine gierigen, brutalen Lippen. Seine Worte, die sagten, dass sie wertlos sei, vier Jahre an sie vergeudet waren. Die Schmerzen, die er ihr zugefügt hatte. Das viele Blut. Er ging, verließ sie. Ließ sie liegen, verletzt, zerstört, zerfetzt. Dann das Quietschen bremsender Autoreifen... Schreiend stürzte Anjaani in eine bodenlose Dunkelheit. Kälte drang zu ihr. Erst da merkte sie, dass sie rannte. Sie wusste nicht wohin, ihre Augen waren zugeschwollen vor lauter Tränen. Sie lief nur. Weg, einfach weg von hier! Von allem! Weg von den schlimmen Erinnerungen, die noch kommen würden, die schlimmsten Erinnerungen... Ihr Atem keuchte, ihr Haar flatterte, ihre Lunge brannte. Plötzlich kippte die Welt und ihr Kopf explodierte. Es dauerte lange, bis sie wieder zu sich kam. Der Schmerz ihres gebrochenen Herzens raste in ihrem Körper und lähmte sie. Anjaani lag auf dem nassen, kalten Boden, frierend, verletzt, hoffnungslos. Der Kopf hämmerte wie wild und vor ihren Augen tanzten Funken. Sie fasste sachte an die pochende Beule hinter der Schläfe. Ihr einziger Gedanke war, sie wollte sterben. So schnell und schmerzlos wie möglich, bevor ihre schlimmste Erinnerung auftauchte und sie voller Qualen umbrachte. Aber warum blieb sie dann nicht einfach regungslos liegen, auf den Tod wartend? Eine Stimme rief, eine ihr so bekannte, geliebte Stimme, dass sie bis in den dunkelsten Ecken ihres Herzens widerhallte. Die Stimme, die sie nie verließ. Die Stimme die kam, wenn nichts mehr blieb... Und immer, wenn sie rief, folgte Anjaani. Die Stimme, die ihr Hoffnung und Lebenskraft gab, wie nichts auf der Welt. Saajan... Ihre Sehnsucht. Ihr Körper bewegte sich wie von selbst, dem samtenen Raunen Saajans entgegen. Langsam kroch sie auf allen Vieren voran. Sie zitterte zu sehr, um sich aufrichten zu können. Warum ging sie weiter? Sie wollte doch gar nicht weiter. Warum rief er sie immer dann, wenn sie nicht mehr konnte? Warum folgte sie stets? Warum war die Sehnsucht nach ihm so übermächtig? Er war nur ein Hoffnungsbild ihrer Fantasie. Ein weißhaariger Engel mit bernsteingoldenen Augen. So jemand war nicht echt! Es gab ihn nicht! Und doch war er so stark. Einfach hier liegen bleiben und sterben, warum nicht? Vielleicht würde sie ihrem Engel im Himmel begegnen? Die junge Frau legte sich flach auf den Bauch, als ihre Hand plötzlich etwas berührte. Etwas Warmes, Weiches. Vor Überraschung schrie sie auf und saß kerzengerade da. Das, was sie gefühlt hatte, war Haut. Menschliche Haut. Vor Angst verkrampfte sich ihr Magen. Aber das, was sie da erblickte, verzauberte sie. Der Anblick bannte sie so sehr, dass sie wie berauscht war. Ein junger Mann lag auf dem Boden, gekleidet in einem altmodischen roten Kimono. Die Straßenlaterne beleuchtete sein entspanntes, schlafendes Gesicht. Er sah so gut aus, selbst in dieser lächerlichen weißen Perücke mit den kleinen Katzenohren. Anjaani vergas alles um sich herum. Wie in Trance berührte sie die warme Haut seiner Wange, die viel heller war als ihre. Seine vollen, dunklen Lippen waren leicht geöffnet. Sie spürte seinen gleichmäßigen, fast heißen Atem. Er sollte die Augen öffnen... goldene Augen kamen ihr in den Sinn. Golden, wie heller, klarer Bernstein. Die Augen, von denen sie immer träumte. Saajan? War das Saajan? Tatsächlich! Ihr stockte der Atmen. Er hatte das gleiche Gesicht wie der Engel in ihren Träumen. Sogar das lange Haar war genau gleich. Aber Saajan war das Sinnbild ihrer Sehnsucht, er existierte nur in ihrem Herzen! Nein, das musste ein Cosplayer sein. Wenn ja, wen stellte er da? Weiße Haare und weiße Ohren? Und warum schlief er mitten in einer Seitengasse? Sie strich durch die seidigen weißen Haare, die sacht im Licht der Straßenlaterne schimmerten. Neugierig zog sie daran, doch die Perücke saß fest. Sie sah genauer hin... Nein, es waren echte Haare! So lang und silberweiß. Ist das ein Albino? Ob er rote Augen hatte und nicht die erwarteten goldenen? Sacht wollte sie ihm die Haare hinters Ohr streichen. Doch da war kein Ohr! Er hatte keine Ohren! Dann waren diese Katzenohren auf den Kopf also echt?! Das musste sie herausfinden! Von Neugier gepackt, beugte sie sich näher, als er auf einmal ein lautes Knurren ausstieß. Ihr Herz setzte in dem Moment aus, als sie herumgewirbelt wurde und von dem Körper des Albinos gegen den Boden gedrückt wurde. Das hilflose Mädchen schrie vor lauter Panik auf, als der Mann auf ihr lag und seine Fingernägel in ihre Schultern grub. Sie wehrte sich blind vor Angst. Das böse Knurren stieß mit seinem heißen Atem an ihr Ohr. Anjaani wurde so schwindelig, dass ihre Arme, die versucht hatten, ihn von sich runter zu drücken, plötzlich weich wie Gummi waren. Und dann sah sie seine Augen... Goldene Augen starrten sie voller Wut an. Golden, wie heller, klarer Bernstein... Ihre Sinne versagten und sie versank in der Schönheit dieser goldenen Tiefen. Alles andere war vergessen. „Wer bist du?“ Diese tiefe Stimme, die ein einziges wütendes Knurren war, ließ ihr Blut stocken. Das war Saajans Stimme! „Wer bist du?“, wiederholte er zornerfüllt. Und ihr Zittern erstarb, ihr Angst verpuffte. „Anjaani“, brachte sie leise hervor. „Was soll das?“, schrie der Mann wütend. „Was machst du da? Und wo bin ich hier?“ Er schüttelte das schöne Mädchen unsanft. „Antworte!“ Immer noch wehrlos in dem goldenen Strahlen versunken, brachte sie mit atemloser Stimme hervor: „Ich heiße Anjaani. Bitte, du tust mir weh.“ Sofort ließ er sie los und sie nutzte sie Situation. Doch sich aufzurichten, war leichter gesagt, als getan, wenn jedes Körperteil schmerzte. Die Angst vor dem Fremden kehrte zurück, ließ ihr Herz unangenehm pochen. Saajan würde ihr nie etwas antun... er war ein Engel! Da drang ihr Rajs Gesicht ins Gedächtnis und alles war wieder egal. „Ich bin ein Freund“, erklärte Anjaani tonlos. „Ich fand dich hier auf der Straße. Wer bist du?“ Er schloss resignierend die glühenden Augen. „Ich weiß es nicht.“ Seine Stimme war so samtweich, so wunderschön! Seine Worte klangen sanft, einsam, verloren, sodass sie reflexartig ihre Hand auf seine Schulter legte. „Hey, fass mich nicht an, stinkender Mensch!“ So ließ sie sich nicht behandeln. Auf wackeligen Knie stand sie auf, drehte sich um und ging weg. Sie hatte Männer satt. So satt! „Hey, sag mir wo ich bin“, knurrte er ihr hinterher. „In Japan“, murmelte Anjaani nur. „Warte!“ Sie blieb stehen. „Ich weiß nicht, warum ich dich stinkender Mensch genannt habe. Du duftest schön, ich kenne deinen Geruch sogar, glaube ich.“ Sie ließ sich von den reuevollen Worten nicht täuschen, aber das Verlangen, seine goldenen Augen wiederzusehen, war stärker und sie drehte sich um. Er stand direkt hinter ihr, groß, kräftig und so männlich... „Ich habe gar kein Gedächtnis mehr, ich weiß nicht woher ich komme.“ „Warum nennst du mich Mensch?“ Er sah sie an. Ein Blick, der ihr unter sie Haut ging. Und plötzlich bemerkte sie, dass seine Pupillen nicht rund waren, sondern kleine, schwarze Schlitze. Langsam verebbte sein Zorn und seine Pupillen weiteten sich, wurden groß und rund. „Ich habe keine Lust, das groß zu erklären.“ Vorsichtig nahm er ihre Hand und legte sie auf seine Ohren. Überracht realisierte sie seinen langen, krallenförmigen Fingernägel. Anjaani zuckte zurück. Echte Ohren! Das waren wirklich echte Ohren. Und erst jetzt bemerkte sie eine langen spitzen Eckzähne, die wie Perlen zwischen seinen leicht geöffneten Lippen schimmerten. Dann begriff sie: Er war ein Dämon! Ein leibhaftiger, gefährlicher, böser Dämon! Sie hatte noch nie einen aus der Nähe gesehen. Er war nicht Saajan, denn ihr Saajan war kein Dämon, sondern ein Engel! „Woher kommst du?“ Sie wunderte sich selber, warum sie so gleichgültig war, da seine Nähe und seine Berührung ein einziges Durcheinander in ihrem Bauch verursachten. Einem Dämon begegnete man schließlich nicht alle Tage. „Ich weiß es nicht, verdammt noch mal, du taubes Weib, ich weiß gar nichts!“ Er schrie sie unerwartet an. Ein Hitzkopf war dieser Dämon und verdammt aggressiv. Aber Anjaani war zu erschöpft, um zu streiten. „Du wirst mir helfen.“ Er klang so selbstverständlich. „Sonst töte ich dich.“ Anjaani sah ihn an und lächelte traurig. „Tu das, ich habe nichts zu verlieren.“ Als er tief in ihre verlorenen Augen sah, veränderte sich etwas in seinem Gesicht. Er trat zaghaft einen Schritt auf sie zu. „Ich auch nicht.“ Was sie tat, konnte sie sich selbst nicht erklären. Aber sie tat es, weil sie eine Verbundenheit spürte. Sie fühlte sich plötzlich nicht mehr einsam. Der fehlende Teil in ihre war ersetzt worden. Und dieser Teil band sie an den unfreundlichen Mann mit den Sonnenaugen. Anjaani nahm ihn mit sich. Sie wollte ihm helfen, sich selbst zu finden. „Wenn du nichts weißt, weißt du wenigstens, wie du heißt?“, fragte sie ihn beim Zurücklaufen. Was heißt laufen? Anjaani humpelte eher, als dass sie lief. Doch sie ignorierte ihre schmerzenden Beine. Sie war neugierig auf den Namen eines Dämons. Wie heißt wohl so ein gefährlicher Typ, der doch so niedliche Katzenohren hat? Ist ein Katzendämon überhaupt gefährlich? Der Katzenmann, der die ganze Zeit hinter ihr gewesen war, lief auf einmal neben ihr und runzelte kurz die Stirn, sah Anjaani dabei aber nicht an. Sie wartete so gespannt auf diese weiche, tiefe Stimme, der immer ein leises Knurren mitschwang. „Ich heiße Inuyasha.“ Und die Wärme seiner Augen erfüllte ihr ganzes Sein. Warm war es, so warm. Anjaani wusste, dass sie träumte, aber eben deshalb wollte sie nicht aufwachen. Das Mädchen sah sie, diese goldenen Augen. So wunderschön! Er lächelte sie an... Inuyasha. Ihr Engel... nein, ihr Dämon! Die verträumte junge Frau sah Inuyasha in ihren Träumen, ihren wundersamen, wunderbaren Saajan. Silberweiße Haare wie Mondlicht, Augen wie die Sonne. Sanft strich sie über das schöne, markante Gesicht. Er schlang seine Arme um ihren zarten Körper und drückte sie fest an sich. Inuyashas Körper war so hart, wie aus Stein gemeißelt. Doch diese Haut war so weich, so unendlich weich... Süße Hitze wallte in Anjaani auf. Ein Blick in seine Augen und sie war verloren. Ihre Hände fanden von selbst seinen Nacken und zogen ihn zu sich. Sein Atem war warm wie ein Sonnenstrahl. Wie schmeckten seine Lippen? „Küss mich doch endlich…“ Sie wartete... nichts geschah. Als sie irritiert die Augen öffnete, blickte sie in das Gesicht ihrer Alpträume. „Du gehörst mir“, zischte Raj leise. Schreiend fuhr sie im Bett hoch. Ihr Herz raste und sie zitterte schockiert. „Anjaani! Was ist passiert?!“ Anjaani starrte den Mann, der in ihr Zimmer gerannt kam, verwirrt an. Sie brachte kein Wort heraus- die Stimme steckte ihr in der Kehle fest. „Was schaust du mich so an? Habe ich was im Gesicht?“ „Inu... yasha?“ Unmöglich! Er war doch eine Traumgestalt! Ein Produkt ihrer Fantasie! „Wer denn sonst?“ Ihr Kopf schmerzte von dem Aufprall am Boden gestern und sie sank stöhnend in die Kissen zurück. „Was ist passiert?“, hörte sie sich leise murmeln. „Du bist gestern in der Küche plötzlich zusammen gebrochen. Du warst völlig fertig.“ Anjaani erschrak, wie hatte er das gehört? Sie hatte so leise gesprochen... „Geht es dir gut, Anjaani?“ Es war also kein Traum gewesen... „Hey, ich habe dich etwas gefragt!“ Das gestern ist wirklich passiert... „Sag mal, hörst du mich nicht!“ Inuyasha gibt es wirklich... „Bist du taub, oder was?! Halloooo!“ „Sei ruhig, ich denke nach!“, brüllte sie ihn aus vollem Leib an. Er zuckte zusammen und hielt sich die Katzenohren zu. „Du siehst doch, dass es mir nicht gut geht!“ „Dann musst du nicht schr-“ „Was machen wir jetzt?“, unterbrach sie seine aufkommende Schimpftriade. Sie hatte keinen Nerv für Diskussionen mit einem Katzenmann und versuchte die Lage ganz schnell auf den Punkt zu bringen. „Häh?!“ Ihr Stimmungswechsel überrumpelte ihn. „Was machen wir mit dir? Wir müssen überlegen was wir jetzt tun.“ Da fiel ihr Blick auf die Uhr. „Mist, aber erst nach dem Unterricht!“ Sie sprang aus dem Bett, wankte jedoch heftig. Funken tanzten vor ihren Augen. „Pass auf!“ Er fing sie in seinen Armen auf und prompt schlug ihr Herz schneller. Sie hob den Blick zu seinen Augen. Röte breitete sich in seinem Gesicht aus, als er in ihre unendlich scheinenden Tiefen blickte, die von sehr langen, sehr dichten schwarzen Wimpern umrahmt waren. So nah... „Tut mir leid“, stammelte er verlegen und schob sie leicht von sich weg. Wortlos verschwand Anjaani im Bad. Sie fürchtete, er konnte ihren lauten Herzschlag hören. Unter dem warmen Wasserschauer der Dusche konnte sie ihre Gedanken ordnen. „Inuyasha ist also wirklich echt. Es gibt ihn wirklich. Ich fass es nicht!“ Ein atemberaubend attraktiver, starker Mann befindet sich in ihrer Wohnung. Ein gefährlicher Mann. Ihr Bauch kribbelte. Himmel, sie wird sich doch nicht etwa verlieben! Vier Jahre mit Raj. Vier Jahre hatte sie ihn bedingungslos geliebt, geglaubt, er sei ihre einzig wahre Liebe. Dann zerstörte dieser Mann ihr Leben. „Und jetzt soll mein ganzes Leid in all seinem Ausmaß umsonst gewesen sein?! Wegen einem Paar Goldaugen?“ Aber ihr Körper sprach eine eindeutige Sprache. „Meine Güte, ich kenne diesen Mann nicht, wie kann ich mich da verlieben?!“ „Weil er der Mann ist, von dem du immer geträumt hast“, sagte eine Stimme in ihrem Herzen. Ist er das? Aber ihr Saajan ist ein Engel und dieser hier ist ein Dämon! Ist Inuyasha wirklich derselbe aus ihren Träumen? War Raj also bloß eine Einbildung und sie hatte nur versucht, Inuyasha in ihm zu sehen? „Zugegeben, sie sehen sich ziemlich ähnlich... die Lippen, die Augenform... ob Inuyasha Japaner ist? Seine Gesichtszüge haben nichts Asiatisches. Vielleicht, weil er ein Dämon ist... Aber ich die Dämonen, die ich in den Nachrichten sehe, sind alle japanisch! Wie kann man eigentlich einen Dämon lieben?!!!“ Ahrg, ihr Kopf tat so weh. Zu viele verschiedene, verwirrende Fragen. Zu wenige Antworten. Aber das Schicksal hat etwas vor mit ihr. Es ist vielleicht eine zweite Chance und die wird sie ergreifen. Und tief im Inneren wusste sie, dass sie verliebt war. Doch wie arg, das wusste sie nicht. Jedenfalls würde ihr Herz nicht zulassen, dass sie diesen Mann ohne Gedächtnis allein lässt. Dämon hin oder her! Es erstaunte sie immer wieder selbst, wie schnell sie sich einer Situation anpassen konnte. Die Hoffnung keimte in ihr, dass er ihr Herz heilen konnte. Genau so, wie er es in ihren Träumen immer versprochen hatte. Anjaani wickelte sich ein Handtuch um den Körper und wollte schnell in ihr Zimmer verschwinden, da traf sie sein Blick aus dem Wohnzimmer. Wie angewurzelt blieb sie stehen. Wie seine Augen leuchteten! Wie ihr Herz raste! Sein Blick! Scheu, beschämt... fasziniert? Seine Augen wanderten über ihren Körper und sie merkte, dass sein Blick an ihrem wallenden Haar stehen blieb, das in glänzenden Ringellocken ihre Taille umspielte. Er hatte sie noch nicht mit offenen Haaren gesehen. Hastig wandte er den Kopf ab und sie flüchtete schnell. Wie er sie angesehen hatte! Ihr war so heiß geworden. Er hatte so eine starke Ausdruckskraft in den Augen. Schönen Augen hatte sie noch nie widerstehen können, aber für diese gab es keine Beschreibung! Sie wollte zurück, um in seinen Augen zu versinken und für immer von diesem goldenen Zauber gefangen zu sein! „Aha, du bist nicht verliebt!“, lachte ihr Herz. „Es ist eindeutig, das ist Liebe! Hai yeh pyaar!“ „Wirklich?“ Eigentlich wusste sie es, aber wieso sträubte sie sich so dagegen? So schnell kann man sich doch nicht verlieben! Auch noch in einen Unbekannten. „Du hast Rajesh nie Saajan genannt, weißt du das?“ Wie kam sie jetzt darauf? Sie hatte Raj immer... naja... Raj genannt. „Du hast Raj nie Saajan genannt. Das war es, was du dir immer gewünscht hattest. Du wolltest deinem Liebsten immer einen indischen Kosenamen geben. Rajesh sieht auch aus wie der Saajan deiner Träume und dennoch hast du ihn nie so gerufen. Inuyasha ist dein Saajan.“ „Quatsch, Inuyasha ist nicht mein Saajan! Ich kenne ihn doch gar nicht!“ „Du wolltest immer deinem Liebsten diesen Spitznamen geben... Warum hast du Rajesh nie Saajan gerufen?“ Ja, warum? „Weil Inuyasha der „richtige Raj“ ist. Oder Raj ist der „falsche Inuyasha“. Such es dir aus. Aber eines kannst du nicht leugnen, du bist verliebt! Und wie er dich angesehen hat!“ Nachdenklich stellte Anjaani sich vor den Spiegel. Ihr Handtuch glitt von ihrem Körper. Mit ihren 19 Jahren war sie sich immer wie ein Kind vorgekommen... aber wenn sie jetzt ihren Körper musterte... Ihre hellbraune Haut wirkte weich wie Seide. Ihre Brüste waren rund und voll. Ihre Figur war alles andere als kindlich, mit der schmalen Taille und der runden Hüfte. Ihre Beine waren so lang, die Drillinge beneideten sie immer darum. Sie betrachtete ihr liebliches Gesicht mit den riesigen Augen und den von Natur aus vollen und tiefroten Lippen. Sie schüttelte ihre lange, schwarze Lockenmähne. In der Schule war ihr ausdrücklich verboten worden, die Haare offen zu tragen. Alle sagten, sie sei wunderschön und mit offenen Haaren die pure Versuchung. Kaum ein Mann drehte sich nicht nach ihr um. Doch sie hatte nie etwas Besonderes an sich gefunden. Raj hatte sie immer als Mondgöttin bezeichnet... Wie wirkte sie auf Inuyasha? Sie musterte ihr Gesamtbild und zum ersten Mal in ihrem Leben fand sie sich hübsch. Sie war eine natürliche Schönheit, dem wurde sie sich plötzlich bewusst. Dann schüttelte sie angewidert den Kopf. „Die Drillinge sind tausend Mal hübscher als ich! Ich bin vielleicht anders als die Japanerinnen hier, aber deshalb gewiss nicht schöner!“ Sie hasste eingebildete Frauen. In frischer Schuluniform und das wilde Haar züchtig zu einem langen Zopf geflochten, kam sie zu ihm zurück. „Du, Saaj - du Inuyasha!“ Sie biss sich auf die Zunge. Blödes Herz! Er sah auf. Seine Aufmerksamkeit hatte der Digitaluhr am Videorekorder gegolten. „Was ist das?“, fragte er verblüfft. Anjaani musste lächeln. „Kann es sein, dass du nicht aus dieser Zeit bist?“ Er seufzte erschöpft. „Vermutlich... Ich weiß nichts, gar nichts.“ Ihr Herz zog sich mitleidvoll zusammen und sie kniete sich zu ihm. Er zuckte zurück vor ihrer Nähe, doch das störte sie nicht. „Ich werde dir helfen. Wir werden versuchen, deine Erinnerungen wieder zu finden und mit etwas Glück kehrst du auch in deine Zeit zurück.“ Irgendwie schmerzte der Gedanke. „Du hilfst mir?“, fragte er skeptisch. „Jap“, grinste sie fröhlich. „Warum?“ „Weil ich dich nicht im Stich lassen kann“, erwiderte sie lachend, erhob sich mit der Anmut einer Tänzerin und strich den roten Faltenrock ihrer Schuluniform glatt. „Ziemlich kurz“, kam es Inuyasha unweigerlich in den Sinn. „Wo willst du hin?“, fragte er laut. „Zur Schule, bin heute Mittag zurück. Warte bitte hier solange auf mich.“ Sie ging zur Tür. „Alles, was du brauchst ist- aaahhrg!!!“ Er stand urplötzlich vor ihr und versetzte ihr den Schock ihres Lebens. „Meine Güte, wie schnell bist du?!“ Er verschränkte herausfordernd die Arme vor der Brust. „Du gehst nirgendwo hin.“ Seine ernste Stimme wurde eine Spur tiefer und löste eine Gänsehaut bei ihr aus. Trotzdem wallte Wut in ihr hoch. „Natürlich gehe ich, ich muss zur Schule!“ Er kam auf sie zu und sie stolperte instinktiv von ihm weg. „Du musst mir helfen, ich habe keine Lust hier auf dich zu warten!“ „Du hast keine andere Wahl, ich muss zur Schule!“ „Warum sollte ich mir was von dir sagen lassen?!“ Er drängte sie ins Zimmer zurück. „Wenn du nicht willst, dann geh doch!“ Er packte wütend ihren Arm, brachte sie damit aus dem Gleichgewicht. Leider geriet auch er ins Wanken und fiel mit ihr. Anjaani stürzte ins weiche Sofa, Inuyasha auf sie. Sein Gesicht war nur Zentimeter von ihrem entfernt, sein Atem streichelte ihr Gesicht. Mit aufgerissenen Augen starrten sie sich an. Anjaani war gelähmt. Seine Augen fesselten sie und ein erschreckendes Gefühl kam in ihr hoch. Das unschuldige Mädchen spürte seinen Körper auf ihrem, wie er sich hart und heiß an sie presste und eine Sehnsucht in ihr weckte, die sie nie verspürt hatte. Ihr Herz hämmerte wild gegen seine Brust. Auch sein Atem wurde schneller. Sie wollte zuschlagen, ihn wegdrücken, oder sich sonst wie wehren, aber ihr verräterischer Körper gab sich der Hitze hin, die zwischen ihnen ausgebrochen war. „Inu-“ Er küsste sie. Plötzlich verschmolz sein Mund mit ihrem. In ihrem Kopf drehte sich alles, ihre Lippen begannen zu brennen. Er küsste sie feurig und leidenschaftlich und die unerwartete Situation entlockte ihr ein leises Stöhnen. Seine Reaktion drauf war heftig. Er schlang die Arme um ihren Körper und drückte sich noch drängender an sie. Die Leidenschaft seiner Handlung überwältigte sie. Ihre Hüfte begann zu kreisen, in dem heißen Rhythmus, in dem beide gefangen waren. Sie schrak zusammen, als sie seine seine harte Männlichkeit spürte. Es überkam sie eiskalt. Augenblicklich war alles vorbei, der Zauber, das Feuer, das Verlangen und er ließ von ihr ab. Schwer atmend saßen sie sich gegenüber, mit erschrockenem Blick. Reflexartig schnappte sie sich ihre Schultasche und rannte aus der Wohnung. „Gott im Himmel, was war das nur gewesen?!“ Anjaani saß völlig aufgelöst im Bus und war den Tränen nahe. „Gott, oh Gott im Himmel! Was war da nur geschehen?!“ Sie hatte Inuyasha geküsst, einfach so, obwohl sie ihn nicht kannte. So benahmen sich doch nur Schlampen! So war sie doch gar nicht! Normalerweise war sie abweisend gegenüber Männern. Rajesh war der allererste und einzige gewesen, der sie hatte küssen dürfen. Aber auch nur, weil sie ihn geliebt hatte. „Ich bin vielleicht in Inuyasha verliebt, aber das geht viel zu schnell! So bin ich nicht. Ich gebe mich doch nicht dem erstbesten Mann hin!“ Ihre Vorwürfe nahmen kein Ende. Zwar schockierte sie die Tatsache, dass sie geküsst worden war, aber viel schlimmer war es, dass sie es gewollt hatte, dass es ihr gefallen hatte! Es war wundervoll gewesen und sie hatte tatsächlich Lust gespürt. So etwas kannte sie gar nicht! Die Drillinge waren lüstern, ja sehr sogar, aber sie war die Unschuld in Person. Sie schämte sich so sehr! Ihre Gedanken ließen ihr keine Ruhe. Sie registrierte nur schwach, dass der Unterricht angefangen hatte. Auch Yuki, Yoko und Yami nahm sie nur am Rande wahr. Ihre schuldvollen Gedanken ließen sie einfach nicht los. „Warum werfe ich mich dem erstbesten Mann an den Hals? Nein… eigentlich liebe ich ihn. Von seinen Augen hatte ich ein Leben lang geträumt. Und erhat mich geküsst!“ ... Oh, Gott im Himmel! Warum hatte er sie geküsst? Empfindet er etwas für sie? „Wie das denn, wir kennen uns nicht! Ich weiß nur, er ist dickköpfig, und aggressiv und stur und brutal und groß und kräftig und attraktiv und heiß und VERBOTEN! Ich kenne ihn nicht, was wenn ich ihn vergrault habe? Aber er hat doch mich geküsst! Wenn es nur Lust war? Einfache Begierde, ein sexueller Trieb? Wenn kein bisschen Gefühl dahinter steckte? Er ist schließlich ein Mann, das hab ich nun überdeutlich gespürt... oh Gott, wieso denk ich an so was!!!!“ Vielleicht war es nur Begierde? Würde er einfach so mit ihr schlafen, wenn sie sich ihm hingeben würde? War es nur das? Aber sein Verlangen war so warm, so süß gewesen. Er hat sie nicht ungebändigt und wild geküsst- es lag Zärtlichkeit in seiner Leidenschaft. Anjaani hatte Geborgenheit gespürt und Zuneigung. „Oh, Gott!!!“ Ihr Leben ist durch einen kleinen Kuss noch komplizierter geworden! „Was mach ich jetzt überhaupt? Was geschieht, wenn ich nach Hause komme? Wie wird er auf mich reagieren? Und wenn er nicht mehr da ist? Was, wenn ich ihn verloren habe?“ „Heilige Jungfrau, Aani!“ Sie schreckte auf. Die Drillinge starrten sie entsetzt an. „Warum weinst du? Was ist los?“ Ungläubig fuhr sie sich über die Wangen. Tatsächlich, ihr Gesicht war nass. Tränen... sie konnte weinen? Der dröhnende Gong ertönte in diesem Moment- Schulschluss. Nun konnte der Lehrer Yukis lauten Aufschrei nicht mehr Rügen. Zum einen war Schreien verboten und zum anderen durften sie im Klassenraum kein Hindi reden. Doch ehe er etwas unternehmen konnte, war der Störenfried verschwunden. Die Drillinge waren Anjaani sofort hinterher gestürmt. Anjaani wollte nur noch Heim, zu ihm! Sie musste zu ihm zurück! Falls er noch da war... Auf dem Schulhof bedrängten sie jedoch ihre besorgten Freundinnen. „Aani-Schatz, geht es dir schlecht, bitte sag, was los ist! Wir kriegen Angst!“ „Sorgen“, murmelte sie. In Yamis dunkelgrünen Augen bildeten sich Tränen. „Ist es wegen Rajesh?“ „Nein.“ „Bitte, was ist mit dir! Was ist passiert?“ Sie atmete ruhig aus. Sie hatte sich verraten, jetzt schuldete sie ihnen eine Antwort. Die Wahrheit? Sie hatte die Freundinnen nie angelogen. „Es geht um einen Mann.“ Die Augen der drei wurden riesig. Ein Mann? Das war etwas völlig neues! „Ich bin verliebt.“ Allen klappte der Mund auf. „Wie jetzt“, stieß Yuki, eher entsetzt als überrascht, aus. „Ich sah ihn und habe mich verliebt.“ „Urplötzlich?“ Anjaani wusste nicht, wer das fragte, denn sie hielt die Augen geschlossen. „Es hat mich unerwartet und heftig erwischt.“ „Und Rajesh?“ Es war so ein leises Murmeln, dass sie nicht sicher war, ob sie es sich eingebildet hatte. „Raj...“ Sie überlegte. „Hm, wenn ich an ihn denke, ist nur Ekel und Angst da. Mehr nicht. Kein Schmerz, keine Qualen. Als wäre er eine Erinnerung aus längst vergangener Zeit. Ein nicht vollständig verblasster Alptraum. Wenn ich vor kurzem noch die Augen geschlossen habe, habe ich Rajs Gesicht vor mir gesehen. Ich hörte seine Stimme und spürte diese Qualen... und es brachte mich fast um vor Schmerz.“ Totenstille. Die Mädchen atmeten nicht mal mehr. „Jetzt schließe ich die Augen und sehe ihn. Seine Stimme ist so weich und warm. Seine Augen verfolgen mich überall. Sie glänzen golden wie die Sonne. Wie flüssiger, hellgoldener Bernstein. Tief, klar, voller Wärme. Ich könnte immerzu nur in seine Augen sehen. Ich sehe sie überall.“ „Das klingt ja genau nach deinem Saajan...“ „Es ist Saajan.“ Da die darauf folgende Stille anhielt, öffnete Anjaani die Augen. So verwundert hat sie die Drillinge noch nie gesehen. Die Drei wussten alles aus ihrem Leben... alles, natürlich auch von Saajan. „Wie meinst du das, es ist Saajan?“, wagte sich dann Yami voran. „Saajan, deine Sehnsucht?“ „Er siehst ganz genauso aus wie Saajan. Und er hat die selbe Stimme. Ihr werdet es nicht glauben, aber alles stimmt überein!“ „Wieso sollten wir das nicht glauben?“ Yami war unbeeindruckt. „Wir haben immer gewusst, dass du ihm irgendwann mal begegnen wirst. Deine Gefühle liegen nie falsch. Aber dein Saajan ist doch kein Japaner.“ „Nein, er spricht zwar Japanisch, aber er sieht nicht aus wie ein Japaner.“ „Du lächelst, Aanilein... Aber wie fühlst du dich wirklich?“ „Ich weiß es nicht. Es ist kompliziert mit ihm. Er hat absolut kein Gedächtnis mehr. Er wohnt jetzt bei mir und ist im Grunde genommen von mir abhängig. Dabei bin ich die Abhängige. Ich kann nicht von ihm weg, ich schaffe es nicht. Er füllt die Leere, die Raj hinterlassen hat. Das Loch, dass er in mich gerissen hat. Er gibt mir ein neues Leben.“ Eine Weile war Stille, alle Blicke waren auf Yuki gerichtet. Sie atmete erleichtert aus. „Wenn du wüsstest, wie lange ich darauf warte, mein Herz“, lächelte sie. „Ich bin so glücklich!“ Dann brach Jubelgeschrei aus. Die Freundinnen kreischten und klatschten, hüpften vor Freude herum und warfen sich einander in die Arme. Wie sie sich freuten! Es war ein Wunder. Der größte Wunsch der Drillinge hatte sich erfüllt. Vor Freude lachten und weinten sie gleichzeitig. Dann bestürmten sie Anjaani mit Fragen. „Wie groß ist er?“ „Keine Ahnung, einen Kopf größer als ich, schätze ich mal.“ Genau wie Raj. „Welche Farbe haben seine Augen?“ „Golden wie ein von der Sonne angestrahlter Bernstein!“ Fast wie Raj. „Seine Haare?“ „Ihr wisst doch, wie mein Saajan aussieht!“ „Silberweiß wie der Mond!“ „Und ein wenig länger als mein Haar.“ „Und er hat echt kein Gedächtnis?“ „Nö.“ „Wie das?“ „Wissen wir noch nicht.“ „Wie heißt er überhaupt? Er wird doch wohl kaum Saajan heißen, oder?“ „Hm...“ Jetzt stockte Anjaani. Sein Name war schon seltsam und garantiert nicht alltäglich. „Inu“, sagte sie schließlich. „Was?! Verarsch uns nicht!“ „Nein, ich lüge nicht! So will er genannt werden.“ Die Begeisterung der Drillinge hielt sich nicht in Grenzen. Das gab ein Gekreische! „Wie cool, unsere Aani hat sich in einen Hund verliebt!“ „Was?! Wie kommt ihr auf Hund? Wegen Inu?“ Dabei hatte er doch Katzenohren! Das Gequieke war ohrenbetäubend. „Los, gehen wir! Ich will ihn unbedingt sehen!“ Jetzt merkte Anjaani, dass sie einen Fehler begangen hatte. „Unmöglich, ihr könnt ihn nicht sehen.“ „Waaaaaaaas???????“, kam es im Chor. Sie versuchte, es zu erklären. Er kenne niemanden und wisse nichts. Er sei ganz allein und brauche Zeit, zu sich zu kommen. Sonst würde er wahnsinnig werden. „Er ist ein Dämon, wer weiß wie er auf die Drei reagiert. Sie werden ihn bestimmt ärgern. Und bei Inuyashas Temperament... Ich kann von Glück sprechen, dass er zu mir nett ist.“ Aber die Schwestern ließen nicht mit sich reden. Es sei eine Unverschämtheit, so von ihm zu schwärmen, sie so neugierig zu machen und dann dürften sie ihn nicht zu Gesicht bekommen! Am Ende entschieden sie, Anjaani habe sie angelogen. Nun wurde die besagte Lügnerin sauer. „Lisa, Karina und Marie!“ Die Drillinge zuckten zusammen. Ihre deutschen Zweitnamen wurden nur in Wut ausgesprochen. „Versteht ihr nicht, dass das nicht geht? Er kennt nichts und weiß nichts! Wisst ihr, wie lange ich schon auf ihn warte und nun verliere ich ihn vielleicht! Mir geht es schlecht, warum versteht ihr das nicht?! Hier geht es nicht um euch!“ Ihre harten Worte trafen ins Schwarze. Die Drillinge schauten sie nicht an, so reuevoll waren sie plötzlich. In Yukis Augen sammelten sich Tränen. Ihr taten Anjaanis Worte an meisten weh. „Es tut uns Leid, Aani, mein Herz. Wir hatten ganz vergessen, dass du traurig bist. Du bist mir doch die wichtigste...“ „Hey.“ Anjaani wrang sich ein liebevolles Lächeln ab. „Es tut mir Leid, aber bei mir geht momentan alles drunter und drüber. Ich erzähl euch was passiert ist. Ich bin verliebt und meine neuen Gefühle machen mir ein bisschen zu schaffen. Das schlimme ist, was heute passiert ist.“ Sie sah förmlich wie die drei Ohrenpaare sich aufrichteten. Anjaani erzählte ihnen von seinem leuchtenden Blick, als sie aus der Dusche gekommen war. Sie berichtete von dem Streit, wie sie fielen, wie er sie plötzlich küsste und was sie dabei gefühlt hatte. Die Augen der Deutsch-Japanerinnen glänzten begeistert. „War es ein Zungenkuss?“ „Nein!“ Erschüttert riss sie die Augen auf. Naja fast... „Warum regst du dich dann darüber so auf? Yuki-Hase gibt dir so oft solche harmlosen Küsse.“ „Warte, Moment mal... Du hast Lust empfunden?!“ Yuki schien es kaum zu glauben. Anjaani nickte beschämt. „Entschuldige, Yuki-Häschen...“ „Hat er dich angefasst?“ „Nur umarmt.“ „Wieso habt ihr aufgehört?“ „Naja...“ Das Rot in Anjaanis dunklem Gesicht verstärkte sich nur. „Ich hab da... ich hab was gespürt... Oh, es war furchtbar!“ „Was denn? Jetzt sag schon!“ „Naja... sein... dieses da...das!“ „Häh?“ Dann verstanden sie und grinsten breit. „Er war geil auf dich!“ „Iehhh! Nein, war er nicht!“ „Glaubst du, ihr wärt im Bett gelandet?“ „Nein!“, schrie sie entsetzt und begann zu weinen. „Das will ich nicht! Das geht nicht, das darf ich nicht!“ Detailreich teilte sie ihnen ihre Bedenken und Sorgen mit. Obwohl die Drillinge nicht viel von Keuschheit hielten, verstanden und respektierten sie Anjaanis Einstellung. Die vier Freundinnen diskutierten lange darüber. Langsam dämmerte der Abend heran. Sie schlugen vor, Anjaani zu begleiten, aber sahen ein, dass ihre Anwesenheit nur noch mehr Probleme mit sich bringen könnte. Sie verabschiedeten sich, nicht ohne Anjaanis Versprechen, ihnen „Aanis Hund“ mal vorzustellen. Wie die Zeit vergangen war! Ihr Bus nach Hause kam erst in 50 Minuten. Verdammt, wieso hatte sie sich so verplappert?! Die Nachtluft war so kalt. Und hier draußen lauerten alle möglichen gefährlichen Typen. „Anjaani! Wo warst du die ganze Zeit?“ Erschrocken schrie Anjaani laut auf. Vor ihr aus der Dunkelheit erschien Inuyasha. Seine Augen glitzerten bedrohlich und lösten ein mulmiges in ihrem Bauch aus. Er war wütend. „Den ganzen Tag warte ich auf dich! Du hast gesagt, du kommst gegen Mittag. Wo bist du so lange gewesen?!“ Sie schaute ihn bedrückt an. Wieso sah er so gut aus? Eigentlich mochte sie Männer nicht, deren Haar so lang war wie ihres, aber er... „Wo warst du die ganze Zeit?!“ „Ich...“ Anjaani schüttelte es vor Kälte. „Tut mir leid, aber meine...“ „Erzähl mir das nachher“, unterbrach er sie grob. „Wir gehen, sonst erfrierst du.“ Schon nach den ersten paar Metern begann Anjaani zu schwanken. Inuyasha merkte, dass sie geschwächt war. Das fing ja gut an mit diesem Mädchen! Er hatte keine Lust auf einen weiteren Schwächeanfall. Ohne Vorwarnung hob er sie auf seine Arme. Unglaublich! Raj hatte sie noch nie getragen. Anjaani suchte seinen Blick, doch seine Auen waren stur geradeaus gerichtet. Ihr Herz begann wie wild zu pochen, als seine Körperwärme und sein Duft sie umströmten. Er roch wundervoll. So weich und warm! Oh, von diesem Duft konnte man süchtig werden! Zufrieden schmiegte sie das Gesicht an seine Brust. Ihre Arme hatte sie locker um seine Schulter gelegt, doch als er plötzlich rannte, krallte sie sich an seinem Nacken fest und presste das Gesicht an seinen Hals. Was war das nur? Plötzlich war ihr Leben schön. Seine Nähe war solch ein Genuss! Mit geschlossenen Augen lehnte ihr Kopf an seiner breiten Schulter. Anjaani wusste, dass er schnell rannte, übermenschlich schnell, aber sie wollte nicht wissen wie. Der eisig kalte Wind, der ihnen entgegen schlug, verriet ihr genug. Wie kalt ihr war! Sie fror entsetzlich. Doch sie sagte nichts. Solle sie nur ruhig sterben, aber loslassen sollte er sie nie mehr! Vor dem Wohnhaus setzt er sie ab. Kraftlos konnte sie sich nicht mehr auf den Beinen halten und sackte zusammen. „Was ist los? Sag was! Was fehlt dir plötzlich?“ Inuyasha klang erschrocken. „Allergisch auf Kälte“, stammelte sie. „Raubt mir Kraft.“ „Was, warum sagst du nichts?“ „Ich kann dran sterben...“ „Wie bitte?!“ Doch sie hörte seinem Schwall aus Flüchen und Verwünschungen nicht zu. Die Kälte tat weh. „Verdammt“, knurrte er und trug die halb bewusstlose Frau auf seinen Armen in die Wohnung und setzte sie dort aufs Sofa. „Was soll ich tun?“ „Wärmen... schnell.“ „Wo sind Decken?“, rief er. „Keine Ahnung.“ „Sag was, verdammt, wo sind die Decken?!“ Vor Kraftlosigkeit fiel sie nach hinten aufs Sofa. Das letzte, was sie hörte, war seine entsetzte Stimme: „Anjaani! Anjaani! Nein!“ Plötzlich war es warm. So warm. Sie genoss diese Wärme einfach nur, ohne sich zu fragen, woher sie kam. Nach einer Weile, als es ihr besser ging, öffnete sie die Augen und blickte direkt in seine. Anjaani lag zwischen Inuyasha und dem Sofarücken. Er wärmte sie mit seinem Körper. „Verflucht sollt ihr schwachen Menschen sein“, schimpfte er. „Tut mir leid...“ „Tut dir leid! Weißt du, was für einen Schock du mir eingejagt hast?! Dein Herz schlug viel zu schwach.“ „Du hast dir Sorgen gemacht?“ „So ein Unsinn! Warum sollte ich? Ich brauche dich, um meine Erinnerungen wieder zu finden.“ Sie sagte nichts. Obwohl es weh tat, wollte sie ihn doch nicht mit einem Konter verjagen. Sie brauchte seine Wärme. „Und wo warst du überhaupt so lange? Ich dachte schon, dir sei etwas passiert!“ „Bist du mich deshalb holen gegangen?“ Jetzt fiel es ihr wieder ein. „Was ist das für eine blöde Frage!“ Gott, sah er gut aus! Sie konnte sich nicht sattsehen. „Wie hast du mich gefunden?“ „Dein Geruch hat mich hergeführt.“ Anjaani richtete sich halb auf. „Können Katzen so gut riechen?“ Es war ihr entschlüpft ohne nachzudenken und sie bereute es sofort, denn seine Gesichtszüge entgleisten. Dann wurde er puterrot vor Zorn. Er sprang auf. „Wie, zu Teufel, kommst du drauf, dass ich eine Katze bin!“ „Du hast Katzenohren“, sagte sie leise. „Ich glaub es nicht! Soll das ein Witz sein? Das sind Hundeohren!“ „Aha!“, wurde auch sie sauer. „Woher soll ich bitte wissen, was du bist! Ich kenn dich nicht und du dich doch auch nicht. Außerdem hast du Katzenaugen!“ „Ich bin ein Dämon! Ein Hundedämon!“ „Woher weißt du, dass du ein Hundedämon bist?“ „Instinkt“, knurrte er nur und unterdrückte mühsam einen erneuten Wutausbruch. „Was fällt dir ein, mich so zu beleidigen! Eine Katze, das ich nicht lache! Du bist doch nur ein dummer Mensch ohne Ahnung!“ Sie sprang auf und trat ihm gegenüber. Plötzlich hatte sie Kraft. „Undankbarer, egoistischer Mistkerl! Dann geh doch, geh! Wenn ich nur ein dummer Mensch bin. Verschwinde! Wozu verschwende ich meine Zeit?“ „Die verschwende ich!“, giftete er zurück. „Dann verschwinde“, sagte sie dumpf. „Gut!“, schrie er. „Ich brauche dich nicht!“ Die Wohnungstür fiel krachend hinter ihm zu. Alle Wut war auf einmal weg. „Ich bin so blöd! Jetzt habe ich ihn verloren!“ „Inu...yasha...“ Die Tränen überwältigten sie. Anjaani brach weinend zusammen. Irgendwann nachts wachte sie in ihrem Bett auf. „Wie bin ich da hingekommen?“ Inuyasha machte mit einem Räuspern auf sich aufmerksam. Er sah ihr nicht in die Augen. Er reichte ihr nur einen Teller mit Obst und sagte: „Hier, du hast vermutlich großen Hunger.“ „Danke.“ Sie nahm einen Apfel in die Hand, aber ihre Aufmerksamkeit galt ihm. Er bereute seine Worte, doch er konnte es nicht zugeben. „Anjaani.“ Der sanfte Ton seiner Stimme jagte ihr Schauer über die Haut. Er hockte sich vor sie auf den Boden. „Warum hast du geweint?” „Verdammt, rede nicht so! Das macht mich verrückt.“ „Hast du um mich geweint?“ Der weiche Ausdruck seiner Augen! So wunderschön! „Ich war traurig“, sagte sie knapp. „Habe ich dich verletzt?“ „Ich dachte, dass ich wenigstens für dich von Bedeutung wäre. Zumindest ein bisschen, da du mich brauchst. Ich habe mich geirrt. Mich hat noch nie jemand gebraucht.“ Die Bitterkeit in ihrer Stimme drückte schmerzhaft in ihrer Kehle. Er sah sie nur stumm an. „Meine Eltern lieben mich nicht. Sie ließen mich allein.“ Er hörte still zu. „Ich war verlobt, nach vier Jahren wollte Raj mich heiraten“ „Er verließ dich auch?“ Seine Nähe spendete Trost. Sie wollte endlich reden. „Ich war unsterblich verliebt und war so fest davon überzeugt, dass er meine einzige und große, wahre Liebe ist. Er war nicht der geduldigste und auch nicht immer der freundlichste. Aber er gab mir mehr Liebe, als ich je bekommen hatte. Ich glaubte, mein Traum habe sich erfüllt. Wir verlobten uns.“ „Und dann? Ist das der Grund, warum du am Abend unseres Kennenlernens so schwach warst? Vor Kummer?“ Anjaani kamen die Tränen. „Ich will dich nicht belästigen.“ „Erzähl“, drängte er sanft. „Dann wird es dir besser gehen.“ „Ich war Jungfrau...“ „War?“ Seine dunklen Augenbrauen schossen in die Höhe. „Dies hier ist unsere gemeinsame Wohnung gewesen. Eines Tages kam er Heim...“ Sie stockte kurz. „Er hatte mich immer bedrängt, doch ich wollte das nicht vor der Ehe. Das kam mir so unehrenhaft vor. Deshalb hatte er mir wahrscheinlich auch den Heiratsantrag gemacht. Um es kurz zu machen: Raj hatte nicht bis zur Hochzeitsnacht gewartet. Er war so brutal, dass ich fast verblutet bin. Als ich das Bewusstsein wieder erlangte, war er weg. Ich fühlte mich benutzt und gedemütigt. Nach zwei Wochen konnte ich das Krankenhaus wieder verlassen. Kurz bevor ich entlassen wurde, stand er plötzlich an meinem Krankenbett... mit meinen Eltern. Du kannst dir vorstellen, was er wollte. Er beschuldigte mich, wusch somit seine eigene Weste rein. Er hätte mich nie geliebt, hatte er gesagt. Vier lange Jahre waren eine Lüge gewesen. Er hatte sich alles von mir genommen und in Scherben zurück gelassen. Meine Eltern verabscheuten mich. Ich trug die alleinige Schuld. Ich war eine Schande für sie. Das alles ist jetzt genau ein Jahr her. Seit dem ist meine Seele ein schwarzes Loch.“ Inuyasha knurrte nur leise. „Dieser Bastard!“ Er unterdrückte mit Mühe den Zorn. „Würde er mir begegnen, ich würde ihn zerreißen!“ „Wozu?“ „Deiner Ehre willen!“ Sie lachte trocken. „Ehre? Die habe ich nicht mehr. Alles hat Raj sich genommen. Glaube, Ehre, Stolz, Unschuld. Dann warst du plötzlich da.“ Er sah sie verwundert an. „Ich?“ „Ich fühlte mich auf einmal wertvoll, gebraucht und das wichtigste, ich war nicht mehr allein. Du hattest mir das Gefühl von Wert gegeben. Es war mir so kostbar... Und jetzt sag mir bitte: Was machst du hier?“ Er richtete sich auf und setzt sich zu ihr. „Bei dir sein“, sagte er. „Mehr nicht.“ „Danke.“ Müdigkeit überwältigte sie plötzlich und legte sich wie ein schwerer Schleier über ihre Augen. „Kann ich was für dich tun?“ Seine Stimme klang so weit weg. Sie wusste nicht, ob sie das träumte, oder ob es wahr war. Sie hörte sich nur noch sagen: „Ich will nicht allein sein. Halt mich nur fest... mehr will ich nicht...“ Dann schlief sie ein. Wie er sich neben sie legte und sie in den Arm nahm, kam ihr wie ein Traum vor. Es war ein Traum... Und in ihren Träumen schmiegte sie sich an ihn und war glücklich. Einfach nur glücklich. Ja, ihr Leben ist wunderschön. Es ist immer wunderschön, wenn sie träumte. Anjaani träumte von Inuyasha und weigerte sich strikt aufzuwachen. Sein Duft war überall. Im Traum ertasteten ihre Finger seine Haut und fuhren seinen nackten Oberarm hinauf zu seinen Schultern. Harte, große Muskeln spürte sie, strich sein Schlüsselbein entlang zu seiner durchtrainierten Brust. Anjaani konnte nicht die Augen öffnen, nicht mal im Traum, weil sie Angst hatte, aufzuwachen. Seine Haut duftete und war so weich, obwohl seine Muskeln so hart und ausgeprägt waren. Sie drückte sich an ihn und schmiegte die Wange an seinen Hals, die Stelle, wo er am intensivsten duftete. Seufzend küsste sie die Haut und wisperte seinen Namen. Durch einen plötzlichen Kältestoß wachte Anjaani auf. Es war hell und warm im Zimmer. Genüsslich streckte sie sich. Sie hatte so gut geschlafen. Nun war sie vollkommen erholt und fühlte sich frisch und lebendig. Wo war Inuyasha? Wo hatte er geschlafen? Da entdeckte sie einen rot-weißen Haufen neben ihrem Bett. Warum hatte er sich ausgezogen? Und vor allem, was hatte er jetzt an? Neugierig durchstreifte sie die Wohnung. Er stand in der Küche und trank aus dem Wasserhahn und sein Oberkörper war... nackt! Er drehte sich zu ihr und obwohl sie auf den Anblick vorbereitet war, stockte ihr der Atem. „Heilige Mutter, was für ein Körper!“ Sie wankte innerlich, konnte die Augen nicht von ihm wenden. Anjaani hatte das Gefühl in der Hölle zu sein, so heiß wurde ihr. „Himmel, wenn das die Hölle ist, dann ist sie schöner als das Paradies!“ „Was ist mit dir los?“, fragte er verwundert. „Was starrst du mich so an?“ „Ich… äh ich…“ Ihr Gesicht war knallrot angelaufen und sie stotterte. Beschämt wandte sie den Blick ab. „Musst du hier nackt rumlaufen?“ „Soll ich hier etwa verbrennen?! Hier ist es heiß wie in der Hölle!“ Eigentlich stimmte das nicht. Nur in ihrem Schlafzimmer war die Heizung auf volle Pulle aufgedreht. Moment mal... er war in ihrem Zimmer gewesen, weil er sich neben ihrem Bett ausgezogen hatte. Warum war er in...? Es machte klick und sie hastete zu ihrem Bett. Tatsächlich! Das Laken roch nach ihm... nach süßem Feuer. Hat er etwa wirklich neben ihr geschlafen? War es also kein Traum gewesen, dass sie seine Haut berührt hatte? Oh, Gott! Er... „Was rennst du weg? Was ist jetzt wieder los?“ Anjaani zwang sich, sich nicht umzudrehen. Die Versuchung, die Rillen seiner Bauchmuskeln entlangzufahren war zu groß. Und sie würde ihr wahrscheinlich nicht standhalten können.Jetzt war ihr mindestens genauso warm wie ihm. „Hast du nie einen nackten Mann gesehen?“ Doch, aber nie so einen attraktiven! „Ich bin Inderin, was erwartest du?“, fragte sie stattdessen. „Ich glaube streng an die Liebe und würde nie einen anderen Mann ansehen, als den, den ich liebe.“ „Tja, nur diese deine Liebe hat dich verraten.“ Anjaani drehte mich blitzartig rum, ihr Haar flog durch die Luft und ließ Inuyasha zusammenzucken. „Oh, tut mir Leid... ich-“ „Uaaahh!!!“ Ihr begeistertes Quieken verschluckte seine Worte. Seine Ohren hatten gezuckt! Sie hatten sich bewegt! Wie putzig! „Kawaii!“, rief sie begeistert. „Deine Ohren haben sich bewegt. Darf ich anfassen?“ Doch Anjaani hatte sie schon in der Hand. „Hey, lass das!“ Sie waren so weich und warm! „Geh weg von mir, bist du verrückt geworden!“ Das Fell ist so glatt! „Hörst du nicht, geh weg!“ Das waren echte Hundeohren! „Die sind so süß! Zuck noch mal!“ Er starrte sie entgeistert an. „Geht es dir noch gut! Geh endlich weg von mir!“ Er drehte sich um, doch sie packte ihn an der Hose. „Hey, lass mich los!“ „Deine Ohren! Bitte nur ein Mal wackeln!“ „Nein!“ „Bittebittebitte!“ „Nein, verdammt!“ „Hmmm...“ Traurig richtete sie die Augen auf den Boden. „Tut mir Leid...“ Er grummelte genervt und verdrehte die Augen. Wortlos hockte er sich zu ihren Füßen auf den Boden. „Huraaa! Danke!“ Sie plumpste zu ihm runter und stürzte sich regelrecht auf seinen Kopf. „Du hast so weiches Haar“, murmelte sie geistesgegenwärtig. „Und es glänzt so schön.“ „Hm“, brummelte er nur. Eigentlich wollte sie seine Ohren berühren, aber bald waren ihre Finger mit seinen Haaren beschäftigt. Sie wühlte darin rum, schob zu Seite, massierte, kraulte und verlor sich ganz darin. Sie liebte es, in Haaren rumzuwühlen. Das war eines ihrer größten Leidenschaften. Anjaani vergaß ganz die Zeit. Eine viertel Stunde müsste vergangen sein, bis sie merkte, dass Inuyasha sich nicht mehr bewegte. Vorsichtig linste sie zu ihm runter und hätte fast laut gelacht vor Freude. Er hielt die Augen geschlossen und um seinen Mund spielte ein glückseliges Lächeln. Ihm gefiel das also. Süßes Schoßhündchen! „Es scheint dir zu gefallen“, flüsterte sie liebevoll. Er schaute sie an, um zu sehen, ob sie sich über ihn lustig machte. Aber ihre Freude war ehrlich. „Nein“, widersprach er. Anjaani lachte glücklich und wurde von dem Knurren seines Magens unterbrochen. „Uppsala! Hast du Hunger?“ Er schwieg stur. Anjaani stand auf und lief Richtung Küche. „Mal schauen ob ich noch etwas Hundefutter da habe.“ „Wie bitte?!“ Augenblicklich stand er neben ihr. Sie lachte über seine Hitzköpfigkeit. „Reg dich ab, Wauwau, ich ärger dich doch nur.“ Verärgert blies er die Backen auf. „Nenn mich noch ein Mal so!“ Er sah einfach zu süß aus! Nichts konnte ihre Laune zerstören und munter tänzelte sie zur Küche. Dort fand sie... leider nichts. „Gestern hattest du nur noch Obst“, bemerkte er. „Tja.“ Sie kratzte sich beschämt am Kopf. „Freitags gehe ich normalerweise einkaufen...“, sagte sie zum leeren Kühlschrank. „Heute ist Samstag.“ „Dann musst du eben in den Suppenmarkt.“ Anjaanis Kopf wirbelte zu ihm herum. „Das heißt Supermarkt. Du weißt, was ein Supermarkt ist?!“ „Woher soll ich das wissen!“ „Supermarkt kennst du, aber eine Digitaluhr nicht?!“ „Ich hab es einfach gesagt. Nein, ich weiß nicht woher ich das habe, also versuche erst gar nicht mich auszufragen!“ Der Kerl erstaunte sie immer wieder. „Vielleicht warst du schon einmal hier gewesen“, überlegte sie. „Wie denn?“ „Na auf dieselbe Weise, wie du jetzt hergekommen bist.“ Sein Magen meldete sich wieder zu Wort, diesmal etwas lauter. „Ich glaube, ich fange mir schnell etwas“, überlegte er laut. „Oh nein!“, bäumte sie sich vor ihm auf. „Du bleibst schön hier und benimmst dich zivilisiert. Sonst verfolgt dich der Dämonensondereinsatz. Komm mit.“ Seine Proteste ignorierend, schleppte sie ihn in ihr Zimmer. „Was soll ich damit?“ Er begutachtete die ihm dargebotene Kleidung misstrauisch. „Essen natürlich!“ Anjaani verdrehte die Augen „Wir gehen raus. Du ziehst Rajs Kleidung an. Ich will nicht besonders auffallen.“ „Was ist so schlimm daran?“ „Wenn du als Dämon entlarvt wirst, haben wir den Dämonensondereinsatz am Hals und ich will mich nicht mit der japanischen Armee anlegen müssen. Die sind knallhart mit nicht gemeldeten Dämonen.“ „Aber die Sachen stinken erbärmlich nach Verräter“, beschwerte er sich und rümpfte angeekelt die Nase. „Das ist mir egal. Hast du Hunger?“ „Hai.“ „Dann kommst du mit. Und du kannst mich auch beschützen, falls die Kerle wieder auftauchen, die mich immer belästigen wollen.“ „Belästigen?“ Bemerkenswert, wie schnell er sich angezogen hatte. Sie hatte natürlich nicht zugesehen. Nachdem sie ihm die Haare zusammengebunden hatte und mit einer Kappe seine Ohren bedeckt hatte, begutachtete sie ihn. „Es steht dir gut. Du siehst älter aus.“ „Und verdammt sexy!“ „Ich fühle mich wie ein Trottel“, grummelte er. „Du hast immer was zum meckern, oder?“ „Ja.“ „Komm jetzt, bevor zu großer Andrang entsteht.“ „Was sind das für Typen, die dich belästigen?“ „Wirst du hoffentlich bald sehen.“ Kapitel 2: Verehrer und Diebe ----------------------------- „Ich werd noch wahnsinnig! Nimm mir die Dinger von den Füßen!“ Anjaani amüsierte sich prächtig über Inuyashas Gehversuche in Schuhen. So wie er sich anstellte, hatte er anscheinend noch nie welche getragen. Bis jetzt war er ja auch barfuß gewesen. Ein Glück, dass ihm Rajs schwarze Adidas- Schuhe wie angegossen passten. So viele Gemeinsamkeiten... „So schwer ist das doch nicht. Reiß dich mal zusammen.“ „Das sagt sich so leicht“, murrte er. „Warum kann ich sie nicht ausziehen?“ Langsam ging er ihr auf die Nerven. Wie oft hatte sie ihm das schon erklärt! „Weil ich dir tausend Mal gesagt habe, dass kein normaler, unauffälliger Mensch barfüßig herumrennt!“ Augenrollend deutete er auf eine Gruppe bunter Lolitas auf der anderen Straßenseite. „Die sind unauffällig?! Und schau erst mal dich an. So ein Kostüm habe ich noch nie gesehen.“ Sie blickte an sich herab auf ihren zartgelben Sari, der mit weißen Schmetterlingen verziert war. „Das ist ein traditionelles, indisches Wickelgewand und kein Kostüm“, erwiderte sie leicht patzig. „In Indien trägt man das und ich liebe es.“ Ihre Augen blitzten plötzlich herausfordernd. „Oder sehe ich nicht gut aus?“ „Doch“, wehrte er schnell ab. „Du siehst gut aus. Es betont deine Figur.“ „Oh, findest du? Danke!“ Ihr Strahlen war voller Herzlichkeit. Inuyasha hatte zwar kein Gedächtnis, aber seinen Verstand hatte er nicht eingebüßt. Und das Erscheinungsbild von Frauen darf man nie, NIE kritisieren! In keiner Epoche dieser Welt. „Es betont deine Figur“ war ein Standartsatz, der immer richtig war, wie er mit einem Blick auf Anjaanis zufriedenes Gesicht bemerkte. Und sie sah gut aus... So ein Schwachsinn! Sie sah nicht einfach nur „gut“ aus. Sie sah wunderschön aus! Vor allem wenn der Wind durch ihr langes Lockenhaar wehte und das Stoffstück, das über ihrer linken Schulter hing, wie einen Schleier flattern ließ. Diese Farbe stand ihr gut. Jede Farbe stand ihr gut. Der Sari rückte ihren Körper ins richtige Licht. Ausnahmslos jeder Mann auf der Straße starrte ihr hinterher. Der Sari war ein besonders feminines Kleidungsstück. Ihr weißes, sehr knappes Top schimmerte durch den zarten Stoff, auch ihr kleiner Bauchnabel war sichtbar. War ihr Bauch wirklich so flach und straff, wie es der dünne Stoff vermuten ließ? Die Brüste so rund uns prall? Er spürte, wie seine Wangen sich erhitzten. War ihr Körper so perfekt wie ihr Gesicht? Dieses schöne, so wunderschöne Gesicht... Er musste sich sogar eingestehen, dass er noch nie ein schöneres Gesicht gesehen hatte. Erinnerung hin oder her, er war sich sicher, dass es keine schönere Frau auf dieser Welt gab. Neben sich sah er ein Wesen, dass die Schönheit persönlich verblassen ließ. Deswegen hatte er auch nicht länger widerstehen können... ihre bebenden Lippen an seinen... Der Dämon zuckte zusammen, als er merkte, dass er von diesem Menschenmädchen zu schwärmen begann. Hatte er sich, bevor er sein Gedächtnis verloren hatte, immer so dämlich benommen? Das glaubte er nicht. Er hielt sich für einen stolzen, furchtlosen und gefürchteten Youkai, der niedere Gefühle wie Liebe nicht kannte. Aber warum wurde er so schwach in ihrer Nähe? Er hatte sie an seinen Ohren rumspielen lassen. Noch schlimmer, er hatte es auch noch genossen! Fast hätte er sich dabei vor lauter Wonne in ihren Schoß gekuschelt und geschnurrt, wenn das so weiter gegangen wäre. „Bin ich überhaupt noch normal?! Was treibt diese Hexe mit mir?" Warum machte sie ihn zahm wie ein Schoßhündchen? Er verstand das nicht. Gut sie war schön, übernatürlich schön... Jeden Mann brachte sie um den Verstand, wie er mit einem Blick auf die Männer in ihrem Umfeld bemerkte. Er verstand, dass ihr niemand widerstehen konnte. Noch dazu war sie liebevoll und freundlich. „Und ich mag sie, aber das darf sie nie erfahren!!!" Damit sie von seinem Gefühlschaos ja nichts mitbekam, fragte er mürrisch: „Warum muss ich Schuhe tragen, wenn andere wie die dümmsten Trottel rumlaufen dürfen?“ Er knurrten einem jungen Mann mit langer, grellgrüner Irokesenfrisur an, der Anjaani mit offenem Mund hinterher starrte. „Weil es nicht normal ist, keine zu tragen“, lächelte sie. „Ein Mensch ohne Schuhe ist wie ein Krieger ohne Schwert... einfach peinlich.“ Ein Grollen erklang aus den Tiefen seiner Kehle. Sie beachtete seine tödlichen Blicke nicht. Es hatte vorhin einen großen Streit gegeben, weil Anjaani drauf bestanden hatte, sein altes, verwahrlostes Schwert in der Wohnung zu lassen. „Dieses Schwert gehört zu mir, wie ein Säugling zu Mutter!“, hatte er zum Schluss geschrieen. „Ach, hat es etwa einen Namen?“, hatte Anjaani gespielt überrascht gefragt. „Ja!“ „Nenne ihn mir und du darfst das Ding mitschleppen. Ansonsten bleibt es hier!“ So hatte er am Ende nachgeben müssen. Dieses Weibsbild war nicht normal! Ihre Laune konnte im Sekundentakt wechseln. Jetzt zum Beispiel tänzelte sie fröhlich summend an seiner Seite. Wie ein Sonnenstrahl sah sie aus und zog jeden in ihren Bann. „Sie ist ein guter Mensch“, gestand er sich ein. Sie hatte keine Angst vor ihm und sie nahm ihn bei sich auf, ohne etwas von ihm zu erwarten. Selbst, wenn er es nie zugeben würde, er war ihr unendlich dankbar. Ihre Nähe entspannte ihn und er genoss es mit ihr im warmen Sonnenschein des Frühlings zu spazieren. Würden seine Ohren nur nicht unter dieser vermaledeiten Kopfbedeckung so jucken! „Nein, Inuyasha!“ Er starrte sie überrascht an. „Du gewöhnst dich noch an das Jucken“, erklärte sie schmunzelnd. „Woher weißt du das schon wieder?“, grummelte er gereizt. „Ich bin feinfühlig“, sagte sie. „Ich spüre deine Energie und sehe es in deinen Augen. Meine weibliche Intuition ist ziemlich ausgeprägt.“ „Aber es nervt so“, jammerte er. Sie lachte in aufmunternd an. „Daheim darfst du alles tragen oder ausziehen was du willst. Von mir aus darfst du sogar nackig rumrennen.“ Wie schön sie war, wenn sie lachte! „Pöh“, machte er nur und errötete sanft. Er konnte sich ganz genau vorstellen, wie sie reagieren würde, wenn er nackt durch ihre Wohnung rennen würde. Sie konnte ihn ja nicht mal ohne Oberbekleidung ansehen! Man sah ihr deutlich an, wie unschuldig sie war. Ihre unschuldige Ausstrahlung betonte ihre Schönheit nur noch mehr und ließ sie vor Liebreiz regelrecht übersprudeln. Doch ein gewaltiges Feuer konnte in ihr brennen, wenn man es entfachte. Ihr Kuss war voller Leidenschaft gewesen und ihr Körper so heiß und begehrenswert, der lockte, verführte und nach mehr verlangte... Schlagartig wurde ihm bewusst in welche Richtung seine Gedanken gingen, als sein Körper dementsprechend auf die heraufbeschworenen Bilder reagierte. Zum Glück rettete ihn das Knurren seines Magens, denn sie hatte ihn neugierig beobachtet. Mit dem stärker werdenden Hunger verflog seine Erregung glücklicherweise sofort. „Wir sind gleich da, Inuyasha. Nur noch über die Straße und- uaaah!“ Blitzschnell hatte er sie an sich gerissen. Anjaanis Herz klopfte wie verrückt. Sie hatte den Fahrradfahrer nicht gesehen. Er hätte sie umgefahren, hätte Inuyasha nicht reagiert. Seine Reflexe waren der Wahnsinn! „Geht es dir gut?“ Seine Hände hielten ihre Oberarme umklammert, ohne sie mit den Krallen zu verletzen und sein Atem streichelte warm ihre Wange. Mehr als ein kurzes Nicken brachte sie nicht zustande. „Dann pass gefälligst besser auf“, grollte er los und stieß sie leicht von sich. „Kann man dich denn nirgends alleine lassen, du bist doch unmmh-“ Schnell hatte sie ihm einen Kuss auf die Lippen gehaucht, der ihn abrupt verstummen ließ. Seine Augen wurden groß. „Danke“, lächelte sie zuckersüß. „Ich danke dir von Herzen. Und es tut mir leid, Inuyasha.“ „Schon gut“, murmelte er genervt und errötete leicht. Gemeinsam überquerten sie die Kreuzung. „Es war kein Kuss, es war nur ein kleines Küsschen“, redete sich Anjaani ein. „Es war harmlos und bedeutet nichts. Ich hab ihn ja kaum berührt. Außerdem hat das einen großen Streit verhindert. Es war nur eine kleine liebevolle Geste des Dankes, mehr nicht!“ Trotzdem brannten ihre Lippen und ihr Herz raste. Inuyasha machte sich derweil seine eigenen Gedanken. Es war beleidigt. Mit so einem miesen Trick hatte sie ihn überwältigt! Oder war es nur der Wunsch, ihre vollen, roten Lippen richtig zu spüren? „Inuyasha, wir sind da.“ „Na endlich! Ich sterbe vor Hunger!“ „Was willst du denn essen?“ „Was für eine blöde Frage!“ Er war sofort wieder verärgert. „Was soll ich denn essen, wenn ich-“ „Wuff!“ „Nein, du dummes Viech!“ Anjaani prustete laut los. Ein kleines, schneeweißes Hündchen hatte sich auf Inuyasha gestürzt und versuchte fröhlich bellend an seinem Bein hochzukommen. Inuyasha wiederum versuchte seinen fanatischen, kleinen Verehrer abzuschütteln. Anjaani kriegte sich nicht ein vor Lachen. Das sah so süß aus! Inuyasha, der panisch versuchte, ein kleines Hündchen von seinem Bein abzuschütteln. Wo ist die Fotokamera, wenn man eine braucht! „Hör auf zu lachen und nimm dieses nervige Ding von mir!“ „Es scheint dich zu mögen“, japste sie unter Tränen. „Vermutlich kommst du ihm bekannt vor.“ „Das ist nicht witzig“, knurrte Inuyasha, immer noch verzweifelt versuchend, das weiße Fellbündel von seinem Bein zu schütteln. Doch Anjaani, sich immer noch kaputtlachend, machte keinerlei Anstalten, ihm zu helfen. Und Inuyasha schimpfte und fluchte wie ein Irrer. „Mary, aus! Du meine Güte, aus!“ Eine mollige kleine Frau kam auf die beiden zugewackelt und packte das schwanzwedelnde, überglückliche Tier. „Es tut mir wirklich leid, hat sie euch was getan?“ „Nein, hat sie nicht“, kicherte Anjaani, bevor Inuyasha zu einer grimmigen Antwort ausholen konnte. „Verzeiht bitte die Belästigung.“ „Nein, nein“, wehrte Anjaani ab. „Wir haben uns gefreut. Ihre Mary scheint meinen Freund hier sehr zu mögen.“ „Ui, meine Kleine“, sprach die Frau ihren Hund an und wippte ihn leicht auf ihren Armen auf und ab. „Hast du einen neuen Freund gefunden? Na, na!“, rief sie, als Mary versuchte, ihr aus dem Arm zu springen. „Nun, junger Mann, sie haben wohl eine kleine Verehrerin.“ Alle, außer Inuyasha, lachten. Der hörte dem Gespräch von Anjaani und der nervigen Frau mit ihrem nervigen Köter gar nicht zu. Er ignorierte auch das jammervolle Winseln des Hündchens, als es weggetragen wurde. „Der hast du jetzt das Herz gebrochen“, schmunzelte Anjaani. „Arme, kleine Mary. Tja, jeder hat einen Verehrer.“ Inuyasha begann zu zittern. „Ich bin kein Hund“, presste er zwischen den Zähnen hervor. „Oh“, stieß Anjaani überrascht aus und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn näher zu betrachten. „Was ist denn jetzt schon wieder?“ Sie war ihm so nah, dass ihr Haar seine Nase kitzelte. Sie roch berauschend! „Du hast ja Fangzähne. Das habe ich ganz vergessen. Zeig mal.“ „Nein, ich mache jetzt nicht den Mund auf, damit du an mir wie an einem Spielzeug rumfingern kannst.“ „Ich will sie sehen!“, rief sie empört aus. „Warum, zum Teufel?!“ Weil sie sie nicht gespürt hatte, als er sie geküsst hatte. Sie waren beim Kuss nicht im Weg gewesen... „Warum darf ich nicht!“, regte sie sich auf. „Weil es sein kann, dass ich aus einem Reflex heraus zubeiße“, grinste er böse. Sofort zuckte sie von ihm weg. „Aber wenn du schläfst“, murmelte sie leise. Das überhörte er. Stattdessen meckerte er sie an, weil sein Magen immer leerer wurde. Also ging Anjaani den Einkaufswagen holen. Sie befanden sich hinter dem Gebäude unter einer Art Pavillon. Hier war sie vor den Passanten versteckt. Kaum betrat sie den Pavillon, lief es ihr plötzlich eiskalt den Rücken runter. „Da ist ja unsere hübsche, indische Prinzessin, Jungs“, ertönte es hinter ihr. Große, schwere Steine bildeten sich in ihren Magen. Trotz aller Warnungen ihres Verstandes, drehte sie sich um. Da standen sie, drei japanische Jungs aus der Nachbarschule. Sie waren ungefähr in ihrem Alter. Jeden Freitag lauerten sie ihr am Supermarkt auf, aber da die Drillinge, die den schwarzen Gürtel in Karate besaßen, Anjaani beim Einkaufen immer begleiteten, kamen die Typen ihr nie zu nahe. Außer Pfiffen und obszönen Bemerkungen hatten sie nie viel gemacht. Jetzt war Anjaani allein. Wo war nur Inuyasha? „Wo warst du gestern, meine Kleine?“, fragte der Größte. Alle drei kamen auf sie zu. Sie schwieg stur und versuchte an den drei vorbeizukommen. Doch der Große versperrte ihr den Weg. „Na, na. Es ist unhöflich, nicht zu antworten, wenn man etwas gefragt wird.“ Sie kreisten das verängstigte Mädchen ein. „Scheinst dich wohl für was Besseres zu halten“, sagte er hämisch. Er riss sie an sich und hätte sie den Kopf nicht vor lauter Überraschung gedreht, hätten seine Lippen ihren Mund und nicht ihre Wange getroffen. „So weiche Haut... wahnsinn!“ Mit einem wütenden Aufschrei verpasste sie ihm eine deftige Backpfeife. Er starrte sie nur mit einem sadistischen Grinsen an und flüsterte ihre folgende Worte ins Ohr, die ihr das Blut in den Adern gefrieren ließen: „Das war dein Fehler... Jin, was machen wir mit so bösen Mädchen?“, fragte er seinen Kumpel. „Bestrafen“, antwortete Jin in ihrem Rücken. Anjaani wirbelte erschrocken zu ihm herum. „Was wollt ihr von mir?“ Vor lauter Angst klang ihre Stimme aggressiv statt selbstsicher. „Oho, eine kleine Wildkatze“, höhnte der dritte im Bund. Er schnappte sich ihren Arm und zog sie zu sich. Ihr Herz setzte vor Furcht aus. „Wir wollen doch nur mit dir reden. Du bist zu schön, dass wir dir auch nur einen Tag länger widerstehen können!“ Als die anderen sie auch noch packten, bekam sie Panik und wehrte sich. Ihr Kreischen wurde von einer Hand gedämpft. Alle waren so nah an sie ran gerückt, dass sie sich nicht rühren konnte. „Was machen wir jetzt mit ihr?“ Sie sah dem Sprecher direkt in die fiesen, dunklen Augen. Den gleichen Ausdruck hatte Raj auch in seinen Augen gehabt, kurz bevor er sie vergewaltigt hatte. „Bestrafen wir sie gleich hier, oder genießen wir es in aller Ruhe an einem privateren Ort?“ „Sie ist so wunderschön. Ich will sie schon so lange, ich halts nicht länger aus... Ob sie noch unschuldig ist?“, wisperte ein anderer bedrohlich. Anjaani begann zu weinen. „Warten wir's ab.“ Er riss den Sari von ihrer Schulter. „Wir werden es gleich herausfinden.“ „Den Teufel werdet ihr tun!“ Anjaani, vor Angst einer Ohnmacht nahe, spürte, wie ihr Herz wieder zu schlagen begann, als sie Inuyashas Stimme hörte. Inuyasha riss die Typen von ihr weg und schleuderte sie davon. Dann schlug er sie nieder. „Töte sie nicht“, flehte Anjaani leise. Inuyasha, der über einem der Dreien kniete und ausgeholt hatte, um mit seinen Krallen zuzuschlagen, hielt, wie aus einer Trance erwacht, inne. Er sah sie an. Blanke Wut zeichnete sein Gesicht, dieses dämonische Gesicht. Sein Körper zitterte. Er sah aus, als wäre er zum Töten bereit gewesen. Langsam kam er auf sie zu. Sie zuckte nicht von ihm weg, obwohl ihr ihre Frage deutlich in den Augen stand: „Bist du so ein Monster, dass du sie getötet hättest?“ Er senke den Kopf. „Ich hätte sie nicht getötet“, wisperte er leise und sah sie dabei nicht an, damit sie die Lüge in seinen Augen nicht sehen konnte. Doch wenn es nach ihm gegangen wäre, wären alle Drei jetzt tot, zerrissen, zerstückelt. Ohne zu zögern, hätte er alle drei mit seinen Klauen zerfetzt. Anjaani so bedrängt zu sehen, hatte ihn rasend gemacht, dass er nur eines wollte: Diese Kerle vernichten, die es gewagt hatten, Hand an sie zu legen. Er wusste, es war Eifersucht, die ihn zum Mörder werden ließ. Kalte, schneidende Eifersucht, die den Verstand lähmte und nur Platz für Rache ließ. Ohne den Blick zu heben, nahm er das Ende ihres Saris und legte es ihr züchtig über die Schulter. Die Kerle hatten sie angefasst! Sie wollten sie ausziehen! Ihr wehtun! Er konnte es nicht ertragen, wenn jemand anderes sie anfasste. Keiner durfte sie anfassen, keiner! Außer ihm! „Außer mir?“ Anjaani schnaubte bitter, doch sie sah ihn nicht an. „Tja, wie ich gesagt habe, jeder hat einen Verehrer.“ Die Ironie der Doppeldeutigkeit dieses Satzes hatten beide gerade erlebt. „Ja“, knurrte Inuyasha sarkastisch. „Jeder Verehrer kann auch ein Dieb sein. Wenn ich mir ausmale, was sie dir hätten antun können, was sie dir hätten nehmen können. Schlimmstenfalls dein Leben.“ „Ich möchte nicht noch mehr Dieben begegnen... nicht heute“, murmelte sie. „Na, die können sich dann warm anziehen. Ich bin jetzt schließlich vorgewarnt.“ Ein leises Kichern entschwand ihr, denn er sprach so süß. Und dieses Kichern ließ seinen Zorn abklingen, so fragte er nun beruhigter: „Wie geht es dir?“ Ihr Gesicht verdunkelte sich wieder und ihre dunkelbraunen Augen blickten so verloren, dass ihm schwer ums Herz wurde. „Warum?“ Ihre Stimme klang verwirrt. „Warum können Männer mich nicht in Ruhe lassen? Selbst, wenn Raj in meinem Leben nicht mehr existiert, selbst dann...“ Sie konnte es nicht aussprechen. „Es gibt nichts abstoßenderes als körperliche Vereinigung“, spie sie leise aus. Das Wort „Sex“ konnte sie nicht aussprechen. Statt Wut verspürte Inuyasha plötzlich Schmerz. Wortlos nahm er sie in die Arme. Er wusste genau, was er da tat, doch das war ihm egal. Alles würde er tun, um diese Qual nicht mehr in ihren Augen zu sehen. Für Anjaani hörte die Welt auf zu existieren. Sein Duft benebelte ihre Sinne und die Hitze seines Körpers ließ ihre Knie zittern. Doch er deutete ihre wackeligen Beine falsch. Er dachte, sie zittere vor Angst und drückte sie noch fester an sich. Sie wusste nicht, was um sie herum geschah. Sein harter Körper an ihren gedrückt, seine Hände an ihrem Rücken, ihr Gesicht an der unendlich zarten Haut seines Halses. Völlig verzaubert von seiner Nähe hob sie den Kopf und begegnete seinem Blick. Seine Augen fesselten sie und zogen sie in seine goldenen Tiefen. Sein heißer, süßer Atem in ihrem Gesicht raubte ihr den letzten Rest ihres Verstandes. Sie sah nur noch, wie seine Lippen näher kamen, als sie ihre Augen schloss. „Wuff!“ „Verflucht! Nicht schon wieder so ein Viech!“ Anjaani stand da, als wäre sie mit eiskaltem Wasser begossen worden, während Inuyasha sich wieder eines kleinen Hundes entledigen musste. Wütend schleuderte er das Tier von sich, packte ihre Hand und zerrte sie eilig in den Supermarkt. Inuyasha fluchte und schimpfte, doch plötzlich hielt er inne, um sie überrascht anzustarren. „Was ist los mit dir, Anjaani? Du siehst wütend aus.“ „Lass uns einkaufen“, sagte sie nur leise und senkte den Blick. Sie war so enttäuscht. Beinahe hätte er sie geküsst. Jetzt war sie am Boden zerstört. Inuyasha schaute ihr mit schmerzlichem Blick nach. Diese Idioten! Er hätte sie töten sollen, nicht laufen lassen. Wie kann er ihr nur helfen? Ihr spitzer Schrei ließ ihn vor Schreck zusammenzucken. Mit rasendem Herzen und einem schnellen Sprung war er bei ihr. „Was ist passiert? Was-“ „Guck mal, Erdbeeren!“, kreischte sie. „Was zu Teufel-!!!“ „Ich fass es nicht, das Kilo Erdbeeren kostet nur 65 Yen!“ Sie war völlig aus dem Häuschen und schien vor Freude zu platzen, während Inuyasha sie mit weit aufgerissenen Augen anstarrte. „Ist das nicht toll“, strahlte sie ihn an. „Sag mal, geht es dir noch gut!“, schrie er wütend. „Häh? Warum?“ „Warum? Darum! Weil mir fast das Herz stehen geblieben ist! Ich dachte, dir wäre was passiert!“ Anjaani beachtete ihn nicht und ging zum Gemüsestand. „Hey, ich rede mit dir!“ „Magst du eigentlich Karotten?“ „Wie bitte?“ „Ich wollte heute ein ganz leckeres Curry kochen, du magst doch Hähnchen?“ Fröhlich summend schob sie den Einkaufswagen weiter. Er blieb an Ort und Stelle fassungslos stehen. „Ich glaub’s einfach nicht! Die ignoriert mich komplett. Ich dreh ihr noch den Hals um, ich schwöre es!“ Inuyasha kämpfte gegen seine Wut an. Er vermutete, dass sie gerade dabei war, ihr traumatisches Erlebnis von vorhin zu verarbeiten und eigentlich sollte er nett zu ihr sein. Er würde aufhören zu schmollen. Doch das war im Nu vergessen. „Oh, da bist du ja“, lächelte sie, als er neben sie trat. Sein Blick war vernichtend. „Hör mal, Inuyasha, ich rede nicht mit dir, wenn du mich so anschreist. Ich kaufe jetzt für dein Abendessen ein und du sollst aufhören mich so grob zu behandeln.“ Er schwieg sie an und drehte beleidigt den Kopf weg. Sie hatte ja recht, aber ihr ständiger Launenwechsel schlug ihm aufs Gemüt. Und sein Magen knurrte immer lauter. Anjaani legte ihm versöhnlich die Hand auf die Schulter. Er warf ihr einen kurzen Blick zu, dann betrachtete er weiterhin die Decke. „Komm, sei bitte nicht so.“ „Pff“, zischte er nur. „Inuyasha, ich schlage dir etwas vor.“ Er drehte sich weg. Sie packte ihn und schleuderte ihn zu sich rum. Am Haar zog sie ihn auf Augenhöhe runter. „Ich rede mit dir, du undankbarer, störrischer Egoist!“ „Ist ja gut“, wehrte er erschrocken ab. „Beruhige dich.“ „Großer Gott, diese Frau spinnt! Oh, nein!“ Panisch bemerkte Inuyasha, wie es in seiner Lendengegend zu ziehen begann. In ihrer Wut wirkte sie so anziehend auf ihn. Wie ihre Augen blitzen und ihre vollen Lippen bebten. Er wollte sie spüren, hier und jetzt! Aber ihre Masche konnte er auch. „Beruhigen, du benimmst dich wie ein Kind. Du-“ Seine Augen ließen sie schlagartig verstummen. Mit zärtlichem, verzehrendem Blick rückte er näher an sie heran, ohne sie anzufassen. Sie zuckte weg. Doch ihre Augen waren fest an seine geheftet und färbten sich golden. „Ich will dich“, schien sein Blick zu sagen. Er nahm ihre Hand. „Lass uns einkaufen.“ Im Inneren lachte er sich hämisch ins Fäustchen. „Was sie kann, kann ich auch!“ Der weitere Einkauf verlief ruhig und entspannt. Als sie den Supermarkt verlassen hatten, fiel Anjaani ein, dass sie Schokolade vergessen hatte. So schleppte sie ihn schnell zur nächsten Tankstelle. Natürlich trug er die vollgestopften Einkaufstüten und sie hatte ihre saftigen, roten Erdbeeren im Arm. Die beiden waren momentan die einzigen in der Tankstelle und gerade wollte Anjaani zahlen, als... „Hände hoch, dann passiert keinem etwas!“ Inuyasha musterte genervt den schwarz Maskierten- dem Geruch nach ein Mann- der ein seltsames, längliches Metallteil in der Hand hielt. Da bemerkte er Anjaanis Angst, sie hob ihre zitternden Hände in die Höhe. „Mach was er sagt und rühre dich nicht.“ Ihre leise, verzweifelte Stimme bebte. „Er tötet uns sonst auf der Stelle. Bitte. Bitte tu, was ich sage, wir haben sonst keine Chance.“ Wortlos gehorchte er. Der Typ wollte nur das Geld des Mannes hinter dem hohen Tisch. Er brüllte rum wie ein Irrer, beachtete die beiden Kunden kaum. „Wir sind nicht taub“, brummte Inuyasha schließlich säuerlich. „Wie bitte!“ Der Dieb fuhr zu ihm herum und richtete die Waffe auf ihn. Anjaani entfuhr ein Schrei und der Dieb wandte sich ihr zu. Zum wiederholten Mal erlebte Inuyasha Anjaanis Wirkung auf einen Mann, der sie zum ersten Mal erblickte. Für einen Moment war der Kerl völlig neben sich, sprachlos und verzaubert starrte er sie an, von oben bis unten und seine plötzlich verlangenden Augen blieben an ihrem Gesicht hängen. „Vergesst das Geld, ich nehme einfach dich mit!“ „Du hast sie doch nicht mehr alle!“, entrüstete sich Inuyasha. „So redet man nicht mit mir!“, schrie der Mann schrill. „Pass auf, oder ich puste dich um! Ich will diese Frau! Kleine, komm her!“ Grob riss er Anjaani an sich und die Tüten mit den Erdbeeren flogen ihr aus den Händen. Der Dieb trat achtlos drauf, während er mit ausgestreckter Waffe auf den zornbebenden Inuyasha zuschritt. Entsetzt starrte Anjaani die zermatschten Früchte an, schien sich ihrer gefährlichen Situation nicht mehr bewusst zu sein. „Du hast ein ziemlich großes Mundwerk, Freundchen“, bedrohte der Fremde dem Dämon, der keinen Funken Angst zeigte, eher schien er rasende Wut zurückzuhalten. „Ich glaub, ich muss dich töt-“ „BIST DU NOCH GANZ BEI TROST, DU VERDAMMTES ARSCHLOCH!!!“ Anjaanis Gebrüll ließ die Fenster zittern. Der Verbrecher ließ sie augenblicklich los, um sich die Ohren zuzuhalten, im selben Moment traf ihre Faust sein Gesicht. Mit einem überraschten Stöhnen ging er zu Boden. „Ich habe das Zeug bezahlt!“ Sie hockte sich auf den Dieb, der sich zusammengekauert hatte und drosch mit ihren Fäusten auf ihn ein. „Was fällt dir eigentlich ein, Eigentum fremder Leute kaputt zu machen?! Du spinnst wohl total! Die haben nur 65 Yen gekostet! 65 Yen!!! Weißt du überhaupt, was für ein Schnäppchen das ist?! Mir wächst das Geld nicht in den Hosentaschen! Ich will diese Erdbeeren, die ersetzt du mir, du mieser, verlogener,-“ „Polizei! Was geht hier vor?“ Jetzt erst hielt Anjaani in ihrer Raserei inne. Inuyasha und der Kassierer waren vor Überraschung ganz gelähmt. „Dieser Mann wollte mich überfallen“, sagte der Kassierer, zu den vier Polizisten, während Inuyasha die zornige junge Frau auf die Beine hob. „Geht es ihnen allen gut? Ist jemand verletzt worden?“ Drei der Polizisten kreisten den Verbrecher ein, mühsam darauf konzentriert, die wutschnaubende Anjaani nicht anzuschauen. „Nein“, beteuerte der Kassierer. „Er wollte diesen jungen Mann hier erschießen, aber diese junge Frau hier hat ihn aufgehalten.“ Einer der Männer schenkte Anjaani einen bewundernden Blick, senkte die AUgen aber sofort wieder. „Den haben Sie aber zugerichtet, alle Achtung. Hoffentlich lebt er noch.“ „Das hat er verdient“, zischte Anjaani und zeigte auf den roten Matsch auf dem Boden. „Er hat meine Erdbeeren zermatscht!“ „Und er hat dich angefasst“, bemerkte Inuyasha. „Wer würde das nicht tun?“, ging allen anwesenden Männern durch den Kopf. „Alle Achtung, Sie können sich aber wehren. Ich bin Inspektor Fuma. Ich möchte Sie beide bitten, mich auf die Wache zu begleiten.“ Während der bewusstlose Verbrecher in den Wagen verfrachtet wurde, rückten weitere Streifenwagen an. Inuyasha und Anjaani begleiteten Inspektor Fuma aufs Polizeirevier. Anjaanis Wut legte sich nicht, sie war nun gereizt, doch sie beantwortete Inuyashas geflüsterte Fragen mit Geduld. Sie erzählte ihm über das Polizeisystem, dass sie jetzt auf dem Revier aussagen mussten und dass der Verkäufer die Polizei heimlich alarmiert hatte, als der Ganoven abgelenkt war. Zugegeben, Anjaani hatte ein weniger harmloses Wort, als „Ganove“, benutzt. Inuyasha glaubte vor Hunger sterben zu müssen, als die beiden endlich aus dem ungemütlichen Büro vom äußerst charmanten Inspektor Fuma entlassen wurden. Inuyasha war sich sicher, wäre der Inspektor nicht so fasziniert von Anjaani gewesen, währen sie schon früher entlassen worden. „Das passiert mir auch nicht alle Tage“, gestand Anjaani. „Sowas sieht man nur im Fernsehen.“ „Fernsehen?“, wunderte sich Inuyasha. „Die große, schwarze Kiste im Schrank“, antwortete sie schleppend. „Ich zeig dir nachher, was es damit auf sich hat.“ „Fräulein, Fräulein!“ Anjaani blieb verwundert stehen. Sie hatte nicht gemerkt, dass sie an der Tankstelle vorbeigelaufen waren. Der Kassierer winkte sie eifrig zu sich. Er verbeugte und bedankte sich bestimmt tausend Mal, doch Anjaani wollte keinen Dank annehmen. „Auch nicht das hier“, schmunzelte der Mann und reichte ihr zwei kleine Schachteln mit Erdbeeren. Anjaanis Gesicht begann zu strahlen. „Bist du ernsthaft wegen den paar Beeren so glücklich?“, wunderte sich Inuyasha auf dem Heimweg. „Ja, aber auch, weil der Mann extra wegen mir in den Supermarkt gelaufen ist.“ „Du hast ihm eine ganze Menge Geld gerettet. Sein Dank ist ja lächerlich“, schnaubte er. „Inuyasha“, lächelte sie zufrieden. „Du verstehst das einfach nicht.“ Als sie zurück in der Wohnung waren, war es bereits sechs Uhr abends. Das erste, was Inuyasha tat, war, sich die Mütze von Kopf zu reißen. Anjaani ging geradewegs in die Küche. Er beobachtete, wie sie die Lebensmittel einräumte und staunte über die Vielfalt der Nahrungsmittel. Dann sah er ihr beim Kochen zu. „In ihr steckt mehr als man denkt“, dachte er, während er sie betrachtete. Summend, mit anmutig schwingenden Hüften schnippelte sie Karotten. Ihn verblüffte es immer noch, wie sie den Dieb zugerichtet hatte. Und mit was für einer Kraft! Man durfte sie nicht unterschätzen. Seine Achtung und sein Respekt waren heute deutlich gewachsen. „Gibt es viele solcher Diebe?“, wollte er wissen. „Mit so seltsamen Waffen?“ „Diese seltsamen Waffen sind sehr gefährlich“, antwortete sie, den Rücken ihm zugewandt. „Sie schleudern eine kleine Bleikugel, die so schnell ist, dass es deinen Körper durchdringen kann. Für den seltenen Fall, dass sie nicht tötet, richtet sie großen Schaden und Schmerzen an. Jeder benutzt solche Waffen, denn den Kugeln kann man nicht so leicht ausweichen, wie Schwerthieben. Solche Ladendiebe gibt es viele. Und ab heute hasse ich sie alle!“ „Aha. Wer hat mein Schwert gestohlen?“ „Ich habe es nicht gestohlen.“ Sie gluckste amüsiert. „Doch, du hast es mir weggenommen. Du bist ein Dieb.“ Er lächelte. „Wir haben einen ganz gemeinen Dieb in unserer Wohnung und der bist du.“ Sie drehte sich um, um ihn anzustrahlen. Hatte er nicht bemerkt, dass er „wir“ und „unser“ gesagt hatte? Hatte er nicht gemerkt, dass er Anjaanis Wohnung gerade als ihre gemeinsame Behausung bezeichnet hatte? „Du hast es ja wieder. Und ich bin hier nicht der Dieb.“ „Wer dann?“ Sie antwortete nicht, sondern bearbeitete die Hähnchenkeulen. „Oh, Inuyasha!“, dachte sie. „Der wahre Dieb bist du. Denn du hast mein Herz gestohlen." „Nein, hat er nicht“, widersprach ihr Herz. „Du hast mich ihm freiwillig und voller Freude geschenkt.“ Kapitel 3: Geheimes Verlangen ----------------------------- „Ich verhungere!“ Inuyashas anfängliche Quengelei wandelte sich langsam in Aggression um. „Gleich“, beschwichtigte ihn sie. „Das sagst du jedes Mal“, rief er erbost, als er schnaubend ins Wohnzimmer stampfte. „Dass du mir ja nicht die Möbel anknabberst!“ „Wie bitte!“ Augenblicklich war er wieder bei ihr. In dem Moment öffnete sie den Backofen. Der köstliche Duft, der ihn umwehte, berauschte ihn und ihm wurde schwindelig. Er legte den Kopf in den Nacken und schnupperte genüsslich. „Was ist das?“, wollte er wissen, als Anjaani drei dampfende Töpfe auf den kleinen Küchentisch stellte und setzte sich auf seinen Stuhl. „Karottencurry mit Reis, Fladen und Hähnchen“, sagte sie fröhlich. „Aber pass auf, da sind-“ KNACK!, machte es und da war es schon zu spät. In seiner Gier und Dank seines starken Gebisses, hatte Inuyasha die Knochen des Hühnerschenkels durchbissen. „Was ist das für ein Teufelszeug!“, schimpfe er und zog sich Knochensplitter aus dem Mund. „Du musst auf die Knochen aufpassen“, belehrte sie ihn. „Wer isst denn bitte so ein Teufelszeug! Furchtbar! Ekelhaft!“ Damit beging er einen großen Fehler. Anjaanis gelassenes Gesicht wurde zu einer dämonischen Fratze der Wut und ihre Augen loderten schwarz auf. „E-K-E-L-H-A-F-T! Mein Essen ist gut“, stieß sie zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Doch ihre Stimme glich einem Donnergrollen. Inuyasha fröstelte es plötzlich, als sie sich langsam aufrichtete. Dann brach der Sturm los. Sie ergriff seinen Kragen und schüttelte ihn so heftig, dass ihm Hören und Sehen verging. „Du unverschämter Dämon! Niemand schmäht mein Essen, verstanden!!!“ Sie brüllte ihm so laut ins Gesicht, dass er sich die Ohren zuhalten musste. „Ich gebe mir Mühe und koche für dich! Iss es oder stirb! Und dein Tod wird schnell kommen, glaube mir.“ Sie setzte sich wieder, doch sie bebte noch vor Zorn. „Iss!“ Hastig schob er sich Reis und Soße in den Mund. „Wenn du nicht alles aufisst, Mister, dann-“ „Das schmeckt ja toll“, stieß er verwundert aus. „Echt?!“ Sie strahlte über das ganze Gesicht und war dabei so wunderschön. „Ja!“ Begeistert machte er sich über das Abendessen her. Anjaani war im Nu überglücklich. Sie liebte es, wenn man ihr Essen mochte. Inuyasha aß genauso glückselig, wie sie ihn dabei beobachtete. „Du bist die beste Köchin der Welt“, sagte er immer wieder mit vollem Mund. „Was gibt es morgen?“ „Was auch immer du willst“, lachte sie voller Freude. „Du bekommst alles, was dein Herz begehrt. Du musst es mir nur sagen.“ „Warum?“ „Weil Kochen meine Leidenschaft ist. Und ich liebe es, wie glücklich ich dich damit mache. Schmeckt es?“ „Ob es schmeckt? Das ist der Wahnsinn! Du bist der Wahnsinn! Wem würde das da nicht schmecken?!“ „Das ist schön...“ Ihr Lächeln wurde traurig. „Raj... Raj hat es nie geschmeckt.“ „Was?!“ Inuyasha verschluckte sich. „Ihm hat es nicht geschmeckt?!“, krächzte er. „Er hat sich immer beschwert. Er meinte, ich könne nicht kochen und solle aufhören, ihn zu vergiften. Aber wenn ich vorgab, das Essen sei geliefert oder sonst irgendwie nicht von mir gekocht, hatte es ihm geschmeckt. Schau nicht so sprachlos und mach den Mund zu“, lachte sie. „Das war seine Rache, weil ich nicht mit ihm schlafen wollte.“ „Er hat dich nicht verdient“, grummelte Inuyasha. „Du bist viel zu gut für jeden Kerl auf der Welt!“ Inuyasha, so berauscht von diesem Geschmackserlebnis, wurde der Bedeutung seiner spontanen Worte gar nicht bewusst. „Dann iss dich satt, es ist genug da.“ Anjaani hatte viel gekocht. Für 5 Personen, weil sie den Drillingen etwas geben wollte, aber Inuyasha mit seinem Riesenappetit hatte nicht aufhören können zu essen. Was er letztendlich davon hatte, war ein zu voller Bauch, Übelkeit und völlige Bewegungsunfähigkeit. Erschöpft und stöhnend lag er mehr auf dem Stuhl, als dass er saß. „Isst du immer so viel?“ Anjaani konnte sich so viel Essen, wie er heute verputzt hatte, nicht immer leisten. „Uuuh…“, machte er nur und schüttelte schließlich träge den Kopf. „Ich hatte so Hunger“, ächzte er. „Es war so gut. Ich glaube, ich sterbe…“ „Weißt du was? Du ruhst dich kurz aus, dann setzten wir uns gemütlich vor den Fernseher und essen Erdbeeren mit Schokolade.“ „Boah... bitte nicht noch mehr Essen... ich esse nie wieder...“ „Dann sind die für mich, ich esse das am liebsten. Du kannst ja mal probieren.“ Sie summte fröhlich vor sich hin, während sie die Schokolade für die Erdbeeren schmolz. Als sie kurz einen Blick hinter die Schulter warf, war Inuyasha verschwunden. Seltsamer Kerl! So, wie der sich angestellt hatte, hatte sie geglaubt, er verrecke jeden Moment. Sie hätte nie gedacht, dass er wehleidig sein konnte. Und es war so süß! Der Anblick, der sich ihr bot, als sie ins Wohnzimmer trat, war ein Anblick für die Engel. Er hockte mit angezogenen Knien auf dem Sofa und als er sie erwartungsvoll mit leuchtenden Kulleraugen anblickte, zuckten seine Ohren. Wie konnte so was Störrisches und Aggressives nur so süß sein? „Was sind das?“ Er schnupperte neugierig und streckte die Hand aus. „Erdbeeren mit Schokolade, Pfoten weg!!!“ Er zog blitzschnell die Hand zurück. „Warst du nicht grade am Platzen“, wunderte sie sich, während sie den Fernseher anknipste und eine geeignete Fernsehsendung suchte. Er war gebannt von diesem neuen Phänomen. So gebannt, dass er nicht merkte, dass sie den Sari von ihrer Schulter löste und sich um die Hüfte band. Nun hockte sie in ihrem sehr knappen Choli da, das ihr gerade so unter die Brust reichte. Ihr war so heiß nach dem Kochen. Wenn sie jetzt still war, würde sie die Harmonie nicht stören, also setzte sie sich neben ihn, mit dem Teller Erdbeeren in einem Arm, die Schüssel geschmolzener Schokolade im anderen Arm. Als sie ihm den Teller hinhielt, wandte er ihr den Kopf zu- und erstarrte! Der hauchzarte Sari bedeckte ihren Oberkörper nicht mehr. Sie trug nur noch das weiße, sehr knappe Oberteil, das ihm einen tiefen Einblick in ihren Ausschnitt bot, der beeindruckend war. Jedenfalls für Inuyasha. Ihr Anblick ließ außer Röte noch ganz andere Dinge in seinen Kopf steigen. „Sie sind für dich“, meinte sie. Er zuckte erschrocken weg. „Was!“, krächtzte er. „Die Erdbeeren sind für dich. Magst du keine?“ „Keine Ahnung.“ Er bemühte sich, seine aufwallende Erregung zu unterdrücken. Ihm wurde so heiß. „Was schaust du da?“, versuchte er abzulenken. Sie drückte ihm die Fernbedienung in die Hand. „Such du einen Film aus, aber probier endlich.“ Er hatte keine Wahl, als in das kleine rote Ding zu beißen, das sie ihm hinhielt. Das erste, was er gewahr wurde, war der süße, köstliche Saft der Beere. Dann spürte er etwas anderes. Ihre Finger verschwanden zwischen seinen Lippen. Dieser Geschmack war mit keinem anderen zu vergleichen! Gleichzeitig zuckten beide weg. „Iss selber, bevor du mir die Finger abbeißt“, grummelte Anjaani leise und stellte die Schüssel zwischen sie. Doch Inuyasha war nicht so leicht zu beruhigen. Wie köstlich sie schmeckte! Dieses kleine Bisschen hatte eine Flamme in ihm entfacht, die schnell und verzehrend heiß lodern konnte- wenn er nicht aufpasste. Doch er wollte mehr. Mehr von ihr. Er musste sich zusammenreißen, damit seine Gedanken nicht mit ihm durchgingen. Aber sein Blick ließ sich nicht von ihr nehmen. Er beobachtete ihre kleine Hand, wie sie in die Schüssel griff und die Erdbeere langsam in die Schokolade tunkte. Sie hatte schöne, kleine Hände. Anmutig und zart. Ihre Lippen waren so voll und rot. Sie öffneten sich für die kleine Frucht... Ihre rosa Zungenspitze fuhr langsam und genüsslich über die Erdbeere und leckte die Schokolade weg. Sie schloss seufzend die Augen und legte den Kopf leicht in den Nacken. Inuyashas Mund wurde trocken. Ihm war, als fuhr ihre Zunge heiß und seidig über seine Haut. Sein Körper erhitzte sich noch mehr. Schokolade hing an ihrer Lippe. Er beugte sich vor, um sie ihr wegzuwischen, da hob sie den Tropfen mit dem Finger und verstrich ihn auf ihrem prallen Dekolleté. Sie sah ihn an und ihr Blick war voller Verlangen. „Mach es weg.“ Ihre Stimme war ein Raunen, das den Platz in seiner Hose noch enger machte. Er starrte sie nur an, seine Stimme versagte. Mit einer schnellen Bewegung löste sie die Bänder in ihrem Rücken und weg war ihr Choli. Sie streckte ihm erwartungsvoll ihre vollen Brüste entgegen, die nur ein dünner BH bedeckte. Darunter zeichneten sich ihre erhärteten Brustwarzen ab. Inuyasha geriet ins Schwitzen. „Bitte, Inuyasha“, hauchte sie erotisch. „Mach es weg.“ „Mach es weg, Inuyasha, hörst du mich nicht?“ „Was?“ Er zuckte zusammen. Ihre Kleidung trug sie noch und blickte ihn ungeduldig an. Seine Fantasie war anscheinend mit ihm durchgegangen, seine Kehle war ganz trocken. „Mach diese Sendung weg.“ Dann wandte sie sich hastig dem Schokoladenfleck auf ihren Lippen zu... Inuyasha hielt ihre Hand fest. „Nein“, flüsterte er. „Ich mache das.“ Sie sog scharf die Luft ein, als sein Mund ihren Hals traf und eine heiße, brennende Spur zog. Ihr wurde schwindelig und die Gefühle, die er in ihr auslöste, überwältigten sie. Seine Zunge fuhr ihren Hals hinauf, um die Schokolade aufzulecken, fuhr dann aber wieder hinab und entlockte ihr ein erregtes Stöhnen. Seine Zunge glitt über ihre Haut, immer tiefer. Seine Hand schob Hemd und BH zur Seite und entblößte eine nackte Brust. Genüsslich leckte er über die hellbraune Knospe. Ihre Hüfte begann vor Lust zu kreisen. „Oh, mein Engel“, raunte er heiser. „Ich will dich spüren.“ „Ooh!“ Sie warf den Kopf in den Nacken, als sein verzehrend heißer Mund ihre Brustwarze umschloss. Sie begann zu stöhnen und sich zu winden, zu groß waren die Empfindungen, zu empfindlich ihr schwacher Körper, seinen Reizen ausgeliefert. „Oh, Anjaani, wie machst du das nur?“ „Anjaani, wie machst du das nur?“ Sie sah ihn erschrocken an. Ihr Mund war zu trocken zum reden. „Diese Sendung wegmachen“, sagte Inuyasha. Verwirrt schüttelte er die Fernbedienung. Stumm wies sie ihn ein. Ihre Fantasie erschreckte sie. Was waren das nur für Gedanken gewesen?! Sie verspürte Lust, ohne dass er sie direkt in ihr entfacht hatte. Sie verzehrte sich nach ihm? War das sexuelle Lust? Sie hatte noch nie welche empfunden, wieso sehnte sie sich dann nach seinen Berührungen? Schnell schüttelte sie den Gedanken ab. Aber dass es Inuyasha genauso erging, das ahnte sie nicht im Geringsten. „Guck, so macht man das.“ Sie reichte ihm die Fernbedienung wieder. „Hast du gesehen?“ „Ja.“ Sie rückte ein Stück näher... „Gut. Sieh, was ich jetzt mit dir mache.“ Er versteifte sich, als sie sich zu ihm beugte und die Arme um seinen Nacken legte. Verlangend presste sie sich an ihn, rieb ihren geschmeidigen Körper an seinem. Wie von selbst zogen seine Arme sie auf seinen harten Schoß. Sie schlang die Beine um seine Hüfte und hauchte ihm zärtlich ihren brennenden Atem ins Ohr. Gänsehaut durchjagte seine Haut. Er erzitterte, als ihre Lippen zärtlich an seinem Ohr zupften. Warum war er da so empfindlich? „Anj- oh!“ Ein raues Stöhnen drang ihm aus der Kehle, als sie dran knabberte. Er presste sie an sich, sein Atem rasselte, sein Herz raste. „Inuyasha...“ „Hm?“ Vor lauter Genuss schaffte er es nicht, die Augen zu öffnen. „Oh, Inuyasha...“ Ihre Hüfte rieb gegen seinen Schritt und machte ihn fast wahnsinnig. Da glitt eine kleine Hand unter sein T-Shirt und zog es ihm schnell und geschickt aus. Die andere Hand fand den Weg unter seine Jeans und umfasste seinen harten, pochenden Schaft. Sein Körper spannte sich an, er krallte sich in der Sofalehne fest. „Hör auf“, keuchte er schwer. „Du... so tief in mir... so tief und heiß...“ Ihre Stimme war die reine Sünde. Aus ihren Augen sprachen die schönsten Wonnen. Sie zog sich das Oberteil aus und den BH. Voller Lust rieb sie ihre Brüste an seiner nackten Haut. Er war zu schwach, sich zu wehren, er wollte sich nicht wehren! Sie stöhnte leise. „Oh, Inuyasha... nimm mich.“ Er sah sie an und verschlang ihre Lippen voller Gier. „Ich will mit dir schlafen“, stöhnte sie erregt an seinem Mund. „Ich will jetzt schlafen gehen, Inuyasha.“ Erschrocken sprang er auf und lief kommentarlos ins Bad. Verdutzt starrte sie ihm nach. Inuyasha spritzte sich eiskaltes Wasser ins Gesicht, klammerte sich am Waschbecken fest und betrachtete sein Spiegelbild. Seine Pupillen waren vor Erregung geweitet und erst jetzt wurden sie langsam wieder kleiner, als sein aufgewalltes Blut sich beruhigte. Was zum Teufel war nur mit ihm los??? Er kannte sich selbst nicht mehr. Er hatte zwar kein Gedächtnis, aber seinen Charakter kannte er gut. Und er war kein Schwerenöter, Schürzenjäger oder Notgeiler. Hatte er je nach einer Frau so... so gegiert? „Himmel, ich bin doch nicht Miroku!“ Er stutzte. „Miroku? Wer ist Miroku?“ Jemand aus seiner Vergangenheit? Der Name kam ihm ganz unverbindlich in den Sinn. Begann sein Gehirn langsam wieder zu arbeiten? Anscheinend. Aber wieso war sein Verstand nicht stärker als sein dummes Herz! Er konnte nicht leugnen, dass er Anjaani begehrte. Vom ersten Moment an, in dieser dreckigen Gasse, als sie starr unter ihm gelegen hatte, hatte er sich in ihren dunklen Augen verloren. Er empfand in ihrer Nähe eine seltsame Ruhe, obwohl sein Herz stets in Aufruhr war. Er vergaß sogar, dass er ein Fremder in ihrer Welt war. Er gehörte nicht hierher. Er gehörte woanders hin. Nur wohin? Miroku? Zu dem Namen wollte ihm kein Gesicht einfallen, gar nichts! Es war wie der Nachhall eines Echos. Verloren, doch präsent. Wie eine Gedanke, der nicht seiner war. Er gehörte nicht hierher, er musste in seine Welt zurück. Nur, er vergaß ständig, dass er nicht hier bleiben konnte. „Du willst hier bleiben“, sagte eine leise Stimme in seinem Kopf. „Du willst bei ihr bleiben. Dein Zuhause ist an ihrer Seite.“ „Nein!“, knurrte er im Gedanken. „Ich gehöre nicht hierhin!“ „Warum wünscht du dir dann, für immer bei ihr bleiben zu können?“ „Ich liebe sie nicht! Ich kann nicht. Ich darf nicht.“ Warum empfand er dann solch ein Verlangen nach ihr? Warum begehrte er sie? Warum... liebte er sie etwa? „Das wars, ich bin komplett durchgeknallt! Ich liebe doch...“ Ja, wen? Wen liebte er? Wo war der Name? Das Gesicht? Es war plötzlich glasklar. Er hatte jemanden in seiner Welt geliebt. Nur wen? Verdammt! Diese große schwarze Leere in seinem Kopf machte ihn wahnsinnig. Wer war sie? Liebte sie ihn auch? Wartete sie auf ihn? Und Anjaani? Ihm wurde es hier im Badezimmer auf einmal zu eng. Er musste hinaus. Fluchtartig verließ er die Wohnung, rannte an einer besorgten Anjaani vorbei. Hinaus in die Nacht. Das alles war zu viel für den Moment. Anjaani starrte ihm nur ratlos nach. Was war mit ihm los? Irgendwas stimmte nicht. Wie gern würde sie ihm hinterher, aber ein Gefühl sagte ihr, sie sollte hier bleiben. Inuyasha würde zurückkommen. Hoffentlich. Außerdem war sie mit ihren eigenen Problemen beschäftigt. Sie hatte lustvolle Gefühle. Das hatte sie nie! Sie wusste gar nicht, was das ist! Doch sie sah in seinen Augen so viel. Die Offenbarung, den siebten Himmel, die Erfüllung all ihrer geheimsten Wünsche! Aber hat sie sich je gewünscht, von einem Mann berührt zu werden? Nein, nur von diesem Mann. „Was soll ich nur tun?“ Er ist ein Dämon, der in eine andere Zeit gehört. Wenn nur Raum zwischen ihnen läge. Aber sie trennen wahrscheinlich mehrere hundert Jahre! Allerdings... es muss doch einen Sinn ergeben, dass er hier ist, dass sie ihn gefunden hat. Sie wusste, dass er der Traum ist, der sie Tag und Nacht verfolgt. Seine Augen, sie kannte dieses goldene Glitzern. Seine Stimme rief oft im Zwielicht der Einsamkeit nach ihr. Die gleiche Stimme mit der er gestern zu ihr gesprochen hatte, kurz bevor sie ihm von Raj erzählt hatte. So sanft, so zärtlich, weich wie eine Wolke, so wunderschön! Er hatte sie schon immer verfolgt und sie hatte sich schon immer nach ihm gesehnt. Er war ihr Saajan. Gibt es sowas? Liebe, die vorherbestimmt ist? Liebe, die Raum und Zeit durchbricht? Liebe, die sich über alle Gesetze hinwegsetzt? „Nein! Das gibt es nicht.“ Wie kann sie nur so blöd sein? Genau diese Liebe hatte sie in Raj gesehen. Und sie war bitter verraten worden. Vier Jahre hatte sie an diese Liebe geglaubt, blind und bedingungslos. Wieso sollte es bei Inuyasha anders sein? Wieso sollte ihr Herz sie nicht wieder verraten, wenn es das schon mal getan hat? Und sie traute ihrem Herzen nicht mehr. Es hatte ihr so weh getan. Die Schmerzen hatten sie stark gemacht. Sie hatte ihr Vertrauen verloren, aber Stärke gewonnen. Sie wird ihre Aufgabe erfüllen. Sie wird für Inuyasha da sein, bis er sein Gedächtnis wieder hat und in seine Welt zurückkehren kann. Dann wäre sie wieder allein. Wie groß würde das Loch sein, das er hinterlassen wird? Sie kannte ihn jetzt zwei Tage! Er hat die Wunde geschlossen, er tat ihr gut, mehr nicht! Zwei Tage... ihr kam es wie eine Ewigkeit vor. Die süße Unendlichkeit. Wie lange würde sie sich noch was vormachen wollen? Sie ist verliebt! Das sagt ihr Herz, aber sie traut ihrem Herzen nicht mehr. Sie hatte für den Moment die Nase voll. Träge räumte sie die Schüsseln in den Kühlschrank und richtete sich fürs Bett. Doch sobald sie im Bett lag, war alles wieder da. Seine Stimme und seine Augen und im Nu schlief sie ein und träumte von einem Leben, in dem sie frei war zu lieben. Irgendwann kehrte er wieder zurück. Der Mond beschien so zart ihr wunderschönes Gesicht, als würde er sie streicheln. „Ihre Haut scheint dafür gemacht zu sein, gestreichelt zu werden“, durchfuhr es Inuyasha bei diesem Anblick. Ehrfurchtsvoll betrachtete er ihre Schönheit. Sie war atemberaubend. Wer würde da nicht schwach werden? Je länger er sie ansah, desto mehr wallte Zärtlichkeit in ihm auf. Wer konnte diesem zarten Wesen Gewalt antun? Sie verlockte einen geradezu, sanft zu ihr sein zu wollen. Und er konnte seinem Bedürfnis nicht widerstehen. „Nur ihre Hand, nur das. Mehr nicht...“ Sie fühlte sich so warm und weich an. Es war ein schönes, beruhigendes Gefühl. Ihre Lippen öffneten sich. Er kniete sich neben ihrem Bett nieder, um zu hören, was sie sagte. Ganz leise wisperte sie seinen Namen. Er konnte sich nicht beherrschen und streichelte zärtlich ihr Gesicht. Sein Atem berührte ihre Wange. Seine Augen glühten in der Dunkelheit. Warum verspürte er nur solch ein Verlangen nach ihr? „Oh, Inuyasha...“ Es war so leise, kaum geflüstert, doch sein Verstand setzte bei ihren sehnsüchtigen Worten aus. Er küsste sie, ganz leicht, und es war unbeschreiblich schön. In dem Moment verlor er sein Herz an sie. Denn dieses Gefühl war stärker als er. Kapitel 4: Mach Platz! ---------------------- Schlaftrunken schlug Inuyasha die Augen auf und blickte direkt in Anjaanis Gesicht. Erschrocken fuhr er hoch und sprang auf die Beine. Warum hatte er auf ihrem Bett gelegen? Hatte er ihr gestern nicht widerstehen können? Nein, sie war so weich gewesen, ihr Duft so fesselnd und er hatte nicht mehr aus ihrem Zimmer gehen wollen. Der Drang, zu ihr unter die Decke zu schlüpfen, war stark gewesen, aber er hatte sich beherrscht und sich damit begnügt, den Arm unter ihren Nacken zu schieben und ihren Kopf auf seine Schulter zu betten. So hatten sie die ganze Nacht gelegen. Wie wohl er sich gefühlt hatte! Wie wäre es, immer so aufzuwachen? Ein Traum. Nichts, als ein schöner Traum. Denn wäre sie vor ihm wach geworden, hätte sie ihm die Hölle heiß gemacht. „Was machst du hier, Inuyasha?“ Ihre Stimme ließ ihn zusammenschrecken. Sie sah ihn verschlafen an und lächelte leicht. Nur einmal durch ihre zerzausten Locken streichen... „Ich habe Hunger“, antwortete er schnell. „Ich mach gleich Frühstück“, versicherte sie gähnend. „Wo hast du geschlafen, Inuyasha?“ Erwischt! Wieso fragte sie sowas plötzlich? „Äh… im Wohnzimmer.“ „Ohne Decke?“ Die Augen fielen ihr zu und prompt war sie eingeschlafen. Inuyasha stand unschlüssig da und wusste nicht, was er tun sollte. Ohne sich was dabei zu denken, stubste er sie an. „He, wach auf. Ich habe Hunger.“ Ihr Blick fiel auf die Uhr. „Es ist sechs Uhr morgens!“, schrie sie unvorbereitet los. Inuyasha machte vor Schreck einen Satz rückwärts. „Lass mich schlafen! Raus!“ „Aber-“ Das Kissen traf sein Gesicht und erstickte den Protest. „Weck mich in zwei Stunden wieder! Raus hier!“ „Wann hab ich sie je süß gefunden?“, fragte sich Inuyasha säuerlich und schloss die Türe hinter sich. Seine Laune war wieder im Keller. Und nun musste er auch noch zwei Stunden auf das Essen warten. Seine Augen blieben an ihrem Geldbeutel auf der Schuhkommode haften. Wie war das doch gleich gewesen? Mit den Geldscheinen und Münzen kaufte man Nahrung… Er überlegte krampfhaft. Irgendwas hatte sie ihm über ihre allmorgendliche Essgewohnheit erzählt... Ja genau! Bäckerei! Dort kauft man kleine süße Backwaren. Anjaani liebte süße Backwaren zum Frühstück. Warum nicht? Er hatte Hunger und schlafen konnte er sowieso nicht mehr. Warum nicht diese neue Welt entdecken? Wo war nur diese Kappe? Er durfte nicht als Dämon entlarvt werden, sonst hätte er den Dämonensondereinsatz der japanischen Armee am Hals und Anjaanis Drohung nach, waren die selbst starken Dämonen gewachsen. Gut, getarnt, schnappte er sich ihren Geldbeutel und stürmte menschengemäß über die Treppe aus der Wohnung. Die frische Morgenluft tat so unendlich gut. Der Wind war stark und peitschte durch sein langes Haar, zupfte an der Mütze. Er sprang auf einen dicken Ast eines Baumes und erkundete die Umgebung. Diese Welt schien völlig aus Stein zu bestehen. Gab es nirgendwo Grün außer in Anjaanis Wohnung? Wiesen? Seen? Reine Natur? Irgendeine undefinierbare Sehnsucht erfüllte ihn. Er wünschte sich so sehr, mit seinen nackten Füßen über eine saftige grüne Wiese zu laufen. Ein schwerer Seufzer erfüllte seine Brust. Er würde einfach Anjaani fragen. Der Gedanke, mit ihr im warmen Sonnenschein im Gras zu liegen, war wunderschön. Er kannte sie kaum drei Tage und trotzdem beherrschte sie seine Wünsche und Träume. Für ihn gab es nur noch ein wir und kein ich mehr. Er brauchte sie ja auch in dieser Welt. Er war von ihr abhängig, aber er durfte es sich nicht mit ihr verderben. Sie war eine Frau, die geliebt werden musste. Er empfand Zuneigung für sie und sogar- was er sich beschämt eingestehen musste- sexuelle Anziehung. Aber da er ihre Abneigung zu diesem Thema kannte und sehr wohl verstand, musste er den nötigen Abstand halten. Sich gänzlich von ihr fernzuhalten war schier unmöglich. Allein ihr Duft war so unwiderstehlich und verwirrte seine Sinne. Er liebte ihren Geruch! Wie würde ihre Haut duften, vom warmen Sonnenschein gestreichelt? Ihr schwarzes, wallendes Haar auf kleinen Gänseblümchen ausgebreitet, sanft schimmernd... Eine Strähne, mit der der Wind spielte, strich über ihre roten Lippen... Die großen Augen in den Weite des Himmels verloren... Er läge bei ihr, zufrieden von ihrem Duft und die Natur mit ihrer Schönheit im Einklang genießend. Seine Fantasie wurden von einem anderen verführerischen Duft unterbrochen. Es roch nach frisch gebackenem Brot. Diesen Duft kannte er! Er sprang vom Baum und folgte seiner Nase. Über seine Gedanken konnte er nur angwidert den Kopf schütteln. Warum dachte er so lächerliche Dinge? Woher kam diese weiberhafte Träumerei? Wieso begann er wie ein verliebtes Mädchen zu schwärmen, wenn er an sie dachte? Warum machte sie ihn zum Weichei? Warum- oh! Er war vor einer Bäckerei angekommen. Die Vielfalt an Backwaren, die ihn schon vom Schaufenster aus regelrecht anlächelten, überwältigte ihn. Er trat ein. Die Verkäuferin hinterm Tresen musterte ihn misstrauisch. „Noch so ein verrückter Cosplayer“, dachte sie genervt. „Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie betont freundlich. Doch der junge Mann antwortete ihr vorerst gar nicht. Er sah sich in ihrem Geschäft um, als wäre er zum ersten Mal in einer Bäckerei. Für einen Kerl seines Alters benahm er sich sehr unhöflich. Sie schätzte ihn zwischen 20 und 25 Jahre. Als sie ihn gerade erneut ansprechen wollte, sah er sie direkt an und für einen Moment verlor die Bäckerin ihre Stimme. Er hatte brennende, goldene Augen. Unvergleichliche Augen! Wäre sie 30 Jahre jünger, wäre sie schwach geworden. Was taten junge Mädchen wohl für einen einzigen tiefen Blick von ihm? Dieser junge Mann strahlte Stärke und Männlichkeit aus. Dank der Reife ihres Alters fasste sie sich schnell wieder. „Ich brauche süße Backwaren“, sagte der Mann mit einer Samtstimme, die einem runterlief wie Öl. „Welche?“, fragte die Verkäuferin. Wieso klang ihre Stimme so unsicher? Innerlich rief sie sich zur Ordnung auf, aber sie konnte den Blick nicht senken. Diese Augen! Der arme Inuyasha hatte keine Ahnung bei der großen Auswahl. Er war froh, dass er sich überhaupt daran erinnert hatte, was Anjaani gerne aß. Dann fiel ihm ein, was Anjaani kaufen würde. „Die da mit den Erdbeeren“, antwortete er dann und lächelte triumphierend. Anjaanis Lieblingsessen waren Erdbeeren. „Wie viele, Herr...“ „Inuyasha“, sagte Inuyasha automatisch. „2 Stück und ein Brot.“ Die Frau verbarg ihre Skepsis damit, indem sie sich umdrehte, um das Gewünschte in eine Papiertüte zu verpacken. „Inuyasha? Was für ein Name! Also ist er doch ein Irrer“, dachte sie. „Wie schade, so gutaussehend, wie er ist. Seine Haare reichen ihm bis zur Hüfte und doch scheinen sie seine Männlichkeit nur zu betonen. Selbst diese Haarfarbe schmeichelt ihm.“ „Darf es sonst noch was sein?“ „Nein…“ „WUFF!“ Inuyasha fiel die Tüte aus den Armen, als ein kleiner Chihuahua ihn fröhlich kläffend ansprang. „Nicht schon wieder“, schimpfte er und packte das Tier, dass an ihm hochzuhüpfen versuchte. „Rufus“, rief die Bäckerin. „Lass das!“ Der Hund ignorierte sie komplett. Er war zu aufgewühlt vor Freude. So hatte die Frau ihn noch nie erlebt. „Rufus, hör auf! Rufus, aus! Rufus, MACH PLATZ!“ „NEEEEIIIN!!!“ Der Junge Mann warf sich panisch auf den Boden, die Arme schützend über den Kopf gelegt. Für einen Moment war die Frau ganz verdattert, während ihr Hund sich überglücklich auf Inuyasha stürzte. Nachdem der erste Schockmoment sich gelegt hatte, packte sie den Hund und sperrte ihn in den Nebenraum. Er winselte jämmerlich. Währenddessen hatte Inuyasha sich aufgerichtet. „Wie viel kostet das?“, fragte er, seine Miene verschlossen, die Stimme eisig. Der Frau fröstelte es plötzlich. Als er bezahlt hatte und ging, bemerkte die Verkäuferin zum ersten Mal, dass der junge Mann komplett barfuß war. Sie hatte doch gewusst, dass er ein Verrückter war! Innerlich zitterte Inuyasha immer noch. Was war da nur gewesen? Sie hatte diese zwei Worte gerufen und sein Körper hatte im Affekt reagiert. Er wusste nicht, wieso das passiert war. Bei diesen zwei Worten hatte er so einen Schreck gekriegt- er glaubte es nicht… er hatte sich tatsächlich erschreckt! Was bedeutete das alles nur? War es etwas aus seiner Vergangenheit? Es war wie immer, je mehr er über etwas nachgrübelte, desto größer wurde das schwarze Loch seines Gedächtnisses. Er hörte diese Worte immer und immer wieder. Doch in seinem Kopf erklang die Stimme eines Mädchens, nicht das der Bäckerin. Er hielt diesen Klang fest, der ihm so unendlich vertraut vorkam und doch so erschreckend fremd war. Er erinnerte sich langsam an etwas- eine Stimme. Wer war dieses Mädchen? Und warum erfasste ihn diese Wehmut dabei? Als er bei Anjaanis Wohnung ankam, war er in völlige Melancholie versunken. Seine Füße trugen ihn automatisch in ihr Zimmer, in dem sie friedlich schlief. Kaum hatte er den Raum betreten, richtete sie sich mit einem Ruck auf. „Was ist los? Was ist passiert?“, murmelte sie verschlafen. „Ich spüre schwere Energie.“ Irritiert sah sie Inuyasha an. „Was ist mit dir los?“ „Warum? Siehst du etwa, dass etwas nicht stimmt?“ Er gab sich gelassen, doch sie musterte ihn genauer. „Nein, aber du bist innerlich in Aufruhr, das spüre ich so deutlich, dass es mich aufgeweckt hat.“ Dann fiel ihr Blick auf die Tüte in seiner Hand. „Was ist das?“, wunderte sie sich. „Brot“, sagte er. „Du warst Brot kaufen?“ „Ja. Schau nicht so, ich hatte meine Ohren bedeckt. Guck, was ich noch habe.“ „Oh!“ Ihre Augen wurden groß. „Vanillepudding-Gebäck mit Erdbeeren. Die esse ich am liebsten! Danke!“ Sie sprang aus dem Bett und schlang die Arme um seine Brust. Sein Herzschlag beschleunigte sich augenblicklich. Doch sie hob sofort den Kopf und musterte ihn mit kritischem Blick. „Willst du duschen?“ „Wie bitte?“ „Oh, nur ein Mal diese süßen Fangzähne anfassen!“, sehnte sich ihr Herz. „In der Dusche kannst du dich waschen“, erklärte sie, nahm ihm die Tüte ab und bugsierte ihn ins Bad, wo sie ihm auch gleich die Funktionen einer Dusche erklärte. „Siehst du, es ist wie ein kleiner Wasserfall. Und wasch den Schaum gründlich ab. Die Handtücher tust du in den Korb hier.“ Er sah sie kaum an, da ihr Nachthemd gerade so ihren Hintern verdeckte. „Das tut dir gut, vertrau mir. Es ist so ein schönes Gefühl, frisch aus der Dusche zu steigen. Nun mach schon, ich bereite solange das Frühstück vor.“ Er gab sich kraftlos geschlagen, seine Gedanken waren ein einziges herumwirbelndes Rad. Wem gehörte diese Stimme, die ihn so zittern ließ? Nackt trat er in die Kabine. Wie sie es ihm gezeigt hatte, drehte er am Hahn und aus dem Duschkopf prasselte kaltes Wasser. Es war wie ein Schlag, der alle Gedanken kurz aus seinem Kopf vertrieb. Er musste sich auf die Lippen beißen, um einen Schrei zu unterdrücken. Als er sich die Wassertemperatur abstimmte, musste er zugeben, dass es wirklich ein schönes Gefühl war, den warmen Wasserstrahl auf der Haut zu spüren. Er empfand es als befreiend und spürte zufrieden, wie sich seine Muskeln lockerten. Je mehr Wassertropfen an seinem Körper herunterliefen, desto mehr gefiel ihm das Duschen. Er begann sogar, es regelrecht zu lieben. Doch da er wusste, dass Anjaani für das Wasser bezahlte, zwang er sich, Haare und Körper einzuschäumen. Auch der Schaum fühlte sich wunderbar an. Dieses Duschen war wirklich klasse! Nun bekam er ein leicht schlechtes Gewissen, weil er für seine langen Haare so viel Shampoo verwenden musste. Gegen seinen eigentlichen Willen trocknete er sich ab und mit nassen, zerzausten Haaren und einem Handtuch um die Hüften geschlungen, verließ er das Bad. „Inuyasha, du bist…“ Schlagartig verstummte sie, als sie seinen feucht glänzenden, nackten Oberkörper sah. Sie errötete. „Schämst du dich nicht?“, stammelte sie verlegen. „Ich habe keine frische Kleidung“, grummelte er. „Schon gut.“ Sie schob ihn ins Schlafzimmer- ihre Finger bebten leicht an seiner Schulter- und präsentierte ihm Rajs Kleidung. „Zieh an, was du willst. Da es nur Jeans gibt, kannst du kein Hemd finden, das nicht dazu passt.“ Fast fluchtartig verließ sie den Raum. Wenig später hörte er, dass auch sie duschte. Anjaani musste sich beruhigen, er hatte sie ins Wanken gebracht. Dieser Körper war so toll, dass ihr bei dem Anblick ganz schwindelig wurde und ihre Hormone ein Feuerwerk in ihrem Bauch veranstalteten. Währenddessen inspizierte Inuyasha den Frühstückstisch. Brot, Eier, er roch würziges Fleisch und etwas süßes, erdbeeriges. Dazu sah er ziemlich weiche Fladen und noch mehr merkwürdiges Zeug. Irgendwann verloren sich seine Augen. Er rührte sich eine Weile nicht, starrte nur auf das Marmeladenglas, ohne wirklich etwas zu sehen. Er erwachte erst aus seiner Starre, als Anjaani angezogen aus ihrem Zimmer kam. Sie trug einen luftigen, aber blickdichten, fliederfarbenen Sari, dessen Ende jetzt an ihren Arm herabfiel und ihren Bauch bedeckte, und sah einfach bezaubernd aus. Ihr noch feuchtes Haar begann sich zu wellen. „Inuyasha, nimm Platz.“ Er zuckte wie von einer Wespe gestochen zusammen. „Was stehst du da, als hättest du nie einen gedeckten Tisch gesehen? Was ist denn mit dir los?“ Sein Verhalten wurde immer sonderbarer. Was bedrückte ihn denn so plötzlich? Ihre Intuition war untrüglich. „Du hast dich an etwas Unangenehmes erinnert, stimmt's?“ Er sah sie überrascht an. „Woher weißt du das?“ „Ich sagte doch, ich bin feinfühlig. Egal was mit dir los ist, ich will dir helfen. Aber iss zuerst. Du hast noch nicht genug Vertrauen in mich, ich muss es erst gewinnen. Nein, kein Wort jetzt und genieße dein Frühstück. Heute wird ein schöner Tag.“ Stumm ergab er sich seinem Schicksal. Und er kam zum ersten Mal in den Genuss von Marmelade, Wurst, Pfannkuchen, Spiegeleiern und herrlich saftigem, knusprigem Speck. Anjaani selbst aß nur Obst, Joghurt und irgendwelche trockenen Haferflocken. Das herrliche Frühstück war nur für ihn und deshalb langte er auch ordentlich zu. Das üppige und köstliche Mahl erhellte sein Gemüt. Stumm beobachtete er Anjaanis Rücken, als sie am Spülbecken stand und abspülte. Ihre Hüfte bewegte sich rhythmisch zur Musik aus der Stereoanlage. Wie sie sich bewegte! Den Blick musste er abwenden. Er war ihr dankbar dafür, dass sie ihn in Ruhe ließ und ihn nicht mit Fragen löcherte, obwohl er sich verraten hatte. Das war das Letzte, was er jetzt wollte. Er wusste ja selbst nicht genau, was mit ihm los war. Sein Herz reagierte auf etwas, das sein Verstand nicht kapierte. Da ertönte ein hohes Klingeln. „Inuyasha, das ist das Telefon. Melde dich bitte, ich hab dreckige Hände“, bat Anjaani. „Nein“, rief er zurück. „Mach jetzt!“ Grummelig nahm er den Telefonhörer von der Gabel und fragte: „Was willst du?“ Eine Frauenstimme meldete sich überrascht. „Huch, hab ich mich verwählt?!“ „Woher soll ich das denn wissen“, meckerte Inuyasha. „Na, hören Sie mal! Geht’s auch freundlicher?“ „Nein.“ „Wer sind Sie, dass Sie so unhöflich sind!“ „Wer ist denn dran?“, rief Anjaani, so laut, dass es auch das Mädchen an der anderen Leitung hören konnte. „Ist das Aanis Stimme? Das heißt ja, dass... du bist dann...“ Plötzlich war es ruhig, ja sogar totenstill. Dann brach ein Gekreische los, das einen Berg zum Einsturz hätte bringen können. Anjaani vernahm die Worte laut und deutlich. „Yoko-Neko, Yami-Maus! Er ist es! Inu! Oh, mein Gott!“ Inuyasha musste sich den Hörer weit weghalten. Missmutig drückte er ihn Anjaani in die Hand. Sollte sie sich doch mit dem nervigen Weib abzuplagen. Anjaani jedoch wimmelte sie locker ab. Heute hätte sie keine Zeit, sie würden ihn bald kennen lernen. „Wieso nennst du mich „Inu“?“, wunderte dich der Hundedämon, als sie das Gespräch beendet hatte. „Weißt du, wie seltsam „Inuyasha“ klingt? Du sollst einen vernünftigen Eindruck auf meine Freundinnen machen.“ „Das ist mir so was von egal.“ „Mir nicht.“ „Na und?“ „Du lernst sie bald kennen.“ „Ich will aber nicht. Ich mag sie nicht.“ „Du kommst nicht drumherum. Jetzt geh dir bitte Schuhe anziehen.“ „Warum?“ „Willst du hier bleiben? In deiner Verfassung tun dir Mauern nicht gut. Außerdem werde ich die Türe öffnen, wenn die drei kommen sollten.“ „Wo gehen wir hin?“ „Lass dich einfach überraschen.“ „Ich hasse Überraschungen!“ Doch seine missmutige Miene schwand, als er ihren großen Korb sah. Aus dem drang ein köstlicher Duft. „Was ist das?“ „Ein Picknickkorb.“ „Wozu benutzt man den?“ „Zum picknicken. Pfoten weg!“ Sie schlug ihm auf die Finger. Sofort entbrannte ein hitziger Streit zwischen den beiden. „Du bist sowas von unverschämt!“, schrie sie schlussendlich. „Und du nervst mich, Weib!“ „Inuyasha! Wie redest du mit mir!“ Er kam mit seinem Gesicht ganz nah an ihres. „Ich red mit dir-“ Schlagartig verstummte er, als die Hitze ihrer Nähe ihn überkam. Er sah ihr direkt in die leuchtenden Augen und roch ihren süßen Atem. Schwindel überfiel ihn und er errötete, war unfähig sich zu bewegen. Sie schluckte hörbar. „Du bist nervig“, wisperte sie. „Ich weiß“, flüsterte er und küsste sie. Hauchzart und unendlich süß berührten seine Lippen ihre. Ein Zauber, der all die Anspannung in ihrem Körper löste. Sie entzog sich ihm sacht und hob den Korb auf, den sie während des Kusses hatte fallen lassen. Gebückt und ohne ihn anzusehen, warf sie ihm vorwurfsvoll vor: „Ich mag es nicht, wenn du das machst.“ „Was denn?“ Seine Stimme war plötzlich weich wie eine Wolke. „Auf diese Art einen Streit zu beenden“, erklärte sie, seinen Blicken weiterhin ausweichend. „Du überrumpelst mich und ich stehe am Ende als Verliererin da.“ Er grinste frech und als sie ihn ansah, schlug ihr Herz Purzelbäume und ihre Knie wurden weich. Sie hatte sich soeben noch einmal in ihn verliebt. Ohne weitere Zwischenfälle erreichten sie den Bus, der sie zu einem Inuyasha unbekanntem Ziel bringen würden. Da Inuyashas auffälligstes Merkmal- seine Ohren- bedeckt waren, schenkten ihm weitere Insassen nur einen neugierigen Blick, beachteten ihn aber nicht weiter. Anjaani wurde sogar von einigen älteren Leuten freundlich gegrüßt. Schon bald war Inuyasha genervt von der Fahrt. „Wie lange müssen wir hier sitzen?“, zischte er Anjaani zu. Diese schaute seelenruhig aus dem Fenster und hatte den Blick kein einziges Mal abgewandt. Das ganze Anhalten und Weiterfahren machte ihn nervös. Erst recht, da im Bus diese Stimme wieder in seinem Kopf erklang. Diese erboste, befehlende und so vertraute weibliche Stimme. Und eine kleine Frage kroch quälend durch seine Gedanken und ließ ihm am wenigsten Ruhe: Liebte er diese Frau? „Inuyasha“, sagte Anjaani ruhig, ohne ihn anzusehen. „Wir wollen aus der Stadt raus und das dauert noch eine Weile. Sobald du keine Häuser mehr siehst, sind wir da. Wir fahren an einen Fluss.“ Er riss überrascht die Augen auf. „Ein Fluss?“ „Die schöne unberührte Natur tut der gequälten Seele gut. Wände engen einen nur ein und machen alles schlimmer“, erklärte sie mit einem warmen Lächeln. Für einen ganzen Moment konnte er sie nur anschauen, obwohl ihr Blick immer noch der Natur draußen galt. Sie war so wunderschön, wenn sie so lächelte. Er nickte nur und gab weiter kein Kommentar von sich. Er hatte nicht geglaubt, dass es hier viel Grün gäbe, aber seine goldenen Augen strahlten noch mehr, als der Bus anhielt und sie als letzte Mitfahrende ausstiegen. Sie verließen das Dorf, in dem sie sich nun befanden und folgten den Kiespfad hinaus ins Grüne. Inuyasha fühlte sich leichter. Unbeschwert marschierte er an ihrer Seite. Diese Luft roch so rein und frisch, er konnte nicht genug davon kriegen. Die ungewohnt warme Sonne für diese Jahreszeit, das rauschen des Windes, das zwitschern der Vögel! Herrlich! „Da hinten ist der Fluss, dort am Waldrand, dort werden wir bleiben. Geh schon mal hin.“ Ihrer Stimme nach zu entnehmen, genoss sie die Umgebung ebenfalls. Fröhlich hechtete er los, raste über die Wiese, sprang auf Bäume, und ließ das Haar im Wind flattern. Er sah aus wie ein Engel. Anjaani las seine Mütze vom Boden auf und kicherte. Sie hatte also doch das Richtige getan. Sie würde sich nicht wundern, würde sie auch seine Schuhe vorfinden. Doch er zerrte sie sich erst von den Füßen, als sie ihn am Fluss erreichte. Jauchzend schlug er Räder und sprang dann auf sie zu. Er riss sie an sich, sodass ihr der Korb aus der Hand fiel. Anjaani klammerte vor Schreck die Arme um seinen Hals. „Pass auf, Saajan!“ So eine Fröhlichkeit hatte sie nicht erwartet. Doch er war zu übermütig gewesen. Er stolperte über seine Füße und fiel. Anjaani hatte nur Zeit die Augen zuzukneifen, aber Inuyasha, in seiner Wendigkeit, drehte sich so geschickt im Fall, dass er auf dem Rücken und sie auf ihm landete. Sie sahen sich an. Keiner sprach ein Wort. Anjaani bemerkte, wie sein Atem schneller wurde, genau wie ihrer. Sie fand als erste ihre Stimme wieder. „Das hast du absichtlich gemacht“, warf sie ihm wütend vor. „Häh?“ „Diesen Annäherungsversuch!“ „Spinnst du! Warum sollte ich?“ „Was fragst du mich?! Ständig findest du einen Weg an mir rumzufingern!“ „Geht es dir noch gut?!“ „Warum ich? Du machst dich hier an mich ran!“ Obwohl sie lauthals stritten, rührte sich keiner vom Fleck. „Warum sollte ich das wollen“, knurrte Inuyasha zornig zu ihr hoch. „Was soll dann das hier, du perverser Mistkerl!“ „Dafür kann ich nichts, du nerviges Weib!“ „Lügner! Das war pure Absicht!“ „Soll ich dir zeigen was Absicht ist?“ Inuyasha drehte sich auf sie. Es ging so schnell, dass Anjaani einen Moment brauchte, um zu registrieren, dass sie unter seinem mächtigen Körper gefangen war. Seine Hände drückten ihre Handgelenke fest ins weiche Gras, sein Mund war Millimeter über ihrem, seine goldenen Augen blitzten herausfordernd. „Das hier ist Absicht.“ Er küsste sie. Doch nicht sanft, sondern wild, heiß und fordernd. Anjaani war schockiert. Sie kniff die Lippen zusammen und versuchte sich zu wehren. Sie bäumte sich auf und wand sich. Doch er hielt ihre Hände eisern fest. Sein Körper lag schwer auf ihrem und ihr verräterischer Körper reagierte auf seine leidenschaftlichen Küsse. Seine Lippen quälten ihre, bis sie schwächer wurde und keine Kraft mehr zur Gegenwehr aufbringen konnte. Mit einem Seufzer gab sie sich seinem brennend heißen Mund hin. Als Inuyasha ihre Kapitulation bemerkte, schlang er die Arme um sie und seine Zunge fand den Weg zwischen ihre Lippen. Anjaani keuchte auf, doch sie wehrte sich nicht, im Gegenteil! Die Berührung seiner Zunge hatte eine Lust in ihr entfacht, die sie überwältigte. Ihr Zungenspiel wurde heißer und ungezügelter. Es entfachte in beiden ein derartiges Verlangen, dass sie ungewollt aufstöhnten. Anjaani verlor den Verstand und die Kontrolle über sich. Ihre Hüfte bewegte sich im Rhythmus der Leidenschaft, die sie erfasst hatte. Sie schnappte nach Luft und plötzlich löste Inuyasha sich von ihr. Er atmete schwer und seine leicht geschwollenen Lippen bebten, das Gesicht war gerötet. Er sah so verführerisch aus! Sie starrten sich keuchend an, verwirrt von den Gefühlen, die sie überfallen hatten. Keiner sprach ein Wort, jeder dachte dasselbe: „Warum habe ich mich nicht beherrschen können?“ Anjaanis braune Augen zierte ein goldener Ring um die Pupille, der sich geweitet hatte und die Iris in pures Gold getaucht hatte. Bei jedem Kuss waren ihre Augen golden geworden... Wortlos richtete sich Inuyasha auf und wandte sein Gesicht von ihr ab. Die Stille wurde unangenehm. Was jetzt? Anjaani bekam plötzlich Angst. Diese Nähe, die beide gerade geteilt hatten, hatte sie soeben auseinander gebracht. Mit wankenden Knien richtete sie sich auf. „Gomen nasai, Desidero.“ Er sah sie überrascht an, in ihre wieder dunkelbraunen Augen. „Es tut mir leid, dass ich so wütend wurde. Und dir sowas Gemeines vorgeworfen habe.“ Die Anspannung wich sichtbar von ihm. „Es tut mir auch Leid, Anjaani, dass ich so reagiert habe.“ Seine Miene wurde reuevoll. „Ich hätte das nicht tun dürfen. Aber ich war so wütend, ich habe kopflos gehandelt, nur um dich zu strafen. Ich tue so was normalerweise nicht.“ Er druckste ziemlich herum und daran merkte sie, dass es ihm nicht leicht fiel, diese Worte zu sagen. „Ich weiß“, meinte sie kleinlaut. „Verzeih mir.“ Beide sahen sich peinlich berührt an. „Ich hätte an deiner Stelle genauso reagiert“, lächelte sie plötzlich munter. Er hob überrascht die Brauen. „Aber ich hätte dir sowas nie vorgeworfen.“ „Doch, hättest du! Aber ich hätte es nie geschafft, dich am Boden festzunageln. Und ich hatte keine Angst.“ „Wie bitte?!“ Er schien augenblicklich zu kapieren, was sie meinte. „Ich war unter dir gefangen“, erklärte sie ruhig. „Ich hatte aber keine Angst. Raj hatte damals dasselbe gemacht. Mit einem Unterschied!“, warf sie hastig ein, als Inuyashas Augen sich entsetzt weiteten. „Du hattest nicht dieselbe Absicht. Und es hat sich schön angefühlt.“ „Schön?“ Er war sich nicht sicher, ob er richtig gehört hatte. „Ja.“ Sie wurde krebsrot im Gesicht, doch sprach unbeirrt weiter. „Es hat sich schön angefühlt, es hat mich nicht abgestoßen. Du...“ Sie schluckte schwer. „Du küsst sehr gut.“ Wider allen Erwarten sah er verwirrt aus. „Was ist denn jetzt los?“ „Nichts“, erwiderte er stirnrunzend. „Sag bloß es hat dir nicht gefallen!“ Ohne den genauen Grund zu wissen, wurde sie sauer. „Du hast immerhin angefangen, Mister!“ „Wer sagt denn, dass ich dich küssen wollte!“, rief er zurück. Ihre Augen sprühten Funken. „Dann mach's nicht wieder!“ „Von mir aus! Kein Problem!“ Er lief los und verschwand in der nächsten dichten Baumkrone. Von wegen, kein Problem! Es war ein Problem. Er hätte das nicht tun sollen, denn jetzt war er verloren. Inuyasha hatte gelogen. Der Kuss hatte nicht als ihre Strafe gegolten, er hatte einfach nur nicht widerstehen können. Ihr weicher, weiblicher Körper an seinem... auf ihm... und dann unter ihm. Außerdem war sie wütend gewesen. Sie war so reizvoll, wenn sie verärgert war! Und was er erlebt hatte, hatte seine kühnsten Träume bei weitem übertroffen. Ihre Anziehung war mächtiger als sein Wille. Er hatte ein Feuer in ihr entfacht, dass von ihm Besitz ergriffen hatte und dem er nicht mehr entkommen konnte. Sie hatte sich nicht gewehrt, mitnichten! Es hatte ihr gefallen und das machte alles nur noch schlimmer. Es war unbeschreiblich gewesen! Ihre Lippen waren köstlicher als alles, was er kannte, ihr heißer Körper voller Sehnsüchte, die er stillen wollte. Die Lust tobte ungebändigt in ihm und ließ ihm keine Ruhe. War es vielleicht die Umgebung gewesen? Der Rausch der freien Natur, der ihn anfälliger gemacht hatte? Er versuchte sich genau dies einzureden. Sie hatte ihn etwas vergessen lassen und das waren seine lückenhafte Vergangenheit und das Mädchen, das ihn quälte. Doch jetzt war alles wieder da. Liebte er dieses Mädchen? Wo war sie? Liebte sie ihn? Waren sie ein Paar? Verheiratet? Eine Familie? Und Anjaani? Wie konnte er zwei Frauen lieben? „Es nützt ja doch nichts, sich Gedanken zu machen“, sah er traurig ein. Es machte nichts besser, nur schlimmer. Aber er wollte sich vehement nicht eingestehen, zwei Frauen zu lieben. Er konnte nicht Anjaani und die Unbekannte begehren. Das geht nicht! Wenn er an Anjaani dachte, erfüllte ihn Wärme.Wenn seine Gedanken abschweiften, wurde aus der Wärme lohende Hitze. Bei der Unbekannten Frau war es Wehmut. Was hatte das zu bedeuten? „Kommst du endlich mal runter?“ Er wäre fast vom Ast gekippt, auf dem er saß, als Anjaanis Gesicht direkt vor ihm auftauchte. „Du hast mich zu Tode erschreckt!“, rief er erbost. „Hast du mich nicht gerochen?“ „Ich war in Gedanken. Und wie bist du überhaupt auf den hohen Baum gekommen?“ „Man sieht es mir vielleicht nicht an, aber ich bin eine ziemlich gute Kletterin“, sagte sie voller Stolz. „Und es ist wirklich nicht leicht mit einem Sari zu klettern.“ Sein Blick fiel kurz auf ihren entblößten flachen Bauch. Das Ende des Saris hatte sie an der Hüfte festgesteckt, er bedeckte ihren Oberkörper kaum noch. „Du zerreißt dein Kleid“, grummelte er. „Und du schlägst da oben Wurzeln. Du hockst da seit über einer halben Stunde.“ „Was? So lange?“ Er wirkte sichtlich überrascht. Geschickt hievte sie sich neben ihm auf dem Ast. Reflexartig hob er die Arme, um sie im Fall der Fälle aufzufangen. Doch er zuckte leicht zurück, als er das Mitgefühl in ihren Augen sah. „Sie quält dich sehr, nicht wahr?“ Ihm fiel die Kinnlade runter und er verschluckte sich an seinen Worten. „Ich habe es einfach im Gefühl“, erklärte Anjaani. „Und deine Reaktion zeigt mir, dass ich Recht habe. Wer ist sie?“ Er stöhnte erschöpft auf und ließ Kopf und Schultern hängen. „Es ist nur...“, begann er. „Du erinnerst dich nicht richtig, oder?“, half sie nach. „Nein, tue ich nicht. Ich habe nur den Klang ihrer Stimme. Ich kann diese Erinnerung zu nichts einordnen, aber sie spukt mir im Kopf herum. Das ist nicht zum aushalten!“ „Bitte hilf mir mal herunter.“ „Wie bitte.“ Diese plötzliche Wendung überraschte Inuyasha. „Ich komme ganz schnell hinauf aber im Sari schaff ich es nie runter .“ Er verdrehte genervt die Augen. „Unmöglich bist du“, murmelte er, während er einen Arm um ihre Taille schlang. „Danke, Inuyasha, aber pass aaaaaaaaaaahhh!“ Völlig unvorbereitet war er vom Baum gesprungen. Doch er landete weich und unbeschadet auf dem Boden. „Anjaani?“ „Hm“, ertönte ihre Stimme, gedämpft von ihrem Arm. „Kannst du jetzt von mir runter? Du erwürgst mich.“ Langsam löste sie die zitternden Arme von seinem Hals. „Ich hab so Angst gekriegt. Mach das nie wieder, du kannst sterben und ICH auch!!!“ Er schnaubte verächtlich. „Ich bin ein Dämon, glaubst du im Ernst, sowas bringt mich um?!“ „Himmel, mein Herz schlägt wie wild, fühl mal!“ Sie schnappte seine Hand und drückte sie sich gegen die hart pochende, weiche Brust. Er richtete seinen Blick direkt auf ihre Augen und raunte: „Ich bin nicht schuld, dass meine Hand auf deiner Brust liegt...“ „Oh, tut mir Leid!“ Hastig sprang sie von ihm weg und löste den Sari, der sich entfaltete und sie wieder züchtig bedeckte. „Was hältst du davon, etwas zu essen?“ Sofort überzog ein breites Grinsen sein Gesicht. „Na endlich! Ich habe Hunger.“ „Du hast aber so viel heute Morgen gegessen“, wunderte sie sich und ging zur Decke, die sie im weichen Gras ausgebreitet hatte. Er nahm neben ihr Platz und stierte begierig zum Picknickkorb rüber. Ohne die Augen von seinen Ohren zu wenden, holte sie mehrere Päckchen und Tüten heraus. Seine Ohren zuckten bei jeder neuen Köstlichkeit. Gemeinsam aßen sie herrlich belegte Brote, frische Salate und knackiges Obst. „Sind das Erdbeeren?“, fragte er- wie sie fand- unangenehm überrascht. „Ja“, meinte sie irritiert. „Erdbeeren sind das beste!“ „Mit Schokosoße?“ „Nein, warum? Magst du das nicht?“ „Mehr oder weniger“, winkte er erleichtert ab und widmete sich einer Tüte Kartoffelchips. „Die magst du irgendwie besonders“, lächelte Anjaani und unterdrückte ein Quieken, als seine Ohren wieder zu zucken anfingen. Er bemerkte, was ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte und kniff verärgert die Augen zusammen. „Nein“, knurrte er mit vollem Mund und griff nach einem Apfel. „Ich habe nur gerade überlegt, wie du als Mensch aussehen würdest.“ Er verzog angewidert das Gesicht, die Hand verharrte mitten im Korb. „Ich? Ein Mensch?“ „Und was ist so schlimm dran?“ Ihre Augen begannen bedrohlich zu funkeln. „Sie sind so schwach und hilflos und können gar nichts! Ihre Instinkte sind lächerlich und sie können an den einfachsten Wunden sterben. Es muss furchtbar lästig sein, ein Mensch zu sein.“ „Das liegt daran, dass du an deine Stärke gewöhnt bist. Verheilen deine Wunden denn schneller?“ „Ziemlich schnell. Allein vom Körper her, kannst du einen Menschen nicht mit einem Dämon vergleichen. Ein Dämon ist perfekt.“ „Perfekt?“, fragte sie lauernd. „Du meinst, du bist im Vergleich zu mir perfekt?“ „Ich habe mich nicht mit dir verglichen“, beschwerte er sich. „Aber es stimmt nun mal.“ „Was stimmt?“ Jetzt schwang deutlich Ärger in ihrer Stimme mit. „Dass mein Körper nie mit dem einer Dämonin konkurrieren kann?“ „Ich habe sowas nie gesagt! Warum regst du dich jetzt so auf?! Für einen Menschen bist du schön!“ „Also ist mein Körper im Vergleich mit einer Dämonin hässlich?!“ „Ja... ähm... nein! Woher soll ich das-“ „Erinnerst du dich an irgendeine Dämonin?“, unterbrach sie ihn grob. „Nein, aber-“ „Wie kannst du dann wissen, dass sie attraktiv ist und ich dick!“ „Wann hab ich das überhaupt gesagt?!“ Jetzt wurde er auch sauer. „Was redest du da für einen Blödsinn?! Kein Mensch ist perfekt. Du bist auch nur ein Mensch!“ „Mir reicht´s!“, kreischte Anjaani außer sich. Sie fand ihn so attraktiv, so unglaublich gut aussehend und er fand sie hässlich! Sie sprangen beide auf und funkelten sich an. „Du bist beleidigt, weil du keinen so schönen Körper wie eine Dämonin hast?!“, rief er verständnislos. Inuyasha verstummte schlagartig, als ihre Augen einen verführerischen Ausdruck annahmen. Plötzlich hatte sie nichts Unschuldiges mehr an sich. Mit weichen, lasziven Bewegungen entledigte sie sich ihrer Kleidung. Langsam fiel der meterlange Stoff zu Boden. Sprachlos beobachtete er das Geschehen. Ihr volles Dekolleté und ihr flacher Bauch wurden zuerst sichtbar. Danach folgten unendlich lange Beine. Die intimsten Stellen waren von einem weißen, trägerlosen Bikini verdeckt. Blut schoss ihm in Kopf und Lenden. Der Anblick raubte ihm den Atem. Es war ein Anblick purer Weiblichkeit, makelloser Weiblichkeit! Alles war weich, straff, perfekt geformt. Schmale Taille, breitere Hüften und so schöne Beine. Zusammen mit ihrem bezaubernden Gesicht gab sie da Bild einer Göttin- der Göttin der Verführung! Inuyasha starrte sie an, er hatte nie etwas Schöneres gesehen. Dass ihr Anblick ihn so mitnehmen würde, hatte er nicht erwartet. Aber er war keinesfalls darauf vorbereitet gewesen. Und was er da sah, haute ihn um. Er musste zugeben, sie war perfekt! Perfekt- besser konnte man es nicht beschreiben. Sie war vollkommen und makellos. Mit Genugtuung weidete sie sich an seiner Reaktion und drehte ihm, mit einer geschmeidigen Bewegung ihrer Hüften, den Rücken zu. „Wo willst du hin“, fragte er mit hohler Stimme, den Blick auf ihre wiegenden Hüften und ihren festen, runden Po gerichtet. „Schwimmen“, raunte sie leise. „Dort drüben ist der Fluss tiefer.“ Ihre sündige Stimme brach den Damm. Automatisch setzten sich seine Füße in Bewegung. Langsam senkte sich ihr Körper ins Wasser, bis sie vollkommen untergetaucht war. Dann schoss sie heraus und warf den Kopf in den Nacken. Ihr nasses Haar flog im hohen Bogen durch die Luft und klatschte gegen ihren Rücken. Das Wasser reichte ihr bis zum Bauchnabel. Gänsehaut überzog ihre Haut und seine scharfen Augen registrierten ihre erhärteten Brustwarzen, die sich leicht unter dem Stoff des Bikini- Oberteils abzeichneten. Die Hitze in ihm wurde unerträglich! „Diese Frau macht mich noch wahnsinnig!“ Doch er musste sie anstarren, er konnte nicht anders! „Komm auch rein, Inuyasha. Das Wasser ist schön angenehm“, rief sie ihm fröhlich, mit ihrer gewohnt unschuldigen Stimme, zu. „Angenehem? Das sieht man!“ Er schüttelte nur den Kopf und setzte sich ans Ufer. Er versuchte den Blick auf seine Umgebung zu lenken. Der plätschernde Fluss zog sich in Schlangenlinien durch das Land, trennte die große Blumenwiese, an dessen Rand er saß, von einem mächtigen Mischwald, hinter dem gewaltige Berge aufragten. Doch so schön dieser Ort auch war, Anjaani war schöner. Dieses Mädchen wollte ihn tatsächlich wahnsinnig machen! Sie räkelte sich im Wasser und präsentierte ihm ihren fast nackten Körper. Das weiße Bikinioberteil bildete einen schönen Kontrast zu ihrer goldbraunen, glatten Haut und ihrem pechschwarzen, taillenlangen Haar. Wenn sie die Arme reckte und sich ihre prallen, runden Brüste anhoben, blieb ihm jedes Mal der Atem stehen, dass das trägerlose Bikinioberteil herunterrutsche. Doch es hielt, bedeckte ihre Weiblichkeit, die sich voller Versuchung vor seinen Augen wand und wiegte. Dabei würdigte sie ihn keines Blickes. Ihre Bewegungen waren weich und fließend, die pure Sinnlichkeit. Er beobachtete ihre Hüften, die sich so aufreizend bewegten, dass der Wunsch, die noch stärker zum Schwingen zu bringen, ihn regelrecht zu quälen begann. Tat sie das absichtlich? So ist sie doch nicht. Daheim bewegte sie sich zwar auch verführerisch, aber das schien sie gar nicht zu bemerken. Hier jedoch hatte er den Verdacht, sie wolle ihm beweisen, wie verlockend sie sein kann. Obwohl er Wasser liebte, traute er sich nicht hinein, in ihre Nähe, wenn sie ihm so den Verstand raubte. Wenn sie ihn schwach machte. Er würde für nichts mehr garantieren können. Nach 10 Minuten, die ihm wie eine quälend heiße Ewigkeit vorkamen, fiel ihm etwas entscheidendes, etwas befreiendes ein. Er erinnerte sich noch ganz gut, wie sie auf seinen nackten Körper reagiert hatte. „Na warte! Wir werden sehen, wer hier wen verführt!“ In dem Moment, in dem Anjaani zu ihm rüber sah, reckte er den Oberkörper und zog sich langsam das Hemd aus. Er hörte, wie sie nach Luft schnappte. Ohne seinen glühenden Blick von ihr zu nehmen, stieg er mit seiner Jeans bekleidet, zu ihr in den Fluss. Sie hatte doch gelogen. Das Wasser war kalt, ja sogar eisig. Auf jeden Fall kühlte es ihn genug ab, um seinen Verstand zu schärfen. Er kam auf sie zu und Anjaani zuckte deutlich eingeschüchtert vor ihm zurück. Ihre Arme verdeckten ihre Brust instinktiv und sie sank kinntief ins Wasser. Jetzt, wo er wieder die Fäden in der Hand hielt, bröckelte ihre Maske. Sie konnte kaum verbergen, wie sehr sie fror. Er genoss es, wieder Herr der Lage zu sein. „Kannst du dich in den Hosen gescheit bewegen, Inuyasha?“ Sie konnte das Zittern in ihrer Stimme nicht unterdrücken. Ihre Augen waren auf seine breite Brust geheftet, über die einzelne Strähnen wie flüssiges Mondlicht fielen. Erschrocken schrie sie auf, als er plötzlich untertauchte und unter Wasser in sehr schnellen Zügen auf sie zu schwamm. Panik ergriff sie und sie hetzte von ihm weg, trat mit Füßen und Armen aus und als er ihren Knöchel ergriff, schrie sie auf. „Warum brüllst du denn so?“, ärgerte er sich, als er auftauchte. „Ich hab Panik gekriegt“, verteidigte sie sich. „Was sollte ich dir denn antun“, fragte er belustigt. „Vieles!“ Sie spritzte ihm einen Stoß Wasser ins Gesicht. „Hey, lass das!“ Doch der Schwall, den seine Kraft hervorbrachte, warf sie von den Füßen. Er griff sofort nach ihrem Arm und zog sie an die Oberfläche. Sie hustete und prustete und klammerte sich an seinen Unterarmen fest. „Es tut mir Leid“, entschuldigte er sich. „Das war zu heftig“, keuchte sie. „Mir ist kalt und mir schwindet die Kraft. Ich war zu lange im Wasser.“ Erst jetzt fiel ihm auf, dass ihre Lippen ganz dunkel waren- blau vor Kälte! Sie hustete das Wasser aus ihrer Lunge, Nase und Hals brannten ihr. Keuchend lehnte sie den Kopf gegen seine Brust. „Was-“ fing er an, doch ein weiterer Schwall Wasser traf ihn und er verschluckte sich dran. „Das hast du verdient“, meinte Anjaani zufrieden. „Na warte!“ Kreischend ergriff sie die Flucht, doch er jagte ihr hinterher. Er tauchte unter, griff wieder nach ihrem Knöchel und zog sie zu sich. Anjaani wurde so ruckartig ins Wasser gezogen, dass es ihr vor Überraschung die Luft aus den Lungen trieb. Schlagartig wurde ihr schwindelig. Inuyasha sah, wie ihr Körper plötzlich erschlaffte und riss sie hoch. Sie spukte zwar, was sie geschluckt hatte, hing aber schwach in seinen Armen. „Anjaani, geht’s dir gut! Anjaani!“ Sie reagierte nicht und er schüttelte sie eindringlich.. Ihr Kopf fiel träge nach hinten. Aufgewühlt fluchend, hob er sie auf seine Arme und trug sie zur Picknickstelle zurück. Da erst fiel ihm auf, dass ihre dunkle Haut gerötet war und dicke, weiße Pusteln Bauch und Beine überzogen. „Das ist der Ausschlag von der Kälteallergie“, murmelte sie schwach. „Ich war viel zu lange im eiskalten Wasser.“ „Man hat nichts als Ärger mit dir“, schimpfte er. „Verzeih... mir...“ „Was soll ich jetzt machen?“ „Handtuch... Sonne... Aber wehe du machst mir die Picknickdecke nass!“ Vorsichtig legte er sie ins weiche Gras und kramte im Korb nach einem Handtuch. „Mann, reiß dich zusammen“, schalt er sich in Gedanken. „Sie liegt halb bewusstlos vor dir und du denkst nur an... oh, Mann!“ Aber er konnte nicht anders, sie war überwältigend schön. Die Wassertropfen glitzerten auf ihrer Haut und diese Haut lud regelrecht dazu ein, die Tropfen fort zu küssen. Ein leichter Wind kam auf und sie krümmte sich zitternd zusammen. „Warte“, sagte er behutsam, Bewegung kam wieder in ihn. „Ich trockne dich ab.“ Trotz seiner äußerlich unberührten Mimik, konnte Inuyasha es nicht verhindern, dass seine Hände zitterten, als er sie ganz vorsichtig mit dem Tuch abtrocknete. Die Arme, den Bauch, die Beine -viel zu nah an einem ziemlich unangenehm intimen Bereich! Vor lauter Aufregung, kam ihm gar nicht in den Sinn, dass Anjaani sich auch selbst abtrocknen konnte. Am Ende kam er an der Stelle an, vor der er sich bis zuletzt gedrückt hatte. Wohl oder übel musste er auch ihren Oberkörper abtrocknen und seine Kehle wurde staubtrocken. Seine Hand zitterte nur noch nervöser, als er ihre Brüste entlangfuhr. Er schluckte schwer und der Schweiß trat ihm auf die Stirn. Schlussendlich wickelte er sie ins Handtuch ein. „Geht es dir gut?“ Er flüsterte, weil er befürchtete, sie würde das erregte Beben in seiner Stimme hören. Doch sie reagierte nicht. Ihr Atem ging unregelmäßig, aber tief. Sie schlief. Die Kälte musste sie geschwächt haben. Inuyasha wusste, dass sie Atemnot bekam, wenn sie zu lange der Kälte ausgesetzt war. Er richtete sich gerade auf, um ihren Sari zu holen, mit dem er sie einwickeln wollte, da drang ein leises Stöhnen aus ihrem Mund. Träge öffneten sich ihre Augen. „Wo willst du hin“, raunte sie schwach. „Deinen Sari holen“, antwortete er. „Wenn du dich anziehst, wird dir schneller warm.“ Am schnellsten würde ihr warm werden, wenn er sie in die Arme schließen würde, doch sie verdrängte diesen heißen, verbotenen Gedanken und schüttelte nur leicht den Kopf. „Nein, den brauche ich nicht. Die Sonne ist warm genug.“ Sie nahm sich das Tuch von Körper und er stöhnte innerlich auf. Jetzt müsste er diesen Anblick ertragen, direkt neben ihr, ohne sie berühren zu dürfen! Doch da sie die Augen geschlossen hielt, konnte er sie ungeniert betrachten und dabei geriet seine Fantasie aus den Fugen. Dieser Körper war für die Sünde geschaffen, für unendliche Zärtlichkeit und flammende Leidenschaft. Für seine brennenden Küsse auf ihrer kühlen Haut, die ihre Hüfte zum Schwingen bringen würden. Zärtlich in ihren schlanken Hals beißen, mit den Lippen die vollen Brüste verwöhnen, während seine Hände die zarte Haut der Innenseite ihrer Schenkel streichelten... Und dann? Dann würde er ihr wehtun, weil er im Strudel der Lust seine Kraft nicht kontrollieren könnte. Er könnte sie sogar töten, ihr Fleisch zerfetzen, sie zerreißen. Inuyasha schrak zusammen. Könnte das passieren? Könnte er ihr wehtun? Sie war so unschuldig und hilflos. Langsam verging die Zeit und er konnte sich an ihrem Körper nicht satt sehen. Ihre Augen blickten zu den Wolken. Leise, als könnten sie die Ruhe stören, unterhielten sie sich. Er erzählte ihr, wie er Brot gekauft hatte. Und sie lachte. Sie erzählte ihm von ihren Träumen letzte Nacht. Er wunderte sich, wie leicht es ihm fiel, mit ihr zu reden und wie gern er das tat. Die Sonne, die langsam unterzugehen begann, trocknete Anjaanis und Inuyashas Haar und wärmte ihre Haut. Vom Sonnenschein gestreichelt, duftete Anjaanis Haut noch intensiver und wärmer. Das schwarze, wallende Haar war auf kleinen Gänseblümchen ausgebreitet und schimmerte sanft im goldenen Licht. Der Wind spielte mit einer Strähne, die sich an ihren roten Lippen verfing. Sie strich sie weg, während ihre Augen in der Weite des Himmels verloren waren. Er lag dicht neben ihr, auf dem Ellenbogen gestützt, war zufrieden von ihrem Duft und genoss Anjaanis Schönheit im Einklang mit der Natur. „Anjaani?“ „Hm?“ „Was bedeutet Saajan? Du hast mich heute so genannt.“ Da richteten sich ihre sanften braunen Augen auf ihn und lächelte glückselig. Er sah es aufflackern. Ein kleines sehnsüchtiges Gefühl war kurz golden in ihren Augen aufgeblitzt. Inuyasha beugte sich zu ihr rüber, nahm ihr Gesicht in seine Hände und küsste sie voller Zärtlichkeit. Völlig verzaubert erwiderte sie den Kuss. Hier bei ihr zu bleiben, sie erforschen, kennenlernen, ein Leben mit ihr aufzubauen, ewig an ihrer Seite zu sein... sie lieben... „INUYASHA, MACH PLATZ!“ „Nein!“ Er stieß sie fast brutal von sich und setzte sich auf. Frustriert vergrub er das Gesicht in den Händen. „Inuyasha, was ist los? Bitte sag, was dir fehlt!“ Anjaani bekam es mit der Angst zu tun. „Ich kann das einfach nicht“, murmelte er in seine Hände. „Ich kann das nicht, ich darf das nicht!“ „Was kannst du nicht, was darfst du nicht?“ Sie schüttelte ihn eindringlich am Arm. Er seufzte verzweifelt, weigerte sich jedoch, sie anzusehen. „Es gibt eine andere.“ Anjaanis erschrockenes Gesicht wurde ausdruckslos, der süße Nachgeschmack seines Kusses schmeckte auf einmal bitter. „Jedenfalls glaube ich, dass es eine andere gibt.“ „Wie meinst du das?“, hauchte sie fassungslos. „Ich erinnere mich an die Stimme eines Mädchens, sie schreit mich zornig an. Ich weiß nicht, wer sie ist und wie sie aussieht. Aber ich bin traurig, wenn ich ihre Stimme höre und verletzt. Sie könnte meine Ehefrau sein! Verdammt, ich habe keine Ahnung!“ „Liebst du sie?“, fragte Anjaani mit zitternder Stimme. „Ja! Nein! Vielleicht! Ach, ich weiß es nicht! Ich weiß gar nichts und das macht mich verrückt!“ Mitfühlend legte sie ihm die Hand auf die Schulter, doch er schüttelte sie ab. Und sie senkte niedergeschlagen den Kopf. War's das? War das das Ende? Die Mauer, die zu hoch für sie war, um auf die andere Seite zu ihm rüber zu klettern? Es gab eine andere, was heißt, dass Anjaani keine Chance hatte. Sie war wie betäubt. Fast schon mechanisch richtete sie sich auf, packte die Sachen zusammen und zog sich an. Wortlos gingen sie zum Bus und fuhren nach Hause. Sie sprachen weder ein Wort miteinander, noch sahen sie sich an. In der Wohnung putzten sie sich gemeinsam im Bad die Zähne. Dann ging er ins Wohnzimmer und sie in ihr Zimmer. Auf dem Boden vor der Balkontüre, kauerte sie sich zusammen und weinte lautlos. Er lag auf dem Sofa und schwor sich, sie nicht mehr zu verletzen. Aber um das zu schaffen, dürfte er ihr nie wieder nahe kommen. Nie wieder! Die ganze Nacht tat Anjaani kein Auge zu. Sie hockte auf dem Fußboden vor dem Balkon und betrachtete die Regentropfen am Glas. „Saajan“, flüsterte sie. „Saajan heißt Geliebter.“ Kapitel 5: Verlust und Schmerz ------------------------------ Mit knallrotem Kopf lag Inuyasha auf Anjaanis Sofa. Nachdem sie sich nicht zu Bett begeben hatte und seit zwei Stunden auch nicht rührte, war er sich sicher, dass sie irgendwo außerhalb des Bettes eingeschlafen war. Er widerstand dem Drang, zu ihr zu laufen, um sie ins Bett zu legen. Er hatte andere Probleme, nämlich, dass er an das fremde Mädchen denken sollte, oder daran, wie sehr er Anjaani verletzt hatte, besonders nachdem er ihr solche Hoffnungen gemacht hatte. Aber er konnte an nichts von alledem denken. So sehr er sich auch bemühte, seine Gedanken kehrten immer wieder zu diesem Theater am Fluss zurück und wie peinlich er sich benommen hatte. Erst hatte er sie angeschmachtet, dann selber eine Show veranstaltet. Genervt schlug er sich die Hände vors Gesicht. Er glaubte einfach nicht, wie er sich so verhalten konnte! Er hatte einen auf verführerisch gemacht. Was war nur in ihn gefahren?! Sie zu verführen, um sie dann grob von sich zu weisen? Aber diese Frau reizte ihn, er war ihrer Macht willenlos ausgeliefert. Er konnte es nicht ertragen, dass sie ihn so berauschen konnte. Und er ließ sie es auch noch merken!!! „Aber das hat jetzt keinen Sinn mehr“, redete er sich ein. Er durfte ihr nicht mehr nahe kommen. Was, wenn sie sich in ihn verliebte? Wenn sie sich schon in ihn verliebt hatte? Er kannte diese Frau drei Tage und er hatte das Gefühl, sie sein ganzes Leben schon zu kennen. Ja... Anjaani hatte sich bestimmt in ihn verliebt, sie würde es sonst nie dulden, dass er sie küsste. Aber was war mit ihm? Irgendwann würde er sein Gedächtnis wieder erlangen und dann? Würde er sie dann im Stich lassen? Gab es etwas, dem er seine Gefühle für sie unterordnen musste? Eine Pflicht, die das Band zwischen ihnen dann durchtrennen würde? Wenn er wirklich eine Ehefrau hätte... immerhin war er 23 Jahre alt. An was für Dinge würde er sich erinnern? Wie würde er sich dann verhalten? Das wusste er nicht, aber er war sich sicher, dass er ihr Herz brechen würde und das wollte er nicht! „So ist es besser! Wenn ich ihr nicht zu Nahe komme, kann sie sich nicht verlieben und eine Trennung wird nicht schmerzen.“ Doch das klang leichter, als es tatsächlich war. Trotz aller Bedenken, schaffte es Inuyasha irgendwann einzuschlafen... Der Sari fiel. Die Sonne bestrahlte ihren kurvenreichen Körper, ihre Hüften schwangen einladend und der Wind spielte mit ihrem langen Haar. Sie lief zum Flussufer und er ihr hinterher. Er zog sich sein Hemd aus und folgte ihrem schmachtenden Blick. Zärtlich strichen ihre Finger über seinen Bauch, hinauf zu seiner Brust und vergruben sich in seinem Haar. Ihre Küsse raubten ihm den Atem. Langsam glitten sie zu Boden, hinab ins weiche, saftige Gras. Inuyashas Finger erkundeten ihren Körper, während sein Mund sanft an ihrem Hals sog. Sie stöhnte wohlig und ihre Hüften begannen zu kreisen. Wie zart ihre Haut war, wie sie duftete! Er verfiel in einen Rausch. „Anjaani“, hauchte er erregt. „Ich will dich spüren.“ Mit geschlossenen Augen bog sie sich ihm entgegen. Ihr hungriger Mund verschlang seinen, ihre nackte Haut rieb gegen seine. Seine Finger fanden unter ihr Bikini-Oberteil. Wie unendlich zart die sensible Haut darunter war! Und wie Anjaani erschauderte und die Knospen hart wurden! Er wollte sie schmecken! Gierig glitt sein Mund zu ihren Brüsten, das störende Stück Stoff zerriss er kurzerhand. Ihre Haut war die reinste Wonne, ein Geschmack, der mit keinem anderen zu vergleichen war! Seine Zunge zog brennende Spuren auf ihrer Brust und entlockte ihr ein überraschtes Keuchen. Er reizte ihre Brüste, knabberte zärtlich so lange, bis Anjaani sich lustvoll aufbäumte und sich stöhnend an ihn klammerte. Hilflos lag sie unter ihm. Wehrlos und voller Verlangen. Ihr Haar lag ausgebreitet im Gras, ihre Wangen glühten, die Augen waren verschleiert. „Saajan“, stöhnte sie ekstatisch und rieb ihre Hüfte an seiner. „Saajan... bitte...“ Ihre Schenkel spreizten sich einladend. Inuyasha verlor den letzten Rest an Vernunft. Sein Mund zog eine glühende Bahn über ihren Bauch und wanderte tiefer zwischen ihre Beine. Die kleine, versteckte Perle verschwand zwischen seinen Lippen. Er brachte sie zum Schreien. „Ich liebe dich“, beteuerte er glühend. Nichts mehr war wichtig, es zählte nur dieser Moment. „Anjaani...“ Sie hatte die Augen geschlossen und atmete schwer. „Anjaani, ich will dich vor Lust zum Beben bringen.“ „Oh, ja bitte!“ Ihre tiefe Stimme vibrierte vor Erotik. „Mach, was immer du willst, Saajan, ich gehöre dir...“ „Ich bin dein, Geliebte! Für immer!“ Sie packte sein Gesicht und starrte ihn voller Entsetzen an. Die goldenen Augen wurden schwarz.„Du gehörst doch einer anderen! Darfst du mich denn lieben, Inuyasha?!“ Inuyasha schreckte aus seinem Traum auf. Er zitterte, doch nicht, weil die erotischen Bilder sein Blut heiß brodeln ließen, sondern weil ihn eine andere Tatsache störte. Wie konnte er sie lieben? Wie durfte er sie lieben? Wen verriet er alles, durch seine Gefühle für sie? „Nein, das darf nicht sein!!!“ Am Morgen linste Anjaani vorsichtig ins Wohnzimmer. Er lag auf dem Bauch und schlief seelenruhig. Er sah so süß aus, aber sein Anblick brachte bei ihr nur ein gequältes Lächeln zustande. Sie hatte ihn verloren, nun hatte sie kein Recht mehr von ihm zu träumen. Es tat doch nur weh. „Du bist der König meiner Träume. Ich wünschte ich könnte sagen, ich liebe dich nicht. Main tumse pyaar nahi karti! Hörst du das? Ich liebe dich nicht!“ Sie seufzte leise. „Wem mache ich hier was vor? Hai yeh pyaar!“ Hai yeh pyaar, das ist Liebe. Dieser Satz schwirrte ihr im Kopf herum. Nicht einmal der wohlige Wasserschauer unter der Dusche vertrieb diesen Gedanken. „Hai yeh pyaar!“ Ihr Herz sagte das, aber das hat es auch bei Raj getan. Wie kann sie nur so blind sein und ihrem Herzen vertrauen? Sie lernte wirklich nie aus Fehlern- und am Ende?! Inuyasha wird sein Gedächtnis wieder erlangen. Dann wird er sie verlassen. Sie wird die Schmerzen nicht ertragen können. Nein, das will sie nicht erleben! Egal was ihr Herz sagt, es hatte sie schon einmal betrogen. „Ich vertraue dir nicht mehr.“ Frisch für die Arbeit zurechtgemacht verließ sie die Wohnung. Ihre langen Wimpern kaschierten die vom Weinen geschwollenen Augenlider perfekt. Es wäre aufgefallen, hätte sie es überschminken müssen, da sie sich nie schminkte. Inuyasha richtete sich auf, kaum, dass der rote Matrosenkragen ihrer Uniform aus der Tür verschwunden war. Sie war traurig, sie litt und dem musste er ein Ende setzen. „Lass das!“, mahnte ihn eine Stimme in seinem Kopf. „Du weißt nicht, was du tust.“ Inuyasha schnaubte nur trotzig. „Du handelst immer, bevor du nachdenkst. Du bist der beste und stärkste, aber überleg mal, was du ihr antust.“ „Ich tue das beste für sie!“, knurrte Inuyasha laut, während er sich seinen roten Kimono anzog und das Schwert umschnallte. „Du tust nur das beste für dich! Du rennst Komplikationen davon!“ „Halt die Klappe!“ „Das schlimmste an dir ist deine Uneinsichtigkeit und deswegen hatte Sie dich damals verlassen!“ Zornig schlug Inuyasha die Wohnungstür zu und stürmte davon. Anjaani beobachtete die Regentropfen an der Fensterscheibe des Schulbusses. Wieso weinte der Himmel immer mit ihrem Herzen? Sie stieg als letzte aus dem Fahrzeug und sammelte sich. Die Drillinge warteten wie immer an der Haltestelle auf sie. Ihre Fröhlichkeit, die Freundin wieder zu sehen, war so ehrlich und ansteckend, dass Anjaani Inuyasha für diesen einen Moment vergaß. Bis sein Name fiel. „Kommt doch heute mit zu mir“, schlug Anjaani vor. „Was, echt?!“, tönte es aus drei Mündern. Seit Inuyasha aufgetaucht war, waren sie nicht bei Anjaani gewesen, eine Ewigkeit! „Warum nicht?“, lachte Anjaani. „Es ist nicht schön, euch nicht jeden Tag da zu haben. Und am Samstag hatte ich für euch mitgekocht.“ „Ui, das versprochene Karotten- Curry!“, rief Yami begeistert. „Ja, aber er hat alles aufgegessen.“ Und während sie in knappen Details vom Samstag Abend berichtete, betete sie inständig, die Drillinge würden sie nach Hause begleiten. Sie hatte Angst, Inuyasha alleine gegenüber zu treten. Zwar schaffte sie es, sorglos wie immer rüber zu kommen, doch an ihrer Konzentration mangelte es gewaltig. Ihre Mathelehrerin wurde darüber so ungehalten, dass sie Nachsitzen aufgebrummt bekam. Daraufhin zeigten ihre männlichen Mitschüler ein starkes Interesse daran, ebenfalls zum Nachsitzen verdonnert zu werdem. Da die Lehrerin nicht von gestern war, hagelte es anstelle von Nachsitzen deftige Strafarbeiten. Nur ein Schüler bekam dieselbe Strafe wie Anjaani. Das besserte Anjaanis Laune nicht gerade. Als der Schulgong sie schließlich vom rumsitzen erlöste, konnte sie sich an nichts aus dem Unterricht erinnern. Sie bemerkte auch kaum, dass sie nun fast alleine im Klassenzimmer saß. „Heute ist echt nicht mein Tag.“ „Ich glaube, Süße, da irrst du dich. Heute ist dein Glückstag.“ Anjaani rollte genervt die Augen. „Definiere Glück, Rio“, verlangte sie von ihrem Mitschüler, einer besonders aufdringlichen und machohaften Sorte der Spezies Mensch. Er lehnte betont lässig an der Wand und machte ein Gesicht, als ob der Gedanke, mit ihm hier zu sein, Anjaani in jauchzende Verzückung versetzten sollte. „Nun“, er beugte sich zu ihr rüber und steckte sich eine Zigarette in den Mund. „Ganz alleine mit mir in einem Raum. Was wünscht du dir mehr?“ „Dass du endlich aufwachst“, flötete sie zuckersüß. Sie riss ihm die Zigarette aus dem Mund und warf sie in den Papierkorb. „Ich kenne bessere Orte, wo du dir dieses stinkende Ding hinstecken kannst.“ „Ich mag kratzbürstige Frauen, das macht es erst so aufregend.“ Sie stemmte wütend die Arme in die Hüften. „Ich bin nicht kratzbürstig. Du nervst mich nur, warum verstehst du das einfach nicht?!“ „Dich stört nur, dass du mir nicht widerstehen kannst.“ „Soweit ich mich erinnere, hattest du damals statt einem Kuss ein blaues Auge bekommen.“ Anjaani war die Freundlichkeit in Person, solange sie kein Kerl unsittlich anfasste. „Das ändert nichts an der Tatsache, dass du jetzt mir gehörst! Seit der Mittelschule warte ich auf diesen Tag.“ Jetzt wurde Anjaani sauer. „Erstens bin ich mit Putzen beschäftigt und zweitens: Danach gehe ich!“, regte Anjaani sich auf. „Du bist so sexy, wenn du wütend bist... Und was ist drittens?“ „Drittens gehört sie niemandem“, giftete Yoko, die nun neben Anjaani auftauchte. „Aanilein, wir bleiben bei dir. Sonst schleimt diese Kröte dich noch voll.“ Die drei bauten sich drohend vor Rio auf. „Was habt ihr denn für ein Problem?“, fragte Rio ungerührt. „Wir nicht, aber du bald“, höhnte Yuki. „Mit Aanis Freund ist nicht zu spaßen. Mach, was du willst. Mir ist es nur recht, wenn er dich schnappt.“ Rio antwortete nicht drauf, sondern zog gleichgültig eine Augenbraue hoch. „Hältst du es mit diesem Macho aus?“, wandte Yami sich besorgt an Anjaani. Diese musste lachen. „Natürlich, wir sehen uns danach. Ihr könnt eure Kurse nicht verpassen.“ „Ich lasse dich nicht allein, ich kann hier zeichnen“, beharrte Yuki. „Yami kann hier singen und Yoko von mir aus Rio mit einem Lexikon verprügeln. Du kannst diesen Typen ein andermal treffen. “ „Wie der Zufall es will, habe zufällig ein Lexikon dabei! Aber der Typ, mit dem ich mich treffe, ist wirklich unterhaltsam und schlau-“ „So ein Schwachsinn“, grinste Yami. „Er ist gutaussehend und du bist einfach nur geil. Den kannst du dir einander Mal schnappen.“ „Aber ich will ihn jetzt! Ich freue mich den ganzen Tag drauf!“ „Dann nimm dir Rio hier und verschwinde mit ihm in einem leeren Klassenzimmer.“ „Okay, es reicht, ihr wollüstigen Dinger!“, regte Anjaani sich auf. „Geht jetzt, wenn ihr nur das im Sinn habt!“ Sie bestand darauf, alleine zu sein. Wenn sie mit so einem Wicht wie Rio nicht fertig werden würde, dann war ihr wirklich nicht mehr zu helfen. „Ich dachte, die verschwinden nie“, gab Rio erleichtert von sich, als die Drillinge gegangen waren. „Und ich hatte gehofft, du wärst längst verschwunden“, lächelte Anjaani. „Du bist meine Beute. Die letzte, die übrig bleibt.“ „Hörst du dich eigentlich selber reden? Du hättest alle Mädchen hier verführt?! Das ich nicht lache!“ „Bis auf dich.“ „Und die Drillinge.“ „Ich korrigiere: Alle Mädchen, die Single sind.“ Das waren die Drillinge zwar nicht, aber sie wechselten ihre Verehrer, wie andere die Unterhosen. „Ich habe einen Freund“, log sie dann stur. „Glaubst du wirklich, ich falle darauf herein?“ „Worauf?“ Sie schritt in Richtung Besenkammer und er folgte ihr. „Auf diese Masche.“ „Welche Masche?“, fragte sie, ohne ihn anzusehen. „Dieser erfundene Freund. Du bist zu unschuldig für irgendeinen Kerl und viel zu gut. Du bist das Beste. Deswegen will ich dich ja auch. Und du willst mich doch genauso.“ „Du hörst dich wirklich nicht selber reden“, seufzte sie gequält. „Glaub was du willst, nur fülle den hier auf und fange an zu putzen.“ Sie reichte ihm einen Eimer und bewaffnete sich selbst mit Tüchern und Putzmittel. Ihrem Lächeln konnte niemand widerstehen. „Vor dem hab ich jetzt eine Weile Ruhe“, freute sich Anjaani und begann die Tische ihres Klassenzimmers zu säubern. Tatsächlich dauerte es ganze 10 Minuten, bis Rio zurückkam. Er hatte nach einem geeigneten Wasserhahn gesucht, um den Eimer aufzufüllen. Dass sich dieser Wasserhahn in der Besenkammer befand, hatte ihm Anjaani nicht verraten. „Und was soll ich damit-“, setzte er an, brach jedoch mitten im Satz ab, als er Anjaani erblickte. Sie hatte sich ausgestreckt, um an die obere Kante des Fensters zu kommen. Das eine Bein kniete abgestützt am Tisch und unter ihrem roten Schulrock blitzte ein Stück ihres weißen Unterhöschens hervor, das ihren straffen Po nicht verbergen konnte. „Wow“, entwich ihm die Luft, die er angehalten hatte. Er pfiff ihr anerkennend zu. Anjaani beachtete ihn nicht, weder bemerkte sie ihre unabsichtliche Zurschaustellung. Sie wollte nur das Zimmer schnell sauber haben und dann von hier verschwinden. Rio legte die Hände an ihre Hüfte und wollte tiefer wandern, doch Anjaani entglitt ihm mit einer geschickten Drehung. Sie setzte sich mit übereinander geschlagenen Beinen auf den Tisch und betrachtete ihn drohend. „Deine Hände brauchst du, um den Boden zu wischen, für mehr auch nicht!“ „Meine Hände sind besser für deinen Körper geeignet, den du mir so hübsch darbietest“, grinste er schelmisch. „Ich biete nichts dar“, erwiderte sie lieblich lächelnd. „Und wenn, dann würde das etwas anders aussehen. Du würdest merken, wenn ich was von dir will.“ „Oh, und ob du was von mir willst!“ Sie neigte leicht den Kopf zur Seite. „Eigentlich hast du recht. Wieso es ständig leugnen? Ich will tatsächlich etwas von dir.“ Mit einer anmutigen Bewegung schwang sie sich vom Tisch und stand direkt vor ihm. Rio riss angenehm überrascht die Augen auf. „Weißt du, was ich will?“, wisperte sie leise und sah ihn aus herabgesenkten Wimpern an. Er erwartungsvolles Grinsen zierte sein Gesicht. Sie trat ganz dicht an ihn ran und drückte ihm den Wischmop in die Hand. „Ich will, dass du den Boden wischst! Hopp!“ „Glaubt ihr, Aani kommt mit ihm klar?“, fragte die besorgte Yuki ihre Schwestern auf deutsch. Yami seufzte in ihr Handy. „Du machst dir immer zu viele Gedanken. Sie packt das schon.“ „Genau“, bestätigte Yoko auf der dritten Leitung. „Rio darf sich in der Schule nicht an sie ranmachen. Sie schafft das schon, an uns ist er doch auch nicht rangekommen. Und es ist wirklich schwer, nicht an uns ranzukommen Aani ignoriert ihn bestimmt hartnäckig.“ „Aber Aani ist so attraktiv, manche würden sterben, um sie zu bekommen. Was kümmern da Rio die Schulregeln?“ „Sie weiß sich zu verteidigen. Aani beachtet ihn bestimmt nicht einmal.“ „Da hast du recht“, lächelte die Älteste. „Wetten sie hat ihren MP3- Player an und tanzt durch die Tischreihen.“ „Und verdreht unserem lieben Casanova damit ganz schön den Kopf“, lachte Yami, die Jüngste. „Wie wohl Inu aussieht...“, warf Yoko nachdenklich ein. Diese Frage stellten sich die Drillinge seit Freitag. Anjaani hatte ihn zwar bis aufs kleinste Detail beschrieben, doch die Neugier auf diesen besonderen jungen Mann wurde immer stärker. „Ob er wirklich goldene Augen hat?“, sinnierte Yoko weiter. „Pah“, machte Yuki mit einer wegwerfenden Handbewegung. „Du kennst doch Aanis Drang zu übertreiben. Wahrscheinlich irgendwelche hellbraunen Augen, die für sie ganz besonders glühen und was weiß ich!“ „Der grüne Geselle ist ein unberechenbarer Wegbegleiter“, summte Yoko. „Geht nie euren Weg gemeinsam.“ „Grüner Geselle?“, wunderten sich die Schwestern. „Du bist eifersüchtig“, übersetzte Yoko trocken. „Aha“, machte Yuki. „Der grüne Geselle ist der Neid, die Eifersucht. Man wird grün vor Neid.“ „Aber Grün ist die Farbe der Hoffnung“, widersprach Yami, ihre Lieblingsfarbe verteidigend. „Die Redewendung, dass man grün vor Neid wird, kommt daher, dass-“ „Mädels“, mischte sich Yuki ein. „Ihr schweift ab. Ja ich bin eifersüchtig auf Desidero. Aber ihr kennt doch ihren Hang zur Dramatik. Sie hatte doch auch immer von Rajeshs angeblich goldenen Augen geschwärmt. Wir werden ja heute sehen, wie umwerfend dieser Inu tatsächlich ist.“ „Schönheit glänzt durch den Blick des Betrachters.“ „Hast du nicht ein Date“, grummelten Yuki und Yami. „Nerv ihn, du Philodoof!“ „Er ist umwerfend“, antwortete Anjaani auf Rios Frage, wie ihr Freund denn so sei. „Ist er denn treu?“ „Ja!“, erwiderte sie felsenfest überzeugt. Sie hatte ihn für einen der treuen Sorte gehalten, aber nach dem Tag gestern... „Es gibt eine andere.“ Wer war denn nur diese Frau, die in der Dunkelheit seines Kopfes herumgeisterte? Was für eine Verbindung bestand zwischen ihnen? Sie wusste es genauso wenig wie Inuyasha selber. Aber eines wusste sie, diese Frau existiert in seinem Herzen, in irgendeiner kleinen, dunklen Ecke, und solange sie da ist, ist für Anjaani kein Platz. „So nachdenklich plötzlich?“ Sie schreckte zusammen. Rio war ganz nah an sie herangetreten. „Bist du ihm denn treu?“ „Wie bitte?“ „Du siehst traurig aus“, bemerkte er. „Behandelt er dich schlecht?“ Anjaani war elendig zumute, sie konnte es nicht verstecken, doch sie antwortete ihm nicht. Sie ließ es sogar zu, dass ihr Rio die Hände auf die Schultern legte. „Ich würde dich nie unglücklich machen. Auf mich könntest du dich verlassen.“ Sie sah ihn nur ausdruckslos an, eine Antwort blieb sie ihm schuldig. „Ich würde immer bei dir bleiben“, versprach er und küsste sie. Anjaani fühlte nichts, nur bittersüße Genugtuung. Wollte sie sich an Inuyasha rächen? Und ehe sie es verhindern konnte, erwiderte sie Rios Kuss. Das war eine unheimliche Bestätigung für sein Ego. Er hatte sie, wo er sie haben wollte. Niemand sonst befand sich in dem Gebäude. Er konnte sie also hier und jetzt haben. Er wollte sie hier und jetzt haben! Sie war atemberaubend, heiß und schmeckte wie das Paradies! Würde Anjaani nur vom Feuer der Leidenschaft mitgerissen werden, Rio hätte es den Verstand geraubt. Er wusste nicht, was ihm wirklich entging. Sie wäre sein größter Triumph, die wertvollste Trophäe. Die unantastbare, exotische, wunderschöne Anjaani. Keine würde je an sie heranreichen können. Keine ist mit ihr vergleichbar. Er wollte nur noch sie! Anjaani wusste nicht, was sie tat, sie handelte mechanisch, komplett ohne Gewissen und Gefühle. Sie spürte nichts. Nicht ein Hauch der Hitze und des Verlangens, die sie bei Inuyasha überfielen. Nicht ein einziges winziges Gefühl. Und sie ließ alles geschehen, während Rio in einem wahren Lustrausch gefangen zu sein schien. Keuchend drückte er sie mit seinem Körper auf einen Tisch, sodass sie unter ihm lag. Sie starrte an die Decke, als wäre sie nicht anwesend, nur ein Körper ohne Seele. Erst, als Rios Lippen ihren Hals küssten und seine Finger sich den Weg unter ihren Rock bahnten, zuckte sie zusammen. Mit ganzer Wucht traf sie die Abscheu und mit einem lauten Aufschrei, stieß sie ihn von sich. Es war abstoßend, fremd und widerlich! Sie zitterte vor lauter Ekel. Plötzlich ekelte sie alles einfach nur noch an. „Wie kannst du es wagen?!!!“, kreischte sie ihn hysterisch an und verpasste ihm eine Ohrfeige. Sie war plötzlich außer sich. Ihre Fähigkeit zu fühlen war wieder da und sie wurde aggressiv. „Ich... du hast doch... ich dachte...“ Rio fing unsicher an zu stottern. Vor lauter Überraschung wusste er nicht, wie er reagieren sollte. „Ich liebe ihn!“, tobte Anjaani. „Fass mich nie wieder an, nie wieder!!!“ Eilig schnappte sie sich ihre Tasche und lief davon. Es drängte sie auf einmal nach Hause. Sie zerrte die Drillinge beinahe zum Bus. Dabei war sie immer noch, so wütend, dass keine der Schwestern es wagte, sie darauf anzusprechen. Doch mit dem Zorn mischte sich ein Gefühl der Angst, die sie in blinde Ohnmacht stürzte, je näher sie ihrem Zuhause kam. Sie wusste nicht, wovor sie sich so sehr fürchtete, aber sie musste unbedingt Heim! „Ich muss Heim“, war ihre knappe Antwort auf die eine einzige Frage der mutigen Yuki. Die 20 Minuten Busfahrt wollten einfach nicht vergehen. Anjaani rannte zur Wohnung hinauf, an der Türe holten die schnaufenden Drillinge sie ein. Sie rissen überrascht die Augen auf, als sie sahen, wie Anjaanis Hand an der Türklinke zitterte. Keine wagte es, ein Wort zu sagen. Langsam betrat Anjaani die Wohnung. Sie sah es sofort, Rajs Kleiderberg neben dem Sofa und da wusste sie es. „Er ist weg“, flüsterte sie fassungslos. Stumm vor Entsetzen beobachteten Anjaanis Freundinnen wie ihr der Glanz aus den Augen wich und verstanden sofort: Saajan hatte sie verlassen. „Wie sie wohl reagieren wird?“, fragte Inuyasha sich zum hundertsten Mal. „Wie wohl, du Dummkopf!“, rügte ihn sein Herz. „Du brichst ihr das Herz. Sie ist sowieso schon verletzt und du versetzt ihr dann den Gnadenstoß! Hast du nicht gehört, was sie gesagt hatte? Du gibst ihr das Gefühl, etwas wert zu sein. Wie fühlt sie sich dann wohl, wenn du sie im Stich lässt? Nutzlos! So fühlt sie sich.“ Inuyasha starrte trübsinnig in den sternenklaren Himmel, den er zwischen den Blättern, des Baumes, auf dem er saß, sehen konnte. Weit unter ihm plätscherte leise der Fluss, in dem die beiden gestern gebadet hatten. Es war so ein schöner Tag gewesen, so unbeschwert und frei... bis zu jenem Moment... und sie musste dafür büßen... Er ließ die Schimpftirade seines Gewissens über sich ergehen, wusste er doch, dass er es verdient hatte. Er hatte gesündigt und fühlte sein böses Dämonenblut unrein durch seine Adern fließen. Er war ein Sünder, er hatte einen Engel verletzt. Er hatte das reinste und unschuldigste Wesen der Welt verletzt. Er hatte Anjaani im Stich gelassen. Dabei war er so fest davon überzeugt gewesen, es sei besser für sie beide. Langsam begann er daran zu zweifeln. Hatte er übereilig reagiert? Müde schloss er die Augen. Doch das war ein Fehler. Sofort tauchte ihr Gesicht auf, so schön und lebendig, als wäre sie tatsächlich hier. Ihr verführerisches Lächeln, die lockenden Augen, all das sah er erneut. Und dann hörte er, wie der Sari fiel. Die Wildheit ihres Kusses, die Zartheit ihrer Lippen, die Unschuld ihrer Augen. All das ließ ihm keine Ruhe, sobald er die Augen schloss. Er bildete sich sogar ein, ihren Geruch noch im Wind wahrzunehmen. Hatte sie ihn so eingenommen? Aber er war ein Dämon, brutal und unrein! Sie dagegen war so unschuldig und liebevoll, das einzige was er tat, war, ihre Reinheit zu beschmutzen. Also musste er fort. Aber ist das die einzig richtige Lösung? Wie es bei Männern eben so ist, schlief Inuyasha bald ein. Seine Sorgen konnten ihm den Schlaf nicht rauben, wie sie es bei Anjaani taten. Er konnte sich nicht einmal vorstellen, wie schlecht es Anjaani ging. Hätte er das gewusst... Doch der Gedanke an sie verfolgte ihn bis in seine Träume... Diese erste Nacht träumte er von der Farbe Weiß. Er sah nur diese Farbe und das irritierte ihn. Dazu kam noch das Gefühl ihrer Anwesenheit. Ihre liebliche, unschuldige, feurige Aura. Doch egal wo er hinsah, nirgendwo war Anjaani zu entdecken, alles Weiß. Zwei weitere Nächte lang ging es so. Er stand nur da, umgeben von blendendem Weiß, ihre Gegenwart spürend, die eine zehrende Sehnsucht in ihm weckte. Doch er befand sich nirgendwo. Hier war kein Raum und kein Ort, es war einfach Nichts. In der vierten Nacht nahm er plötzlich ihren Duft wahr. Er stand in diesem puren Weiß und es roch nach ihr, ihr betörender, einzigartiger Körperduft. Er kam von nirgendwo her, er war einfach nur da. In der fünften Nacht sah er sie. Das Weiß verschwand wie dichter Nebel, der sich langsam auflöste und offenbarte eine saftige, bunt blühende Blumenwiese. Aus dem dunklen Wald schritt eine weiße Gestalt. Anjaani schritt auf ihn zu, in einen schlichten, weißen Sari gekleidet. Die Sonne brach sich glitzernd in ihrem Haar. Ihre Augen glühten golden vor Sehnsucht. Langsam kam sie auf ihn zu und blieb vor ihm stehen. Doch sie war zu weit weg, um sie mit ausgestreckter Hand berühren zu können. Er selbst konnte sich nicht bewegen, überwältigt von der Schönheit ihrer Erscheinung. Ihre Augen quollen über vor unaussprechlicher Sehnsucht. So ging es nächtelang weiter: Anjaani in ihrem weißen Sari und strahlenden Goldaugen. Begehrt, doch unerreichbar. Er wusste nicht, dass Weiß in Indien die Farbe der Trauer ist. Und von Tag zu Tag wurde seine Sehnsucht quälender. „Aani, sag mir mal, wie wir das weiterhin mit ansehen können“, jammerte Yami. „Was denn?“ Anjaani bemühte sich nicht einmal überrascht zu klingen. Seit einem Monat brachte sie so gut wie kein Gefühl mehr zustande, außer Melancholie. Sie sang nicht mehr, und tanzte auch nicht mehr. Und ein Lächeln sah man gar nicht. Sie war erloschen. „Du verwelkst wortwörtlich vor unseren Augen!“ Die Drillinge waren ratlos. „Das geht so nicht, wir ertragen das nicht. Nicht einmal, als das Busunglück passiert ist, warst du so niedergeschlagen.“ „Ich war stark genug, es in meiner Seele zu verschließen“, sagte sie schlicht. „Ich war stark genug, weil Saajan da war, um mir Kraft zu geben. Aber jetzt ist er nicht einmal mehr in meinen Träumen. Ich schaffe es nicht ohne ihn. Wer weiß, vielleicht verdunsten die Tropfen auf der Fensterscheibe irgendwann. Wartet es ab, irgendwann erhole ich mich und Saajan kehrt in meine Vorstellung zurück. Ich bin immer noch stark genug, die Mauer um meine Seele zu halten, oder etwa nicht?“ Das stimmte. Anjaani war immer noch stark genug, ihre schlimme Vergangenheit zu ertragen, zu verdrängen. Doch würde sie sich wirklich erholen? Würde es so bleiben, wie es momentan ist? Oder würde sie zusammenbrechen? Die Drillinge waren hoffnungslos verzweifelt. Wie sollten sie die Freundin aus ihrem dunklen Loch herausholen? Anjaani war nur noch ein Schatten ihrer Selbst. Inuyasha hatte sie verlassen und ihre Freude mitgenommen. Ohne ihren Saajan ertrug Anjaani ihr Leben nicht. Völlig verzweifelt mussten die Schwestern mit ansehen, wie Anjaani verblasste, bis nichts mehr von ihr bleiben würde. Oft hatten sie Anjaani für ihre Stärke bewundert in Momenten, in denen andere zerbrochen wären. Doch Anjaani war stark und unbezwingbar, weil sie Hoffnung hatte. Sie hatte Hoffnung in tiefster Dunkelheit. Doch was geschah mit einem Menschen, der alle Hoffnung verloren hatte? Er selbst war ebenfalls verloren. Weitere Tage vergingen. Anjaani fühlte sich innerlich leer und beraubt. Sie war wie betäubt. Kaum etwas nahm sie richtig wahr. Die Leute mieden sie immer mehr, denn sie hatte ihr Lachen verloren. Allein Rio scharwenzelte wie ein liebestoller Hund um sie herum. Sie schaffte ihren Schulabschluss, fand gut bezahlte Arbeit. Ihre Kraft reichte aus, um sich normal verhalten zu können, höflich und freundlich zu sein. Doch in Wirklichkeit interessierte sie nichts mehr. Es ging nicht, nichts war mehr schön. Alles war wertlos, alles hoffnungslos. Würde ihr Leben nun auf ewig stumm und in schwaz-weiß weiterlaufen? Was sollte sie noch hier? Sie hatte keine Kraft mehr... Sie starrte den Fernseher an, ohne ihn wirklich zu sehen. Den Hunger nahm sie nur leicht wahr. Sie hatte keine Lust, aufzustehen und etwas zu essen. Die Drillinge waren nicht da, um sie dazu zu drängen. Wozu auch? Es war ihr egal, alles war ihr egal. Sie seufzte. Wollte sie wirklich ein Leben, von einer Einbildung beherrscht? Konnte sie wirklich nur glücklich sein, wenn sie ihr Leben in die Hände einer Fantasiegestalt legte? Sie bestimmte ihr Leben, nicht Inuyasha! Vielleicht war er ja nicht der Saajan aus ihren Träumen? Sie wusste nicht, was das Leben für sie bereit hielt... Wie verzweifelt war sie nach Raj gewesen? All ihre Hoffnung auf ein schönes Leben hatte sie Personifiziert, um es greifbar zu machen. Konnte sie auch ohne Saajan weiterleben? Wieso hing alles von ihm ab? Konnte sie ihr Leben nicht von sich selber abhängig machen? Der Wille war da, aber ihre Lebenslust schlief noch. Wieso trainierte sie Tag für Tag? Wieso rannte sie jeden Morgen? Trainierte ihren Körper, tanzte? Weil die Einsamkeit sie sonst erdrücken würde. Weil sie hoffte, wenn sie intensiv lebte, würde sie irgendwann wieder Freude spüren. Sie musste sich aufrappeln! Sie war schwach! Sie konnte nicht selber leben, hatte alles von Saajan abhängig gemacht. Sie war ein Schwächling! Doch sie wollte diese Stärke zeigen, für die andere sie immer bewunderten. Eine Stärke, die aus ihrem Herzen kam und nicht aus einer Traumgestalt. Anjaani stand auf, um sich etwas zum Essen zu machen. Ja, sie war stark! Die Stärke kam von ihr, nicht von Saajan! Ihrer Hoffnung hatte sie all die Jahre eine Gestalt gegeben, um sie greifbarer und wirklicher zu machen. In Wahrheit kam diese Kraft von ihr. Das unerwartete Klopfen an der Türe ließ sie leicht zusammenzucken und das wunderte sie. Sie konnte sich noch erschrecken? Kamen ihre Gefühle wieder zurück? Es erklang nur ein Mal. Und Anjaani spürte etwas, was sie vor zwei Monaten verlassen hatte: Inuyasha! Kehrte ihre Hoffnung zurück? Oder ihre Einbildung? Sie spürte wieder Inuyashas Anwesenheit. Anjaani ließ sich Zeit, vermutlich war es nur ein Nachbar, der sich etwas borgen wollte. Lustlos öffnete sie die Türe und blickte in zwei bernsteinfarbene Augen. Anjaanis Anblick erschreckte ihn. Sie schien ihn im ersten Moment nicht zu erkennen. Sie sah aus, wie in seinen Träumen, in einem weißen Sari gekleidet. Doch ihre Augen waren nicht golden. Ihre Augen waren matt, fast schwarz und strahlten nicht. Ihr Gesicht war eingefallen und ihre Mundwinkel hingen nach unten. Sie stand da in einem weißen Sari und sah ihn an, als wäre er nicht da. Sie stand nur da und rührte sich nicht. Leichte Verwirrung zierte ihr Gesicht, kein Lächeln, keine Wut. Aber tief in ihren Augen sah er den Schmerz. Er musste sie schwer verletzt haben, sie war erloschen. Anjaani schwieg und er wusste die richtigen Wörter nicht zu finden. Lange starrte sie ihn an, überrascht, wie stark ihre Vorstellungskraft zurückgekehrt war. Doch dann begriff sie: Er war es wirklich! Und dann bewies sie wahre Stärke. Neugierig neigte sie den Kopf, musterte ihn von oben bis unten, bis sie sich der Hilflosigkeit in seinem Blick erbarmte. Wortlos machte sie ihm Platz und schloss die Türe hinter ihm. „Willkommen zu Hause. Möchtest du duschen, solange ich das Essen mache?“, sprach sie, während sie in die Küche schlurfte. Ihre Stimme klang neutral, weder negativ noch positiv. Hatte er sie so sehr verletzt? Und doch wusste er, wie schlimme Schmerzen sie momentan verdrängte. Sie hätte schreien müssen, heulen, auf ihn einschlagen, doch sie ließ ihn herein, als wäre er nur kurz weg gewesen. Behandelte ihn, als würde er hier wohnen. Konnte sie einfach so weitermachen wie bisher? Kein Zorn? Keine Vorwürfe? Keine Schläge? Sie ließ ihn eintreten, als wäre es seine Wohnung und bekochte ihn wie eine Ehefrau. War ihr Herz so rein? Inuyasha biss sich auf die Lippen. Ihre Gutherzigkeit machte ihn nur noch schäbiger und schlimmer. Was sollte er denn nur sagen? Er konnte sich nicht entschuldigen- er wusste nicht wie- aber irgendetwas musste er doch sagen. Nach zwei Monaten hier bei ihr aufzutauchen und so tun, als sei nichts gewesen, das ging nicht! Sie schälte stumm Kartoffeln und schien sich seiner Anwesenheit nicht bewusst zu sein. Aber sie summte nicht vor sich hin und bewegte ihren Körper auch nicht zu irgendeinem Rhythmus in ihrem Kopf, wie sie es sonst immer tat. Es dauerte eine Weile, bis die Badtüre sich schloss und das Geräusch von prasselndem Wasser erklang. Anjaani konnte es immer noch nicht fassen. Er stand plötzlich da, als wäre nichts gewesen. Als wäre er nur auf einem kleinen Ausflug gewesen. Er hatte sie wortlos verlassen und genauso wortlos war er plötzlich wieder erschienen. Er hatte ihr Herz gebrochen und tat als sei nichts geschehen. „Ich bin dumm“, seufzte sie innerlich. „Ich lasse einfach alles mit mir machen, weil ich ihn liebe. Obwohl er mich nur quält.“ „Was erwartest du? Du hast ihm nur deine Hilfe angeboten, nicht dein Herz oder dein Leben. Was verlangst du als Gegenzug? Sein Herz? Du hast gewusst, worauf du dich einlässt, du erwartest zu viel.“ „Ich weiß“, flüsterte sie leise. „Aber er hatte solche Hoffnungen in mir geweckt und dann zerstört. Ich muss immer stark sein und ertragen. Wozu? Damit ich irgendwann einmal dafür belohnt werde? Wann? Wie lange muss ich darauf warten?“ Sie kannte die Antwort nicht. Doch wusste sie, warum sie sich so verhielt. Was würden Vorwürfe nutzen? Was sollte sie ihm überhaupt vorwerfen? Sie hatte kein Recht darauf, schließlich war er ihr keine Rechenschaft schuldig. Sie hatte ihm ihre Hilfe angeboten, ohne Gegenleistung zu erwarten. So würde es bleiben. Sie musste sich darauf einstellen, ihn jederzeit verlieren zu können. Sie musste ihr Leben ohne ihn Leben können. Ihre Verletzung wäre geheilt. Jetzt, wo er da war, würde es ihr schneller besser gehen. Sie liebte ihn, musste sich aber damit abfinden, dass es immer nur einseitig sein würde. Sie wusste, sie hatte keine Wahl, als seine Anwesenheit zu genießen, mehr aber nicht! Während sie ihn wortlos beim Essen beobachtete, regte sich ein kleiner Funke Wärme in ihr. Langsam bemerkte sie, wie ein Gefühl in ihr spross, das sie lange vermisst hatte: Freude. Inuyasha, der sich die letzte Zeit hauptsächlich von roher Beute ernährt hatte, vergaß seine Scheu und lange ungeniert zu. Seine Freude über diese Gaumenfreude war schier grenzenlos. Ihr Mund zuckte und sie lächelte. In ihrer Brust wurde es warm und ihr Bauch fing zu kribbeln an. Die erdrückende Schwere, die ihren Körper befallen hatte, wich langsam von ihr. „Ich habe dich vermisst, Saajan“, lächelte sie selig. Er starrte sie an und wurde Rot im Gesicht. Aber in Anjaani regte sich wieder ihre alte Lebensfreude und sie plapperte los. „Ich meine, es war so seltsam wieder allein zu sein. In der kurzen Zeit hast du für mich einfach hier dazu gehört, verstehst du? Und wenn ich so sehe, wie begeistert du isst, macht mir Kochen wieder Spaß.“ Was sollte er darauf antworten? „Iss einfach und beachte mich nicht“, meinte sie nur. „Ich weiß genau, dass du verzweifelt nach den richtigen Worten suchst. Quäle dich nicht damit. Ich erwarte nichts von dir. Du bist mir nichts schuldig.“ Das war ihr Ernst und tiefe Scham erfüllte ihn. Erst, als sie anfing das Geschirr abzuwaschen, öffnete er den Mund. „Brauchst du Hilfe?“ Ganz zaghaft kamen die Worte über seine Lippen. Wie sehr hatte sie den wundervollen Klang seiner Stimme vermisst! „Du kannst abtrocknen, wenn du magst.“ Wortlos standen sie nebeneinander. Sie wirkte entspannt, doch er bemerkte, dass sie nicht summte. Sie bewegte ihre Hüften auch gar nicht mehr. Was erwartete er denn auch? Dass sie fröhlich herumhüpft, überglücklich über seine Rückkehr? Nein, sie war zu verletzt. Da zupfte sie ihn am Ärmel und sah ihn aus großen Augen an. Wie er diese Augen vermisst hatte! Die langen, dichten Wimpern, wie ein Kranz aus schwarzen Strahlen... „Da läuft ein ganz toller Film im Fernsehen, willst du ihn mit mir angucken?“ Er nickte nur. Erst jetzt bemerkte er, dass sie seinen Schlafplatz nicht geräumt hatte. Kissen und Decke lagen ordentlich da, jederzeit für ihn bereit. Friedlich saßen sie nebeneinander auf der Couch. Inuyasha jedoch beachtete den Fernseher gar nicht. Ihm wurde so richtig bewusst, wie sehr er sie vermisst hatte. Wie sehr ihn ihre Nähe entspannte. Wie hatte er nur so lange ohne sie ausgehalten, ohne ihren Anblick? Er hatte es nicht länger ausgehalten, sonst wäre er nicht zu ihr zurück gekehrt. Anjaani schlummerte friedlich vor sich hin. Seine Anwesenheit löste eine Ruhe aus, die sie nicht mehr kannte. Sie kämpfte gegen den Schlaf und wankte, mit sich ringend, hin und her. Irgendwann gewann er jedoch und bemächtigte sich ihrer. Besiegt sank sie gegen Inuyashas Schulter und ihr Kopf blieb an seinem Oberarm ruhen. Überrascht betrachtete er die unschuldig schlummernde Schönheit. Er gehörte an ihre Seite. Obwohl er sie nicht lieben dürfte, gehörten sie zusammen. Er konnte nicht ohne sie. Das wusste sie ebenso wie er. Sie war zu gut für ihn. Wehmut erfasste ihn. „Es tut mir so Leid“, flüsterte er und strich ihr vorsichtig eine Locke aus dem Gesicht. Wunderschön... sie schien noch schöner geworden zu sein. Sie hatte es nicht verdient verletzt zu werden. Vorsichtig hob er sie auf seine Arme. Anjaani war leichter geworden, nicht viel, aber bemerkbar. Doch ihr Körper war immer noch anschmiegsam und ihre Haut duftete traumhaft. Sie erwachte nicht, als er sie in ihr Bett legte und sorgsam zudeckte. Eine ganze Weile sah er sie nur an. Sie ist ein Engel und er der Dämon, der sie befleckt. Sie war zu gut für ihn, zu schön, um wahr zu sein. Und doch brauchte er sie. Er durfte sie nicht haben, das wusste er, aber sie brauchte seine Nähe. Genauso wie er ihre. Nur mit dem letzten Rest seines eisernen Willens verließ er ihr Zimmer und legte sich selbst schlafen. Spät in der Nacht schlich sich Anjaani an Inuyashas Lager. Er schlief seelenruhig und wirkte friedlich im sanften Mondlicht. Sie kniete vor ihm nieder und betrachtete ihn. Tränen stiegen ihr in die Augen. Wie sehr sie ihn vermisst hatte! „Mein Gott, wie habe ich es nur ohne ihn ausgehalten?! Er ist so schön...“ Eine ganze Weile rührte sie sich nicht, war versunken in seinem Anblick. Dann wurde ihr kalt, sie hob die Decke und kroch zu ihm. Sein Oberkörper war nackt, was ihr flammende Röte ins Gesicht trieb. Doch Sehnsucht war größer als Scham. Vorsichtig legte sie den Kopf an seine Brust und kuschelte sich an seinen warmen Körper. Diese weiche Haut, diese harten Muskeln, dieser Duft! Seine Wärme war wundervoll! Als ihre kalten Füße ihn berührten, wachte er ruckartig auf. „Was machst du da?“, nuschelte er. Seine halb offenen Augen glühten in der Dunkelheit. „Mir ist kalt“, erwiderte sie hastig. „Ach so...“ Er schlang die Arme um sie und drückte sie an sich. Ihr wurde richtig schwindelig. Voller Freude kuschelte sie sich an ihn. Wie schön sich sein Atem in ihrem Haar anfühlte. Er war alles einfach nur wundervoll. Von der Hölle, in der sie sich befunden hatte, holte sie der Klang seines Herzschlages nun ins Paradies zurück. Anjaani befand sich im Himmel und mit der Glückseligkeit eines Engels schlief sie ein. Früh am Morgen riss sie ein Schrei aus dem Schlaf. Inuyasha starrte sie fassungslos an. „Was zu Teufel... Was machst du hier?!“ „Schlafen, aber das hat sich jetzt erledigt.“ Doch er war sauer und knurrte sie mit blitzenden Augen an. „Du hast nichts in meinem Bett zu suchen! Geh in dein eigenes!“ Sie schreckte sofort zurück vor seiner Grobheit. „Mir war nur so kalt und du bist immer so warm und-“ „Dann dreh doch die Heizung auf. Ich hab es schon eng genug hier, ohne dass du mir auch noch auf die Pelle rücken musst! Wer erlaubt dir überhaupt, mich anzufassen?“ Er schob sie von sich. Sie stand auf und wusste nicht, was zu sagen oder zu tun. Er drehte nur den Kopf weg und legte sich wieder hin. Anjaani war wie gelähmt. „Was willst du denn noch?!“ Doch da sah er die Tränen in ihren Augen. Sie drehte sich um und lief in ihr Zimmer. Leise begann sie zu weinen. Mit Schmerz in den Augen starrte Inuyasha ihr nach. Er hatte das nicht gewollt, es quälte ihn doch selber, aber er durfte sie nicht an sich ranlassen. Das einzige, was er wirklich gut konnte, war grob und gemein zu sein und verletzende Dinge zu sagen, die er nicht so meinte. „Es ist gut so“, redete er sich ein. „So muss es sein!“ Aber warum war er dann zu ihr zurückgekommen? Um sie und sich zu quälen? „Genau das ist es, was du tust. Du verletzt sie nur noch mehr. Kannst du dich nicht einfühlsamer von ihr fernhalten?“ Wenn er nur wüsste, wie? Seine verzwickte Situation machte ihn verrückt. Er wurde aggressiv, wenn er in ihre unschuldigen Augen sah. Verstand sie denn nicht den Ernst der Lage? Wieso konnte sie sich nicht von ihm fern halten? Wieso war sie in seinem Bett gewesen? Moment! Inuyasha wurde auf einem Schlag knallrot im Gesicht. Sie war in seinem Bett gewesen, unter der Decke an ihn gedrückt! Seine Gedanken drehten durch. „Beruhige dich mal!“, fuhr ihn die Stimme in seinem Kopf scharf an. „Kannst du dir nicht denken, dass sie dich vermisst hat? Du hast sie verlassen und verletzt. Überleg mal genau!“ „Aber warum macht sie das?“ „Du meinst, ob sie dich liebt?“ „Ja.“ „Du gibst ihr Bedeutsamkeit, lenkst sie von diesem Raj ab, aber ist das Liebe? Doch, ich glaube, dass sie dich liebt!“ Wirklich? Liebte sie ihn? Und was noch wichtiger war, liebte er sie? Aber das musste er verhindern! Am frühen Morgen, hatte er sich gerade andere Kleidung in Anjaanis Zimmer angezogen, als sie frisch geduscht nach ihrem Morgenlauf und in einem weißen Handtusch eingewickelt, aus dem Bad kam. Sie stießen fast gegeneinander, da Bad- und Zimmertüre genau gegenüber lagen. „Oh, entschuldige!“, rief sie hastig und schlang instinktiv die Arme um die Brust. Inuyasha fühlte sich überrumpelt und sein Blick verfing sich an ihrem Dekolleté. Sein Blut begann zu brennen und seine Miene wurde finster. Er drehte nur verächtlich schnaufend den Kopf weg und verschwand in der Küche. Anjaani starrte fassungslos ins Leere. Was war das denn gewesen?! Wie hatte er sie da angesehen? Als fände er ihren Anblick abstoßend. Sie ging ihm erschüttert hinterher in die Küche. Seine Augen sprühten goldene Funken der Wut. „Schämst du dich nicht, dich so zu Schau zu stellen?“, blaffte er sie an. „Wie kannst du nur so rumrennen?“ Wortlos wandte sie sich ab und ging in ihr Zimmer zurück. Warum war er sauer? Warum mochte er sie nicht mehr? War sie ihm zuwider geworden? Inuyasha sank seufzend auf einem Küchenstuhl zusammen. Verdammt, was sollte er nur tun?! Er musste sie verjagen, sonst würde er sich auf sie stürzen, so unschuldig und gleichzeitig so begehrenswert wie sie war. Wenn er dran dachte, dass sie nur ein dünnes, feuchtes Handtuch bedeckte... Die zitternden Hände ballten sich zu Fäusten. „So bist du nun mal“, sagte sein Verstand. „Wenn du nicht weiter weißt, wirst du aggressiv. Aber wenn du so weiter machst, verjagst du sie! Das hat sie nicht verdient. Du kannst nicht zurückkommen und sie dann nur noch mehr verletzen.“ Aber was sollte er denn nur tun? Das Rumsen der Haustür, als sie ins Schloss fiel, ließ ihn aufschrecken. Er streckte den Kopf aus der Tür. Tatsächlich, da verschwand gerade eine dunkle Locke aus seinem Blickfeld, die Treppe hinunter. Ohne ein Wort war sie gegangen. Aber was sollte sie ihm auch sagen? Sie hatte so verschreckt geguckt und traute sich wahrscheinlich nicht mehr in seine Nähe. Kurz vor der Neumondnacht war er immer noch reizbarer als sonst. Was auch wirklich nachzuvollziehen war! Heute Abend musste er mit ihr reden. Das alles hat doch keinen Sinn. Er musste die Sache klar stellen. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass Anjaani eine Stunde zu früh zur Schule gegangen ist. Normalerweise hätte sie jetzt mit ihm gefrühstückt, aber er hatte sie ja verjagt. Es war plötzlich so still in der Wohnung, dass er sein eigenes Herz ganz laut schlagen hören konnte. Ihr Duft hing überall, aber die Atmosphäre war einsam und erdrückend. So musste sie sich die Zeit über allein gefühlt haben, als dieser Raj sie verlassen hatte... und als er sie verlassen hatte. Inuyasha wusste nicht, wie es dazu kam, dass sein Blick plötzlich auf den Boden vor das Bücherregal fiel. Ein Buch lag achtlos da, vielleicht war es rausgefallen. Wie kam es, dass Anjaani es nicht aufgehoben hatte? Eine feine Staubschicht hatte sich angesammelt, es musste also seit vielen Tagen da herumliegen. Seltsam, Anjaani war doch so ordentlich... Da sah er seine Antwort. Ein Foto. Ein Foto von Anjaani und einem dunklen, jungen Mann. Anjaani und Raj! Inuyasha überkam eine eisige Gänsehaut. Er hob das Bild auf und lief zu Anjaanis Spiegel am Kleiderschrank. Tatsächlich! Es war unfassbar! Dieser Raj sah aus wie er! Er hatte kurze, dunkle Haare, aber das Gesicht war das Gleiche. Und seine Augen waren von einem hellen Goldbraun! Er war Inuyashas Ebenbild! Ist das Zufall? Kann das sein? Das war zu viel für den überforderten Dämon. Er floh verwirrt auf den Balkon, und kletterte geschickt auf das Dach. Der kräftige Wind hier oben tat ihm gut. Aber sein Herz ließ ihn nicht in Ruhe. Es folterte ihn mit der einen einzigen Frage, die ihn tief verletzte: „Mag Anjaani mich nur, weil ich aussehe wie Raj?“ Er war am Mittag in die Wohnung zurückgekehrt, weil ihn das ganze Grübeln, Zweifeln und Befürchten nur verrückt und vor allem hungrig machte. Gerade, als er sich die Reste von gestern im Backofen aufwärmen wollte- und überlegte, wie man einen Backofen bediente- läutete es an der Tür. Im ersten Moment war er verwundert, denn Anjaani besaß doch einen Schlüssel. Ahnungslos öffnete er die Türe. Drei wunderschöne Mädchen standen da, die alle bis auf die Farbe ihrer Kleidung gleich aussahen. Eine hatte angesetzt, etwas zu sagen, doch sie erstarrte. Genau wie die anderen beiden. Er beobachtete, wie drei lilafarbene Augenpaare riesengroß wurden. Zwei davon starrten ihn fassungslos an. Das dritte war entsetzt. Ihre Blicke hingen so gebannt an seinen Augen, sodass sie seine unbedeckten Ohren nicht beachteten. „Mich tritt ein Pferd“, hauchte die rot bekleidete von ihnen. „Sie hat tatsächlich nicht übertrieben!“ „Womit?“, fragte Inuyasha misstrauisch und verschränkte lässig die Arme über seinem Kopf, damit man seine Ohren nicht sehen konnte. Seine Stimme ließ die Mädchen zusammenzucken und erröten. Diejenige, die gesprochen hatte, räusperte sich verlegen, wendete den Blick aber nicht von seinem Gesicht ab. „Ähm... dürfen wir eintreten?“ „Wenn´s sein muss“, meinte er nur, verschwand aber schnell im Schlafzimmer, um sich eine Kappe aufzusetzen. Wie hatten sie seine Ohren bloß nicht bemerkt? „Wir sind AanisFreundinnen“, sagte die eine zu ihm, die auch vorhin gesprochen hatte. „Ich bin Yoko Higurashi und das sind Yuki und Yami.“ „Schön, die drei Nervensägen“, sagte er knapp. Inuyashas Wortkargheit und Grobheit berührte sie nicht im Geringsten. „Wenn du nicht so geil wärst, wärst du vermutlich unerträglich“, bemerkte Yoko sachlich. „Wie bitte?!“ „Nichts für ungut. Ist Aani da? Sie hatte uns gestern von deiner Rückkehr berichtet.“ „Wie bitte?“ Er stutzte in seinem aufkeimenden Wutanfall. „Sie war doch mit euch in der Schule.“ „Was?!“, rief diejenige namens Yuki verwirrt. „Es ist Mai, wir haben die Schule beendet. Sie arbeitet jetzt in einem Tanzstudio. Du hast in zwei Monaten viel verpasst.“ „Sie hat mir nichts gesagt“, verteidigte er sich. Wie denn auch? „Sie müsste seit zwei Stunden hier sein“, belehrte ihn Yuki. „Freitags arbeitet sie nur bis 12 Uhr mittags und dann gibt’s hier Mittagessen. Ich habe Hunger!“ „Verdammt!“, knurrte er. „Man kann sie nie allein lassen!“ Er wandte sich um zur Tür, doch er wurde am Arm festgehalten. Das grün bekleidete Mädchen, das noch kein Wort gesagt hatte, sah ihn vorwurfsvoll an. „Ist sie wegen dir nicht zurückgekommen?“ „Hä?!“ Aufgrund der Tatsache, dass sie im Vergleich zu ihren Schwestern eine wahrhaft wohl klingende Stimme hatte, die nicht in seinen Ohren wehtat, reagierte er nicht wütend auf diesen groben Vorwurf. „Yami-Maus, was redest du da? Wie kommst du darauf?“ „Ist sie sauer auf dich?“ Inuyasha schwieg, wusste nicht, was sagen. „Yami-Maus, ich glaube nicht, dass Aani sauer auf ihn ist“, verteidigte ihn Yuki. „Wie hat sie denn gestern reagiert, als du plötzlich aufgetaucht bist?“ „Ich hätte mich kreischend vor Wut auf ihn gestürzt und ihn erwürgt. Aber sie hat ihn wahrscheinlich reingebeten und sich sofort ans Abendessen gemacht. Habe ich recht?“, kicherte Yoko. „So ist sie nun mal.“ „Ich glaube, du hast sie aufgeregt.“ Yami taxierte ihn mit einem düsteren Blick. „Mein Lieber, du bist auch nicht besser, als er.“ „Als wer?“, wunderten sich die Schwestern. Die Jüngste deutete mit einer Kopfbewegung auf Inuyasha. „Seht ihn euch an. Sieht er nicht genau so aus wie Rajesh?“ Rajesh war Raj... Inuyashas Gesichtszüge entgleisten und er schwieg eisern. Die zwei Schwestern erschraken. „Oh mein Gott, du hast recht! Wie ist das nur möglich?“ „Ich weiß es nicht“, grollte Inuyasha leise. „Ich habe es heute Morgen erst gesehen. Dieser Bastard sieht mir ähnlich. Kein Wunder, dass-“ Er unterbrach sich mitten im Wort. „Dass?“ Alle erwarteten eine Antwort. Yuki dämmerte es plötzlich. „Dass sie dich liebt? Oh, du wusstest es nicht?“, bemerkte sie auf seinen Blick hin. „Ob sie dich liebst, wie sie uns liebt, oder verliebt ist, wissen wir nicht. Aber es ist verdächtig, dass du Rajesh so ähnlich siehst. Liebt sie dich deshalb?“ „Augenblick mal“, mischte sich Yoko ein. „Vergesst nicht, dass Aani verschwunden ist. Wir sollten sie suchen!“ „Du nicht, Freundchen“, kommandierte Yami, als Inuyasha sich wieder an ihnen vorbei schob. „Nach all dem Leid mit dir und deinem plötzlichen Auftauchen. Wir sollten zu ihr gehen. Vermutlich ist sie wegen dir abgehauen.“ Inuyasha hüllte sich nur in zorniges Schweigen. „Du bleibst hier, falls sie zurückkommt.“ „Gut, leiste Inu Gesellschaft und...“ „Jetzt nicht, Yoko-Neko“, drängte Yami. „Wir müssen los!“ Inuyasha knallte die Türe hinter ihnen zu und riss sich die Kappe vom Kopf. „Nervige Weibsbilder!“ Also war es so offensichtlich, seine Ähnlichkeit mit Raj... Inuyasha setzte sich aufs Sofa und legte müde das Gesicht in seine Hände. Jetzt wusste er es. Anjaani liebte ihn. Doch wie die Drillinge gesagt hatten, welche Art von Liebe war es? Und wie sollte er darauf nur reagieren? Wie sollte er ihr gegenübertreten? Das heißt, falls sie zurückkommt. Sie war abgehauen, garantiert! Sie würde ihn sonst nie mit hungrigem Magen zurücklassen. Mann, er konnte doch nicht hier sitzen bleiben! Er würde sie sofort mit seinem Geruchssinn finden können. Aber wäre das nicht falsch? Er hatte sie schließlich vergrault. Er wäre der letzte, der sie zurückbringen konnte. Oder? „Glaubt ihr, sie hatten Streit?“, fragte Yuki ihre Schwestern. „Warum sollte Aani sonst nicht nach Hause kommen?“, erklärte Yami ungehalten. „Mit mir könnte er immer streiten“, schwärmte Yoko. „Habt ihr diese Augen gesehen, unglaublich! Sie hatte immer gesagt, Raj habe goldene Augen, deshalb dachte ich, sie übertreibe bei Inu auch. Aber diese Augen! Diese Augen... wie ein reiner Bernstein vom goldenen Strahlen sanften Herbstlichtes angehaucht! Und diese samtene Stimme! Habt ihr diese Stimme gehört?!“ „Er ist noch besser, als Aani ihn beschrieben hat“, stimmte Yuki ihr zu, als Yoko Luft holen musste. „Wäre ich nicht so hungrig, hätte ich mich längst auf ihn gestürzt.“ „Schmachten könnt ihr, wenn wir sie gefunden haben“, beschwerte sich die Jüngste. „Sag mal, gefällt er dir denn gar nicht?“ „Nein“, widersprach sie eisern. „Ihr wisst genau, dass General Aryan Suraj der einzige Mann für mich ist. Und vergesst ja nicht, was Aani seinetwegen ertragen hat. Und gerade du, Yuki-Hase, solltest gegen ihn sein! Ich bin mir nicht sicher, ob er ihr gut tut!“ „Das frage ich mich momentan auch“, wisperte Anjaani leise, die hoch oben in einem Bauch saß, unter dem die Drillinge gerade durchliefen. Die Ankunft der Freundinnen hatte sie mitgekriegt und vergewisserte sich, dass sie sie nicht finden würden. Sie sah die Drillinge davon schlendern und der Ruf ihres eigenen Namens klang noch lange nach. Unglaublich, alles Leute drehten sich nach den drei „Aani“-schreienden Mädchen um! Anjaani schmunzelte. Den Drillingen war wirklich nichts zu peinlich. Musste es auch nicht, ihre Schönheit schenkte ihnen viele Freiheiten. Wie lange würden sie suchen? Vermutlich bis in den Abend, wenn Anjaani nichts unternahm. Aber sie brauchte ihre Ruhe, sie wollte niemanden sehen. Sie hatte sich kaum auf die Arbeit konzentrieren können, so deprimiert und lustlos wie sie war. Hier ganz alleine brauchte sie für niemanden fröhlich sein. Wieso war er zurückgekehrt, wenn er sie abstoßend fand? Was machte er bei ihr, wenn er sie nicht mochte? Den ganzen Morgen hatte sie sich nicht nur darüber den Kopf zerbrochen. Es war eindeutig, er wollte sie auf Abstand halten. Das war vernünftig von ihm, aber musste er so gemein sein? Wenn es wirklich das war, konnte er doch einfach mit ihr reden. Jedoch war da eine winzige Stimme, die fragte, ob er sie nicht einfach nur hasste? Konnte er sie einfach nur nicht leiden? Doch woher kam dann die Leidenschaft zwischen ihnen? Wieso hatte er sie geküsst- und das mehrere Male? Aber das hatte er nach seiner Rückkehr nicht mehr... An dieser Stelle war der Gedanke gekommen, der Anjaani am meisten erschreckte: Inuyasha hielt sie für eine Schlampe! Wahrscheinlich widerte es ihn an, dass man sie so leicht haben konnte. Sie hatte ja nicht gerade den Eindruck erweckt, als sei sie ihm abgeneigt. Langsam schlenderte sie zum Park. Nach den paar Stunden Sitzen, brauchte sie etwas Bewegung. Dass es plötzlich wie aus Kübeln goss, störte sie nicht im geringsten. Die Regentropfen waren schön kühl auf ihrer Haut. Ihr Handy klingelte völlig überraschend. Endlich war es den Drillingen eingefallen, sie einfach anzurufen. Die Drei waren auch zu chaotisch. Kurz und knapp erklärte sie den Mädchen, dass es ihr gut gehe, sie ein bisschen im Park spazieren gehe und ein wenig Ruhe zum Nachdenken brauche. Die Drillinge zeigten wie immer Verständnis. Sie versprach, ihnen ein anderes Mal vom Vorfall mit Inuyasha zu erzählen. Inuyasha... Gott, wie sehr sie ihn liebte! Er sah Raj zwar ähnlich, aber mehr hatten sie auch nicht gemeinsam. Inuyasha konnte sehr grob sein, aber es hatte Momente gegeben, in denen er einfühlsam und fürsorglich gewesen war. Naja, bis vor zwei Monaten jedenfalls. Aber eines wusste sie: Inuyasha würde ihr gegenüber niemals gewalttätig werden. Er als Dämon ist stark und Gewalt garantiert nicht abgeneigt, er hatte eine brutale Seite. Dass er dennoch zärtlich sein konnte, machte ihn nur noch anziehender. Die Drillinge hatten Recht, wenn ein starker, gefährlicher Mann eine fürsorgliche Seite hatte, war er um das Hundertfache attraktiver. Inuyasha sorgte sich um sie. Raj, der seine brutale Seite offener zeigte, war ihr Wohlergehen immer egal gewesen. Sie hatte das Gefühl, Inuyasha hielt sie nicht für schwach. In Inuyashas Augen war sie wertvoll. Raj hatte sie nie mit solch einer Zärtlichkeit und solch einem Begehren angesehen. Rajs Augen waren immer kühl, trotz der warmen Farbe. Ihnen fehlte die Wärme, die in Inuyashas Augen strahlte. In diesen goldenen, einzigartigen Augen. Wie hatte Yoko es so schön poetisch ausgedrückt? Ein reiner Bernstein vom goldenen Strahlen sanften Herbstlichtes angehaucht... Solche Augen gibt es kein zweites Mal! Ein Rascheln im Gebüsch direkt neben ihr ließ sie aufschrecken. Für den Augenblick eines Wimpernschlages starrten sie zwei bernsteingoldene Augen an. Ihr Herz war vor Schreck stehen geblieben. Jetzt fing sie auch noch an zu halluzinieren! „Es wird Zeit, dass ich nach Hause gehe.“ Langsam machte ihr auch die Kälte zu schaffen. Sie war durchnässt bis auf die Knochen und trug nur einen dünnen Sari. Wärme konnte ihre Kleidung ihr nicht mehr spenden. Da! Wieder ein goldenes Flackern! War das Inuyasha? Noch bevor sie sich diese Frage zu Ende stellen konnte, verließen sie plötzlich ihre Kräfte und sie strauchelte. Kräftige Hände fingen sie auf. Doch vor ihren Augen drehte sich alles. Sie nahm ganz verschwommen dieses goldene Flackern wahr, gepaart mit silberweißem Schimmer. Inuyasha? Die Hände ließen sie ins weiche Gras sinken. So warm... Inuyasha hatte immer warme Hände. Sein schneller, knurrender Atem ging stoßweise. Klang er gierig? Lüstern? Oder träumte sie? Sie wusste es nicht, ihr war zu schwindelig, um nachdenken zu können. Warum brachte Inuyasha sie nicht nach Hause? Heißer Atem streifte ihr Gesicht. Sie spürte diesen schweren, warmen Körper auf sich. Das Gesicht war zu nah, um es zu erkennen, aber die Augen waren golden. Heiße Lippen senkten sich auf die zarte Haut ihres Halses. Sie zuckte erschreckt zusammen. Das fühlte sich nicht nach Inuyasha an, es stieß sie ab. Aber es waren seine Augen und sein silberweißes Haar! Doch in ihrem Magen sammelte sich eine Welle der Übelkeit, sie wollte von Inuyasha nicht berührt werden. Seine Fangzähne taten weh auf ihrer Haut, doch sie war zu schwach um sich zu wehren. Sie spürte, wie ihr Rock hoch gestrichen wurde, die heißen Hände auf ihrer kühlen Haut, die Krallen, die an ihren Bauch schabten. Sie wand sich leicht, hatte sie doch keine Kraft sich gescheit zu wehren. Verzweifelte Tränen mischten sich mit dem strömenden Regen. „Inuyasha?“, weinte sie leise. „Bitte lass das... das tut weh.“ Plötzlich erklang Inuyashas Stimme aus weiter Ferne. Wie kam das? Der Mann über ihr hob ruckartig seinen Kopf und sah sich um. Er sah aus wie Inuyasha, aber er war es nicht! Wer ist das? Dann gewann ihre Allergie Oberhand und sie wurde bewusstlos. Inuyasha rannte durch den Regen, ihrem schwachen Geruch folgend. Als sich ihr Geruch mit einem anderen mischte, hielt er erschrocken inne. Er kannte diesen Geruch, aber er wusste nicht woher. Eines war er sich sicher: Er hasste diese Person abgrundtief! Angst überkam ihn plötzlich, denn Anjaani war in Gefahr. In großer Gefahr! Er hetzte noch schneller los und schrie ihren Namen. Immer und immer wieder rief er nach ihr, voller Verzweiflung. Der Anblick der sich ihm bot, war grauenhaft. Anjaani lag ohnmächtig auf dem Boden, hinter einem Busch versteckt. Ihr blutroter Sari war zerrissen und ihre Haut war übersät mit dem Ausschlag. Sie war ganz durchnässt und atmete kurz und schnell. Ihr Herz klopfte nur ganz leise. An ihr hing der verhasste, fremde Geruch. Er stürzte zu ihr und nahm sie in seine Arme. Die Angst ließ sein Herz rasen. Ihr Gesicht war bleich und ihr Körper eisig kalt. Blinde Wut verdrängte die Angst, als er die blutigen Kratzer an ihrem Bauch und die Bissspuren an ihrem Hals sah. Er zitterte, als ihm klar wurde, dass jemand- garantiert ein Dämon- sich an ihr hatte vergreifen wollen. Doch er hatte keine Zeit zu verlieren, sie musste ins Warme! Wie schwach sie in seinen Armen hing, er bekam es wieder mit der Angst zu tun. Deshalb beeilte er sich, so schnell er nur konnte. Anjaanis Herzschlag war schwächer geworden, also hatte er keine Zeit zu überlegen. Den Heimweg bekam er kaum mit, seine Aufmerksamkeit galt ihr, ihrem blassen Gesicht, den schwachen Herzschlägen. Was war nur geschehen? War er rechtzeitig gekommen? Hastig legte er sie auf das Bett, holte schnell ein Handtuch für die klatschnassen Haare, drehte die Heizung auf, verdunkelte das Zimmer und zog ihr die nassen Klamotten aus. Obwohl es stockfinster im Zimmer war, konnten seine Dämonenaugen dennoch genug erkennen. Deshalb wandte er den Blick ab, als er ihr mit heftig zitternden Fingern die Unterwäsche auszog. Dann zerrte er sich seine Kleidung, bis auf die Boxershorts, vom Leib und legte sich zu ihr unter die Bettdecke. Hoffentlich würde seine Körperwärme ausreichen. Um keine bestimmten Körperstellen zu berühren, drehte er sie auf die Seite, mit dem Rücken an die Wand. Dann nahm er sie in die Arme und drückte sie an sich. Für die Dunkelheit war er dankbar. Er konnte zwar sehen, aber es war kein Vergleich mit seiner Sicht bei Tag. Und es gab seinem Gewissen Erleichterung. Es wäre schamlos diese Situation auszunutzen. Aber es war eine verdammt blöde Situation. Zum Glück berührten sich ihre Intimzonen in dieser Körperstellung nicht, aber dafür spürte er ihre weichen Brüste an seiner Haut viel deutlicher. Das war nicht besser! Für Inuyasha waren es Momente der süßesten Qual. Er lag da, drückte sie an sich und trotz der kritischen Umstände, erregte es ihn ungemein. Wie sehr hatte er sich das damals am Fluss gewünscht! Seine Fantasie spielte verrückt. Und der Wunsch, sie anzufassen, wurde zur Folter. Allein sein Anstand hielt ihn zurück. Genau das war eine Situation, die er vermeiden wollte. Und was, wenn sie plötzlich erwachte? Darüber hatte er noch gar nicht nachgedacht. Er würde sofort aufstehen, wenn sie sich aufgewärmt hatte. Und bis dahin betete er, dass seine Hormone nicht mit ihm durchgehen. Nur viel zu langsam wurde ihr quälend heißer Atem an seiner Brust langsamer und tiefer. Als Anjaani aufwachte, war das erste, was sie bemerkte, die kuschelige, weiche Wärme. Das zweite war, dass sie sich allein in ihrem dunklen Zimmer befand. Und dann kam der Schock: Sie war völlig nackt! „Nur die Ruhe! Werde jetzt bloß nicht hysterisch! Denk ganz entspannt nach... Was ZUM TEUFEL ist passiert?!“ Das letzte, woran sie sich erinnern konnte, war die tiefe Bewusstlosigkeit, in die sie gefallen war. Es war eigentlich nur vernünftig gewesen, ihr die nassen Sachen auszuziehen, aber WER hatte es gemacht? Anjaani sammelte sich und ihre Kräfte. Sie war sehr schwach. Als sie ein lautes Klappern und Fluchen hörte, das aus der Küche zu kommen schien, riss sie sich zusammen und stieg aus dem Bett. Da der Lärm nicht nachließ, bekam sie doch ein wenig Angst, was Inuyasha da in der Küche trieb. Das Anziehen kostete sie viel Mühe. Erschöpft verließ sie das Zimmer und erstarrte. Inuyasha werkelte tatsächlich in der Küche herum, schien jedoch total überfordert. Die Küche war ein einziges Chaos, alles durcheinander und verdreckt. Er war so in seiner Raserei vertieft, dass er sie nicht bemerkte. Er wirkte so niedlich, wenn er hilflos war! Das im Park konnte unmöglich er gewesen sein. Sie musste lachen und das machte ihn auf sie aufmerksam. Sie prustete regelrecht los, als sie sein mit Tomatensoße verschmiertes Gesicht sah. Doch der Schwächeanfall ließ nicht lange auf sich warten. Sie kippte nach vorne und Inuyasha fing sie auf. Er hielt sie sicher fest. „Warum bist du aufgestanden, wenn es dir nicht gut geht?“, sagt er sanft. Immer, wenn er so sprach, schien das für sie der schönste Klang auf der Welt zu sein. Gemischt mit seinem Duft und dem Klopfen seines Herzens, war das der Himmel auf Erden. „Du weißt, du musst dich ausruhen.“ Sie griff hinter ihm nach dem Lappen auf dem Spülbecken und wischte ihm die Soße von den Wangen. Sein Atem roch so süß, dass sie sich konzentrieren musste. Sie war ihm so nah! Und diese Nähe war eine brennende Wonne. „Ich hatte das Gefühl, du brauchst Hilfe“, lächelte sie zärtlich. „Und so wie es hier aussieht, hatte ich recht.“ „Pff, ich komm gut alleine klar!“ Er drehte beleidigt den Kopf weg, doch sie umfasste sein Gesicht und er starrte sie überrascht an. „Danke, dass du mich Heim gebracht hast. Du warst es doch, oder?“ Seltsamerweise errötete er, doch sein Blick war ernst. „Ich habe dich bewusstlos gefunden. Im Regen auf den Boden liegend.“ Dann blitzte er sie sauer an und ließ sie los. „Du kommst echt nicht ohne mich klar!“ Sie plusterte sich wütend auf. „Und was ist das hier?! Du kriegst es nicht mal hin, Spaghetti zu kochen!“ „Das kommt davon, dass deine Küche unorganisiert ist und ich hier nichts finden kann!“ „Das ist die blödeste Ausrede, die dir hätte einfallen können!“ „Nudeln und Soße sind doch fertig, was willst du eigentlich?!“ „Das ist ein Fertiggericht! Jeder Trottel kann das zubereiten! Und für das bisschen Nudeln hast du meine Küche ruiniert?“ „Und du nervst schon wieder!“ „Ach ja?! Warum hast du mich dann gerettet?“ „Hm“, wandte er sich knurrend ab. „Das frage ich mich auch gerade.“ Die Stimmung war plötzlich eisig. Keiner der beiden sprach mehr ein Wort. Schweigend ließ Inuyasha sich helfen, sah sie jedoch kein einziges Mal mehr an. Auch das Essen wurde von wütender Stille beherrscht. Doch mitten beim Kauen fiel ihr etwas ein und ihr Schmollen wandelte sich in rasende Wut um. „Warum war ich nackt?!!!“ „Wie bitte?!“ Inuyasha, von ihrem plötzlichen Geschrei völlig überrumpelt, fiel fast vom Stuhl. Sie sah ihn mit verschränkten Armen vorwurfsvoll an. „Wieso war ich nackt, als ich aufgewacht bin?“, wiederholte sie langsamer und noch lauter. Sein Gesicht lief so Rot an wie die Soße und er fing an zu stammeln. „Du... ähm... du warst... hm... nass... und... ich dachte... naja, Mann, schau mich nicht so an!“ „Wie soll ich dich denn anschauen?“ „Dein Zimmer hab ich vorher abgedunkelt, damit ich nichts sehen kann. So weit respektiere ich deine Ehre. Aber ich musste dir die Kleidung ausziehen, du hast kaum noch geatmet!!!“ „Und das soll ich dir glauben? Du bist ein Dämon, Mister! Du kannst im Dunkeln sehen!“ „Ich habe abgedunkelt, damit ich nicht so gut sehen kann! Außerdem habe ich nicht hingeschaut, keinen einzigen Blick habe ich riskierte! Du traust mir zu, dass ich in so einer ernsthaften Situation an SO WAS denke?!!! Was denkst du eigentlich von mir!“ Sie hatte keine Lust auf weitere Diskussionen und schwieg. Er knurrte wütend, sagte aber ebenfalls nichts. Wenn sie so nachdachte, könnte er Recht haben... Seine Worte klangen wahr. Und er war nicht so ein Wüstling. Inuyasha kannte ihr Scham und ihre Einstellung. Das würde er ihr bestimmt nicht antun. Jetzt bekam sie doch ein schlechtes Gewissen. Inuyasha aber war so was von beleidigt! Stur trottete er ins Wohnzimmer und setzte sich vor den Fernseher. Anjaani überließ er den Saustall in der Küche. Das Putzen zerrte an ihrer Energie, doch eher würde sie ihre eigene Zunge verschlucken, als diesem trotzigen Hund um Hilfe zu bitten! Völlig fertig verließ sie endlich die saubere Küche. Ihr war so schwindelig, dass sie nur noch ins Wohnzimmer torkelte. Inuyasha sah, dass ihr nicht gut war und ging auf sie zu. „Nein, lass mich“, wehrte sie ab, doch dann schwankte der Raum. Inuyasha fing sie mal wieder gekonnt auf. Missmutig schüttelte er den Kopf. Sie sah in seine vorwurfsvollen Augen, sagte aber nichts. Er führte sie zum Sofa, nahm seine Bettdecke von der Schlafcouch und legte sie um ihre Schultern. Sie sah ihn an. Er war anständig, das wusste sie. „Saajan?“ Erwartungsvoll hielt sie die Luft an. „Inuyasha?“, lächelte sie, als er nicht reagierte. Er brummte nur. „Komm, schau mich an.“ Er tat es mit einem Seufzer. „Ich glaube dir.“ Sie berührte seinen Arm, eine Geste der Entschuldigung. „Was glaubst du mir?“ Er ließ sich nicht so leicht milde stimmen. „Dass du nicht hingesehen hast. Ich glaube es dir. Ich weiß, dass du anständig bist.“ Da wurde sein Blick ernst und seine Stimme eine Spur tiefer. „Woher willst du das wissen?“ „Ich weiß es.“ Sie atmete tief durch. „Ich vertraue dir. Du bist nicht wie Raj.“ Fast unmerklich zuckte er zusammen. Sie hatte ihn bisher nie mit Raj verglichen. „Weißt du, du besitzt alles, was Raj nie hatte. Du bist warm und stark. Bei dir bin ich sicher. Du würdest mich immer beschützen. Du denkst an mich, Raj war ich immer egal. Er ist egoistisch, ich konnte mich nie auf ihn verlassen.“ „Und mir vertraust du?“, flüsterte er. „Ja. Du bist nicht wie Raj. Du hast alles, was ich bei Raj vermisst habe. Er sieht dir ähnlich, weißt du?“ „Er sieht genau gleich aus wie ich!“, knurrte Inuyasha. „Ich habe das Foto gesehen!“ „Aber du bist das komplette Gegenteil von ihm“, lächelte sie. „Warum magst du mich?“ Die Frage kam ihm plötzlich in den Sinn. Sie war ausgesprochen, bevor er es richtig bemerkt hatte. Sie sah ihm fest in die Augen. „Ich weiß es nicht, um ehrlich zu sein. Aber ich fühle mich wohl in deiner Nähe, ich genieße deine Anwesenheit. Mir macht es Spaß bei dir zu sein, mit dir zu reden und zu lachen. Ich fühle mich frei bei dir. Allein wenn ich dich ansehe, bin ich so glücklich. Ich sehe dir in die Augen und finde all die Wärme, die bei Raj gefehlt hat. Du siehst in mir jemanden, der es wert ist, beschützt zu werden. Raj sah in mir ein Objekt, mit dem er machen konnte, was er wollte. Dir ist zum Beispiel ist meine Ehre wichtig, Raj hatte sie mir genommen.“„Natürlich ist die Ehre einer Frau wichtig“, beteuerte er. „Du besitzt sie noch und ich will sie schützen!“ „Warum?“ Da sagte er etwas, was sie nie wieder vergessen hatte: „Weil du es verdient hast. Weil du es wert bist, mehr als jemand anderes.“ Vor lauter Rührung fing sie an zu weinen. Inuyasha erschrak. „Was hab ich denn jetzt gemacht?!“ Sie schüttelte den Kopf und wischte sich die Tränen aus den Augen „Und deswegen vertraue ich dir. Mehr als irgendeinem anderen Menschen.“ Inuyasha schluckte schwer. Sie hatte ihn „Mensch“ genannt, aber wenn er an den morgigen Abend dachte, konnte er dem nicht widersprechen. „Du darfst mir nicht zu sehr vertrauen...“ Sie atmete tief ein. „Ich weiß, warum du so abweisend bist, ich habe es eingesehen. Und ich verstehe es. Aber können wir nicht Freunde sein? Mehr verlange ich nicht. Nur dieses kleine Gefühl, dass ich jemandem etwas wert bin.“ Er dachte nicht lange nach, wie immer. „Unter einer Bedingung.“ Sie zuckte betroffen zurück. „Was?“, fragte sie zögernd. „Ich muss nie mehr kochen.“ „Abgemacht“, lachte sie. „Da wird mir meine Küche aber dankbar sein!“ „Und du kannst das am aller besten.“ Sie sah ihn überglücklich an. „Morgen gibt es Lasagne!“ „Klingt seltsam... aber ich freue mich drauf.“ Es war wundervoll, sie so zum Strahlen zu bringen. Nette Dinge zu sagen war doch nicht so schwer. Sonst hatte er sie ja nur zum Weinen gebracht. Noch ein zufriedenes Lächeln, dann wandten sie sich wieder dem Fernseher zu. Die Atmosphäre war plötzlich entspannt und angenehm, es war, als wäre eine große eiserne Wand entfernt worden. Beide fühlten sich so wohl, wie selten zuvor. Inuyasha war ein Stein vom Herzen gefallen. Die Erleichterung in ihm war gewaltig. Endlich würde es keine Komplikationen mehr geben. Und er wusste jetzt, dass sie ihn nicht liebte, weil er wie Raj war. Er war nicht wie Raj! Auch beruhigte ihn die Tatsache, dass sie nur Freundschaft verlangte. Da war nur noch eine Sache. „Anjaani...“ Sie wandte sich ihm zu, zuckte aber zurück. Er sah sie weich an und seine Augen glommen sanft in dem dunklen Raum. Seine Stimme war die reinste Wonne. „Anjaani, ich hatte Angst um dich.“ Ihre großen Augen weiteten sich überrascht. „Ich hatte Angst dich zu verlieren.“ Dieser Moment war so wunderschön, durch nichts sollte er zerstört werden. Beide sahen sich voller Seligkeit in die Augen. Ein zartes Lächeln umspielte Inuyashas volle Lippen und auch sie musste lächeln. Dieser Moment war wunderschön. Eine ganze Weile sahen sie sich nur zufrieden an, nichts war schöner. Später nahm der spannende Film ihre ganze Konzentration in Anspruch. Inuyasha war tiefer gerutscht und jetzt befanden sich seine Ohren genau auf ihrer Augenhöhe. Sie konnte nicht widerstehen. Ohne die Augen vom Film zu nehmen, griff sie nach seinen Ohren und fing an ihn zu kraulen. Inuyasha war zuerst ziemlich überrascht und starrte sie an. Sie beachtete ihn nicht und er räusperte sich. „Was machst du da?“, beschwerte er sich, als sie ihn weiterhin ignorierte. „Ich mag das.“ „Muss es mein Kopf sein?“ „Soll es etwas anderes sein?“ „Das meine ich nicht! Ich bin nicht dein Schmusekätzchen!“, brauste er auf. „Das behaupte ich nicht, Hunde mögen es auch, wenn man sie hinterm Ohr krault. Und ich weiß, dass du es magst. Außerdem habe ich gerade so Lust drauf.“ „Ich bin kein putziges, kleines Schoßhündchen!“ „Aber du magst das doch. Bei Yuki mach ich das auch.“ „Bei mir nicht!“ „Wieso? Schämst du dich, Saajan?“ Er drehte ruckartig den Kopf weg. Also doch! Sie lachte auf. „Sieh es einfach so, dass du es mir zuliebe erträgst, ja? Wir tun so, als mögest du das nicht und lässt das nur über dich ergehen, weil ich es so gern hab. Was sagst du?“ „Na von mir aus“, murrte er und gab sich geschlagen. „Aber ich mag es wirklich nicht!“ „Ich weiß“, schmunzelte sie und kraulte ihn glücklich. Inuyasha genoss das so sehr! Diese Wonne! Er war so zufrieden, dass er gar nicht wirklich registrierte, wie er sich am Ende zufrieden in ihren Schoß kuschelte. Für den Moment dachte er nicht daran, solange sie weitermachte. Anjaani hatte so eine Zutraulichkeit nicht erwartet. Also musste sie ihn kraulen, um ihn gefügig zu machen? Gott, hätte er das jetzt gehört, wäre er ausgerastet! Sie lächelte auf ihn herab. „Mein süßes, kleines Schoßhündchen!“ Inuyasha genoss es so sehr, verwöhnt zu werden. Und er lag so bequem. Deshalb wollte er auch nicht daran denken, wo genau sich sein Kopf befand. Dort, wo ihr köstlicher Duft am intensivsten und wärmsten war... Wohlig schloss er die Augen. Bald schon war er eingeschlafen. Anjaani konnte sich nicht satt sehen. Wenn er wüsste, wie niedlich er war, wenn er zufrieden war! Lange betrachtete sie ihn, bis auch sie einschlief. Als Inuyashas Kopf sich von ihren Oberschenkeln erhob, wachte sie auf. „Wir sollten ins Bett“, gähnte er. „Wie lange haben wir geschlafen?“ „Ich habe nicht geschlafen“, sagte er. „Du allerdings schläfst seit 2 Stunden.“ „Dieser süße Lügner!“ Anjaani hatte immer noch das Gefühl, den Druck seines Kopfes auf ihren Schenkeln zu spüren, so lange, bis sie nicht eingeschlafen war. Auch Inuyasha war sehr zufrieden, als er schlafen ging. So zufrieden, dass er gar nicht mehr an Morgen dachte. Morgen war Neumond. Kapitel 6: Neumond und Alkohol ------------------------------ Es war nach vier Uhr morgens, als beide durch Zufall wach wurden. Sie trafen aufeinander vor dem Bad. „Wieso ist dein Oberkörper nackt“, warf sie ihm beschämt vor. Senkte aber den Blick, weil sie sich vor seinen im Dunkeln glühenden Augen fürchtete. „Mann, hör auf zu meckern!“, fauchte er und mustere ihr knappes Nachthemd. „Deine Beine sind ja auch unbedeckt!“ „Aber oben rum bin ich angezogen.“ Inuyasha zog knurrend eine schwarze Augenbraue hoch. „Da besteht ja auch ein kleiner Unterschied zwischen uns“, spottete er voller Sarkasmus. „Musst du auf Toilette?“, lenkte sie gekränkt ab, weil er schlecht gelaunt war. „Hai“, gähnte er herzhaft und dabei wurden seine langen Fangzähne sichtbar. „Du lässt meine Zähne in Ruhe!“, drohte er böse, als er ihren Blick bemerkte. „Wie kommst du darauf“, erwiderte sie unschuldig. „Ich kenne diesen gierigen Ausdruck! Lass das!“ Er war wirklich gereizt und es schüchterte sie leicht ein, aber sie versuchte es zu ignorieren. „Ich geh zuerst, ja?“ „War ja klar!“ Mürrisch trottete er zu seinem Bett zurück. „Saajan, warum bist du so schlecht gelaunt?“ „Lass mich“, knurrte er nur. „Wirst du früh genug sehen.“ Anjaani betrachtete ihre Brüste kritisch im Badezimmerspiegel. „Kleiner Unterschied zwischen uns? Sind die so klein?“ „Du meine Güte, nimm ihn nicht so ernst!“, lachte die Stimme in ihrem Herzen. „Das war purer Sarkasmus! Und das „klein“ bezog sich garantiert nicht auf die Größe deiner Brüste! Körbchengröße C ist nicht klein! Lass dir keine Komplexe von ihm einreden. Dir ist doch klar, wie anziehend er dich findet. Er ist nur schlecht gelaunt.“ Das war der Punkt- er war nicht nur schlecht gelaunt. Irgendetwas stimmte nicht. Ihr Gefühlsradar schlug Alarm. Doch sie wusste, dass er nicht bereit war, darüber zu reden. Die Sorge um Inuyashas Verhalten ließ ihr lange Zeit keine Ruhe. Sie fühlte sich unausgeschlafen, als sie um 9 Uhr aufstand. „Saajan?“ Inuyasha war nirgends zu sehen. „Inuyasha?“ „Was?“, tönte es grob vom Balkon. An seiner wütenden Stimme stellte sie fest, dass sie lieber nicht zu ihm gehen sollte. „Ich geh jetzt duschen. Kannst du bitte solange auf dem Markt Eier kaufen? Sonst kann ich dir kein Speckomelett machen.“ „Nein!“, war die knappe Antwort. Sie ließ sich nicht beirren. „Und während du dann duschst, bereite ich das Frühstück vor. “ „Hörst du schlecht? Ich habe „nein“ gesagt! Und wieso muss ich Eier holen? Ich hab keine Lust, mach´s selber!“ Da sie genau wusste, dass sie mit ihm nicht reden konnte, ging sie selber zum Markt. Als sie zurück kam, befand er sich im Bad und duschte. Das Wasser war schon eine ganze Weile abgestellt, doch er kam einfach nicht heraus. „Irgendwie wird das nichts mehr mit dem Frühstück“, entschied Anjaani. „Ich mach jetzt mal das Mittagessen, die Drillinge kommen bestimmt bald.“ Nach einer geschlagenen Stunde, klopfte sie an die Badezimmertüre. „Saajan?“ Er antwortete nicht. „Was ist los mit dir, warum kommst du nicht raus?“ „Lass mich in Ruhe“, maulte er. „Warum? Ich habe jetzt Mittagessen gemacht und wenn du nicht mitisst, Mister, dann-“ „Du nervst!“ „Ich mache mir nur Sorgen!“, schrie sie gegen die Türe. „Du willst wissen, was los ist, von mir aus!“ Just in dem Moment klingelte es an der Türe. „Warte mit der Enthüllung“, rief Anjaani hastig und eilte, den Drillingen aufzumachen. Die Begrüßung war so herzlich, dass Anjaani Inuyashas seltsames Benehmen ganz vergaß. Wie die vier Freundinnen nun mal sind, verfingen sie sich in ein Gespräch und keine dachte daran, einzutreten. Anjaani schreckte erst auf, als Inuyashas Name fiel. „Oh“, machte sie. „Den habe ich ganz vergessen. Irgendetwas stimmt heute mit ihm nicht. Er ist schon den ganzen Tag besonders schlecht gelaunt“, erklärte sie, während sie zum Bad lief. „Und er hat sich seit Stunden im Bad eingeschlossen.“ „Warum das?“ „Saajan, bitte komm raus, du musst doch großen Hunger haben.“ „Du willst mich sehen?“ Es klang eher wie eine Drohung, als wie eine Frage, doch seine samtige Stimme ließ die Drillinge zusammenzucken. „Ja“, sagte sie nur. „Aber die Nervensägen sind da!“ „Na und? Dann erfahren sie eben die Wahrheit. Komm raus, Kätzchen. “ „Ich bin keine KATZE! Nenn mich nicht so! Es ist dein Problem, du wolltest es nicht anders.“ Der Schlüssel knackte im Schloss und die Türe öffnete sich langsam. Anjaani hatte alles erwartet, aber nicht das. Vor ihr stand ein japanischer Mann mit hüftlangem, pechschwarzem Haar. Die braunen Augen hatten seinen vertrauten, grimmigen Ausdruck. „Wer bist du?“, hauchte Yami verwirrt. „Der Weihnachtsmann, du Nervensäge“, spottete der junge Mann mit Inuyashas Stimme. „Ist es das, warum du den ganzen Tag schlecht gelaunt bist?“, fragte Anjaani zaghaft. Er schnaubte nur. Obwohl sie es mit eigenen Augen sah, konnte sie es kaum fassen. Er war ein Mensch. Anders konnte sie sich seine Erscheinung nicht erklären. Er hatte schwarze Haare, japanische Gesichtszüge und ganz normale menschliche Ohren. Doch nur sein Äußeres schein sich verändert zu haben. Dennoch erkannte man, dass es Inuyasha war. „Du bist ein Mensch, Saajan“, sagte sie mehr zu sich selbst, als würde es logischer klingen, wenn sie es laut hörte. „Glückwunsch!“, grollte er. „Merkst du früh!“ „Aber warum?“ Sie konnte sich keinen Reim darauf machen. „Sie zum Himmel“, polterte er. „Es ist Neumond. Bei Neumond verwandle ich mich in einen Menschen!“ „Moment!“, unterbrach Yoko laut. Anjaani schrak auf. Die Freundinnen hatte sie ganz vergessen. „Was soll dieses Gerede von Mensch? Wenn Inu jetzt ein Mensch ist, was war er vorher?“ Anjaani handelte schnell. „Er heißt in Wirklichkeit Inuyasha und ist ein Dämon.“ „Halbdämon!“, knurrte Inuyasha wütend. „Wie bitte?“ Sie wirbelte zu ihm herum. „Weißt du, was das bedeutet, wenn ich mich bei Neumond verwandele?! Ich habe menschliches Blut! Ich bin ein Hanyou! Ein lächerlicher, schwacher Halbdämon!“ Den Drillingen klappten die Münder auf. Dann brach das hektische Durcheinandergekreische los. Inuyasha hielt das nicht lange aus. „RUHE!“ Auf einen Schlag war Stille. „Anjaani“, sagte er mit mühsam unterdrücktem Zorn. „Schmeiß sie raus, oder ich tue es. Und glaub mir, ich bin immer noch stark genug dafür!“ „Okay“, meinte Anjaani ruhig. „Wir reden in Ruhe beim Essen. Das wäre doch das beste, oder Saajan?“ „Komm ich nicht drum rum“, brummte er. „Boah, du siehst so anders aus“, flüsterte Yuki Inuyasha leise über den Tisch zu. „Verstehe mich nicht falsch, du siehst dir immer noch ähnlich und du bist genauso scharf wie vorher.“ Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen. „Yuki-Häschen...“, mahnte Anjaani vom Herd aus. „Wie hast du mich gehört?“ „Hab ich nicht, aber ich weiß ganz genau, was du gesagt hast. Was ist mit dir Yoko-Neko? Bist du beleidigt?“, fragte sie, ohne sich vom Herd abzuwenden. Yoko schnaubte. „Sieh einer an! Jetzt bin ich also wieder Yoko-Neko, was? Du hast diesen Mischling da vorhin Kätzchen genannt. Das ist mein Spitzname! Er steht nur mir zu!“ Mit einem versöhnlichen Lächeln richtete Anjaani das Mittagessen an. „Aber dafür habe ich ich zufällig dein Lieblingsessen gekocht. Nimm es als Entschuldigung an. Probier das, schmeckt ganz toll“, sagte sie zu Inuyasha. „Jetzt rede doch endlich“, platzte Yoko versöhnt heraus. „Ich kann dieses Schweigen nicht ertragen!“ „Also, Inuyasha ist ein Hundedämon, der mit großer Wahrscheinlichkeit aus der Vergangenheit kommt.“ „Halbdämon!“, spie Inuyasha das Wort wie Gift aus. „Ich bin nur ein Halbdämon! Ein Hanyou!“ „Was heißt das?“, fragte Yami. „Das heißt, dass entweder meine Mutter oder mein Vater ein Mensch sein müssen.“ Inuyashas Nerven waren zum Reißen gespannt. „Und bei Neumond verlierst du deine Kräfte und bist ein ganz normaler Mensch“, schloss Anjaani. „Ich hätte es wissen müssen“, stöhnte er genervt. „Ich wusste, dass vollblütige Dämonen anders aussehen.“ „Was meinst du mit anders?“, fragten die Drillinge mit leuchtenden Augen „Nicht das, was ihr meint“, warf Anjaani errötend ein. „Meinst du einen Hundeschwanz? Der kann je nach Rasse ziemlich lang sein...“ Ein seltsamer Ausdruck stahl sich auf die Gesichter der Mädchen. „Was ist denn jetzt los?“, wunderte sich Inuyasha. „Die überlegen sich, was du alles mit einem Hundeschwanz anstellen könntest“, flüsterte Anjaani beschämt. „Macht etwas anderes das Fehlen deines Schwanzes wieder wett?“ „Yuki!“ Anjaani entwich ein schriller Schrei. „Was denn? Ich frage mich, wenn dieser Schwanz fehlt, ob dann nicht der andere dafür umso größer ist. So als Ausgleich. Wetten, du bist ein Raubtier im Bett. Ein richtig wilder Dämon.“ Inuyashas Gesicht wurde erst Rot, dann immer dunkler vor Zorn, als er begriff, worum es ging. Er zitterte, wollte gerade losbrüllen, als Anjaani ihm flehend die Arme um den Nacken schlang. „Bitte, Inuyasha, bitte nicht!“ Er schnaubte nur, zitterte jedoch vor unterdrückter Wut. „Hundedämonen haben sowas nicht. Ihr seid abartig!“, zischte er. „Das sagt uns jemand mit diesem Gesicht“, sagte Yami nur. Anjaani fasste Yami am Arm, weil Inuyashas Augen bei diesen Worten aufgeblitzt hatten. „Du meinst Rajs Gesicht.“ Alle starrten sie mit aufgerissenen Augen an. „Was denn? Das war es doch, was du sagen wolltest, oder?“, meinte sie ungerührt. „Und damit das für die Zukunft geklärt ist: Er hat nichts mit Raj gemeinsam und das weiß er. Ihr könnt und sollt ihn nicht mit Raj vergleichen, verstanden? Ich habe nie Raj in ihm gesehen! Nie!“ Ihre Stimme war beim Sprechen grob geworden. Jetzt entspannte sich ihr Gesichtsausdruck wieder und sie fuhr im sanfteren Ton an Inuyasha gewandt fort: „Du siehst doch immer noch aus wie du. Ich würde dich jederzeit wieder erkennen. Aber deine Ohren würde ich vermissen.“ Er rollte mit den Augen und sie kicherte. „Was für Ohren?“, erkundeten sich die Schwestern. „Müsst ihr immer im Chor reden?“, meckerte Inuyasha. „Angewohnheit, sorry. Also, was für Ohren?“ „Inuyasha ist ein Hundedämon, also hat er auch Hundeohren.“ „Oh, süß! Wie sehen sie aus?“ Anjaani beschrieb ihnen mit voller Freude jedes kleine Detail von Inuyashas Ohren. So langsam entspannte er sich. So schlimm war die Anwesenheit der Drillinge doch nicht. Jedenfalls nicht, wenn Anjaani das Objekt ihrer Aufmerksamkeit war und die Drei leise sprachen. Anjaani erzählte ihnen ausführlich von den Fähigkeiten eines Hundedämons und sie hörten gebannt zu. Als aber das Thema Mensch wieder aufkam, mischte er sich ein. „Ich war auch nicht so begeistert, als ich es bemerkt habe!“ Das war untertrieben ausgedrückt. Er war in der ersten Neumondnacht ausgerastet vor Enttäuschung und Zorn. „Ich habe mich für einen stolzen Dämon gehalten und nicht sowas bescheuertes!“ „Was ist so schlimm daran ein Mensch zu sein?“, wunderte sich Yoko. „Ich bin schwach und hilflos. Es ist ungewohnt, meine Fähigkeiten nicht mehr zu haben und es ist einfach lächerlich!“ „Lächerlich?!“ Alle vier Mädchen starrten ihn wütend an. „Wir sind also lächerlich?!“ „Nein, das habe ich nicht gemeint, ich-“ „Zu spät“, unterbrach ihn Yoko. „Jetzt hast du es vermasselt. Als Strafe musst du mit uns Shoppen.“ „Nein!“ „Du weißt nicht mal, was das ist.“ „Na und!“ „Du kommst mit.“ „Nein!“ „Doch!“, riefen die Mädchen. Oh, wie er diesen Tag hasste! Trotzig trottete er hinter den Mädchen her. Doch diese ließen ihm keine Ruhe. Rechts und links hakte sich jeweils eine der Drillinge bei ihm ein. Anjaani lief voraus. „Du wirst unser Berater“, zwitscherte Yuki fröhlich. „Ja“, meinte Yoko. „Du musst uns sagen, welche Klamotten uns stehen.“ „Ich hasse euch“, grollte Inuyasha. „Hab dich nicht so“, lachte Anjaani. „Du wirst sehen, es wird dir Spaß machen.“ „Dich hasse ich auch!“ „Sag mal“, flüsterte ihr Yami auf Hindi zu. „Weiß er, warum wir shoppen gehen?“ „Nein, sonst würde er sauer werden.“ „Was redet ihr da?“, wollte Inuyasha misstrauisch wissen. Anjaani drehte sich zu ihm um und strahlte ihn an. „Och, hast du es nicht gehört?“ Ein tiefes Grollen aus seiner Kehle, war die einzige Antwort, die er ihr gab. Als sie am Kaufhaus angelangten, ahnte er Schlimmes. „Das soll mir Spaß machen? Das ist doch wohl ein schlechter Scherz!“ „Was soll daran nicht spaßig sein?“, wunderte sich Yami. Inuyasha gefiel es gar nicht, den Mädchen hinterherzurennen, die wie aufgescheuchte Hühner zwischen den Kleiderständern hin und her rasten und ihm Berge von Klamotten aufluden. Anjaani tat allerdings nichts dergleichen. Sie stand den Drillingen nur beratend zur Seite. Ein Blick auf die Uhr, versetzte ihm einen Schlag. Er konnte es nicht fassen! Seit einer vollen Stunde war er nun in diesem einen einzigen Laden. Das Kaufhaus hatte mehrere Dutzend. Anjaani bemerkte seinen verzweifelten Blick auf die Wanduhr. „Keine Sorge“, lächelte sie liebevoll. „Das schlimmste hast du hinter dir. Sie werden die Sachen nur noch anprobieren. Komm Saajan, wir setzten und vor die Umkleidekabinen.“ Sie nahm ihn bei der Hand und führte ihn zu einem bequemen Sessel. Dann setzte sie sich auf seinen Schoß. „Was machst du da!“, rief er überrascht. „Da ist nur ein Stuhl“, bemerkte sie. Dass sie ihm so nah war, war ihm teils unangenehm, da ihm unerträglich heiß wurde, und teils wundervoll, da diese Hitze berauschend war. „Du bist immer noch mein starker Inuyasha“, sagte sie liebevoll. „Wovon redest du jetzt?“, fragte er völlig überrumpelt. „Ich weiß, du fühlst dich schwach. Aber in meinen Augen hast du dich nicht verändert.“ „Danke.“ Er brachte nur ein ironisches Lächeln zustande, da er ihr nicht zeigen wollte, wie gut ihm ihre Worte taten. Er blickte in ihre wunderschönen Augen, die ihn so voller Wärme anglänzten. Sie war ihm so nah, dass er die feinen goldenen Striche in ihrer braunen Iris sehen konnte, die sich wie ein Kranz um ihre Pupillen legten. Er wollte in ihren Augen versinken. „Danke“, flüsterte er leise und rückte näher an ihr Gesicht... an ihre Lippen... „Was treibt ihr zwei denn da?!“, wunderten sich die Drillinge. Erschrocken fuhren sie auseinander. Fast hätten sie sich geküsst. Inuyasha fluchte innerlich. Er durfte sich nicht so von ihr verzaubern lassen! Anjaani sah die Freundinnen nur unschuldig an. „Nur ein Stuhl ist da“, verteidigte sie sich. „Und ich will nicht stehen. Jetzt fangt endlich an, sonst werden wir nie fertig.“ Die Tortur nahm für Inuyasha gar kein Ende. Allein Anjaanis Nähe hatte ihn beruhigt. Er hatte es genossen, sie auf sich sitzen zu haben. Leider stand sie jetzt neben ihm. Im tiefsten Inneren hatte er sich so gewünscht, sie zu küssen. Ihre süßen, vollen Lippen zu schmecken. Ihr Körper an seinen gedrückt. Und seine Sehnsucht versetzte ihm einen schmerzhaften Stich- denn das durfte nicht sein. Was sie wohl gerade dachte? Ihre Augen schienen in weite Ferne zu blicken, sie war ganz unkonzentriert und die Nervensägen rissen sie ständig aus ihren Gedanken. Letztendlich hatten sich die Schwestern für ein Outfit entschieden. Zwar die gleichen Klamotten, aber in anderen Farben. „Anjaani würde in diesem Rock viel besser aussehen“, kam ihm unweigerlich in den Sinn. „Sie hat viel schönere Schenkel, so straff, so zart…“ Plötzlich wurde er rot. Die Erinnerungen der letzten Nacht kamen wieder hoch. Da hatte er ihren weichen Körper zu spüren gekriegt… Zum Glück beachtete ihn gerade niemand. „Jetzt brauchen wir nur noch was für dich, mein Herz“, meinte Yuki schlussendlich. „Oh, ich hab schon was für mich gefunden.“ „Wie jetzt?“ „Ich hab´s gesehen und gleich gekauft.“ Jetzt erst bemerkten sie die Einkaufstüte in ihrer Hand. „Zeig!“, verlangten die Schwestern. „Nein, erst daheim. Ich will hier nicht so rumrennen. In dem Licht sieht man die Dellen an meinen Schenkeln besser.“ Inuyasha gab ein ungläubiges Schnauben von sich. Alle Vier wirbelten mit großen Augen zu ihm herum. „Was ist?“, zischte er nur und die Mädchen ersparten sich Kommentare. Anjaani musste heimlich lächeln. Augenblicke später verließen sie den Laden, was Inuyasha erleichtert ausatmen ließ. Doch er freute sich zu früh. Es mussten noch Schuhe gekauft werden. Dieser Tag war ein Alptraum! Es war Zeit zum Abendessen, als der Einkaufsbummel endlich vorüber war. Die Mädchen schwatzten beim Essen fröhlich miteinander und ignorierten Inuyashas Stillschweigen. Er war zwar mürrisch, konnte aber kaum verbergen, wie sehr ihm Anjaanis Lasagne mundete. Sie genoss dies schweigend. Als die Mädchen sich im Bad richteten, musste er- mit viel Überredungskunst- das Geschirr waschen. Anjaanis Laune wurde von Moment zu Moment besser. Sie freute sich so auf diese Party, der Abend sollte toll werden! „Wozu veranstaltet ihr dieses Theater eigentlich?“, fragte Inuyasha unerwartet, als sie sich gerade die Haare föhnte. Wie gesagt, der Abend sollte toll werden, aber sie hatte nicht mit Inuyashas Unnachgiebigkeit gerechnet. „Ich will nicht!“, motzte er lauthals. „Ich geh da nicht hin!“ „Och, bitte, Saajan!“, flehte Anjaani, ohne den Kopf vom Spiegel wegzudrehen. „Das wird bestimmt lustig. „Nein!“ „Das ist die Party des Jahres! Diese Disco ist eine der besten der Welt“, versuchte es Yoko. Die Drillinge hatten ihn sofort umzingelt. „Na und? Ich will nicht!“ „Diejenigen, die der Türsteher für außerordentlich hübsch hält, kommen kostenlos rein“, erklärte Yuki. „Seid ihr taub? Ich will nicht, verdammt!“ „Ist vielleicht besser so, wenn du nicht mitkommst“, überlegte Yami ernst. „Vor allem für Aani.“ „Warum?“ Plötzlich war Inuyasha hellhörig. „Dieser Typ Rio ist garantiert da. Er rennt ihr wie ein Hund hinterher.“ Inuyashas blitzende Augen entgingen ihr nicht und so fuhr sie fort: „Er hat an dem Tag, als du verschwunden warst, Aani angemacht…“ „Yami“, unterbrach Anjaani sie entsetzt. „Was heißt angemacht?“, wandte Inuyasha sich kühl an die Inderin. Diese sah ihn hilflos an. „Nun… ähm… Yami, sei still!“ „Sie waren alleine im Klassenzimmer“, begann Yuki fröhlich. „Er hat die Situation ausgenutzt und sie fast…“ Sie schwieg begeistert. „Was?“, fragte Inuyasha grob. „Nun sag schon!“ „Ihr seid unmöglich!“, beschwerte sich Anjaani seufzend. „Raus hier, ich zieh mich um.“ Sie knallte die Türe zu. Inuyasha sah Yuki drohend an. „Sag es endlich.“ „Und wenn nicht? Wirst du mir mit deinen Krallen drohen? Ach, ich vergaß, du hast keine mehr. Schon gut, schau nicht so! Nun ja... Rio...“ Yuki schlenderte zum Sofa und zögerte es noch weiter hinaus, sodass Inuyasha sichtlich nervöser wurde. „Yoko-Neko? Wie drücke ich es am besten aus?“ „Sagen wir es mal so...“ Yoko nahm sich dieser Aufgabe mit Genuss an. „Rio war nahe dran, sich mehr zu nehmen, als nur einen Kuss.“ „Yoko!“, drang Anjaanis schriller Schrei aus dem Bad. „Wieso hört die mich immer“, schimpfte Yoko leise. „Und stell dir mal vor“, flüsterte die Jüngste der Drillinge grinsend. „In der aufregenden Atmosphäre einer dunklen Tanzfläche. Wenn er mit ihr tanzt, eng, schnell, heiß. Weißt du, wie Aani ihre Hüften beim Tanzen bewegt? Das lässt keinen Mann kalt, vor allem dann nicht, wenn sie an seinen Körper gedrückt wird. Und du weißt, wie schön sie ist. Niemand wird die Finger von ihr lassen können.“ Inuyashas dunkle Augen schleuderten Blitze. Er wusste zu genau, wie es sich anfühlte, ihre kreisenden Hüften an sich zu spüren. Knurrend trottete er in die Küche. Doch die Drillinge ließen nicht locker. „Sie ist unwiderstehlich. Keiner wird ihr widerstehen.“ „Ich bin fertig“, sagte Anjaani hinter ihnen. Ihr Anblick raubte Inuyasha den Atem. Er reagierte genauso, wie all die Männer auf der Straße. Keiner sagte ein Wort, bis es aus Yuki herausplatzte. „Wahnsinn! Boah, siehst du toll aus! Aus welchem Paradies bist du entsprungen?“ „Übertreib nicht“, winkte Anjaani ab. „Aani, um dich zu beschreiben gibt es keine Worte“, hauchte Yoko. „Wir hier sind visagistische Kunstwerke und dennoch Dreckkörner im Schatten deiner gleißenden Schönheit, obwohl du nicht geschminkt bist!“ Inuyasha musste sich beherrschen, nicht zu starren. Sie war unglaublich attraktiv. Das enge, trägerlose, kurze Kleid betonte ihre Körperformen. Die weiße Farbe war unschuldig und heiß zugleich. Er hatte sie auch nie mit ganz glatten Haaren gesehen. Alles an ihr war bezaubernd. Von den glänzenden Haaren bis hin zum silbernen Fußkettchen am Knöchel. Sie war die pure Versuchung. „Jetzt schau sie dir an.“ Yami beugte sich flüsternd zu ihm rüber. „Schon auf der Straße, drehen sich alle Männer nach ihr um, wenn ein langer Sari ihren Körper bedeckt. Was meinst du, wie werden die Männer bei diesem Anblick reagieren? Und Rio... er ist besessen von ihr, seit dem er sie geküsst hat. Erinnerst du dich, wie ihre Lippen schmecken?“ Dieser Satz brachte das Fass zum Überlaufen. „Dich kann man auch echt nicht allein lassen!“, rief Inuyasha wütend und stürmte in Anjaanis Zimmer. „Da hast du´s“, zwinkerte ihr Yuki zu. „Ein Mann kommt nicht gegen seinen Beschützerinstinkt an. Was er wohl anzieht?“ „Anjaani, ich sehe komisch aus!“, tönte es als zornige Antwort aus dem Schlafzimmer. Aber die Ausdrücke auf den Gesichtern der Mädchen verrieten das Gegenteil. Sie quetschten sich mich großen Augen im Türrahmen. „Was ist? Schaut mich nicht so an!“ „Aber du siehst geil aus“, hauchten die Drillinge begeistert. „Das dunkelrote Hemd steht dir so gut! Viel besser, als mit weißen Haaren.“ „Hm“, machte er nur. „Gehst du jetzt mit?“, lächelte Anjaani. „Aber nur eine Stunde“, forderte der Halbdämon. „Jaja“, winkten die Frauen ab. „Ich friere“, beschwerte sich Anjaani Minuten später. „Du ziehst deine Jacke nicht an“, verbot Yami. Nachdem sie aus dem Bus ausgestiegen waren, hatte Anjaani ihren Mantel ausziehen müssen. Sie sollte doch den entsprechenden Eindruck auf den Türsteher machen. Inuyasha hielt sich da raus, obwohl er es lächerlich fand, sie deswegen frieren zu lassen. „Glaubt ihr, wir kommen umsonst rein“, zweifelte Anjaani bibbernd. „Oh, mein Mädchen“, schüttelte Yoko den Kopf. „Wir Drei sind schön genug, um alles zu bekommen, was wir wollen. Aber du mit deinem Gesicht... und wie du dich bewegst... für dich würde sich die Welt aufhören zu drehen. Aanilein, die Leier hatten wir schon tausend Mal, aber ich werde es nie leid sein, es dir immer wieder aufs Neue in den buntesten Farben auszumahlen...“ „Was unser Kätzchen da so kurz und knapp zu beschreiben versucht“, unterbrach Yuki, „ist, dass wenn einer rein kommt, es garantiert du bist! Der Türsteher wird sich nicht sattsehen können.“ Nicht nur er. Kein einziger Mann, der ihnen entgegen kam, drehte sich nicht nach ihr um. Dem Türsteher ging es ebenso. Er war wie verzaubert. Kaum entdeckte er die kleine Gruppe in der Menge, rief er sich zu sich. Zuerst schien er auf einen der Drillinge aufmerksam geworden zu sein, aber dann sah er Anjaani. Inuyasha kannte die Reaktion der Männer, sie war immer gleich. Völlig fassungslos klappte der Mund auf, der Mann war verzaubert und völlig hingerissen. Anjaani wurde mit den Augen verschlungen, als sei sie die Erfülllung, das Paradies auf Erden. Nun... das war sie genau genommen ja auch. Kaum waren sie an der Tür, hörte Anjaanis Zittern auf. Genau das Schauspiel hatte sie damals im Fluss veranstaltet. Und sie war gut! Anjaani strahlte den Mann lieblich an, der nicht wusste, wo er hingucken sollte. Inuyasha biss die Zähne zusammen. Jede Geste von ihr, jedes Wort und jede Bewegung waren voller Grazie und Verführung. Ihr Augenaufschlag hätte den Teufel dazu gebracht, sich vor ihr niederzuknien. Aber er musste zugeben, dass sie sich eigentlich wie immer gab. Trotzdem war dieser brennende Zorn da. Ihr natürlicher Zauber verfehlte bei niemandem seine Wirkung. Yuki, der Inuyashas wütendes Gesicht nicht entging, flüsterte ihm zu: „Du weißt genau, dass sie immer so ist. Sei froh, dass sie es nicht darauf anlegt, den Kerl zu verführen. Er würde den Verstand verlieren. Wart´s nur ab, wie sie auf der Tanzfläche ist. Ihr werden die Männer scharenweise verfallen.“ Der Abend würde also noch schlimmer werden, als er sich vorgestellt hatte? Seine Laune war nun endlos zerstört. Er musste sich beherrschen, den Türsteher nicht zu packen und zu verprügeln, als dieser ihm den VIP- Stempel auf den Handrücken drückte, Anjaani dabei gierig anblickend. Diese war so begeistert von der Location der Disco, dass ihr Inuyashas Grimmigkeit nicht auffiel. Auch fiel ihr nicht auf, dass ihr jeder Typ hinterherstarrte. Inuyasha bemerkte es dafür umso mehr. Er hatte es beim Einkaufen im Supermarkt gehasst, im Shoppingcenter und jetzt erst recht! Anjaani war viel zu verführerisch! Der Schwung ihrer Hüfte kam bei dem Kleid noch besser zur Geltung. Wieso musste sie nur so gehen?! Doch es nahm kein Ende. Es wurde noch schlimmer, als sie zu Tanzen anfing. Niemand war mit ihr vergleichbar. Die wackelten irgendwie mit den Hüften, bei Anjaani schwang der ganze Körper. Jeder Schritt dieser langen Beine, jede Kopfbewegung, jeder Armschwung, jedes Hüftgekreise war voller Leidenschaft. Ihre Bewegungen waren frei, leidenschaftlich und voller Hingabe. Sie tanzte nicht zur Musik, sie war die Musik! Dieser Anblick ließ in ihm die Hitze der Begierde brodeln. Wie konnte man sich nur so bewegen?! Er war nicht der einzige, der so gefesselt war. So gut wie jeder Mann starrte sie an. Und wie er sie alle hasste! Sie und ihre verdammten Gedanken, die ihnen deutlich im Gesicht geschrieben standen. Das hielt er nicht mehr aus! „Heute nicht dein Tag, oder?“ beugte sich den Barkeeper zu ihm rüber. „Hm“, machte Inuyasha nur. „Deine Freundin?“ Auch er hatte Anjaani bemerkt. Unter all den Japanern war die dunkelhäutige Schönheit der reinste Paradiesvogel. Sie war nicht zu übersehen. „Ist sie Profitänzerin? So habe ich ja noch nie jemanden tanzen sehen. Nicht leicht für dich, bei dieser Traumfrau. Hier“, füllte er ihm ein Glas. „Das wirst du brauchen.“ Ohne zu überlegen, trank Inuyasha das Glas in einem Zug. Es schmeckte süß mit einem leicht herben Nachgeschmack und es tat ihm gut. Es war das richtige, um sich abzulenken. Leider merkte er zu spät, dass dieses Getränk seinen Kopf vernebelte und das Verlangen nach Anjaani schürte. Ein Glas nach dem anderen kippte er in sich hinein. Als VIP waren alle Getränke kostenlos. Mitternacht näherte sich und Anjaani war mittlerweile umringt von Kerlen, die sich Mut angetrunken haben. Heiße Wut durchfloss Inuyashas Adern. Diese Bastarde! Sie wagten es, ihr zu nahe zu kommen! Er blickte sich um, bis er fand, wen er suchte. Doch die Drillinge hatten ihren Spaß und waren abgelenkt. Jede hatte sich irgendeinen Kerl geangelt, dem sie den Kopf verdrehten. Ihnen entging der flehentliche Ausdruck in Anjaanis Gesicht. Sie fühlte sich eingeengt und unwohl. Er wusste, dass sie es nicht ertrug, Männern so nahe zu sein. Ein ganz wagemutiger, packte ihre Hüften und drückte sie an sich. Da rissen seine Nerven. Ohne nachzudenken, steuerte er festen Schrittes und grimmigen Blickes auf sie zu. Er schob die Typen beiseite und zog sie mit einer festen Bewegung an sich. Für einen Moment schien alles still zu sein. Sie sah ihn mit ihren großen Augen an, die Wangen gerötet, der Mund sinnlich geöffnet. Wortlos zog er sie mit sich zur Bar zurück. „Was machst du da?“, rief sie ihm entgegen. „Soll ich dich dieser Meute von Wölfen überlassen?!“ Sein Wodkaatem überraschte sie. Sie hatte nicht erwartet, dass er trinken würde. Sie selbst hasste Alkohol. „Hey, was geht bei euch?“ Yuki erschien mit drei Männern an ihrer Seite. Sie wirkte munter, jedoch kein bisschen angetrunken. „Einen Malibu Maracuja“, rief sie dem Barkeeper entgegen. „Kommt, wir setzten uns ein bisschen in die Lounge.“ „Gute Idee“, seufzte Anjaani. „Ich brauche eine kleine Pause.“ „Probier mal, genau dein Geschmack.“ Yuki hielt Anjaani ihr Glas hin. „Yuki-Hase, ist das Alkohol?“, fragte diese misstrauisch. „Nö.“ Inuyasha wusste, dass Yuki log. Jetzt erschienen auch die anderen zwei und es entstand eine fröhliche Runde. Selbst er taute langsam auf. Der Wodka, gemischt mit der wilden Musik, verfehlte seine Wirkung nicht. Auch bei Anjaani nicht. Sie schien ihrem Getränk zu verfallen. Der Rausch des Alkohols ließ nicht lange auf sich warten. Inuyasha selber trank nicht wenig. Aber je mehr er trank, desto unerträglicher wurde das Verlangen nach ihr. Aber er vertrug es, im Gegensatz zu ihr. Sie war schnell angetrunken. Anjaani kicherte ihn an und beugte sich zu ihm rüber. „Tanz mit mir, Saajan“, lallte sie. „Nein.“ Ihre Lippen berührten sein Ohr und ließen ihn erschaudern. Er musste sich in der Sofalehne festkrallen, um sich nicht an ihr zu vergreifen. „Okay, wenn du nicht willst.“ Sie stand schwankend auf. „Es findet sich schon einer.“ Leicht torkelnd bahnte sie sich ihren Weg an den Rand der Tanzfläche, aber ohne aus Inuyashas Blickfeld zu verschwinden. Der Alkohol tat ihren Tanzbewegungen nichts. Sie bewegte sich nur noch aufreizender. Mit der Nüchternheit verflog auch ihre Scham. Jetzt sprachen ihre Bewegungen eine eindeutige, lockende Sprache. Inuyasha sah es mit wachsender Begierde. Sein Kopf war vernebelt, er konnte kaum klar denken. Er wusste nur, er wollte sie. Als plötzlich ein anderes Lied erklang, sah er ihre Augen aufblitzen. „Oh-oh!“, hauchte Yuki neben ihm. Er beugte sich neugierig zu ihr, ohne Anjaani aus den Augen zu lassen. „Bei diesem Lied verliert Aani den Verstand“, schrie Yuki gegen den Discolärm an. „Dieses Lied wirkt wie eine Droge auf sie und sie verliert all ihre Unschuld. Inuyasha, schau weg. Wenn sie so drauf ist, wird sie dir den Verstand rauben. Wir müssen sie von hier weg schaffen!“ Doch er sah nicht weg. Plötzlich war sie Lust und Leidenschaft pur. Wild, entfesselt, lodernd heiß! Und dann war es zu spät... dann traf ihn dieser Blick aus ihren Augen... Im Null Komma Nichts war er hinter ihr. Voller Begehren packte er ihre Arme und drückte sie an sich. Sein Körper begann sich im gleichen Takt wie ihrer zu bewegen. Die Hitze wurde unerträglich und verzehrte seinen Verstand. Es war ihm egal, er wollte nur noch sie. Sie- und mit ihrem heißen Körper in einem Rhythmus zu verschmelzen. Seine Hände wanderten zu ihrer rotierenden Hüfte, sein Mund legte sich an ihren Nacken. Ein heißer Schauer überkam sie. Ihr bebender Körper machte ihn wahnsinnig. Leidenschaftlich küsste er ihren Hals. Sie bog sich ihm entgegen, und drückte sich an ihn. Ein leises Stöhnen drang an sein Ohr. Das war zu fiel. Er wirbelte sie herum und presste sie gegen eine Säule. Sein Mund bemächtigte sich des ihren. Anjaani verschlug der heiße, verzehrende Kuss den Atem. Sie erwiderte ihn mit aller Leidenschaft, die in ihr brodelte. Sie wollte ihn, nur noch ihn. Die Berührung seiner Zunge ließ sie regelrecht explodieren. Sie klammerte sich keuchend an ihn. Ihr Bein umschlang seine Hüfte. Der Rhythmus ihrer Körper wurde wilder, feuriger. Die Lust war überwältigend und vernichtete jede noch so kleine Gegenwehr. Sie konnten nicht anders, als sich ihrem wilden Zungenspiel hinzugeben. Anjaani so an sich zu spüren, so weich, so heiß, so verlangend! Inuyasha konnte sich nicht mehr kontrollieren, er wollte sie! Er sah dieselbe Gier in ihren Augen. „Saajan“, hauchte ihr glühender Mund an seinem Hals. Er war verloren. Es gab kein Zurück mehr. Wie sie zurück in die Wohnung gekommen waren, wusste er nicht mehr. Es existieren nur noch ihr Mund, ihre Hände, ihre Hüfte. Sie bebte unter seinem kräftigen Körper. Ihre nackte Haut rieb ekstatisch gegen seine. Ihr lustvolles Stöhnen machte ihn nur noch wahnsinniger. Seine Hände und seine Lippen waren überall und raubten ihr den Verstand. Ihre Beine umklammerten seine Hüfte, verlangend drängte sich ihre feuchte Hitze an die empfindsame Spitze seiner Männlichkeit. Sie schrie erregt auf, als sie ihn mit einer Bewegung ihrer Hüfte umschloss und er in ihr versank. Und Inuyasha verlor den letzten Rest seiner Beherrschung. „Verfluchte Träume“, schimpfte er, als er abrupt wach wurde. Sein Blut war in Wallung. Noch nie hatte er so von ihr geträumt, so lustvoll, so real. „Was ist denn los?“, murmelte Anjaani in seinen Armen. Sekunden vergingen, in denen sie sich nur schockiert ansahen. Beide waren nackt. Auf einen Schlag war alles klar: Sie hatten miteinander geschlafen! Kapitel 7: Vaterglück --------------------- Hallo! *verbeug* Ich möchte nur eine kurze Ansage machen, bevor das Kapitel losgeht. Es geht um die Aussprache von Anjaanis Namen. Das "J" wird nicht so weich ausgesprochen, wie beim deutschen Namen "Anja". Es ist mehr ein...- wie soll ich sagen- ..."englisches" J, wie z.B. bei "James", oder "John". Mir ist das iwie wichtig ^.^ weil der Name hat ja auch eine gewisse Bedeutung, jaja *nick* Das wars mit dem Gelaber, danke für eure Aufmerksamkeit! ^0^/ Er hatte noch nie so großes Entsetzen in ihren Augen gesehen. Krampfhaft hielt sie sich die Bettdecke vor die Brust und schüttelte panisch den Kopf. Sie konnte es nicht fassen. Nackt lag sie neben Inuyasha im Bett. Ein Blick in seine goldenen Augen genügte, um sie wissen zu lassen, was passiert war. „Ist das wahr?“, fragte sie entsetzt. Ihr Körper fing an zu beben, ihr Atem raste. Er fühlte sich so völlig hilflos. Die Tränen glitzerten flehend in ihren Augen. „Bitte sag mir, was passiert ist. Ich weiß es nicht.“ „Du weißt es nicht?“ Wild flogen die schwarzen Strähnen, als sie den Kopf schüttelte. „Ich weiß nur noch, wie du auf die Tanzfläche…“ Ihr Gesicht lief rot an bei der Erinnerung. „Was danach war weiß ich nicht, mein Kopf tut so weh.“ Langsam kullerten die Tränen. „Sag mir, dass nichts passiert ist.“ Er konnte sie nicht anschauen. „Es ist nichts passiert.“ „Du Lügner!“, kreischte sie los. „Ich spüre es doch! Ich bin wund zwischen den Beinen, es tut weh! Oh mein Gott, was hab ich getan!“ Schluchzend vergrub sie das Gesicht in den Händen. Er wusste nicht, was er machen sollte. „Anjaani, ich…“ So sanft wie möglich berührte er ihren Arm. Doch sie zuckte zusammen, als würden seine Berührungen schmerzen, stieß ihn von sich und klammerte sich an die Bettdecke. Einem hysterischen Anfall nahe, schluchzte und weinte sie hemmungslos. „Lass mich in Ruhe! Verschwinde!“, schrie sie schrill und vergrub sich unter der Bettdecke. Inuyasha hatte keine Wahl, als aus ihrem Zimmer zu gehen. Er wusste was in ihr vorging und er hasste sich abgrundtief dafür. Allein seine Anwesenheit schmerzte ihr. Nicht einmal sein Spiegelbild konnte er ertragen. Wieso hatte er es nicht vorausgesehen? Es war doch eindeutig, dass sie so reagieren würde, immerhin war sie gestern nicht nüchtern gewesen. Doch er hatte keinen Gedanken an den nächsten Morgen verschwendet, keinen einzigen. Sie hatte ihm den Verstand geraubt, den Willen und alle seine Sinne verzaubert. Nie hätte er die Kraft aufgebracht, ihr zu widerstehen. Er hatte ihre wilde, feurige Seite erlebt. Nun war sie wieder unschuldig und scheu. Anjaani paarte zwei extrem unterschiedliche Charakterzüge, die sie perfekt kombinierte. Doch gestern war sie nur wild gewesen und heute nur unschuldig. Was hatte er erwartet? Er war eindeutig zu weit gegangen. Anjaanis Leidenschaft kannte Grenzen, die er überschritten hatte. Er hatte ihre Unschuld mit Füßen getreten. Ob sie ihm das je verzeihen konnte? Auch nach dem Duschen fühlte er sich immer noch schmutzig und schuldig. Er hatte schließlich einen Engel beschmutzt... Nach einer Weile hatte Anjaani sich beruhigt. Sie zitterte nicht mehr und ihre Miene war ausdruckslos. Alles hatte sie hinter die dicke Mauer in ihrer Seele gesperrt. Doch sie war abweisend. Ohne ihn anzusehen richtete sie das Frühstück. Die Tränen flossen stumm. Es war ein Anblick, den er nicht ertragen konnte, der ihm mehr schmerzte als jeder Schwerthieb. Die ganze Zeit konnten sie sich nicht in die Augen sehen. Es ging einfach nicht, die Scham war zu groß. Sie sprachen nicht einmal miteinander. Anjaani wusste nicht, wie sie ihm entgegenkommen sollte. Seit sie ihn schreiend aus dem Zimmer gejagt hatte, herrschte drückende Stille. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so ehrlos gefühlt. Und dabei konnte sie sich an die Nacht überhaupt nicht erinnern. Nur ein gewaltiger Kater war ihr geblieben. Und dieses wunde Gefühl zwischen den Beinen, das bewies, dass… Der Gedanke war unerträglich! Und er wusste alles! Übelkeit bemächtigte sich ihrer, wenn sie daran dachte, was er alles wissen musste. Sie wollte nicht wissen, wie sie sich verhalten hatte, es quälte sie zu sehr. „Eine Schlampe bin ich! Eine billige, anstandslose Schlampe!“ Es hätte sie nicht beruhigen können, dass Inuyashas Schuldgefühle ihn ebenso quälten. Er hatte gesündigt. Er hatte sich an ihr vergangen und sie beschmutzt! Ihre Ehre verletzt und ihre Unschuld mit Füßen getreten. Die Schuld machte ihn wahnsinnig, nervös und unruhig. Er konnte nicht einmal mehr essen. Was hatte er nur getan?! Was hatte er ihr nur angetan! Er wagte es kaum, an die möglichen Folgen zu denken. Was wäre wenn…? Dann hätte er ihr Leben zerstört. Und was würde er dann tun? Was würde er bloß tun, wenn sie schwanger wäre? Mit dieser Erkenntnis wurde seine innere Unruhe zur Folter. Sein Gewissen biss nur noch heftiger zu. Und die Angst, Anjaani in die Augen zu sehen, wurde immer größer. Um dies nicht zu müssen, floh er nach draußen. Er hielt es einfach nicht mehr aus. Im Park traf er unvorbereitet auf die Drillinge, die gerade auf dem Weg zu Anjaani waren. Durcheinander wie er war, hatte er ihren Geruch nicht wahrgenommen. Jetzt hatte er sie am Hals, na toll! Seine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Diese aber begrüßten ihn lachend, froh, ihn wieder in Dämonengestalt zu sehen. „Na, du Raubtier, wie geht’s dir denn?“, rief Yuki und schlug ihm fröhlich auf die Schulter. „Wie lief’s denn gestern Na-“ Sie unterbrach sich, als sie seinen Gesichtsausdruck sah. „Was ist passiert“, fragte Yami alarmiert. „Geht es Aani gut?“ „Nein… ja… momentan noch… Geht euch das was an?!“ „Was ist passiert?“ Als er sein feuerrotes Gesicht abwandte, ging den Schwestern ein Licht auf. „Habt ihr-“ „Scht!“ „Ihr habt doch nicht wirklich-“ „Hey!“ „Ihr habt miteinander-“ „Werdet ihr wohl den Mund halten, ihr nervigen Weiber!“, schrie er zornig. „Ach, Inuyasha“, winkte Yuki ab. „Wir sind gestern auch nicht leer ausgegangen. Und dass ihr zwei miteinander-“ „Ich will davon nichts hören! Lasst mich damit in Ruhe! Es ist so schon schlimm genug!“ „Warum?“, wunderte sich Yoko. „War es so schlecht? Verflixt, ich hätte wetten können, sie sei die Leidenschaft in Person!“ Inuyashas Kopf schnellte hoch. „Was! Ja! Äh, nein! Nein… das ist es nicht! Jetzt lasst mich in Ruhe!“ Nein, es war atemberaubend gewesen. Man hätte meinen können, sie sei das Raubtier und nicht er. Die Erinnerung daran vernebelte immer noch seinen Verstand. Das dunkle Zimmer. Ihre Haare auf den Kissen ausgebreitet. Die verschleierten Augen, die lustvoll bebenden Lippen, der verlangende Körper, ihre süße, enge Hitze. Ihr Duft, ihr Geschmack… „Was ist es dann?“ Inuyasha ließ den Kopf hängen. Er kam nicht drum herum. „Ich habe Schuld auf mich geladen.“ „Wieso das? Hast du sie etwa dazu gedrängt?“ Seine Augen blitzten zornig auf. „Natürlich nicht! Sie war-“ Er biss sich auf die Zunge. „Ich habe sie entehrt und geschändet und-“ „Nein, da ist dir Rajesh zuvor gekommen“, bemerkte Yuki. „Außerdem kannst du sie nicht schänden, wenn sie es wollte. Und ich glaube nicht, dass sie sich dir auch nur einen Moment widersetzt hat.“ „Sie erinnert sich an nichts.“ „Oh, sie weiß von nichts? Wo ist dann dein Problem?“ „Ihr versteht das nicht“, knurrte er mit zornesblitzenden Augen. „Sie weiß es, sie erinnert sich nur nicht daran. Ich schäme mich! Wenn sie nun… nun sch- sch- schw…“ Er brach verzweifelt ab. Die Drillinge sogen zischend die Luft ein. „Du meinst, sie ist schwanger?!“, riefen sie im Chor. Er nickte nur reuevoll. Yuki kicherte. „Aber, Inuyasha! Mach dir da mal keine- au!“ Yami boxte ihr grob in die Seite. „Also ist das dein Problem“, stellte sie fest, Yukis schmerzhaftes Stöhnen ignorierend. „Mal angenommen, eure Nacht hatte Folgen…“ Er zuckte wie nach einem Schlag zusammen. „Ja“, meine sie kühl. „Daran hättest du vorher denken müssen!“ Normalerweise wäre er jetzt wütend geworden und hätte sich lauthals verteidigt, aber er war sich seiner Schuld nur zu deutlich bewusst. „Also, eure Nacht hätte Folgen… Bist du dir deiner Pflicht bewusst? Vermutlich schon“, sagte sie, als er nicht antwortete. „Und dein Problem ist nun, dass du Vater werden könntest und dich davor zu drücken versuchst.“ „Wie bitte?!“ „Willst du zu deiner Verantwortung stehen?“ „Ich weiß es nicht!“, fauchte er. „Du überrumpelst mich total! Ich weiß nicht, was ich tun soll!“ „Ganz einfach“, ergriff nun Yoko das Wort. „Rede mit ihr.“ Er sah sie entgeistert an. „Das geht nicht!“ „Sie hat vermutlich einen hysterischen Anfall bekommen, weil sie nackt neben dir aufgewacht ist und die Scham, was sie getan haben könnte, macht sie fertig. Sie fühlt sich gerade ehrlos und anstandslos, erst recht, weil du alles weißt. Aber die Tatsache, dass sie sich nicht an ihr schamloses Verhalten erinnern kann, ist von Vorteil. So wird sie sich schneller wieder beruhigen. Aani fasst sich schnell wieder, darin ist sie gut. Du musst das klären, das ist deine einzige Möglichkeit. Du musst ihr das Gefühl geben, dass sie keine Schlampe ist. Das ist nämlich das allerschlimmste für sie. “ Mit einen zustimmenden Nicken gab er sich geschlagen. „Erinnert sie sich an irgendwas?“, wollte Yuki wissen. Er schüttelte den Kopf. „Sie weiß nur, dass ich mit ihr getanzt habe...“ „Erinnerst du dich?“ Mit rotem Gesicht stolperte er einige Schritte von ihr weg. „Was ist denn das für eine Frage?!“ Yuki grinste frech. „Wie war es denn?“ „Sag mal, geht es dir gut?! Das geht dich nen feuchten Dreck an!“, rief er erbost. „Warum?“, meinte Yoko unschuldig. „Wir haben doch gesehen, wie heiß ihr aufeinander wart. Aani ist so unerfahren, doch ich bin mir sicher, dass sie wilder und heißer als ein Inferno sein kann. Und du als wilder Dämon... Bist du ein guter Liebhaber? Alles an dir spricht von animalisch-“ „Diesen Mist hör ich mir nicht länger an!“ Er drehte ihnen den Rücken zu und rannte schnaufend davon. „Warte! Wir begleiten dich!“, schrie Yami ihm hinterher. „NEIN!!! Verschont mich, ihr dummen Gören!“ „Das ist wohl ein schlechter Moment, um seine Ohren zu sehen“, raunte Yuki enttäuscht, als er aus ihrem Blickfeld verschwunden war. „Ihr seid doch nicht normal!“, brüllte Inuyashas Stimme fassungslos. Die Drillinge sahen sich überrascht an. Der hat vielleicht ein gutes Gehör! „Aani weiß nicht, wie gut sie es hat“, seufzte Yuki. „Ich wünsche, ich wäre an ihrer Stelle, dass er über mich hergefallen wäre... Zusammen mit einem wilden Dämon, der vor animalischer Stärke strotzt- oh, ich werd ganz wuschig! Der Mann ist doch Sex pur! Gibt es ein besseres Sinnbild für animalische Lust als einen Hund?“ „Einen Tiger!“, widersprach Yoko. „Ach? Und woher hat die Doggy-Stellung seinen Namen? Mit mir dürfte er machen, was er will!“ „Jetzt komm mal wieder runter !“, schnaufte Yami. „Yami-Maus, wie schaffst du es nur, so kalt zu ihm zu sein? Er ist ein Traum von einem Mann!“ „Wenn du wüsstest, wie schwer das ist“, jammerte Yami. „Seine Augen bringen mich ganz durcheinander.“ „Was mich eher interessiert“, fing Yoko vorwurfsvoll an, „ist, wie du so gemein zu ihm sein kannst?“ „Ich weiß nicht, was du meinst.“ „Wie kannst du ihn nur so anlügen? Du weißt doch genau, dass Aani dieses Pulver zur Verhütung nimmt.“ „Wartet!“, erschrak Yuki. „Das Zeug wirkt bei Alkohol nicht so gut. Wie viel hat sie gestern getrunken?“ Die Drillinge sahen sich an. „Oh-oh!“ Diese nervigen Weibsbilder! Wie sie ihn aufregten! Aber sie hatten recht. Was sollte er tun? Würde er sich seiner Verantwortung stellen? Als er in die Wohnung zurück kehrte, saß Anjaani betrübt auf seinem Bett, die Decke fest an ihr Herz gedrückt. Bei seinem Anblick erstrahlte ihr Gesicht und sie eilte ihm entgegen. „Oh, Saajan“, rief sie erleichtert. „Ich dachte, du wärst abgehauen.“ Das ließ ihn den Schreck in die Glieder fahren. Also hatten die Drillinge recht! Anjaani war schwanger und befürchtete, er könnte vor seiner Verantwortung fliehen. Wütend verschränkte er die Arme vor der Brust. „So denkst du also über mich! Bin ich so schlimm?“ „Nein!“, rief sie erschrocken. „Tut mir leid, Saajan. Ich wollte nicht… du weißt, dass ich immer überdramatisiere!“ „Ist ja gut. Nur verrate mir mal, warum du schlechter von mir denkst, als ich bin!“ „Ich hab doch… ich wollte nicht…“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „So war das doch nicht gemeint!“ „Hey! W-was soll das?! Jetzt heul doch nicht. Ich hasse Tränen! Ich meine es nicht ernst.“ Sie atmete erleichtert aus. „Hilfst du mir die Küche aufzuräumen? Ich fühle mich so schwach heute.“ Bei diesen Worten dachte er sich noch nichts, aber als er sie beobachtete, packte ihn das nackte Grauen. Ihre linke Hand ruhte ständig an ihrem Bauch! Erst vorgestern hatten sie eine Dokumentation über schwangere Frauen im TV gesehen. Und diese- egal ob mit oder ohne Babybauch- hatten immer die Hände dran. „Inuyasha?“ Sie musterte ihn besorgt. Er setzte schnell einen neutralen Gesichtsausdruck auf. „Stört es dich, wenn ich heute nichts koche?“ „Nö, wieso? Ich habe eh keinen Appetit.“ „Mir ist so übel und vom Essensgeruch wird das nur schlimmer.“ Seine Eingeweide schienen zu schrumpfen. So sehr er sich um Normalität bemühte, sie durchschaute ihn doch. „Was verbirgst du vor mir?“ Vor Schreck biss er sich auf die Zunge. „Wie kommst du denn darauf? Wieso muss denn ständig etwas sein?“ Sie nahm sich eine Scheibe Brot und beim Belegen schaute sie ihn durchdringend an. „Du bist ein schlechter Lügner. Habe ich gestern etwas schlimmes getan? Ich meine etwas peinliches... etwas, womit ich dich abgeschreckt habe...“ Wieder rollten Tränen und er musste sie schnell beschwichtigen. Sie habe nichts getan, womit sie ihn verschreckt habe... „Verdammt, ganz im Gegenteil!“ Doch was sie gesagt hatte, stimmte ihn nachdenklich. War er das? War er so durchschaubar, wie sie ihn darstellte? Oder lag es nur daran, dass sie eine unnatürlich starke Intuition besaß? Die Nervosität schien ihn auffressen zu wollen. Und sie wurde stärker, als Anjaani immer mehr belegte Brote verputzte. Nach dem fünften war sie satt. Hatte sie nicht behauptet, ihr sei übel? „Was ist denn dann los mit dir?“, fing sie wieder an. „Hast du einen Kater? Willst du eine Kopfschmerztablette? Oder Kaffee mit Zitronensaft? Das hat mir eben geholfen.“ Er schnaubte verächtlich und vermied es, ihr zu sagen, dass sich sein Körper mit dem Ende der Neumondnacht komplett verändert hatte. Also hatte er auch keine Schmerzen. „Oder magst du mich nicht mehr? Nach dem, was ich getan habe...“ „Nein, mich quälen Schuldgefühle“, gestand er leise. Das warme Lächeln, dass sie ihm nun schenkte, war das krasse Gegenteil zu ihrer entsetzen Miene vor wenigen Stunden. „Du gibst nur dir die Schuld, nicht wahr?“ „Nur mir“, gab er zu. „Und ich gebe nur mir die Schuld. Wenn du mir verzeihen kannst und die Meinung über mich nicht geändert hast, lass es uns bitte vergessen.“ Plötzlich wurde seine Miene hart und deswegen warf sie schnell ein: „Hast du nicht auch das Gefühl, du brauchst frische Luft?“ Daraufhin nickte er. Tatsächlich schien die Wohnung plötzlich so eng. Und draußen konnte er auch freier mit ihr reden. Er musste schließlich einen Schlussstrich ziehen. Er musste beenden, was er angefangen hatte. „Ist das nicht schön!“, rief sie fröhlich. „Irgendwie macht die frische Luft hungrig.“ Er blieb abrupt stehen. „Du hast doch eben FÜNF Brotscheiben verputzt?! Seit wann bist du so gefräßig?“ „Ich hatte eben Hunger“, meinte sie schulterzuckend. „Außerdem hast du gesagt, dir sei übel!“ „Stimmungsschwankungen“, vermutete sie. Dieses Wort ließ ihn erbleichen. Anjaani wies sämtliche Symptome auf, die diese Sendung Schwangeren zugewiesen hatte. Inuyasha resignierte. „Ich werde Papa…“ Sie jedoch schritt sorglos wie der Sonnenschein neben ihm her in ihrem wehenden, gelben Sommerkleidchen. Ihre Armreifen klirrten im Takt ihrer Schritte. Aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass ihre Hand ziemlich oft an ihren Bauch langte. Dieser schöne, flache Bauch… wie schön es gewesen war, ihn zu streicheln und zu küssen… „Oh“, rief sie überrascht und sog genüsslich die frische Brise ein, die aufkam. „Oh, wie das duftet!“, hauchte sie. „Waffeln! Willst du auch eine?“ Er nickte, denn der Duft, den er viel intensiver roch als sie, war wirklich verlockend. „Komm, Saajan!“ Jauchzend zog sie ihn an eine kleine Waffelbude. „Oh, wie herrlich das duftet!“, schwärmte sie begeistert. Der Verkäufer- kaum älter als Anjaani selbst- strahlte stolz bei ihrem Kompliment. Sie schienen sich zu kennen und man sah ihm deutlich an, wie er von ihr angetan war. Er starrte sie fasziniert an und ignoriere Inuyasha komplett. „Gleich sabbert der Milchbubi“, grollte Inuyasha im Gedanken. Aber konnte er es ihm verdenken? Anjaani war wunderschön. Ganz besonders, wenn sie so glücklich war wie jetzt. Er hatte eine Kostprobe ihrer Schönheit gekriegt. Und wenn er daran dachte, fing er auch fast zu sabbern an. „Verdammt, ich muss mich zusammenreißen! Ich bin ein Dämon, ich zeige keine Gefühle!“ Ihre Augen leuchteten mit der Sonne um die Wette, als sie um zwei Waffeln bat. Der „Milchbubi“ gab sie ihr kostenlos. „Weil es dich so glücklich macht, Aani-chan“, erklärte er. „Für so ein schönes Lächeln würde ein Mann alles tun.“ „Wenn du ein Mann wärst, Milchgesicht!“ „Du warst schon immer ein Charmeur“, lachte sie. „In 10 Minuten schließe ich den Stand. Willst du dann mit mir einen Kaffee trinken gehen?“ Inuyasha glaubte, sich verhört zu haben. Hallo? Bemerkte der Mistkerl nicht, dass sie in Begleitung war? Anjaani, die damit reichlich Erfahrung zu haben schien - so schön, wie sie schließlich war - winkte ab. „Ich kann gerade nicht. Aber ich freue mich, dich bald wieder zu sehen.“ Selig schlenderte sie an seiner Seite durch den Park. „Was für ein netter Junge, nicht wahr?“ „Was für ein unverschämter Mistkerl!“ Inuyasha kaute missmutig auf seiner Waffel herum. „Wieso das denn?“ „Er hat mich keinen einzigen Moment beachtet, obwohl ich auch Kunde bin!“, rief Inuyasha und blies beleidigt die Backen auf. „Stattdessen hat er dich mit seinen ekelhaften Glubschaugen ausgezogen, die Zunge hing ihm ja fast bis zum Boden!“ „Er ist nur ein Junge“, lachte Anjaani. „In diesem Punkt ist er ein Mann!“ „Und Männer beachten generell eher Frauen. Wieso beschwerst du dich? Dir schauen ständig Frauen hinterher. Einige werfen mir sogar ganz böse Blicke zu und mich stört es nicht. Warum machst du so ein Theater, wenn mich mal ein Mann anspricht?“ Inuyasha knurrte. „Weil Männer gefährlicher sind als Frauen! Sie fühlen sich sofort bestätigt und wer weiß, wo das enden könnte!“ Ihr Blick füllte sich mit Scham und brennenden Qualen. „Dort, wo es bei uns geendet hat?“ Die Waffel fiel ihm aus der Hand, seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. Atem und Stimme versagten ihm. Die abgrundtiefe Schuld, die sich in diesem Gold offenbarte, erschreckte sie und sofort versteckte sie ihre eigenen Gefühle. „Ich…“ Er sah ihr fest in die Augen. Seine Stimme war kaum ein Hauch. „Ich hatte nie vor, dich zu schänden. In einem normalen Zustand hätte ich nie… ich hätte es doch nie gewagt! Das musst du mir glauben!“ In seinen Augen sah sie das ganze Ausmaß seiner Qualen. Er fühlte sich schlechter als sie. Er war hier der Sünder. In seinen Augen war sie rein und unschuldig und er hatte sich schändlich an ihr vergangen. Anjaani bekam Mitleid. „Ich weiß, ich sehe es dir an“, sagte sie liebevoll. „Mach dir keine Vorwürfe und vergiss es einfach.“ Zornig schüttelte er den Kopf. „Das ist doch nicht dein Ernst?! Wie kann ich es vergessen!“ Da war er wieder, der alte, reizbare Inuyasha. Einige Leute drehten sich bei seinem Gebrüll um. Ihm war das egal. „Ich kann es nicht vergessen, bist du so naiv?! Es kann nicht vergessen werden!“ So durcheinander wie er war, sprang er auf den nächsten Ast und lehnte sich schwer atmend gegen den Stamm. „Saajan, komm runter“, rief sie zu ihm hoch. „Keine Lust!“ „Warum kann es nicht vergessen werden? Warum willst du mir nicht sagen, was dich den ganzen Tag- oh!“ Der Gedankenblitz ließ sie verstummen. „Na, hat’s „Klick“ gemacht?“ „Du glaubst, ich sei schwanger?“ „Die Folgen kann man nicht ungeschehen machen“, sagte er kühl. „Es ist meine Strafe dafür, dass ich dich beschmutzt habe.“ Mit einem Satz stand er wieder vor ihr. Seine Augen glühten. „Aber ich werde dazu stehen. Ich stehe zu meiner Verantwortung. Und zu unserem Balg!“ „Erstens mal, nenne es nicht Balg!“, plusterte sie sich wütend auf. „Es ist immerhin dein Kind! Zweitens wirst du gefälligst ein guter und liebevoller Vater sein! Und drittens bin ich nicht schwanger!“ „Hey, wer sagt, dass du mich anschr- häh? Was soll das heißen, du bist nicht schwanger?“, stotterte er verwirrt. „Wie kommst du darauf, ich sei es?“ „A-aber, all diese…“ Er wedelte hilflos mit den Armen rum. „All diese Anzeichen! Die Übelkeit, diese Fressattacken und deine Stimmungsschwankungen! Wie erklärst du dir das?“ Jetzt musste sie lachen. „Hör auf dich über mich lustig zu machen!“, brauste er auf. „Oh, Saajan! Die Übelkeit kommt vom Alkohol. Und ich habe so Hunger, weil ich nichts gegessen hatte. Und wie du weißt, habe ich immer Stimmungsschwankungen.“ „Ach ja, und was ist damit, dass du dir ständig den Bauch hältst?“ „Sag mal, bist du dir sicher, dass du nicht heimlich willst, dass ich schwanger bin?“ „Was?!“, rief er fassungslos. „Wie kommst du aus so einen Schwachsinn?! Ich will nur sicher gehen!“ „Mir ist doch übel und mein Bauch schmerzt. Es ist eine unbewusste Handlung, wenn man Körperstellen anfasst, die gerade wehtun.“ Seine Ohren zuckten. „Heißt das, du bist nicht schwanger? Und sag es mir klar und deutlich, ich will nicht an der Nase herum geführt werden!“ „Du meinst also, an meinem Gesundheitszustand magst du erkennen, dass ich schwanger bin?“ „Ich hab doch gerade gesagt, ich will eine klare Antwort!“ „Saajan“, lächelte sie. „Weißt du, wie lange so eine Schwangerschaft dauert?“ „Natürlich weiß ich das, für wie beschränkt hältst du mich?!“ „Wann treten denn deiner Meinung nach all diese Symptome auf?“ „Woher soll ich das denn wissen? Ich war nie schwanger!“ „Am Morgen nach der Empfängnis kann man noch nichts bemerken. Es sei denn, Dämonen sind besonders fruchtbar. Vielleicht wird man von Dämonen schneller befruchtet“, überlegte sie. Inuyashas Kopf lief rot an. „Hör auf, wie die Nervensägen zu reden! Das ist ja peinlich!“ „Die Drillinge? Hast du sie getroffen?“ „Ja, leider.“ „Und sie haben dir peinliche Fragen gestellt“, schmunzelte Anjaani. „Das taten sie, weil sie wissen, dass sie mich nicht fragen dürfen.“ „Hm… und sie sagten du könntest schwanger sein!“ „Das war Yami“, erriet sie. „Genau, diese dumme Gans!“ „Dann wirst du jetzt ziemlich sauer werden, weil die Drei wissen, dass ich nicht schwanger werden kann.“ „Waaaas?! Das darf doch nicht wahr sein! Diese verlogenen Biester! Wenn ich diese nervigen- hö, was heißt, du kannst nicht schwanger werden?“ Seine Augen schauten sie so süß verwundert an. Sie unterdrückte den Impuls, nach seinen Ohren zu greifen. „Ich nehme eine Pulver ein, weil ich Probleme mit meiner Periode habe und dieses Pulver schützt nebenbei vor Schwangerschaften...“ „...solange ich nicht zu viel Alkohol getrunken habe...“ Er nickte zustimmend und wirkte dabei so niedlich. Zum Glück hatte er ihre Gedanken nicht gehört, denn sonst würde sich dieser dicke, schwere Knoten in seinem Bauch nicht lösen und ihn würde nicht das warme Gefühl der Erleichterung erfüllen. Sie erwartete kein Kind! Es war kein Kind in Anmarsch! Das war super! Er war gerettet! Sie beobachtete glücklich, wie sein Gesicht erstrahlte, dann wurde es plötzlich ernst. Er sah ihr fest in die Augen und sie zuckte eingeschüchtert weg. Plötzlich war er abweisend und strahlte Kälte aus. Jetzt, da seine Schuld getilgt war... „Wir werden uns nie wieder so nahe kommen“, sagte er. Es war eine Feststellung, kein Schwur, keine Frage. Sondern eine klare Tatsache. „Das lag alles am Alkohol, ich hege nur freundschaftliche Gefühle für dich. Diese Sache ist abgeschlossen.“ Jetzt war er wieder verschlossen, wie es seiner Natur entsprach. Sie schaute ihn an, doch sie konnte nichts entdecken. Keine Spur von einer Lüge, nur eine unempfindsame, kalte Wand, die sie nicht durchdringen konnte. So nickte sie nur stumm. Jetzt konnte Inuyasha seine Gefühle wieder verstecken, was ihm heute nicht gelungen war. Aber er hatte es nicht geschafft, Anjaani zu durchschauen. Er hatte nicht bemerkt, was es sie für eine Überwindung gekostet hatte, mit ihm zu reden, ja ihm überhaupt nahe zu kommen. Noch immer war sie von Scham erfüllt. Seine Nähe ertrug sie kaum, aber sie riss sich zusammen. Wie immer halt. Und er hatte recht. Sie waren sich viel zu nahe gekommen. Sie wollte das nicht! Nie mehr! „Oh, glaub mir, du würdest es wollen, wenn du dich an die Nacht erinnern könntest“, sagte ihr Herz. „Nein! Es würde mich umbringen!“ „Du lügst. Du weißt selber, dass du scharf auf ihn bist. Stell dir nur vor, von ihm berührt zu werden, in seinen Küssen zu versinken, sein Körper an deinem… Wenn du nur wüsstest, was er weiß!“ „Saajan!“ „Hm? Was gibt es noch?“ „Wie war die Nacht? Wie habe ich mich verhalten? Hat es dir gefallen?“ „Wie war… w-wie war…“ „Verdammt noch mal!“, fluchte er plötzlich und schnupperte in der Luft. „Was ist los? Hey, was machst du da!“, ärgerte sie sich, als er sie auf seinen Rücken setzte. „Ich rieche die drei Nervensägen. Sie sind gleich da“, knurrte er und sprang los. „Aber diesmal kriegen sie mich nicht!“ Sie krallte sich an seinen Schultern fest, als er mit mächtigen, hohen Sätzen davonsprang und wagte es nicht die Augen auf zu machen. Einen jämmerlichen Feigling schimpfte sie sich. „Hast du Angst?“ Es klang herablassend. „Nein“, log sie in sein Haar. „Dann mach die Augen auf, du kleiner Angsthase!“ Sie überwand sich und schlang ihre Arme ängstlich um seinen Hals. „Heeehh!“, krächzte er. „Du erwürgst mich!“ „Ja, aber du… du fliegst!“ „Da staunst du was!“ Ja, das tat sie wirklich. Inuyasha flog tatsächlich. Eigentlich sprang er, aber er sprang so hoch und weit, dass es sich eher wie fliegen anfühlte. Gerade hetzt er über Hausdächer. „Das ist wundervoll!“, jauchzte sie und hielt den Kopf in den Wind. „Wie kannst du das nur?“ „Kinderspiel! Das ist doch gar nichts. Ich glaube, du unterschätzt meine Kräfte. Wenn du wüsstest, wie viel Kraft allein in meinen Klauen steckt!“ Ja, das stimmt. Sie hatte sich schon immer gefragt, ob seine langen Fingernägel eine Waffe waren. „Wahnsinn!“ Inuyasha rannte gerade über eine Wiese. Und wie schnell er war, sie konnte es kaum fassen! Mühelos sprang er auf einen Baum und setzte sie in auf einem der obersten Äste ab, der noch dick genug war, sie beide zu tragen. „Wir sind am Fluss“, rief sie verwundert aus. „Hier warst du also als du verschwunden warst. Wo hast du geschlafen?“ „Wo wohl? Auf einem Baum natürlich!“ „Dieser Ort ist von einem unsichtbaren Bannkreis geschützt, den nur ich durchschreiten kann. Wie hast du herkommen können?“ „Ich habe es auch nicht geschafft“, gestand er. Aber eines deiner Haare lag auf meiner Schulter und als das den Bannkreis berührt hatte, konnte ich hindurch. Hast du den Bannkreis errichtet?“ „Nein, er war schon immer da. Jetzt zeig mir deine Kraft“, bat sie. „Dann pass mal auf!!“ Saltos schlagend sprang er vom Baum und rannte auf den nächsten zu. Er hob den rechten Arm. Er schlug zu… Anjaani brauchte eine Weile, um zu verstehen, was sie da sah. Der Baum fiel krachend ins Gras. Der meterdicke Stamm war glatt durchgeschnitten worden. Schwarze Punkte tanzten vor ihren Augen. So stark war er… Sie musste sich festhalten, um nicht zu fallen. „Na, was sagst du dazu? Anjaani? Was hast du?“ „So stark. Unbesiegbar“, hauchte sie ungläubig. Angst trat plötzlich in ihre Augen. Sie wich vor ihm zurück. „Wie du mir wehtun könntest. Ein kleines Gezucke deiner Klauen und ich wäre Hackfleisch.“ „Du fürchtest dich doch nicht etwa vor mir, oder?“ Er hob missbilligend eine Braue. „Damit fängst du aber spät an.“ „Du bist gefährlich.“ „Ist das so?“ „Ein Dämon... ein gefährlicher Dämon...“ Sie sah ihn an, so unschuldig, dass er sauer wurde. „Hab ich dir je etwas getan? Ich bin nicht schlecht. Warum glaubst du plötzlich, ich würde dir wehtun wollen?!!!“ Wie albern sie sich benahm. „Verzeih mir, Saajan. Deine Kraft, sie hat mich so beeindruckt. Ich war im ersten Moment ganz eingeschüchtert.“ Er drehte nur beleidigt den Kopf weg. „Jetzt schmoll doch nicht.“ „Ich schmolle nicht“, schmollte er. „Bin ich jetzt ein Monster in deinen Augen?“ „Nein, ich-“ „Aber das hier war ein Monster“, sagte er und berührte die langsam verheilenden Kratzer an ihrem Hals. „Wer hat dir das angetan?“ Ihre Augen wurden riesig. „Du?“ „Wie bitte?!“ „Vorgestern, kurz bevor du mich im Park gefunden hast.“ „Also doch! Ich wusste, ich kenne den Geruch.“ „Meinst du, noch ein Dämon deiner Sorte ist hier?“ „Vermutlich. Aber ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, wer das sein könnte.“ Dass es ein Feind war, der höchstwahrscheinlich gefährlich war, verschwieg er ihr lieber. „Anfangs dachte ich, dass es du bist. Aber mir wurde schnell klar, dass du es nicht sein kannst.“ „Aha.“ „Ja, in deiner Nähe fühle ich mich wohl. Und du hättest sowas nie getan.“ „Was? Was hat er getan?“ Inuyasha fletschte die Zähne. „Du hättest mich sofort nach Hause gebracht.“ „Anjaani! Hat er dich angegriffen?“ „Nun ja… wie man’s nimmt…“ Sie sah beschämt zu Boden. „Dieser Bastard, wenn ich den erwische!“ „Er hat mir doch nichts getan. Ich habe sein Gesicht auch nicht ganz gesehen“, entschuldigte sie sich. „Plötzlich war da deine Stimme. Als er sie gehört hat, war er weg. Ich weiß nur noch, dass es nicht du warst, er hatte Streifen auf der Wange.“ „Streifen?! Was für Streifen?“ „Na jaana!“ „Lüg nicht, du weißt es!“ „Nein, ich weiß es nicht! So lilane Streifen eben.“ „Kannst du nicht ein bisschen deutlicher werden?“ „Das ist doch nicht meine Schuld! Er sah mehr nach Dämon aus als du! Mehr weiß ich nicht, er war viel zu nah, um ihn erkennen zu können!“ Also ein vollwertiger Dämon. Soll er nur kommen, wenn er noch hier ist! „Du bist auch zu nichts zu gebrauchen!“ „Dann lass mich in Ruhe!“ „Würde ich nur zu gerne. Aber dann rennst du Tollpatsch in die Klauen des nächsten Dämons. Dich kann man auch echt keine Sekunde alleine lassen“, zischte er. „Nerve ich dich?“ „Und wie!“ Er schubste sie leicht an. Kreischend geriet sie ins Straucheln, drohte vom Ast zu fallen. Doch er zog sie grinsend wieder zurück. „Das zahl ich dir heim!“, schwor sie und der Schwur würde sich bald erfüllen, als Anjaani später die Wohnungstüre öffnete und die Drillinge mit freudigem Geschrei hereinplatzten. „Wir wollen Inuyashas Ohren sehen!“ Sie entdeckten den Halbdämon sofort, der heimlich im Bad verschwinden wollte. Und der Anblick seiner Ohren brachte sie zum Kreischen. Inuyasha hielt sich schützend die Hände davor. „Nichts da, ihr Verrückten! Bleibt mir vom Leib!“ Doch sie stürzten sich auf ihn und begruben ihn unter sich. „Ihr habt sie doch nicht mehr alle!“, tobte er unter ihnen. „Lasst sofort meine Ohren los, ihr dummen Gänse! Ich warne euch! Anjaani! Anjaaaniiiii!“ Anjaani betrachtete ihn mit einem diabolischen Grinsen. „Wenn ihr seine Ohren am inneren Rand kitzelt, dann zucken sie wie verrückt“, sagte sie ungerührt. „Hey, lasst das, ihr Irren! Na warte, du blöde Ziege, das wirst du noch bereuen! Geht endlich runter von miiiiiiir!!!!“ Kapitel 8: Ein ungewöhnlicher Arbeitstag ---------------------------------------- „Oh, ich hab kaum geschlafen“, beklagte sich Anjaani am nächsten Morgen, als sie das Frühstück richtete. „Und jetzt bin ich hundemüde, obwohl ich gerade Sport gemacht habe und geduscht habe!“ „Pech für dich“, schnaubte Inuyasha, der frisch geduscht und mit noch feuchten Haaren aus dem Badezimmer kam. Er funkelte sie vorwurfsvoll an... und sah dabei so hinreißend aus! Anjaani wandte das gerötete Gesicht von seinem nackten Oberkörper ab und bemühte sich um eine normale Stimme. „S-sag bloß, du bist immer noch beleidigt, Saajan?“ „Pf!“ Er drehte nur den Kopf weg und setzte sich mit verschränkten Armen an den Esstisch. „Bist du so nachtragend?“ „Ja.“ „War es denn so schlimm? Sie haben sich doch nur ein wenig deine Ohren angesehen.“ Zornig sprang er auf, seine Augen loderten. Doch er besann sich sofort anders und setzte sich wieder hin, um weiterschmollen zu können. „Ich bin kein Spielzeug, merk dir das endlich!“ „Komm, Saajan. Verzeih mir.“ Ihre Stimme war so lieblich und wohltuend wie ein Sonnenstrahl im Frühling. Wollen wir doch sehen, ob sie ihn nicht milde stimmen kann! Inuyasha blieb hart. „Darauf kannst du lange warten!“ „Bitte, Saajan.“ „Nein!“ „Nun mach schon!“ „Das kannst du vergessen! Und erst recht nicht, wenn du mich so ankeifst!“ „Das werden wir gleich sehen.“ Ihre Hand glitt an seinem Oberarm hinauf zu seiner Schulter, das Gesicht war nah an seines gerückt. Ihre Augen glänzten flehend unter den dichten Wimpern. Erschrocken rutschte er weg von ihr. „Lass das! Geh weg von mir! Ich habe nein gesagt!“ „Ich will nur nicht, dass du noch böse auf mich bist“, hauchte sie mit zuckersüßer Stimme, die einen Stein hätte erweichen können. „Guck nicht in ihre Augen! Lass dich bloß nicht von diesen Augen verzaubern!“ „Ich bin es aber!“ „Bitte nicht…“ Ihre Hand bahnte sich ihren Weg zu seinem Kopf und begann die empfindlichste Stelle zwischen seinen Ohren zu kraulen. Ein wohliger Schauer durchrieselte ihn, den er nur mühsam unterdrücken konnte. „Komm, sei wieder lieb.“ „Geht es dir noch gut?! Ich verzeih dir ja, nur lass mich endlich los!“ „Geht doch!“ Zufrieden setzte sie sich an ihren Platz. „Und nebenbei kannst du dich auch noch anziehen. Ich habe deinen roten Kariginu gewaschen. Irgendwie stehen dir deine Klamotten viel besser, als die von Raj.“ „Du bist sowas von nervig“, maulte er. „Du willst doch nur überspielen, dass du es liebst, wenn ich dich kraule“, lachte sie. Ein beleidigtes Kopfdrehen war das einzige, was sie als Antwort bekam. Anstalten, sich anzukleiden, machte er auch keine. Wenn sein Anblick sie so störte, sollte sie ruhig leiden! Da sie es, aufgrund seiner Nacktheit, mied, ihn anzusehen, konnte er sie unbemerkt beobachten. Ganz im Gegensatz zu sonst, war sie komplett schmuckfrei. Keine klirrenden Armreifen und keine klingenden Fußketten. Sie war ganz schlicht und elegant in einen dunkelroten Sari aus blickdichtem Stoff gekleidet. Das Haar war glatt und zu einem eleganten, hohen Knoten geschlungen, der Pony mit Haarnadeln nach hinten gesteckt. Allein auf die lackierten Fingernägel, farblich passend zum Outfit, hatte sie nicht verzichtet. Was wäre Anjaani ohne die jeden Morgen frisch lackierten Nägel? „Warum bist du eigentlich so angezogen?“, fragte er kauend. „Du meinst so langweilig? Ich muss zur Arbeit“, antwortete sie, nachdem sie ihren Bissen hinuntergeschluckt hatte. Der Blick ruhte auf ihrem Teller. „Dort darf ich nicht so quietschbunt antanzen. Zum Glück muss ich keinen Anzug tragen. Aber ich mag diesen schlichten Sari nicht, der gehörte meiner Mutter.“ Seine Ohren zuckten. „Und in so einem engen Sari willst du dann tanzen?! Geht das überhaupt?“ Anjaani musste herzlich lachen. „Wie kommst du denn darauf? Schön wär‘s! Ich bin nur die Sekretärin vom Chef, keine Tanzlehrerin. Dazu brauche ich mindestens eine Ausbildung.“ „Und als Sekretärin nicht?“ Jetzt röteten sich ihre Wangen und sie schloss beschämt die Augen. „Nun ja… Ich weiß auch nicht warum das so ist… Aber ich mache meine Sache gut.“ Inuyashas Blick verriet eindeutig, dass er ihr nicht glaubte. „Ich weiß genau, du hast diesem Chef den Kopf verdreht. Du musst erst gar nicht versuchen, es zu leugnen!“ Klangen seine Worte vorwurfsvoll? „Aber ich habe nichts getan“, verteidigte sie sich hitzig. „Er hat mich angesehen und wollte mir unbedingt einen Job geben! Er kannte anscheinend meine Mutter.“ „Wer‘s glaubt wird selig.“ Er lehnte sich im Stuhl nach hinten und fixierte sie eingehend. „Das war aber so!“ Vor Verzweiflung wurde ihre Stimme schrill. „Ich habe nichts gemacht! Ich bin nicht so eine! Ich bin doch keine Schlampe!“ „Ist ja gut, beruhige dich“, beschwichtigte er sie. „Ich weiß, dass du das nicht bist. Ich wollte dich doch nur ärgern. Menno, du verstehst auch echt keinen Spaß!“ „Verstehst du es denn nicht?“, fragte sie geknickt. Mit großen Augen sah er sie an. „Es ist das allerschlimmste für mich, als leichtes Mädchen gesehen zu werden. Ich ertrage es nicht! Ich bin unrein und ehrlos, ohne es zu wollen. Und diese Schande kann ich nicht loswerden.“ Glitzernde Tränen hatten sich in ihren langen Wimpern verfangen. „Weißt du, wie es ist, ehrlos zu sein, ohne es selbst verschuldet zu haben?“ „Es tut mir leid“, meinte er und durch sein Gesicht zuckte ein schmerzlicher Ausdruck. „Ich weiß das. Ich lebe mit der Schande ein Hanyou zu sein.“ „Warum ist das eine Schande?“ „Ach!“ Er drehte den Kopf weg. „Ich bin kein vollwertiger Dämon und deshalb von den Youkais verpönt. Ich bin auch nicht genug Mensch, um von den Sterblichen geachtet zu werden. Ich habe mich daran erinnert, dass ich als Kind immer unglücklich war, weil ich von allen verstoßen wurde. Ich gehöre nirgends hin, weil ich nichts bin. Ein dreckiges, wertloses Halbblut.“ „Oh, Inuyasha!“ Er schreckte zusammen, weil er nicht bemerkt hatte, wie sie zu ihm getreten war- und erstarrte, als sie die Arme um seinen Nacken legte. Ihr berauschender Duft legte sich um seine Sinne. „Das ist nicht wahr“, flüsterte sie, das Gesicht an seine Wange gelehnt. „Du bist wundervoll so wie du bist. Für mich bist du das wertvollste Wesen der Welt, weil du mir mein Leben zurückgegeben hast. Ich bin diejenige, die dich am meisten verehrt und bewundert. So vieles verdanke ich dir und würde jederzeit alles für dich geben.“ Sie sah ihn an. Der Blick voll hingebungsvoller Zärtlichkeit drang ihm bis tief ins Herz. Und plötzlich glaubte er ihr. In ihren Augen war er wundervoll, er sah es ganz deutlich. Waren ihre Augen irgendwie verändert? Sie sahen so anders aus... „Saajan, ich liebe dich für das, was du bist. Weil du wundervoll bist.“ Er blinzelte errötend und sie richtete sich mit einem Schwung auf und nahm ihre Handtasche. „Meine Güte, ich bin spät dran. Mittagessen habe ich dir gestern gemacht, du kannst es im Backofen aufwärmen. Lass den Tisch so, wie er ist, ich räume ihn heute Abend ab, wenn ich zurück komme. Bis heute Abend. Tschüss!“ Der rote Schleier wehte aus der Tür, diese fiel ins Schloss und weg war sie. Inuyasha saß wie gelähmt da. Hatte er sich verhört? Hatte sie gerade wirklich gesagt, dass sie ihn liebte? Sie liebte ihn dafür, wie er war... Ja, sie hatte das Wort „Liebe“ benutzt. Wieso nahm ihn das so mit? Wieso bewegten ihre Worte ihn so sehr und machten ihn so glücklich? Weil sie es ehrlich und aus tiefstem Herzen gesagt hatte. Sie hatte ihm in ihren riesigen Augen das ganze Ausmaß ihrer Bewunderung gezeigt. Immer wieder ließ er sich ihre Worte durch den Kopf gehen. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Dieses Gefühl breitete sich in seinem ganzen Bauch aus. Es war so warm und erfüllend. Und er merkte, dass er sich für das, was er ist, nicht mehr schämte. Mit fröhlicher Miene, begann er, den Frühstückstisch aufzuräumen. Anjaani hingegen dachte darüber gar nicht nach. Sie hatte ohne zu überlegen gesagt, was sie fühlte. Auf ihre Wortwahl hatte sie nicht geachtet. Ihr Kopf war momentan bei der Arbeit. Sie hasste ihren Job! Aber die Freude, die ihr Chef ihr entgegenbrachte, wenn er sie sah, löste dann ein schlechtes Gewissen bei ihr aus. Akiyoshi Zuma begrüßte sie wie immer herzlich. Er war ein fröhlicher, runder Mann Anfang 50. Seine Freundlichkeit rührte sie. Es gab keinen japanischen Mann, der nicht angetan von ihr war. Doch alle japanischen Frauen behandelten sie abfällig. Selten wurde sie auch gemobbt. Hier war sie eine Ausländerin und viele Frauen in ihrer Umgebung schienen sich zu bemühen, ihr das in jeder Art und Weise verständlich zu machen. Sie hatte sich an die offensichtliche Abneigung der Japanerinnen gewöhnt. Die Drillinge behaupteten, sie sei zu schön. So ein Schwachsinn! So viele vernichtenden Blicke, die sie von Frauen bekam, so viele bewundernde Blicke erntete sie von Männern. Anjaani jedoch war herzlich zu jedem. Sie hatte viele Freundinnen, die jedoch nur zu ihr kamen, wenn sie Hilfe benötigten. Allein den Drillinge konnte sie vertrauen. Die Halbjapanerinnen hatten ihr stets zur Seite gestanden. Alle anderen verachteten sie heimlich. Anjaani war zu anders. Sie war eine Individualistin und deswegen verpönt. Ihr Hang, sich möglich indisch zu präsentieren, war auch so etwas wie eine Trotzreaktion. Akiyoshi-sama jedoch war herzlich, im Gegensatz zu seinem kühlen Sohn Akira, der jeden fast erwürgte, der es wagte, ihn mit seinem verhassten Vornamen anzureden. Er war der Grund, warum sie ihre Arbeit hasste. Deshalb mied sie Akiyoshi-samas Sohn so gut wie möglich. Leider war das ziemlich schwer, denn er schien es auf sie abgesehen zu haben. Irgendwie konnte er sie nicht leiden und das ließ er sie spüren. Dabei wusste er nicht, dass sie Yokos Freundin war. Akira Zuma hatte vor einiger Zeit was mit dem Drilling zu tun gehabt, was gescheitert war, da er keine feste Bindung mit einer Frau wollte, die fast acht Jahre jünger war. Trotz Yokos hilfreichen Tipps, kam sie mit Zuma nicht gut klar. Leise summend setzte sie sich an ihren Schreibtisch. Schon war auch Akiyoshi-samas Sohn da. Mit verschränkten Armen lehnte er in der Tür und bedachte sie mit seinen kalten Augen. Wäre seine Ausstrahlung nicht so abweisend und kalt, würde sein umwerfendes Aussehen bestimmt hunderte von Frauen anlocken. Er hatte umwerfende, stechende, silbergraue Augen. Der krasse Gegensatz zu Inuyashas warmen, brennenden Glutaugen und dennoch waren sie wunderschön. In seinen hellen, silbernen Augen sah sie nun eine dunkle Begierde, die ihr Angst machte. „So fröhlich heute, Arora?“ Sie schenkte ihm ein kurzes, liebliches Lächeln. „Guten Morgen, Zuma-san. Heute ist ein schöner Tag.“ „An deiner Stelle hätte ich nichts zu lachen. Auf dich wartet Arbeit, die deinen kleinen, hübschen Hintern bis heute Nacht an den Stuhl fesseln wird“, spottete er. „Tja, dann muss ich jetzt anfangen, oder“, erwiderte sie höflich. „Ich kann mir keine Trödelei leisten. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, Zuma-san?“ Wortlos ging er fort, auf seine geschmeidige, elegante Art, ohne die Türe zu schließen. Wäre dieser aufgeblasene Kerl nicht, wäre ihr Job um einiges erträglicher. Sie dankte dem Himmel, dass er danach nicht mehr bei ihr auftauchte. So musste sie seine grimmigen Augen nicht ertragen, in denen immer dieses dunkle Verlangen brodelte. Die Arbeit ließ ihr kaum Zeit für eigene Gedanken. Allein Akiyoshi-sama lenkte sie hin und wieder ab. Je mehr Zeit verging, desto müder wurde sie. So müde, dass sogar die Haarnadeln sie störten, die ihren Pony festhielten. Also entfernte sie die nervigen Dinger. Heute Nacht würde sie so gut schlafen. Oh, wie sie sich drauf freute! Um 19 Uhr war Feierabend, nur noch eine Stunde! Zuma-san müsste selbst bald fertig sein mit seinem letzten Tanzkurs. Die plötzlich erklingende Musik, die zu ihr drang, stellte ihre Konzentrationskraft auf eine harte Probe. Es war der Bauchtanzkurs, der gerade abgehalten wurde. Und irgendjemand hatte die Tür zum Tanzsaal offen gelassen. Alle Müdigkeit war mit einem Mal verflogen. Sie konnte so heißer Rhythmik nie widerstehen! Der Rhythmus drang durch ihren Körper und ihre Hüfte konnte nicht mehr stillhalten. „Es ist eh fast 18 Uhr. Und mit der Arbeit bin ich auch fast fertig. Was soll's!“ Das einzig gute an diesem Sari war, dass der Stoff nicht fest war und somit nicht eng anlag. Sie konnte also mühelos tanzen. Kaum hatte sie sich von ihrem Stuhl erhoben, war sie nicht mehr zu halten. Die Musik erfasste sie. Ort und Zeit völlig vergessend gab sie sich den Klängen hin. Es tat so gut durch das kleine Zimmer zu wirbeln. Ihre Hüften schwangen voller Hingabe im Takt der wilden, hemmungslosen Rhythmen. Es war so befreiend! Aus dem Augenwinkel nahm sie eine Bewegung wahr und erstarrte. Akiyoshi-sama stand in der Tür. Anjaani wurde von Scham ergriffen und sie verbeugte sich demütig, begann eine Entschuldigung zu stammeln. Ihr Vorgesetzter machte einige Schritte auf sie zu. Als sie langsam den Blick hob, las sie tiefe Bewunderung und kaum zu unterdrückende Euphorie in den gütigen, braunen Augen. „Seit wann tanzt du, mein Kind?“, fragte er freundlich. „M-mein ganzes L-Leben“, stotterte sie. „Also seitdem ich denken kann.“ „Liebst du das Tanzen?“ „Ja. Ich kann nicht ohne“, antwortete sie ehrlich. „Wenn ich mich im Rhythmus verliere, ist alles wunderschön.“ „Woher kannst du Bauchtanz?“ Er redete normal und höflich, doch die Freude in seiner Stimme war deutlich zu hören. Anjaani Gefühlsradar schlug heftig aus. „Anfangs durch Zusehen und dann habe ich es selbst perfektioniert. Ich höre die Klänge und mein Körper folgt. Ich denke gar nicht darüber nach.“ „Was kannst du noch?“ „Wie bitte?“ „Welche Tänze beherrschst du noch?“ „Ich beherrsche alle Standarttänze und lateinamerikanischen. Orientalische und indische Tänze ebenfalls. Sowie Hip-Hop, Freestyle…“ „Unfassbar!“, unterbrach er sie und verbeugte sich. „Würdest du mir bitte eine Kostprobe geben?“ Im ersten Moment glaubte sie, sich verhört zu haben. Doch er meinte das tatsächlich ernst. In einem leeren Proberaum musste sie ihr Können unter Beweis stellen. Akiyoshi-sama bat sie, zu bestimmten Bauchtanz-Melodien zu tanzen. Die Musik war feurig, sinnlich, schon erotisch, doch sie bestand mit Bravour. Anjaani wusste nicht, worauf Akiyoshi-sama hinaus wollte, doch der Test nahm kein Ende. Auch traditionelle indische Tänze musste sie ihm vorführen. Zu modernen Pop und Hip-Hop- Melodien gab sie ebenfalls ihr bestes. Ihr ganzes Können musste sie ihm zeigen. Am Ende war Anjaani völlig erschöpft. Jeder Muskel tat ihr weh, der feine Saristoff schabte über ihre feuchte Haut und die Kontaktlinsen brannten in ihren Augen. Akiyoshi-sama jedoch war begeistert. Er habe noch nie so viel Leidenschaft gesehen. Mit leuchtenden Augen bat er sie, als Tanzlehrerin zu arbeiten. Anjaani glaubte, sich verhört zu haben. So plötzlich? Doch sie hatte ihn richtig verstanden und ihr blieb die Spucke weg. Das meinte er doch nicht ernst?! „Das meinst du doch nicht ernst, Vater?“ Ein kalter Schauer lief über ihren erhitzten Körper, als sie Zumas Stimme hinter sich hörte. „Doch, das meine ich ernst“, bestätigte er. „Du hättest sie sehen sollen. So etwas habe ich noch nie gesehen!“ Dieses Kompliment ließ Anjaani erröten. Zuma trat mit schmalen Augen auf sie zu und bedachte sie eiskalt. Er war groß, ungefähr so groß wie Inuyasha. „Davon muss ich mich selbst überzeugen.“ „Das ist nicht nötig, mein Sohn. Ich-“ „Ich will es mit eigenen Augen sehen. Wenn sie mir standhält, ist sie gut.“ Zuma war Weltmeister und mehrfacher Goldmedaillengewinner im Tanzen. „Einen Tanz verlange ich nur. Wer weiß, ob es nicht einfach nur ihr Aussehen ist, dass dich blendet.“ „Ich muss doch bitten“, rief Anjaani verärgert. „Ich blende hier niemanden. Mein Können allein überzeugt und nicht mein Aussehen.“ „Ach ja?“ Er beugte sich zu ihr und sie schreckte vor ihm zurück. „Wenn du so gut bist, dann beweise es. Tanze mit mir.“ Jetzt bekam sie wirklich Angst. Er wollte ihr sicher eins auswischen. Sie betete, dem zu entkommen, doch Akiyoshi-sama war einverstanden und legte eine heiße Salsa-Melodie auf. Anjaani steckte den Sari an ihrer Hüfte fest, die sich wie automatisch in den ersten Takten zu wiegen begann. Mit dem Blick eines hungrigen Raubtieres, zog Akiyoshi-samas Sohn sie an sich. „Zeig, was du drauf hast“, raunte er in ihr Ohr. Im selben Moment begannen ihre Körper sich zu bewegen. „Vergiss deine Scham“, beschwor sich Anjaani. „Das ist nur ein Tanz. Denke nicht an ihn. Es ist egal, dass sein Körper gegen deinen reibt. Es ist ein Duell. Wessen Leidenschaft siegt? Du bist die Siegerin. Er unterliegt dir. Er ist dein Spielzeug! Zeig ihm deine Leidenschaft!“ Perfekt passten ihre Bewegungen sich an seine an. Seine Hände führten sie, sie folgte. Sie flogen schon fast übers Parkett. Schnell und feurig, keiner gab nach. Sinnlich, hingebungsvoll. Sie hatte Feuer, das musste Zuma zugeben. In so perfektem Einklang hatte er mit niemanden getanzt. Sie schienen eins zu sein, als wären ihre Seelen verschmolzen. Nie hatte er so perfekt mit jemanden getanzt. Nie hatte ihn jemand so fühlen lassen... Verdammt, was war nur los? Der Tanz riss ihn mit, berauschte seine Sinne. Er lebte, atmete diesen Tanz, gemeinsam mit ihr. Er empfand doch sonst kein solch unerträgliches Verlangen bei Tanzen. Nie hatte eine Frau ihn bei einem Tanz so verzaubert. Aber diese Frau hier war brennende Leidenschaft, lohende Begierde, sprühende Sinnlichkeit, sie war die reine Sünde! Solch eine fast greifbare Erotik hatte er noch nie beim Tanzen erlebt. Er hatte sie gefunden, seine perfekte Partnerin. Doch er schwor sich, sie nicht siegen zu lassen. Plötzlich gab er die Führung auf. Anjaani bemerkte es im selben Moment und reagierte sofort. Sie übernahm die Führung, ohne dass es einem aufgefallen wäre. Kein Fehler, kein Zögern, der Tanz ging fließend weiter. Mit dem letzten Klang drehte er sie aus seinen Armen, das Ende des Saris löste sich, wehte auf wie eine blutiger Nebel. Zumas Blick war undurchdringlich. „Beachtlich“, sagte er kühl. „Ich führe dich und trotzdem bist du die Überlegene.“ „Was sagst du, mein Sohn?“, meldete sich Akiyoshi-sama neugierig. „Welche Tänze würde sie unterrichten?“ Zuma ließ Anjaani nicht aus den Augen. „Nun ja…“ Sein Vater überlegte kurz. „Dies zu entscheiden, läge in deinem Aufgabenbereich. “ „So? Dann orientalisch oder lateinamerikanisch. Wilde, feurige Tänze. Mit anderen Worten: Erotisch.“ Anjaani zuckte bei diesem einen Wort verschreckt zusammen. „So schüchtern?“, spöttelte Zuma. „Tja, so sind diese Tänze nun mal. Nichts für eine verstockte Jungfrau.“ Er trat ganz nah an sie heran, ein boshaftes Grinsen um den Mund. Seine Hand glitt zu ihrer linken Schulter. „Den richtigen Körper dafür hast du ja. Zeig mir, wie erotisch du sein kannst. Schwer muss es der Hure meines Vaters ja nicht fallen.“ Seine Hand löste mit einer ruckartigen Bewegung den Sari von ihrer Schulter und strich über ihren entblößten Bauch. Reflexartig stieß sie ihn von sich, ihre Augen loderten auf vor Hass. „Was erlauben Sie sich?!“, schrie sie erbost. „Wie können Sie es wagen, mich so respektlos zu behandeln? Fassen Sie mich nie wieder an! Ich bin kein Objekt! Ich habe meine Würde und die werden Sie nicht mit Füßen treten!“ Zumas helle Augen weiteten sich vor Erstaunen. Ein zufriedenes Lächeln machte sich in seinem schönen Gesicht breit. „Ich weiß, für was Sie mich halten“, fuhr Anjaani nun etwas ruhiger fort. „Sie glauben, ich erkaufe mir alles mit meinem Aussehen. Ich bin nicht so eine! Ich habe meinen Stolz. Und Sie verletzen mit Ihren Vorurteilen mein Ehrgefühl.“ Anjaani richtete sich drohend auf. Die Wut kochte heiß in ihren Adern. Eine brennende Hitze überkam Zuma. Wütend war sie noch anziehender. Diese Seite an ihr gefiel ihm. Sie war in ihrem Zorn so sexy, dass er sich vergessen konnte. Und die sah dieses Verlangen in seinen stechend kalten Augen. Er drehte ihr den Rücken zu und ohne sich noch ein Mal umzudrehen, sagte er: „Sie ist eingestellt.“ Erschöpft sackte Anjaani zusammen und hatte nur noch einen Gedanken: die Drillinge würden ihr das nicht glauben! Und wie würde Inuyasha reagieren? Sie sehnte sich so nach seiner Nähe. Es war schon nach zehn Uhr abends, er machte sich wahrscheinlich Sorgen. Zuma-Senior dachte noch nicht dran, sie aus seinem Büro zu entlassen. Gewisse Formalitäten mussten geregelt werden. Morgen solle sie wieder kommen, um alles Nötige zu besprechen. Sein Sohn würde alles in die Hand nehmen. Na toll! Jetzt war Zuma ihr Chef. Anjaani verließ völlig erschöpft und ausgehungert das Tanzstudio. Und jetzt auch noch nach Hause laufen! Furchtbar. Normalerweise machte ihr dieser halbstündige Spaziergang nichts aus, da sie Busfahren hasste. Aber sie war so erschöpft! Jedoch tat ihr die kühle Nachtluft gut. Endlich konnte sie auch ihr Haar lösen. Der spielerische Wind erfasste ihre schwarzen Strähnen sofort. Ein ebenso schwarzes Cabrio hielt plötzlich neben ihr. Akira Zuma lehnte sich aus der Tür. Er hatte sie noch nie mit offenen Haaren gesehen. Kurz blitzte etwas in seinen Augen auf, dann wurde sein Blick geringschätzig wie immer. „Erschöpft?“ Hohn lag in seiner Stimme. „Es war ein langer Tag“, meinte sie betont freundlich. „Am Ende hast du gekriegt, was du wolltest.“ „Es war nicht meine Absicht und ich habe es mir ehrlich erarbeitet“, knirschte sie. „Oh, du wirst arbeiten“, drohte er leise. „Und wie du arbeiten wirst, Schönheit. Jetzt wird dein verwöhnter Arsch arbeiten müssen.“ Er brauste davon, ohne ihr eine Antwort zu gönnen. Sie hasste ihn. Woher nahm er sich die Frechheit, sich eine Meinung über sie zu bilden? So ein arroganter Mistkerl! „Dem werde ich es zeigen!“ Mühsam legte sie den Heimweg zurück. Alles tat ihr weh, als sie endlich in der Wohnung ankam. Ausgehungert und frierend betrat sie die Wohnung. Sie war so fertig, dass sie sich gar nicht wunderte, dass die Drillinge mit einem wütenden Inuyasha und leeren Pizzakartons in der Küche saßen. „Na endlich, mein Herz“, rief ihr Yuki zu. Zitternd, die wirren Haare ins Gesicht hängend, lächelte sie schwach. Die Freunde eilten ihr besorgt entgegen, von denen Inuyasha als erster bei ihr war. „Was ist passiert?“ Sie betrachtete eingehend seine Augen. Genauso stechend und klar, wie Zumas Augen, nur so unendlich warm... „Zu viel getanzt“, seufzte sie dann. „Getanzt?!“, riefen die Drillinge überrascht. Stöhnend ließ sie sich ins Sofa sinken, bevor sie zu erzählen begann. Inuyasha hockte sich sofort neben sie. Kaum saß sie, wurden ihre Augen schwer und sie sank gegen seine starke Schulter. „Ist sie jetzt ernsthaft eingeschlafen?“, hauchte Yoko fassungslos. „Das sieht so süß aus“, kicherte Yuki. „Inuyasha, ich komm auf die andere Seite.“ „Verschon mich“, brummte er und schüttelte sie von sich. „Och, lass mich“, beschwerte sich Yuki. „Du siehst nun mal so gut aus in diesem roten Kariginu!“ „Du nervst, hat dir das schon mal einer gesagt?“ „Ja du. Heute allein schon 20 Mal.“ Inuyasha rüttelte Anjaani unsanft. „Hey, wach auf!“ „Lass mich“, nuschelte diese und schlang die Arme um seinen Oberkörper. Die Drillinge lachten über Inuyashas errötendes Gesicht. „Erzähl uns, was war, dann lassen wir dich sofort in Ruhe“, versprach Yami. Da Anjaani wusste, dass sie nicht drum rum kommen konnte, erzählte sie unter verzückten und teilweise auch empörten Kommentaren, was sich heute ereignet hatte. Als sie verbittert berichtete, dass Akira Zuma sie eine Hure genannt hatte, verdüsterten sich die Gesichter der vier Zuhörer. Sie wussten alle, was es für Anjaani bedeutete, so genannt zu werden. Ihre Erzählung und die darauffolgende Diskussion weckten Anjaanis Lebensgeister neu. Alle waren sich einig, dass Akira Zuma ein Problem für sie darstellen könnte. „Inuyasha bringt dich jeden Tag hin und holt dich wieder ab“, entschied Yoko grollend. „Dann bist du sicher vor dem Schneekönig.“ „Moment mal! Wer fragt mich?“, regte Inuyasha sich auf. „Keine Sorge, Inuyasha“, meinte Anjaani mit eisiger Stimme und stieß ihn von sich. „Ich will nicht, dass du das tust.“ „Wieso bist du jetzt sauer“, knurrte er und sprang auf. „Bin ich nicht, du Blödmann!“, rief sie grollend. „Wir gehen lieber mal“, meinte Yami nervös, als Anjaani mit zornesblitzenden Augen aufstand. Dass Anjaani die Hände in die Hüfte stemmte, war an sich ein schlechtes Zeichen. Aber sobald sie anfing, Schimpfwörter zu benutzen, war es besser, das Weite zu suchen. Dann war sie wirklich sauer. „Danke, dass ihr da wart und gute Nacht“, sagte Anjaani dumpf, ohne Inuyasha aus den Augen zu lassen. „Es ist entschieden“, meinte er nur und setzte sich hin. Doch sie packte ihn am Haar und zog ihn wieder hoch. „Aua, was soll das? Das tut weh!“ „Ich will nicht, dass du dir die Mühe machst“, knurrte sie. „Keiner fragt dich, verstanden?!“ „Natürlich fragt mich jemand! Es ist mein Leben, über das du nicht zu bestimmen hast!“ „Ich will dich doch nur beschützen, du blöde Gans!“ Drohend und mit geballten Fäusten standen sie sich gegenüber. „Ich will nicht, nicht so“, meinte sie plötzlich traurig und senkte den Blick. „Nicht, wenn es gegen deinen Willen ist. Ich mag es nicht, wenn ich eine Last für dich bin.“ „Anjaani…“ Kurz entspannten sich seine Gesichtszüge, dann wurde er wieder wütend. Er packte sie an den Schultern und blickte ihr fest in die grünen Augen. Moment! Grüne Augen? Seit wann hat sie denn grüne Augen? Sie wusste wieder sofort, was er dachte. „Das sind farbige Kontaktlinsen“, erklärte sie kühl. „Ich mag meine Augenfarbe nicht.“ „Das interessiert mich nicht die Bohne! Dieser Kerl ist es, der mich beschäftigt. Willst du, dass der Typ dir etwas antut? Wenn ich bei dir bin, bist du vor ihm sicher.“ „Was sollte er mir denn antun?“ Mit einem abwertenden Schnaufen drehte sie ihm den Rücken zu und ging Richtung Bad. „Ich kann mich gut alleine wehren.“ Inuyashas Augen blitzten auf. Mit einem Satz war er bei ihr, wirbelte sie herum und presste sie gegen die Wand. Der Sari löste sich von ihrer Schulter. Erschrocken keuchte sie auf. Ihre Augen weiteten sich entsetzt. Die Stimme versagte ihr. Er drückte sich fest gegen sie und hielt ihre Handgelenke eisern umklammert. Sein Gesicht war finster, seine Augen glühten. Sie konnte sich gar nicht rühren. Ihre wackeligen Knie gaben nach und sie wäre zusammengesunken, würde Inuyashas Körper sie nicht gefangen halten. „So, du kannst dich also wehren“, raunte er tief und dunkel. Sie war wie gelähmt. „Versuche doch, dich zu wehren.“ Sein Knie zwängte sich zwischen ihre Beine. Panisch bemerkte sie, dass es ein leichtes für ihn war, sich dazwischen zu drängen. Stumm starrte sie ihm in die bedrohlichen Augen. „Und jetzt verrate mir mal, wie du dich nun wehren kannst!“, knurrte er wütend. Sein heißer Atem trieb ihr die Schwindel erregende Hitze ins Gesicht. Ihre Brust pochte an seiner. Ihr Atem ging unkontrollierbar schnell. Sie konnte den Blick nicht abwenden. „Sobald er das geschafft hat, gibt es kein Entkommen mehr für dich!“ „Bitte…“ Ihre Stimme war nur sehr schwach und zitterte. „Bitte lass mich los.“ „Was, wenn er das hier macht?“ Inuyashas eiserner Griff löste sich und er umfasste ihr Gesicht. So musste sie in diese gefährlichen, brennenden Augen sehen. Sie wollte den Kopf drehen, wollte ihn mit ihren freien Händen weg stoßen, doch er stand unbeweglich wie ein Fels. Seine Lippen waren ihren so nah, dass sie die Hitze spürte, die von ihnen ausging. Sein brennender Atmen benebelte ihre Sinne. Er konnte mit ihr machen was er wollte, sie konnte sich keinen Zentimeter rühren. Langsam legte sich die freien Finger an ihre bebende Brust, die Krallen schabten ihr Choli hinab. Ein Zucken und er würde es zerreißen. „Jetzt kann ich alles machen, was ich will“, knurrte Inuyasha leise. „Und du könntest es nicht verhindern.“ „Geh weg von mir“, flehte sie leise. Seine festen Finger an ihrem Kiefer schmerzten. „Siehst du es endlich ein?“ Er drückte sich von der Wand weg und musterte sie mit zornesblitzenden Augen. Sie sah ihn nicht an. Ihre Hand krallte sich an der pochenden Stelle in ihrer Brust fest. „Er ist dir zu nahe gekommen. Er hat dich praktisch entblößt und dich berührt. Er ist eine Gefahr für dich.“ „Und du?“, flüsterte sie und hüllte sich wieder in ihren Sari. „Bist du es nicht?“ Der Zorn in seinem Gesicht wich Verwunderung und dann Panik. „Nein“, rief er. „Ich hatte nichts vor, ich-“ Sie kam ganz nah an ihn heran. Ihre Fäuste ballten sich vor Wut. „Tu das nie wieder! Ich bin doch keine Beute, die man bedrängt und in die Enge treibt!“ „Aber ich wollte dir nur zeigen, dass-“ „Ich habe es verstanden. Bist du nun zufrieden? Warum bist du nur so grob?“ „Ich will dich doch nur beschützen! Wieso verstehst du das nicht?“ „Du hast meine Brüste-“ Doch mitten im Satz erstrahlte ihr Gesicht. „Ich habe noch gar nichts gegessen“, meinte sie ausgelassen. „Mein Magen hängt mir in den Kniekehlen.“ Er hasste es, wenn sie die Stimmung plötzlich wechselte, aber anscheinend wollte sie diese Sache jetzt auf sich beruhen lassen. Will sie einfach alles ungeklärt hinunterschlucken? „Habe ich dir Angst eingejagt?“, fragte er zögerlich. „Ein wenig“, log sie fröhlich und hüpfte hinüber in die Küche. „Weißt du, von einem gefährlichen Dämon unentrinnbar an die Wand gepresst zu werden, der droht, dir die Kleider am Leib zu zerreißen, kann einem schon ein mulmiges Gefühl verpassen. Noch nie habe ich so deutlich den Dämon in dir gesehen, wie jetzt.“ Sie verschwieg, dass es sie zum größten Teil durcheinander gebracht hatte und Verlangen nach ihm geweckt hatte. Sein Körper, so stark, so fest… „Ich hätte dir nichts getan. Das weißt du doch...“ „Oh, ihr habt mir auch eine Pizza gekauft“, freute sie sich. „Wie lieb, dankeschön!“ „Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?!“ „Willst du jetzt Stunden darüber diskutieren, dass du mir zu nahe gekommen bist“, lächelte sie heiter. „Du warst derjenige, der solche Situationen vermeiden wollte. Also, was ist so schlimm daran, es zu vergessen? Ich weiß doch, dass du nichts für mich empfindest. Aber damit irritierst du mich nur.“ Das nahm ihm den Wind aus den Segeln. Anjaani hatte recht. Eines ließ ihn erleichtert aufatmen, sie hatte nicht gemerkt, wie sehr es ihn erregt hatte, ihr auf diese Weise nah zu sein, die Finger an ihrem weichen, vollen Busen... Hatte sie nicht bemerkt, wie sehr er um seine Beherrschung hatte ringen müssen? Hatte sie seinen Herzschlag nur deshalb nicht gespürt, weil ihres genauso schnell geschlagen hatte? Er hätte gerne gesehen, ob ihre Augen sich golden gefärbt hatten. Die grünen Kontaktlinsen verdeckten alles. „Hast du großen Hunger?“, fragte er, um das unangenehme Schweigen zu brechen. Sie schreckte mit einem leisen Schrei zusammen. „Was ist los“, rief er. „Oh, Saajan, es tut mir so leid!“ Sie kam auf ihn zu und legte die Hände auf seine Schultern. „Hä? Was ist jetzt los mit dir?“ Verunsichert machte er ein paar Schritte nach hinten. „Ich wollte nicht so spät Heim. Ich habe gar nicht ans Abendessen gedacht und-“ „Jetzt reg dich mal ab. Du kannst doch nichts dafür. Ich- hey, pass auf!“ Seine Hüfte stieß an den Küchentisch und er schwankte. Sie prallte gegen ihn und sein Oberkörper kippte nach hinten. Aus einem Reflex heraus, packten seine Hände ihre Oberarme, doch damit zog er sie nur auf sich. Stumm sahen sie sich in die Augen. Anjaanis tiefen, großen Augen... dieser unschuldige Blick. Röte überzog seine Wangen. Sie war ihm so nah. Ihre Wärme, ihr Duft... Ihre Lippen zogen ihn magisch an... „An...jaa...ni...“ Ihr herzhaftes Gähnen löste den Zauber und er schubste sie hastig von sich runter. „Tut mir leid.“ Träge schüttelte sie den Kopf. „Ich bin nur so müde.“ Unglaublich! Fast hätte er sie geküsst! Er ärgerte sich maßlos über seine Schwäche. Er wollte ihr doch widerstehen! Und sie schien es nicht einmal bemerkt zu haben. Dafür war sie viel zu müde. Anjaani legte sich ihre Pizza in den Backofen und schlurfte ins Bad, um zu duschen. Sie hatte den Zauber der Situation, der Inuyasha erfasst hatte, gar nicht bemerkt. Das Wasser tat ihren Muskeln gut, doch ihre Müdigkeit war kaum zu vertreiben. Im Nachthemd setzte sie sich neben Inuyasha auf das Sofa und kaute langsam ihre Pizza. Da sie nicht alles aufessen konnte, bediente er sich ebenfalls. Inuyasha konnte es nicht verhindern, auf ihre wohlgeformten, nackten Beine zu schielen, vermied es aber etwas zu sagen. Sonst würde sie noch denken, ihr Anblick mache ihm etwas aus. Erst das an der Wand, dann das in der Küche und nun saß sie kaum bedeckt neben ihm! Sie brachte seine Standhaftigkeit ganz schön ins Wanken. Er zwang sich, ihr nicht hinterher zu schauen, als sie ins Bad ging, um sich die Zähne zu putzen. „Inuyasha, bitte massiere mich“, bat sie gähnend, als sie zurück kam. Ihre nun wieder dunkelbraunen Augen blickten ihn flehend an. Er mochte ihre natürliche Augenfarbe am liebsten, so war sie schöner. Für den Moment hatte er sich in dem vertrauten Braun verloren. Dann wurde ihm bewusst, um was sie ihn gebeten hatte. „Bitte, was soll ich tun?“, fragte er entgeistert. Sie war zu müde für lange Diskussionen. „Bitte nur ein bisschen die Schultern und Arme, mir tut alles weh.“ „Ich weiß doch gar nicht, wie das geht.“ „So drücken“, meinte sie und vollführte skurrile Handbewegungen in der Luft. „Ich kann das nicht! Ich werde dich nur zerkratzen.“ „Ich bitte dich doch nur, die Schultern zu massieren und nicht irgendwas anderes! Meine Beine tun mir nämlich mehr weh.“ Den Kopf missbilligend schüttelnd, setzte sie sich vor ihm hin und schob das lange, noch feuchte Haar zur Seite. Langsam begann er ihren Nacken zu kneten. Natürlich waren seine Krallen nicht im Weg. Ihre Haut war zart wie feinste Seide, doch ihre Muskeln waren steinhart. Die Arme musste sich heute wirklich verausgabt haben. Verwundert bemerkte er, dass sich die feinen Härchen in ihrem Nacken bei seiner Berührung aufrichteten. Woher kam diese plötzliche Gänsehaut? Seltsam, seine Hände waren doch warm... Anjaani schien seine Massage zu genießen, denn ihr Körper entspannte sich und ihr Atem wurde tiefer und gleichmäßiger. Als er sich seinen Weg zu ihren Schultern bahnte, bemerkte er, dass sie keinen BH trug. Hitze wallte in ihm auf und er wurde nervös. Unter dem dünnen Hemdchen hatte sie rein gar nichts an! Jetzt richteten sich seine Nackenhärchen auf und seine Hände wurden schwitzig. „So, das reicht“, meinte er unangenehm berührt. „Ich habe keine Lust mehr.“ Sie antwortete nicht. „Anjaani?“ Er hob ihr Gesicht an und sah, dass sie eingeschlafen war. Was jetzt? Leicht schüttelte er sie, doch das hatte nur zur Folge, dass sie nach hinten kippte und direkt in seinem Schoß landete. Geschockt riss er die Augen auf. Himmel, nein! Solche Situationen wollte er doch vermeiden. Doch sie drehte sich zur Seite und umschlang ihn mit den Armen. Ihr Gesicht lag auf seinem verbotenen Körperteil und schmiegte sich an seinen Bauch. Inuyasha saß stocksteif da. Was jetzt? Sie zog die Beine an und rückte näher zu ihm, da rutschte ihr Nachthemd hoch und entblößte ihre Hüfte. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er den weißen Slip an, der ihren Po bedeckte. Sein Gesicht begann zu brennen. Wenn sie das jetzt mitkriegen würde, würde sie vor Scham sterben. Und ihn vorher umbringen. Immerhin war sie unter dem Hemd nicht vollkommen nackt. Mit zitternden Fingern langte er nach dem Hemd und zog es vorsichtig herunter. Sie schlug nach seiner Hand. „Lassen Sie mich los, Zuma-san, ich bin keine Hure“, murrte sie im Schlaf und zerrte sich das Nachthemd über den Po. Erleichtert betrachtete er ihr schlafendes Gesicht. Ein Anflug von Zärtlichkeit überkam ihn und er strich vorsichtig die kurzen Haarsträhnen aus ihrem Gesicht, die sich auf ihren rosigen Wangen ausgebreitet hatten. Sanft schob er ihren Kopf auf seine Schenkel. Er durfte sie nicht lieben. Aber er musste sie beschützen. Das zumindest war er ihr schuldig. „Ich wollte das nicht“, nuschelte sie leise im Schlaf. „Saajan, ich wollte das nicht.“ Hm? Sie redet im Schlaf? Und selbst da nannte sie ihn bei diesem seltsamen Spitznamen. Sollte er antworten? „Was wolltest du nicht?“, fragte er leise. „Ich schäme mich so. Besonders vor Saajan.“ „Wer ist Saajan?“ „Das ist Inuyashas Name. Seine indische Bedeutung für mich.“ Bedeutete sein Name auf indisch „Saajan“? „Und wieso schämst du dich vor mir?“ „Was Saajan jetzt von mir denkt?“ „Ich denke nichts.“ „Er muss mich für eine Schlampe halten“, jammerte sie und drückte das schöne Gesicht wieder an seinen harten Bauch. „Nein, tue ich nicht“, antwortete er so liebevoll wie möglich, ertrug jedoch ihr Gewicht auf seiner harten Männlichkeit nicht. Wenn sie jetzt aufwachte... Sacht hob er ihren Oberkörper auf seinen Arm. Nun kuschelte sie sich an seine Brust. „Ich bin nicht so, ich mache so was nicht. Das muss er mir glauben. Ich will nicht angefasst werden.“ „Das tue ich“, versicherte er. „Es war Zumas Schuld. Aber ich beschütze dich vor ihm.“ „Inuyasha kann ich trauen, nicht wahr? Er hält mich nicht für schamlos.“ „Nein, er weiß wie rein und unschuldig du bist.“ „Aber ich habe mich ihm gegenüber schamlos verhalten.“ Er kam sich komisch vor, hier mit einer Schlafenden zu reden. Er unterhielt sich mit ihr, während sie schlief. Irgendwie war das seltsam. Aber er konnte das ausnutzen. „Das warst nicht du, das war der Alkohol. Du kannst dich ja an nichts erinnern.“ Nach leichtem Zögern fügte er hinzu: „Oder?“ „Nein kann ich nicht.“ „Bereust du es?“ „Ja. Ich habe hauptsächlich Angst, was er von mir denkt. Wie war es denn?“ Diese unerwartete Frage trieb ihm die Röte ins Gesicht. „W-wieso willst du d-das wissen?“, stammelte er. „Ich will wissen, wie ich mich verhalten habe. Ich habe Angst davor.“ „Hemmungslos“, war das erste, was ihm einfiel. Nervös schluckte er den Kloß in seinem Hals hinunter. „Würdest du dich gerne daran erinnern?“ Er wusste nicht was er sagen sollte. Es war so peinlich! „Ich bin neugierig, aber die Scham ist zu groß. Ich ekel mich vor der körperlichen Vereinigung, weißt du? Aber vielleicht war es ja schön. Inuyasha ist nicht wie Raj. Ich kenne sowas nur im Zusammenhang mit Demut, Erniedrigung und Schmerzen. S-S-...Sex ist für mich der Alptraum schlechthin. Aber vielleicht war es schön mit ihm. War er zärtlich?“ Inuyasha biss sich vor Schreck auf die Zunge. „Ja“, presste er dann beschämt hervor. „Ist es dann schön? Ich weiß nicht, wie es ist, wenn Liebe dabei ist.“ „Liebe?!“ „Ich will nicht, wenn es nur um Lust ging. Es muss Hingabe… muss… Lie…be… dabei… sein… oh…ne… geht… ni…“ Ihre Stimme erstarb vollkommen. Nachdenklich betrachtete er sie. „Du gehörst ins Bett“, entschied er dann. Es kostete ihn Mühe, sie so auf zu heben, ohne dass das Nachthemd hoch rutschte. Doch sie wachte nicht auf. Auch dann nicht, als er sie so vorsichtig wie möglich ins Bett legte. Ohne sie noch einmal anzusehen, drehte er sich um und wollte das Zimmer verlassen. „Inuyasha ist mein Herz. Und er darf nicht wissen, dass ich ihn liebe.“ Wie erstarrt blieb er stehen und lauschte. Sie schlief immer noch. „Sag es ihm nicht, denn wenn er es weiß, wird es noch schwieriger für ihn. Schließlich liebt er mich nicht.“ Er wollte gehen, ihren leisen Worten entrinnen, aber er konnte nicht. „Er soll sich bei mir wohl fühlen, das bin ich ihm wenigstens schuldig. Wir werden nie zusammen sein. Aber ich will immer für ihn da sein. Sag ihm nur, dass ich bei ihm bin, bis er sein Gedächtnis wieder erlangt und dann geht. Ich bin bei ihm, bis ich ihn gehen lassen muss. Sagst du ihm das bitte?“ „Ja“, flüsterte er leise und schloss die Tür. Bis sie ihn gehen lässt… Sie akzeptierte es. Das war das, was er wollte. Und es war gut so. Aber warum störte es ihn? Weil er ihr gegenüber ein schlechtes Gewissen hatte? Es tat ihm leid, ihre Gefühle nicht erwidern zu dürfen und irgendwie kam ihm das bekannt vor. Es hatte mit diesem unbekannten Mädchen zu tun. Das Mädchen, das er liebte. Kapitel 9: Inuyashas Ära beginnt -------------------------------- Am nächsten Morgen konnte Anjaani sich nicht daran erinnern, im Traum geredet zu haben. „Was hab ich denn gesagt?“, fragte sie nervös. „Du hast mir nur versucht klar zu machen, dass du nicht wolltest, dass dieser Zuma-Typ dich anfasst. Und dass du keine Hure bist“, antwortete Inuyasha kauend. Sie nickte nur nachdenklich. „Hey, mach dir keine Sorgen“, seufzte er genervt. „Ich bringe dich ja hin, dann kann er dir nichts tun.“ „Er hasst mich“, sagte sie seufzend. „Dieser Zuma-Typ? Wie kommst du darauf?“ „Ich fühle es. Seine Energie ist dunkel.“ „Ach, ja. Du und deine Gefühle! Hab ich schon fast wieder vergessen.“ „Mach dich nicht lustig über mich, mein Gefühl lag noch nie falsch. Ich weiß ganz genau, dass er mich nicht leiden kann. Aber seine Energie ist brennend heiß. Er giert nach mir und…“ „Wieso muss jeder nach dir gieren?“ Ihr Gesicht wurde rot und ihre Augen riesig. „So hab ich das nicht gemeint“, rief sie erschrocken und schüttelte die glatten Haare. „Ich habe nie gesagt, dass… ich … ich…“ „Mann, jetzt beruhige dich mal. Ich weiß, dass du so ein Opfer-Gen besitzt. Er hat dich tanzen sehen, das wirkt nun mal anziehend.“ Erst wurden ihre grünen Augen vor Verwunderung groß, dann beugte sie sich mit einem breiten Grinsen zu ihm rüber. „Was?“, fragte er zögernd und wich von ihr weg. Ihre Augen funkelten belustigt. „Du hast gesagt, du findest mich anziehend, wenn ich tanze.“ „Hab ich nicht! Da musst du dich verhört haben!“ „Und wieso wirst du dann rot?“ „Guten Morgen!“, riefen die Drillinge, die plötzlich und unerwartet durch die Tür kamen und sich an den Frühstückstisch setzten. „Och, nein! Wie kommt ihr denn rein“, jammerte Inuyasha. „Geht wieder weg!“ „Wir haben einen Schlüssel“, grinste Yami. „Wir frühstücken jeden Morgen hier, aber bis jetzt haben wir uns nicht her getraut, solange du da warst.“ „Wie nett von euch. Und jetzt verschwindet wieder!“ Dann stutzte er plötzlich. „Was ist mit euch passiert?“ Yoko warf sich stolz in Positur. „Wir haben unsere Frisuren geändert. Schön, dass du es merkst.“ Yoko trug ihre nun schwarzen Haare in der Mitte gescheitelt und Yami hatte ihrem naturbraunen Haar einen Pony verpasst. Allein Yuki war dem üblichen tiefen Seitenscheitel treu geblieben, hatte sich jedoch die Haare etwas gekürzt und sich schwarze Strähnchen gegönnt. „Ihr seht toll aus“, lobte Anjaani. „Nun kann man euch besser unterscheiden.“ „Nicht wahr!“, freute sich Yami. „Ich hätte nie gedacht, dass mit ein Pony so gut steht!“ „Und was gibt es neues bei euch? Habt ihr euch wieder versöhnt?“ Yuki gab Anjaani einen Kuss auf die Wange und goss sich frisch gepressten Saft ein. „Inuyasha hat gesagt, dass ich attraktiv bin!“, grinste Anjaani glücklich. „Das habe ich nie gesagt!“, verteidigte sich Inuyasha hitzig. „Doch, wir haben es zufällig gehört“, nickte Yoko hastig. „Du hast eine gut hörbare Stimme.“ „Er hat dich tanzen sehen“, äffte Yuki ihn mit übertrieben tiefer Stimme nach. „Das wirkt nun mal anziehend. Du bist nun mal geil und ich würde mich am liebsten auf dich stürzen und-“ „Hältst du jetzt mal die Klappe“, knurrte er errötend. „Das habe ich nie gesagt! Können wir jetzt bitte über etwas anderes reden?“ „Aber gedacht!“, schmunzelte Yami. „Du hast ihr doch selber nicht widerstehen können auf der Tanzfläche, oder? Und was danach war, daran muss ich dich nicht erinn-“ „Genug!“, meinte Anjaani fest. Erstaunt drehten sich alle zu ihr. „Ich will davon nichts hören, verstanden? Dieses Thema ist tabu!“ „Tut mir leid“, meinte Yami geknickt. „Das habe ich ganz vergessen.“ „Schon gut“, lächelte sie milde. „Bedient euch, ich habe euch Rühreier gemacht.“ Die Drillinge ließen sich nicht zweimal bitten. Inuyasha beugte sich missmutig zu ihr. „Sag bloß, du wusstest, dass die hier auftauchen würden?“ „Natürlich“, nickte sie fröhlich. „Sie sind jeden Tag bei mir.“ „Du hättest mich vorwarnen können.“ „Hey, was flüstert ihr da?“, verlangte Yoko zu wissen. „Nichts“, riefen beide unangenehm ertappt. „Kawaiiiiiii!!!“, kreischte alle Drei so laut los, dass Inuyasha fasst vom Stuhl gekippt wäre. „Geht’s euch noch gut, ihr nervigen Weiber?! Was sollte das denn jetzt schon wieder???“ Mit leuchtenden Augen deuteten sie auf seine Hundeohren. „Sie haben gezuckt! Deine Ohren haben gezuckt!“ Inuyasha ballte die Fäuste. „Ich warne euch, kommt mir noch ein Mal zu nahe…“ „Huch, Aani-Schatz! Du trägst ja Hosen!“, rief Yuki überrascht und musterte Anjaanis knappes Outfit. „Hä, hallo?“ Inuyasha starrte entgeistert in die Runde. „Was ist jetzt los? Ich war noch nicht fertig...“ „Ungewohnt von mir, nicht wahr?“ „Du siehst so sexy aus!“ „Sexy?!“ Anjaani errötete, was den Drillingen ein schelmisches Kichern entlockte. „Hallohooo! Hört mir denn hier niemand zu?!“, knurrte Inuyasha unbeachtet. „Kurze Jeans sind sexy und betonen deine Beine. Zuma wird nicht wissen, wo ihm der Kopf steht. Wir müssen dich begleiten, um dich zu schützen!“ „Nein“, wehrte der Dämon sich entschieden. „Ich bringe sie hin und ihr bleibt mir fern! Ich mache das alleine!“ „Ihr könnt weiterstreiten, aber ich musst jetzt los“, meinte Anjaani. „Vertragt euch, wenn ihr mitkommen wollt!“ Gesagt, getan! Wenn auch nur notdürftig, denn keiner war vollkommen zufrieden. Die Drillinge nicht... „Mensch, Inuyasha! Zieh die Mütze aus“, jammerte Yuki auf dem Weg zum Tanzstudio. Und warum Inuyasha unzufrieden war, muss wohl nicht erwähnt werden... „Hmpf“, machte er nur und drehte den Kopf weg. „Das könnte dir wohl so passen.“ „Hey, Yuki-Hase, er ist kein Spielzeug“, ermahnte Anjaani die Freundin sanft. „Aber er ist so süß!“ „Süß?“ Sein Gesicht verdüsterte sich. „Ich bin nicht süß!“, brüllte er aus vollem Leib. Mit strahlenden Augen versammelten sich die Drillinge vor ihm. „Du hast ja Fangzähne! Oh, wie süüüüüüß!!!!!“ Niedergeschlagen ließ er den Kopf hängen. „Ich gebe es auf!“ Prompt prallte er gegen Anjaanis Rücken, die abrupt stehen geblieben war. In der Eingangstüre stand Zuma, lässig eine Zigarette rauchend. „Als hätte er auf dich gewartet“, wisperte Inuyasha leise. Der kalte Blick des Tanzlehrers glitt über die kleine Gruppe und blieb an Yoko hängen. Ein boshaftes Grinsen verzerrte sein Gesicht, bevor er sich umwandte und verschwand. Der schwarzhaarige Drilling war bleich geworden. „Himmel, nein“, stammelte sie. „Jetzt steht er da, dabei wollte ich ihn doch nicht sehen.“ Inuyasha verstand kein Wort. „Woher kennst du ihn?“ „Ich hatte einige Affäre mit ihm. Es war ein auf und ab.“ „Wieso frage ich überhaupt...?“ „Er war mein erster Mann, aber er ist ein unausstehlicher Kerl“, regte Yoko sich auf. „Aha, und warum hast du dich auf ihn eingelassen?“ „Weil er so unglaublich gut im Bett ist! Er ist traumhaft! Der beste, den ich je hatte! Oh Gott, ich bekomme wieder Lust auf ihn!“ „Inuyasha, wieso fragst du? Also echt!“ Anjaani schüttelte den Kopf. „Dass er unausstehlich ist, kann ich nur bestätigen“, meinte sie zu Yoko, die daraufhin nickte. „Ich kann ihn dir nicht empfehlen“, grinste der Drilling. „Aber für heiße, wilde Nächte ist er perfekt. Er saugt dir buchstäblich die Selbstachtung aus dem Leib.“ Anzüglich zwinkerte sie ihr zu. „Also nichts für dich. Himmel, ich will ihn wieder haben! Inuyasha, bring mich schnell hier weg, sonst werde ich wieder rückfällig.“ Alle drei hängten sich bei ihm ein. Anjaani hörte nur noch seine lauten Proteste, als sie in Akiyoshi-samas Büro eintrat. Leider stand dort auch Zuma. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und musterte sie von oben bis unten. „Du bist also mit dieser kleinen Schlampe befreundet“, zischte er ihr trocken zu, so leise, dass sein Vater es nicht hören konnte. „Ihr passt gut zusammen.“ „Ich habe nicht gewusst, dass ihr euch kennt“, log sie leise, hob dann die Stimme. „Guten Morgen Akiyoshi-sama, Zuma-san“, begrüßte sie Vater und Sohn arglos. Sie wollte sich nicht provozieren lassen, wusste sie doch ganz genau von Yoko, dass er so was liebte. Es war ein Spiel für ihn und sie eine seiner Figuren. Aber darauf würde sie sich nicht einlassen. Sobald sie auf seine Sticheleien einging, würde er das als eine Herausforderung sehen. „Guten Morgen, mein Kind. Am besten, wir verschwenden keine Zeit, dann hast du mehr Freizeit. Neue Kurse fangen erst nächsten Montag an.“ Sachlich und professionell erklärte Zuma ihr den folgenden Ablauf. Er ging mit ihr alle Tanzpläne durch, alle nötigen Abläufe. Anjaani verinnerlichte es sehr schnell, ihre eigenen Vorschläge stießen auf Zustimmung. Die Zeit verflog schnell. „Die erste Woche weiche ich nicht von deiner Seite“, versprach er ihr. Für Sie klang es eher wie eine Drohung. Nachdem alles nötige besprochen, erklärt und ausdiskutiert war, durfte sie gehen. Zuma sollte mit ihr nur noch kurz die Abläufe der Kurse durchgehen. Auf dem Nachhauseweg studierte sie den erstellten Tanzplan. Zuma war überraschend kooperativ gewesen. Er war ein Profi, so viel stand fest. Die Schritte waren einfach und die Schrittfolgen konnte sie sich leicht merken, schließlich hatte sie sie zusammen mit Zuma ausgedacht Das war gar kein Problem. Jetzt konnte sie den Rest der Woche mit Inuyasha genießen. Urplötzlich beschlich sie ein Gefühl der Gefahr. Böse Energie war in der Nähe. Sie bemerkte zu spät, dass sie umzingelt war. Es klammerte sich schwer um ihren Geist und alles wurde dunkel. „Nervige Weiber“, knurrte Inuyasha im Gedanken. Zum Glück mussten die Drillinge auch arbeiten, jetzt war er von ihnen befreit. Wieso nur hatte er sich überreden lassen, sie zu ihrem Arbeitsplatz zu begleiten? Er war doch nicht ihr Wachhund! Glücklicherweise hatte er von Anjaani Geld bekommen. Nach den Drillingen hatte er sich einen kleinen Imbiss verdient. Sein voller Magen vertrieb seinen Ärger und der aufkommende Wind trug ihm Anjaanis vertrauten Geruch in die Nase. Genüsslich schnupperte er. Warum nur hatte sie so einen besonders schönen Duft? Moment, müsste nicht im Studio sein? Und sie roch auch nicht nach Anstrengung oder Schweiß. Seltsam. Von weitem sah er ihre Silhouette. Da sie die ausnahmsweise einmal geglätteten Haare zu einen hohen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, wurde ihr weiblicher Körper und besonders ihr zarter, schöner Nacken nicht mehr hinter all den Locken verborgen. Anjaani trug ihre wilden Locken für gewöhnlich offen. Ihr Anblick von Hinten war untypisch, denn Anjaani erkannte man an ihrer Lockenpracht. Hätte er nicht ihren Duft in der Nase, hätte er sie nur an ihrem wohlgeformten Körper erkannt. „Hey, Anjaani!“, rief er und hechtete ihr entgegen. Die nervigen Drillinge hatten recht, diese engen Klamotten betonten ihren Körper viel zu gut. Diese Beine! Und dieser runde Po! „Hey, musst du denn ni-“ Er brach mitten im Wort ab, als sie sich zu ihm umdrehte und ihn ein hasserfüllter Blick traf. Mit einem angewiderten Knurren rannte sie weg. Was war denn das?! „Hey, warte! Was soll das? Warum läufst du weg von mir? Was hab ich denn getan?“ Mit einem Sprung landete er vor ihr und ergriff ihren Arm. Ein Blick in ihre Augen jagte ihm einen Schauer durch Mark und Bein. Trotz der deckenden Kontaktlinsen hatte sie kalte, leere Augen. Nein, das war nicht Anjaani. „Lass mich los, widerlicher Halbdämon!“, zischte sie mit einer kalten, fast unmenschlichen Stimme. Inuyasha erstarrte. Kann das sein? Das war sie nicht! Sie strahlte eine dämonische Aura aus. Sie war besessen! „Weiche von ihr, du Widerling!“, drohte Desidero. „Sonst werde ich dir leider weh tun müssen. Aber ich gebe zu, ein wenig Action reizt mich ganz schön. So oder so, du bist erledigt!“ Da weiteten sich Anjaanis Augen. „Inuyasha“, krächzte sie mit ihrer eigenen Stimme. „Mach es weg! Es ist in mir!“ „Du bist noch da?! Vertreibe ihn, Anjaani! So ist es gut, kämpf dagegen an!“, redete er eindringlich auf sie ein. „Er hat dich unter seiner Kontrolle.“ Da kam ihm die entscheidende Idee. Mal sehen, ob dieser Dämon stärker war als Anjaanis Unschuld. „Anjaani, du bist ihm ausgeliefert. Du gibst dich ihm praktisch hin!“ Anjaani zuckte wie erwartet zusammen und wurde wütend. „Niemand nimmt von mir Besitz“, knurrte sie. „Keiner unterwirft mich! Keiner fasst mich an! Raus aus mir!“, schrie sie. Schwarzer Rauch entströmte ihrem Körper, der langsam Gestalt annahm. Anjaani sackte erschöpft zusammen, noch vor Wut zitternd. „Warst wohl nicht stark genug für sie“, höhnte Inuyasha, dem sich nun ein merkwürdig verzerrter, pechschwarzer Dämon gegenüber stellte. Blutrote Augen blickten Anjaani verstört an. „Wer oder was ist sie? Sie ist doch nur ein Menschenweib! Wie kann sie mich verjagen?! Diese starke Kraft hat mich schier raus gedrückt!“ „Ganz einfach. Du bist ein viel zu schwacher Wicht, der die Unverfrorenheit besitzt, sich Dämon zu nennen. Und jetzt mach dein Testament!“ Anjaani sah Inuyashas Bewegungen nur verschwommen. Ganz langsam wurde ihr Kopf wieder klarer. Hatte da gerade wirklich ein Dämon von ihr Besitz ergriffen? Bei dem Gedanken wurde ihr ganz schlecht. Sie ertrug niemanden an ihr, erst recht nicht in ihr! Das war tatsächlich ein Dämon. Ganz anders als Inuyasha. Er sah aus wie ein schwarzer Schatten. Und doch trafen Inuyashas Fäuste auf festes Fleisch. Das war einer dieser berüchtigten Schattendämonen! Der schwarze Dämon war schnell, doch Inuyasha war viel schneller und wendiger. Er war der geborene Jäger. Immer wieder trieb er das Opfer in die Enge, ließ es entwischen, um es erneut zu fassen. Es war ein Spiel, begriff Anjaani. Inuyasha wollte den Kampf nicht schnell enden lassen, weil er es zu sehr genoss. Sie sah das begeisterte Glitzern in seinen Augen. Er war in seinem Element. „Inuyasha, besiege es!“, rief sie eindringlich. „Die Leute gucken schon!“ „Gönne mir doch diesen Spaß“, grinste er. Der Dämon nutze den Moment, um zu fliehen. „Warte, du Feigling, bleib stehen!“ Er jagte dem Dämon schnell hinterher, übrig blieb nur seine Mütze. Na, super, jetzt konnte jeder seine Ohren sehen und er war als Nicht-Mensch entlarvt. Und suchen musste sie ihn jetzt auch noch, diesen unmöglichen Kerl! Schwer war dies allerdings nicht, weil mittlerweile auch die Polizei auf die Dämonen aufmerksam geworden war. Und die Polizei hatte garantiert den Dämonensondereinsatz benachrichtigt. Das bedeutete, dass die gefährlichen Dämonenjäger hier auftauchen würden. Sie musste Inuyasha beschützen! Jedoch war die Menschenmasse zu dicht, um irgendwie zu ihrem Hanyou vordringen zu können. Schnurstracks kletterte sie auf den nächsten Baum. Von dort oben sah sie die zwei Kämpfenden, eingekreist von Polizei und Schaulustigen, von denen aber niemand einzugreifen wagte. Inuyasha hatte anscheinend genug Spaß gehabt. Mit einem Hieb seiner Klauen setzte er dem jämmerlich schreienden Dämon ein Ende. Erst jetzt schien er die ganze Menschenmeute zu bemerken. Einen Moment war Totenstille, dann brach die Hölle los, die den armen Halbdämon völlig überforderte. Anjaani musste eingreifen, bevor Inuyasha aggressiv wurde und dann in richtigen Schwierigkeiten steckte. Verbissen schaffte sie es, sich zu ihm durchzuzwängen und sich vor ihn zu stellen. „Dieser Mann hat gerade einen gefährlichen Dämon beseitigt“, brüllte sie so laut sie konnte. Inuyasha blickte erleichtert auf sie herab. Im Kampfesrausch hatte er sie ganz vergessen gehabt. Stumm sah er zu, wie sie die Situation mit Verstand und Redegewandtheit meisterte und merkte gar nicht, dass das, womit er sie ansah, Bewunderung war. Bald war alles vorbei. Aber damit hatte er sich geirrt. „Och, Gott sei Dank, du bist zu Hause!“, warf sich Yuki überglücklich an Anjaanis Hals. „Wo sollte ich so spät denn sonst sein?“ „Hallo, Inuyasha!“, riefen die Schwestern im Chor. „Hm“, machte er nur und verschwand im Bad, um zu duschen. „Was ist denn mit dem los?“, wunderte sich Yoko. „Sonst blafft er uns doch an, wenn wir auftauchen.“ „Ach lasst ihn, er schmollt nur“, winkte Anjaani ab. „Ich schmolle nicht, ich bin wütend“, keifte Inuyasha über das Brausen des Wassers hinweg. „Merk dir das endlich! Du gehst mir mit deinen falschen Behauptungen so auf die Nerven!“ „Was sage ich?“, meinte Anjaani nur bestätigend. „Ihr seid garantiert hier, um alles zu erfahren, oder?“ „Natürlich! Die ganze Stadt redet davon! Es ist überall in den Nachrichten. Aber erzähl du, was passiert ist?“ „Nun ja, Inuyasha hat vor aller Augen diesen Dämon besiegt und der Dämonensondereinsatz hat uns daraufhin zu ihrem Vorgesetzten geschleppt. Ich hab uns irgendwie aus der ganzen Sache rausgeritten.“ „Falsch“, knurrte Inuyasha von der Tür aus. „Wegen dir denken alle, dass ich ein verweichlichtes Muttersöhnchen bin! Vielen Dank auch!“ „Ach, Inuyasha...“, setzten die Drillinge an. Doch bei seinem halbnackten Anblick, stockte ihnen der Atem. Ihre Augen begannen gierig zu leuchten. Inuyasha zuckte erschrocken zurück. „Hilfe, was guckt ihr mich so an? Das ist ja gruselig!“ „Bist du heiß!“ „Wie bitte?!“ „Ich glaube, du solltest dir ein Hemd anziehen, Saajan“, meinte Anjaani zögerlich. „Und zwar schnell!“ „Nein!“, rief Yami, war im Nu bei ihm, streichelte die Rillen an seinem Bauch. „Bleib so, oder zieh dich ganz aus. Mir ist jetzt alles recht.“ „Bist du verrückt geworden, rück mir vom Leib! Anjaaniiiii!“ „So ein wundervoll männlicher Leib“, schnurrte Yoko und griff in die harten Muskeln seiner Oberarme. „Wie wär's mit mir, Dämon? Ich bin eine Raubkatze im Bett... wir würden so gut zusammenpassen.“ „Ihr habt sie doch nicht mehr alle!“ „Komm schon, Inuyasha“, säuselte Yuki. „Eigentlich sind wir ja auch nicht unattraktiv...“ Alle Drei begannen ihre Blusen aufzuknöpfen. „Spinnt ihr jetzt alle vollkommen?! Anjaani, hilf mir doch endlich!“ „Hey, lasst ihn in Ruhe.“ „Nein, ich will ihn! Unter mir, auf mir, ist mir egal. Nimm mich, Inuyasha!“ „WIE BITTE?!“ Panisch blickte der Umkreiste um sich. „Ja, am besten hier und jetzt!“ „Saajan, zieh dir sofort was an, dann beruhigen sie sich wieder. So sind sie immer, wenn sie einen muskulösen, nackten Mann sehen. Und ihr zieht euch wieder an! Hört auf damit! Nicht in meiner Wohnung!“ „Sorry, Schätzchen, aber hast du ihn dir mal angeguc- Hey, zieh das Shirt wieder aus! Sofort! Er sieht ja schon umwerfend aus, aber sein Körper... für den könnt ich sterben! “ „Wirst du auch bald, wenn du mich nicht in Ruhe lässt! Jetzt erzähl ihnen was sie hören wollten, Anjaani, und dann verschwindet ihr drei nervigen Bälger!“ „Stimmt!“, schreckte Yuki auf, die, da Inuyasha sich wieder vollkommen angekleidet hatte, bei klaren Verstand war und sich nun an Anjaani kuschelte. „Was war denn?“ So berichtete Anjaani von den Geschehnisse des Tages so lange und ausführlich wie möglich, damit sich Inuyasha von dem „Angriff“ der Mädchen erholen konnte. „Und so ist Inuyasha jetzt ein offizieller Bürger dieser Stadt und beruflicher Dämonenjäger“, schloss Anjaani. „Und glaubt mir, das hat ewig gedauert, bis ich sie überzeugen konnte, dass Inuyasha nicht bösartig ist.“ „Sein Gedächtnisverlust kommt dabei ja wie gerufen!“, rief Yoko aus. „Aber die Probleme beginnen erst jetzt“, warnte Yami. „Schlimmere Probleme als euch Drei kann man ja nicht haben.“ „Inuyasha! Sei nicht so gemein!“, rügte ihn Anjaani. „Mit Problemen meint ihr doch die Reporter vor dem Gebäude. Keine Sorge, die Polizei lässt sie nicht in unsere Nähe.“ „Nein, ich meine Inuyashas Fanschwarm.“ „Fanschwarm?“ Inuyasha und Anjaani sahen sich verwundert an. „Natürlich! Die ganze Stadt ist verrückt nach Inuyasha, dem freundlichen Hundedämon in der Not. Alle Mädchen sind verrückt nach ihm.“ Inuyashas Auge zuckte. „Freundlicher Hundedämon in der Not?“ Grimmig wandte er sich Anjaani zu. „Siehst du, was du aus mir gemacht hast?! Ich bin eine lächerliche, kleine Witzfigur!“ „Ich weiß, dass du lieber gefürchtet werden willst“, meinte Anjaani verständnisvoll, „aber du bist hier im 21. Jahrhundert. Als wilder Dämon würdest du hier erschossen werden, oder eingesperrt und gefoltert. Hier unterwirfst du dich dem Staat. Und es ist besser, wenn du als lieb und freundlich gesehen wirst.“ „Ich bin aber nicht lieb und freundlich!“ „Ist dir heiß und erotisch lieber?“ schnurrte Yoko. „Oder aggressiv und ungeduldig“, warf Anjaani ein, bevor Inuyasha Yoko anbrüllen konnte. „Das ist mir egal! Du hast mich lächerlich gemacht. Du nimmst mich nicht für voll!“ „Und du bist undankbar.“ Anjaani erhob sich knurrend und verschwand in der Küche. Inuyasha blickte ihr verdutzt nach. „Sie hat recht“, nickte Yami. „Was weißt du denn schon!“ „Überleg doch mal, wie die Situation für dich ausgegangen wäre, wenn sie dir nicht beigestanden hätte. Du bist nur mit heiler Haut davon gekommen, weil sie sich alle Mühe gegeben hat. Sie hat sich mit der Regierung und der Armee angelegt. Selbst mit ihrer Schönheit ist dies nicht einfach. Alle ungemeldeten Dämonen sind Freiwild für den DSE. Verstehst du nicht, wie viel Mühe das war?“ Inuyasha drehte genervt den Kopf weg. Stimmt, den ganzen Tag hatte sie sich für ihn eingesetzt. Sie hatte sich nicht lumpen lassen, keine Sekunde nachgegeben. Und am Ende hatte sie ihn mit ihrer Hartnäckigkeit und ihrer Ausdauer gerettet. Anjaani hatte sich gegen Hunderte mächtige Männer wehren müssen. Gegen alle hatte sie ihn beschützt. „Anjaani beschützt die, die sie liebt, mit ihrem Leben“, lächelte Yuki. Er sah sie an. Sein Blick war seltsam verändert... so sanft... „Für diejenigen, die ihr was bedeuten, gibt sie alles, ihr Leben und ihre letzten Kräfte. Sie würde nie jemanden im Stich lassen. Und sie tut es mit allergrößter Freude, weil das die Leere in ihrem Herzen füllt.“ Inuyashas Augen weiteten sich. Die Drillinge waren plötzlich ernst. Yoko sah ihn fest an. „Aani ist unglücklich, sehr unglücklich. Du kennst ihre Vergangenheit nicht, du willst sie nicht kennen. Aber für den Moment, den sie jemanden glücklich macht, erlebt sie Freude. Sie lebt für das Glück anderer. Sie lebt auch für dein Glück, nicht wahr?“ Diese blöden Gänse hatten Recht. Anjaani würde alles für ihn geben. Sie gab ihm schon Unterkunft, Nahrung und Gründe zu Lachen. Sie akzeptiere und liebte ihn. Sie gab ihm das Gefühl, etwas Wertvolles zu sein. Sie tat alles, damit er es in dieser fremden Welt angenehm hatte. Hatte er ihr je gedankt? „Es hat sie nur verletzt, dass du ihr vorwirfst, dir etwas schlechtes getan zu haben. Eher würde sie sterben.“ Er konnte nicht sagen, ob Yoko weitersprach, oder Yuki übernommen hatte, sein Blick verlor sich. „Du bedeutest ihr mehr, als du dir vorstellen kannst. Wir kennen sie. Nicht mal bei Rajesh hatte sie je so glücklich ausgesehen, wie an deiner Seite. Sieh genau hin, gleich kommt sie fröhlich strahlend aus der Küche, als wäre sie der unbekümmertste Mensch der Welt. Du machst sie glücklich, egal wie sehr du sie kränkst.“ Yoko hatte gerade ausgeredet, da kam Anjaani mit einem Tablett in der Hand aus der Küche und lächelte Inuyasha herzlich an. „Magst du Tee mit Keksen, Saajan?Die habe ich für dich gebacken. Greift zu!“ Er sah in ihr strahlend schönes Gesicht. Hatte er je ein freundlicheres Gesicht gesehen? Hatte er je so viel Wärme in einem Blick gesehen? War ihm je jemand mit so viel Selbstlosigkeit begegnet? Er sah in dieses zarte, unschuldige Gesicht und wusste, dieses sanfte Mädchen würde jederzeit ihr Leben für ihn geben. „Warum guckst du so komisch, Saajan?“ Er antwortete nicht. „Was habt ihr zu ihm gesagt?“ Die Drillinge zuckten schuldbewusst zusammen. „Nichts“, meinte Yami und wich Anjaanis bohrenden Blick aus. „Wie kommst du nur darauf?“ „Yoko-Neko... Was hast du gesagt?“ „Wieso ich?“, verteidigte sich die Ertappte. „Ich sehe es in deinen Augen. Du kannst mich nicht belügen.“ „So, sie hat euch erwischt. Geht ihr jetzt endlich?“, meldete sich Inuyasha genervt. „Nur, wenn du dich nochmal ausziehst“, grinste Yuki schelmisch. „Das ist doch nicht zum Aushalten!“, sprang er schreiend auf. „Komm, Saajan, beruhige dich. Und ihr drei solltet euch wirklich mal beherrschen.“ „Ach, Aani, du weißt doch wie wir sind. Bei solch einem Anblick brennt bei uns die Sicherung durch. Lässt dich sein nackter Körper denn wirklich kalt?“ Das Tablett schwankte so heftig in Anjaanis Händen, dass Inuyasha es zur Sicherheit festhalten musste. Er sah die Röte in ihrem Gesicht, die Pein und die Qual. Die Antwort wusste er nur zu genau, aber er würde nicht zulassen, dass sie dieser peinlichen Situation ausgeliefert war. „Anjaani kann mit mir zusammenleben, ohne sich gleich auf mich zu stürzen. Sie ist eine gute Freundin, ihr kann ich vertrauen. Keiner ist so krank wie ihr drei Verrückten!“ „Na endlich siehst du das ein“, lächelte Yami zufrieden. „Krieg ich jetzt einen Tee?“ Anjaani konnte nicht glauben, was er da gesagt hatte. Hatte sie sich wirklich nicht verhört? Danach sagte er jedenfalls nichts mehr. Er blieb auffallend ruhig. Seltsamerweise ließen die Drillinge ihn in Ruhe. Als sie später gingen, nickte er nur zum Abschied. „Putzt du mit mir Zähne?“, fragte sie, während sie die Türe abschloss. „Von mir aus.“ Stumm richteten sie sich im Bad. Es war ein ganz gewohnter Prozess. Er stand rechts neben ihr und wartete darauf, dass sie ihm die Zahnbürste reichte. Solange er sich das Gesicht wusch, kämmte sie seine Haare und solange sie sich wusch, kämmte und flechtete er ihre Haare. Sie bestand auf diesen Ablauf, deshalb tat er es ihr zuliebe. Gemeinsam setzten sie sich auf das Sofa. „Danke, Inuyasha“, sagte sie plötzlich. Liebevoll sah sie ihn an. „Was du gesagt hast. Bin ich wirklich deine Freundin?“ „Wenn nicht du, wer dann?“, antwortete er sanft, wich ihren strahlenden, dunklen Augen jedoch aus. Solche rührseligen Augenblicke waren nichts für ihn. „Weißt du, du bist mein bester Freund.“ „Danke.“ „Kya?“ Vor Überraschung sprach die Hindi. „Was?“ „Danke, dass du für mich da bist. Du tust so viel für mich. Ich hab dir gar nicht dafür gedankt. Du sollst wissen, dass ich dir sehr dankbar bin. Ich schreie dich zwar ständig an, aber ich bin nun mal so.“ „Ich weiß, Saajan. Du bist so und ich mag dich, wie du bist.“ Jetzt oder nie! Sie hatte verdient, das zu hören. Er sah ihr fest in die Augen. „Anjaani, du bist meine beste Freundin.“ „Oh, Saajan!“ Mit einem Jauchzer warf sie sich ihm an den Hals. Schlagartig wurde er rot. „Hey, du musst ja nicht gleich so übertreiben!“ „Aber es macht mich so glücklich“, rief sie. „Raj hat mir niemals etwas Nettes gesagt, außer, dass ich schön bin.“ „Wirklich?“, fragte Inuyasha verwirrt. „Niemals?“ Sie sah ihn an, hielt seinen Nacken aber immer noch umschlungen. „Anfangs schon. Doch später war er nie zufrieden mit mir, weil ich mich ihm immer verwehrte. Er hat mir auch nie eine gute Nacht gewünscht. Er hat immer nur, „schlaf jetzt“ gesagt.“ „Wie konntest du ihn nur lieben?“ „Er hatte-“ Sie unterbrach sich sofort. Fast hätte sie gesagt: „Er hatte dein Gesicht.“„Ich war blind“, antwortete sie stattdessen. „Komplimente über mein Aussehen machte er auch nur dann, wenn er wollte, dass ich nachts zu ihm ins Schlafzimmer komme.“ „In dieses Schlafzimmer dort?“ „Hai.“ „Wo hast du denn sonst geschlafen?“ „Dort auf dem Schlafsofa, wo du jetzt schläfst.“ „Er hat dir nicht das Zimmer überlassen“, regte Inuyasha sich auf. „Er meinte, wenn ich dort schlafen will, dann muss ich mit den Konsequenzen rechnen. Schließlich war es sein Bett.“ „Dieses miese Schwein, wie ich ihn hasse!“ „Ach, Saajan. So schlimm war es nicht. Ich wollte ja nicht zu ihm ins Bett. Aber seinen Ärger drüber ließ er mich spüren. Er hatte abends meistens Gäste, bis spät in die Nacht. Die Drillinge durften nur hierher, wenn er nicht da war. Aber er konnte immer Leute einladen. Du kannst dir vorstellen, dass ich erst zu Bett gehen konnte, als die weg waren. Dass ich morgens in die Schule musste, war ihm herzlich egal. Manchmal bekam ich gar keinen Schlaf.“ „Lass mich raten, du konntest ja ins Schlafzimmer. Aber er hätte dich dann nicht in Ruhe gelassen. Wie hast du ihn nur ausgehalten?“ „Schwäche, vermute ich.“ „Nein“, entgegnete Inuyasha fest und seine Augen glühten wie ein Bernstein im Sonnenlicht. „Das ist Stärke. Du bist ziemlich stark. Der Dämon hat es gegen dich nicht geschafft und der war kein Fliegengewicht. Du bist alles andere als ein Schwächling.“ „Du bist so anders als Raj.“ „Hm?!“ „Ich sehe dasselbe Gesicht, aber deine Worte sind ganz anders. Deine Blicke sind anders. Ihr seht euch so ähnlich, aber du, Inuyasha, bist voller Wärme und Großherzigkeit. Rajs Augen waren voller Kälte und Gleichgültigkeit. Dasselbe Gesicht und doch siehst du durch das, was du ausstrahlst, ganz anders aus.“ „Wenn du mich ansiehst, denkst du dann manchmal an Raj?“ Er hatte es nicht verhindern können, es musste raus. „Diese Frage beschäftigt dich schon lange, nicht wahr?“ Und wieder hatte sie ihn durchschaut. „Wenn ich ehrlich bin, nein. Ich sehe dein Gesicht und bin zufrieden. Ich denke nicht an Raj, ich denke an dich. Du bist nicht Raj. Ich sehe dich und nicht ihn. Sein Gesicht löst in mir kalte Schauer aus. Du bist so liebevoll und deshalb Raj nicht ähnlich. Du erinnerst mich in keinster Weise an ihn.“ „Liebevoll?“, murmelte Inuyasha entgeistert. „Meine Güte, ist das so schlimm?“, lachte sie auf. „Nun ja, ich vermute mal, dass ich im Vergleich zu diesem Verräter für dich wirklich liebevoll aussehe. Aber ich bin nicht liebevoll!“ „Ich weiß, du bist ein großer, starker und gefährlicher Dämon.“ Er kniff knurrend die Augen zusammen. „Machst du dich gerade über mich lustig?“ „Als ob ich vor meinem Beschützer Angst hätte.“ „Bin ich dein Wachhund?“ „Bist du es etwa nicht?“ „Was soll denn diese blöde Frage?“ „Inuyasha, du bellst zwar viel, aber du beißt nicht. Gib es auf, mir könntest du keine Angst machen.“ „Unglaublich!“ Er sprang fassungslos auf. „Du siehst in mir wirklich eine Witzfigur!“ „Nein“, erwiderte sie ruhig. „Für mich bist du das mächtigste und stärkste Wesen, das ich kenne. Ich vertraue dir blind, deshalb hab ich keine Angst vor dir. Und tu bloß nicht so. Du willst doch selber nicht, dass ich mich vor dir fürchte! Dich stört nur, dass ich deine Kräfte unterschätzen könnte, mein eitler Saajan.“ „Das ist es nicht!“ „Lügner.“ Er drehte den Kopf weg, ein Zeichen, dass er geschlagen war. „Du Saajan. Ich hab mir überlegt, ob wir nicht Rajs Klamotten wegschmeißen und dir morgen eigene kaufen. Was sagst du dazu?“ „Von mir aus. Mach, was du willst.“ Dann zuckten seine Ohren. „Moment mal! Shopping?“ „Jap!“ „Das kannst du vergessen! Das mache ich nicht mehr mit!“ „Aber die Drillinge sind nicht dabei. Nur du und ich. Bis Montag muss ich nicht arbeiten. Wir verbringen den Tag nur zu zweit.“ „Muss ich Schuhe anziehen?“ „Nein und auch keine Mütze. Du bist jetzt berühmt.“ „Oh, das ist toll! Keine blöde, juckende Mütze!“ „Nie wieder“, schloss sie sich seiner Begeisterung an. „Jetzt beginnt eine neue Ära!“ „Jetzt beginnt Inuyashas Ära“, stimmte er in ihr Lachen mit ein. Er sah sie an und war glücklich. Einfach nur glücklich. Hier mit ihr lachen zu dürfen und einfach nur glücklich sein. Kapitel 10: Mein Leben für deines --------------------------------- „Saajan! Saajan! Wach auf!“ „Wie? Wo? Was? Was ist los?“ Anjaanis Schrei hatte Inuyasha aus seinen Träumen gerissen. Sofort hellwach, war er aufgesprungen und blickte erwartungsvoll zu ihr rüber. Sie stand mit besorgtem Gesichtsausdruck an der Balkontüre. „Da draußen.“ „Und was ist da?“ Er trat neben sie und spähte hinaus. „Mannomann, was ist denn da los!“, rief er verblüfft. „Was wollen all diese Leute vor dem Wohnhaus?“ „Nicht schwer zu erraten, wenn sie deinen Namen rufen“, gluckste Anjaani heiter. „Die Drillinge hatten Recht, du bist berühmt.“ Inuyasha machte nur ein ungläubiges Gesicht. „Ich wollte gerade joggen gehen, aber ich komme da garantiert nicht raus“, jammerte Anjaani. „Fällt dir denn nichts ein?“ „Pläne schmieden ist nicht meine Stärke. Ich kann dir mit meinen Fäusten einen Weg da raus bahnen.“ „Nein“, erwiderte sie vorwurfsvoll. „Du spinnst doch! Geh ins Bad und mach dich fertig, du bist wirklich keine Hilfe beim Denken.“ „Kommandier mich hier nicht rum! Ich bin nun mal eher einer der handelt. Und ich muss sowieso ins Bad.“ „Du willst doch nicht schon wieder duschen?!“ Doch er überhörte das. Sobald sie das Wasser prasseln hörte, wagte sich Anjaani hinaus. Von Inuyashas Fans würde sie sich nicht den Morgensport vermasseln lassen. Ein Blitzlichtgewitter blendete sie im ersten Moment. Dann drängte die Masse auf sie ein. Tausend Fragen, tausend Hände, tausend Stimmen. „Ich will doch nur ein wenig joggen“, schrie sie verzweifelt im Strudel der Menge. Damit löste sie nur eine noch größere Welle der Begeisterung aus. Wie oft die Sport treibe? Ob sie sich für Inuyasha fit hielt? Ob er auf sportliche Frauen stehe? Ob sie ein Paar seinen? Wie lange schon, usw. „Ich beantworte keine Fragen! Aber, falls ihr welche habt, können ihr diese auf Inuyashas Homepage stellen. Und jetzt möchte ich bitte mein Morgenprogramm durchziehen. Danke.“ Hurtig eilte sie davon. Einige hartnäckige Verfolgerinnen und einen Reporter wurde sie doch noch durch ihr Schweigen und ihre Schnelligkeit, gepaart mit Ausdauer los. Inuyasha war schließlich das Objekt der Begierde, nicht sie. Als sie nach ihren 45 Minuten zurück lief, machte sie einen kleinen Abstecher in die Bäckerei, was sich als Fehler erwies. Im Laden wurde sie vom kleinen Chihuahua Rufus schwanzwedelnd begrüßt. Die Bäckerin bekam leuchtende Augen bei Anjaanis Erscheinen und diese wusste genau, was der Grund dafür war, schließlich war sie immer etwas hochnäsig Anjaani gegenüber. Die Frau versuchte sie aber über Inuyasha auszuquetschen, während sie betont langsam die verlangte Ware zusammensuchte und einpackte. „Und ich dachte, er sei einfach nur ein gut aussehender Spinner. Aber er ist tatsächlich ein Dämon.“ Anjaani nickte nur. Die Frau kam nicht aus dem Schwärmen heraus. Es war einfach unglaublich, dass der berühmte Dämon, der die Menschen von nun an beschützt, in ihrem Laden Brot gekauft hatte! Und was er gerade mache, wie es ihm ginge, wie er so sei und, und, und. „Es tut mir sehr leid, aber ich muss wirklich weg“, entschuldigte sich Anjaani. „Inuyasha hat bestimmt Hunger und wir wollen Frühstücken, wie zwei ganz normale Menschen.“ Normale Menschen... Hui, wenn Inuyasha das gerade gehört hätte... Anjaani musste grinsen. Das hätte ihm garantiert nicht gefallen. Und das, was sie an ihrem Haus vorfand, gefiel ihr ganz und gar nicht. Die Menschenmasse versperrte ihr protestierend den Weg. Nur gegen Beantwortung einiger Fragen, würde sie durchgelassen werden. Wo war bloß die Polizei, wenn man sie brauchte? Anjaani versuchte, sich durchzuzwängen, aber es war unmöglich. Lauter zerrende Hände, zurückdrückende Schultern und fordernde Stimmen. Da war kein Durchgang. Und die Panik machte sich in ihr breit. Sie war nämlich auch von Männern umzingelt. Als ein Reporter sie an den Schultern packte, trat ihr kalter Angstschweiß ihr auf die Stirn. „Lasst mich in Ruhe! Hilfe! Inuyasha! Hilf mir!“ Doch der Mann zog sie zu sich und rief ihr seine Fragen ins Ohr, seine Hand legte sich jedoch an ihre Brust. Völlig aufgelöst schrie sie nach Inuyasha. Ein lautes, mächtiges Knurren ließ die aufgelöste Menge verstummen. „Anjaani, was treibst du denn da unten?“ Der Ersehnte beugte sich über die Balkonbrüstung. Seine Haare waren nass, sein Oberkörper unbedeckt. Sie wusste genau, dass er nur ein Handtuch um die Hüften geschlungen hatte. Wieder ertönte das knurrende Gebrüll. Inuyasha wurde wütend. „Hey, du da! Nimm die Pfoten von ihr!“ Ehe irgendjemand reagieren konnte, sprang er über das Geländer und landete direkt vor ihr. Vor Schreck war die Meute auseinander gesprungen. Blitzschnell hob er Anjaani auf seinen Rücken und sprang die Hauswand hoch, ein Balkongeländer nach dem anderen. Es war so schnell geschehen, dass kein Fotograf rechtzeitig Bilder knipsen konnte. Im sicheren Wohnzimmer ließ er sie herunter und schloss die Balkontüre, um die hysterisch schreienden Stimmen abzuwürgen. „Was hast du dir denn dabei gedacht?“, warf er ihr vor. „Ich brauche morgens Sport“, verteidigte sie sich hitzig, mied aber seinen halbnackten Anblick. „Außerdem hab ich gedacht, dass sie mich in Ruhe lassen.“ „Tun sie aber nicht, wie du siehst.“ Sie warf ihm eine trotzigen Blick zu. „Das einzige, was ich sehe, ist- aaah!“ Sie fuchtelte kreischend mit den Armen. „Dein Handtuch!!! Halt es feeest!“ „Schrei doch nicht so, argh!“ In dem Moment löste sich der Knoten. Inuyasha fing es hastig auf und hetzte mit knallrotem Gesicht ins Bad. Anjaani hatte die Hände vor die Augen geschlagen. „Das erste, was ich ihm kaufe, wird ein Bademantel sein“, schwor sie sich und presste die Hand gegen ihre pochende Brust. Inuyasha, in voller Montur, hatte gerade das Frühstücksgeschirr abgespült, als sie aus der Dusche trat. Anjaani beäugte kritisch sein Schwert, das er sich in ihrem Zimmer umschnallte. „Was?“, motzte er. „Ich dachte, ich muss nichts mehr verstecken.“ Sie zuckte resignierend mit den Schultern. „Wenn du meinst, dass das Ding dir nützlicher sein wird, als deine Krallen.“ „Er wird sehr nützlich sein, wenn ein Youkai auftaucht, der nicht so leicht mit den Klauen zu besiegen ist. Tessaiga ist kein gewöhnliches Schwert.“ Er drehte ihr den Rücken zu, den Anblick ihres Körpers, nur mit einem Handtuch bedeckt, nicht mehr ertragend. „Zieh dich an, dann kletter auf meinen Rücken. So kann ich den Irren da draußen einfach davonrennen. Was schaust du denn so komisch?“ „Tessaiga?“, wiederholte sie verwundert. „Tessaiga verwandelt sich im Kampf und ist ziemlich mächtig. Ist das nicht toll?“ „Seit wann weißt du das?“ „Ich habe mich gestern daran erinnert. Und in der Nacht bei einer Dämonenjagd angewendet. Jetzt zieh dir endlich was an!“ Wenn er nur dran dachte, dass sie komplett nackt drunter war... Sie blieb starr stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Warum hast du mir das nicht gesagt?“ „Wann hätte ich dir das denn sagen sollen? Und wieso muss ich dir denn überhaupt alles sagen?“ „Also schweigst du, bis du alles weißt und hältst alles vor mir geheim“, zischte Anjaani sauer. „Solange, bis dein Gedächtnis vollkommen wiederhergestellt ist und du plötzlich zu mir sagst, dass du jetzt wieder verschwindest!“ „Das würde ich niemals tun“, rief er verärgert. „Dann sag mir sowas bitte. Ich will nicht nichtsahnend sein und plötzlich bist du weg. Ich will mich auch drauf vorbereiten können. Mehr verlange ich nicht.“ „Gut, wenn es dich beruhigt. Kannst du dich jetzt bitte anziehen?“ „Woher hast du Tessaiga?“ „Das weiß ich nicht, aber du wirst die erste sein, die es erfährt.“ „Versprochen?“ „Versprochen.“ „Gut, und jetzt verschwinde bitte. Ich will mich nicht vor deinen Augen anziehen.“ „Keinen Sari“, befahl er hinter der Tür. „Ich habe keine Lust, ewig zu warten.“ „Zu spät. Ich bin ziemlich schnell im Sari binden und versprich mir auch, dass du nicht so hoch springst“, bat sie, als sie auf seinen Rücken kletterte und die Beine fest um seinen Bauch schlang. „Das kann ich dir nicht versprechen“, lachte er und sprang vom Balkon runter, der tobenden Menschenmenge entgegen. Anjaani vergrub das Gesicht an seinem Nacken. „Hey, du kleiner Angst... hase...“ Inuyashas Stimme überschlug sich kurz, als ihr heißer Atem seinen Nacken qualvoll süß liebkoste und Schauer über seinen ganzen Körper jagte. Er schloss kurz die Augen und schluckte. Da hob Anjaani zum Glück wieder den Kopf und der Wirbel in seinem Kopf verschwand. „Wovor hast du eigentlich so große Angst?“, fragte er grober als gewollt. „Mir ist das nicht geheuer“, murmelte sie reuevoll. „Das hat mit dir nichts zu tun, Saajan.“ „Könntest du dich trotzdem bitte nicht so an mich klammern, deine Beine stören. Ich halte dich ja fest.“ „Oh, tut mir leid.“ Sie löste ihre Beine und schon drückte ihr Körper nicht mehr so schwer gegen seinen. Der Druck ihrer Brüste an seinem Rücken ließ nach und Inuyasha atmete erleichtert aus. Für einen Moment waren Bilder durch sein inneres Auge gezogen. Bilder, die von der Nähe ihres Körpers und ihrem betörenden Atem ausgelöst worden waren. Hätte ihr brennender Atem weiterhin seinen Nacken gestreichelt, hätte er sich vergessen. Er wäre dort unten an den hohen Büschen stehen geblieben, hätte sie ins Gras gedrückt und... Ihre großen Augen, die zu ihm aufsehen, der schnelle Atem, die bebende Brust an seiner, die roten Lippen, die nach einen Kuss flehen. Alles würde er ihr geben, was sie sich ersehnte... Als sie den Kopf gehoben hatte, war der Zauber der Sehnsucht verflogen und Inuyasha hasste sich für den Moment, in dem er seinen Gedanken erlaubt hatte, seinen Verstand zu kontrollieren. „Jetzt sag-“ Er musste sich kurz räuspern, weil seine Stimme ganz rau geworden war. „Jetzt sag mal, wo wir überhaupt hin wollen.“ „Tokio, Innenstadt“, nuschelte sie an seiner rechten Schulter. „Ins große Einkaufszentrum, wo wir letzten Samstag waren.“ „Was hast du eigentlich mit den Klamotten des Verräters vor“, fragte er so nebenher. „Verkaufen“, kicherte sie. „Deine Fans werden sich darum reißen!“ „Warum sollten sie das wollen?“, wunderte er sich. Mit einem plötzlichen Quieken grapschte sie nach seinen Ohren. Diese hatten gerade gezuckt. Inuyasha unterdrückte ein wütendes Knurren, während sie strahlend seine Ohren streichelte. „Lass meine Ohren los! Du hast dich doch grade noch vor lauter Panik an mich geklammert! Und jetzt baumelst du so frei in der Luft.“ „Jetzt kannst du dich nicht wehren, Saajan, das muss ich ausnutzen!“ „Anjaani, schau!“, rief er plötzlich warnend aus. Diese folgte seinem Blick auf die Menschenmasse, die sich unter ihm versammelt hatte und ihm folgte. „Tu einfach, was ich dir sage“, murmelte sie. „Das kriegen wir schon hin.“ Der liebevolle Ton ihrer Stimme entlockte seinem angespannten Gesicht ein kleines Lächeln. Sie war bei ihm, ohne sie wäre er verloren. Kaum war er vor dem Kaufhaus stehen geblieben, scharrte sich eine ganze Masse von Menschen jeden Alters um ihn und bestürmte ihn mit Fragen. „Warte noch“, murmelte Anjaani leise, die er wegen seines guten Gehörs verstehen konnte. Langsam schob sie sich vor ihn und breitete die Arme aus. „Ich habe etwas zu sagen“, schrie sie plötzlich, sodass Inuyasha zusammenzuckte. Doch dies half nichts, nun wurde auch sie bedrängt. All die greifenden Hände und fordernden Stimmen lösten Panik in ihr aus. „Du darfst“, sagte sie mit leicht zitternder Stimme. „So es reicht!“, grollte Inuyasha und seiner Stimme schwang ein wildes Gebrüll mit, das jeden verstummen ließ. „Rückt uns nicht so auf die Pelle!“ Er zuckte seine Klauen, entblößte die Zähne, erschrocken wich die Meute weg. Plötzlich war es totenstill. Inuyasha blickte sich mit zornesblitzenden Augen um, er schien zum Angriff bereit. Niemand wagte, sich zu rühren, außer Anjaani, die freundlich das Wort ergriff. „Hört uns zu. Wir wollen nur einkaufen, mehr nicht und bitten euch um Verständnis. Es will doch niemand, dass Inuyasha die Geduld verliert, oder?“ „Er würde doch nicht...“, wagte ein Reporter zaghaft. „Da wär ich mir nicht so sicher“, knurrte Inuyasha, dessen Blick den Mann in sich zusammensinken ließ. „Inuyasha ist hier Dämonenjäger“, ergriff Anjaani wieder das Wort. „Und er soll seine Tätigkeit ungehindert ausführen können. Störungen wie diese hier, sind strafbar.“ Ob es Zufall war, oder ein Geschenk des Himmels, wusste Anjaani nicht, aber genau in diesem Moment tauchten drei Polizeiwagen auf. Mit der Polizei an ihrer Seite, wagte sich keiner mehr so richtig in ihre Nähe, Inuyasha stand unter ihrem Schutz. „Alles weitere kann man auf Inuyashas Homepage erfahren“, erklärte ein Polizist schlussendlich. „Wir sind gerade dabei, sie zu erstellen. Niemand darf ohne Inuyashas Erlaubnis in seine Nähe. Sollte sich ihm jemand gegen seinen Willen nähern, ist er oder sie für seine Sicherheit selber verantwortlich.“ Dieses Argument wirkte und Anjaani atmete erleichtert auf, als die Menschenmasse sich langsam auflöste. „Vielen Dank, die Herren Polizisten!“, rief sie erleichtert. „Wir wissen nicht, was wir ohne Sie getan hätten.“ „Keine Sorge, Fräulein Arora“, lächelte einer der Männer leicht errötend. „Die Polizei stärkt dem Dämonensondereinsatz den Rücken. Schon bald werden Sie beide Ihre Ruhe haben, denn die Nachricht wird sich wie ein Lauffeuer verbreiten.“ „Puh“, seufzte Inuyasha. „Da hatten wir aber Glück!“ „Stimmt, jetzt können wir in Frieden einkaufen, noch dazu bist du jetzt wirklich der gefährliche Dämon, der du sein wolltest und bald zeige ich dir, wie du mit deiner Homepage umgehen kannst.“ „Das Ding auf deinem... wie heißt das... Laptop?“, meinte er kopfkratzend. „Muss ich da alle Fragen von den Leuten beantworten? Hilfst du mir dabei?“ „Natürlich“, lächelte sie. „Wir schaffen das schon zusammen, Saajan.“ Sanft lächelnd betrachtete er sie, während sie durch Regale wuselte und sich sämtliche Kleidungsstücke auflud. Bald war sie hinter dem Klamottenberg kaum noch zu sehen. „Du könntest mir auch mal helfen!“, beschwerte sie sich. „Reicht es nicht, dass ich das alles überhaupt anprobieren muss?“ „Nein! Schlepp das rüber in die Umkleidekabine!“ „Warum ist das so viel?“, murrte er. „Hast du dich mal umgeschaut“, lächelte sie, endlich von ihrer Last befreit. „Du bist viel größer als der Durchschnitts-Japaner. Ich bin mir nicht sicher, ob dir das passt.“ Sie bemerkten nicht, dass sie heimlich von der Kassiererin beobachtet wurden. „Ist er das?“, erkundigte sich ihr Chef unfreundlich wie immer. Innerlich seufzte die Frau genervt. Er konnte so blöde Fragen stellen. „Ich glaube schon“, erwiderte sie beherrscht. „Ich kenne nicht viele mit solch unverwechselbarem Aussehen. Und diese Stimme würde ich jederzeit wiedererkennen“, fügte sie noch hinzu, als ein wütendes Knurren durch den Laden hallte. Inuyasha war jetzt schon genervt. Er wollte das alles gar nicht an- und wieder ausziehen. Anjaani gab nach, bevor es noch zum Streit kam. „Welches war das, was dir so gut stand?“, versuchte sie sich zu erinnern. „Das weiß ich nicht!“, fauchte er. „Das Blaue da, vermute ich“, beantwortete sie ihre eigene Frage. „Weißt du was, Saajan, wir kaufen alle Hemden, die vom Schnitt her ähnlich sind und dann gehen wir was trinken.“ „Gott, sei Dank!“, murrte er. „Lass uns gehen.“ „Moment!“ Ihre flache Hand stieß gegen seine Brust. Mit stechenden Augen sah sie ihn an und bugsierte ihn zurück in die Kabine. „Rein da und zieh dich aus!“ Schlagartig wurde er rot. „W-wie bitte?!“ „Du musst deine eigenen Klamotten anziehen“, lächelte sie und zog den Vorhang zu. „Mit diesen hier raus zu marschieren wäre Diebstahl.“ Ärgerlich schüttelte er den Kopf. Was hatte er nur bloß für Gedanken? Für einen Moment hatte er doch tatsächlich gedacht... Wie kam er bloß auf den Gedanken, Anjaani würde ihn verführen wollen? Sie hatte ihn in die Kabine gedrängt und verlangt, dass er sich auszieht, da würde doch jeder denken... Er war so ein Idiot! Warum spielte sein Verstand so verrückt? „Du da, Mädchen“, ertönte eine barsche, männliche Stimme. „Ist dort drin der große Inuyasha?“ „Ja, da ist Inuyasha drin“, antwortete Anjaani dem unhöflichen Mann freundlich. „Dann stehst du im Weg. Lass mich vorbei!“ „Das geht nicht. Er zieht sich gerade um“, widersprach Anjaani freundlich. „Hör zu, Fräulein. Ich bin hier der Geschäftsführer und lasse mir nicht von irgendeinem Püppchen vorschreiben, was ich zu tun habe. Also geh aus dem Weg!“ Neugierig spähte der Verlangte hinaus. Der ältere Herr, der sich so drohend vor Anjaani aufgebaut hatte, zuckte unter dem Blick der Glutaugen zusammen. „Was willst du?“, fragte er wütend. Augenblicklich warf der Mann sich vor ihm auf die Knie. „Bitte, mächtiger Dämonenjäger, mein Sohn...“ „Was ist mit ihm?“ „Er ist so seltsam, er-“ „Sie glauben, ihr Sohn sei von einem Dämon besessen“, unterbrach ihn Anjaani. „Ja!“, rief er, sah dabei aber Inuyasha an. „Und wir sollen da etwas unternehmen?“ Inuyasha starrte Anjaani verwundert an. Ihre Stimme war so kühl, das kannte er von ihr gar nicht. „Ich bitte Sie darum, ehrenwerter Inuyasha-sama!“ „Wir haben keine Zeit“, entgegnete Anjaani knapp. „Wir müssen einkaufen. Rufen die den DSE.“ „Ich habe keine Zeit, den Dämonensondereinsatz zu rufen! Bitte, Inuyasha-sama! Ich werde Sie dafür entschädigen.“ Inuyasha schaute Anjaani fragend an. Wieso benahm sie sich so hochmütig? Der Mann war verzweifelt und bettelte... und das ließ sie kalt? Er dachte, er sei der herzlosere von beiden. „Wenn Inuyasha nicht über den DSE engagiert wird, verdienen wir nichts dabei“, erklärte Anjaani. „Ich rede nicht mit dir, Miststück!“, fauchte er. „Hüte deine Zunge, nur weil du schön bist. Ich hasse schöne Frauen. Ich-“ „Du hältst deine aufgeblasene, hässliche Fresse!“, brüllte Inuyasha zornig. „Wag es noch einmal so mit ihr zu reden und ich reiße dir deine schändliche Zunge heraus!“ Der Ladenbesitzer hatte sich ängstlich zusammengerollt. „Beruhige dich, Saajan“, bat Anjaani ihn sanft. „Wir helfen Ihrem Sohn, aber dafür wollen wir die Ware kostenlos bekommen.“ „Bitte, ich gebe Ihnen was Sie wollen, Inuyasha-sama. Ich schenke Ihnen alle Kleidung, die Sie wollen, nur helfen Sie meinem Sohn, bitte!“ Plötzlich stahl sich ein strahlendes Lächeln auf Anjaanis schönes Gesicht und sie nickte. „Was soll denn dieses Theater?“, raunte Inuyasha ihr zu, als sie dem Ladenbesitzer folgten. „Ich weiß, er hat sich dir gegenüber unverzeihlich verhalten. Aber dass du dich deswegen weigerst, ihm zu helfen... Das sieht dir nicht ähnlich. Du liebst doch Kinder!“ „Natürlich hätte ich ihm geholfen. Aber ich musste es versuchen. Jetzt müssen wir schließlich nichts bezahlen.“ Seufzend schüttelte er den Kopf. „Saajan, spürst du das?“, fragte sie plötzlich und griff nach seinem Arm, drängte sich näher an ihn. „Das ist eine böse Dämonenaura. Du spürst sie?“, fragte er überrascht. „Böse Energie“, nickte sie. „Hier ist der Dämon“, meinte sie überzeugt, als sie vor einer Tür stehen blieben. „Bitte gehen Sie jetzt zurück nach unten“, bat sie den Ladenbesitzer. „Wir machen das schon.“ Der Mann verkrümelte sich schneller, als sie schauen konnten. „Was heißt eigentlich „wir“?“, fragte Inuyasha skeptisch. „Du gehst gefälligst auch runter!“ Noch ehe sie protestieren konnte, ertönte ein wütender Schrei und eine gewaltige Energiemasse riss die Türe auf. Im letzten Moment packte Inuyasha Anjaani und riss sie weg. Fluchend rollte er mit ihr über den Boden, presste sie fest an sich. „Geht es dir gut, Anjaani?“ Sie stöhnte gequält unter ihm. „Du bist manchmal echt so grob, mein Kopf, aua!“ „Dir hätte mehr weh tun können, als nur dein Kopf“, drohte er. „Du kommst echt immer in Gefahr!“ „Geh bitte von mir runter“, flüsterte sie beschämt. Errötend richtete er sich auf und zog sie mit. Schwankend starrte sie in das Kinderzimmer. Der kleine Junge fauchte sie bösartig an, mit rotglühenden Augen. Anjaani ließ der Anblick schauern und sie rückte hinter Inuyasha. In diese furchterregenden Augen konnte sie nicht schauen. Inuyasha jedoch warf sich in die Brust und zückte herausfordernd grinsend die Krallen. „Das wird nicht lange dauern. Mach dein Testament, Dämon!“ Er stürmte vor, doch Anjaani zog ihn zurück. „Spinnst du!“, schrie sie. „Das ist ein Mensch. Du kannst ihn nicht töten!“ „Hast du eine bessere Idee“, beschwerte er sich. „Wir müssen es irgendwie hinkriegen, dass dieser Dämon den Kleinen verlässt. Und es ist übrigens eine Dämonin!“ „Toller Plan! Wie soll das bitte gehen? Du-“ „Haltet endlich die Klappe!“ Brüllend hechtete die Dämonin auf Inuyasha zu. Dieser reagierte zu langsam. „Nein, Saajan!!!“ Dann sah er nur noch schwarzes Haar und Anjaanis Körper prallte so heftig gegen seinen, dass er an die Wand des Flurs krachte. Keine Sekunde später registrierte er, was passiert war. Anjaani hatte sich vor ihn geworfen. Die Attacke der Dämonin hatte sie voll erwischt. Panik und eiskalte Angst klammerten sich um sein Herz. „Anjaani! Anjaani!“ „Schüttel mich doch nicht so“, hauchte sie leise und öffnete die Augen. „Mir geht’s doch gut...“ „Mach so etwas niemals wieder, hörst du!“, schrie er wütend. „Nie wieder!“ „Och, wie rührend“, gackerte die Dämonenfrau, mit eindeutig weiblicher, aber dadurch nicht minder furchteinflößender Stimme. „Liebesszenen sind was für so verweichlichte Hanyous wie dich.“ „Du musst gerade was sagen“, krächzte Anjaani mit schmerzverzerrtem Gesicht. „Wer versteckt sich denn hinter...“ Sie keuchte kurz und pressen das Gesicht gegen Inuyashas Arm. „...hinter einem kleinen Kind? Du traust dich nicht, uns entgegenzutreten. Einer Frau und einem Hanyou.“ „Du wagst es, mir so eine Schwäche zu unterstellen, Menschenweib?!“ „Pff, sie hat Recht“, höhnte Inuyasha, Anjaani sicher im Arm haltend. „Bist nicht Youkai genug, dich mir zu stellen, du feige Ratte!“ „Ich zeige dir, wer hier FEIGE ist!!!“ Die Dämonin entwich aus dem Kind, das kraftlos und unbeachtet zusammensackte. „Verschwinde so schnell du kannst“, befahl Inuyasha Anjaani, bevor er der Gegnerin entgegentrat. Doch diese dachte nicht daran. Während die zwei Dämonen den Kampf begannen, kroch sie langsam auf den kleinen Jungen zu. Sie wollte jetzt ja keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Der Kleine war leichenblass, geschwächt und atmete unregelmäßig. Die Dämonin hatte dem armen Kind zu arg zugesetzt. Eine gewaltige Welle der Wut erfasste Anjaani. Dieser geballte Ladung Energie ließ sie in den Körper des Jungen fließen. Noch nie hatte sie sowas direkt getan, aber Anjaani empfand so viel Wut und Zärtlichkeit, dass diese Gefühle ihr genügend Kraft gaben, ihre Energie zu übertragen. Der Junge öffnete die Augen und blickte Anjaani verstört an. „Lauf weg“, drängte Anjaani ihn. „Lauf sofort runter zu deinem Vater. Geh!“ Hastig rannte der Kleine davon. „Was soll das, du Schlampe“, kreischte die Dämonin ihr zu. Diese furchtbaren roten Augen schienen Funken zu sprühen, doch Anjaani empfand keine Angst mehr. Ruckartig richtete sie sich auf, ihr Haar flog wild durch die Luft. „Schlampe?“, wiederholte sie das Wort dumpf. „Bist du taub, du billige, dreckige Schlampe?!“ Heißer Zorn durchflutete sie, als sie sich blind auf die Dämonin stürzte. „ICH BIN KEINE SCHLAMPE!!!“ Dann geschah alles schnell. Die Youkai, die unter ihr zu Boden stürzte, Inuyashas Schreie, eine gewaltige Kraft, der Schmerz, als sie auf den Boden geschleudert wurde, dieses grausame Knacken ihrer Knochen, die plötzliche Dunkelheit. Und ein wildes Knurren: „SANKONTESSOU!!!“ Völlig außer sich, rannte Inuyasha zu Anjaani rüber. Vorsichtig drehte er sie auf den Rücken und nahm sie in seine Arme. Sie war bewusstlos und blutete an einer Platzwunde an der Stirn, doch sie lebte. „Anjaani“, sprach er eindringlich. „Anjaani, hörst du mich? Bitte, wach auf!“ Noch nie hatte er es sich so sehr wie jetzt gewünscht, ihre braunen Augen zu sehen, doch sie blieben geschlossen. Sie wachte nicht auf. „Nanu“, wunderte Yuki sich, als ihr Handy klingelte. „Warum ruft Aani an? Hallo, mein Herz“, meldete sie sich. „Anjaani ist bewusstlos“, keuchte Inuyashas panische Stimme. „Hilf mir, was soll ich tun? Was soll ich tun?!“ Yami riss Yuki das Handy aus der Hand. „Bring sie sofort ins Kokoro- Krankenhaus! Sofort! Wir sind gleich da!“ Einen grausamen Moment voller Angst starrten sie sich atemlos an, dann rannten sie los, als würde ihr Leben davon abhängen. Als Anjaani wach wurde, war ihr sofort klar, wo sie sich befand. Der Geruch, die unvergleichlichen Krankenhausgeräusche, was war passiert? Das erste was sie sah, waren die Goldaugen, hell und klar wie flüssiger Bernstein. Für einige Momente der Glückseligkeit strömte Erleichterung über sein Gesicht, dann gewann der Zorn die Überhand. „Was sollte das“, knurrte er wütend. „Inuyasha“, mahnte Yami ihn. „Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt.“ „Was ist passiert?“, fragte Anjaani. Genau in dem Moment kam ihr Arzt Dr. Takeda herein, groß, jung und gutaussehend. Die Drillinge waren sofort an seiner Seite. Der Arzt erklärte ihr genau was passiert war. Rapider Energieverlust und drei gebrochene Rippen. „Allerdings“, fügte er leicht überrascht hinzu, „hast du wieder Kraft, Aani-chan. Ich wundere mich immer wieder, wie schnell du dich erholen kannst.“ Nach einigen kleinen Untersuchungen, und dutzenden ungeduldigen Geräuschen von Inuyasha, durfte sie das Krankenhaus verlassen. Dr. Takeda wusste nur schmerzlich genau, welche schlimmen Erinnerungen Anjaani mit diesem Krankenhaus verband. Deshalb wusste er auch, dass sie Daheim schneller gesund werden würde. Sie war ihm so unendlich dankbar dafür. „Hast du Schmerzen“, fragte Inuyasha leise, der misstrauisch Anjaanis zaghaften Gehversuche beobachtete. „In der Brust“, gab sie zu. „Aber ich will von hier weg.“ Die Drillinge, die plötzlich einen schon fast trauernden Gesichtsausdruck hatten, kamen ihr stützend zur Seite. Er schlurfte den langsamen Mädchen hinterher, bis sie das Krankenhaus verlassen hatten, dann platzte ihm der Kragen. „Komm, ich trage dich“, bot er sich an. „Das geht schneller, ihr kriecht ja langsamer als eine Schnecke.“ „Aber sei ja vorsichtig“, mahnten die Drillinge. Als wäre Anjaani so zerbrechlich wie Glas, hob er sie auf seinen Rücken. Der Brustkorb tat ihr so weh, dass sie nicht protestieren konnte. Sie wollte nur eines: weg von hier. Weg von diesem Ort, wo Krankheit, Kummer und Tod herrschten. Und der Geruch war nicht auszuhalten. Inuyasha hasste das Krankenhaus besonders. Vorallem der junge Arzt war seiner Meinung nach zu liebevoll. „Er ist verheiratet“, bemerkte Yoko und schüttelte vorwurfsvoll die glänzenden, schwarzen Haare. „Er ist der einzige Arzt, dem Aani vertraut. Außerdem ist es seine Aufgabe sich um Patienten zu kümmern, schließlich ist sie verletzt.“ „Es hätte auch schlimmer sein können“, murrte Inuyasha. Fassungslos bauten sich die drei Schwestern vor ihm auf. „Es hätte schlimmer sein können?!“, wiederholten sie unisono. „Es hätte gar nicht erst passieren sollen! Du hättest besser auf sie aufpassen sollen! Dies hätte niemals geschehen dürfen!“ „Hey, beruhigt euch bitte“, meinte Anjaani an Inuyashas Schulter. „Es ist nicht seine Schuld.“ „Genau, es war deine Schuld! Was hast du dir eigentlich dabei gedacht“, platzte es wütend aus ihm heraus. „Der Kleine“, meinte sie nur. „Ich will kein Kind sterben sehen... nicht nochmal.“ „Du hättest sterben können!“ In seiner Wut, überhörte er ihre letzten Worte. Auch bemerkte er diese kleine Träne nicht. „Sie hatte mich „Schlampe“ genannt“, verteidigte sie sich. „Es ist einfach über mich gekommen.“ „Was ist über dich gekommen?“, wunderte sich Yoko. „Wie eine Furie hat sie sich auf die Youkai gestürzt“, schnaubte Inuyasha. „Jemand hat dich „Schlampe“ genannt und es überlebt?“ Die Drillinge waren fassungslos. „Wie hat jemand diese unverzeihliche Todsünde überlebt?“ „Hey, sie hat einen Dämon angegriffen“, erinnerte Inuyasha. „Zwei Frauen wälzen sich kreischend und wütend auf dem Boden, du Glücklicher! Und, war die Dämonin sexy?“ „Also, ich weiß nicht, wie du dir eine Dämonin vorstellst, Häschen“, entgegnete Anjaani kühl. „So wie den da“, meinte Yuki. „Nur eben weiblich.“ „Hey, red nicht so abwertend von mir!“ „Du hältst die Klappe, Köter“, zischte Yami und durchbohrte ihn mit ihren Blicken. „Wegen dir ist unser Schatz verletzt. Und mit gebrochenen Rippen kann sie keinen Tanzunterricht geben.“ „A-aber ich-“ „Wir müssen dir noch Schuhe kaufen, Saajan“, fiel Anjaani plötzlich unerwartet ein. Es war ein lächerlicher Versuch, das Thema zu wechseln. „Nix da!“, schimpfte er. „Wir gehen jetzt nach Hause und du ruhst dich aus. Das ist mein letztes Wort!“ „Wie kommst ihr eigentlich drauf, dass der Arzt verheiratet ist“, bemerkte er auf einmal, als sie die Wohnung betraten. Bis dahin hatte er kein Wort mehr gesagt. „Wir kennen ihn sehr gut. Er hat sich immer um Aani gekümmert, wenn sie im Kokoro- Krankenhaus war. Er hat ihr auch das Leben gerettet, als Rajesh sie verletzt hatte. Außerdem trägt Dr. Takeda einen Ehering“, antwortete Yuki, während sie Anjaani half, es sich auf dem Sofa so bequem wie möglich zu machen. „Er ist wahrscheinlich der einzige Mann außer dir, bei dem ich mich wohl fühle“, lächelte Anjaani. „Yami-Maus?“ „Ja, Aani-Schatz?“ Yami kam gerade mit einem Teetablett herein. „Könnt ihr bitte morgen früh wieder herkommen?“ „Wie bitte?!“, brauste Inuyasha auf. „Nein, ich will die nervigen Weiber nicht länger als nötig hier haben! Niemals!“ „Hallo? Wir hören dich.“ „Hör auf, so etwas zu sagen!“, erwiderte Anjaani leicht genervt. „Wer soll mir denn sonst den Verband wechseln? Etwa du?“ „Ja, warum nicht? Besser, als die hier zu haben.“ „Hallohooo! Wir hören dich immer noch!“ Plötzlich musste Anjaani lächeln und ihre Wangen färbten sich leicht rot. „Inuyasha... nein... sagt ihr es ihm.“ „Du bist ein kleiner Lustmolch, du!“, grinste Yuki dreckig. „Was? Wieso?“ „Ganz einfach“, lachte Yami. „Der Verband bedeckt Aanis Brust. Und drunter ist sie nackt.“ „Aber ich glaube, deswegen willst du das unbedingt selber machen.“ Schelmisch grinsend stupste Yoko ihn in die Seite. „Das hab ich nie gesagt“, rief er beschämt. „Ich hab das nie gewusst... ich- ihr seid furchtbar!!!!“ „Saajan, sie ärgern dich nur. Mir tut es leid, dass ich euch diese Aufgabe aufbrummen muss“, seufzte die Verletzte. „Wer sollte es denn sonst machen?“, brummte Inuyasha. „Dr. Takeda hatte sich angeboten, aber-“ „Nur über meine Leiche!“, rief Inuyasha. „Der fasst dich nicht nochmal an!“ „Inuyasha“, rief sie erbost. „Er ist Arzt, es ist seine Aufgabe. Meine Güte, wie würdest du dich verhalten, wenn du wüsstest, dass er mein Gynäkologe ist?“ Sie hatte es ausgesprochen, ehe sie gescheit darüber nachgedacht hatte. Errötend schlug sie sich die Hände vor den Mund. „Was ist ein Günnkologe?“, wunderte sich Inuyasha und seine Ohren zuckten neugierig. Die Drillinge brachen daraufhin in lautes Gelächter aus. „Wieso lachen die so?“, fragte er verständnislos. „Hey, hört auf damit!“ „Das ist egal, das-“ Das Klingeln des Telefons unterbrach die unangenehm berührte Inderin. Yoko, die sich kichernd meldete, verstummte schlagartig, wurde bleich und reichte Anjaani verstört das Telefon. „Der Eisklotz“, flüsterte sie. „Ja, bitte?“ „Wir haben eine kleine Planänderung, Arora“, sagte Zuma, ohne jegliche Begrüßung. Inuyasha spitzte erwartungsvoll die Ohren. „Wie meinen Sie das?“ „Am Freitag auf dem Straßenfest werden du und ich mit ein paar kleinen Tanzvorlagen Werbung für die neu anfangenden Kurse machen. Komm morgen um 8 ins Studio, dann proben wir.“ „Aber-“ „Morgen um 8, oder du bist gefeuert.“ Dann legte er auf. „Kommt nicht in Frage!“, brauste Inuyasha auf. „Du wirst da nicht hingehen!“ „Was ist los?“, erkundigten sich die Drillinge, die nicht über sein gutes Gehör verfügten. „Dieser Widerling will morgen mit ihr Tänze einstudieren“, grollte Inuyasha. „Damit sie am Freitag damit Kunden anlocken können. Du gehst da nicht hin! Du bist verletzt!“ „Aber du hast es doch gehört“, meinte Anjaani traurig. „Sonst feuert er mich.“ „Wie bitte?! So ein Arsch!“, regten sich die Schwestern auf. „Aani, los! Nimm dir unsere Energie und heile damit deine Brust!“ Anjaani schüttelte träge den Kopf. „Morgen, ja? Ich bin momentan zu schwach dafür.“ „Weißt du was“, sagte Yoko mit leuchtenden Augen. „Ich gehe morgen hin und rede ihm diese Tanzvorführung aus.“ Daraufhin erntete sie ungläubige Blicke. „Austreiben passt da wohl eher, als ausreden“, bemerkte Yami. „Das würde nichts bringen“, wehrte Anjaani ab. „Doch, mir schon“, schmollte Yoko. „Er würde sich nehmen, was er will, du hättest auch deinen Spaß, aber mir bringt das nichts“, lächelte sie. „Hä, worum geht es hier?“, bemerkte Inuyasha etwas konfus. Alle vier sahen ihn gleichzeitig verwundert an. „Hab ich was falsches gesagt?“ „Nein, nein“, wehrte Anjaani ab. „Das ist egal.“ „Ich will es aber wissen! Worum geht es hier, warum verheimlicht ihr mir alles und was ZUM TEUFEL IST EIN GÜNNKOLOGE!!!!“ Inuyasha keuchte vor Wut. Anjaani seufzte geschlagen. „Also...“ Yuki nahm sich dieser Aufgabe sichtlich genüsslich an und zwirbelte das schwarz gesträhnte Haar. „Ein Gynäkologe ist ein Frauenarzt.“ „Und das wolltet ihr mir nicht sagen?“, schmollte er. „Weißt du warum?“ Anjaani vergrub das Gesicht hinter einem Kissen. Sie wollte seine Reaktion nicht sehen. Yuki ließ sich Zeit, um den Moment auszukosten. Inuyashas Ohren zuckten neugierig. „Er untersucht Frauen. Und besonders das weibliche Geschlechtsorgan. Er fasst all die verbotenen Regionen einer Frau an.“ Entsetzt zuckte der Hanyou zurück. Sprachlos blickte er von einem Drilling zum anderen. Doch alle Drei grinsten zufrieden und weideten sich an seinem angeekelten Gesichtsausdruck. Der Schock schien tiefer zu sitzen als erwartet, denn Inuyasha blieb den ganzen Abend über still und in sich gekehrt. „Ihr hättet es ihm nicht sagen sollen“, meinte Anjaani leise, als sich die Drillinge verabschiedeten. „Er soll es tragen wie ein Mann“, brummte Yami. „Komm, Aani-Schatz, warum willst du deine Rippen nicht mit unserer Energie heilen?“ „Ich habe gerade wirklich nicht die Kraft, euch die Energie zu nehmen, glaubt mir. Sonst hätte ich euch doch gefragt. Wir machen es Morgen früh. Sonst überlebe ich das Training nicht.“ Plötzlich erstarrte Yoko zu Eis, ihr Gesicht verlor alle Farbe. „Spinne“, ächzte sie. Dann erklang ein gewaltiges Gekreische, doch im nächsten Moment waren die Drillinge verschwunden. Wie der Blitz waren sie hinausgestürmt. Mit weit aufgerissenen Augen starrte Inuyasha Anjaani an, die nur die Schultern zuckte. „Die drei fürchten sich vor Spinnen“, erklärte sie unnötigerweise. Dabei war es eine kleine, dünne Spinne, kaum 2 Zentimeter groß, die träge in einer Ecke hing. Sacht nahm Anjaani sie in die Hand und setzte sie auf dem Balkon aus. „Du fürchtest dich nicht davor?“, fragte er tonlos. „Sie ist klein. Außerdem habe ich vor Tieren keine Angst. Die Drillinge haben eine krankhafte Spinnenphobie, ich habe aber vor anderen Dingen Angst.“ „Vor der Dunkelheit“, murmelte er, setzte sich vor das Sofa und zückte die Fernbedienung. „Jetzt kennst du die Geheimwaffe gegen die Drillinge“, schmunzelte Anjaani, bekam von ihm aber keine Reaktion. Eine ganze Weile schauten sie schweigend Fern. Sie auf dem Sofa liegend, er vor ihr auf dem Boden kauernd. „Du, Anjaani“, unterbrach er leise die Stille. Er klang verstört. „Ja, was ist?“ „Ach nichts...“ „Saajan, du weißt, du kannst mir alles sagen.“ „Gehst du oft zu Dr. Takeda?“ „Du meinst zu ihm als Gynäkologen?“ Sie verbot sich das Lachen, denn dieses Thema war ihm anscheinend ernst. „Hör mal, Saajan“, begann sie sanft. „Ein Gynäkologe ist sehr wichtig. Frauen erkranken häufig an Dingen, die nur so ein Frauenarzt sieht und behandeln kann. Wenn man schwanger ist, geht man auch dort hin. Er weiß was im Körper einer Frau vorgeht und kann Krankheiten erkennen und beseitigen. Dank Frauenärzten sterben weniger Frauen an bestimmten weiblichen Krankheiten. Schwangerschaften sind einfacher und sicherer.“ Sie streckte die Hand nach seinem Ohr aus und kraulte es sanft, denn er sah sie nicht an. „In deiner Zeit war es verpönt, dass Frauen an dieser Körperstelle untersucht wurden, nicht wahr? Deshalb ist es für dich schwer nachzuvollziehen.“ Ein leichtes Schulterzucken bestätigte diesen Verdacht. „Dr. Takeda ist ein Arzt“, sagte er leise. „Und an Ärzten ist nichts schändlich. Der Gedanke war mir nur fremd.“ „... dass dich jemand dort berührt...0“ Er lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen. Zufrieden kraulte sie seine Ohren. „Anjaani“, murmelt er leise. „Wegen mir bist du verletzt worden.“ Der Schmerz schwang kaum hörbar in seiner Stimme mit. „Mach dir keine Vorwürfe“, bat sie. „Ich war einfach im Weg.“ Unerwartet ergriff er ihre Hand und lehnte sein Gesicht dagegen. Anjaanis Herz begann einen Takt schneller zu schlagen. „Du hast dich vor mich geworfen, warum?“ „Ich weiß es nicht“, gestand sie ehrlich. „Es war wie ein Reflex. Ich habe gar nicht nachgedacht. Du warst in Gefahr und alles geschah so schnell.“ „Du hättest sterben können.“ „Daran habe ich nicht gedacht. Und mein Leben war mir in dem Moment egal.“ Die Drillinge hatten ihm gesagt, dass Anjaani für diejenigen, die sie liebt, alles geben würde, auch ihr Leben. Und heute hatte sie es getan. Sie hätte ihr Leben für ihn gegeben. Ohne zu zögern hatte sie sich geopfert, gedankenlos, selbstlos, ohne Rücksicht auf sich selbst. Ein furchtbares Schuldgefühl ergriff ihn. Er verdiente das nicht. Er verdiente sie nicht. Ohne etwas dafür zu verlangen, gab sie ihm alles, auch ihr Leben. Was hatte er ihr zu bieten? Nichts, er konnte ihr rein gar nichts geben. Nicht einmal sein Herz. Und deswegen verdiente er sie nicht. „Saajan“, flüsterte sie zärtlich. „Mein Leben für deines. Immer und jederzeit.“ Da richtete er seine Augen auf sie. Sie glühten wie flüssiges Gold in der Dunkelheit. Seine warme Hand umfasste sacht ihr Gesicht. Er wollte etwas sagen, aber die Worte erstarben auf seinen Lippen, auf dem Weg zu ihr. Ihr Leben für seines. Immer und jederzeit... „Anjaani...“ Kapitel 11: Die Grenze zwischen sinnlich und verboten ----------------------------------------------------- Ihr Leben für seines. Immer und jederzeit... „Anjaani...“ Der Hauch eines Momentes voller Sehnsucht. Der Moment, der ihr Herz in seinen Augen gefangen hielt, ließ die Zeit still stehen. Es existierten nur noch das Glühen seiner Augen, die Wärme seiner Hand an ihrer Wange und das Rauschen des Blutes in ihren Adern. Und dieses zarte Verlangen nach seinen Lippen, so unendlich süß, unendlich verzehrend. Wenige Zentimeter zur Erfüllung all ihrer Wünsche. Ihre Augen schlossen sich in der Erwartung süßer Hingabe... Seine Lippen streiften ihre, als ihr klar wurde, dass dies nicht echt war. Es war ein Traum. Es würde immer ein Traum bleiben. Und mit dem Öffnen ihrer Augen, zerplatzte diese schillernde Traumblase. Zurück blieb die Realität. Die Realität als unsichtbare, doch unüberwindbare Mauer zwischen ihnen. Alles in ihr schrie vor Verzweiflung, vor lauter Sehnsucht nach seinen Lippen. Und deswegen hielt sie den Blick gesenkt, um seinen Augen zu entgehen, in denen sie die Wahrheit sehen würde. „Hilfst du mir ins Bad?“, fragte sie leise, um sich die Enttäuschung nicht anhören zu lassen. Den Kopf konnte sie nicht heben, sie wusste, was sie in seinen Gesicht nun sehe würde: Dass ihm die Wahrheit ebenso bewusst war. Dabei war dieser goldene Glanz so liebevoll gewesen, so weich und verlockend. Eine unbeschreibliche Sanftheit. Aber auch Inuyasha schmerzte der spitze Stachel der Realität, hatte ihn doch der Moment des Zaubers genauso betört. Es war vorbei. Als hätte es diesen zauberhaften Moment der reinen Vollkommenheit nie gegeben. Nein, schließlich war es ja auch nur ein Traum. Es würde nie etwas anderes sein. Er zwang sich den Gedanken förmlich auf: „Es muss so sein, so ist es besser!“ So vorsichtig er konnte, führte Inuyasha die Verletzte ins Bad. Um nicht in sein Gesicht sehen zu müssen, starrte sie auf seine Hände mit den langen, messerscharfen Klauen. Wie zerstörerisch er sie einsetzten konnte. Aber mit welch einer Behutsamkeit sie ihren Körper stützten. So unendlich zärtlich er sein konnte, so strotzte er doch vor roher Kraft. Mit nur einer kleinen Bewegung konnten diese schützenden Hände sie im Nu töten. Diese Tatsache löste ein Kribbeln in ihrem Bauch und eine gewisse Ehrfurcht aus. „Tut es weh?“, fragte er besorgt und beugte sich näher zu ihr rüber. „Nein.“ Sie traute sich nicht, den Kopf zu heben; wusste sie doch, dass sie dann keinen Handbreit von seinem Gesicht entfernt wäre. Allerdings schmerzte es furchtbar, wenn sie eine Weile ohne seine Unterstützung stand. In Inuyashas Augen zeichnete sich tiefe Besorgnis. Er fühlte sich für ihre Verletzung verantwortlich, deswegen weigerte er sich stur, ihr Zimmer zu verlassen. Während sie sich umzog, hatte er ihr den Rücken zugedreht, lauschte aber auf jeden ihrer Atemzüge, um im Fall der Fälle da zu sein. Kein noch so winziges Stocken entging seinem Gehör. Und jedes davon versetzte ihm einen kleinen Stich. Wann beginnen diese blöden Schmerzmittel endlich zu wirken? „Warte“, sagte er, als sie umgezogen war und eilte zu ihr. „Ich helfe dir beim Hinlegen. Lehne dich gegen meine Hände“, forderte er sanft. Er tat zu sehr weh, sich alleine zurückzulehnen, aber als sie sich entspannte und seine Hände sie fürsorglich auf die Matratze betteten, verspürte sie kaum Schmerzen. Ihr Gewicht war nichts für seine starken Arme. „Du bist so lieb, danke“, lächelte sie selig. „Oh, warte!“ Er rannte davon und kam mit einer Flasche Wasser wieder, die er neben ihr Bett stellte. „Falls du in der Nacht Durst hast.“ Dann setzte er sich an die Kante. „Was ist mit morgen?“, fragte er ernst. „Wegen Zuma?“ „Soll ich ihn verprügeln?“ „Das würde dir gefallen“, schmunzelte sie. „Warum nicht? Ein paar Ohrfeigen hier, einige Kopfnüsse da... das würde ihm garantiert nicht schaden.“ „Dein Angebot ist verlockend“, lachte sie, bereute es aber sofort, als es in ihrer Brust stach. Zischend atmete sie ein. „Aber ich brauche deine Hilfe nicht. Ich kam immer gut alleine klar.“ „Du hast doch nicht wirklich vor, da hinzugehen?“ Leichte Wut und Verständnislosigkeit schwangen in seinem Tadel mit. „Machst du dir etwa Sorgen um mich?“ Er wich ihrem Blick nicht aus, wie sonst und irgendwie das ließ ihr Herz schneller schlagen. „Du bist wegen mir verletzt.“ Sie ergriff seine Hand und erwiderte eisern seinen Blick. „Dies ist nichts im Vergleich zu all den Schmerzen die mein Herz erdulden musste“, sagte sie. Da erst drehte er den Kopf weg und rang mit den Worten. Aber er brachte die richtigen nicht zustande. „Hör zu, Saajan. Morgen früh werde ich erholt genug sein, um mich mit der Energie der Drillinge zu heilen. Vielleicht darf ich mir auch ein wenig von deiner nehmen. Du hast mehr, als die Drei zusammen.“ „Natürlich“, rief er enthusiastisch. „Ich habe genug davon! Nimm es dir jetzt gleich.“ „Ich bin zu müde, es kostet mich auch Kraft, in deinen Geist zu tasten, um die Wunden zu heilen. Ich werde auf jeden Fall zu Zuma gehen. Mal schauen was passiert. Aber-“ Er hatte gerade den Mund zum Protest geöffnet, schloss ihn dann sofort wieder. „Du kannst mitkommen und ihn im Fall der Fälle verprügeln.“ „Na gut“, gab er sich geschlagen und erhob sich. „Schlaf jetzt, ich werde hören, wenn was nicht stimmt“, sagte er und verließ das Zimmer, ohne die Türe richtig zu schließen. „Träum schön“, fügte er noch schnell hinzu, da ihm einfiel, dass Raj immer nur „schlaf jetzt“ zu ihr gesagt hatte. Schön träumen? Ein schöner Traum... Da war es, dieses Drücken im Hals, das ihr Tränen in die Augen trieb. Stumm ließ sie sie fließen. „Du bist ein schöner Traum, Saajan. Nichts als ein schöner Traum.“ Und diese grausame Erkenntnis begleitete sie in den Schlaf. Inuyasha bekam nicht mit, dass sie weinte. Es war auch besser so, sein Gewissen plagte ihn schon genug. Und dieses Gewissen machte ihn ruhelos. Auch war ihm nicht geheuer, sie allein im Zimmer zu lassen. War es nicht besser, an ihrem Bett Wache zu halten? Irgendwie hatte er ein beunruhigendes Gefühl, das er sich nicht erklären konnte. Er rang mit sich, blieb aber in seinem Bett liegen. Sie konnte keinen Mann in ihrem Schlafzimmer gebrauchen. …Das war ein Irrtum... Irgendwann schlief er dann doch ein... Das war ein Fehler... So bekam er nämlich nichts von der Gestalt mit, die mit dem Mondlicht durch Anjaanis Fenster kam. Das Wesen, das einen eindeutig menschlichen Körperbau hatte, schlich lautlos an Anjaanis Bett. Man hörte es nicht einmal atmen. Es betrachtete die schlafende junge Frau eine Weile. Obwohl es im Zimmer so dunkel war, dass man gerade so die Umrisse der eigenen Hand erkennen konnte, sah das Wesen jedes Detail ihres schönen Gesichts. „Bezaubernd“, war sein erster Gedanke. „Hätte die Schönheit ein Gesicht, wäre es ihres.“ Es beugte sich näher über das Bett und ließ die flache Hand Zentimeter über ihrem Herzen ruhen. Was es darin fand, waren Bilder von goldenen Augen, das sanfte Lächeln eines weißhaarigen Mannes und ein damit verbundenes Gefühl tiefer Glückseligkeit. Ihr Herz war voll von diesem Mann. Nichts anderes hatte darin Platz. Also suchte es in ihrer Seele. Auch dort war dieser Hanyou mit dem Mondscheinhaar. Lange musste das Schattenwesen suchen, bis andere Sehnsüchte auftauchten, doch schlussendlich fand es, was es suchte. Anjaani rührte sich plötzlich und ihr Gesicht verzerrte sich vor Schmerz. Vor lauter Konzentration, hatte es nicht bemerkt, dass sie verletzt war. Der Schmerz war von ihr in eine dunkle Ecke gedrängt worden, hinter eine undurchdringliche Mauer. Und diese Mauer schien Unvorstellbares zu verbergen. Langsam schob die Schattenhand die Bettdecke zurück und legte die Hand auf ihre Brust. Gebrochene Rippen... Die waren schnell geheilt! Doch die junge Frau bemerkte den Energiestrom. Ihre goldenen Augen öffneten sich... Ein greller Schrei riss Inuyasha aus dem Schlaf. Reflexartig war er aufgesprungen und in Anjaanis Zimmer gestürmt. Keine Sekunde zu spät, denn eine schwarze Gestalt floh gerade aus dem Fenster. „Hey, du! Bleib sofort stehen!“, schrie er und jagte dem Eindringling hinterher, hinaus in die Dunkelheit. Doch dieser war weg, wie von der Dunkelheit verschluckt. Zurück blieb ein winziger Hauch seines Geruches, der sich aber im Nirgendwo verlor. Inuyasha schnupperte angestrengt, doch es war weder ein dämonischer, noch ein menschlicher Geruch. Es roch undefinierbar. Es roch nicht nach Nichts, aber auch nicht nach Etwas... Roch so ein Schatten, der helles Licht bedeckte? Was war das nur für ein Geruch?! Dieses seltsame Wesen schien überhaupt kein Mensch gewesen zu sein. Und es roch anders als alle Dämonen, die er kannte. Je mehr Inuyasha über diesen Geruch nachdachte, desto schlimmer wurden seine Kopfschmerzen. Es war zum Verrückt werden! Doch nun war etwas anderes wichtiger... Anjaani saß aufrecht im Bett, als er zurück kam und zitterte leicht. Sie wirkte total verängstigt und knipste sofort das Nachtlicht an, als sie ihn erkannte. Inuyasha setzte sich sofort neben sie und sie warf sich gleich in seine Arme, begrub das Gesicht in seiner schützenden Umarmung. Selbst, wenn er ihren rasenden Herzschlag nicht hören würde, so spürte er ihn. Er brauchte eine Weile, um seine Stimme zu festigen, denn ihr süßer Duft stieg ihm in die Nase. Wenn er nur wüsste, was für Geruch dieser Mistkerl hatte! Aber jetzt war erstmal Anjaani wichtig. „Geht es dir gut? Hat dieses Wesen dir etwas getan?“ Sanft strich er durch ihr Haar und suchte die Wahrheit in ihren schwarzen Augen. Erleichterung breitete sich in ihm aus, als sie den Kopf schüttelte und in seine Hand schmiegte. „Hast du es erkennen können?“, wisperte sie. „Nein, er war verschwunden, als hätte er sich an Ort und Stelle in Luft aufgelöst. Das war bestimmt kein Mensch.“ „Nein, war es nicht“, stimmte Anjaani ihm zu. „Es war seltsam, es schien nicht böse zu sein, es hatte keine böse Energie.“ „Was hatte er gemacht?“ „Er?“ „Ja, er.“ „Das erklärt vieles“, stöhnte sie erschrocken auf. „Was erklärt es? Was hat er gemacht?!“ „Als ich aufwachte, war er über mich gebeugt und hatte...“ Anjaani schluckte, versuchte den Kopf zu drehen, doch er packte ihr Kinn. „Was hatte er getan?“, fragte Inuyasha grob. „Seine Hand lag an meiner Brust“, flüsterte sie leise, in der Hoffnung, er könnte es nicht hören. Inuyasha sog zischend die Luft ein, sagte aber nichts. Sie bemerkte nur, wie seine Muskeln sich unter ihren Händen anspannten. „Ich hab mich so erschreckt“, schauderte sie und drückte sich fester an ihn. „Ich bin ja da“, versuchte er sie zu beruhigen. „Aber wenn du nicht wach geworden wärst und geschrien hättest, hätte ich nichts mitbekommen“, gab er bitter zu. Traurig sah sie ihn an, und die Trauer überdeckte den Protest in ihren Augen nicht. „Ich wache ab jetzt an deinem Bett“, entschied er. „Was? Wozu?“ „Falls er wieder kommt!“ „Glaubst du das?“ „Wie ist er hereingekommen?“ „Durch das Fenster“, meinte sie kleinlaut. „Das Fenster war aber geschlossen gewesen, er hatte es erst zur Flucht geöffnet.“ „Wieso öffnet er es bei der Flucht, wenn er durchs geschlossene Fenster hereingekommen ist?“, knurrte Inuyasha irritiert. „Das interessiert mich grade nicht. Ich will nicht, dass du bei mir Wache hältst!“ „Ich habe Angst vor deinen Augen, wenn sie im Dunkeln glühen...“ „Du wirst mich nicht davon abhalten können.“ „Wachhund.“ „Wiederhole das!“ Ruckartig drückte er sie ins Kissen zurück. Die blitzenden Augen nur Zentimeter von ihren entfernt. Ihr süßer Atem wurde schneller, ihre Augen golden. „Wachhund“, hauchte sie. Seine Hände ballten sich und er zitterte leicht, doch nicht vor Wut. Wenn er sich jetzt nicht beherrschte, würde er über sie herfallen. Er lag ja schon halb auf ihr. „Ich beschütze dich und damit basta!“, presste er zwischen den Zähnen hervor und richtete sich auf, entfloh dem goldenen Rausch ihrer Augen. Sie war zu müde und zu aufgewühlt, um ihm irgendetwas auszureden. Wie gern würde sie ihm anbieten, sich wenigstens neben sie auf die Bettdecke zu legen. Aber sie wusste, an sowas durfte sie nicht einmal denken. Gerade eben hätte es auch gefährlich werden können. Und sowas durfte nicht wieder vorkommen. Also ließ sie ihn mit verschränkten Armen am Fußende ihres Bettes Platz nehmen. „Du kannst wirklich im Sitzen schlafen?“, fragte sie skeptisch, mied es, in seine Richtung zu sehen. Seine Augen leuchteten im Dunkeln und das war für Anjaani ein gruseliger Anblick. „Natürlich kann ich im Sitzen schlafen. Mach dir keine Sorgen um mich.“ „Ok, gute Nacht, Saajan.“ „Hm, gute Nacht.“ Sie schlief schneller ein als ihr „Wachhund“. Doch sie schlief unruhig. „Bitte nur 10 Schläge“, flehte sie irgendwann mitten in der Nacht ganz leise. „Die letzten Wunden sind noch nicht ganz verheilt.“ Inuyasha linste zu ihr rüber. Sie schlief tief uns fest. „Wer schlägt dich?“, fragte er gedämpft, um sie nicht zu wecken. „Meine Mutter.“ „Womit schlägt sie dich?“ „Mit dem Schürhaken.“ Inuyasha keuchte entsetzt auf. „Sind das die Wunden in deinem Herzen, die du heute Abend erwähnt hast?“ „Auch.“ „Ich dachte, die kommen davon, was dir dieser Verräter angetan hat.“ „Nein“, murmelte sie. „Raj war nur die Spitze des Eisberges. Meine Eltern waren genauso grausam. Ich war nie glücklich gewesen.“ Er beugte sich näher zu ihr, um ihr eine Träne wegzuwischen. Anscheinend verbarg sie viele Wunden. „Erzähl mir davon“, verlangte er. „Warum warst du nie glücklich?“ Doch sie antwortet nicht mehr und er wollte sie auch nicht wecken. Die Worte der roten Nervensäge fielen ihm wieder ein. Yoko hatte gesagt, er habe keine Ahnung, wie viel Leid Anjaani ertragen hatte. Nein, anscheinend hatte er keine Ahnung davon, obwohl er sich vorstellen konnte, dass ihre Eltern keine guten Menschen gewesen sein mussten, wenn sie ihre Tochter so im Stich gelassen hatten. Aber solange sie es ihm nicht sagen wollte, würde er sie nicht dazu zwingen. Anjaani hatte sich dabei ertappt, im Schlaf geredet zu haben. Aber Inuyasha war taktvoll genug gewesen, nicht weiter nachzufragen. Sie lauschte seinem tiefer werdenden Atem, bis er eingeschlafen war. Mit seiner Anwesenheit konnte sie sich immer noch nicht richtig anfreunden. Es war seltsam, ihn da zu haben, seine Silhouette zu sehen und seinem Atem zu lauschen. Dabei war immer die Furcht da, er könnte die Augen öffnen, die gelb glühenden Augen. Und doch war es schön, ihn bei sich zu haben. Schön und qualvoll, da er bei ihr war, ohne ihr nah zu sein. Dabei waren sie sich oft zu nahe gekommen, gefährlich nahe... sogar so nah... aber daran erinnerte sie sich zum Glück nicht. Dennoch hatte sie dieses Ereignis nie losgelassen. Wie war es gewesen? Wie hatte es sich angefühlt? Verdammt, wenn sie es doch nur wüsste! Es konnte nicht schlimm gewesen sein, wenn sie es auch gewollt hatte. Vorgestern erst hatte er wieder diese unstillbare, brennende Sehnsucht in ihr geweckt. Diese Sehnsucht, die nach seinem heißen Atem auf ihrer Haut flehte, nach seinen fordernden Lippen und seinen verlangenden Händen... und dieser Körper... Mit diesen Gedanken glitt sie in den Schlaf... tief in sehnsüchtige Träume. Tatsächlich träumte sie von den bestimmten Moment vorgestern Abend, als Inuyasha sie wegen ihrer Fehleinschätzung von Zuma gegen die Wand gedrückt hatte. Mit dem Streit davor hatte alles angefangen. Doch es endete ganz anders... Im entscheidenden Moment wachte sie mit hämmerndem Herzschlag auf. Ihr Mund war trocken, ihr Körper erhitzt und zwischen ihren Beinen kribbelte es. Was war das denn für ein Traum gewesen?! Fast hätte sie mit Inuyasha... „Oh du meine Güte!“ Panisch blickte sie um sich. Inuyashas Silhouette blieb regungslos, also war sie nicht laut gewesen. Oh, dem Himmel sei Dank! Sie hatte befürchtet, im Schlaf genauso gestöhnt zu haben, wie im Traum. Sie wäre gestorben, hätte er das mitgekriegt! Scham trieb ihr bittere Tränen in die Augen. Wieso träumte sie sowas? Das seltsam heiße und kribbelnde Gefühl zwischen ihren Beinen war wie ein Beweis für ihre Verdorbenheit. War sie jetzt eine Schlampe? Billig und abartig? Wieso wünschte sie sich, der Traum hätte an dieser Stelle nicht geendet? Wieso wünschte sie sich, Inuyasha hätte fertig gebracht, was er vorgehabt hatte? Sie voller Leidenschaft und Begierde genommen... Und wieso sehnte sie sich nach seiner Nähe? Wieso wünschte sie sich, dass er wach werden würde und ihren Traum wahr machen würde? Wieso musste sie sich diese Scham regelrecht aufzwingen? Leise fielen die Tränen der Scham. Der Traum war schöner gewesen, als die schmerzhafte Realität, die sie kannte. Schöner, als die unerträglichen Schmerzen, die Raj ihr zugefügt hatte. All die Qualen, die Demütigung und der Wunsch, nichts fühlen zu können... Aber war die Wirklichkeit anders, so wie in ihrem Traum? Waren es wirklich diese schönen, warmen Gefühle, die man dabei spürt? Wenn es wirklich so war... Plötzlich wünschte sie sich, die gemeinsame Nacht mit ihm wäre ihrer Erinnerung nicht verborgen. Dass sie sowas dachte! „Gott im Himmel, was macht er nur mit mir?“ „Anjaani, weinst du?“, erklang plötzlich seine Stimme. Sie antwortete nicht und hielt die Augen geschlossen, wusste sie doch, dass seine offen waren. Und dieser Anblick ängstigte sie zutiefst. Vorsichtig trat er zu ihr und betrachtete sie eingehend. Tränen rannen ihre Schläfen hinab, ihr Atem ging stockend und ihr Gesicht war schweißnass. Vorsichtig wischte er die Tränen fort, ohne sie zu wecken. „Du hast Schmerzen. So viele Schmerzen“, flüsterte er wehmütig. „Das tut mir leid.“ Er betrachtete sie noch eine Weile, bis ihr Atem gleichmäßiger wurde, bis sie tatsächlich eingeschlafen war. Dann postierte er sich wieder an seinen Platz. Von ihrem Gefühlschaos hatte er nichts mitbekommen. Inuyasha hatte auch einen Traum, der ihm den Schweiß auf die Stirn trieb. Allerdings war es ein eher unangenehmer Traum. Er träumte davon, dass die Drillinge bei Anjaani eingezogen wären und er sie wirklich jede Sekunde ertragen musste. Sie waren überall und zu jeder Zeit! Ein Alptraum! Bisher hatte er geglaubt, nichts sein schlimmer, als ein Tag mit den Drillingen. Doch da hatte er sich geirrt. Von ihnen geweckt zu werden, war weitaus schlimmer! Sein Traum endete zwar, doch der richtige Alptraum fing erst an, als er die Augen öffnete und in zwei verzückte, pinke Augenpaare blickte. Jedenfalls wurde Anjaani von seinem wütenden Gefauche geweckt. Sie brauchte nicht einmal die Augen zu öffnen, um zu wissen was los war. Mürrisch drehte sie sich auf den Bauch und vergrub den Kopf unter dem Kissen. Sie war immer noch fertig von ihrem erotischen Traum und hatte keine Lust auf Diskussionen mit ihm oder den Drillingen. Als es plötzlich ruhig war, blickt sie auf. Yoko und Yami musterten sie besorgt. „Aani, geht es dir gut?“ „Wem soll es denn gut gehen, wenn ihr hier wie die wilden Tiere rein stürmt“, knurrte Inuyasha wütend. „Wir sind nicht rein gestürmt“, verteidigte sich Yoko. „Du bist unser ja gar nicht gewahr gewesen, bis wir dich nicht aus deinem tiefen Schlummer gehoben haben.“ Mit einem verächtlichen Schnauben drehte Desidero den Kopf weg und trottete ins Bad. Yokos hochgestochenes Gerede regte ihn besonders auf. „Wir sind hier, um deine Verletzung zu heilen und dich zum Schneekönig zu begleiten.“ „Moment“, bemerkte Yami plötzlich überrascht. „Du hast dich vorhin auf den Bauch gedreht. Und jetzt wieder auf den Rücken. Tut dir das denn gar nicht weh? Wirken die Tabletten so gut?“ Erst jetzt wurde sich Anjaani dessen bewusst. Sie drehte sich auf den Bauch, krümmte, dehnte und streckte sich... doch der Schmerz war weg. Nichts tat weh, als wären ihre Rippen gar nicht gebrochen. Wie kam das denn? Keiner konnte sich das erklären. „Ich bin genesen...“ Inuyasha sah sie hochmütig an, als sie es ihm erzählte. „Das war dieser zwielichtige Typ, der mir entwischt ist.“ „Zwielichtiger Typ?“ „Glaubst du das?“ Anjaani ignorierte die fragenden Gesichter der Schwestern. „Ich bin mir sicher. Du hast doch gesagt, er hatte seine Hände an deiner Brust. Er hat dich wahrscheinlich geheilt oder sowas in der Art.“ „Wer hatte seine Hände an deiner Brust???!!!“ Die Augen der beiden Drillinge begannen zu leuchten. Knapp schilderte Anjaani ihnen die Geschehnisse der Nacht. Statt Besorgnis, empfanden die Zwei Begeisterung. Sie fanden es aufregend und wünschten sich selbst so erotischen, nächtlichen Besuch. „Apropos Besuch“, unterbrach Anjaani stammelnd. „Wo ist mein Häschen?“ „PMS. Sei froh, dass sie nicht da ist.“ „Hä?!“ Inuyasha erntete schelmisches Lachen. „Kurz vor Yukis Periode ist sie extrem geil und sexsüchtig“, erklärte Yami. „Diese Tage bleibt sie Aani immer fern. Und gerade du kannst froh sein, dass sie nicht hier ist, sie würde sich hemmungslos auf dich stürzen. Yuki ist in der Zeit nicht zu bremsen.“ „Ich habe mich geirrt, was euch betrifft“, schnaubte Inuyasha. „Ich dachte, ihr seid nicht normal. Nein, ihr seid komplett gestört!“ „Inuyasha!“ „Was denn?“ „Wer oder was es auch immer war, er hat deine Rippen geheilt“, schloss Yoko. „Also kann es niemand mit bösen Absichten gewesen sein.“ „Er hat sich in ihr Zimmer geschlichen!“, brauste Inuyasha auf. „Er hat dort nichts zu suchen!“ „Und was hast du dort zu suchen?“, wollte Yami wissen. Wie erwartet wurde er rot und fing an stottern zu. „I-ich hab sie nur be-beschützt! Nichts w-weiter! Ich- Boah, ihr regt mich auf!“ Fauchend stürmte er davon. „Müsst ihr ihn immer ärgern?“ „Er ist so hitzköpfig“, kicherte Yoko. „Tut mir leid, aber wir lieben das! Und du solltest dich für deinen Unterricht bereit machen.“ Anjaani fiel stöhnend ins Kissen zurück. „Ich will da nicht hin!“ „Deswegen gehen wir ja auch mit. Wenn Zuma glaubt, er kann ein paar einsame Grapschstunden haben, dann hat er sich geirrt!“ Yoko kicherte erwartungsvoll. „Ich freue mich, ihn fertig zu machen!“ Zuma war alles andere als begeistert, als er das Trio kommen sah, doch er ließ sich äußerlich nichts anmerken. „Sie einer an, die Higurashi-Hühner. Traust dich nicht alleine her, Arora“, begrüßte er sie mit eisigem Blick. Sie lächelte höflich und öffnete den Mund, als Yoko sie unterbrach. „Manche Leute sind gerne in Begleitung anderer Menschen“, lächelte sie giftig. „Man nennt sie auch Freunde.“ Yoko war als Schriftstellerin die wortgewandteste der Drillinge- und kaum einer war ihr überlegen. „Du nimmst den Mund mal wieder zu voll. Aber das bin ich ja gewohnt von dir.“ Yokos spitzzüngige Erwiderung, die sogar Yami erröten ließ, bekamen Anjaanis jungfräuliche Ohren nicht mehr mit, denn sie floh schnell ins Gebäude. Dieser niveaulosen Auseinandersetzung wollte sie aus dem Weg gehen. Wie sehr wünschte sie sich, Inuyasha wäre mitgekommen. Zuma würde sich dann sicher zurückhalten. Aber ihr berühmter Freund hatte einen Auftrag vom Dämonensondereinsatz gekriegt. Wenn sie wählen könnte zwischen dem Kampf mit einem blutrünstigen Dämon oder privaten Tanzübungen mit Zuma, würde sie wahrscheinlich Ersteres wählen. In die Drillingen hatte sie Hoffnung gesetzt und war nicht enttäuscht worden. Zumas Gesicht war ausdruckslos, aber an der unterdrückten Wut in den silbernen Fluten seiner Augen, sah Anjaani, dass Yoko die kleine Auseinandersetzung gewonnen hatte. Und er schaffte es nicht einmal, die Zwei hinauszuwerfen. Denn sein ahnungsloser Vater trat zu der fröhlichen Runde und freute sich über die Zuschauer. In seinen Augen bedeutete dies Werbung und Bekanntmachung seiner Tanzschule. Zumas Ärger über sein Versagen im Drillinge-Davonjagen, zeigte sich deutlich in seinem mürrischen Gesichtsausdruck, den er nicht mehr verbergen musste, sobald sein Vater den Raum verlassen hatte. Na das konnte ja heiter werden! Hoffentlich hielt sich Yoko nun zurück, die seit dem Wortgefecht munter und aufgestachelt war. Anjaani vermutete, dass Zumas Nähe und die damit wieder erweckten erotischen Gefühle für ihn, Yokos Blut und Temperament in Wallung gebracht hatten. Na dann konnte sie sich jetzt aber auf was gefasst machen! Anjaani seufzte innerlich schwer. Sie wusste ganz genau, dass beim Tanzen ein heißes Feuer zwischen Zuma und ihr loderte, wild und sinnlich. Und den Drillingen würde dies garantiert nicht entgehen. Sie hoffte wenigstens auf einen harmloseren Tanz, wie etwa den Walzer oder Discofox. Aber sie hatte dich geirrt. „Lateinamerikanische Tänze“, sagte Zuma bestimmt. „Wir müssen das Publikum einheizen, sie begeistern, sie regelrecht verführen, sodass ihnen die Sinne schwinden.“ „Oder sie erfrieren an deiner kalten Ausstrahlung“, warf Yoko spitz ein. Zuma verzog die Lippen zu einem müden Lächeln. Er wusste genauso gut wie Anjaani, dass die Chemie zwischen ihnen beiden beim Tanzen die Drillinge sprachlos machen würde. Er freute sich schon fast auf die dummen Gesichter und Yokos Neid. Ja genau, das würde ihn freuen. Das Kätzchen würde kochen vor Eifersucht, dass sie nie diese Leidenschaft in ihm hervorbringen würde, wie Anjaani es konnte. Vielleicht würde die Anwesenheit der Mädchen ja doch nicht so ganz unerträglich werden... Er spürte schon regelrecht das Verlangen in Yokos bohrendem Blick, obwohl er ihr den Rücken zugedreht hatte. Er war attraktiv und sie unersättlich. Doch seine Aufmerksamkeit galt dem eigentlichen Opfer. Er wusste, Anjaani hasste das Knistern zwischen ihnen, die spürbare Erotik und er würde es genießen, sie damit zu quälen. In ihren grünen Augen konnte man die Unsicherheit deutlich erkennen. Anjaani hatte auf unschuldigere Tänze gehofft. Das konnte sie vergessen! Dafür war sie aber erstaunlich kooperativ. Sie nahm seine Entscheidungen widerspruchslos hin. Ein sinnlicher Bauchtanz von ihr und danach zwei Paartänze. Sie schluckte, als sie seinen Salsa- Vorschlag hörte: „Represent Cuba“. Aber es war eines ihrer liebsten Lieder, also hatte sie keine Einwände. Wenn man es richtig tanzte, war es die reine Sünde. „Dies wird der Einstieg“, erklärte Zuma. „Es ist ein sehr sinnliches Lied“, sagte Anjaani nur. „Sehr körpernah.“ „Du hast es erfasst“, stimmte er ihr zu. „Wir werden kaum voneinander entfernt sein. Ich sehe, wir verstehen uns. Das erste Lied ist voller brennender Sehnsucht. Aber das zweite Lied muss mehr Feuer haben, es muss brennen. Im ersten Lied sehnen wir uns nacheinander, doch im zweiten, wenn wir der Sehnsucht nachgeben, muss die Luft vor Leidenschaft explodieren. Wie wäre es mit-“ Lange diskutierten sie hin und her. Ein Lied nach dem anderen fiel. Doch es musste zum ersten passen. Da fiel ihr ein Lied ein, eines ihrer liebsten. Es war eine sündiges Lied. Voller Feuer und Hingabe. Brennend, hemmungslos und wild. „Livin´la vida loca“, murmelte sie leise vor sch hin, mehr zu sich selbst. Für einen Moment weiteten sich Zumas Augen vor Überraschung. Doch im Nächsten Augenblick war sein Blick wieder emotionslos. Auch die Drillinge verblüffte dies. „Aani“, stieß Yokos Schwester mit ihrer unerwartet schönen Stimme aus. „Du weißt genau, wie heiß dieses Lied ist! Es ist Sex pur! Du selbst schimpfst es als pervers. Aber jedes Mal packt dich die Musik und du bewegst dich so heiß, dass wir Yuki festhalten müssen, damit sie nicht über dich herfällt.“ Zumas Augen blitzten. „So? Dann zeig mir wie du dich dazu bewegst.“ Unsicherheit und ein Anflug von Angst überschatteten Anjaanis grüne Augen. Doch ehe sie widersprechen konnte, suchte er schon die richtige Musik heraus. „Keine Widerworte, Dieses Stück war dein Liedvorschlag und ich freue mich schon darauf. Damit wäre das Schwierigste erledigt. Arora, wir verschwenden keine Zeit. Die Proben fangen sofort an. Erst ohne Musik. Wir üben uns zuerst in den Salsa ein. Represent Cuba, komm her!“ Wie ein Lamm auf dem Weg zur Schlachtbank sah sie aus, als sie sich ihm gegenüberstellte und die Hände in seine legte. Sie hatte sich eine Falle gegraben und war hineingefallen. Nun hatte er sie, wo er sie wollte. „Moment mal“, warf Yoko ein. Zuma seufzte hörbar genervt, drehte sich aber nicht zu ihnen um. „Wie könnt ihr einfach so zu Tanzen anfangen? Ohne irgendwelche Absprache, ohne Grundschritte, ohne Musik? Bist du sicher, dass du weißt, was Tanzen ist, Zumalein?“ Zuma belächelte diese Ahnungslosigkeit. „Wir kennen den Salsa, was mich betrifft jedenfalls. Warts ab, bis die Musik anfängt.“ Im Takt der Musik waren er und Anjaani eins. Zwei Körper mit einer Seele. Das würden sie noch früh genug bemerken. Da Anjaani nichts sagte, blieben die Drillinge stumm. Es war seltsam, wie konnten die zwei einfach so zu Tanzen anfangen? „Schließ die Augen“, flüsterte Zuma, dass nur Anjaani ihn hören konnte. „Hör die Musik... gib dich ganz in die Hände der Klänge.... dein Körper ist der Rhythmus... spüre es...“ Sie spürte es. Der lautlose Rhythmus begann durch ihren Körper zu fließen. Im Saal war es mucksmäuschenstill. Dann zog Zuma sie eng an sich. Und in dem Moment scheinen sich ihre Seelen zu verbinden. Stumm weiteten sich zwei pinkfarbene Augenpaare. Urplötzlich, wie auf ein unhörbares Signal hin, dass nur Zuma und Anjaani gehört haben mussten, fingen sie an zu tanzen. Sie schwebten durch den Saal. Wanden sich wie Flammen, sinnlich, lodernd im perfekten Einklang als wären sie Eins. Zumas Bewegungen schienen in ihre überzugehen, sie waren wie zwei miteinander verschmelzende und immer wieder trennende Körper. Den Mädchen blieb die Spucke weg. Noch nie hatten sie eine solch heiße Sehnsucht gesehen, ein regelrechtes Ineinanderfließen der Körper. Ein Rausch der Sinne. Ohne Worte, ohne Gesten vollführten die beiden perfekt aufeinander angepasste Bewegungen. Die Drillinge waren in sprachloser Faszination gefangen. So etwas Heißes hatten sie noch nie erlebt. Eine fast greifbare Sinnlichkeit. Doch es ging noch mehr, als die Musik anfing. Als hätten die zwei sich abgesprochen oder wochenlang geübt, vollführen sie einen Akt der Sinne auf dem Parkett. Ihre Körper verschmolzen mit der Musik. So etwas Erotisches, brennend Sehnsüchtiges hatten die Mädchen noch nie gesehen, ohne anzügliche Geräusche oder nackte Haut. Es war die absolute Verschmelzung von Geist und Seele. So kannten sie weder Anjaani noch Zuma. Dass Anjaani sich aufregend bewegen konnte, wussten sie, aber das hatte Anjaanis Grenze weit überschritten. Und Anjaanis Grenze war wirklich nicht weit. Anjaani jedoch hatte die Freundinnen ganz vergessen. So sehr sie Zuma abstieß und ablehnte, im Tanz waren sie vereint. In der Musik verschmolzen sie miteinander. Blind konnte sie ihm vertrauen, ahnte jede seiner Bewegungen und passte sich ihm wie ein Schatten an die Dunkelheit an. Die Körper fest aneinander gepresst, die Hüften schwingend, sanft aneinanderreibend, der Atem heiß und im Gleichtakt. Gemeinsam waren sie lodernde Flammen, die miteinander spielten- ein sinnliches Spiel- doch das Verzehrende fehlte, die Hitze fehlte. Anjaani ließ dies nicht zu. Zumas Feuer würde sie sonst verzehren. Sie sah die Erotik, sie lebte sie, aber sie wollte sie nicht spüren. Sie empfand keinen Funken Sehnsucht, obwohl sie füreinander brannten. Es war das Brennen zweier Körper, aber nicht zweier Herzen. Er weckte das Feuer der Sehnsucht in ihrem Körper, aber nicht in ihrem Herzen. Das war ein kompletter Widerspruch. Das Gefühl war nicht da... so wie es Inuyasha in ihr entfachen konnte. Für einen Moment wünschte sie sich, mit Inuyasha zu tanzen; in goldene und nicht silberne Augen zu blicken. Und für diesen traumhaften Moment verlor sie sich- und geriet aus dem Takt. Fast angewidert stieß Zuma ihre Hände von sich. „Sei gefälligst aufmerksam, du wirst nicht fürs Träumen bezahlt!“ Yokos Mund klappte empört auf, doch Anjaani hob die Hand. „Dann suchen Sie sich eine Bessere, Zuma-san“, war ihre leise Antwort. Zornesfalten bildeten sich zwischen Zumas Augenbrauen. Seine blitzenden Augen bohrten sich in ihre unschuldigen, großen Katzenaugen. Doch sie gab nicht nach, schaute ihn lieblich an. Wie wunderschön sie war... Mit einem herausfordernden Lächeln drehte sie ihm den Rücken zu. Zuma hasste es in der Defensive zu sein. Er packte ihre Oberarme und presste sie an sich. Erschrocken hielt sie die Luft an. Seine Lippen strichen über ihr Ohrläppchen. „Du hast dir einen Fauxpas erlaubt“, flüsterte er bedrohlich. Sein heißer Atem strich über ihren entblößten Hals. „Reize mich nicht, Püppchen, du bereust es sonst noch. Ich weiß, wie viel Feuer ich in deinem Körper entfache. Oh ja, ich weiß es“, lächelte er, als sie zusammenzuckte. „Und ich weiß auch, dass es dich anwidert.“ Bevor die Zuschauer einschreiten konnten, wirbelte er sie mit einer Drehung von sich. „Das nächste Lied ist wilder, Erotik pur. Es wird dich genug quälen. Kätzchen, mach die Musik an!“ Yoko verschränkte trotzig die Arme vor der Brust, also gehorchte Yami, jedoch nicht, ohne ihm einen tödlichen Blick hinzuwerfen. Oh ja, Zuma hatte Recht! Es quälte sie. Es quälte sie vom ersten Moment an. Zuma quälte sie. Mit seinen Händen, seinen Lippen und seinem ganzen Körper. Er bemerkte mit grimmiger Genugtuung, wie sie die Berührung seiner Hände verabscheute und wenn er ihren Kopf nach hinten bog, ihren Hals mit den Lippen entlangfuhr und genüsslich ihren süßen Duft einsog. Aber ihr Körper sehnte sich genau danach. Sie hatte dieses Lied vorgeschlagen und er würde sie bis aufs Äußerste leiden lassen! Stundenlang probten sie, bis in den Abend hinein. Und sie genoss keine Sekunde, musste doch ihr Herz gegen dieses Verlangen ankämpfen. Zuma packte die Leidenschaft aber mit aller Gewalt. Von Stunde zu Stunde wurde es stärker. Und damit nahm auch die Leidenschaft im Tanz zu. Er wehrte sich nicht. Anjaanis schwarze, herumwirbelnde Locken, die feucht schimmernde Haut und die glänzenden, riesigen Katzenaugen... Er wollte sie, und wie! Nach einen schwungvollen Drehung riss er sie voller Gier in seine Arme zurück und beugte sich tief herab, dass sie nur einen Meter über dem Parkettboden schwebte und umfasste ihren Hinterkopf, zog sie zu sich. Ihre bebenden Brüste fest an seiner Brust. Die Hände in seine Schultern gekrallt. Die saftigen, roten Lippen... „Du bist mein“, raunte er und beugte sich zu ihr runter. „Halt!“, schrie Yoko schrill. Anjaani richtete sich sofort auf und riss sich von Zuma los. Entsetzen lag in ihrem Blick und sie zitterte leicht. „Was ist denn“, fauchte er wütend. „Du sollst tanzen“, grollte sie. „Nicht über sie herfallen. Zuma, du Schuft, du wolltest sie küssen!“ „Hör zu, Fräulein Eifersucht!“ Er stemmte herausfordernd die Hände in die Hüften. „Die Grenze zwischen sinnlich und verboten ist sehr schmal beim Tanzen. Ich tue nur meinen Job, also misch dich da nicht ein. Wenn du dich so vernachlässigt fühlst, kann ich mich später um dich kümmern, Kätzchen. Wen haben wir denn da?“, wandte er sich der Tür zu. „Noch ein ungebetener Gast.“ Inuyasha betrachtete Zuma mit zusammengekniffenen Augen. „Was ist hier los?“ „Eine Tanztraining, falls dir das entgangen ist“, erwiderte Zuma kühl.„Dummerweise habe ich sehr nervige Störenfriede hier.“ Mit kurzem Blick auf die Drillinge lief der Dämon auf Anjaani zu, sein Magen knurrte laut und deutlich. „Anjaani, bist du bald fertig, ich habe Hunger.“ Die Zärtlichkeit, mit der sie den weißhaarigen Kerl anlächelte, versetzte Zuma einen leichten Stich. Aber er war fertig für heute und mit einem Dämon wollte er sich nicht anlegen. Vielleicht blieb ihm ja noch dieser gierige schwarzhaarige Drilling? „Wir sind fertig für heute, Arora“, meinte er nur. „Morgen um dieselbe Zeit. Wir proben deinen Bauchtanz, bevor der Auftritt anfängt. Und lass die beiden Hühner im Stall.“ „Können wir gehen?“, fragte Inuyasha ungeduldig. „Natürlich“, nickte sie und gemeinsam verließen sie nach 10 Stunden endlich die Tanzschule. Nur Yoko blieb zurück, als sie sah, dass Zuma sie intensiv beobachtete. Mit einem kühlen, erotischen Lächeln kam er auf sie zu. „Hat dir gefallen, was du heute gesehen hast?“, fragte er leise zu ihr gebeugt. „Ich weiß, dass du meine Eifersucht gespürt hast, Zuma“, lächelte sie. „Und du weißt, wie sehr ich dich jetzt will.“ „Die schwarzen Haare stehen dir. Ansonsten hast du dich nicht verändert, Kätzchen.“ Ungeduldig riss er sie in seine Arme. „Wild und ungezügelt?“, hauchte er an ihren Lippen. Sie erwiderte den Kuss, doch bevor ihr die Sinne schwanden, schob sie ihn sacht von sich, die Fingen in seine festen Brustmuskeln gekrallt. „Ja, wild und ungezügelt!“ Ihre Zähne streiften seine Lippen. „Aber nicht heute, Zumalein.“ Sie drehte sich lachend um und stolzierte hinaus. „Auf wiedersehen!“, flötete sie. Als sie zu den anderen stieß, war Yami schon mit Feuereifer dabei, Inuyasha vom Training zu erzählen. Anjaani blickte beschämt zu Boden und der Hanyou schäumte vor Wut. „Was habt ihr da getrieben!!!“, donnerte er. „Es war nur Tanzen“, verteidigte sie sich, ohne aufzublicken. „So ist nun mal richtiges Tanzen. Man drückt sich mit dem Körper aus, deswegen ist die Grenze zwischen sinnlich und verboten sehr schmal. Bitte, Yoko-Neko, sag's ihm!“ „Komm, Inuyasha“, beschwichtigte ihn Yoko. „Tanzen ist nun mal sinnlich.“ „Sinnlich!“, rief Yami ungläubig aus. „Das brannte richtig, das war besser als jeder Porno! Hätte Yuki sie so gesehen... du meine Güte! Ab heute kenne ich den Unterschied zwischen verrucht und erotisch. Und ich muss zugeben, ich habe bis heute nie wirklich gewusst, was wahre, prickelnde, sinnliche Erotik ist.“ Anjaani hätte heulen können. Erst diese unerträglichen Tanzstunden, die sie nicht ganz so kalt gelassen hatten, wie sie gehofft hatte und dann Inuyashas wachsender Groll. Und die Drillinge machten alles nur noch schlimmer. So schlimm, dass Inuyasha der Appetit vergangen war. Aber schlussendlich siegte sein leerer Magen. Nur seine Laune war so mies, dass die Drillinge sich schnell verkrümelten. Missmutig hockte er vorm Fernseher. „Endlich sind wir allein“, hauchte sie erleichtert. Er brummte nur. Selig schlang sie die Arme um seinen Hals und schmiegte sich an ihn. „W-w-was m-machst du d-da?“ Inuyasha versagte die Stimme. „Ich habe dich so vermisst!“, rief sie schon fast verzweifelt. „A-a-aber...“ „Bitte lass mich. Ich brauche deine Nähe. Den ganzen Tag war ich an Zuma gepresst, musste mich von ihm anfassen lassen. Selbst waschen hat nichts geholfen!“ Mit flehenden Augen sah sie ihn an. „Bitte halte mich in den Armen. Ich brauch das Gefühl von Geborgenheit!“ Als er nichts sagte, kuschelte sie sich an seine Seite und er legte den Arm um sie. „Und meine Nähe stört dich nicht?“, fragte er leicht verunsichert. „Nein, bei dir fühle ich mich sicher. Das weißt du doch. Außerdem duftest du so gut.“ „War es wirklich so, wie die Nervensägen erzählt haben?“, fragte er vorsichtig. Sie ließ sich Zeit mit der Antwort. „Das Wesen des Tanzes ist so. Nur wer mit seinem Körper solche Gefühle ausdrücken kann, ist ein guter Tänzer.“ Er nickte leicht, weil er sich erinnerte, welche Gefühle sie damals auf der Discotanzfläche in ihm ausgelöst hatte. Sie und der Alkohol. „Es stimmt, dass Zuma und ich perfekt beim Tanzen harmonieren. Aber mehr auch nicht. All das, was beim Tanzen zwischen uns ist, fühle ich nicht“, gestand sie. Sie wollte dass er es begriff. Er verstand das Tanzen nicht. Also legte sie ihren liebsten Tanzfilm in den DVD-Player. Inuyasha sagte den ganzen Film über nichts, aber er lächelte leise. „Unschuld und Verlangen sind perfekt gepaart in dir.“ „Was hast du gesagt, Saajan?“ „Nichts“, meinte er nur. „Ich glaube, ich verstehe langsam.“ „Trotzdem möchte ich nicht, dass du beim Auftritt zuschaust.“ „So ein Schwachsinn“, knurrte er. „Morgen bin ich beim Auftritt dabei, das ist mein letztes Wort!“ „Mir geht’s gut“, beschwichtigte Yuki ihre Schwestern am Handy. „Ich werde mir Aanis Auftritt aus sicherer Entfernung ansehen und wer weiß, vielleicht begegnet mir ein süßer Kerl. Sagt ihr, dass ich sie liebe, ja?“ Sie hasste diese zwei oder drei Tage vor ihrer Periode. Es durstete sie nach nackter Haut. Sie wollte Sex! Sofort! Jeden hübsche Kerl, der ihr auf dem Weg zum Straßenfest begegnete, wollte sie am liebsten anspringen. Sie hätte zu Hause bleiben sollen... Plötzlich legte sich eine Hand auf ihren Mund und sie wurde an einen harten Körper gedrückt. Yukis Herzschlag beschleunigte sich, als sie tief in eine dunkle Gasse zwischen zwei großen Hochhäusern gezerrt wurde. Der Fremde, dessen attraktives Gesicht schwach im Zwielicht der Gasse zu erkennen war, presse sie keuchend gegen die Hauswand, eine Hand fand unter ihren Rock. Yukis Körper spannte sich an, ihr Schrei erstickt zwischen den Fingern dieses Fremden. Ihre Haut entflammte. Jede andere Frau hätte Angst, Anjaani würde sterben. Doch Yuki hatte genau so etwas gewollt. „Wehe, du machst einen Mucks. Ich will nur ein bisschen Spaß.“ Dann stutzte er, als er fühlte, dass die schöne junge Frau die Situation mit ganzem Körper genoss, seine Hand glitt von ihrem Mund. Yuki zog ein Kondom zwischen ihren bebenden Brüsten hervor. „Dann fang endlich an, sonst verdirbst du dir deinen Spaß.“ „Was ist mit dir passiert?“, wunderten sich ihre Schwestern Yoko und Yami, die sie im Festgetummel entdeckte. „Du siehst aus, als wärst du ordentlich durchgenommen worden.“ „Oh, ja“, nickte Yuki glücklich und strich sich das zerzauste braun-schwarze Haar glatt. „Irgendein Fremder hat mich in eine Seitengasse geschleift.“ „Sag bloß, du wurdest wieder angefallen?“ „Oh, Gott! Und wie!“ „Wieso passiert sowas eigentlich immer dir“, beschwerte sich Yoko. „Was war das für ein Typ?“ „Ich habe keine Ahnung, es war zu dunkel.“ „Und wie geht es ihm jetzt?“ Yuki lachte auf. „Wie wohl? Hab ihn da liegen lassen, so erschöpft wie der war.“ „Das ist meine Schwester“, klatschte Yami sie ab. „Willst du wissen, was Aani letzte Nacht passiert ist?“ Was Yuki genauso begeisterte, wie in Eifersucht versetzte, hatte Anjaani am nächsten Morgen völlig vergessen. Ihre Hauptsorge war es, Inuyasha am Zusehen ihres Auftrittes nicht hindern zu können. Doch er bestand darauf. Und ausnahmsweise gewann er mal eine Auseinandersetzung. Zuletzt musste sie sich eingestehen, dass seine Anwesenheit nicht so schlimm war wie erwartet. Sie konnte ihre Bauchtanzperformance perfekt, also verbrachten sie einen unbeschwerten Tag miteinander. Inuyasha, der sich von ihrem heißen Tanz erholen musste, genoss das Fest sichtlich. Und obwohl die Leute ihn anstarrten und über ihn tuschelten, wagte sich keiner, ihn anzusprechen. Zuma waren sie nach dem Training nur einmal begegnet, am Infostand der Tanzschule. Flyer wurden verteilt und Durchsagen über den Tanzauftritt schallten hier und da durch die Lautsprecher. Anjaani wollte nicht daran denken. Doch das Klirren der kleinen Goldkettchen in ihrem kostbaren, reich verzierten roten Sari erinnerte sie an den bestehenden Bauchtanzauftritt. Zuma hatte ihr Outfit kurz kritisch beäugt, aber nichts gesagt. Wahrscheinlich konnte er sich nicht vorstellen, wie man in einem Sari bauchtanzen konnte. Zähneknirschend nahm er ihre bedeckten, auch noch geflochtenen Haare hin. Zur Not wurde er ihr diesen blöden Schleier samt Haargummi wegreißen! Jedenfalls zog ihr prunkvoller Anblick genauso viele Blicke auf sich, wie ihr Dämonenfreund. Dieser hatte gerade, dank Anjaanis Tipp, die deutsche Currywurst für sich entdeckt. Er verputzte nun die Dritte. Der deutsche Budenbesitzer, ein bekannter von Yukis, Yokos, und Yamis deutscher Mutter, war über seinen Hunger so erfreut, dass er ihm alles kostenlos gab. Dafür gab Inuyasha ihm ein Autogramm. „Das ist eine seltsame Art zu zahlen“, wunderte sich der Hundedämon wenig später. „Mit dem Namen auf einem Zettel... seltsam.“ „Das nennt man eine Signatur, oder in deinem Fall auch ein Autogramm“, lachte Anjaani. „Die Leute wollen immer, dass sie den Namen von einer berühmten Person irgendwo aufgeschrieben bekommen.“ „Wozu das denn?“ „Hey, ihr Süßen!“, tauchte Yami aus der Menge vor ihnen auf, dicht gefolgt von Yuki und Yoko. Inuyasha gab nur ein Grummeln als Antwort. Aus die friedliche Zweisamkeit. „Wow, mein Herz! Ist das dein Hochzeitssari? Du siehst aus wie eine indische Königin!“ „Danke, aber was machst du hier, Yuki-Hase?“, wunderte sich Anjaani. Yuki zwinkerte anzüglich und Anjaani begriff sofort. „Wieder ein Fremder hinter einem Busch?“ „Dunkle Seitengasse“, grinste Yuki. „Wie geht es ihm?“ „Das übliche.“ „Erspare mir bitte Details, ja?“ „Du bist krank“, warf Inuyasha ein, der den Sinn der Unterhaltung begriffen hatte. „Irgendwie musste ich doch Dampf ablassen“, verteidigte sich Yuki. „Wär's dir lieber gewesen, wenn ich mich auf dich gestürzt hätte?“ Yoko stieß den aufgrollenden Inuyasha zur Seite. „Aani, Zumalein sucht nach dir.“ Anjaani nickte nur erst, dann verschwand sie in der Menge. Inuyasha blickte ihr besorgt nach. „Ich frage mich, wie lange es dauern wird, bis sich diese sorgenvoll glimmenden Augen mit brennender Eifersucht füllen“, rätselte Yoko. „Warum?“, meinte er nur knapp, immer noch wütend auf sie. „In zehn Minuten beginnt ihr Auftritt, du wirst schon sehen. Es wird besser sein als die Probe. Komm, wir stellen uns in die erste Reihe.“ So warteten die Vier vor einer eingezäunten, improvisierten Tanzfläche. Anjaani trat aus einem Zelt neben dem Infostand und stellte sich mitten auf die Tanzfläche. Dass sie von allen Seiten angestarrt wurde, schien sie nicht zu bemerken. Sie war eine wunderschöne Erscheinung, vom goldenen Strahlen all der Perlen Kettchen und Ringen umhüllt. Sie sah aus wie eine Himmelserscheinung. Immer mehr Leute versammelten sich um die Absperrung, um sie betrachten zu können. Je länger Anjaani dort still stand, desto deutlicher spürte sie die Blicke wie Dolche in ihrem Körper. Allein Inuyashas neugieriges Gesicht löste den Knoten der Anspannung in ihrem Bauch. Immer, wenn er neugierig war, zuckten seine Ohren. Stumm kicherte sie in sich hinein; das war so süß! Sie beobachtete, wie die Masse um sie herum größer wurde. Genau wie Zuma es prophezeit hatte. Sie erblickte sogar drei der Kameras, die den Auftritt auf Bildschirme projizierten, die überall über den ganzen Festplatz verteilt waren, damit ja keinem dieses Spektakel entging. Na hoffentlich ging das gut! Langsam erklang die Musik, weiche, wellenartige Klänge, die ihren Körper sacht in Schwingung brachten. Die Musik löste alle Anspannung in ihr und die vergaß die Menschen um sich herum. Fließend wog ihr Körper im Takt mit. Der Rhythmus floss von ihren Füßen hinauf in ihre Fingerspitzen und erfüllte sie komplett. Inuyasha starrte sie mucksmäuschenstill an. Seine Aufmerksamkeit galt ihr allein. Er war wie gebannt von diesen weichen, geschmeidigen Bewegungen. „Wow“, hauchte Yami. „Wie eine Welle im Meer. Das man sowas mit dem Körper machen kann...“ Damit sprach sie aus, was er dachte. Bei ihrem Anblick vergaß man ganz, dass sie aus festen, steifen Knochen bestand, so fließend und klar waren ihre Bewegungen. Es war wie Hypnose- sie fesselte Körper und Sinne. Ihre Sinnlichkeit verschlug ihm die Sprache. Doch mit einem plötzlichen Trommelschlag wandelten sich die wogenden, lasziven Töne in heiße, flammende Rhythmen um. In dem Moment, in dem der Schleier von ihrem Kopf glitt, löste sich ihr Haar und wurde vom Wind erfasst, wie schwarze, wilde Flammen. Die Menge hielt hörbar den Atmen an. Und Sanftheit wurde zu Leidenschaft, brennender, wilder Leidenschaft. Es gab keine Worte, um dieses Schauspiel zu beschreiben. War sie vorhin noch fließend und zart wie Wasser gewesen, so brannte sie nun, wild und ungezügelt wie das Feuer. Flackernd, verzehrend, voller Wildheit, Leidenschaft und... und Erotik. Inuyasha spürte die Hitze in sich aufsteigen und wollte sich abwenden, doch er konnte nicht. Nichts war schöner, als Anjaani in voller Hingabe. Alles an ihr schien zu brennen, sogar die schwarzen Locken. „Und dabei ist sie gut angezogen“, murmelte Yami. „Was?“, raunte Inuyasha ihr zu. „Guck, sie trägt diesen Sari. Bauchtänzerinnen tragen normalerweise weniger, damit ihr Körper gut zu sehen ist, vor allem der Bauch. Aber sie ist unvergleichlich schön...“ Zuma war zufrieden mit Anjaani. Anfangs war er gegen diesen Sari gewesen, aber er merkte, dass dies eine gute Idee war. Er ließ sie anmutig und prachtvoll erscheinen und betonte die Kunstfertigkeit ihrer Bewegungen und ließ sie nicht billig wirken. Außerdem war ihre Performance einsame Spitze. Die Szene mit dem entfesselten Haar hatte ihn umgehauen. Das musste er zugeben. Er ließ die Augen über die Zuschauer gleiten. Stumme Faszination las er in den Gesichtern. Er selbst hatte die größte Mühe, sie nicht in hilfloser Begeisterung anzustarren. Er war sicher, sie würde in vielen Frauen die Lust auf Bauchtanz wecken. Schließlich war Anjaani reinste Magie. Mit einem Trommelwirbel endete das Lied, die Menge brach augenblicklich in tosenden Beifall aus, der anschwoll und immer lauter und lauter wurde, sodass Anjaani sich beherrschen musste, sich nicht die Ohren zuzuhalten. Als Zuma mit einem Mikrophon in der Hand vor sie trat, beruhigte sich die Menge nach und nach. „Das meine Damen und Herren war eine Darbietung unserer Bauchtanzlehrerin Aurora Luna. So unnahbar und unschuldig wie der Mond. Und so lieblich und feurig wie die Morgenröte.“ Während Zuma zur euphorischen Menge sprach, Anjaani anpries, die nun einen Künstlernamen hatte, und die Vorzüge des Bauchtanzes erklärte, verschwand Anjaani im Zelt und zog sich um. Halbwegs nur lauschte sie Zuma, der auch vom Zauber und der Sinnlichkeit der lateinamerikanischen Tänze sprach. Keine Frau könne einem Mann widerstehen, der tanzen konnte, vor allem mit dem Feuer des Salsa. Stumm lächelte sie. Leider musste sie ihm in dem Punkt zustimmen. Gerade rechtzeitig hatte sie das kurze, rote Kleid angezogen. Mit einer schwungvollen Drehung wirbelte sie in Zumas Arme, als der Rhythmus begann. Die Menge klatschte begeistert bei diesem gelungenen Auftakt. Inuyasha merkte schnell, warum Anjaani nicht gewollt hatte, dass er zuschaute. Erst war er hingerissen von diesem Kleid, das alles an ihr perfekt betonte, von der Schwärze ihrer Locken, bis zur Länge ihrer Beine. Aber da war noch Zuma. Es war haargenau, wie die Drillinge berichtet haben. Das war Fleisch gewordene Erotik, heißer als alles bisher gesehene. Er schluckte schwer. Dies erinnerte ihn an die Nacht in der Disco, nur dass seine Sinne getrübter gewesen waren als jetzt. Der Anblick ließ ein Feuer in ihm auflodern, unentrinnbar und verzehrend, genauso wie die zwei Tanzenden. Die zwei Körper, die sich in brennender Sehnsucht umkreisten, flehend, verlangend, begehrlich... Und mit dem zweiten Lied wurde alles noch viel schlimmer. Mit dem zweiten Lied, gaben sie der Sehnsucht nach. Das Feuer explodierte in reinem Verlangen. Es war abartig, er kochte vor Eifersucht und doch konnte er diesem unerträglichen Anblick nicht entgehen. Noch nie in seinem Leben verspürte er diese reißende Eifersucht, sie machte ihn krank! Sie sollte ihn so berühren, ihn so ansehen, ihn so verführen. Ihn, verdammt noch mal! Und Zumas verfluchten Hände, seine Blicke, seine Lippen! Wie er ihn doch hasste! Aus tiefstem Herzen hasste er ihn! Er wollte diesen Bastard zerfetzen, zerfleischen, ihm die Hände abreißen, die sich über ihren Körper hermachten. Nein, er konnte nicht mehr! Würde er noch länger zusehen, würde er diesen Mistkerl umbringen. Deshalb drehte Inuyasha sich weg und rannte davon. Abseits vom Festgetümmel, im Park am sanft schimmernden See, flüchtete er auf einen hohen, knorrigen Baum. Sein Blut brannte mit seinem Zorn um die Wette. So oft er auch schluckte, der bittere Geschmack verschwand nicht aus seinem Mund. Anjaani hatte verdammt noch mal Recht gehabt, er hätte nicht zuschauen sollen! Bis sein Verlangen nicht abgekühlt war, durfte er nicht in ihre Nähe kommen. Doch irgendwann fand sie ihn. „Saajan? Ich suche dich seit einer Stunde“, rief sie zu ihm hoch. Im Null Komma Nichts stand sie barfuß auf dem dicken Ast, auf dem er saß. Dieses rote Kleid war einfach umwerfend! Ihr Dekolletee wippte bei jeden Schritt. Sie trug keinen BH drunter... Der sündige Gedanke ließ seine Wut neu aufglühen. Sie musterte ihn mit einem reuevollem Blick. Er starrte ihr tief in die Augen. Mit einem Seufzer setzte auch sie sich hin. „Ich hab doch gesagt, du solltest nicht zuschauen. Aber du hörst ja nie auf mich.“ Er sagte nichts, wendete die goldenen Augen jedoch nicht von ihr ab, was sie nervös schlucken ließ. „Jetzt hast du es gesehen, den Unterschied zwischen Film und Wirklichkeit. Wenn du die Sinnlichkeit spüren kannst. Das ist Tanzen“, sagte sie unschuldig. „Mehr nicht.“ „Wo ist Zuma?“ „Der kümmert sich um die interessierten Leute“, winkte sie ab. „Ich habe jetzt genug von seiner Nähe. Kannst du dir nicht vorstellen, dass es mich anwidert, ihm so ausgeliefert zu sein?“ „Sicher... Warum machst du das dann?“ „Weil tanzen der einzige Traum ist, der sich mir je erfüllt hat.“ „Ich habe von Familie, Liebe und Geborgenheit geträumt“, dachte sie bitter. „Aber nichts davon hat sich erfüllt.“ „Außerdem“, lächelte sie ihn aufmunternd an. „Ich werde nicht mit Zuma tanzen. In der Tanzschule werde ich allein unterrichten.“ „Jedenfalls hoffe ich das.“ „Jetzt sei nicht mehr sauer ja?“ Sie legte ihm versöhnlich die Hand auf den Oberarm. Die schlanken, langen Finger schmiegten sich um seine Haut. „Ich will jetzt einfach nur bei dir sein.“ „Kannst du haben“, meinte er und lehnte sich genüsslich zurück. „Ich habe gerade nichts besseres zu tun.“ Ihr leises Lachen entlockte ihm dann doch ein kleines Lächeln. „Ich liebe die Natur“, seufzte sie dann. „Es gibt nichts Schöneres, als draußen zu sein, umgeben von diesem herrlichen Grün. Es ist so entspannend, es ist alles, was die Seele braucht, um glücklich zu sein. Ich liebe Bäume!“ Er hatte sich gegen den Stamm gelehnt und die Augen geschlossen, doch er hörte ihr zu. „Was liebst du am meisten?“ „Die Sonne“, antwortete sie, ohne zu zögern. „Ich liebe sie sogar mehr als Kinder. Am schönsten ist sie, wenn sie gerade untergeht.“ „Ach deswegen verpasst du keinen Sonnenuntergang?“ „Warum liebst du Bäume?“, fragte sie, wollte dieses Thema nicht vertiefen. Ohne die Augen zu öffnen, antwortete er: „Wahrscheinlich aus den selben Gründen wie du.“ „Irgendwann, wenn ich ganz viel Geld verdient habe, bauen wir uns ein Baumhaus.“ „Ein Baumhaus?“ Jetzt war er überrascht. „Ja“, nickte sie begeistert. „Ich habe schon immer davon geträumt in einem Baumhaus an einem Wald zu wohnen. Das Baumhaus ist ganz rund, keine eckigen Wände. Und es hat drei Stockwerke. Es ist um den Baum herum gebaut.“ „Und wie kommen wir da rauf?“, fragte er belustigt. „Ich meine, wie kommst du rauf? Ich kann springen.“ „Um den Baumstamm herum sind Treppenstufen“, rief sie, als wäre das selbstverständlich. „Durch die Falltüre kommen wir rein. Dort ist die Küche und der Essbereich. Im zweiten Stock das Wohnzimmer. Und-“ „Im dritten Stock das Schlafzimmer“, riet er und unterbrach kurz ihre Schwärmerei. „Jap und das Bad! Ein Balkon führt um jedes der Stockwerke herum...“ „Und das Dach ist ganz flach, damit wir da liegen können und die Sterne durch das Blätterdach betrachten können. Und dabei deine Kekse essen.“ Glückselig lächelnd sah sie ihn an und nickte. Er wäre jetzt rot geworden und hätte sich geschämt, doch irgendwie war ihm das vor ihr nicht unangenehm. Es war ein schöner Traum. Ein gemeinsamer Traum. „Und weiter?“, fragte er dann milde lächelnd. „Toiletten haben wir keine. Dafür ist der Wald da. Aber ich will eine große, handgeschnitzte Badewanne.“ „Die ich schnitzen darf, vermute ich mal“, sagte er skeptisch. „Genau! Strom haben wir auch keines, nur Mondenschein und Kerzenlicht. Und der Fluss dient uns zum Waschen.“ „Und wo soll unser Baumhaus stehen?“ „Dort, wo wir gepicknickt haben, damals am Fluss. Das Land gehört mir.“ Mit einem Ruck setzte er sich senkrecht hin und starrte sie entgeistert an. „Wie, das Land gehört dir?“ „Alles, was der Bannkreis umfasst, war im Besitz meiner Eltern, aber sie haben es mir zur Hochzeit vermacht. Naja, mir und Raj, aber er hat die Besitzurkunde nie unterschrieben.“ „Das wusste ich nicht!“, rief er vorwurfsvoll aus. „Wann hätte ich es dir denn sagen sollen? Wie du dich vielleicht erinnern magst, hat der Tag nicht so perfekt geendet.“ Daraufhin verstummte er und zog sich wieder zurück. „Das ist ein schöner Wunsch“, sagte er dann nach einer Weile. „Es wäre schön in diesem Baumhaus zu leben.“ „Vielleicht“, meinte sie. „Aber die Drillinge würde ich dann nicht so oft sehen, der Weg ist zu weit...“ „Wirklich?“ Er sprang begeistert auf. „Dann lass es uns sofort bauen. Auf der Stelle!“ Er packte sie voller Übermut und sprang mit ihr vom Baum. „Hey, du Spinner!“, rief sie lachend und schlang die Arme um seinen Hals. „Sag bloß du genießt ihre Nähe nicht.“ Er verzog übertrieben angewidert das Gesicht. „Nicht wirklich.“ „Und meine Nähe genießt du?“ „Ja“, sagte er. Sie sahen sich stumm in die Augen. Er hatte nicht bemerkt, dass er die Hände auf ihre Hüften gelegt hatte. Es war wie ein zarter Zauber. Sie versanken in den Augen des jeweils anderen. Sie in diesen goldenen Fluten, er in ihren grünen Tiefen. „Warum versteckst du deine Augenfarbe“, fragte er leise. „Weil ich sie nicht mag. Meine Mutter sagte immer, ich habe Teufelsaugen. So dunkel wie die Hölle.“ Ganz leicht schwang Schmerz in ihrer Stimme mit, den er nicht überhörte. „Aber ich mag deine Augen. Sie sind viel schöner so, als wenn du sie grün färbst. Ich vermisse diesen goldenen Ring.“ Es war seltsam, ungewöhnlich und doch schön. Er wusste es war nicht seine Art, aber sie löste diese Zärtlichkeit in ihm aus. Schließlich war er ihr Beschützer. „Ich habe noch nie schönere Augen als deine gesehen“, wisperte sie plötzlich und errötete dabei so süß. Augen, brennend wie der Sonnenuntergang. Auch ihm stieg die Röte ins Gesicht. Es war ein gefährlicher Moment, aber keine wagte es, diese zarten Bande zu trennen. „Tanzt du mit mir?“ Die Frage traf ihn unerwartet. „Nein“, sagte er und wandte den Blick ab. „Ich wünsche es mir.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um auf seiner Augenhöhe zu sein. Es reichte nicht ganz. „Ich wünsche mir nichts mehr als das. Mit dir zu tanzen, unter dem Sternenhimmel, in einem zartrosa Kleid aus weichem Chiffon.“ Er konnte nicht verhindern, die Hand an ihre Wange zu legen, die Sehnsucht in ihren Augen überwältigte ihn. „Erwartest du das von einem Mann?“ „Vielleicht. Es gibt drei Dinge, die mir beweisen würden, dass mich ein Mann wirklich liebt.“ „Und die wären?“ „Er soll mit mir tanzen, wenn ich ihn darum bitte. Er soll für mich seine ganze Vergangenheit hinter sich lassen. Und er soll um mich weinen.“ „Und gibt es etwas, womit du deine Liebe beweist?“ Sie errötet, doch ihre Augen waren fest auf seine geheftet. „Ja.“ Die Finger an ihrer Wange schmiegten sich um ihre Nacken, zogen sie zu seinen brennenden Lippen. „Arora!“ Zumas Stimme ließ sie zusammenschrecken. „Ich suche dich überall!“, rief er vorwurfsvoll und schaute vom einen zum anderen. „Ich bin beschäftigt“, sagte sie lieblich. „Was gibt es denn?“ „Ich brauche dich jetzt. Die Leute wollen Aurora Luna. Komm mit!“ Inuyasha trat mit einem leisen Knurren vor sie, das Zuma zurücktreten ließ. „Anjaani sagte, sie habe keine Zeit.“ „Montag um 8 Uhr bist zu im Studio. Dich erwarten eine Menge Schüler.“ Mit einem eisigen Blick drehte er sich auf dem Absatz um und stolzierte davon. „Wow“, schaute Anjaani ihm hinterher. „Du hast ihn tatsächlich verjagt, Saajan!“ „Ich glaube, das war ich dir schuldig.“ Leise vor sich hin fluchend tauchte Zuma in der Festmenge unter. Es hatte ihm etwas ausgemacht, sie mit diesem Dämon zu sehen. Nein, sie mit diesem Dämon zu erwischen! Es hatte ihm mehr ausgemacht, als er sich eingestehen wollte. Sie hatten sich in den Armen gestanden, nah beieinander. Und Anjaani hatte diesen silberhaarigen Teufel so voller Liebe angelächelt, dass ihm ganz schlecht geworden war. Sie waren sich so nah im Tanz, so vertraut, aber hierbei konnte er nicht mithalten. Doch er würde nicht aufgeben! Er würde sie kriegen, komme was wolle! Beim Tanzen gab es keine Grenzen. Die Grenze zwischen nah beieinander und miteinander verschmolzen war schmal. Zwischen sinnlich und verboten. Und diese Grenze würde er zerstören! Kapitel 12: Die Sehnsucht der Morgenröte ---------------------------------------- „Wo sind die Nervensägen?“, murrte Inuyasha und stocherte missgelaunt in seinem Frühstücksomelette herum. Nicht mal der sonst so geliebte Speck schmeckte ihm. „Sie haben ein eigenes Zuhause“, antwortete Anjaani knapp und ignorierte ihn dann weiterhin, wie sie es das ganze Wochenende getan hatte. Ihr Schweigen war wie ein eisiger Dolchstich in seinem Magen. Irgendwie machte es ihm heftig zu schaffen, dass sie wütend auf ihn war. Und gerade jetzt ließen sich die sonst so anhänglichen Drillinge nicht blicken. Sie hätten die Stimmung aufgelockert und sie wären garantiert auf seiner Seite gewesen. Da die Mädchen ihren Beitrag zu Anjaanis guter Laune nicht leisteten, ließ er seine Strafe über sich ergehen. Doch auch, als die Drillinge Minuten später tatsächlich auftauchten, war Anjaani nicht redseliger. Als die Schwestern erfuhren, was vorgefallen war, wurden ihre Mienen ernst und traurig. Sie stellten sich gegen ihn. Yuki nahm die Inderin sanft in ihre Arme. Verwirrung machte sich in Inuyasha breit. „Was ist denn jetzt mit euch los? Was soll denn dieses Drama?“ „Schnauze, du dummer Köter“, zischte ihn Yami zornig an und blies sich die Haare aus der Stirn. Es war zu einer süßen Angewohnheit geworden, wenn sie sauer war. „Du bist so ein Vollidiot“, stimmte ihr Yoko zu. Die Drillinge funkelten ihn wütend an. „Ich glaub, ich spinn!“, grollte er. „Ihr könnt mich alle mal sonst wo!“ Und weg war er. Mal wieder über den Balkon hinaus. „Er weiß nicht, was er da angestellt hat, nicht wahr?“ „Über meine Vergangenheit rede ich nicht gerne“, verteidigte sich Anjaani. „Weiß er irgendwas aus deiner Vergangenheit?“ „Es interessiert ihn nicht. Er ist auch nicht der neugierige Typ.“ „Aber mal etwas anderes. Behältst du diesen Sari beim Bauchtanz an?“ Anjaani schloss gequält die Augen. „Nein, das ist nur für den Bollywood-Tanzkurs, das weißt du genau, Yuki-Hase. Das letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, ist halbnackt vor Zuma rumzuhüpfen. Ich will einfach hier sitzen und traurig sein.“ Tränen des Mitleids schimmerten in den Augen der Halbjapanerinnen. Anjaani war so stark... Wie schafft sie das bloß, ohne zusammenzubrechen? Dagegen war Zuma ein Blatt im Wind. Leider mussten sich die Drillinge an Zumas Büro verabschieden. Sie hatten selbst einem Job nachzugehen. Zuma war kühl und höflich zu Anjaani, vermutlich weil sein Vater anwesend war. Doch dies änderte sich schnell, als sie allein waren. „Bist du gut vorbereitet?“, fragte er unfreundlich auf den Weg in den Tanzsaal. „Natürlich“, entgegnete sie gut gelaunt. Vor der Tür packte er ihren Arm und zog sie zu sich. Ihr Herz begann vor Angst zu rasen. „Hör zu, du bist als Aurora Luna zu wertvoll, als das wir dich verlieren könnten“, zischte er ihr zu. „Aber ein einziger Fehler und ich mache dir diesen Job zur Hölle. Ich habe mir die ganze Woche frei genommen, um dich zu beobachten.“ Sie schaute ihn unbeeindruckt an, obwohl sie in Aufruhr war. Bloß keine Angst einjagen lassen! „Ich weiß, was ich tue“, lächelte sie dann kühl und entriss sich seinen kalten Fingern. Der Saal war voll mit ungefähr 50 Frauen mittleren Alters, die sie gespannt und teilweise sogar begeistert anstarrten. Inuyasha beobachtete das ganze von der Türe aus, die einen Spalt breit offen war. Anjaani begrüßte die Frauen und hielt eine kurze, einführende Rede. Dabei wollte sie den Frauen zeigen, was Bauchtanz bedeutet und die Wirkung beweisen. Keine Frau ist voll und ganz zufrieden mit sich; Anjaani war es weiß Gott nicht. Obwohl er den Grund nicht verstand. Sie war das Schönste, was er jemals gesehen hatte. Und dieser Körper... „Aber der Bauchtanz weckt die Weiblichkeit in mir“, schwärmte sie den Weibern vor. „Ich fühle mich sinnlich und vollkommen.“ Ja! Das konnte er bezeugen! „Der Bauchtanz wird euch eine neue Ausstrahlung geben. Er wird euch geschmeidiger machen, selbstsicherer und attraktiver. Und ich werde es euch hier und jetzt beweisen.“ Hastig verschwand Inuyasha von der Tür, als Anjaani geradewegs auf diese zusteuerte. Er sah, wie sie kurz inne hielt und sich umsah. Ihre Lippen formten eine fast lautlose Frage: „Saajan?“ Unglaublich! Spürte sie etwa seine Gegenwart? Sie tat es mit einem Schulterzucken ab. Auf ihr Geheiß hin, folgte ihr die ganze Gruppe nach Draußen in die Fußgängerzone. Inuyasha musste sich beherrschen, diesen widerlichen Zuma nicht in Stücke zu reißen, der das Schlusslicht der Gruppe bildete und Anjaani mit einem eindeutigen Blick bedachte. Zuma kämpfte gegen den Drang an, zu protestieren, aber er war neugierig was Anjaani vorhatte. In sicherer Distanz beobachtete er die dunkle Schönheit. Sein Mund wurde trocken, so etwas Heißes wie sie hatte er noch nie gesehen. So viel nackte Haut, hatte er nicht erwartet, obwohl er es beordert hatte. Sie trug kurze Shorts, drüber ein klirrendes Münztuch gebunden und ein bauchfreies Choli in derselben blutroten Farbe. So kamen ihre Bewegungen beim Bauchtanzen perfekt zur Geltung. Ihr Körper war perfekt, schöner als alles, was er je gesehen hatte. Und er verfluchte sich, dass sie seine Konzentration so störte. Nicht nur seine... Anjaani ließ sich von den Blicken der Männer auf der Straße nicht stören und wies die Frauen ruhig in die Anmut des Bauchtanzes ein. Ab und an schweifte ihr Blick ab, als würde sie nach etwas Ausschau halten. Inuyasha hatte den Verdacht, sie suche nach ihm, denn ihr Blick blieb immer an seinem Versteck im Baum hängen. „Spürt den Rhythmus, dadak da! Fühlt das flackernde Feuer durch euch fließen. Diese Sinnlichkeit erwacht in euch. Und mit dieser neuen Ausstrahlung sollt ihr jetzt diese Straße entlanggehen.“ Sofort löste sich eine- in Zumas und Inuyashas Augen- fette und hässliche Frau aus der Menge und marschierte los. Doch sie wirkte plötzlich anmutig und sinnlich. Ihre Bewegungen hatten etwas verführerisches und lockendes. Sie wirkte unheimlich weiblich. Mehrere Männer drehten sich nach der pummeligen Frau um und das obwohl Anjaani nicht unweit daneben stand. Zuma staunte nicht schlecht. Die Frau bewegte sich zwar nicht annähernd mit Anjaanis Grazie aber sie wirkte viel femininer. Die Tanzgruppe applaudierte begeistert. „Wie fühlen sie sich?“, fragte Anjaani die Frau, die sehr angenehm überrascht wirkte. „Mir haben noch nie Männer hinterher gesehen. Ich fühle mich so sexy, so vollkommen weiblich! Du bist der Wahnsinn, Luna-Sensei!“ „Und das bewirkt der Bauchtanz“, lächelte Anjaani. Nun konnten die Frauen es kaum abwarten, mit der ersten Lektion zu beginnen. Anjaani war wirklich gut. Inuyasha staunte nicht schlecht. Was konnte sie eigentlich nicht? „Der Punkt geht an dich, Arora“, hörte er Zuma ihr zuraunen und seine Finger streiften ihren nackten Bauch. In ihren knappen Klamotten fühlte Anjaani sich nun noch unwohler. Zuma warf ihr einen glühenden Blick zu, bevor er im Gebäude verschwand. Erschrocken wirbelte Anjaani herum. Ihr war, als hätte sie ein bedrohliches Knurren gehört, wie von einem großen Wolf. Warum hatte sie die ganze Zeit das Gefühl, als sei er in ihrer Nähe? Vielleicht war es das ungute Bauchgefühl, weil sie immer noch im Streit waren? Doch die Frauengesichter, die ihr im Tanzsaal begeistert entgegen strahlten, ließen sie ihre persönlichen Probleme schnell wieder vergessen. Alle warteten gespannt auf ihre nächsten Worte. „Ihr habt es nun selbst gesehen. Ich möchte euch allen dieselbe Freude des Tanzes vermitteln, die ich auch spüre. Ich möchte diesen Kurs als einen Ort der Freude und des Wohlbefindens schaffen. Ich möchte, dass dieser Ort ein Ort ist, an dem ihr eure Sorgen vergessen könnt. An dem ihr für einige Minuten Stress, Kummer und alles, was euch belastet, vergessen könnt. An dem ihr Frau sein könnt und euch mit eurer Weiblichkeit wohl fühlt. Und dafür ist das Miteinandervertrautsein wichtig.“ Kurz hielt sie inne und ließ ihren Blick durch die Menge wandern. Sie hingen an ihren Lippen. „Ich bin Aurora Luna“, stellte sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben mit ihrem Geburtsnamen vor, „und würde euch alle gerne kennen lernen. Wie heißt ihr?“ Ihre offene Warmherzigkeit hatte anscheinend Unbefangenheit ausgelöst, denn nacheinander stellten sich die Frauen vor und lernten sich untereinander kennen. Anjaani jubilierte innerlich. „Ein weiterer Punkt an mich, Zuma!“ Sein Blick war ausdruckslos. Bevor die muntere Plauderrunde zu einem Kaffeekränzchen ausarten konnte und Inuyasha von seinem Versteck aus einschlief, ergriff Anjaani wieder das Wort: „Es wird Zeit, dass wir zu tanzen anfangen. Wenn wir die Grundschritte erlernt haben, versuchen wir uns an kleinen Choreographien und auch an richtigen Liedern. Wir können auch zu Liedern tanzen, die ihr euch selbst aussucht. Ihr werdet eure Weiblichkeit deutlicher spüren denn je. Fangen wir an mit dem Aufwärmen.“ Es war interessant, wie Anjaani in ihrer Tätigkeit aufging. Ihr Gesicht strahlte voller Zufriedenheit und das machte sie noch schöner. Zuma entging auch nicht, wie sehr die Kundinnen sie mochten. Wer würde sie nicht mögen? Er hatte erwartet, dass eine Kursteilnehmerzahl von 50 sie überfordern würde, aber Anjaani erblühte wie eine Rose inmitten eines Dornengestrüpps. Doch war diese Herzlichkeit wirklich echt? War das alles nicht nur eine Fassade dieser intriganten, falschen Schlange? Oder hatte dieses Mädchen wirklich gar keinen Fehler? Verstohlen betrachtete er ihren Körper. In diesem Punkt war sie einmalig. Schöner als jede Frau, die er kannte. Aber sie hatte eine Schwachstelle... Anjaani hatte alles im Griff. Es war neu und deshalb kompliziert, aber sie machte jeder Teilnehmerin Mut, die neben ihr vor Neid erblasste, oder Selbstzweifel bekam. Zuerst führte Anjaani die Bewegungen vor und wiederholte sie sehr langsam und übersichtlich. Sie blühte in ihrer Arbeit regelrecht auf. Aufmerksam ging sie durch die Reihen und sah sich jede der Frauen eingehend an, verbesserte hier und lobte dort. Einige Male rief sie sogar jemand zu sich und bat um Hilfe. Es freute die junge Frau sehr, dass die älteren Frauen sie als Lehrerin anerkannten. Schneller, als sie erwartet hatte, war die Zeit rum. Auch die Teilnehmerinnen waren überrascht Unter fröhlichen Verabschiedungen, leerte sich der Raum und Anjaani war überglücklich. Inuyasha hatte sie bis dato ganz vergessen. Im Flur war dieses seltsame Gefühl stärker. „Inuyasha“ , meinte sie genervt. „Ich weiß, dass du hier bist und es nervt mich. Wenn du dich entschuldigen willst, dann tu das persönlich, aber hör auf, mich auszuspioneren.“ Sie wartete, doch nichts geschah. Da in einer halben Stunde der indische Bollywood-Tanzkurs beginnen würde, verschwand sie in der Umkleidekabine, um sich ihren smaragdgrünen Sari anzuziehen. Inuyasha verkrümelte sich währenddessen knurrend. Doch der nächste gefährliche Dämon war nicht weit. Und so fand er eine andere Beschäftigung. Anjaani jedoch unterhielt sich mit einem erleichterten Gefühl mit den Kursteilnehmerinnen, die früher ankamen. So sorgte sie von Anfang an für eine vertraute und lockere Stimmung. Dies war ein Kurs für Fans der indischen Filme, die seit letztem Jahr in Japan zu immer größerer Beliebtheit erlangt waren. Mittlerweile war in Japan ein regelrechter Indien-Boom zu erleben. Deswegen war ihre indische Abstammung ein gewaltiger Vorteil. Hier wurden die Tänze zu Liedern aus den Filmen getanzt. Es war Zumas Vorschlag gewesen und am Ende stellte sich heraus, dass es eine sehr gute Idee gewesen war. Auch hier gingen die 90 Minuten viel zu schnell rum. Anjaani fühlte sich wie im Paradies. So viele nette Leute- und alle mochten sie! Aber sie mochten Aurora Luna. Anjaani hatte schließlich nie jemand gemocht. „Zieh dich um“, befahl Zumas kalte Stimme, kaum dass die letzte Kursteilnehmerin den Saal verlassen hatte. „Bei den Standarttänzen sollst du das schwarze Kleid anziehen, dass ich dir an deinen Spind gehängt habe.“ Wortlos gehorchte sie. Das fließende Kleid war knielang, aber fast bis zur Hüfte aufgeschlitzt. Es passte gut zum anstehenden Tanzprogramm. Es war aber nicht Zumas Sinn nach Etikette, sondern der Gedanke, dass die männlichen Kursteilnehmer ihre Beine gut sehen konnten. „Und steck die Haare hoch, damit man deinen Hals besser sieht“, warf er noch ein. „Du sollst die perfekte Latina sein.“ „Ich bin keine Latina“, warf sie nur ein, obwohl sie sich innerlich eingestand, dass man sie äußerlich gesehen keiner bestimmten Nationalität einordnen konnte. „Du bist dunkel, hast wilde Locken und Feuer im Blut, Püppchen. Aurora Luna kannst alles sein, was ich will.“ Und ihr Aufzug wirkte. Das sah man den männlichen, jugendlichen Teilnehmern nur zu deutlich an. Anjaani war so beschäftigt, dass sie an nichts anderes dachte, als an den zu unterrichtenden Tanzkurs. Sie bemerkte die faszinierten Blicke der Halbstarken gar nicht. An Inuyasha dachte sie den ganzen Tag nicht mehr, auch nicht an Zuma, der sich ihrem Blickfeld entzogen hatte. Doch lange blieb sie nicht verschont, denn wie zufällig war er da, als sie einen Partner brauchte, um die Grundschritte des Cha-Cha-Cha vorzutanzen. Zuma hielt ihre Hand ein wenig zu fest in seiner. Anjaanis Stimme war der Schmerz nicht anzuhören, als sie die Körperhaltungen beschrieb. Dann wurde sie von der einsetzenden Musik übertönt. „Du schaffst wohl alles“, wisperte ihr Tanzpartner ihr bösartig zu. „Wenn ich es will, ja“, bestätigte sie liebevoll lächelnd. „Mit Geld und Schönheit schafft man heutzutage alles! Und einer einflussreichen Familie.“ Seine Worte trafen sie hart, doch sie ließ es sich nicht anmerken. Das Thema „Familie“ war einer ihrer wundsten Punkte. „Da muss ich Sie enttäuschen, Zuma-san. Ich habe weder Geld, noch eine Familie. Und so schön bin ich auch nicht!“ In dem Moment endete das Lied und Anjaani wandte sich augenblicklich ihren Schülern zu. Zuma beobachtete sie eingehend. So schön ist sie nicht? Meinte sie das ernst, oder war es purer Sarkasmus gewesen? Wusste sie wirklich nicht, wie schön sie war? Konnte das demnach sein, dass sie von Natur aus so perfekt war? Ihre Haut nicht gepudert, die Lippen nicht geschminkt, die Wimpern nicht verlängert? Was diese Makellosigkeit wirklich möglich? Waren auch diese Engelslocken echt, deren Duft ihm den Verstand raubten? Eines hatte er feststellen können, wenn er mit ihr getanzt hatte und auch, wenn er sie tanzen gesehen hatte: Diese vollen, runden Brüste waren echt! Und allein der Gedanke daran brachte seine eiserne Disziplin zum bröckeln. Sie war nicht nur äußerlich perfekt. Sie machte sich tatsächlich gut. Problemlos hatte sie die Schüler paarweise aufgestellt. Ein junger Mann, nur wenig jünger als Anjaani selbst, blieb übrig, der stark errötete, als diese auf ihn zukam. Er wirkte scheu und zurückhaltend. Für Zuma war das nichts anderes als Schwäche. Anjaanis Anwesenheit machte ihn verlegen, er redete nur stammelnd mit ihr. „Was für ein Schlappschwanz“, dachte Zuma verächtlich. Er zeigte vor einer Frau Schwäche. Das war einfach nur demütigend. Wie vom Donner gerührt war der Schüler, als Anjaani sich als seine Partnerin anbot und seinen Arm um sie legte. Der schwache Wicht konnte ihr nicht einmal in die Augen sehen. Wahrscheinlich, weil er von ihrem Dekolletee gefesselt war. Zuma schnaubte verächtlich und wandte sich ab. Sie wickelte wohl jeden um den Finger. Genau wie seinen Vater! Er würde es Anjaani schon heimzahlen. Sie ist genau wie ihre Schlampe von Mutter. Er würde es bei ihr nicht dulden. Niemals! Wenn da nur nicht dieses Verlangen nach ihr wäre! Anjaani bekam die feindliche Energie, die plötzlich von Zuma ausging, nur zu deutlich mit. Doch unbeirrt unterrichtete sie weiter. Es machte so einen Spaß! Die 10-minütige Pause kam viel zu schnell, doch ihre angestrengten Schüler hatten eine Pause verdient. „Macht es Spaß?“, erkundigte sich Zuma, als sie alleine im Raum waren. „Du kümmerst dich ja fast schon wie eine Mutter um sie.“ Sie würdigte ihn keines Blickes, sondern wandte sich ihrer Wasserflasche zu. Umso besser. So konnte er ungeniert ihren perfekten Körper betrachten. Ihr langer, zarter Hals... wie wäre es mit der Zunge über diese seidenweiche Haut zu gleiten? Sie zu schmecken... So ein begehrenswerter Körper... Bald schon wäre sie sein! Wenn sie wollte, konnte sie jeden verführen, allein schon mit einem Blick unter diesen dichten, langen Wimpern. Alle Männer wären ihr hilflos ausgeliefert. Er selbst wäre verloren, sobald sie anfing ihn einzuwickeln. Aber sie schien so unschuldig. Wenn sie wüsste, dass sie alles bekommen könnte, wenn sie ihre Schönheit geschickt einsetzte. Sie machte den Eindruck, als wüsste sie es nicht. Anjaani sah ihn erst wieder an, als sie die Flasche zuschraubte. „Ich bin als Lehrerin nun mal für meine Schüler verantwortlich.“ Er verschränkte herausfordernd die Arme vor der Brust, die Augen blitzten gefährlich. „Lehrerin? Du nimmst den Mund ja ganz schön voll.“ „Ich tue meine Arbeit.“ „Du hast bestanden“, meinte er nur knapp. Mit einem eleganten Hüftschwung, so verführerisch, dass er dutzende Männerherzen brechen konnte, schob sie sich an ihm vorbei. „Vielen Dank. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, Zuma-san? Ich möchte gerne den Rest meiner Pause auskosten.“ Vom Fenster aus sah Zuma sie im Hof, umringt von aufgedrehten Oberschülern. Allen verdrehte diese kleine Hexe den Kopf. Alles schien sie zum erreichen. „So leicht mache ich es dir nicht, Arora!“, schwor er sich. „Ich will dich und ich kriege dich... und ich will, dass du dabei leidest! Heute zeige ich es dir!“ Er unterdrückte sein boshaftes Grinsen nicht, als Anjaani nach Feierabend den Boden des Tanzsaales kurz durchwischte. Den ganzen Tag hatte sie ihn gereizt, mit sinnlichen Bewegungen bezirzt und ihn gehörig ins Schwitzen gebracht. Den ganzen Tag schön wackelte sie mit ihrem Traumkörper vor seiner Nase rum und er hielt es nicht mehr länger aus. Er wollte sie jetzt! Unberührt drehte sie sich zu ihm um, als er ihr den Besen aus der Hand nahm. So riesige, grüne Augen... damit machte sie ihn nur noch heißer. Doch er unterdrückte den Impuls gleich über sie herzufallen. „Feierabend?“ Das überlegene, kalte Glitzern in seinen hellen Augen strafte seiner sanften Worte Lügen. Was hatte er denn jetzt vor? Er schien sie mit seinen Augen regelrecht auszuziehen. „Ja, ich gehe jetzt nach Hause“, lächelte sie höflich, doch im Gedanken sehnte sie sich nach Inuyashas Anwesenheit. „Hast du dich abgemeldet?“ Langsam kam er auf sie zu. Reflexartig wich sie zurück. „Du kannst nicht einfach so gehen, ohne dich beim Chef abgemeldet zu haben.“ „Ich komme gerade aus Akiyoshi-samas Büro“, erklärte sie fröhlich. Plötzlich wurde sie sich der Gefahr ihrer Situation bewusst, als ihre Schulter gegen ein unüberwindbares Hindernis stieß und seine Augen gefährlich aufleuchteten. Jetzt hatte er sie! „Zu dumm nur, dass ich dein Chef bin.“ Zuma drängte sie gegen die Wand. Ihre Hilflosigkeit machte ihn unheimlich an. Er zitterte schon vor lauter Ungeduld. „Du hast dich nicht bei mir abgemeldet. Das war sehr unhöflich. Das werde ich dir nachtragen.“ Er beugte sich mit einem triumphierenden Grinsen zu ihr. Seine Finger legten sich an ihre rasende Halsschlagader. Haut so zart wie eine Rosenblüte. Wahnsinn! Er konnte sich kaum zurückhalten und sie sah es ihm an. Anjaani kroch kalte Angst in die Glieder. „NEIN!“ „Sie an, eine kleine Betrügerin“, grinste Zuma genießerisch und starrte ihr fest in die Augen. „Deine Augen sind braun, fast schwarz“, stellte er fest. „Du versteckst sie unter getönten Kontaktlinsen. Und weißt du, woran ich das erkenne?“ Er packte mit kalten Fingern ihre Handgelenke und drückte sie mit seinem Körper gegen die Wand. Ihre Brust bebte an seiner. Anjaani versagte vor lauter Angst der Atem. Der Schrei blieb in ihrer Kehle stecken. „Du hast Angst“, flüsterte er in ihr Ohr. „Deine Pupillen verengen sich vor lauter Furcht vor mir und geben die Wahrheit preis.“ Er ließ sie los und entfernte sich einen Schritt von ihr, um sich an ihrer Panik zu weiden. „Du hast allen Grund dazu.“ „Da bist du ja!“ Die Drillinge platzen, von Yoko angeführt, in den Saal. „Guten Abend Aani, Eiszapfen“, nickte sie. „Flittchen“, erwiderte er die Begrüßung. Innerlich packte ihn rasender Zorn. „Nein! Nicht jetzt!“ „Ich sehe, du bist mal wieder bester Laune, Zumalein“, zwitscherte der rote Drilling. „Wie könnte ich nicht, wenn du mich mit deiner liebreizenden Erscheinung beglückst, Yoko-Neko“, meinte er mit vor Sarkasmus triefender Stimme. „Oh, magst du meinen Spitznamen etwa nicht mehr? Schon vergessen, den hast du mir gegeben, Zumalein.“ „Hey“, seufzte Anjaani müde und hob abwehrend die Arme. „Können wir einfach gehen?“ „Klar, komm“, lächelte Yami. „Ähm, Yoko-Neko? Wir gehen!“ „Wartet nicht auf mich“, sagte Yoko nur und die ahnungsvollen Schwestern schoben eine besorgte Anjaani aus dem Raum. Lasziv schritt Yoko auf Zuma zu. „Ich weiß, was du willst, Zumalein. Das Verlangen steht dir ins Gesicht geschrieben. Und du scheinst ja gleich zu platzen.“ „Natürlich“, knurrte er sarkastisch. „Ich habe mich schon so nach dir verzehrt!“ „Nein, ich rede nicht von mir. Ich weiß, dass Aani dich unheimlich scharf gemacht haben muss. Kein Mann erträgt ihre Gegenwart, ohne sie zu begehren.“ „Was willst du, Kätzchen“, raunte er samtig. „Denn ich bin gerade nicht in Stimmung für liebevolle Zärtlichkeiten.“ „Dir geben, was du brauchst und-“ Mit schnellen Schritten war er bei ihr, zerrte sie an sich und verschlang ihre Lippen wie ein hungriges Tier. „Oh Zuma! Ich sollte dich öfters zu Aani schicken“, keuchte sie noch, als sein gieriger Mund über ihre Haut glitt und ihren Verstand überwältigte. „Komm, Aani-Schätzchen, schau nicht so skeptisch“, versuchte Yuki sie aufzumuntern, als sie sich auf den Heimweg machten. „Unser Kätzchen weiß, was sie tut. Und sie braucht es.“ „Ich heiße das trotzdem nicht gut“, murrte Anjaani. „Sie hat keine Angst vor Zuma“, zwinkerte Yuki. „Also kann ihr auch nichts passieren. Außerdem liebt sie die wilde und harte Tour.“ „Aber sie tut... das!“ Yami lachte auf. „Und sie wird es genießen. Stell dir vor wie scharf Zuma wegen dir sein muss. Yoko wird dir sehr dankbar sein. Dich widert es nur an, weil du das nicht kennst!“ „Doch, ich kenne es.“ „Nein“, widersprach Yuki nun ernst. „Glaub, mir, das tust du leider nicht.“ „Ich will es auch nicht kennen!“, rief Anjaani beschämt. Jetzt lachten beide Schwestern. „Was ist so komisch dran“, rief Anjaani in einem Anfall von Gereiztheit. „Weil wir alle wissen, dass das nicht stimmt“, kicherten sie. „Gib es zu, du fragst dich immer, wie es sich angefühlt hat. Wie war es, als Inuyasha dich berührt hat? Du fragst dich, ob es wirklich so ist, wie die Erniedrigung und der Schmerz, den du erfahren hast.“ „Ist es denn anders?“, fragte sie leise. „Oh!“, rief Yuki und klatsche begeistert in die Hände. „Es ist unglaublich!“ „Erzähl es mir.“ Für einen Moment entglitten den beiden die Gesichtszüge. Nein, sie hatten sich nicht verhört. „Warum?“, fragte Yuki fassungslos. „Weil ich mich nicht an die Nacht mit Inuyasha erinnere, sie aber schön gewesen sein muss. Schließlich hatte ich es gewollt, glaube ich...“ Sie schluckte schwer, doch sie wollte drüber reden. „Und weil ich eine Sehnsucht verspüre, die mit meiner Erfahrung in Konflikt gerät. Weil ich Angst habe, mich nach etwas zu sehnen, dass ich vielleicht bitter bereuen werde. Ich habe Angst, Inuyasha zu begehren, aber dann wieder nur Schmerz zu erfahren. Inuyasha ist meine Sehnsucht, das wisst ihr. Sagt, wie ist es? Denn diese Sehnsucht wird immer stärker.“ „Yoko-Neko ist nicht da, also mache ich das“, raunte Yami ihrer Schwester zu. „Sonst sagst du noch etwas, was sie für ihr Lebensende abschrecken wird. Schließlich warte ich schon ewig auf diesen Moment.“ „Wie willst du das tun?“, entgegnete Yuki, als würde Anjaani nicht zu hören. „Du bist ja selber noch Jungfrau.“ „Und dennoch habe ich genau so viel Erfahrung wie du.“ „Stimmt. Also bitte, du darfst.“ Yami wandte sich der Freundin zu. „Hör mal, Schätzchen. Zuallererst, und das ist das wichtigste, kommt das Vertrauen.“ „Vertrauen?“, wiederholte Anjaani, als wäre ihr das Wort fremd. „Ja, du musst dem Partner vertrauen können, schließlich gibst du dich ihm ganz hin. Ohne wird es zum Alptraum. Es ist der Wunsch, dem Partner so nah wie möglich zu sein. Der Wunsch, nicht nur seelisch, sondern auch körperlich verbunden zu sein. Es ist wie tanzen, nur schöner und inniger, verstehst du?“ Anjaanis Gesicht erstrahlte. „So ist es? Dann muss es atemberaubend sein!“ „He, du bist wirklich gut“, lobte Yuki. „Unser Kätzchen wäre stolz auf dich. Ich hätte nicht gedacht, dass wir Aani ohne einen Hysterieanfall aufklären können.“ „Deshalb solltest du auch mich reden lassen. Aani-Schatz, beim Sex geht es nicht um dieses Rein und Raus.“ „Hä, worum dann?“ „Halt die Klappe, Lisa! Es ist eine Verbundenheit, ein Verlangen, es ist die körperliche Form von Liebe. Küssen und Berühren gehören auch zum Sex. Liebe und Begierde gehen Hand in Hand.“ „Seit wann denkst du so?“, wunderten sich beide Zuhörerinnen. „Warum, glaubt ihr, bin ich noch Jungfrau“, seufzte Yami. „Ich will mit dem Mann, den ich Liebe, verschmelzen. Will, dass unsere Körper und unsere Seelen eins werden. Ich will ihm so nah sein wie nur möglich, will nur ihm gehören. Will zusammen mit ihm in einem Strudel der Lust, der Hingabe und der bedingungslosen Liebe versinken. Ich stelle es mir so schön vor und ich will es nur mit meinem Traummann erleben. Mit Aryan Suraj.“ Erstaunt sahen die großen, grünen Augen sie an. Anjaani dachte über ihre ehrlichen Worte nach. „Mäuschen, das ist so wunderschön!“ „Nur total unrealistisch“, meinte Yuki nüchtern. „Aryan Suraj ist ein junger, indischer General und einer der mächtigsten und mit Abstand attraktivsten Männer der Welt.“ „Dass ich Inuyasha begegne, war noch unrealistischer“, erinnerte Anjaani. „Und wegen ihm frage ich, wie sich S-Sex anfühlt. Ich habe seit ein paar Tagen jede Nacht einen Traum“, begann sie zaghaft. „Einen Traum, der meine tiefsten Sehnsüchte widerspiegelt.“ „Einen erotischen Traum?“, hackte Yuki nach. „Mit mir?“ „Nein, mit Inuyasha. Bitte lacht mich jetzt nicht aus!“ „Aani, mein Herz, an geheimen Sehnsüchten ist nichts zum Lachen. Es tut uns eher weh, dass du sowas Schönes nicht erleben kannst.“ „Jetzt übertreib mal nicht.“ „Wir meinen es ernst. Du lebst mit Inuyasha zusammen. Mit Inuyasha! Das sagt doch wohl alles. Er ist alles, was man sich von einem Mann wünscht. Und du träumst von seiner Nähe. Wie ist es?“ „Uff, kaum zum aushalten! Inuyasha und ich hatten am Montag, als ihr geflüchtet seid, einen Streit.“ „Du meinst, weil er dich nicht zur Arbeit bringen wollte?“ „Ja, wir hatten gestritten und er hatte mich wütend gegen die Wand gedrückt...“ Die Freundinnen gaben ein zischendes Geräusch von sich. So erzählte Anjaani von der Situation. Von der Hitze und dem Verlangen. „Aber in meinem Traum verläuft es ganz anders. Statt mir nur mit Worten zu drohen, presst er mich fest an die Wand und nimmt meine Lippen erbarmungslos in Besitz...“ „Und er drückt sich fest gegen dich mit seinem Körper aus Stahl und hält deine Handgelenke unentrinnbar umklammert“, hauchte Yuki verzückt. „Diese Hilflosigkeit macht dich so an...“ Anjaani nickte überrascht. „Und du wehrst dich, obwohl er dir mit diesem wilden Zungenspiel den Verstand raubt. Du keuchst an seinen Lippen, dass er aufhören soll, obwohl du es eigentlich willst.“ „Woher weißt du das?“ „Also von Inuyasha wünscht man sich, überwältigt zu werden. Er ist schließlich ein wilder, animalischer Dämon. Gefahr und Erotik liegen ihm im Blut. Also, du winselst um Gnade, und was sagt er?“ Anjaani atmete tief durch und ließ die prickelnden Erinnerungen aufleben... Er hält sie mit seinem Körper an der Wand gefangen. Seine wilden, fast groben Küsse rauben ihr den Verstand. „So, du kannst dich also wehren“, raunt Inuyasha mit tiefer und dunkler Stimme. Sein Gesicht ist finster, gefährlich und Anjaani ist wie gelähmt. „Los! Versuche doch dich zu wehren“, knurrt er, seine Klauen zerfleddern ihr Choli... Anjaanis nackte Brust bebt vor Angst. „Inuyasha, nein“, fleht sie erstickt, als sein Mund sich über ihre Blöße hermacht. Seine heiße, raue Zunge... Das sie da so empfindlich ist! „Komm, wehre dich“, verlangt er und beißt in ihre sensible Knospe. Sie wirft den Kopf nach hinten und unterdrückt ein Stöhnen. Es ist unerträglich schön. „Hör... a-auf...“ Doch seine heiße Zunge zieht brennende Bahnen über die sensible Haut und setzt ihren ganzen Körper in Brand. „Es ist zu spät.“ Sein Knie zwängt sich zwischen ihre Beine. Panisch bemerkt sie, dass es ein leichtes für ihn ist, sich dazwischen zu drängen. Stumm starrt sie ihm in die bedrohlichen, gierigen Augen. „Und jetzt verrate mir mal, wie du dich da wehren kannst!“, knurrt er heiser. Sein heißer Atem treibt ihr die Schwindel erregende Hitze ins Gesicht. Ihre Brust pocht an seiner. Ihr Atem geht unkontrolliert schnell. Sie kann den Blick nicht abwenden. Und sie will nur noch eins: Ihn! „Jetzt gibt es kein Entkommen mehr für dich!“ „Bitte…“ Ihre Stimme ist nur sehr schwach und zittert. „Bitte lass mich los!“ „Was, wenn Zuma das hier macht?“ Inuyashas eiserner Griff löst sich und ehe sie etwas unternehmen kann, hat er ihr den Sari von der Hüfte gezerrt. Fest umfasst er ihr Gesicht. So muss sie in diese gefährlichen Augen sehen. Sie will den Kopf drehen, will ihn mit ihren freien Händen weg stoßen, doch er steht unbeweglich wie ein Fels. Seine Lippen sind ihren so nah, das sie die Hitze spürt, die von ihnen ausgeht. Sein brennender Atmen benebelt ihre Sinne. Er kann mit ihr machen was er will, sie kann sich keinen Zentimeter rühren. „Jetzt kann ich alles machen, was ich will“, knurrt Inuyasha leise an ihren zitternden Lippen und hebt ihren Schenkel an. „Und das werde ich auch!“ Als seine Hand unter ihr Höschen langt und die winzige, versteckte Perle findet, stößt sie einen Schrei aus, den er mit seinen Lippen erstickt. Ihren sich aufbäumenden Körper drückt er fester gegen die Wand. Heiße, prickelnde Schauer wandern über ihren ganzen Körper, treiben sie fast zum Wahnsinn. Sie will das nicht, aber wieso fühlt es sich so gut an? Wieso überwältigt sie dieses süße Feuer? Sie klammert sich stöhnend an ihn, will mehr. Ihn, nur noch ihn! „So heiß, so feucht“, murmelt er erregt. „Und mein!“ Zwei Finger verschwinden in ihr, lassen sie vor Lust schreien. Hitzewellen spülen über sie hinweg, werden stärker und stärker. Treiben sie höher und höher, bis es immer unerträglicher wird. Bis sie nur noch ihn will. Und in ihren begehrlichen, lustvoll verschleierten Augen sieht er die Erlaubnis. Sie zu nehmen und alles mit ihr zu machen, was er möchte. Sie hört wie er den Reißverschluss seiner Hose öffnet, dann packt er ihre Hüfte und hebt sie an. Und sie kann sich nicht wehren, jetzt gehört sie ihm. „Ich will dich jetzt, Anjaani! Jetzt gehörst du mir!“ Die Schwestern starrten sie mit angehaltenem Atem an. Ihre Augen waren riesig und ihre Münder ganz ausgetrocknet. Keine bemerkte, dass sie schon vor Anjaanis Wohnungstür standen. Ihre Füße hatten sie wie von selbst hin getragen. „Und weiter“, drängte Yami atemlos. „Es geht nicht weiter.“ „Was?“, rief Yuki enttäuscht. „Der Traum endet immer an dieser Stelle. Und irgendwie...“ Sie schaffte es tatsächlich noch roter zu werden, als sie es schon war. „... irgendwie wünsche ich mir, es würde nicht enden. Ist es so wie ich es träume?“ In dem Moment würde die Türe geöffnet. Erschrocken kreischten die Mädchen auf und ließen Inuyasha zusammenzucken. Verdattert blickte er in die hochroten Gesichter der drei Mädchen. Nur Anjaanis Miene wurde bei seinem Anblick verschlossen. „Was ist mit euch passiert“, fragte er unfreundlich. Fast schon ungläubig schüttelten Yami und Yuki die glühenden Köpfe. „Nichts“, stotterte Yuki leicht und sah ihn schmachtend an. Ihr Blick wanderte an ihm rauf und runter. Geistesabwesend leckte sie sich über die trockenen Lippen. „Mein Gott, Yami-Maus, ich muss hier weg, sonst falle ich gleich über ihn her!“ „Hä?! Bist du jetzt völlig verrückt?“ „J-ja, wir sollten lieber gehen. B-bis dann, du geiler Hengst! Ach, Aani. Es ist genauso, also lebe deine Sehnsüchte. Bye!“ Total irritiert blieb er an der Türe stehen. „Was ist denn mit den Irren los? Und wo ist Verrückte Nummer 3?“ Anjaani antwortete nicht. Sie lief in die Küche und kämpfte mit dem Scham. Langsam bereute sie es, den Schwester davon erzählt zu haben, obwohl es befreiend gewesen war, darüber zu reden. Und sie lachten sie nicht aus, nein, eher schienen sie mitfühlen zu können. Ihre Sehnsüchte beschämten sie nun nicht mehr so. Anjaanis Sehnsucht, nein, Auroras Sehnsucht. Die Sehnsucht der Morgenröte. Die Morgenröte sehnte sich nach der Sonne. Das war doch nur natürlich, oder? Aber Inuyashas Missetat, die ihre Beziehung gerade beschattete, ließ den Zorn wieder zurückkehren. Ihre Sehnsucht verflog und sie strafte ihn weiterhin mit Ablehnung. Bis sie ihn kurz genau betrachtete. „Yeh kya hai?“ Sie sprach unbewusst ihre Muttersprache. „Was ist was?“, fragte er. Da Anjaani immer „Kya hai?“ anstelle von „Was ist?“ sagte, konnte er ihre Worte übersetzen. „Das da. Du blutest.“ Er hatte einige Kratzer und Striemen im Gesicht. Sein T-Shirt war schmutzig und zerfleddert. „Ich komme gerade von einem Kampf mit einem Dämon“, knurrte er. „Hat den ganzen Mittag gedauert. Und ich habe Hunger.“ „Dir scheint es ja gut zu gehen.“ Mehr sagte sie nicht und verschwand in der Küche. „Wie lange willst du noch sauer auf mich sein?“, knurrte er genervt beim Abendessen. Seine Wunden waren inzwischen verheilt. Schweigend aß sie weiter. „Hey“, rief er und schlug mit der Faust auf den Tisch. Das Geschirr klirrte protestierend. „Wieso bin ich denn sauer?“, sagte sie nur. Grummelnd verschränkte er die Arme vor der Brust. „Du machst ein Theater, weil ich einige Dämonen getötet habe.“ Mit blitzenden Augen sprang sie auf, das wilde Lockenhaar flog ihr ins Gesicht. „Es waren Kinder, Inuyasha! Kinder! Du hast Kinder getötet!“ „Es waren Dämonen!“ „Dennoch waren es Kinder! Auch wenn sie Dämonenblut in den Adern hatten, es waren immer noch unschuldige Kinder!“ Wutschäumend hatte sie sich vor ihm aufgebaut, ihre glitzernden Augen bohrten sich fest in seine und ließen sein Blut brodeln. Sie war so verdammt attraktiv, wenn sie wütend war! Ihre saftigen, roten Lippen bebten... „Was hätte ich denn tun sollen?“, rief er unwirsch. „Sie verschonen?“ „Ich habe dich angefleht, sie zu verschonen!“, schrie Anjaani und ein kleiner Schluchzer mischte sich ihrem Tonfall bei. „Ich habe gefleht und gebettelt! Aber du hast sie eiskalt ermordet!“ Sie schaute weg, ihre Stimme wurde leise. „Es waren doch nur Kinder.“ Erschrocken bemerkte er ihre Tränen und sprang auf. „Hey, hör auf damit!“, rief er hilflos. „Mit Tränen kann ich nicht umgehen!“ „So soll es sein!“, kreischte sie und stürmte ins Badezimmer. „Verrecke an deinem Schulgefühl, du kindermordendes Monster!“ Mit lautem Krachen flog die Türe zu und er starrte ihr nur machtlos nach. Es dauerte eine Weile, bis Anjaani sich in den Schlaf geweint hatte. Inuyasha saß währenddessen grübelnd vorm Fernseher. Ohne sie machte nichts Spaß. Seit Freitag hatte Anjaani ihn angeschwiegen, kaum ein Wort mit ihm geredet, seitdem er das Dämonennest ausfindig gemacht hatte. Anjaani hatte es entdeckt, Freitag Abend auf dem Heimweg. Jetzt dieser Wutausbruch und ihre Tränen. Wieso geht ihr der Tod von einigen Dämonen so nah? Sie macht doch sonst kein sinnloses Drama. Inuyasha rang mit sich. Nach einer ganzen Weile Nachdenken, trat er ohne anzuklopfen in ihren Raum. Sie schlief tief und fest. Er knipste das Licht an, schlich sich zu ihr und hockte sich neben den Nachttisch. Anjaani hatte geweint... Sie blinzelte geblendet, vom Licht geweckt. Als sie sich an die Helligkeit gewöhnt hatte, starrte sie ihn stumm und voller Vorwürfe an. Sie brauchte sich nicht zu rühren, denn er war auf Augenhöhe mit ihr. „Warum stört es dich so?“, wollte er wissen. „In meinen Augen waren das Kinder“, flüsterte sie. „Hast du denn wirklich kein Herz?“ Er atmete tief ein, bevor er antwortete und hoffte, sie würde das Bedauern in seinen Augen sehen können. „Was hätte ich denn sonst tun sollen? Die Eltern haben Menschen angegriffen, um mit ihnen ihre Brut zu füttern. Ein Balg hat dich sogar fressen wollen und du weinst um sie?“ „Es waren Kinder“, wiederholte sie nur. „Glaubst du, es hat mir Spaß gemacht?“ Sein Blick wurde eindringlich. „Glaubst du, ich habe gerne Kinder getötet? Ich sehe Kinder auch nicht gerne sterben. Aber Dämonen haben nichts kindliches an sich! Sie sind und bleiben Monster!“ „Hat deine Mutter das auch von dir gedacht?“ Sie sah, wie er sich versteifte. Gekränkt wandte er den Blick ab. In der Überzeugung, zu weit gegangen zu sein, richtete sie sich auf und griff nach seiner Schulter. Doch er entzog sich ihr. „Siehst du? Deswegen solltest gerade du mich verstehen. Es tut mir leid, Inuyasha. Es hat mir wehgetan, diese Kinder sterben zu sehen, auch wenn es Dämonen waren. Ich habe schon mal ein Kind sterben sehen.“ „Das ist der Grund für deine Wut auf mich?“ „Ja, die Erinnerung kam hoch.“ Er wandte sich ihr wieder zu. „Wann war das?“ Plötzlich hatte seine Stimme diese Sanftheit wieder, die ihr wohlige Schauer über die Haut laufen ließ. „Interessiert dich das?“ „Würde ich sonst fragen?“, knurrte er ungeduldig. Sie schloss für einen Moment die Augen, er sollte ihre Tränen nicht sehen. „Es war bei einem Busunglück, einen Monat bevor wir zwei uns trafen. Wie durch ein Wunder überlebte ich als einzige fast unverletzt. Dabei starb ein kleines Baby, direkt vor meinen Augen.“ Stockend brach sie ab und konnte nicht mehr weitererzählen. Es war das schlimmste Ereignis in ihrem Leben gewesen. Als er ihren Arm berührte, merkte er, dass sie zitterte und mit bitteren Tränen kämpfte. Sie presste das Gesicht gegen seinen Oberarm, versuchte ihren Atmen zu kontrollieren. All ihre Energie brachte sie auf, um sich zu beruhigen, die Mauer zu schließen. Erschöpft sank sie zurück aufs Bett. „Anjaani. Wenn du in Gefahr bist, werde ich dich beschützen, selbst wenn es Kinder sind.“ „Ich verstehe das, aber ich ertrage es nicht, ein Kind leiden zu sehen“, flüsterte sie leise. „Das tut mir leid. Ich habe es nicht gewusst.“ „Ich weiß.“ „Doch du weißt nicht alles, Saajan“, weinte sie lautlos in ihren Gedanken. „Es war das Schlimmste, was in meinem Leben passiert ist. Denn ich habe das Kind getötet.“ Irgendwann sollte er es erfahren, schwor sie sich. Irgendwann würde er alles erfahren. Aber noch war der Zeitpunkt nicht gekommen, die schützende Mauer zu sprengen. Zuma entging ihre Gedankenversunkenheit am nächsten Tag nicht. „Streit mit deinem Freund gehabt“, sprach er sie drauf an, als der letzte Kurs geendet hatte. Es war der lateinamerikanische Tanzkurs gewesen. Sie hatten perfekt zusammen getanzt. Körperlich war Anjaani anwesend, aber innerlich war sie ganz wo anders. „Tun Sie nicht so, als ob es Sie interessiert“, sagte Anjaani ernst und lehnte mit verschränkten Armen an der Wand. „Du und dieser Dämon. Ist er dein Freund? Deine Freundin erwähnte da etwas gestern.“ „Ach, ihr habt Zeit für ein Gespräch gehabt?“ Verwundert hob sich ihre Stirn. Yoko hatte ihr am Morgen beim Frühstück alles erzählt, begeistert von Anjaanis neuer Offenherzigkeit. Nun, da sie von seinen herausragenden Liebhaberqualitäten wusste, war sie in seiner Nähe noch nervöser. Zuma ging nicht drauf ein. „Er wohnt bei dir, ist er dein Freund?“ „Und wenn, was geht es Sie an?“ Herausfordernd reckte sie das Kinn. „Oho, ein wunder Punkt“, grinste Zuma und spielte mit dem Zipfel ihres cremefarbenen Saris. „Also seid ihr nicht zusammen.“ „Woher wollen Sie das wissen? Hey!“ Sie versuchte sich zu wehren, als Zuma ihre Handgelenke packte und sie an sich zog. Doch er war zu stark. „Ich glaube nicht daran“, flüsterte er und seine Silberaugen wurden dunkel vor Begehren. Mit der Wand hinter ihr und Zuma vor ihr hatte sie keine Fluchtmöglichkeit. Angst machte sich in ihr breit. „Diese großen, unschuldigen Augen“, hauchte er. „So dunkel, so verführerisch. Golden gesäumt...“ Sein Daumen strich über ihre Unterlippe und er neigte den Kopf. Sein Atem brannte heiß in ihrem Gesicht. „Du hast Angst vor mir und das macht mich unheimlich an...“ Sie wand sich, doch Zumas Umklammerung wurde nur noch fester. „Damit machst du es für dich nur noch schlimmer. Aber für dich ist es jetzt eh zu spät...“ Seine Lippen berührten gerade ihre, als... „ANJAANIIIIII!!!!!“ Die laute Stimme ließ Zuma erschrocken von ihr wegrücken, als wenige Momente darauf Inuyasha in den Saal trat. „Anjaani, da bist du ja! Ich suche dich überall.“ Vor Erleichterung kamen ihr die Tränen, als sie ihn sah. Überglücklich eilte sie ihm entgegen und warf sich ihm um den Hals. Reflexartig schlang er die Arme um ihren bebenden Körper und verstand sofort, dass er im richtigen Moment aufgetaucht ist. Ein verächtlicher Blick aus goldenen Augen, gefolgt von einen bedrohlichen Knurren, trafen Zuma. Eine stumme Warnung, die ihm unerklärlicherweise einen kalten Schauer verpasste. Die Augen dieses weißhaarigen Mannes waren dämonisch. Dann wandte sich Inuyasha dem Mädchen zu, das selig an seinem Hals hing. „Bist du fertig?“, fragte er, nahm ihre Hand und zog sie mit zum Ausgang. Die sanfte Stimme passte nicht zur Gefahr, die er ausstrahlte. Zuma wusste, er musste sich vor dem Kerl hüten. „Nein, ich muss doch noch duschen, Saajan.“ Ihr Lächeln war strahlender als die Sonne. „Kannst du das denn nicht, wenn wir daheim sind? Ich hab solchen Hunger!“ Anjaani, die Zuma in ihrem Rücken völlig vergessen hatte, tänzelte fröhlich an der Seite ihres... war er wirklich ihr Freund? „Okay, gehen wir. Ich koche heute japanisch.“ „Toll... und...“ Er flüsterte etwas leises doch deutlich hörbares in ihr Ohr, das Anjaani sichtbar zusammenzucken ließ: „...dafür schrubbe ich dir unter der Dusche den Rücken...“ Das Herz blieb Anjaani stehen, bis sie Desidero ansah. Sein Mund lächelte keck, doch tief in seinen Augen bemerkte sie die Wut. „Du bist unmöglich“, schalt sie ihn und wandte gekonnt beschämt den Kopf weg. „Behalte deine schmutzigen Gedanken für dich! Wie oft muss ich dir das sagen?“ Sollte Zuma ruhig denken, dass sie vergeben war, dann würde er sie in Ruhe lassen. Schließlich hatte er sie gerade fast geküsst. Seine Lippen hatten ihre schon berührt, es war haarscharf gewesen. Mit Inuyasha als Geliebten war sie sicher. Dieser Meinung war auch der Halbdämon. „Ich habe nämlich das dumpfe Gefühl, dass er sich für dich interessiert“, erklärte er, als sie auf der Straße standen. „Der Geruch von Gier lag deutlich in der Luft! Ist er dir zu nahe getreten?“ „Meinst du, er könnte mir gefährlich werden“, fragte sie ausweichend und ließ seinen Arm los. Eigentlich wusste sie die Antwort und was passiert wäre, wenn Inuyasha nicht rechtzeitig aufgetaucht wäre. „Halt dich an mir fest“, meinte er. „So lange, bis wir aus seiner Sichtweite sind.“ „Danke, Saajan“, strahlte sie ihn so herzlich an, dass er rot wurde und den Kopf wegdrehte. Plötzlich roch Inuyasha, dass Zuma aus dem Gebäude trat. Ohne Vorwarnung zog er Anjaani in seine Arme. Seine Lippen berührten ihre Wange nur Millimeter neben ihrem Mund und lösten dort ein prickelndes Gefühl aus. Sie glaubte, ihr Herz würde explodieren, wenn er sie nicht loslassen würde. Plötzlich spürte sie es auch, Zumas bohrenden Blick. Da nahm sie sein Gesicht in ihre Hände und zog ihn zu sich. Für Zuma musste es so aussehen, als würden sie sich küssen. Anjaani war ihm so nah. Er spürte die Wärme ihrer Lippen, so dicht bei seinen, so eine unendlich süße, zärtliche Qual. Nur ein winzig kleines Zucken seiner Lippen und er würde ihre berühren. Die Luft dazwischen prickelte so heiß. Es war wie ein süßer Sog, er zur Erfüllung führte, zur Erlösung. Nur ein Kuss... „So spielt man einen Kuss richtig vor“, hauchte Anjaani schwer atmend und ihr Mund streifte seinen beim Sprechen. Dann ließ sie ihn los und der Sturz zurück in die Realität traf ihn unerwartet. Inuyasha blinzelte überrascht. „Hoffentlich hat diese kleine Show ihn auch überzeugt“, knurrte er und versuchte angestrengt, seinen Herzschlag zu beruhigen. „Glaubst du, dass das überhaupt nötig war?“ Sie wirkte ruhig, konnte aber dennoch nicht verhindern, dass ihre Wangen glühten. „Ich mag den Kerl nicht“, sagte er ernst. „Er will dich und ich glaube, dass er keiner der freundlichen Sorte ist.“ „Meine Güte, wie recht du hast“, regte sie sich auf. „Der Typ ist unmöglich! Willst du wissen, was er heute gemacht hat?“ „Spuck's aus.“ „Er hat mich gegen die Wand gedrängt und-“ „Wie bitte?!“ Inuyashas Kopf fuhr zornig hoch, sein Gesicht verwandelte sich in eine dämonische Fratze der Wut. „Aber dann bist du gekommen“, beruhigte sie ihn. „Er hat nur ausgetestet, ob ich Angst vor ihm habe. Es ist ja nichts passiert.“ Fast nichts... Zählte das als Kuss? „Und? Hast du Angst vor ihm?“, fragte er mit einem Seitenblick auf sie. „Ja“, meinte sie nickend. „Er macht mir Angst und das weiß er. Er gibt mir das Gefühl, ausgeliefert zu sein. Ich will von ihm nicht berührt werden! Niemand soll mich anfassen!“ „Aha, so ist das. Und was ist mit mir?“ Er deutete demonstrativ auf ihre Hand, die in seiner lag. „Du bist was anderes, Saajan!“ Sie ließ ein liebliches Lachen ertönen, das dieses vertraute warme Gefühl in seinem Bauch auslöste. „Dir vertraue ich. Nur dir allein! Außerdem wird er mich nun in Ruhe lassen. Ich glaube kaum, dass er sich mit dir anlegen will. Und jetzt sag mir mal, magst du Ramen?“ Seine Ohren zuckten bei diesem Wort und seine Augen nahmen einen verträumten Ausdruck an. „Hm, ja... Fertige aus der Tüte. Aber ich komm nicht darauf, von wem die waren.“ „Wahrscheinlich, weil du schon einmal in dieser Zeit warst“, vermutete sie. „Aber ich mache Ramen selber. Und das ist nur die Vorspeise. Es gibt noch selbstgemachte Teigbällchen mit einem wundervollen Salat nach meinem Geheimrezept und einen tollen Nachtisch! Lass dich überraschen.“ „Mann, mir läuft schon richtig das Wasser im Mund zusammen! Warte, wo ist der Haken? Kommen die nervigen Zwerge?“ „Nein, wir sind allein.“ „Allein?“ „Warum nicht? Du wolltest mir doch den Rücken schrubben...“ Die samtig verführerische Stimme ließ ihm den Atmen stocken. Doch als sie anfing zu lachen, wurde ihm bewusst, dass sie ihn veräppelt hatte und zornig wandte er den Kopf weg. „Hey, warum bist du sauer? Du hast das doch nicht ernst gemeint mit dem Duschen?“ „Nein!“, rief er und errötete. „Wie kommst du auf so einen Blödsinn!“ Sie tratschten und lachten auf dem Heimweg. Es war ein befreiendes Gefühl mit der beruhigenden Gewissheit, die Drillinge mal nicht da zu haben. Nur sie beide. Es war schön und harmonisch und vor allen köstlich! Ihr Ramen war ein Gedicht. Diese gefüllten Teigbällchen, die er so noch nie gegessen hatte, hauten ihn regelrecht um. Und dann dieser Apfelkuchen! Und ein Milchschock! Anjaani amüsierte seine Begeisterung für Erdbeermilchshakes, die er Milchschocks nannte. Er hatte somit seine Lieblingsnascherei entdeckt. Gemeinsam ließen sie den Abend gemütlich plaudernd auf der Couch ausklingen, mit vielen Milchshakes. Sie war gerade auf seiner Homepage beschäftigt und er ließ sich „ihr zu liebe“ am Kopf kraulen. Mittlerweile machte es beiden nichts mehr aus, dass sein Kopf dafür an ihrer Schulter ruhte, dich an ihrer Brust. Während er ihre Streicheleinheiten genoss und ab und zu Fragen der Fans beantwortete, wurde ihm bewusst, dass dies der schönste Ort der Welt war. Hier war er sicher und sorglos und es gab Milchschocks! Und er war nicht allein. Sie wäre immer bei ihm. Er durfte sie nicht lieben, aber trotzdem war sie seine Anjaani. Und er war der einzige in ihrem Herzen. Er würde der einzige bleiben. Solange er der einzige blieb, konnte nichts schlimmes passieren. Doch das Wesen, das erneut an Anjaanis Bett trat, hatte die Macht, Inuyashas Überzeugung zu zerbrechen. Lautlos schlich es an ihr Bett und wurde vom Hanyou nicht bemerkt. Mühelos ließ es sich in den Geist des Mädchens sinken und musste tief wühlen, bis es die Gefühle für Inuyasha hinter sich hatte. Es wollte sie kennenlernen, wissen, wer und wie sie ist. Solange es vorsichtig zu Werke ging, würde sie nicht erwachen. Doch es stieß plötzlich wieder an diese schwarze, feste Wand, die den größten Teil ihrer Seele umgab. Was befand sich nur dahinter? Sollte es einen Blick wagen? Erschrocken zuckte es zusammen, gab aber keinen Laut von sich. Was es da für einen winzigen Moment gesehen hatte, entsetzte es tief in Mark und Bein. Fassungslos betrachtete es dieses zarte Wesen. Sie wirkte so zerbrechlich und doch wusste es, dass sie übermenschlich stark war. Hinter der dunklen Mauer lag abgrundtiefer Schmerz und unendliches Leid verborgen. Dieses Ausmaß an Kummer verschlug ihm den Atem. Diese junge Frau hatte unvorstellbare Qualen erlitten. Ihr ganzes Leben war eine einzige Qual gewesen. Sie hatte nicht einmal einen Grund gehabt zu leben, keinen Sinn, keinen Zweck. Sie war wertlos gewesen, ungeliebt und unbedeutend. Sie hatte nichts gehabt, wofür es sich gelohnt hätte zu leben. Andere Menschen wären daran zu Grunde gegangen und sie schaffte es tatsächlich, dies zu verdrängen und keinen Groll zu empfinden. Sie war stärker, als es ein Mensch je schaffen konnte. Voller Bewunderung betrachtete es Anjaani und neigte den Kopf zur stummen Ehrerbietung. Als Inuyasha plötzlich die Augen öffnete. Kapitel 13: Ein neuer Konkurrent -------------------------------- Nachts erwachte Inuyasha, weil er dringend aufs Klo musste. Er verfluchte sich dafür, so viele Milchschocks getrunken zu haben. Aber Anjaanis Milchschocks waren so köstlich! Er streckte sich leise und linste zu ihr rüber, bevor er sie erhob. Das Blut gefror ihm in den Adern. Eine schwarze Schattengestalt kniete schon fast demütig an ihrer Seite, direkt neben ihm, ohne dass er es bemerkt hatte. Sofort sprang er schreiend auf und zog Tessaiga. „Sag mir wer du bist und was du willst, bevor ich dich in Stücke schneide! Na los, rede!“ Langsam richtete sich das Wesen auf. Es war gleich groß wie Inuyasha, doch schwarz und gesichtslos. Ein schattenhafter Körper. „Du weißt sie nicht zu schätzen“, flüsterte die tonlose Stimme voller Ehrfurcht. „Wie bitte?“ Inuyasha war kurz wie vor den Kopf gestoßen. „Sie ist einmalig.“ „Und du bist tot!“ „Du kannst sie nicht vor mir beschützen“, flüsterte es. „Sag das meinem Schwert“, brüllte Inuyasha und schwang das leuchtende, gigantische Schwert. Ein Schritt ins Mondlicht und das Wesen war verschwunden. Der Angriff glitt ins Leere. Rasend vor Hilflosigkeit starrte Inuyasha den Fleck an, an dem der Typ verschwunden war. Im Zimmer ging das Licht an und er spürte, dass Anjaani neben ihn trat. Statt in ein verschrecktes Gesicht zu blicken, funkelten ihre Augen ihn zornig an. „Sag mal, willst du mit dem Ding mein ganzes Zimmer in Schutt und Asche legen?!“ „Es ist doch nichts passiert!“, verteidigte er sich kleinlaut, von ihrer Rüge eingeschüchtert. „Und die Schnittspuren im Parkettboden? Das ist Parkett, Mister! Schwing dein Zauberschwert nicht in der Wohnung! Her damit!“ „Spinnst du?! Finger weg von Tessaiga!“ „Dann benutze es nicht in der Wohnung!“ „Ich hätte ihn aber fast erwischt. Der Kerl entwischt mir nur jedes Mal.“ Anjaanis blitzende Augen verschwanden im Schatten, als sie den Kopf senkte. „Jetzt wissen wir wenigstens, wie er hier auftauchen konnte“, wisperte sie leise, doch ihrer Stimme war das Zittern deutlich anzuhören. „Hä?“ Inuyasha sah sie verwirrt an. „Sag schon, wie ist er hier aufgetaucht?“ „Durch das Mondlicht.“ „Dann ziehen wir die Vorhänge zu.“ „Die weißen, gewebten Spitzenvorhänge? Da dringt Licht durch!“ „Dann mach die Fensterläden zu.“ „Nein“, rief sie schrill. „Ich will nicht in purer Finsternis gefangen sein. Ich hasse die Dunkelheit!“ „Aber der Kerl wird wieder kommen!“ „Dann sei du bei mir.“ „Ich bin doch schon bei dir!“ „Und es nützt nichts“, erklang die düstere Stimme. Anjaani schrie auf, doch ehe Inuyasha reagieren konnte, sagte das Wesen einen rätselhaften Satz, ehe es endgültig verschwand: „Du kannst sie nicht einmal vor dir selbst schützen, Hanyou, und sie weiß es. Sie kennt die Konsequenzen, die sie davon zu tragen hat.“ Die beiden waren wie erstarrt und zu jeder Regung unfähig. Anjaanis Hand glitt wie von selbst zu ihrem Bauch. Langsam drehte Inuyasha sich zu ihr um. Dieselbe Überraschung war auch in seinen Augen zu sehen. „Was meint er denn damit?“, hauchte er irritiert. Anjaani wurde nervös. „K-keine Ahnung“, stotterte sie zaghaft. Skeptisch hob er eine Augenbraue. „Wieso habe ich dann das Gefühl, dass du lügst? Was ist los?“ „Ich habe seit einigen Tagen ein seltsames Gefühl.“ Sie schlug die Hände vors Gesicht und ließ sich aufs Bett plumpsen. „Hast du das nicht immer?“ „Jetzt mach dich nicht über mich lustig! Ich -“ Wütend schüttelte sie den Kopf und schwieg dann. „Ich bin wahrscheinlich schwanger von dir “, vollendete sie den Satz in Gedanken. Doch sie würde schweigen. „Inuyasha, wir haben ein anderes Problem.“ „Hä? Was für ein anderes Problem?“ „Hast du vergessen, wer gerade noch in mein Zimmer eingedrungen ist?“ Das hatte Inuyasha kurz völlig vergessen. Er ließ sich viel zu leicht von ihr ablenken. „Wir hatten darüber diskutiert, was wir machen, wenn er zurückkommt.“ Ratlos starrte der Hanyou an die Decke. Beim besten Willen konnte er sich daran nicht mehr erinnern. „Das ist jetzt nicht dein ernst“, seufzte sie genervt. „Wir haben doch bis vor 2 Minuten noch darüber geredet.“ „Ich erinnere mich aber nicht!“ „Ich wollte, dass du bei mir bist, damit er mir nichts mehr antun kann.“ „Aber das bin ich doch... Ah, jetzt erinnere ich mich wieder.“ „Glückwunsch“, meinte sie trocken. „Ich weiß trotzdem nicht, was du willst. Ich halte doch neben dir Wache.“ Sie schüttelte langsam den Kopf. „Du verstehst nicht. Ich meine wirklich nah bei mir. So kann er nicht in meine Nähe.“ Inuyasha Augen weiteten sich in der Erkenntnis. „Ich schlafe an der Wand und du neben mir, Saajan.“ „Nein!“ Knurrend sprang er auf, mit schon fast gehetzt wirkendem Gesichtsausdruck. „Denk erst einmal in Ruhe darüber nach.“ So schluckte Inuyasha all den Protest herunter, der sich in seiner Kehle gestaut hatte und grübelte nach. „Du brauchst aber lange“, bemerkte Anjaani nach einer Weile. „He, hetze mich nicht!“ Dann gab er sich geschlagen. „Du hast recht. Das ist die einzige Möglichkeit dich zu schützen. Außer wir dunkeln alles ab.“ „NEIN!“ „Schon gut, dann eben nicht.“ Zufrieden nickte sie, legte sich ins Bett und rutschte an die Wand. Kritisch beäugte er seinen neuen Schlafplatz. Doch er hatte genug Raum sich auszustrecken, ohne sie berühren zu können. „Keine Sorge Inuyasha.“ Ihre Stimme klang tröstlich. „Ich werde dir schon nichts antun.“ „Rede nicht so einen Unsinn“, brauste er auf und setzte sich aufs Bett. „Ich musste nur dran denken, wie du das letzte Mal reagiert hast, als wir hier zusammen aufgewacht sind.“ „Das ist jetzt etwas anderes“, meinte sie kühl. „Ich vertraue dir.“ „Seit wann? Bevor, oder nachdem der Typ wieder bei dir aufgetaucht ist?“ Ihr Blick hätte den Teufel aus der Hölle verjagen können. „Weißt du was? Halt jetzt deinen Mund und schlaf, oder ich erwürge dich!“, fauchte sie, knipste das Licht aus und drehte sich von ihm weg. „Bist du jetzt sauer?“ „Nein!!!“ „Menno, was habe ich jetzt falsch gemacht?!“ „Schlaf, verdammt noch mal!“ Knurrend legte er sich hin. Was hatte er denn jetzt getan, um sie aufzuregen? Vielleicht war es die allgemeine Aufregung? Aber sobald er neben ihr lag, verflogen alle Gedanken an die Bedrohung. „Inuyasha?“, ertönte ihre leise Stimme. „Was wäre, wenn ich schwanger wäre?“ „Von wem?!“, fragte er reflexartig. Ihre Augen blitzten zornig im Licht der Nachtlampe auf. „Von dir, Mann! Von wem denn sonst?!“ „Bist du doch nicht! Oder?“, fügte er dann zaghaft hinzu. „Wenn dies der Fall wäre, es hätte ja alles passieren können, schließlich waren wir betrunken. Was würdest du tun?“ „Muss ich so ne blöde Frage beantworten?“ „Ja, sonst lass ich dich nicht schlafen.“ „Gut, aaaalso...“ Inuyasha schwieg lange, dachte gründlich über diese Frage nach. Und sie ließ ihm Zeit. Er brauchte Zeit, sie wollte eine ehrlich Antwort. „Wir machen einfach das Beste daraus“, sagte er dann. Verwundert sah sie ihn an, mit unendlicher Erleichterung in den großen Augen. „Wirklich?“ Er setzte sich auf starrte nachdenklich an die Decke. „Wenn es so wäre, wären wir beide dafür verantwortlich. Und ich lasse dich damit nicht allein.“ „Saajan...“ Ihre Stimme überschlug sich vor Rührung. „Was passiert, wenn du deine Erinnerungen wiedererlangst und gehen musst?“ Jetzt richtete er den Blick auf sie. Seine Augen glühten vor Überzeugung. „Ich kann dann nicht gehen. Ich werde dich und das Ding nicht allein lassen können.“ „Nenn unser Baby nicht „Ding“!“, regte sie sich auf. „Beruhige dich mal, du kriegst ja kein Baby.“ „Da wäre ich mir nicht so sicher.“ Aber solange sie es nicht mit Sicherheit sagen konnte, würde sie ihn damit nicht konfrontieren. Als dieser Gedanken endlich verdrängt war, schaffte sie es einzuschlafen. Inuyasha dagegen blieb ruhelos. Ihr reizvoller Körper war ihm doch näher, als er vermutet hatte. Es fühlte sich so seltsam an, so verboten. Die Nähe ihres warmen Körpers war regelrecht spürbar und er roch intensiver, betörender. Er nahm sie so deutlich war, als würde er sie berühren, ja regelrecht in ihr versinken und das versetzte ihn in Unruhe. „Es ist beruhigend, dich neben mir zu wissen, Saajan. Lass mich nicht allein...“, murmelte sie und drehte sich zu ihm. Seine scharfen Augen konnten in der Dunkelheit erkennen, dass sie schlief. „Tue ich nicht“, hauchte er, um sie nicht zu wecken. „Jetzt habe ich keine Angst.“ „Wovor?“ „Vor der Dunkelheit.“ Er rückte näher zu ihr. Es war eine reflexartige Reaktion, um ihr spürbaren Schutz zu bieten. „Die Dunkelheit tut dir nichts. Nicht solange ich da bin“, beruhigte er sie. „Warst du je als Kind in einem stockfinsteren Raum eingesperrt, Saajan?“ Inuyasha schluckte. War sie es etwa? Ehe er antworten konnte redete sie weiter. „Dann kannst du dich vor der Finsternis auch nicht fürchten.“ „Wieso warst du eingesperrt?“ „Ich weiß es nicht. Wieso wurdest du als Hanyou gejagt?“ Inuyasha überlegte nicht lange. „Weil man mich hasste.“ „Dann erübrigt sich meine Frage.“ „Was?!“ zischte er überrascht und weckte sie somit. „Was ist los, Saajan?“, nuschelte sie. „Nichts, warum?“, tat er unschuldig. Sie nickte nur und schloss wieder die Augen. Sie wirkte so friedlich, aber er hatte das Gefühl, dass sie innerlich unzählige schwere Narben hatte. Wie viel Leid hatte sie erfahren? „Anjaani? Du musst keine Angst mehr vor der Dunkelheit haben.“ Ob sie ihn gehört hatte, wusste er nicht, aber sie lächelte sanft. Wie schön sie doch war. Wenn sie wirklich ein Kind von ihm erwarten würde, müsste er sie nicht verlassen. Nein, er dürfte sie nicht verlassen. Er würde bei ihr bleiben, er dürfte sie lieben und sich ein Leben mit ihr aufbauen. Dann hätte er eine Familie. Das Baby, er und die schönste und wundervollste Frau, die er kannte. Das wäre ein Traum, der wahr werden würde. Dann würde sie ihm keiner wegnehmen können. Lange lag er so auf der Seite und betrachtete sie. Bis seine Augen schwer wurden und er langsam in die Schwerelosigkeit hinüber glitt. Ihr Bild vor seinen Augen begleitete ihn bis in seine Träume hinein mit dem Wunsch, sie zu lieben und ewig bei ihr zu bleiben. Tief in der Nacht erschien das Wesen wieder. Was es sah, gefiel ihm nicht. Wie sollte es denn jetzt ins innere des Mädchens kommen?! Es war zurückgekommen, um den winzigen Keimling in ihrem Bauch zu entfernen, der ihr nur Unglück bringen würde. Wie konnte es Anjaani beschützen, wenn dieser Hund im Weg war? Nun konnte er dieses Fleisch gewordene Band zwischen ihr und dem Hanyou nicht zerstören, das Anjaani ins Verderben reißen würde. Aber es hatte andere Möglichkeiten sie zu schützen. Ein Glück, dass es alle nötigen Informationen über das Mädchen hatte. Es wurde Zeit, in Erscheinung zu treten. Trotz beunruhigender Träume von Windeln, Geschrei und Babybrei, schlief Anjaani so gut, wie lange nicht mehr. Als sie am Morgen in diesem tranceähnlichen Zustand zwischen Schlafen und Wachen glitt, bevor sie völlig erwachte, bemerkte sie seine Nähe und dass ihre Hand in seiner lag. Langsam schüttelte sie den weichen Mantel des Schlafes ab und öffnete die Augen. Sie lagen sich gegenüber und ihre Finger waren ineinander verschränkt. Dass sie es gar nicht bemerkt hatte, wie sie sich im Schlaf berührt hatten, ließ sie sanft lächeln. Vorsichtig ließ sie ihre Hand aus seiner gleiten, konnte es aber nicht vermeiden, ihn anzustarren. So entspannt und friedlich sah sie ihn selten. Mit seinen weißen Haaren und dem sanften Gesicht sah er aus wie ein Engel. Ein Engel mit feurigen Augen. Es war das krasse Gegenteil zu dem gereizten und ungeduldigen Inuyasha, den sie kannte. Und er würde bei ihr bleiben, sie müsste nicht befürchten, dass er sie irgendwann einmal verlässt. Vorausgesetzt, sie war schwanger. In dieser einen Nacht hatte sie viel Alkohol getrunken und das verringerte den Verhütungsschutz. Hatte sie zu viel getrunken?? Anscheinend schon. Ein Kind mit ihm... wurde ein Traum nun doch endlich Wirklichkeit werden? Ein süßes kleines goldäugiges Baby mit niedlichen Hundeöhrchen. Verträumt strich ihr Finger über sein seidiges Ohr, das unter ihrer Berührung zuckte. Inuyashas Mund verzog sich zu einem leichten Lächeln und sie beobachtete, wie sich seine Augen öffneten und dieses Bernsteingold unter den Lidern größer wurde. Aus großen, klaren Augen schaute er sie an. Inuyasha schien sofort hellwach zu sein und verwirrt darüber, dass er neben ihr lag. „Wie hast du geschlafen?“, fragte sie. Ihre Stimme kam ihr unnatürlich laut vor. „Normal“, antwortete er und drehte sich auf den Rücken. Doch das war gelogen. Er hatte geschlafen wie ein Bär im Winter. Das musste sie aber nicht wissen. Sein Blick fiel auf den Wecker. Es war 8 Uhr. „Du musst zur Arbeit“, rief er erschrocken und war mit einem Satz auf den Beinen. „Komm, steh auf!“ Seine unbegründete Hast ließ sie schmunzelnd. „Ich arbeite heute nicht“, erklärte sie und reckte sich genüsslich. „Mittwoch ist mein freier Tag. Du kannst dich also beruhigt wieder hinlegen und noch ein wenig dösen.“ „Warum sollte ich jetzt schlafen, wenn ich schon wach bin“, fragte er verständnislos. „Außerdem habe ich Hunger.“ „Was denn auch sonst“, seufzte sie und stand auf. „Ich geh zuerst ins Bad, ja? Dann mache ich das Frühstück, Saajan.“ „Kannst du nicht zuerst Frühstück machen?“ „Lass mich bitte in Ruhe mein Gesicht waschen.“ „Aber nicht Nägel lackieren! Ich hasse den Geruch!“ „Keine Sorge, das mache ich, wenn du im Bad fertig bist.“ Irgendwie hatte alles eine unerwartete Wendung genommen. Er hatte Einzug in ihr Bett erhalten. Wenn das mal gut ging! Aus irgendeinem nicht ganz unerklärlichen Grund hatte er ein ungutes Gefühl. Selbst sein so geliebter gebratener Speck zum Frühstück, vertrieb die beunruhigenden Gedanken nicht. Selbst nach dem Frühstück war er unruhig, als würde etwas Schlimmes geschehen. Mit immer weiter sinkender Laune betrat er die Duschkabine. Normalerweise munterte ihn Wasser stets auf, aber sein Gespür für Gefahr ließ sich nicht eindämmen. Und das Klopfen an der Türe löste den Alarm bei ihm aus. Sein Magen zog sich schmerzhaft zusammen, als er Anjaanis erstauntes Keuchen hörte. Anjaani starrte den Besucher einen Moment verblüfft an, fasste sich aber sofort wieder. „Einen schönen guten Morgen!“, hauchte sie überwältigt. „Mit deiner freundlichen Begrüßung wird mein Morgen wunderschön“, entgegnete die freundliche Baritonstimme, die an Wärme und Sanftheit fast an Inuyashas Stimme heranreichte. Anjaani konnte es nicht fassen, für einen Moment hatte sie geglaubt, Raj vor sich zu sehen. Aber dieser Mann sah auf dem zweiten Blick ein wenig anders aus, hatte breitere Schultern eine weichere Stimme. Ganz zu schweigen von diesen Augen! Die verblüffenden grünen Augen des Mannes funkelten wie eine von Tautropfen gespickte Wiese im Sonnenschein. Das intensive Grün, das mit kleinen, goldenen Sprenkeln verziert war, überwältigte sie und für einen Moment verlor sie die Stimme. Dies war er! Er stand vor ihr, der Mann, den sie wie keinen zweiten bewunderte. Das konnte doch nur ein Traum sein... Dass der junge Mann sie genauso überwältigt betrachtete, war ihr nicht bewusst. „Sie sind…“, fing sie an. „…sprachlos“, lachte er leise. „Wahrscheinlich zum ersten Mal in meinem Leben.“ Da wurde es Inuyasha zu bunt. Grimmig baute er sich neben der Inderin auf und funkelte den jungen Mann misstrauisch an, doch plötzlich stockte ihm der Atem. Anjaani beschwichtigte ihn sofort: „Saajan, das ist nicht Raj! Das ist Ary-“ „Wer ist dieser Schleimer dann und was will er?“ „Inuyasha!“ Entsetzt schlug sie ihm auf den nackten Arm. Sie schien gar nicht zu bemerken, dass er nur eine Hose an hatte. Zu gebannt war sie von dem nicht minder attraktive Besucher. „Du bist also der berühmte Inuyasha. Es ist mir eine Freude, dich kennenlernen zu dürfen.“ „Von mir aus.“ Inuyasha bedachte die ihm dargebotene Hand kurz mit düsterer Miene und verschränkte dann demonstrativ die Arme vor der Brust. Beschämt schüttelte Anjaani den Kopf. Sie öffnete gerade den Mund, um sich zu entschuldigen. „Das muss dir nicht peinlich sein“, erriet der Fremde ihre Gedanken. „In seiner Position muss man immer misstrauisch sein.“ „Und was willst du hier... Fremder?“ „Ich bin hier neu eingezogen und habe dämonische Energie aus dieser Wohnung wahrgenommen. Aber jetzt weiß ich ja, dass sie von dir kommt.“ Dann sah er Anjaani mit einen intensiven Blick an. „Mera naam hai Aryan Suraj.“ Inuyasha knurrte genervt. Noch einer, der Hindi quakte! Anjaani ignorierte den Halbdämon und ließ sich von den strahlend grünen Augen des Inders fesseln. Solche Augen hatte sie noch nie zuvor gesehen. Er war es tatsächlich! „Ich weiß, wer du bist“, hauchte sie überwältigt auf Hindi, wechselte aber auf Inuyashas Knurren hin ins Japanische. „Die ganze Welt kennt dich, den legendären General der indischen Armee. Deine Heldentaten sind berühmt! Du meine Güte, du bist doch nicht älter als 26!“ „Bin ich nicht“, bestätigte er freundlich. „E- es ist mir eine Ehre! Oh, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll... Was machst du in Japan?“ „Ich bin hierher versetzt worden, um den Dämonensondereinsatz zu leiten. Darf ich deinen wundervollen Namen erfahren?“ „Du kennst ihren Namen nicht?“, wunderte sich Inuyasha, vergaß für einen Moment seinen Groll über Anjaanis Schwärmerei. „Sie ist fast schon so berühmt wie ich, ihr Name fällt immer gemeinsam mit meinem und du kennst ihn nicht? Wieso weißt du dann, dass sie Inderin ist, wieso sprichst du Hindi mit ihr?“ Anjaani ignorierte Inuyashas grobe Zurechtweisung. Sie wollte General Suraj ihren Namen nicht nennen. Sie hasste es, Leuten ihren Namen zu nennen, die dessen Bedeutung verstanden. Gerade ihm, jemanden, den sie zutiefst bewunderte. „Nun ja, dass sie Inderin ist, hatte ich im Gefühl. Und ich traue meinem Gefühl immer“, erklärte Aryan. „Ich kann dir auch einen Namen geben, der wundervoll zu dir passt... es sei denn, ich erfahre den richtigen Namen.“ Sein Lächeln war umwerfend. Vom ersten Augenblick an hatte sie sich bei ihm wohl gefühlt, als würde sie ihn schon ewig kennen, als sei er ihr vertraut, wie ein Bruder. Da war ihr Fleisch gewordener Held aus den Nachrichten. Er stand leibhaftig vor ihr und bat um ihren Namen! Oh, Yami würde sterben, um an ihrer Stelle zu sein! „Natürlich“, lachte Anjaani. „Für dich bin ich Anjaani.“ Sein Lächeln erblasste. „Oh, verzeih, wenn ich zu direkt war.“ Der neue Nachbar war plötzlich reuevoll. „Ich hoffe, du erlaubst mir, dich kennenzulernen. Und danach kann ich deinen Namen erfahren.“ Eine unangenehme Stille trat ein, die Inuyasha nicht entging. Hä, warum redete der Schleimer so seltsames Zeug? „Hä?! Bist du taub, sie hat dir ihren Namen doch genannt.“ Inuyasha war überaus irritiert über das Verhalten des Schleimers. „Anjaani, was redet er da?!“ Aryans Augen wurden riesig. „Dein Name ist Anjaani?“ Sein Fettnäpfchen wurde ihm plötzlich bewusst und er entschuldigte sich demütig bei ihr. „Bitte verzeih mir, ich war unsensibel. Ich war mir sicher, du heißt anders. Anjaani klingt wunderschön.“ Seine Stimme war so weich und samtig, fast so wie Inuyashas und ließ ihre Haut prickeln. „Mal abgesehen von der Bedeutung ist der Name schön“, stimmte sie ihm zwinkernd zu. „Aber du kannst mich auch Aani nennen.“ „Welche Bedeutung?“, meldete Inuyasha sich nun und blickte ungeduldig von einem zum anderen. „Unantastbarkeit und Erhabenheit... Anjaani bedeutet eine unantastbare und erhabene Frau...“ Aryan nahm ihre Hand in seine und hauchte einen sanften Kuss drauf. „An Schönheit nicht zu übertreffen. So schön wie die Morgenröte.“ Seine Augen drangen tief in ihre. „Aurora. Ich dachte, dies wäre dein Name.“ Mit errötenden Wangen starrte sie ihn an. Diese Lippen waren so weich auf ihrer Haut. Nie zuvor hatte ihr jemand einen Handkuss gegeben. Und dieses Lächeln... es brachte sie ganz durcheinander. Seine wunderschönen Augen... Niemand bemerkte, dass Inuyasha vor Wut zitterte. „Was soll das Geschmalze?!“ Knurrend riss er ihre Hände auseinander. „Fass sie noch ein Mal an und ich werde dir deine gierigen Finger nacheinander abbeißen, du Verräter!“ Beide blinzelten ihn überrascht an, als wären sie soeben aus einer Trance erwacht. Das ließ seinen Zorn dramatisch in die Höhe schnellen, er verlor fast die Beherrschung. „Wenn du hier bist, um dich an sie ranzumachen, dann jage ich dich wortwörtlich in die Hölle!“ „Ich habe sie nur begrüßt“, verteidigte sich Aryan arglos. „Du hast sie geküsst!“, brüllte er. „Und du! Wieso macht dir sowas plötzlich nichts mehr aus?“ „Es war doch nur ein harmloser Handkuss.“ Anjaani schaute ihn Verständnis heischend an. „Exakt. Nur ein Zeichen von Respekt und Höflichkeit. Was dir anscheinend fehlt, so grob wie du zu ihr bist.“ „W-was?! Wie kannst du... Wie kannst du es wagen, du...“ Inuyasha verschlug es die Sprache. Schäumend vor Wut, packte der Aryan am Kragen und zückte die Krallen. Dieser verzog keine Miene. Doch Anjaani geriet in Panik. „Inuyasha! Spinnst du, du weißt nicht, wer er ist?! Lass ihn los, bevor du ihn verärgerst!“ Entsetzt riss Anjaani an seinem Arm, bis er Aryan losließ. Die goldgelben Augen starrten sie an mit einer Mischung aus Wut und... tatsächlich, Enttäuschung! „Was ist nur mit dir los, Saajan“, seufzte sie. „So kenne ich dich ja gar nicht. Das ist nicht Raj, wieso benimmst du dich so?“ Ihrem verstörten Blick ausweichend, verschwand er in der Küche. „Es tut mir so leid“, flüsterte Anjaani dem neuen Nachbarn zu, ganz vergessend, dass Inuyashas Hundeohren sie hören konnten. „Du siehst jemandem aus meiner Vergangenheit ähnlich.“ „Er ist eifersüchtig“, lächelte Aryan besänftigend. „Das verstehe ich.“ „Ich bin NICHT eifersüchtig!“ Das Donnern von Inuyashas Stimme ließ die Wände erzittern. „Ich kann nur solche Schleimer wie dich nicht ausstehen!“ „Ich bin ihm nicht böse, Aurora“, beruhigte er die überraschte Anjaani, da er anscheinend ihre Gedanken erraten hatte. „Mir würde es an seiner Stelle vermutlich ähnlich gehen. Mach dir keine Sorgen, als sein Vorgesetzter werde ich mich um ein friedliches Miteinander bemühen. Aber ich glaube, ich sollte wiederkommen, wenn die Situation ein wenig entspannter ist. Sonst wird das Dämonenjagen unnötig verkompliziert.“ Peinlich berührt verabschiedete sie ihn. „Ist er endlich weg? Mein sogenannter Chef, dein ehrenwerter General?“ „Wie konntest du nur?!“, brauste sie auf und stampfte auf Inuyasha zu. „Was habe ich denn getan?“ Der Hanyou tat ahnungslos. „Du hast dich unmöglich benommen!“, fauchte sie und trommelte mit dem Zeigefinger gegen seine Brust. „Ich habe schon immer davon geträumt, ihn persönlich kennen zu lernen! Er war so nett und freundlich und was hast du gemacht?!“ „Hast du nicht bemerkt, wie ähnlich er diesem Verräter sieht?!“ „Du siehst ihm ähnlicher“, knurrte sie, was Inuyasha kurz aus dem Konzept brachte. „Ich kann doch nichts dafür. Ich habe mit dem Verräter nichts zu tun!“ „Aryan auch nicht!“ „Er interessiert sich für dich!“, rief Inuyasha trotzig. „Na und wenn schon!“ Ihre Augen funkelten böse. „Ist es so schlimm, wenn mich jemand mag?! Soll ich mein Leben lang allein sein?“ Der Vorwurf traf ihn wie ein harter Schlag. „Du hast ihn so angesehen“, flüsterte er fassungslos. „Er schleimt sich bei dir ein und gibt dir diesen blöden Namen...“ „Arora?“, fuhr sie ihm über den Mund. „Das ist auch mein Nachname, du Leuchte!“ „Ich rede von Aurora!“ Anjaani atmete tief ein und senkte den Blick. „Aryan hat Recht, das ist mein echter Name. So heiße ich.“ „Hä, was?“ „Ich heiße nicht Anjaani. Mein Geburtsname ist Aurora-Luna. Ich heiße Aurora-Luna Arora!“ „Du lügst mich an?!“ Seine Stimme überschlug sich, so empört war er. „Du lässt ihn an dich ran, schaust ihn so an und belügst mich!“ Mit wehenden Haaren rannte er über den Balkon und war im nächsten Augenblick verschwunden. Anjaani dachte angestrengt nach. Wie hatte sie Aryan denn angesehen? War Inuyasha wirklich eifersüchtig? Ging es ihm nicht nur darum, sie zu schützen? „Wieso macht dir sowas plötzlich nichts aus?“, hatte er gefragt... Da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen und sie eilte zur Tür hinaus. Dieser dumme, kindische, voreilige Inuyasha! Im Stock unter ihr traf sie auf Aryan, der gerade seine Wohnung betreten wollte. „Es tut mir leid, dass ich dir Schwierigkeiten gemacht habe“, entschuldigte er sich ehrlich. Für so einen ranghohen, wichtigen und berühmten Menschen, war er ziemlich bescheiden. „Mach dir keinen Kopf. Inuyasha ist einfach viel zu besitzergreifend.“ „Er will dich nur beschützen“, korrigierte er sie. „Aber das nimmt er manchmal etwas zu ernst“, seufzte Anjaani. „Und leider kann ich ihm nicht böse sein. „Weil du ihn liebst.“ „Was? Ist das so offensichtlich?“ „Nein“, gestand Aryan. „Aber ich merke, wie sanft deine Energie wird, wenn du ihn ansiehst.“ Überrascht trat sie einen Schritt von ihm zurück. „Ich bin feinfühlig“, erklärte er. „So feinfühlig, dass du mir meinen Namen ansiehst...“ „Das ist eine ausgeprägte Menschenkenntnis. Die ist sehr nützlich in meinem Beruf. Weiß Inuyasha, was Saajan bedeutet?“ „Saajan?“ „So nennst du ihn.“ „Nein.“ Traurig schüttelte sie den Kopf. „Er weiß so einiges nicht.“ „Deinen Namen wohl auch nicht, wie ich aus seinem Verhalten schließen konnte.“ „Es ist nur, dass er sich nun ausgeschlossen fühlt...“ „Und vermutlich hat er Angst, du könntest ihm weggenommen werden. Du solltest ihn finden und dich mit ihm aussprechen. Ich würde dir ja gerne helfen, ihn zu suchen, aber ich bin überzeugt, dass das keine so gute Idee wäre.“ Anjaani musste lachen. Sie konnte sich ganz genau vorstellen, wie Inuyasha reagieren würde, wenn sie mit Aryan auftauchen würde. Das wollte sie sich ersparen. Jetzt war es wichtig, ihren aufbrausenden Halbdämon zu beruhigen. Zum Glück wusste sie, wo er sich befand. Er hatte da seinen Lieblingsbaum am Teich im Park. Genau dort saß er auch, in dem Baum, in dem sie zusammen von einer Zukunft geträumt hatten mit Baumhaus und selbst geschnitzter Holzwanne. „Was willst du hier?“, ertönte seine Stimme aus dem grünen Geäst und riss sie aus ihren Gedanken. „Hast du Angst, dass ich nicht mehr zurückkommen werde? Da kann ich dich beruhigen.“ „Kommst du runter, oder muss ich zu dir rauf?“ Doch sie wartete seine Antwort gar nicht erst ab, sondern hangelte sich geschickt zu ihm hinauf. Sie verbot sich, auf seinen nackten Oberkörper zu starren. Jetzt, da Aryans Augen sie nicht von Desideros Anblick ablenken konnten. „Ich wusste, dass du zurückkommen würdest. Aber ich wollte dir hinterher.“ Als er nicht reagierte, ganz so, als wäre sie nicht da, setzte sie sich hin und betrachtete die grüne Pracht um sich herum und das Glitzern der Sonnenstrahlen, die vereinzelt durch das Blätterdach drangen. Der Wind rauschte singend in der Baumkrone. „Ich liebe Bäume“, seufzte sie. „Ihre Atmosphäre ist so entspannend. Gibt es denn was schöneres als die Natur?“ Mit dem Rücken gegen den Baumstamm gelehnt, hörte er ihr zu. „Was ist deine Lieblingsfarbe?“, fragte er dann. „Du erwartest jetzt, dass ich Grün sage, oder? Grün wie ein Smaragd... oder Aryans Augen.“ Inuyashas unglaublichen, brennenden Augen öffneten sich, aber er schwieg. „Meine Lieblingsfarbe ist Gelb oder Gold. Gelb wie die Sonne, golden wie deine Augen, Saajan. Denn nichts liebe ich so sehr wie die Sonne.“ Und die Sonne war eine Metapher für Inuyasha. So wie die Sonne die größte Sehnsucht der Morgenröte war, so war Inuyasha Anjaanis Sehnsucht. Stumm starrten sie sich an, bis sie plötzlich sagte: „Anjaani.“ „Was?“ „Anjaani“, sagte sie wieder. „Du sollst wissen, warum ich meinen Namen so hasse. Mein richtiger Vorname lautet Aurora-Luna, aber ich war nie so genannt worden. Deswegen habe ich ihn auch fast vergessen. Alle nannten mich immer nur Anjaani oder Aani. Anjaani bedeutet fremd oder unbekannt. Wortwörtlich die Fremde.“ „Fremd. Unbekannt“, wiederholte er laut. Sie schwieg, bis er begriff was dies bedeutete. „Warum geben dir deine Eltern solch einen Namen?“, wurde ihm endlich klar. Anjaani holte tief Luft. „Weil meine Eltern mich hassen.“ Sein Gesicht wurde ernst, doch er sagte nichts. „Ich habe schon immer gewusst, dass meine Mutter mich hasste. Anjaani war nie wirklich mein Name. Es war eine Bezeichnung. Für meine Mutter war ich immer nur „die Fremde“. Sie nannte mich nie anders, es hat sich verfestigt. Sie ließ keine Gelegenheit aus, mir zu zeigen, dass ich unerwünscht war. Mein Vater hatte mich einst geliebt. Er nannte mich immer Aurora oder Luna, manchmal auch als Doppelnamen. Aurora bedeutet Morgenröte und Luna ist der Mond. Ich wünschte, das wäre mein Name geblieben. Aber ich vergaß ihn mit der Zeit. Ich wurde zu Anjaani, zur Fremden. Mein Vater hatte mich geliebt, bis er erfuhr, dass ich nicht sein leibliches Kind bin. Ich bin das Ergebnis einer Liebesnacht mit einem fremden Mann. Diese Affäre bereut meine Mutter bitter. Um ihr Gewissen zu erleichtern, gibt sie mir die Schuld.“ „Was kannst du denn dafür?“ Inuyasha war ehrlich entsetzt. „Sie erträgt die Schande nicht, untreu gewesen zu sein. Es macht es ihr leichter, die Schuld in mir zu finden. Und als Sündenbock hasst sie mich. Ich war nie ihr Kind. Ich war wirklich eine Fremde.“ „Woher weißt du das denn?“, wagte Inuyasha zu fragen, da sie ruhig und sachlich sprach. „Hat sie es dir gesagt?“ „Nein. Ich habe meine Eltern bei einem Streit belauscht. Mein Vater war wütend auf meine Mutter, wegen der Art, wie sie mich behandelte. Und dabei hatte sie ihm das gebeichtet. Ich war sieben Jahre alt. Mein Vater hatte die Wahl, meine Mutter hassen, sie zu verlassen und damit die Familie zu zerstören, oder seine Wut an mir auszulassen. Damit hatte ich die einzige Person verloren, die mich geliebt hatte. Meine zwei älteren Brüder mochten mich auch nicht, weil meine Mutter sie immer gegen mich aufhetzte. Ich hatte keine Familie mehr. Ich war eine Fremde und genau das sagt mein Name. Dein Name sagt, wer du bist. Und ich bin eine Fremde, ein Niemand. Unwichtig und ungeliebt. Von Aurora-Luna wurde ich zu einem Nichts. Mein Name ist mein Stempel, mein Fluch, der auf mir lastet, den ich nicht abwaschen kann. Aus diesem Grund hasse ich meinen Namen.“ „Aber ich mag deinen Namen“, protestierte er. „Er klingt schön.“ „Danke, Saajan.“ Ihr herzliches Lächeln ließ ihn erröten. „Dein Name sagt auch, wer du bist. Stark, unbesiegbar. Deine Mutter muss dich sehr geliebt haben.“ „Ich erinnere mich nicht an meine Mutter, aber ich weiß, dass sie mich geliebt hat. Ich kann mir nicht vorstellen, wie eine Mutter ihr Kind hassen kann? Wie kann man dem Kind nur solche furchtbaren Gefühle zeigen?!“ Für Inuyasha war es unfassbar. Wie konnte man Anjaani nicht lieben?! „Indem sie ihrem Kind so einen kränkenden Namen gibt. Meine hat mich gehasst. Sie hat mich wirklich wortwörtlich wie eine Fremde behandelt. Sie ignorierte mich auch und beachtete mich nicht. Oft vergaß sie mich oder verschwand und ließ mich allein. Aber ich fand immer den Heimweg.“ Entsetzt weiteten sich seine Augen. „Sie hat dich ausgesetzt?!“ „Sozusagen. Oft ließ sie mich irgendwo zurück, beim Einkaufen, oder im Vergnügungspark. Einmal hat sie mich wirklich im Wald allein gelassen. Dort am Fluss, wo wir gepicknickt haben. Ich fand nach Hause und habe Ärger gekriegt, weil ich angeblich einfach verschwunden war. Dabei hat sie mich allein gelassen. Die Tatsache, dass meine Familie mich nicht liebt, spiegelt sich in meinem Namen wieder.“ Inuyasha war fassungslos, ihm fehlten die Worte. Ihr Leben war tatsächlich nie schön gewesen... Sie war nie glücklich gewesen... „Haben sie dich nur ignoriert... oder...“ Er traute sich nicht auszureden, aber das übernahm sie für ihn. „Ob sie gewalttätig wurden? Ab und zu. Am häufigsten wurde ich den dunklen Keller eingesperrt. Ich hatte dort keine Lichtquelle, es war pure Finsternis. Manchmal spüre ich die Ratten und Spinnen immer noch über meine Haut laufen, deswegen hasse ich die Dunkelheit. Weil die Erinnerungen im Keller dann zurückkommen. Das war schlimmer als alle Schläge und Tritte. In Momenten, wo sie mich nicht ignorieren oder einfach einsperren konnten, waren sie grob. Ich bekam für alles die Schuld, wurde geschubst, gestoßen und geschlagen. Oft hatte ich gebrochene Finger oder angeknackste Rippen.“ „Wofür?“, hauchte er fassungslos. „Wegen Belanglosigkeiten. Meine Mutter hasste es, mich morgens als erste zu Gesicht zu bekommen. Das vermieste ihr immer den Tag. Allein dafür, dass mein Gesicht als erstes in ihr Blickfeld kam, musste ich Ohrfeigen einstecken. Sie schlug mit voller Kraft zu, mein Vater rührte mich nie an. Seine Schläge hätte ich vielleicht nicht überlebt.“ Das schiere Entsetzen in Inuyashas Bernsteinaugen ließ sie ironischerweise lächeln. „Aber sie hat mich nie bis zur Besinnungslosigkeit geschlagen und auch nie auf meinen Kopf gezielt. Wenigstens habe ich dadurch gelernt, meine Energie einzusetzen, um meine Wunden zu heilen. All die toten, energieberaubten Ratten...“ „Und das soll ein Trost sein?“ Er schrie vor Wut. „Das entschuldigt nichts! Und ich dachte, dieser Verräter sei ein Monster.“ „Nein, er liebte mich, wenn auch auf eine egoistische Weise. Du kannst es dir vielleicht nicht vorstellen, aber im Gegensatz zu meiner Familie hat er mich geliebt. Er hatte mich von meiner Familie befreit. Raj hat seine Fehler, aber er hat mich nie Anjaani genannt.“ „Zumindest das!“ „Verstehst du jetzt, warum du mir so viel bedeutest?“ Seine Augen wurden kugelrund vor Verwunderung. „Begreifst du jetzt, warum du mir der wichtigste Mensch im Leben bist? Ahnst du endlich, was es für mich bedeutet, dass du mich brauchst? Du bist wirklich der allererste, der mich braucht. Du bist wirklich der erste, der mich wertvoll macht!“ „Jetzt wird mir das Ganze so richtig klar“, hauchte er. Es war keine hübsche Redensart von ihr oder eine liebevolle Übertreibung. Jetzt wurde ihm das Ausmaß der Wahrheit ihrer Worte bewusst. Er konnte sich gar nicht vorstellen, wie wertvoll er für sie sein musste. Gab er ihr wirklich so ein schönes Gefühl? „Wie kommst du drauf, dass Aryan mir wichtiger sein könnte als du?“, unterbrach sie seine Gedanken sanft. „Wie kommst du drauf, dass er mir mehr bedeuten könnte als du? Wie kommst du drauf, dass er besser ist als du? Du hast mich wertvoll gemacht, nur du. Ist dir denn nicht aufgefallen, dass du der einzige bist, der mich Anjaani nennen darf?“ „Ich...“ Er wich ihrem glitzernden Blick aus. „Was soll ich denn ohne dich?“, fragte er leise. Sie richtete sich auf, ohne zu wanken. „Saajan, du musst nicht ohne mich, denn er könnte mich dir niemals wegnehmen. Ich werde bei dir bleiben, ich verlasse dich nicht. An dich kommt keiner heran.“ Er sah zu ihr hoch und liebevoll lächelnd, trat sie einige Schritte auf ihn zu. „Seine Augen können aussehen, wie sie wollen, er kann mir so viele Handküsse geben, wie er will, aber er wird nie an dich heranrei-!“ „Anjaani!!!“ Ein Schritt ging daneben und sie fiel. Er griff nach ihr, verfehlte sie und konnte nicht verhindern, dass sie in die Tiefe stürzte. Anjaani konnte nur noch die Augen zukneifen und auf den Aufprall warten. Doch sie landete in starken Armen. „Oh danke, Saajan!“ Doch Inuyashas Augen waren nicht grün. „Anjaani!“ Inuyasha keuchte erschrocken. „Ist dir was passiert?“ Als sie nickte, blaffte er Aryan an: „Nimm deine Pfoten von ihr!“ „Inuyasha!“ Anjaani, die von Aryan sanft abgesetzt wurde, richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und blies empört die Backen auf. „Aryan hat mir gerade das Leben gerettet! Vielen, vielen Dank dafür!“ Ihr Retter erntete ein liebliches Lächeln und erwiderte es glücklich. „Ich habe zu danken, Aurora. Sorglos hab ich den Himmel betrachtet und plötzlich fiel ein Engel direkt in meine Arme.“ „Du kamst genau im richtigen Moment.“ „Von dem Geschleime wird mir übel! Und du hättest vorsichtiger sein können!“, motzte Inuyasha. „Ich kann dich keinen Moment alleine lassen.“ „So wie ich das gesehen habe, warst du ja bei ihr“, bemerkte Aryan trocken. Er wirkte plötzlich größer und gefährlicher in seiner schwarzen DSE-Uniform. Wie ein Agent auf einer riskanten Mission sah er aus. Inuyashas Augen wurden zu schmalen Schlitzen und seine Gesicht lief Rot an vor Wut, als er sich direkt vor Aryan aufbaute. Sie hatten exakt dieselbe Größe. Aryan sah ihn ungerührt an, zuckte mit keiner Wimper. Er hielt dem Dämon stand, war der erste, der sich nicht einschüchtern ließ. Und das steigerte Inuyashas Zorn. Inuyasha bebte unter Anjaanis beschwichtigenden Fingern. Ein Blick aus ihren schokobraunen Augen, die im Sonnenlicht einen goldigen Metallglanz hatten, sagte Aryan mehr als genug und mit einem Kopfnicken verabschiedete er sich. Er, der praktisch immer im Dienst war, musste sich nun in der Stadt umsehen, um sich zurecht zu finden. Sein Job war es nun, immer überall zu sein. Und wie Anjaanis Rettung bewies, tat er das gut. Mit vorwurfsvoll gerunzelten Augenbrauen drehte sie sich zu Inuyasha um, der unschuldig den Himmel musterte. „Zufrieden?“ „Und wie, danke!“ Sein strahlendes Lächeln löste mit einem Schlag ihren ganzen Verstand aus. Nie hatte sie etwas Schöneres gesehen, als dieses glückliche Gesicht. Und sie konnte ihm nicht mehr böse sein. „Hör auf, hier halbnackt rumzurennen und hör auf ihn so zu hassen“, bat sie. „Wen?“ „Inuyasha!“ „Was?“ „Du kennst General Suraj nicht. Er ist der netteste und heldenhafteste Mensch der Welt. Aber er ist nicht du. Du musst dich nicht so fürchten, mich zu verlieren.“ „Darum geht es doch gar nicht! Und überhaupt, ich habe keine Angst! Ich bin ein Dämon, ich kenne keine Angst! Warum lachst du????“ „Weil du süß bist, Saajan.“ „Ich bin nicht-“ „Was machen wir heute? Ich habe heute frei.“ „Kannst du aufhören ständig das Thema zu wechseln? Ich bin hier gerade am streiten.“ „Ok“, lächelte sie. „Mach weiter.“ Seine Augen weiteten sich kurz überrascht, dann blies er wütend die Backen auf. Anjaani wartete. „Du hast mich jetzt aus dem Konzept gebracht! Menno!“ „Weißt du, wie süß du bist?“ Ihr Lächeln, dass sogar noch strahlender war, als das, was sie Aryan zugeworfen hatte, ließ sein Gesicht brennen. „Niemand ist süßer als du“, kicherte sie. „Ich bin aber ein Dämon...“ Sein Protest fiel aufgrund ihres umwerfenden Strahlens, ziemlich mickrig aus. „Aber kein Aryan der Welt sieht besser aus als du. Er hat nicht deine Öhrchen.“ Inuyasha fand seine Sprache wieder, die er für einen Moment verloren hatte. „Du definierst mich nur über meine Ohren?!“ „Ohne wärst du nicht so putzig.“ „PUTZIG???!!!“ „Schau, ein Waffelstand!“ Sie überhörte sein schrilles Geschrei. Mit einem Schlag war die Stimmung entspannt. Ein süßlicher, köstlicher Geruch verführte all seine Sinne. „Hier.“ Sie reichte ihm einige Geldscheine. „Geh hin, ich bin mal schnell in der Apotheke.“ Kurz drauf kaute Inuyasha so selig an seiner Waffel, dass er ihren finsteren Blick nicht bemerkte. Das unprofessionelle Verhalten des Apothekers hatte sie aufgeregt. Sein Blick war vorwurfsvoll gewesen, als er ihr den Schwangerschaftstest gereicht hatte und dabei keinen Ehering an ihrer Hand entdeckt hatte. Zum Glück hatte er nichts gesagt. „Schmeckt's?“ Der Hundedämon nickte nur heftig. „Wo ist denn meine Waffel?“ „Wu waffscht wit wewaft, waff wu wane wimm!“ „Inuyasha. Schluck, bevor du sprichst!“ „Du hast nicht gesagt, dass du eine willst!“ Sie kniff kurz die Augen zusammen, um nicht in Raserei zu verfallen, schlecht gelaunt war sie sowieso schon. „Wenn ich zum Waffelstand gegangen wäre, hätte ich dir auch eine gekauft?“ „Natürlich, das ist doch selbstverständlich.“ Anjaanis Mund klappte empört auf und knurrend stampfte sie davon. „Was hab ich denn jetzt gemacht?“ Irritiert stolperte er hinter ihr her. Der Zipfel ihres hellblauen Saris klatschte ihm ins Gesicht, als sie damit nach ihm schlug ohne stehenzubleiben. „Es ist für dich selbstverständlich, dass ich sowas tue, aber ein Unding, wenn du mal an mich denkst! Wieso hast du mir keine gekauft? Ich bin dir völlig egal!“ Inuyasha war völlig irritiert. Wieso war sie denn beleidigt? Sie wollte es ihm nicht sagen, trottete beleidigt Richtung Heim, bog aber zum Supermarkt ab. Als sie hinauskam, mit zwei vollen Einkaufstüten, tat sie, als würde es ihn nicht geben. Langsam riss ihm die Geduld. „Es tut mir leid, dass ich nicht an dich gedacht habe“, murrte er. „Da vorne ist noch ein Waffelstand. Ich habe noch etwas Geld übrig, ich kauf dir eine Waffel.“ „Darum geht es nicht. Außerdem ist das mein Geld!“, grollte sie, funkelte ihn böse an. „Du bist ein Egoist! Bleib stehen, ich will keine Waffel. Oh, da ist Aryan!“ Ihr Gesicht erhellte sich plötzlich, als sie den neuen Nachbarn am Waffelstand erkannte. Freudig lief sie auf ihn zu. „Und wieder sehe ich dich, Aurora. Heute scheint mein Glückstag zu sein“, lächelte Aryan, nahm ihr die vollen Tüten ab, ehe sie es verhindern konnte. „Ich habe mich gar nicht für die Rettung bedankt.“ „Das musst du auch nicht. Das ist mein Beruf und eine Ehre.“ „Hörst du, das musst du auch nicht“, wiederholte Desidero patzig. „Und jetzt lass uns gehen.“ „Du kannst gehen und dir endlich ein Hemd anziehen“, knurrte sie und riss überrascht die Augen auf, als ihr Aryan eine knusprige, dampfende Waffel hinhielt. „Für mich?“, fragte sie zaghaft. „Aber natürlich. Möchtest du auch eine, Inuyasha?“ Statt einer Antwort erntete Aryan einen vernichtenden Dämonenblick. „Siehst du, er weiß, was Anstand bedeutet!“, schimpfte Anjaani, nahm Aryan die Einkäufe ab und drückte die Inuyasha in die Hände. „Mach jetzt nicht so ein Theater drum. Was ist so schlimm dran?“ „Was hat er denn angestellt?“ „Geht dich nichts an!“ „Inuyasha war vor einer Stunde an einem anderen Waffelstand...“ Aryan durchschaute die Lage sofort. „Und er hat nur sich eine Waffel gekauft?“ „Ihr tut alle so, als wäre das ein furchtbares Verbrechen!“ „Nein das ist es nicht. Es geht ums Prinzip“, entgegneten Anjaani und Aryan wie aus einem Munde. Zuerst sahen sie sich überrascht an, dann lachten sie. Inuyasha war nicht nach Lachen zumute. Es machte ihn wütend, dass er angeprangert wurde und Anjaani gegen ihn war. Dieses Theater wollte er sich nicht länger antun. Knurrend wandte der Hanyou sich ab und stampfte davon. Anjaani ließ ihn ziehen und knabberte an ihrer Waffel. „Willst du ihm denn nicht hinterher?“, fragte Aryan sanft. „Sollte ich etwa?“ „Nein, aber ich würde dich davon nicht abhalten.“ Ihr strahlendes Lächeln ließ ihn erröten. Anjaani mochte ihn und was seltsam war, sie fühlte sich wohl in seiner Nähe, obwohl er Raj ähnlich sah. Er sah sie nicht als Sexobjekt, wie so viele andere. Und er verstand sie. Anjaani und Aryan verbrachten den ganzen Mittag zusammen. Die Zeit flog nur so dahin. Es war schon fast Magie, wie gut sie zusammenpassten. Fröhlich plaudernd saßen sie sich gegenüber im Gras. Es stellte sich heraus, dass sie dieselben Ansichten und Einstellungen hatten. Sie waren wie Seelenverwandte. Aryan war wie der große Bruder, den sie sich immer gewünscht hatte. Noch nie hatte sie so gut mit jemanden reden können. Sie dachte es und er sprach es aus. „Ich habe noch nie so gut mit jemanden reden können“, sagte er. Anjaani musste lachen. „So geht es mir auch.“ „Was ist denn mit deinen Freundinnen Häschen, Kätzchen und Mäuschen?“ Aryan vergaß nichts so schnell. „Die sind...“ Anjaani zögerte. „In manchen Dingen sind die mit etwas zu... naja offen.“ „In Liebesdingen?“ Aryan hatte es sofort erraten. „Wenn es dabei wenigstens um Liebe gehen würde“, meinte sie errötend. „Die Drei sind so offenherzig und ich...“ „Du hasst sowas, das sehe ich.“ „Woran?“ „Du hast eine völlig unschuldige Ausstrahlung.“ „Aber...“ Anjaani erzählte ihm, dass sie sich nach Inuyashas Nähe sehnte. „Verwechsel Liebe und Begierde nicht, Aurora“, riet Aryan. „Du liebst Inuyasha. Da ist es natürlich, dass du gewisse Sehnsüchte hast. Liebe und Lust gehen Hand in Hand. Es ist etwas anderes, wenn es nur um Lust geht. Lust ohne Liebe ist nicht verwerflich, aber ich kann es nicht nachvollziehen.“ „Warum hast du keine Freundin?“, wunderte sie sich. Das war momentan das größte Thema der indischen Klatschpresse und diese Frage brannte Anjaani unentwegt auf der Zunge. „Warum wundert dich das?“ Die goldenen Sprenkel in den grünen Augen glitzerten lustig. „Na, weil du umwerfend bist“, sagte sie ehrlich heraus. „Du hast einen wundervollen Charakter und dein Aussehen- .“ „Ich sehe Inuyasha ähnlich, nicht wahr?“ „Ein wenig“, gestand sie. „Aber Inuyasha sieht haargenau so aus wie Rajesh, mein ehemaliger Verlobter. Seit ihm hatte ich die Nase voll von Indern.“ „Und ich hatte mein Leben lang keine Zeit, eine Frau kennen zu lernen, um mich zu verlieben. Alle Frauen sehen in mir meinen Rang und meine Abzeichen. Mehr als mein Aussehen und meine Leistungen interessieren sie nicht.“ „Lass mich raten. Sie sehen einen jungen Krieger, die Muskeln und die grünen Augen. Niemand interessierte sich für dich.“ Aryans Lächeln war so warm wie das Sonnenlicht auf ihrer Haut. „Glaubst du, ich kämpfe in Schlachten, gewinne Kriege und lege mich mit Dämonen an, um Frauen zu beeindrucken? Ich fühle mich den Menschen verpflichtet, doch niemand will das wissen. Für Inderinnen bin ich nur eine schöne, starke Puppe. Deswegen wollte ich fort aus Indien.“ „Und in der Ferne läuft dir als erstes eine Inderin über den Weg“, lachte Anjaani. „Nein. Nur die bemerkenswerteste Frau der Welt. Ich fühle mich wohl bei dir. Du schaust mich an und siehst mich. Dafür danke ich dir. Ich hätte dich gerne als Freundin.“ „Sind wir denn nicht schon Freunde?“ „Ja, aber ich wollte es von dir hören.“ „Kommst du heute zu uns zum Abendessen?“ „Wenn dir das keinen Ärger mit Inuyasha einhandelt.“ Anjaani lachte. „Keine Sorge. Du solltest dir mehr Gedanken um Yami, als um Inuyasha machen. Yami ist dein größter Fan. Sie hatte für dich geschwärmt, bevor sie wusste, wie du aussiehst. Du wirst sie mögen.“ „Na, dann komme ich gerne“, zwinkerte er. „Hast du eine Generalsuniform?“ „Natürlich.“ „Zieh die bloß nie an, wenn die Drillinge in der Nähe sind“, riet ihm Anjaani. „Und die DSE- Kampf- Uniform auch nicht. Sonst werde ich sie nicht von dir fernhalten können.“ „Ich werde es mir merken. Ich freue mich drauf.“ Oh, darauf freute sie sich! Doch Inuyasha wäre wirklich ein Problem. Er schmollte, als sie zurück in die Wohnung kam. Da er so rücksichtsvoll gewesen war, die Einkäufe einzuräumen, mixte sie ihm seinen geliebten Erdbeermilchshake, bevor sie ihm die Nachricht vom Abendessen zu Dritt verkündete. „Was soll denn dieser Unsinn?“, brüllte er trotz des Beruhigungsdrinks. „Weil es meine Wohnung ist und ich einladen darf, wen ich will.“ Darauf wusste er keine Antwort. „Außerdem sollte ich mich bei ihm bedanken. Er hat etwas für mich getan, also will ich auch etwas für ihn tun.“ „Und ich? Was tust du für mich?“ Anjaanis Lächeln wurde eine Spur zu sanft. „Was hättest du denn gerne, Inuyasha?“ In ihrer lieblichen Stimme lauerte ein gefährlicher Unterton. „Was soll ich dir denn geben? Soll ich dir ein Dach über den Kopf geben, Kleidung und täglich warmes Essen? Und zwar kostenlos. Willst du mehr? Sag Inuyasha, was soll ich dir zum Dank geben? Meinen Körper? Den hast du ebenfalls bekommen. Nenne mir, was ich dir noch nicht gegeben habe und du bekommst es.“ Entsetzt sah er sie an, doch sie lächelte friedlich. „Also rede nicht so einen Unsinn, sonst werde ich Miete von dir verlangen. Was soll ich zum Abendessen kochen?“ Als plötzlich das Telefon klingelte, wurde ihre Stimme scharf. „Das sind die Drillinge, versuche, sie abzuwimmeln!“ „Was ist?“, meldete sich Inuyasha. „Nein, wir haben keine Zeit. Der neue Nachbar kommt zum Essen.“ Anjaani seufzte genervt. Das war´s dann mit dem Abwimmeln. Eigentlich hatte sie es kommen sehen. Jetzt konnte sie Yami nicht mehr auf den Schock ihres Lebens vorbereiten. „Keine Ahnung... weiß ich nicht... nein, er ist hässlich! Ich bin nicht nackt draußen rumgelaufen! Wenn es im Fernsehen kam, dann hast du doch gesehen, dass ich eine Hose an hatte! Nein, das zählt nicht! Nein! Nein! Spinnst du?!“ Wutschnaubend hatte er den Hörer auf die Gabelnd geknallt. „Und?“, fragte Anjaani, als er aufgelegt hatte. „Sie verstehen nicht, warum wir keine Zeit für sie haben, wenn der Typ hässlich ist.“ „Das heißt, sie kommen“, stöhnte sie. „Ich weiß, dass das schlimm ist, aber warum stört es dich? „Weil ich verhindern wollte, dass sie sich sofort auf Aryan stürzen. Besonders Yami wird ihm nicht widerstehen können. Sie würde für ihn sterben. Ich wollte sie langsam auf Aryan vorbereiten. Die Drei werden ihn sich krallen und... oh, der arme Aryan! Warum grinst du so?“ „Tu ich nicht. Brauchst du Hilfe beim Kochen?“ Wenn er ihr nicht öfters helfen würde, wäre sie jetzt verwundert. Aber er liebte es, ihr das Gemüse mit seinen Krallen zu zerkleinern. Im Zerhacken und Zerkleinern war er der Beste. „Ist das dein Karottencurry?“, fragte er, als das Essen fast fertig war. „Du erinnerst dich daran?“ Anjaani war gerührt. „Das war das erste, was du mir gekocht hast.“ „Du weißt gar nicht, wie süß du manchmal bist.“ „Süß?!“ Die Türklingel unterbrach sein aufwallendes Geschrei. „Das sind die Drillinge“, meinte Anjaani. „Die kommen aber nie so früh.“ „Glaub mir, sie wollen Aryan unbedingt sehen.“ Und sie waren es tatsächlich. „Hallo, Nackedei“, grüßte Yoko. „Nackedei?“, wunderte sich Inuyasha. „Die Nachrichten zeigen dich schon den ganzen Tag, wie du halbnackt draußen rumrennst. Willst wohl deinen Konkurrenten ausstechen. Wo ist er denn?“ „Keine Ahnung, wen du meinst“, sagte Inuyasha. „Keine Sorge, den vergraulen wir schon. Der wird hier nie wieder auftauchen.“ „Na wenigstens zu etwas sind die gut“, dachte Inuyasha zufrieden. Doch er wurde bitter enttäuscht. Aryan kam, mit vier kleinen Blumensträußen, als Gastgeschenke, ganz so, als wüsste er, dass die Drillinge ebenfalls da wären. Und kaum war er da, waren die Drillinge hin und weg. Sie waren plötzlich lieblich und freundlich. Sobald Aryan seine grünen Augen auf sie richtete, erröteten sie. Dass er ein General bei der Armee war, wussten sie genauso wie Anjaani zuvor und es faszinierte sie nicht minder. Was war nur so besonders daran? Besonders Yami schien von ihm angetan. Angetan? Sie war hin und weg! Nachdem man sie überzeugen konnte, dass wirklich Aryan Suraj vor ihr stand, war sie der Liebreiz in Person. So glücklich hatte er den jüngsten Drilling noch nie erlebt. Sie wirkte schon fast süß. Und was noch seltsamer war, keine der Drillinge sprach Hindi, obwohl Aryan Inder war. Doch die Krönung war, dass keine mit ihm ernsthaft flirtete. Keine Berührungen, keine Avancen, keine eindeutigen Aufforderungen... nichts. Naja, Yoko und Yuki hielten sich jedenfalls zurück. Was war nur los? Selbst Anjaani hatte prophezeit, dass sich alle drei auf ihn stürzen würden. Dabei war es nur Yami. „Ihr seid euch so ähnlich, du und Aani“, bemerkte Yuki im Laufe des Abends. „Ja“, nickte Yami. „Obwohl ich dich so gerne für mich hätte, du bist netter als Inuyasha.“ „Du hast nicht verdient, dass ich nett zu dir bin“, knurrte Inuyasha. „Sag mal, Aryan, du bist nicht verliebt, oder? Wie wäre es mit mir? Ich verehre dich schon lange und möchte deine Prinzessin sein. Vielleicht verliebst du dich ja auch in mich.“ „Yami!“ Anjaani schlug sich entsetzt die Hände vors Gesicht. „Was ist? Ich bin total nervös und rede Unsinn und du weißt genau, wie ich für ihn schwärme. Aber ich habe bisher nie bemerkt, dass er Inuyasha ähnlich sieht!“ „Findest du?“, fragte Yoko. „Als ich ihn gesehen haben, habe ich ihn mit Raj und nicht mit Inuyasha verglichen. Seltsam, im Fernsehen ist mir die Ähnlichkeit nie aufgefallen.“ „Hey!“, zischte Anjaani wütend. „Aryan ist nicht wie Raj! Und erst recht nicht wie Inuyasha.“ „Was soll das heißen?“, mischte der Hanyou sich ein. „Wieso sagst du das, als wäre ich schlimmer als dieser Verräter?“ „Weil du der Hahn im Korb warst. Doch jetzt hat dich Aryan ausgestochen“, erklärte ihm Yami. „Niemand ist besser als Aryan.“ „Keine Sorge, Inuyasha“, tröstete ihn Yuki. „Ich will dich immer noch.“ „Ich wähle Aryan“, lachte Yami, unterbrach Inuyashas aufbrodelnden Wutausbruch. „Was hältst du davon, Herr General?“ „Du ehrst mich, Prinzessin“, zwinkerte Aryan ehrlich. „Ich befürchte nur, deine Erwartungen nicht zu erfüllen. Ich habe nämlich keinerlei Erfahrung mit Frauen, besonders nicht mit so schönen.“ Noch nie in ihrem Leben hatte Anjaani die Freundinnen so erschüttert erlebt. Die Drei konnten es einfach nicht fassen. Mit offenem Mund starrten sie Aryan an. Sie hoffte, die Frage käme nicht, doch sie kam: „Du bist Jungfrau?!“ „Ich hatte nie Zeit“, entschuldigte er sich. Doch die Drillinge reagierten nicht, waren aus allen Wolken gefallen. „Habe ich was schlimmes gesagt?“, wandte er sich dann an Anjaani. „Nein, tut uns leid“, entschuldigten sich die Drillinge. „Du bist so geil, wie kannst du da Jungfrau sein? So attraktive Menschen sind keine Jungfrauen!“ Aryan lachte amüsiert. „Und was ist mit Aurora, oder gilt das nur für Männer?“ „Och, Aani ist keine Jungfrau!“ Anjaani verschluckte sich an ihrem Bissen und ihre Augen weiteten sich entsetzt, als Aryans verwunderter Blick sie traf. Dann sah er Inuyasha an. „Was ist?“, murrte dieser. „Nein, es war nicht Inuyasha“, belehrte Yuki ihn. „Obwohl er in ihrem Bett schläft!“ „Yoko!“ „Ich bewache sie nur, du Irre!“ „Und da ist nie was passiert?“, neckte ihn Yami. „Raj war es“, stillte Anjaani die Neugier des Inders. „Dein Verlobter, dem ich ähnlich sehen soll? Vermutlich gegen deinen Willen.“ Sie nickte mit gesengtem Blick. „Und als es mit Inuyasha passierte, war sie sternhagelvoll“, plapperte Yuki vergnügt. „Yuki!“, schrien Inuyasha und Anjaani. „Du tust so, als wäre es eine Sünde, Aurora“, schmunzelte Aryan zu ihrer Überraschung. Und damit hatte er die Herzen der Drillinge gewonnen. Mit Ausnahme dieser Peinlichkeit verlief der Abend lustig und fröhlich. Sogar Inuyasha taute auf. Erst recht, als Anjaani Milchshakes machte. Er fühlte sich wohl in dieser Gruppe. Sogar die Nähe der Drillinge störte ihn nicht, solange sie sich nicht an ihn ran machten. Zum ersten Mal wurde ihm die unterhaltsame Seite der Schwestern bewusst. Er war sogar so gut drauf, dass er sich auf dieses seltsame Spiel „Twister“ einließ. Yuki drehte den Pfeil, der entschied auf welches Farbfeld man Hand oder Fuß setzten musste. Und Yoko war der Schiedsrichter. Schon bald waren sie kreuz und quer über die viel zu kleine Spielmatte verteilt, total verdreht und wankend. Yami war über ihn gebeugt und sein Kopf befand sich unter Anjaanis Bauch, deren Gelenkigkeit und hervorragender Gleichgewichtssinn ihr zugute kamen. Dieses Spiel sorgte für reichlich Gelächter, da Inuyasha anscheinend den schlechtesten Gleichgewichtssinn besaß und Aryan fehlerlos war, was ihn ziemlich aufregte. Dazu kam noch der nervige, grapschende Drilling. „Hey, behalte deine Hände bei dir“, zischte er. „Also bitte“, schnaubte Yami. „Als ob du mich interessierst, wenn Aryan da ist. Ich befummel ihn gerade.“ „Das kann ich bestätigen“, bemerkte Aryan schmunzelnd. „Du lieber Himmel, du hast aber Bauchmuskeln“, hauchte sie. „Hey, wer fasst dann mich an?!“ „Das bin ich, Inuyasha“, grinste Yuki. „Hey, Finger weg! Du bist Schiedsrichter, roter Zwerg. Wieso sagst du nichts?“ „Ich hab nichts gesehen, Inuyasha“, lächelte Yoko scheinheilig. „Das stimmt doch gar nicht! Ihr habt das Spiel doch nur mitgebracht, um -!“ „Inuyasha, wackle nicht so!“, rief Yami, heftig wankend. „Ich wackle, wie viel ich will!“ „Saajan, hör aarghhh!“ Mit viel Gekreische krachte die Gruppe zusammen. Anjaani fiel auf Inuyasha und Aryan landete geschickt neben ihr, Yami dabei auffangend. So verlief der Abend lustig. Noch nie hatte Anjaani einen unbeschwerteren Abend in Gesellschaft verbracht. Irgendwann ließen sie den Musiksender laufen. Es war so eine ausgelassene Stimmung, dass Anjaani nicht stillsitzen konnte. Die Mädchen so ausgelassen tanzen zu sehen, Anjaanis Freude, ihre strahlenden Augen, entlockten ihm ein Lächeln. Doch es gefror, als sich Aryan von Yami zu ihr umwandte, um mit ihr zu tanzen. Die Hände in ihren, sie an sich ziehend, herumwirbelnd. Wie er sie leicht berührte, welche Freude er ihr entlockte. Und wie selbstverständlich sie seine Umarmung genoss. Es war kein Vergleich zu ihrem Tanzen mit Zuma. Aber dieses hier war so vertraut und selbstverständlich, dass ihn die Wut brodelnd heiß packte. Da sie am nächsten Tag arbeiten musste, verabschiedete sich Aryan irgendwann und schleppte die Drillinge gleich mit raus, um sie nach Hause zu begleiten. Damit erfüllte sich für Yami ein weiterer Traum. Die selbstverständliche Abschiedsumarmung zwischen Aryan und Anjaani, ließ Inuyasha erzittern und als ihre Lippen seine Wange berührten, wurde alles Rot vor Wut. „War das nicht schön, Saajan“, lachte sie , schloss die Tür und wandte sich zu ihm um. Doch seine wütende Energie erschreckte sie. Seine Aura war hart und seine zu Fäusten geballten Hände zitterten. „Was hast du?“ Als er den Blick hob, sank ihr das Herz in die Hose. Seine Augen glühten blutrot. „Du hast ihn geküsst!“ „Was?“ „Du hast ihn zum Abschied geküsst, ich habe es gesehen!“, rief er und schlich auf sie zu. Seine Stimme klang fremd. „Was empfindest du für ihn?“ Sein Zorn jagte ihr Angst und sie schreckte vor ihm zurück. Das war nicht ihr Inuyasha. „Nur Freundschaft, ich -“ „Lüge nicht!“ In seiner eifersüchtigen Raserei griff er nach ihr, packte fest ihr Kinn. Ihr Kopf prallte schmerzhaft gegen die Wand. „Ich habe es doch gesehen, diese Blicke, die Umarmungen und der Kuss!“ „Nur auf die Wange...“ Ihr Atem rasselte vor Angst, Funken tanzten vor ihren Augen. Seine Krallen bohrten sich in Haut. Und er drückte zu. „Damit fängt doch alles an! Sag, wenn ich verschwinden soll!“ „W-was? Nein!“ „Soll ich gehen? Dich für immer in Ruhe lassen? Ich bin dir doch egal!“ Er ließ sie los und wandte sich um. „Ich verschwinde, du und dieser Schleimer könnt machen, was ihr wollt. Ich tue mir das nicht an!“ „Nein warte!“ Sie rannte zu ihm, doch er stürzte sich auf sie, warf sie zu Boden. Der Sari löste sich von ihrer Schulter, entblößte Bauch und Dekolletee. „Lass mich lieber in Ruhe… sonst wirst du es bereuen! Solche Schönheit ist eine Qual… “ Sein Körper legte sich fest auf ihren, eine Hand würgte ihren Hals, die andere zerriss ihr Oberteil. Der BH sollte folgen... „Inuyasha, ich bin schwanger!“ Es war raus, ohne, dass sie darüber nachgedacht hatte. Eine letzte, verzweifelte Tat. Inuyashas Hände erstarrten, lösten sich von ihrem Körper. Sein Atem ging schwer von seinem Gebrüll, doch keine Spur von Zorn war mehr in seinen goldenen Augen zu sehen. Er war wieder normal. „Was?!“, japste er nur, zog sie und sich auf die Beine, während sie sich mit dem Sari bedeckte. „Ich habe vorhin einen Schwangerschaftstest gemacht. Du wirst Vater.“ Dass sie ihm offen in die Augen sah, bewies ihm, dass sie nicht log. „W-wie kannst du schwanger sein?“, brachte er hervor. „Wirklich von mir?“ Seine Naivität machte sie wütend. „Von wem denn sonst?“, zischte sie böse. „Willst du mich mit dieser Frage beleidigen?“ „A-aber ich dachte, du kannst nicht...“ „Anscheinend doch. Ich glaube, wir müssen reden.“ Voll Reue zog er sie in seine Arme, sanft, behütend. Die rasende Wut hatte sich in reißende Schuld verwandelt. Inuyasha konnte selber nicht erklären, was in ihn gefahren war. Er hätte tatsächlich... Er traute sich nicht, den Gedanken zu ende zu führen. Jedenfalls nahm sie seine Entschuldigung für sein unverzeihliches Verhalten an. Hier in seinem Armen, seinem Herzschlag lauschend, hätte sie ihm alles verziehen. Doch sie ließ sich nicht auf Diskussionen über sein grobes Verhalten ein. Seine enorm zugenommene dämonische Aura war im Moment eher zweitrangig. Im Vordergrund war die nun bevorstehende Schwangerschaft. Es war offensichtlich, er würde sie nicht allein lassen. Nachdem dies geregelt war, schmiedeten sie Pläne für die Zukunft. Und Inuyasha wurde klar, dass sich alle Verbote und alle Bedenken in Luft aufgelöst hatten. Er würde Vater werden und damit hatte sich alles geändert. Er hatte die Verantwortung für Anjaani und ihr gemeinsames Kind. Er dürfte bei ihr bleiben... Lange saßen sie auf dem Sofa und unterhielten sie sich darüber, was nun geschehen würde. Sie wurden nur kurz von einem vor Freude übersprudelnden Anruf von Yami unterbrochen, die himmelhochjauchzend davon berichtete, dass Aryan sie zum Abschied umarmt hatte. „Stell dir vor, ein kleiner Inuyasha mit winzigen Zähnchen und winzigen Öhrchen...“ Inuyasha sah sie an, wie ihre Augen träumerisch wurden und sie von einen glücklichen Leben zu dritt schwärmte. „Wird es dann ein Vierteldämon?“, fragte sie plötzlich erschrocken und sah zu ihm hoch. Sie schmiegte sich immer noch in seinen Armen. Mit verdutzter Miene zuckte er die Schultern. Doch dann entgleiste ihm das Gesicht. „Was? Was hast du, Saajan?“ Wie sollte er es sagen, ohne dass sie in schamvolle Hysterie verfiel? „Anjaani, das wird nichts mit den Ohren und Krallen.“ Erwartungsvoll schwieg sie. „Es war doch eine Neumondnacht. Ich war zu dem Zeitpunkt ein Mensch.“ Einfühlsamer konnte er wirklich nicht sein. Doch er sah keine Enttäuschung in ihrem Gesicht, was ihn ehrlich verwunderte. „Dann wird es halt ein vollblütiger Mensch, es könnte dir trotzdem ähnlich sein. Sobald es faucht weiß ich, dass es nach dir kommt!“ Wider Willen musste er lachen. „Und wenn der Hintern wackelt, kommt es nach dir.“ Gemeinsam stimmten sie in ein befreiendes Lachen ein. Inuyasha war atemberaubend, wenn er fröhlicher Stimmung war. „Dann soll es lieber nach dir kommen“, gluckste Inuyasha. „Warum?“ „Naja, was wäre dir lieber? Wenn das Ding in die Küche rennt, um Essen zuzubereiten, oder um es zu verschlingen?“ „Da muss ich ernsthaft überlegen. Sobald es die Drillinge anknurrt, wissen wir Bescheid.“ „Ja, dann werde ich stolz auf ihn sein. Dann muss ich seinen Verstand nicht anzweifeln.“ „Morgen rede ich mit Zuma.“ „Hä? Warum?“ Während sie es ihm erklärte, beschlichen sie Zweifel. Würde es ihre Karriere, die kaum begonnen hatte, komplett zerstören? Welche Veränderungen würde dieses Baby mit sich bringen? Sie wusste es nicht, doch eines wusste sie: Inuyasha würde ihr zur Seite stehen. Diesen Gedanken hatte auch der Hanyou. Anjaani schlief friedlich als er spät in der Nacht von seiner ersten Dämonenjagd gemeinsam mit Aryan zurückkam. Dieser verdammte General war ein genialer Stratege mit blitzschnell arbeitendem Verstand. Von seinen kämpferischen Fähigkeiten ganz zu schweigen! Aryan hatte ihn überrascht. Obwohl ihm Inuyashas dämonischen Fähigkeiten fehlten, war er ein unberechenbarer und gefährlicher Gegner. Inuyasha wollte es nicht zugeben, aber einen besseren Chef und Kameraden im Kampf konnte man nicht haben. Anjaani bewunderte Aryan zu recht, doch er war etwas ganz besonderes in ihren Augen. Vorsichtig legte er sich zu ihr ins Bett. Ein Gedanke leuchtete hell in seinem Bewusstsein auf: Er würde jetzt für immer bei ihr bleiben. Also war es ihm erlaubt, sie zu lieben. Sanft strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht und eine Welle der Zärtlichkeit überkam ihn. Keine Zurückhaltung, kein Verstecken mehr. Jetzt konnte er seine Gefühle austesten und ausleben. Jetzt konnte er austesten, ob er sie liebte. Tief in seinem Herzen kannte er die richtige Antwort. Ehe er sich versah, hatte er sich vornübergebeugt und sein Gesicht an ihres geschmiegt. Es wäre so schön, sie lieben zu dürfen, sie genießen zu können, das fremde, vertraute Mädchen zu vergessen. Die Ketten der Reue an seinem Herzen zu brechen und frei lieben zu dürfen. Und plötzlich hatten seine Lippen ihre gefunden. Kapitel 14: Das wahre Monster ----------------------------- Als Inuyasha die schlafende Anjaani küsste, setzte sein Herz aus, bevor es in 20-facher Geschwindigkeit weiter schlug. Die Berührung ihrer Lippen jagte ihm elektrisierende Schauer durch den Körper. Seine Haut schien wie in Flammen zu stehen. Anjaani seufzte im Schlaf und erwiderte unbewusst den Kuss. Da drohte ihm plötzlich die Kontrolle zu entschwinden. Wie vor wenigen Stunden wurde sein Verstand nebelig und diese seltsame Kraft pulsierte in seinen Adern. Er wollte sie jetzt! Eine unbändige Macht bemächtigte sich seiner, eine Mischung aus Verlangen und Gewalt... blutiger Gewalt! Entsetzt löste er sich von ihr. Rechtzeitig, denn er hätte ihr garantiert weh getan in seinem Wahn. Und es wurde stärker. Inuyasha beschlich Angst, weil er die Kontrolle über seine Gedanken und seinen Willen verlor. Er wurde aggressiv. Intuitiv stürzte er ins Badezimmer und griff nach Tessaiga, das er neben der Duschkabine abgelegt hatte. Sein Herzschlag beruhigte sich augenblicklich und der Wunsch nach Töten und Kämpfen verklang, wenn auch langsam. Im letzten Moment hob er den Kopf, um im Spiegel zu sehen, wie seine blutroten Augäpfel wieder weiß wurden. Nein, das kann nicht sein! Er hatte gerade wie ein vollblütiger Dämon ausgesehen! Erschüttert sank er auf den Boden. „Saajan, geht es dir gut?“ Wie gehetzt wirbelte sein Kopf zu ihr herum. „Meine Güte, was ist los, Saajan?!“ Besorgt eilte sie an seine Seite. „Du schwitzt ja und zitterst.“ „Nein, es geht mir gut.“ „Du lügst, deine Aura war wieder anders. Was war los?“ „Ich weiß es nicht!“, knurrte er genervt, da er vor ihr nichts verbergen konnte. „Ich glaube, ich war ein Youkai.“ Verdutzt blickte sie ihn an, sagte aber nichts. „Ich weiß es, weil ich eine unglaublich starke Energie in mir habe, die ich nicht bändigen kann. Es ist, als würde das Dämonenblut in mir übermächtig werden. Ich weiß nicht, warum das so ist.“ Anjaani, die deutlich seine Verzweiflung spürte, obwohl er es zu verbergen versuchte, kniete neben ihn und legte ihm die Hand an sein Herz, die Finger streichelten seine pochende Haut. „Halt still“, flüsterte sie und schloss die Augen. „Was -?“ Doch der plötzliche Energiestrom, der von ihr ausging, überrumpelte ihn. „Was machst du da?!“ „Ich beruhige dich und unterbinde die dämonische Energie. Anscheinend schafft Tessaiga das auch gut, aber hiermit gehen wir auf Nummer sicher.“ Tatsächlich. Sein Blut wurde ruhig und seine Mordgelüste versiegten komplett. Ihm wurde warm und er spürte sogar Freude aufkeimen. Es war ein Gefühl, als würde er die ersten warmen Sonnenstrahlen auf der Haut genießen. Er fühlte Anjaanis Aura und sie fühlte sich wundervoll an. „So“, meinte sie daraufhin. „Das müsste für eine Weile genügen um dein Youkaiblut zu bändigen, bis wir rauskriegen wann und warum das passiert.“ „Wir?“ Verblüfft starrte er sie an. „Du solltest doch mittlerweile wissen, dass ich dich nie im Stich lasse. Wir müssen rauskriegen woher das kommt und wie wir es verhindern können. Ich ertrage es nicht, dass es dich unglücklich macht.“ „Danke.“ Da lehnte sie sich an ihn und krallte die Finger in seine nackte Haut. Der Duft ihrer Haare ließ ihn kurz schwindeln. Da er im Reflex die Arme um sie geschlungen hatte, spürte er, dass sie schwach war. Sie hatte ihn nicht umarmt, nein, sie war umgekippt! Das war ein Schwächeanfall! „Anjaani, was ist los!“ Sie war leichenblass, als sie aufsah. „Ich habe viel Energie übertragen. Ich bin ungeübt und deshalb schwächt es mich.“ „Das Baby!“ „Keine Sorge, ich habe nicht seine Energie benutzt. Ich bin zwar bei weitem nicht so gut wie Aryan, aber ich kann entscheiden, welche Energie ich nehme. Das Baby hat Energie, nur ich nicht mehr. Und ich will nicht seine nehmen müssen, um jetzt aufstehen zu können.“ „Dann solltest du jetzt schlafen und dich erholen.“ Ohne zu zögern hob er sie auf seine Arme und trug sie zurück ins Bett. Liebevoll betrachtete er ihr Gesicht, das sich an seine Schulter schmiegte. Dieses Gefühl, das sie in ihm ausgebreitet hatte, war wundervoll. So fühlte er sich, wenn er in ihrer Nähe war und diese Zufriedenheit auch zuließ. Wieder einmal hat sie ihm gezeigt, dass er nicht allein war. Sie würde immer an seiner Seite sein. Bei ihr war alles gut. Jetzt würden sie immer zusammenbleiben. So sollte es sein. Denn als er sie so besah, wurde ihm bewusst, dass sie zusammen gehörten. Durch dieses Kind, waren sie nun untrennbar verbunden. „Wie soll es denn heißen?“, fragte er sanft, als er sie aufs Bett legte. Seine Hand berührte unbewusst ihren Bauch. „Darüber habe ich noch nicht nachgedacht“, antwortete sie ehrlich. Nanu, woher kam Inuyashas plötzliche Zärtlichkeit? Lag das an ihrer liebevollen Energie, die durch seinen Körper floss und seine eigene griesgrämige Energie unterdrückte? Oh, das musste sie ausnutzen! „Wie würdest du es denn nennen?“, wollte sie wissen und schmiegte sich an seine Brust. Statt, wie eigentlich zu erwarten war, sie wütend von sich zu schieben, legte er den Arm um sie und blickte nachdenklich zu ihr hinab. „Ich habe keine Ahnung. Wie wäre es mit-?“ „Nein!“, unterbrach sie sofort. „Kein Terminator! Das kommt nicht in Frage!“ „Das wollte ich gar nicht sagen!“, log er errötend. „Unser Kind wirst du nicht nach den gewalttätigen Fernsehfiguren benennen, die dir gefallen. Außerdem soll es einen wunderschönen Namen mit einer wunderschönen Bedeutung bekommen. Schließlich lieben wir das Kind doch, oder?“ Er nickte nur. Als ihm dann ein Name einfiel, war Anjaani schon eingeschlafen. „Kohaku“, flüsterte sie im Schlaf. „Wenn es deine Augen hat, soll es Kohaku heißen…“ Kohaku… Bernstein… Seine Bernsteinaugen assoziierte sie mit der Sonne. Kohaku, ihre kleine Sonne… genau dieser Name war ihm eingefallen. Kannte er sie schon so gut? Voller Liebe betrachtete er das schönste Gesicht der Welt. Überglücklich drückte er ihren anschmiegsamen, überwältigend duftenden Körper an sich. Das war ein Traum, ein wunderschöner Traum! „Ich liebe dich, mein Engel“, hauchte er und schlief dann voller Glückseligkeit im Herzen ein. Anjaani bekam dies nicht mit. Als sie sich für die Arbeit am nächsten Morgen richtete, schlief er so selig, dass sie es nicht über sich brachte, ihn zu wecken. Sie hatte anscheinend zu viel positive Energie in ihn gepumpt und hätte etwas mehr für sich behalten müssen, denn nun drohte ihr eine Konfrontation mit Zuma. Die Schwangerschaft musste ihm gebeichtet werden. Doch Zuma war an diesem Tag abwesend. Sie erfuhr, dass er sich auf einem Tanzturnier in den USA befand, von dem er erst in einem Monat zurück sein würde. Natürlich hatte er sie davon nicht in Kenntnis gesetzt. Mit Akiyoshi-sama konnte sie nicht reden, da Zuma für ihre Anliegen zuständig war. Dieser Mistkerl! Gerade jetzt war er außer Landes. „Dann warten wir einen Monat, bis er zurück ist“, munterte sie Aryan bei einem großen Eisbecher auf. Er nahm ihre Schwangerschaft voller Glückwünsche hin und stand ihr auch unterstützend zur Seite, als sie es den Drillingen berichtete. Diese rasteten vollkommen aus vor Freude. So aus dem Häuschen hatte Anjaani sie noch nie erlebt. Zum Glück war Aryan bei ihr, denn Inuyasha war keine Unterstützung. Ihre positive Energie konnte seine Laune nicht heben, wenn Yuki, Yoko und Yami da waren. Yuki freute sich am meisten. „Ich bin die glücklichste Frau der Welt!!!“, jubelte sie über das Gekreische ihrer Schwestern hinweg. „Warum das?“, brummte Inuyasha, am Balkon inne haltend, von dem er gerade fliehen wollte. „Na, weil ihre Brüste jetzt gigantisch werden! Noch größer, als sie schon sind!“ „Warum fragst du eigentlich, Saajan?“, seufzte Anjaani. „Vergiss ihre Brüste, die wirst du eine ganze Weile genießen können! Mich interessiert das Baby!“ „Was ist es? Was ist es? Was ist es?“, kreischte Yoko aufgeregt. „Sag! Sag! Sag!“ „Wenn ihr euch nicht beruhigt, schmeiß ich euch alle raus!“, drohte Inuyasha. „Und zwar aus dem Fenster.“ „Ist schon gut“, schmollte Yuki. Zur Beruhigung aller Gemüter kochte Anjaani Tee und servierte einen selbst gebackenen Kirschkuchen, der Inuyasha dazu veranlasste, doch in der Wohnung zu bleiben. „Also“, begann Yami sachlich. „Wird es ein Junge oder ein Mädchen?“ Sie hatte die Frage an Inuyasha gerichtet, doch seine Aufmerksamkeit galt dem Kuchen. „Das können wir noch nicht wissen. Es ist zu früh“, antwortete Anjaani an seiner Stelle. „Das kann man mit einigen Tricks beeinflussen. Aani, hast du in der Nacht Zitronen gegessen?“ „Glaubst du daran?“, lachte Aryan und trieb Yami die Röte ins Gesicht. Ein lachender Aryan war unwiderstehlich. Besonders für Yami, die seinen strahlenden Smaragdaugen ausweichen musste, um nicht den Verstand zu verlieren. Wie sehr sie sich danach sehnte durch seine weichen Haare zu wuscheln... „Das Geschlecht des Kindes im Mutterleib wird durch bestimmte Faktoren bestimmt.“ Und während Aryan erklärte, was für das Geschlecht eines Ungeborenen zuständig war, wurden die Augen der Drillinge groß. „Für einen praktisch Unschuldigen hast du ziemlich viel Fachwissen“, bemerkten die Schwestern. „Wer sagt denn, dass ich theoretisch nicht erfahren bin“, zwinkerte er und ließ die Mädchen erröten. „Oder praktisch?“ Die Drillinge schnappten hörbar nach Luft und die beiden Inder begannen zu lachen. „Er meint nicht das, was ihr wieder denkt, ihr verdorbenen Dinger!“, kicherte Anjaani. „Ich habe öfters bei Geburten geholfen“, erklärte Aryan. „Ach schade. Ich habe schon gehofft unser General hätte eine perverse Seite.“ Yuki war enttäuscht. „Und durch deine Erfahrungen als Geburtshelfer, behauptest du zu wissen, was das Kindergeschlecht beeinflusst?“ Yoko blieb skeptisch. „Es ist bewiesen, dass bestimmte Stellungen das Kindergeschlecht bestimmen.“ „Ach, Yoko-Neko, das ist Unsinn!“, widersprach Anjaani, um sie endlich zum Schweigen zu bringen, bevor... „Doch, das ist wahr! Unsere Eltern haben fünf Mädchen! Inuyasha, welche Stellung habt ihr benutzt?“ Oh, Mann! Zu spät... „Wie bitte?!“ Inuyasha verschluckte sich. „Na, in welcher Stellung habt ihr miteinander geschlafen? War sie oben, warst-“ „Ich weiß, was du meinst?“, brüllte Inuyasha dazwischen. Sein Gesicht lief flammend rot an. „Ja, was war es denn jetzt?“ „DAS GEHT EUCH NICHTS AN!!!“ „Erinnerst du dich etwa nicht mehr?“ Die Drillinge sahen ihn verstört an. Erschöpft sank Inuyasha in sich zusammen. „Was ist nur los mit denen?“, wimmerte er verzweifelt. „Die geben nicht nach“, seufzte Anjaani. „Warts nur ab, die sind jetzt erst in Fahrt gekommen.“ Die Drillinge berichteten von ihrer Theorie und erklärten detailgetreu bei welchen Stellungen ein Mädchen und bei welchen ein Junge gezeugt wurde. Inuyasha machte es wütend, Anjaani war es mehr als peinlich und den sanftmütigen Aryan amüsierte es. Er schien so Gefühle wie Wut oder Ärger gar nicht zu kennen. „Du regst dich nur auf, weil du als einziger weißt, was es wird“, zwinkerte Yami dem Hanyou zu. „Können wir dieses Thema bitte beenden?“, flehte Anjaani, weil ihr das Glitzern in Inuyashas Augen eine Spur zu gefährlich war. „Ich habe ein größeres Problem. Außerdem wird es ein Junge.“ Inuyasha und die Drillinge schnappten nach Luft und rissen die Augen auf. Inuyashas Kopf wurde knallrot… „Ich erinnere mich nicht an die Nacht“, warf Anjaani sofort hastig ein und errötete selber. „Ich habe es einfach im Gefühl!“ „Ja, ist klar!“ Die Drillinge glaubten ihr nicht. „Ich denke es wäre besser, sich auf Auroras Problem zu konzentrieren.“ Aryan erntete einen dankbaren Blick von der Inderin. „Welches Problem?“ „Zuma“, sagte Aryan. Yokos Augen weiteten sich entsetzt. „Er wird ausrasten“, fiepte sie ängstlich. „Oh, Gott! Was mache ich nur?“ „Du?“ Alle runzelten verständnislos die Stirn. „Er wird nie wieder mit mir schlafen!“ Seufzend tauschten Anjaani und Inuyasha Blicke aus. Das war sinnlos. Diese Frauen waren keine Hilfe. So verging ein Monat. Die Drillinge waren immer noch völlig aus dem Häuschen. Selbst vier Wochen später hatte ihre Euphorie keinen Abbruch gefunden, obwohl die Stellungs-Frage für sie noch immer im Mittelpunkt stand. Dies würde sich bald klären, denn Anjaani hatte dem Vater ihres Kindes erzählt, dass sie sich einen Ultraschall- Termin bei Dr. Takeda geben lassen wird, der es ihnen ermöglicht, das Kind im Mutterleib zu betrachten. Am nervösesten – obwohl er sich alle Mühe gab, dies nicht zu zeigen – war der Hundedämon. Er würde sein Kind sehen. Das Kind in Anjaanis Bauch. Verstohlen blickte er zu ihr rüber, wie immer nicht unbemerkt. „Inuyasha!“ Anjaani lachte laut auf und reichte Aryan ein Frühstücksbrötchen. „Ich bin erst in der 7. Woche. Mein Bauch wird nicht mit jeder Stunde größer! Hör also auf ständig drauf zu starren.“ „Achte auf ihre Brüste“, riet Yuki. „Die wachsen noch vor ihrem Bauch.“ „Du kannst es wohl kaum erwarten“, bemerkte Anjaani trocken. Noch war es zu früh. Ihrem Körper war die Schwangerschaft natürlich nicht anzusehen. Innerlich seufzte sie. Ihr Körper hatte sich genauso wenig verändert, wie ihre Beziehung zu Inuyasha. Bis auf diese eine zärtliche Nacht, in der sie schmusend in seinen Armen eingeschlafen war, war nichts passiert. Sie lebten in den Tag hinein, als wäre nichts geschehen. Das wollte sie am heutigen Abend ändern. Es war Zeit zu erfahren, wo sie beide in ihrer Beziehung standen. Was Anjaani nicht wusste, war, dass Inuyasha dasselbe Anliegen hatte. Zuerst musste sie mit Zuma reden und das bereitete ihr mächtig Bauchschmerzen. Anjaani war wirklich gut darin, ihre Gefühle zu unterdrücken, sie hatte es schließlich ihr ganzes Leben über getan, aber die Angst, die sie wegen Zuma empfand, ließ sich nur mit der Hilfe von Aryans beruhigender Energie verbergen. Als die Mittagspause nahte, drohte der Knoten in ihrem Hals, ihr die Luftzufuhr abzuschneiden. Sie musste es endlich hinter sich bringen! Obwohl Aryan ihr Mut zugesprochen hatte, ließ die Nervosität sie nicht los. Ihre Hand zitterte, als sie an Zumas Tür klopfte. Akira Zumas Schultern strafften sich, als das Klopfen ertönte und instinktiv wusste er, wer es war. Den ganzen Morgen hatte er schon fast ungeduldig auf sie gewartet, nun würde er sie endlich wieder sehen. Er hätte nie gedacht, dass er nach vier Wochen ihr schönes, immer leicht verängstigtes Gesicht so vermissen würde. Oder war es eher die Tatsache, dass ihr Bild vor seinem geistigen Auge in den vier Wochen Abwesenheit, ihn davon abgehalten hatte, irgendeiner Frau nahe zu kommen? So wie es der nervige Drilling ausgedrückt hatte: Kostet man ein Mal von Anjaani, ist man für jede andere Frau unempfindlich. Und jetzt strotzte sein Körper nur so vor Testosteron und zurückgehaltener Sehnsüchte. Ob ihr jetzt eine Begegnung mit ihm gut tat? Doch er öffnete die Türe, gerade um sein Verlangen an ihr stillen zu können. Ihre nach Jasmin duftende Lockenpracht rauschte an ihm vorbei, da sie ihn hinter der Türe im ersten Moment nicht bemerkt hatte. „Hinter dir“, raunte er. Ruckartig drehte sie sich um, die dunklen Augen blitzen. Er hörte mit Genugtuung, wie ihr der Atem stockte und sah, dass eine zarte Röte ihre Wangen überzog. Verunsichert trat Anjaani einige Schritte von ihm weg. „Eine ganz schöne Veränderung, Arora, nicht wahr?“ Die sachte Spur eines Lächelns betonte das stählerne Schimmern seiner Augen. Zuma war an sich unglaublich gutaussehend, aber das verschlug ihr den Atmen. Die blonden Haare ließen ihn frischer aussehen, frecher und vor allem netter... Er war hinreißend!!! Zuma weidete sich an ihrer Reaktion. „Sehe ich so umwerfend aus?“ „Nein!“, entgegnete Anjaani hastig. Sie räusperte sich und hielt seinem eindringlichen Blick stand. „Es ist nur so ungewohnt...“ „Aha.“ Langsam ging er auf sie zu und ließ wieder die Unsicherheit in ihrem Gesicht erscheinen. Die Unsicherheit, gepaart mit der Tatsache, dass sie ihn unwiderstehlich fand. Ihre Auge waren eine Spur goldener als sonst. Er hatte diesen bezaubernden, goldenen Kranz um ihre Pupillen schon fast vergessen. „Ja, ungewohnt“, wiederholte sie mit etwas festerer Stimme. „Das Blond steht Ihnen nicht. Es lässt Sie schon fast freundlich wirken.“ „Lügnerin.“ Seine Pupillen weiteten sich. Anjaani stolperte rückwärts, gefangen von seinen Augen. „Ich sehe, du kannst deine schönen Augen nicht von mir nehmen.“ Sie schrie leise auf, als sie mit den Rücken gegen den Schreibtisch stieß und ihr Oberkörper nach hinten kippte. Zuma war sofort über sie gebeugt, die Hüfte an ihre gedrängt. Ihm plötzlich so ausgeliefert zu sein, lähmte sie. Ein Blick in seine vor Gier brennenden Augen, ließ ihren Atem stocken und ihr Herz rasen. Jetzt saß sie in der Falle. Zuma gebrauchte seine gesamte Willenskraft, um ihr zu widerstehen, um nicht sofort wie ein hungriges Tier über sie herzufallen. Ihre vollen, tiefroten Lippen öffneten sich leicht und ihr süßer, brennender Atem ließ sein Blut brodeln. Für den Moment eines Herzschlages verlor er sich in ihren Augen. In ihrem Anblick gefangen, schlossen sich seine Finger sanft um ihren Nacken und wanderten ihren Hals hinab zu ihrem Schlüsselbein. Die Haut war so zart wie ein Rosenblütenblatt, so unglaublich weich, dass seine Finger anfingen zu kribbeln, während er ihren Hals streichelte. Ihr Gesicht war nicht geschminkt, ihre Haut war wirklich so rein und makellos, und ihre Lippen... Sanft strich sein Daumen über ihre bebende Unterlippe. Anjaani keuchte leise auf, drückte die Hände gegen seine Brust, doch Zuma packte sie fest und presste sie auf die Schreibtischplatte. Seine Finger streiften die Träger ihres Kleides von den Schultern, sein Mund senkte sich auf ihre wie verrückt pochende Halsschlagader... DIDIDING!!! Das schrille Läuten des Telefons ließ den beiden den Schreck in die Glieder fahren. Ehe sich Zuma versah, war sie unter ihm hinweg geschlüpft und aus dem Raum geflohen. Blindlings rannte sie aus der Tanzschule auf die Straße und direkt in die stärkeren, doch auch sanfteren Arme eines Dämonenjägers. „Hey, Kleines! Geht es dir gut?“ Sie war so durcheinander, dass sie ihn in seiner schwarzen Kampfuniform im ersten Moment nicht erkannte, da sein Gesicht maskiert war. „Aurora, was ist passiert?“ Die Besorgnis in den Smaragdaugen holte sie in die Realität zurück. Er nahm Maske und Kopfschutz ab und enthüllte das weiche, dunkelbraune Haar. „Aryan? Was macht du hier?“ „Ich habe gerade mit Inuyasha einen Schwarm Heuschreckendämonen im Osten der Stadt vernichtet und gönne mir eine kleine Pause. Was ist los?“ Als er sah, wie sich Tränen in ihren Augenwinkeln sammelten, legte er die Arme behutsam um ihre Schultern. Leise schluchzend drückte sie sich an ihn und ließ sich den Kopf streicheln. Es wirkte beruhigend und tröstete sie. Er roch nach Geborgenheit, dem für ihn typischen frisch-würzigen Hauch von Piniennadeln und ein ganz kleines bisschen nach Dämonenblut. Aryan wischte ihr zärtlich die Tränen von den Wangen. „Wieso werde ich das Gefühl nicht los, dass du weinst, weil du dich schämst?“ Seine Stimme war weich und warm wie Honig und entlockte ihr sogar ein zartes Lächeln. „Zuma“, sagte sie nur. „Soll ich ihn verhaften, oder reicht es aus, ihn einfach nur zu verprügeln?“ „Nein, du solltest mich verprügeln.“ „Das werden wir sehen, wenn du mir sagst, was passiert ist.“ Von dem goldenen Glitzern seiner Augen ermutigt, berichtete sie ihm, was in Zumas Büro vorgefallen war. „Dabei empfinde ich doch nichts für ihn“, versicherte sie dem Inder zum unzähligsten Mal. „Wieso hat er mich dann so...“ „Angemacht?“, lachte Aryan. „Um es mit den Worten der Drillinge auszudrücken.“ „Nein“, widersprach sie schmunzelnd. „Die hätten geil gemacht gesagt. Du unterschätzt ihre Derbheit. Aber so ungefähr trifft das zu.“ „Aurora, du bist eine Frau mit weiblichen Bedürfnissen, das vergisst du anscheinend. Es ist normal, wenn dir das Aussehen eines Mannes gefällt.“ „Nein, ich...“ „Aurora, kein Mensch kann einem anderes widerstehen, wenn er schön ist.“ „Aha.“ Aryan lachte amüsiert. „Du bist das beste Beispiel. Schau nicht so ungläubig. Du bist die schönste Frau dieser Welt. Jeder Mann, ob bereits verliebt oder nicht, wird sich nach dir umdrehen. Du gefällst ihnen. So ist es auch umgekehrt. Ein schöner Mann weckt deine Aufmerksamkeit, wenn auch nur für kurze Zeit. Zuma ist anscheinend ein gutaussehender Mann und dir in einer Weise körperlich nahe, wie sonst nur ich .“ „Nein“, widersprach sie. „Auch du nicht. Nicht einmal Inuyasha.“ „Den du auch nicht anschauen kannst, wenn er ohne Hemd rumläuft.“ „Aber das -“ „Noch ein Beispiel. Du findest mich attraktiv, nicht wahr?“ Damit entlockte er ihr ein Lachen. Aryan wusste ganz genau, wie attraktiv er war. Die Drillinge sagten es ihm andauernd. Er fuhr fort. „Du weißt, dass Tanzen die reinste Form von Erotik sein kann. Wenn ich dir körperlich so nahe wäre wie Zuma und es auch noch drauf anlegen würde, dich zu bezirzen, würde dich das kalt lassen?“ Sie schloss die Augen und schüttelte ganz leicht den Kopf. Aryan konnte niemand widerstehen. „Schau, Kleines, er ist attraktiv und hat beeindruckende Augen. Soweit ich dich kenne, hast du eine Schwäche für schöne Augen. Und wenn dieser Typ dir auf so eine intime Weise nahe kommt, wäre es anormal, wenn es dich komplett kalt gelassen hätte. Aber es gibt eine Grenze, denn du liebst ihn nicht. Du findest ihn anziehend, mehr nicht. Du kannst ihm widerstehen.“ „Wem kannst du widerstehen?“ Inuyashas plötzliche Anwesenheit entlockte Anjaani einen kleinen Schrei. Erschrocken drückte sie sich fester an Aryan. „Jag mir doch nicht so einen Schrecken ein!“ „Wieso arbeitest du nicht, Anjaani? Und was macht ihr zwei hier? Warst du nicht eben noch Dämonenkadaver beseitigen?“ Finster fixierte er Aryan. „Mein Job ist es überall zur selben Zeit zu sein“, bemerkte Aryan fröhlich. „Und Aurora ist mir praktisch in die Arme gelaufen.“ Inuyasha ignorierte das. Er hasst es, wenn Aryan sie in seinen Armen hielt. „Ich will wissen, was ihr zwei – Anjaani, hast du geweint?“ Sein entgeistertes Gesicht machte ihr die Lüge leichter. „Nein, meine Augen sind nur rot...“ „Weil sie letzte Nacht zu wenig Schlaf bekommen hat“, stand ihr Aryan zur Seite. „Ich weiß“, zischte Inuyasha. „Ich war ja dabei.“ „Von wegen“, murrte Anjaani und stemmte die Hände in die Hüften. „Du weißt von nichts, so fest wie du geschlafen hast.“ „Nur weil -“, fing Inuyashas Protest an, dann hielt er plötzlich inne, streckte die Nase in den Wind und schnupperte. „Süß, blumig... Yami!“, grollte er leise und war mit einigen großen Sprüngen verschwunden. „Warte, Inuyasha! Yami kommt...“, begann Aryan, doch Inuyasha war schon über alle Berge. „...wegen mir. Wir wollten zusammen ihre Mittagspause verbringen...“ „Es braucht nicht viel, um ihn zu verjagen“, lachte Anjaani kopfschüttelnd. „Legt sich mit jedem Dämon an, flieht aber vor einer harmlosen -“ Sie unterbrach sich mitten im Satz und hob überrascht die Brauen, denn Inuyasha kam soeben zurück gesprungen. „Hab was vergessen“, knurrte er, warf sich Anjaani über die Schulter und verschwand mit ihr. Zurück blieb ein leise lachender Aryan. Anjaani, die es wegen seiner halsbrecherischen Geschwindigkeit vermied, ihn anzubrüllen, hieb nur ärgerlich mit den Fäusten auf seinen Rücken ein. Inuyasha beachtete dies gar nicht. Auf dem nächstbesten Baum setzte er sie ab. Zittrig setzte sie sich hin und lehnte sich gegen den Baumstamm, während er mit verschränkten Armen vor ihr sehen blieb. „Inuyasha! Was soll das denn? Meine Mittagspause ist bald zu Ende.“ „Ich will zuerst wissen, was los ist“, verlangte der Halbdämon. „Ich weiß nicht, wovon du redest.“ Knurrend hockte er zu ihr runter, doch sie wich seinen direkten Blick aus. „Warum hast du geweint?“, fragte er etwas sanfter. „Du hast geweint, ich kenne dich.“ „Es ist wieder gut“, winkte sie ab, doch ihm platzte der Kragen. Seine Faust krachte in das Holz des Stammes, direkt neben ihrem Kopf. Anjaani zuckte verschreckt zusammen. „Warum kannst du es diesem Schleimer erzählen, aber mir nicht?“ „Ach, darum geht es dir! Es interessiert dich nur, weil Aryan es weiß!“ „Nein, ich frage mich nur, warum du mit mir nicht reden willst! Vertraust du ihm jetzt mehr als mir?“ „Das ist es nicht, ich kann mit Aryan nun mal besser reden. Er hört ruhig zu, während du dagegen sofort ausrastest.“ „Das stimmt doch gar nicht!“ „Siehst du? Du schreist wieder.“ Seufzend machte sie Anstalten, vom Baum zu klettern. „Hey! Wo willst du hin?“ „Hier runter! Meine Pause ist in 30 Minuten zu Ende.“ „Nix da!“ Er packte sie an der Taille und hob sie hoch, als wäre sie leicht wie eine Feder. Seine Hände umschlossen ihre schmale Taille fast vollständig. „Wir sind hier noch nicht fertig.“ „Lass mich los!“ Sie zappelte und strampelte, doch seine Arme waren wie Schraubstöcke, die sie gefangen hielten, obwohl seine Finger sich sanfter als erwartet in ihre Haut gruben. Seltsam, wie zärtlich er sie berührte, obwohl er sie eisern festhielt. Anjaanis Bauch fing an zu kribbeln und damit er sie losließ sagte sie resignierend: „Zuma hat mich nur aufgeregt.“ „Und das wolltest du mir nicht sagen?“ „Nicht, wenn du mich zwingst. Sonst erzähle ich dir doch auch alles.“ Er brummte etwas Unverständliches und setzte sie ab. „Dich interessiert es ja nur, wenn ich es auch Aryan erzähle.“ „Das stimmt doch nicht!“ Sie schnaubte verächtlich. „Wolltest du nicht einkaufen?“ „Hä? Nein.“ „Ach ja, worum habe ich dich heute Morgen gebeten?“ „Um nichts!“ „Du solltest einkaufen! Aber ich werde Aryan bitten, das zu erledigen...“ „Ja, stimmt!“, rief er. „Ich sollte Lauch für den Auflauf... oh!“ „Ja, oh! Wo ist mein Lauch???“ Ihr Geschrei ließ ihn zusammenzucken. „Siehst du!“ Sie hieb auf seine Schulter ein. „Wenn es um Aryan geht, weißt du es plötzlich wieder. Ansonsten bin ich dir egal!“ „Hör auf mich zu schlagen, du tust dir noch weh! Ich habe es vergessen, tut mir leid!“ „Du vergisst alles!“ „Das stimmt doch gar nicht!“ „Ok, wo ist Tessaiga? Wieso hast du es nicht bei dir?“ „Ups, vergessen.“ „Bringst du mich zurück zur Arbeit?“ Ihr lieblicher Tonfall verwirrte ihn, obwohl er ihre plötzlichen Stimmungswechsel nur zu gut kannte. „Du schreist mich an und jetzt soll ich dich rumtragen?“ Inuyasha schmollte. Doch Anjaani zuckte nur mit den Schultern und kletterte vom Baum. „Halt, du bist schwanger!“, schrie er ihr hinterher. „Wo willst du hin?“ Keine Sekunde später stand er neben ihr auf dem Boden. „Zur Arbeit.“ Wortlos trottete er neben ihr her und damit es zu keinem neuen Streit kam, sagte keiner ein Wort, bis: „Anjaani, hast du mit dem Grapscher geredet?“ „Worüber?“ Sie wusste es genau. „Na über...“ Sein Blick fiel vielsagend auf ihren Bauch. „Naja...“ Er merkte verwundert, dass sie rot wurde. „Ich hatte noch keine Gelegenheit dazu.“ „Dann sagen wir es ihm jetzt. Da vorne steht er.“ Anjaani zuckte zusammen, als sie ihn lässig am Eingang der Tanzschule lehnen sah. Sie hatte ganz vergessen, wie sexy er plötzlich aussah. Wie angewurzelt blieb sie stehen, doch ihr Blick ließ sich nicht von Zuma abwenden. Inuyasha war sofort in Alarmbereitschaft. „Was ist los mit dir?“ Seine Juwelenaugen suchten vergeblich nach ihren. „Du bist ganz rot im Gesicht.“ Anjaani schluckte verräterisch. „Warum bist du errötet?“ Sie schüttelte nur den Kopf, doch ausnahmsweise durchschaute er die Lage. „Wieso siehst du ihn so an?“, zischte er gefährlich leise. Anjaani senkte den Kopf, wollte gerade antworten... Doch er packte ihr Kinn, sah in ihre leicht goldenen Augen. „Er gefällt dir!“ Ihr gehetzter Gesichtsausdruck verriet, dass dies stimmte. Inuyasha war fassungslos. Ein tiefes Knurren sammelte sich in seiner Kehle. „Inuyasha, das stimmt nicht... INUYASHA!!!!“ Ihr schriller Schrei löste den Nebel auf, der sich um seinen Verstand gebildet hatte. „D - deine Augen! Sie waren rot!“ „Es geht mir gut“, meinte er nur. „Lauf sofort Heim und nimm Tessaiga an dich“, beschwor sie ihn. „Schnell!“ Inuyasha gehorchte und hetzte sofort davon. Zuma hingegen hatte diese brenzlige Szene nicht mitbekommen. Zu sehr war er von ihrem vermissten Anblick gebannt gewesen. „Nanu, wieder zurück?“, begrüßte er sie kühl. „So schnell wie du weg warst.“ „Lassen Sie mich in - ah!“ Zuma hatte sie blitzschnell an den Armen gepackt, herumgedreht und gegen den Türrahmen gedrückt. „Komm mir nicht damit, Püppchen!“, raunte er heiser. „Ich lasse nicht mit mir spielen. Ich will dich, also sieh dich vor!“ „Hey, Aurora!“ Anjaani glaubte zu träumen, als sie Aryans Stimme hörte. Doch es war kein Traum, denn Zuma rückte sofort von ihr weg. „Ist alles in Ordnung?“ Aryan, ziemlich respekteinflößend in der kugelsicheren Kampfuniform, baute sich vor Zuma auf. Die vielen Armeeabzeichen glänzten in der Sonne. Er entgegnete dem glitzernden Smaragdgrün mit purem Silber, hielt ihm jedoch nicht stand. „Jetzt brauchst du sogar Soldatenschutz, Arora?“ „Nein“, entgegnete Aryan, sanft wie immer. „Ich bin gerade auf Patrouille. Und da ich sowieso hier vorbeikomme, bringe ich ihr nur etwas zu trinken vorbei. Yami sagte, ich solle dir etwas bringen, da deine Flasche bestimmt leer ist.“ „Stimmt, dankeschön! Aryan, alles in Ordnung?“ Unbewusst hatte sie in Hindi gewechselt. „Ich denke nur über etwas nach“, antwortete er. „Es geht um Yami. Aurora, was sind deine Voraussetzungen, die ein Mann erfüllen muss, um dir zu zeigen, dass er dich liebt?“ „Würdest du mit Yami tanzen?“ „Natürlich“, antwortete er leicht überrascht. „Tja, Inuyasha ist schon bei dem Punkt gescheitert. Würdest du für sie deine ganze Vergangenheit hinter dir lassen?“ „Diese Voraussetzungen scheinst du an Inuyasha angepasst zu haben“, lachte Aryan. „Gut, würdest du um sie weinen, wenn sie sterben würde“, flüsterte sie. „Ich würde selber sterben.“ „Was macht dir dann Sorgen?“ „Ich sorge mich darum, wie ernst sie es meint“, gestand er. „Ob sie liebt, wer ich bin oder nur was ich bin.“ „Es gibt drei Dinge, an denen du das erkennen kannst. Wenn sie zittert, sobald du ihre Lippen berührst. Wenn sie bei deinem Anblick so strahlend lächelt, als würde gerade die Sonne aufgehen. Und das wichtigste: Wenn sie für dich sterben würde.“ Bei der letzten Bedingung schwiegen beide ernst. „Kommst du mit Zuma klar?“, erkundigte er sich dann. „Auf mich wartet Arbeit. Ich spüre Dämonenenergie.“ „Ich komme klar. Danke. Bitte pass auf dich auf. Und Inuyasha ist nach Hause geeilt, um Tessaiga zu holen. Es ist wieder passiert.“ „Es ist Tessaiga“, raunte Aryan düster. „Tessaiga bändigt sein Dämonenblut.“ Und ehe sich Anjaani der Bedeutung seiner Worte bewusst werden konnte, war er verschwunden. Tessaiga, aber natürlich! Irgendwann fand Aryan immer die Lösung. Dieses Problem wäre demnach gelöst, existierte nun noch eins. Doch als sie sich zu Zuma um wandte, war dieser ebenfalls verschwunden. Hatte sie etwa erwartet, er würde die ganze Zeit während ihres Tratsches mit Aryan unbeachtet danebenstehen? Zuma schmollte in seinem Büro. Schon wieder ein Konkurrent! Auch noch dieses ziemlich ranghohe Tier der Armee, na super! Der mächtigste Mann Indiens und Japans. Sie umgab sich auch wirklich nur mit den bestaussehendsten Männern. Wie sollte er da an sie herankommen? Hätte dieses dämliche Telefon ihn nicht gestört, wer weiß wie weit es gekommen wäre... vielleicht sogar...? Nein, soweit wäre es nicht gekommen. Laut den Angaben des vorlauten Drillings war sie sogar eine Jungfrau. Yoko hatte ihn beschworen, dass sie die Unschuld in Person sei. So ganz konnte er das nicht glauben. Sie wirkte zwar unschuldig, aber eine so leidenschaftliche Frau, die so ein Feuer besaß, konnte unmöglich unerfahren sein. Und ihren Blicken nach zu urteilen, war sie von ihm angezogen. Wer weiß, vielleicht wäre es tatsächlich zu Sex auf dem Schreibtisch gekommen... Bei dem Gedanken wurde Zuma ganz heiß und sein Mund trocknete aus. Er konnte sich ganz genau vorstellen... Ihr weiche Haut an seiner reibend, ihr heiseres Stöhnen und die unendliche Pein, die er ihr zufügen würde. Sie hätte es nicht ertragen, wenn er sie rumgekriegt hätte. Doch seltsamerweise war dies momentan zweitrangig, denn Zuma gierte nach ihr. Er wollte sie, Rache hin oder her! Er wollte sie beherrschen, sie bezwingen, sie ganz allein für sich haben. Und dass sie mit diesem Dämon zusammen war, erhöhte den Reiz nur noch. Vor allem, da dieser ihr die Unschuld anscheinend nicht genommen hatte. Wie ihre Lippen gebebt hatten, dicht unter seinen... Hätte er sie doch nur geküsst, diese Rosenlippen, um herauszufinden, ob sie so rot wie die Sünde waren. Sie hatte schon auf dem Schreibtisch gelegen... Als er ihren Hals geküsst hatte, diese seidige Haut... es hatte ihr gefallen. Ihr Duft hatte ihn berauscht... er hätte sie genommen, wenn sie nicht gestört worden wären. Zuma schloss die Augen und beschwor die Szene wieder herauf. Ihre Hüfte, dicht an seiner, die bebenden Lippen, die verschleierten Augen, ihr Körper, der mehr verlangte. Sein Mund, der ihren warmen Hals liebkoste, ihr ein leises Keuchen entlockte... doch er wollte sie zum Schreien bringen. Ihre Arme versuchten ihn fort zu drücken, aber er bemächtigte sich ihrer Lippen, süß wie Erdbeeren. Ein Kuss heiß und feurig, der seinen ganzen Körper in Flammen aufgehen ließ. Wie ein hungriger Wolf fiel er über sie her, drückte sie auf den Schreibtisch. Überwältigt umschlangen ihn ihre Beine, ihre Hände vergruben sich in seinem Haar. Die Brust bebte, der Körper zitterte, verlangend nach mehr. Er würde spielen, sie genießen, sie reizen, bis er es selber nicht mehr aushielt. Bis sie ihn anflehte, sie zu nehmen... Doch in Wirklichkeit hätte allein schon ihr Kuss ihm so den Verstand geraubt, dass er sich nicht hätte beherrschen können... Ihre Haut schmeckte nach Mehr, immer Mehr! Seine Zunge kostete ihren Hals, ihr Schlüsselbein, doch sie verwehrte ihm weiteres, lechzte nach seinen Lippen auf ihren, gab sich stöhnend seinen forschenden Händen hin, die ihren nun nackten, göttinnengleichen Körper beglückten, während sie sich keuchend vor Lust unter ihm wandt. Ihre rotierende Hüfte machte ihn wahnsinnig, doch es war zu früh... Sie gab sich ihm hin, also konnte er es genießen, ihre Brüste zu liebkosen, um ihr kleine, leise Schreie zu entlocken. Er wusste, seine Zunge brannte wie Feuer auf ihrer zarten Haut. „Nein“, keuchte sie plötzlich, als er ihren Bauchnabel küsste und tiefer wandern wollte. Zuma lachte leise. „Es gibt kein Nein.“ Er biss zärtlich in die Innenseite ihrer Schenkel, was ihr den ersehnten Schrei entlockte. Wie würde es ihr denn am Zentrum ihrer Lust gefallen? Den süßen Nektar ihrer Weiblichkeit kosten, um sie um den Verstand zu bringen... „N - nein, Zuma!“ Glühend zog sie ihn an ihre hungrigen Lippen zurück. „G – geh da nicht h - hin!“, flehte sie - umsonst. An ihren Lippen gefangen, erkundeten seine Finger ihr Lustzentrum, die Hitze, die Feuchte. „Zuma, nicht- oohhh!“ Ihr Stöhnen unterdrückte er mit seinen Lippen, während seine Finger mit der winzigen, versteckten Perle zwischen ihren Beinen spielten und in der glühenden Enge verschwanden. Ihr Stöhnen wurde lauter, ungezügelter. Ihr Körper zuckte und krümmte sich. „Nein! Bitte!“ Stöhnend flehte sie ihn an. „Bitte nimm mich richtig, Zuma!“ Endlich in ihr versinken... endlich... DIDIDING!!! Das Telefon riss Zuma aus seinem Traum. Er schüttelte verärgert den Kopf. Wieso war er eingeschlafen? Missmutig meldete er sich. „Zuma Tanzschule. Zuma am Apparat, wie kann ich Ihnen helfen?“ „Welcher Zuma?“, ertönte eine bekannte, erotische Stimme. „Du oder dein Vater? Du solltest auch deinen Vornamen nennen, Zumalein.“ „Was willst du, Kätzchen?“ „Ich bin neugierig, wie es dir so ergangen ist, vier ganze Wochen in der Ferne. Ich habe dich vermisst.“ „Geiles Luder“, knurrte er. „Sag bloß, du hattest während deinem Turnier Sex?“ Er konnte das schelmische Zwinkern in ihrer Stimme regelrecht hören. „Ob du es glaubst oder nicht, Zumalein, du warst auch mein letzter gewesen.“ „Meinen Glückwunsch.“ Er sprach mit nüchterner Stimme, doch innerlich fluchte er, weil dieses Weib recht hatte. Und der Gedanke an sie machte ihn scharf. Anjaanis Gesicht in seinen verlangenden Gedanken nahm Yokos Gesichtszüge an. „Yoko, was willst du wirklich?“ Denn er wusste, was er jetzt wollte. Die Türe flog plötzlich auf und Yoko stand da, in einem knappen, engen, sündig roten Kleid, das ihre Reize auf quälende Weise betonte. „Ich will dich!“, hauchten ihre begierigen Lippen. Schnurstracks war Zuma auf den Beinen. Yokos Pupillen weiteten sich vor Erregung. „Wow!“, schnurrte sie. „Du siehst in Blond so scharf aus!“ „Glaub mir, das bin ich auch!“ „Warte! Zuma!“ Ehe Yoko sich versah, hatte Zuma sie gepackt und auf seinen Schreibtisch gedrückt. Seine Lippen küssten sie um den Verstand. Er hatte sich schon zu lange zurück gehalten. Schon bald waren sie ihrer Kleidung entledigt. „Zuma, was – aaah!“ Keuchend bäumte sie sich auf, als seine heiße, raue Zunge ihren Bauch hinab glitt und zwischen ihren Schenkeln verschwand. Ihre Welt begann sich zu drehen, zu brennen und Anjaani, ihre eigentliche Absicht, war völlig vergessen, versank im Strudel des Infernos, in den Zuma sie hineinriss. Anjaani war umso nervöser, da sie sich nun vor einer erneuten Begegnung mit Zuma fürchtete. In der nächsten Pause wurde sie von einer strahlenden Yoko überrascht. „Was machst du denn hier?“, wunderte Anjaani sich. „Ich bin deine mentale Unterstützung“, zwinkerte diese. Doch ihre Wangen und Augen glühten verräterisch und ihr Haar war leicht zerzaust. Als Zuma kurz darauf auftauchte und dieselbe matte, zufriedene Energie ausstrahlte, durchschaute sie die Situation. Wie konnte sie nur so blind sein? Sie kannte diesen matt-glücklichen Gesichtsausdruck an den Drillingen nur zu gut. „Yoko!“, rief sie angewidert. „Was?“, meinte diese nur unschuldig. „Ich hatte einen ganzen Monat lang keinen Sex!“ Anjaani wurde knallrot im Gesicht, was Zuma innerlich lächeln ließ, doch sein Gesicht war ausdruckslos. Plötzlich wurde der Tanzsaal von einem heftigen Beben erfasst, die Glaswand zerbarst in einem ohrenbetäubenden Klirren. „Runter auf den Boden“, schrie Zuma und riss Yoko instinktiv mit sich. „Na, na, habe ich euch in Panik versetzt?“ Ein junger Mann stand inmitten der Trümmer. Seine zischelnde Stimme ließ die Drei frösteln. Zuma war sofort auf den Beinen. „Was willst du, Dämon?“ Schützend stellte er sich vor Anjaani. „Genau diese Kleine da, die du auf so jämmerliche Weise zu schützen versuchst, will ich. Geh mir aus dem Weg, Mensch!“ „Niemals!“ „Zuma, verschwinde!“, kreischte Anjaani, rappelte sich auf. Doch zu spät. Ein Faustschlag katapultierte ihn durch den ganzen Saal. Anjaani sah mit an, wie er gegen die Wand prallte, hörte Yokos Schreie und dann waren da die bronzefarbenen Schlangenaugen, die sie hypnotisierten und in Dunkelheit fallen ließen. „Aani!“, Yokos entsetzte Rufe lockten unzählige Neugierige an. „Halt die Klappe Weib“, fuhr sie Zuma an, der mit schmerzverzerrtem Gesicht versuchte aufzustehen. „Klappe halten?! Aani ist gerade entführt worden und du -!“ „Ruf den Dämonensondereinsatz!“, schrie er sie an. Als Inuyashas Handy klingelte und er Yokos Nummer sah, beschlich ihn die gewohnte Panik. „Geh ran!“, meinte Aryan drängend, der gerade die Einkäufe für Anjaani im Kühlschrank verstaute. „Ich habe ein ungutes Gefühl!“ „Was willst du?“, meldete er sich. „Inuyasha!“ Yokos kreischende Stimme war panikversetzt. Sie schien zu weinen. „Aani wurde von einem Dämon aus der Tanzschule verschleppt!“ Langsam ließ er das Handy sinken. Entgeistert starrte er Aryan an und gleichzeitig rannten sie los. Langsam erlangte Anjaani ihr Bewusstsein wieder. In ihrem Kopf kreiste alles und sie brauchte ein bisschen, um wieder richtig zu sich zu kommen. Warum saß sie auf dem Boden? Dann trafen sie die Geschehnisse wie ein Blitz und die Gefahr ihrer Lage wurde ihr bewusst. Sie riss die Augen auf und wollte aufstehen. Doch es ging nicht! Sie war angekettet! Schwere Eisenmanschetten hefteten ihre Handgelenke an eine Felswand. Nur ihre Beine waren frei. Bleierne Panik schloss sie ein, schnürte ihr die Luft ab. „Na, na, warum weint du, Engel?“ Entsetzt schrie sie auf und drehte sich nach der Stimme um. Er hockte gemütlich einige Meter von ihr entfernt und betrachtete sie träumerisch. Wären seine bronzefarbenen Augen mit den langen schlitzförmigen Pupillen nicht, würde er wie ein normaler Mensch in traditioneller japanischer Kleidung aussehen. „Wie schön, du bist wach, mein wilder Engel“, sagte er. „Wie sehnsüchtig habe ich darauf gewartet.“ „Was ist hier los?“, fragte das verängstigte Mädchen. „Wieso hast du mich entführt?“ „Aus Lust.“ „Wo sind wir hier?“ „Du brauchst nicht so zu schreien, noch tue ich dir nichts. Gefällt die dein Unterschlupf etwa nicht?“ Sie schaute sich in ihrem Gefängnis um und erkannte, dass sie sich in einer mit dutzenden Öllampen beleuchteten Steinhöhle befand, um sie herum bunte Seidenkissen. Allein mit dem Schlangendämon. „Warum hast du mich entführt?“ Sein zischendes Lachen jagte ihr Kälteschauer über den Rücken. Elegant wie eine Schlange schlenderte er zu ihr und kniete sich vor sie hin. Seine langen Finger spielten mit einer schwarzen Locke. „Weil ich dich haben will. Seit Wochen begehre ich dich, verzehre mich nach dir. Doch immerzu ist dieser Hanyou an deiner Seite. Ich war so lange allein, deshalb will ich eine Partnerin, die schön ist und feurig. Du, mein wilder Engel, bist perfekt. Ab heute bist du meine Gefangene, oder meine Geliebte. Das hängt ganz allein von dir ab.“ Anjaani kämpfte gegen die Eisenringe an. „Wieso bin ich auf so bizarre Weise gefesselt?“ Er lachte leise. „Es kann Qual oder Genuss für dich sein. Auch das hängt von dir ab.“ „Was?“ „Sagen wir es mal so. Wenn du dich mir verweigern solltest, kannst du dich angekettet nicht wehren und ich werde dir nicht wehtun müssen.“ Seine Augen glitten lüstern über ihren freizügig gekleideten Körper. Als sie verstand, wovon er redete, breitete sich blankes Entsetzen in ihrem Gesicht aus. „Wenn es ein Trost für dich ist... dein Geliebter Hanyou wird bald hier auftauchen. Sobald ich ihn besiegt habe, bringe ich dich zu deinem neuen Volk, als meine Braut. Bis ich ihn nicht getötet habe, rühre ich dich nicht an... vorausgesetzt zu bist fügsam.“ Der Stein wog schwer, der ihr vom Herzen fiel. Inuyasha würde dieses Monster platt machen, schließlich war er mit Tessaiga so gut wie unbesiegbar. Was sie nicht wusste, war, dass der Schlangendämon starker als Inuyasha war, der Tessaiga nicht bei sich trug. Sie wäre gestorben vor Angst. Also musste sie nur auf Inuyasha warten. Hoffentlich brauchte er nicht lange. „Er kommt bald“, zischte der Dämon. „Es regnet, deswegen wird es schwer deinen betörenden Geruch zu verfolgen. Aber das dürfte kein großes Problem für ihn sein.“ „Na hoffentlich, ich habe Hunger.“ Der Dämon lachte finster. „Du scheinst dir seiner Sache ja sicher zu sein, aber ich will dir deine Hoffnung nicht nehmen. Und dass du mir verhungerst will ich auch nicht. Was möchtest du essen, Schönheit?“ „Hast du etwa etwas da?“ „Nein, ich gehe schnell einkaufen. Was schaust du so verdutzt? Kann ein Youkai nicht einkaufen gehen? Keine fünf Minuten hier ist ein kleiner Laden am Waldrand. Ich bin in gleich zurück. Wehe dir, wenn du wegrennst.“ „Na, der ist ja lustig“, dachte Anjaani bitter und zerrte an ihren Eisenfesseln. „Wie soll ich mich denn hiervon befreien?“ Kurz darauf kam der Youkai tatsächlich wieder und löste die Ringe um ihre Handgelenke. „Wenn du versuchst zu fliehen, habe ich dich in einer Sekunde geschnappt und dann garantiere ich für nichts mehr. Ich halte es so schon kaum aus, dich nicht zu berühren. Aber wenn ich es mir so überlege... lauf!“ Anjaani tat, was sie immer tat, wenn sie Angst hatte, oder sich bedrängt fühlte: Sie wechselte das Thema. „Oh, damit kann ich einen wundervollen Eintopf zubereiten! Entzündest du bitte das Feuer?“ „Dein Wunsch ist mir Befehl.“ Einem netteren Dämon war sie auch noch nie begegnet. Er war zwar bösartig wie alle anderen Youkais, doch er war auch zuvorkommend. Was eher daran lag, dass er Hunger hatte und die Aussicht auf ein leckeres, selbst gekochtes Essen, ihn zahm machte. Bei Inuyasha war dies auch das beste Mittel, um seine Laune zu bessern. „Wie heißt du eigentlich?“, fragte sie, als sie im großen Eisenkessel rührte. Sie musste ihre Zeit in Gefangenschaft ja nicht mit Schweigen verbringen. „Fuu“, antwortete der Schlangenmann, während er sie durch den Schleier seiner schwarzen Haare beobachtete. „So ein uneleganter Name für einen Dämon?“ „Das liegt nur daran, dass meine Mutter mich gehasst hat.“ Überrascht sah sie ihn an. „Ich will kein Mitleid“, verbot er mit einem leicht zischenden Unterton und klang dabei schon fast wie Inuyasha. „Ich habe mich ihrer selbst entledigt.“ Für einen winzigen Moment hatte Anjaani tatsächlich eine Verbundenheit gespürt. Aber das hatte sich sofort verflüchtigt. Er war nur nett zu ihr, weil er sie nicht einfach so nehmen konnte. Sie musste gewonnen werden. Der Mann, dem sie gehörte, musste vorher beseitigt werden. Es war alles eine Frage der Ehre. Er wollte Inuyasha töten... Bei dieser Einsicht, loderte tiefer Hass in ihr auf. Er wollte ihren Saajan umbringen. Das würde sie niemals zulassen! Eher starb sie, als dass er Inuyasha auch nur ein Haar krümmte! Sie musste hier raus! Das Bedürfnis, ihren geliebten Hanyou zu beschützen, machte sie mutig und verdammt dumm. Wüsste Inuyasha, was sie vorhatte, er würde sie nach der Rettung umbringen. „Fuu-san, der Eintopf ist fertig. Probiere bitte, ob er dir so schmeckt.“ Fuu trat wie erwartet zu ihr rüber, das glatte Gesicht vor Neugier gezeichnet. Mit einem Aufschrei klatschte sie ihm die kochende Brühe ins Gesicht und türmte. Hinter ihr brüllte der Dämon vor Schmerz. Anjaani rannte um ihr Leben, aus der Höhle in den Regen hinaus und schrie nach Inuyasha. Sie schrie, bis grobe Hände sie zum Schweigen brachten und zu Boden schleuderten. Mit dem Bauch prallte sie an einen Felsen. Vor Schmerz wurde ihr schwarz vor Augen. „Nein... das Baby!“ Fuu zerrte sie vom Felsen und sie schlug rücklings im nassen Gras auf. „Ich habe dich gewarnt!“ Seine Finger krallten sich schmerzhaft in ihren Hals, sein verbranntes Gesicht war eine einzige Fratze des Zorns. Vor Angst kamen ihr die Tränen, vor Schmerzen waren ihr Gelenke ganz steif. Jetzt würde der Dämon sie töten. Fuus Pupillen, die nur zwei dünne Striche waren, weiteten sich, seine Gesichtszüge glätteten sich. Langsam sank seine Hand, doch sein Körper legte sich hart auf ihren. „So bezaubernde Augen, süß wie die Sünde...“ Seine gespaltene Zunge fuhr ihren Hals entlang. Sie schrie, versuchte ihn von sich zu stoßen, doch umsonst. „Nein! Du wolltest mich nicht anfassen! Lass mich los!“ „Niemals“, raunte er heißer. „Es ist dein Fluch, so begehrenswert zu sein, so köstlich zu sein! Und ich will dich jetzt!“ Seine Krallen zerrissen ihr Kleid. „NEEEIIIIIIIIIIIIIIIIN!! INUYASHAAAAA!!!!“ „ANJAAANIIIII!“ Inuyasha stürmte auf die Lichtung, dicht gefolgt von Aryan auf seinem Motorrad. Entsetzt vom Anblick des Dämons auf der halbnackten Anjaani, blieb er kurz stehen. Ein Grollen drang aus seiner Kehle. In rasender Wut schleuderte er Fuu von ihr. Der krachte gegen den nächsten Baumstamm. Anjaani sah durch ihren Tränenschleier seine goldenen Augen, als er sich zu ihr kniete. Schluchzend warf sie sich ihm um den Hals. „Ist gut, ich bin ja da“, flüsterte er in ihr Haar. „Geht es dir gut?“ „Mein Bauch“, stöhnte sie gequält. „Er hat mich am Bauch verletzt...“ „Aryan kümmert sich um dich, ich kümmere mich um diesen Abschaum!“ „Ein Hanyou nennt mich Abschaum!“ Fuu stand zufrieden grinsend hinter ihm. „Was ist mit deinem Gesicht passiert? Du siehst aus wie eine Krabbe.“ „Mach dich nicht lustig über mich! Das war die Schönheit hier.“ „Anjaani?“ „Sie konnte nicht auf dich warten und hat versucht zu fliehen.“ „Also ist dieses ganze Theater wegen mir!“ „Nein. Ich will diesen Engel da. Aber da sie deine Frau ist, muss ich sie dir wohl vorher wegnehmen.“ „Also ein Kampf auf Leben und Tod?“ Inuyasha fletschte die Zähne zu einem wölfischen Grinsen. Die Männer standen Auge in Auge. Bronze in Gold. „Nein, Inuyasha!“ „Anjaani, halt dich da raus.“ Zu Aryan sagte er: „Bring sie von hier weg!“ „Das wird nichts nützen. Wenn du tot bist, gehört sie mir!“ „Das werden wir ja sehen!“ „Inuyasha...“ „Ist gut, Kleines“, beruhigte sie Aryan. „Er macht das schon. Hier, nimm meine Jacke.“ „Danke.“ Während sie sich anzog, konnte sie die Augen nicht von den zwei Gegnern wenden. Fuu und Inuyasha starrten sich gegenseitig mit kaum gezügelter Gewalt an. Schlange gegen Hund. „Lass uns gehen, Aurora.“ Aryan setzte sie auf sein Motorrad und fuhr davon. „Aber Inuyasha...“ „Der schafft das schon. Du musst ins Krankenhaus.“ In ihrem Rücken ertönte plötzlich Kampfgeschrei und das entsetzliche Krachen zweier gegeneinander prallender Körper. Entsetzt wirbelte sie herum, doch Aryan packte sanft ihr Kinn, ersparte ihr einen grausamen Anblick. Im selben Moment tauchten die vom Regen durchnässten Drillinge vor ihnen auf. Aryan ohne Jacke zu sehen, in diesem engen, ärmellosen schwarzen Shirt, dass seinen Bizeps entblößte, brachte die Schwestern durcheinander. „Bringt Aurora ins Krankenhaus“, sagte er zu der erröteten Yami. „Ich helfe Inuyasha!“ Dann brauste er davon. Diese hatten alle Mühe, Anjaani fort zu bringen, denn die Kampfgeräusche lösten Panik in ihr aus. „Du kannst nichts tun“, beschwor sie Yoko. „Du wärst nur im Weg. Außerdem bist du verletzt. Zum Glück haben wir schon den Krankenwagen gerufen. Am besten ist es, wenn wir direkt ins Krankenhaus fahren.“ Anjaanis Kopf wirbelte wieder herum, als sie Inuyashas Schmerzensschrei gepaart mit dem Klang von Aryans Stimme hörte. Die Drillinge wurden blass. „Es hört sich nicht gut an“, stöhnte Yuki. „Aryan!“, jammerte Yami. „Inuyasha ist ein Dämon. Aber Aryan nur ein Mensch...“ „Die schaffen das schon... Aryan ist stärker, als ihr glaubt.“ „Aber Aryan würde ihm nicht helfen, wenn es nicht gefährlich - Yami!!!!“ Yuki schrie ihr verzweifelt hinterher, als Yami auf dem Absatz kehrt machte und zurück rannte. „Lasst sie“, murmelte Anjaani. „Ihr könnt sie nicht aufhalten.“ „Aber...“ „Wir – ah!“ „Was ist los?!“ Anjaani krümmte sich. „Mein Bauch... Lasst Yami gehen, sie liebt Aryan. Sie würde für ihn sterben.“ Die zwei rissen die Augen auf. „Sterben?!“, riefen sie entsetzt. „Metaphorisch gesprochen, beruhigt euch... Jetzt lasst uns bitte...“ Stöhnend brach Anjaani zusammen. Sie erwachte im Krankenhaus wieder. Sie fühlte sich leer, wie gestorben. In Dr. Takedas Augen sah sie die grausame Wahrheit, die vom Schmerz der Freundinnen bestätigt wurde. Ihr brach das Herz. „Inuyasha“, wimmerte sie leise. „Nein, Inuyasha!!!!“ Yamis melodische Stimme überschlug sich vor Entsetzen. Der Hanyou, der sich gerade in letzter Sekunde vor den unachtsamen Aryan geworfen hatte, spuckte Blut. Ein großes Loch klaffte in seiner Seite. Der linke Arm war gebrochen. Aryan hatte einen Moment, als Yami aufgetaucht war, nicht aufgepasst, weil er sich schützend vor sie gestellt hatte. Inuyasha hatte den Angriff mit voller Härte abbekommen... und seine Kräfte schwanden. „Ruhig, Weib! Deine schöne Stimme lenkt mich ab“, zischte Fuu gegen den prasselnden Regen an, versuchte, sie zu erblicken, aber Aryan versperrte ihm die Sicht. „Ich lass mir doch nicht von -“, fing Yami empört an, doch Aryans Hand brachte sie zum Schweigen. „Sei ruhig!“, bat er eindringlich. „Ich will nicht, dass er dich sieht!“ Seine besorgten, grünen Augen ließen ihr Herz einige Sekunden aussetzen. Und trotz der Angst und der Todesgefahr, benebelte eine süße Hitze ihren Verstand. Wenn sie starb, dann wären seine Augen das letzte was sie sah und sein Name würde ihr letzter Hauch sein. „Yami!“ Seine angespannte Stimme holte sie in die Gefahr zurück. „Inuyasha schafft das nicht mehr. Renne so schnell und so weit weg, wie du kannst, meine Energiebarriere wird dich schützen. So bist du sicherer, als bei mir.“ Sie wollte gerade widersprechen, doch der Dämon stieg über den keuchenden Inuyasha hinweg, blutverschmiert, mordlustig. Er packte Aryan. „Nein!“, entfuhr es Yami. Im selben Moment entriss sich Aryan geschickt... und gab somit Yami preis. Fuus Gesicht glättete sich, seine Augen weiteten sich. Bezaubert starrte er Yami an, die langen Haare, das nasse, vom Regen halb durchsichtige Kleid, das an ihrem schlanken Körper klebte. „Deswegen versteckst du sie vor mir“, raunte er begeistert. Seine Schlangenaugen begannen zu glänzen. „Sie ist eine wahre Schönheit! Nicht so schön wie der Engel... Aber weit schöner als alle anderen Frauen! Ich hätte mir diese verlorene Zeit sparen können. Aber jetzt habe ich dich ja, Mädchen mit der Engelsstimme.“ Er wollte durch Yamis tropfendes Haar streichen, doch ein gewaltiger Schutzwall versetzte ihm einen Stromschlag. Aryans Energie hatte sie sicher umschlossen, er selbst ungeschützt, schob sich sofort vor sie. „Nur über meine Leiche!“ Zorn verengte die Dämonenaugen. „Also führt mich nur dein Tod zu deiner Frau!“ „So ist es!“ Seine Frau... Glückseligkeit breitet sich warm in Yamis Brust aus. Moment, Tod?! „Das ist nicht nötig!“, warf sie schnell ein. „Ich bin nicht seine Frau. Ich gehe freiwillig mit dir mit.“ „Was?!“ Aryan und Fuu starrten sie verdattert an. Yami schob sich hinter Aryans breiten Rücken hervor und reckte den Kopf. Da die ungeteilte Aufmerksamkeit der Männer ihr galt, bemerkte nur sie, wie Inuyasha sich aufrichtete, mit blutroten Augen. Gut so, sie musste diese Schlange nur noch ein bisschen ablenken. Verführerisch senkte sie die Wimpern. Wie lange schon hatte sie keinen Mann mehr um den Verstand gebracht... Mit wiegender Hüfte trat sie einen Schritt auf den Youkai zu und strich ihm zärtlich mit elektrisierenden Fingern über die Brust. „Nun ja“, hauchte sie mit schwingender Stimme. Diese Stimme hatte so manchem Mann das Herz gestohlen und verfehlte die Wirkung auch bei Fuu nicht. „Du bist ein attraktiver Mann und ich...“ Mit errötenden Wangen verlieh sie den ungesagten Worten ihre Bedeutung. „Yami, was tust du da?“ Aryan wirkte fassungslos. Sie drehte sich um, ihr Blick wurde besorgt. „Er ist sexy und ich bin einsam...“ Er erfasste ihren Plan sofort. „Ich werde ihn auch so besiegen. Tu das bitte nicht, Prinzessin“, widersprach er. „Ich tue alles für dich“, wisperte sie so leise, dass Aryan ihre Worte mehr sah als hörte. „Yami!“ Es war Fuu. „Verabschiede dich, sonst muss ich deine Freunde leider töten.“ Yami rückte dicht an ihn ran, ihr Blick wurde schmachtend. Fuu errötete, völlig überrumpelt. Im nächsten Augenblick wirbelte sie herum und riss Aryan mit sich zu Boden. In dem Moment stürzte sich Inuyasha auf Fuu. Aryan wusste nicht wie ihm geschah, als Yami ihn umwarf. Normalerweise hätte sie es nicht geschafft, ihn umzuschmeißen, doch intuitiv hatte er nachgegeben. Sie kullerten die Wiese hinab, in den Wald hinein. „Yami, geht es dir gut?“ Sie lag mit eingezogenem Kopf auf ihm, von seinen muskulösen Armen und seiner Energie umschlungen. Scheu blickte sie zu ihm hinab. „Mir fehlt nichts. Und dir?“ Aryan hob sie sanft vom Boden auf. „Was sollte das? Du hättest dich ernsthaft verletzen können.“ Sein Tadel war zärtlich, denn er begriff, dass sie gerade ihr Leben für ihn aufs Spiel gesetzt hatte. Inuyasha hatte sich genau in dem Moment auf Fuu gestürzt, als Yami ihn umgeworfen hatte. Er war genau in der Schussbahn gewesen. „Ich habe gesehen, dass Inuyasha sich erholte, ich musste diese Schlange nur lange genug ablenken. Und ich bin gut, nicht wahr?“ „Bist du, aber das war riskant. Wenn du dich verschätzt hättest? Wenn du verletzt worden wärst?“ „Wenn du verletzt worden wärst! Für mich ist dein Leben wertvoller als meins!“ „Yami...“ Er fasste mit den Fingern unter ihr Kinn und sah sie mit glitzernden Augen an. Diese unwiderstehlichen goldenen Funken... Yami schwanden die Sinne und ihr Gesicht erstrahlte. „Prinzessin... Warum hast du das getan?“ „Na, weil ich dich -“ Inuyashas Gebrüll ließ ihr Trommelfell erbeben. Das Wort „Liebe“ verhallte einsam in ihren Gedanken. Alarmiert schreckte Aryan auf. „Nein! Er hat sich verwandelt!“, bemerkte er und warf Yami einen warnenden Blick zu. „Bleib hier!“ „Nein!“ Sie folgte ihm verbissen, erstarrte dann. „Oh, du meine Güte!“ Der Anblick auf dem Schlachtfeld war grauenhaft. Inuyasha war nicht mehr er selbst. Er war eine Bestie, ein grollendes, mordlustiges Ungetüm, dessen Knurren Yami eisige Gänsehaut verpasste. Er hatte weder Gefühle, noch ein Gewissen. Angst klammerte sich wie eine eisige Hand um ihr Herz. Was sie vor sich in wütender Raserei sah, war nicht Inuyasha... Sie wusste nicht, was es war, es war einfach nur grauenhaft! Und diese Bestie mit blutbesudelten Klauen – Fuus Blut – war dem Youkai nun ein ernsthafter Konkurrent, dessen Gesicht in Fetzen hing. Übelkeit bemächtigte sich Yami. Aryan umfasste ihren Kopf und drückte ihn an seine Brust, damit sie nicht mitansah, wie Inuyasha den Gegner zerfetzte. Fuus Todesschrei ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Dann spürte sie Aryans schützende Barriere um sich, stärker als vorher. Sie wand sich, um zu sehen, wie dieses Monster langsam auf sie zu schritt. An seinen langen Fangzähnen hing dunkles Blut. In seinen Augen las sie Tod. Ein Knurren, kalt wie das Sterben brodelte tief in seiner Lunge. Und Yami wusste, sie war dem Untergang geweiht. Aryan ließ sie los, stellte sich der Bestie gegenüber, strotzend vor Energie und genauso gefährlich wie sein Gegner. Plötzlich wirkte er mächtig, gefährlich, ein unbesiegbarer Krieger. „Inuyasha, komm zu dir“, knurrte er. „Ich will dich nicht töten müssen!“ Doch der Youkai holte zum Angriff aus. In dem Moment summte Yamis Handy und sie stieß einen überraschten Laut aus. Ihre Stimme schien Inuyasha für einen Moment zu irritieren. Er blieb stehen. „Wo ist Inuyasha?“, meldete sich ihre Schwester am anderen Ende der Leitung. „Das ist gerade ungünstig“, zischte Yami. „Wir haben hier ein gewaltiges Problem!“ „Wir auch, Aani ist in der Notaufnahme...“ Das Handy fiel ins Gras. In dem Moment, in dem Yamis Stimme verstummt war, stürzte sich Inuyasha mit gezückten Krallen auf Aryan, der mit Blitzgeschwindigkeit auswich. „Aani...“ Mehr brachte Yami nicht heraus. Inuyasha hielt mitten im nächsten Sprung inne. Seine Ohren zuckten. Seine roten Augen starrten Yami an. „Anjaani!“, sagte sie nun lauter, benutzte zum ersten Mal in ihrem Leben diesen Namen. Der Youkai, der Inuyasha nun war, zuckte merklich zusammen. „Rede weiter“, flüsterte Aryan und sein Schutzwall um Yami wurde stärker. „Anjaani ist verletzt. Sie ist in großer Gefahr.“ „Anjaani“, knurrte Inuyasha. Mit einem Mal verschwand die böse Aura. Die lilanen Streifen im Gesicht verblassen und seine Augen wurden weiß. „Was ist mit Anjaani?“ „Sie liegt schwer verletzt im Krankenhaus!“ Inuyasha rannte los. Aryan und Yami folgten ihm auf dem Motorrad. Was da soeben passiert war, konnte keiner der beiden so recht fassen. Yamis Stimme hatte ihn beruhigt, aber allein der Klang von Anjaanis Namen hatte ihn zurückgeholt. Dass die beiden so etwas nie wieder erleben wollten, darin waren sie sich einig. Ab jetzt mussten sie immer dafür sorgen, dass Inuyasha Tessaiga stets bei sich trug. Er war sonst eine Gefahr für Leib und Leben. Dass Yami so eng an Aryans breiten Rücken gepresst war, die Finger in den Rillen seiner Bauchmuskeln gekrallt, half ihr nicht viel, ihre Ängste zu bändigen. So sehr sie zwar wusste, dass sie bei Aryan sicher war, so sehr hatte der Youkai-Inuyasha ihr Angst eingejagt. Dazu kam noch die gewaltige Sorge um ihre beste Freundin. Unter anderen Umständen würde sie das so genießen. Das, was sie da fühlte, musste ein Götterkörper sein, so muskulös war nur Inuyasha. Inuyasha, der sie in den Grundfesten ihrer Seele geängstigt hatte. Der Hundedämon stürmte, nass, verletzt und blutbesudelt wie er war, ins Krankenhaus, ohne sein Umfeld zu beachten. Aryan und Yami hechteten ihm hinterher, da er Anjaani mit seinem untrüglichen Geruchssinn sofort fand. Sie lebte! „Inuyasha!“ Anjaanis verweinte Augen registrierten nur ihn und verzweifelt streckte sie die Arme nach ihm aus. Wortlos drückte der Hanyou sie an sich. Er spürte die reißende Trauer in ihrem zitternden Leib. „Was ist passiert?“, fragte er mit einer Sanftheit in der Stimme, die den krassen Kontrast zu seinem Grollen vorhin bot. Yami, die die Bestie in ihm gesehen hatte, konnte es kaum fassen, wie sanft er sein konnte. Seine dunkle Seite hatte ihn unmenschlich gemacht. Doch in seinen Augen glomm ein so liebevoller Schein, dass ihr warm ums Herz wurde. Sie wusste, dass Inuyasha stark war, doch sie hatte ihn nie als solch eine Bedrohung empfunden. Bis jetzt. Anjaani blickte plötzlich in ihre und Aryans Richtung. „Was ist passiert?“, fragte sie. „Aryan, du blutest!“ „Ich war ein wenig abgelenkt“, winkte er ab, schenkte Yami einen kurzen, aber liebevollen Blick. „Alles halb so wild.“ „Bist du schwer verletzt, Saajan? Ist das dein Blut?“ „Nein, ist es nicht. Und meine Wunden heilen gerade.“ „Bitte gehe nie wieder ohne Tessaiga aus dem Haus.“ Sie wusste es, aber woher? „Wir haben die Annahme, dass du dich ohne Tessaiga in einen Youkai verwandelst. Und Yamis Angst bestätigt meinen Verdacht“, sagte sie. „Geht es dir gut, Mäuschen?“ „Ach was!“, winkte sie ab. „Bei Aryan bin ich sicher.“ Sie genoss Aryans Arm um ihre Schulter zu sehr, um ihre Ängste zu offenbaren. „Dein kleiner Hanyou hat mir nur einen kleinen Schrecken eingejagt. Aber wie geht es dir? Wie geht es dem Kind?“ Plötzlich begann Anjaani wieder zu weinen an. Dicke, verzweifelte Tränen rannen ihre Wangen hinab. Ihr Schluchzen wurde von Inuyashas sanfter Umarmung gedämpft. Und Yami wusste es sofort. „Nein! Nein! Nein!“Mit der Hand musste sie den aufkommenden Schluchzer unterdrücken. Jetzt sah sie auch, dass ihre Schwestern weinten. Mit brechenden Herzen warf sie sich an Anjaanis Hals. Inuyasha blickte völlig verdattert in die Runde. Was war denn hier los? Er wand sich hilfesuchend an Dr. Takeda. „Was ist hier los?“, rief er verzweifelt. „Ich habe dir doch erzählt, dass der Youkai mich am Bauch verletzt hat“, begann Anjaani mit brüchiger Stimme. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen und ihre Stimme versagte. Dr. Takeda kam ihr zu Hilfe. Er sah Desidero an. „Ich habe alles versucht, doch es war zu spät. Das ungeborene Kind ist tot.“ Nach drei Tagen wurde Anjaani aus dem Krankenhaus entlassen. Sie sprach kaum ein Wort, lächelte nicht und schaute Inuyasha selten an. Er konnte es nicht ertragen, wie sehr der Verlust ihres Kindes sie quälte. Was nur sollte er tun? Als er nach einer Dämonenjagd in die Wohnung zurückkam, saßen die Drillinge auf dem Sofa. „Wo ist sie?“, fragte er nur. „Mit Aryan in der Küche.“ Nur Aryan drehte sich um, als er auftauchte und Inuyashas Blick brachte ihn dazu, sich zu entfernen. „Was hast du immer noch gegen ihn?“, fragte sie nur. „Gehen wir raus?“ „Kya?“ Jetzt drehte sie sich um. „Lass uns den Sonnenuntergang anschauen. Den verpasst du doch sonst nie. Die schöne unberührte Natur tut der gequälten Seele gut. Wände engen einen nur ein und machen alles noch schlimmer.“ Ein überraschtes Lächeln zierte ihre Lippen, das erste seit Tagen. Es waren exakt dieselben Worte gewesen, die sie einst zu ihm gesagt hatte. „Schau, die Sonne geht gerade unter“, rief sie, als sie vom grasbewachsenen Hügel aus, an dem er sie abgesetzt hatte, den Himmel betrachtete. „Geht es dir gut?“, fragte er geradeheraus. „Es wird schon...“ Seufzend lehnte er sich gegen einen Baumstamm und verschränkte die Arme hinterm Kopf „Ich habe mich auch auf dieses Kind gefreut.“ Stumm blickte sie in seine glühenden Augen, die die Farbe des brennenden Himmels hatten. Sie lächelte. Also würde er trotzdem bei ihr bleiben? Freude fing wie wild in ihrem Herzen an zu kribbeln. Das Band, das sie notdürftig verbunden hatte, war also nicht gerissen? „Weißt du, was das bedeutet?“ „Hä? Was?“ Sie wollte genervt seufzen, aber sein dümmlicher Gesichtsausdruck ließ sie losprusten. Inuyasha schwieg, denn er genoss es sie lachen zu sehen. „Du bist unmöglich“, kicherte sie. „Ich meine, was bedeutet das jetzt für uns? Wie geht es mit uns weiter?“ „Was soll mit uns sein?“ Er zuckte mit den Schultern. „Jetzt ist alles so, wie es vor dem Baby war, oder?“ Krampfhaft zog sich ihr Magen zusammen und Wut erfüllte sie. Doch ihre Stimme blieb ruhig. „Also bedeutet es das, was ich denke??“ „Hm...“ Sie konnte ihm seine Gedanken nicht ansehen. Anjaani atmete tief durch. „Das bedeutet, dass du nicht mehr an mich gebunden bist. Du kannst mich jederzeit wieder verlassen.“ Mit angehaltenem Atem erwartete sie seine Reaktion. Sie wollte von ihm hören, dass er trotzdem bei ihr blieb, weil sie ihm etwas bedeutete. „Ja, ich kann gehen“, nickte er. Und sein Nicken brach ihr fast das Herz. „Dann bist du hiermit frei“, flüsterte sie. Er erstarrte, als er sie ansah. Die Arme um sich geschlungen schaue sie mit traurigen Augen in die Ferne, der Wind spielte mit ihrem Haar... Sie sah so verletzlich aus, so verloren, doch ihre Haltung stolz und aufrecht. Hinter ihr der brennende Himmel. Ein Sinnbild an Schönheit und Hoffnung. In dem Augenblick war sie so schön wie noch nie zuvor. Dieses Bild brannte sich auf ewig in sein Herz und verschwand nie wieder daraus. Und plötzlich wusste er es. Er wusste, dass er sie über alles liebte und immer bei ihr bleiben würde. Wie von selbst öffnete sich sein Mund, um ihr diese Worte zu sagen, doch sie unterbrach ihn. „Weißt du, was komisch ist?“ Um ihre Lippen spielte ein sanftes Lächeln, doch in ihren Augen lag tiefer Schmerz. „Wenn dir jemand so weh tut, wenn jemand deine ganze Welt kaputt macht, wenn dir jemand einfach alles nimmt… und du ihn trotzdem nicht hassen kannst.“ „Hä?!“ Verdutzt zuckte er zusammen. „Wer nimmt dir alles?“ „Unwichtig.“ „Du, du Idiot!“ „Anjaani...“ „Lass mich.“ Sie wandte sich ab und ging. Er wollte ihr hinterher, doch... „Lass sie, Inuyasha.“ Yami und Aryan standen plötzlich hinter ihm. „Dass sie das Kind verloren hat, ist unerträglich für sie. Sie wird darüber hinwegkommen“, sagte Yami. „Aber nicht darüber, dass du sie jetzt doch wieder verlassen wirst, du unsensibler Mistkerl! Ich glaube, nicht der Youkai in dir ist das wahre Monster...“ Er ließ sie gehen, doch eines stand für ihn fest: Er liebte Anjaani. Anjaani jedoch schwor sich eines: Für sie gab es keine Liebe mehr. Inuyasha hatte sich von ihr abgewandt. Er hatte seine Entscheidung getroffen und damit war er unantastbar geworden. Anjaanis Fuß berührte kaltes Nass. Sie blickte auf und bemerkte jetzt erst, dass sie am See im Park angelangt war. Ihre Füße führten sie stets hierhin, wenn ihre Tränen unerträglich wurden. Gedankenverloren betrachtete sie die dunkle, glatte Oberfläche und sehnte sich nach der Welt da drunter. Es war ein Ort verborgen und vergessen, wo niemand sie finden konnte. Wo kein Leid herrschte, weil sie dort nicht weinen konnte. Es war ein Ort, an dem keine Tränen existierten. Langsam ließ sie sich tiefer ins Wasser sinken. Es war eisig und raubte ihr den Atem. Nach und nach versank sie in der nassen Finsternis... und tauchte nicht wieder auf. Kapitel 15: Nackig sein bringt Sonnenschein ------------------------------------------- Das Licht kam näher, glomm warm in der Finsternis. Und es zog Anjaani magisch an. Sie wusste, sie musste da hin, ein Entrinnen gab es nicht. Ihr Körper und alle ihre Sinne wurden hingezogen, angeführt von ihrem sehnsüchtigen Herzen. Was war bloß dort, wonach sich ihr Herz so schmerzlich sehnte? Je näher sie kam, desto deutlicher enthüllte das Licht ein großes, mit fröhlichem Stimmengewirr umgebenes Anwesen. Der Blick des Dieners, als er ihr die Kutschentüre öffnete und ihr hinaus half, sprach Bände. „Grundgütiger, ein leibhaftiger Engel!“, stieß er leise hervor und errötete bei ihrem Lächeln. Sie wusste, sie war schön. Ihr Kleid war ein perlmuttschimmernder Traum aus Seide, versetzt mit weißer Spitze. Perlen zierten Handgelenke sowie Hals, wo sie ihr Dekolletee perfekt in Szene setzten. Die weißen, betörend duftenden Jasminblüten bändigten ihre schwarzen Locken. Sie sah es in allen Augen, die sich nach ihr umdrehten, als sie den Ballsaal betrat: Sie war atemberaubend. Bevor die ersten verzückten Herren sie erreichen konnten, schritt sie auf den Gastgeber dieser Gesellschaft zu, den sie soeben erblickt hatte. Groß, breitschultrig, mit weichem, dunkelbraunem Haar. Als hätte er ihre Aufmerksamkeit gespürt, wandte der großgewachsene Mann sich um. Seine erst überraschten smaragdgrünen Augen füllten sich mit Bewunderung. „Guten Abend, General Suraj“, begrüßte sie ihn mit einem strahlenden Lächeln. Hoffentlich würde sie von ihm erfahren können, was sie an diesem Ort so magisch anzog. „Es ist mir eine Ehre, dass Ihr mich kennt, Lady Aurora.“ Anjaani errötete sanft bei seinem verschmitzten Grinsen. Er sah so gut aus, ein Traummann! „Es ist doch das mindeste, meinen Gastgeber zu kennen“, erwiderte sie. „Doch mich verwundert eher die Tatsache, dass Ihr mich kennt, General.“ „Gerüchte über Eure Schönheit verbreiten sich im ganzen Land.“ Er nahm ihre Hand für einen sanften Kuss. „Man sagt, ein Engel sei vom Himmel zu uns hinabgestiegen.“ „Ihr seid ein Charmeur.“ „Nicht wahr, ein wahrer Charmeur“, meldete sich nun eine wunderschöne Frau in zartgrünem Gewand, die neben dem Hausherren gestanden hatte. Jetzt musterte sie Anjaani neugierig und ihre hellen, honigfarbenen Augen funkelten dabei freundlich. „Yami, meine Prinzessin“, stellte der General die schöne Frau an seiner Seite vor. „Ihr müsst der Engel sein, von dem Jedermann nur so schwärmt und mich in den Schatten stellt. Aryan, mein Lieber, holst du uns bitte etwas zu trinken?“, bat sie mit säuselnder Stimme. Als dieser sich empfahl, raunte die Lady ihr zu: „Ihr wisst, dass alle Augen auf Euch gerichtet sind?“ „Ich habe nicht darum gebeten“, seufzte Anjaani. „Was soll ich tun?“ Im selben Augenblick tauchten gleich drei junge Herren auf, um sich vorzustellen. Anjaani und Yami ließen sämtliche Plauderfloskeln über sich ergehen. Doch als die Schar der Bewunderer größer wurde und nicht abriss, nahm Yami sie zur Seite. „Ihr seht nicht aus, als suchtet Ihr einen Ehemann“, stellte sie fest. „Was tut Ihr dann hier? Ist es wegen Aryan Suraj?“ Anjaani schüttelte den Kopf. „Ich suche etwas, doch ich weiß nicht was“, gab sie ehrlich zu. „Ich weiß nicht was es ist, doch es ist hier. Ich spüre es deutlich und mein Herz platzt schier vor Sehnsucht danach.“ „Dann bin ich aber froh, denn gegen Euch hätte ich bei Aryan gar keine Chance“, atmete Yami erleichtert aus und wurde dann ernst. „Wenn du es findest, halte es fest, Aurora. Du bist die Morgenröte und er deine Sonne, die du suchst. Lasse ihn nie los, denn er ist deine Sehnsucht. Ohne ihn bist du nur Anjaani. Eine Fremde.“ Ehe Anjaani erwidern konnte, war Yami in der Menge verschwunden und eine neue Schar tanzwütiger Herren scharte sich um sie. Als Aryan Suraj wieder vor ihr stand, zerstreuten sie sich sofort. „Keine Sorge, meine Teuerste“, zwinkerte er ihn zu. „Ich bin heute Abend Euer Beschützer. Darf ich um diesen Tanz bitten?“ Anjaani ergriff die ihr dargebotene Hand und ließ sich von ihm im Takt führen. Die Musik war wundervoll, sie hatte die ganze Zeit davon geträumt, zum Tanz aufgefordert zu werden. Doch in keinen der Männerarme hatte sie sein wollen. Aryan dagegen war annehmbar. Um ehrlich zu sein, war er ein sehr guter Tänzer. Anjaani hatte Mühe, sich auf ihren Partner zu konzentrieren, denn sie fühlte die Quelle ihrer Sehnsüchte so deutlich, als wäre sie genau daneben. Doch Aryan war es nicht. Schade, denn sie fühlte sich wohl bei ihm. Und er brachte sie zum Lachen. Er war witzig und interessant, ohne aufdringlich zu werden. Und er wies jeden Herren ab, der ihn abklatschen wollte. Er war ihr Wunschbild eines Mannes... aber was war nur falsch? Heute Nacht, so grinste er scherzhaft, gehörten ihre Tänze nur ihm. Da er so reizend war, gewährte sie ihm seinen Willen. Seine Wärme und sein süßer Humor konnten sie jedoch nicht von dem Grund ihrer Anwesenheit ablenken. Sie verstand sich zwar blendend mit ihm, doch selbst die leichte Unbeschwertheit, die er in ihr auslöste, konnte die reißende Sehnsucht in ihrem Herzen nicht dämmen. Außerdem fühlte sie sich beobachtet. Gut, zugegeben, jeder hier beobachtete sie, aber den Blick eines bestimmten Augenpaares spürte sie intensiver. So intensiv, dass ihr Herzschlag aussetzte. In der Menge blitzte etwas Goldenes auf. Doch da sie in Aryans Armen herumgewirbelt wurde, verlor sie die Orientierung im Raum. Suchend wanderten ihre Augen über die vorbeirasenden Menschen. Da war es wieder, das Blitzen zweier goldener Augen. „Wonach haltet Ihr Ausschau?“, fragte Aryan verwundert. „Was hat Eure Aufmerksamkeit so sehr gefesselt?“ Beschämt senkte sie den Blick, wusste jedoch nicht, was sie sagen sollte. „Verzeiht mir“, hauchte sie nur. „Ich glaubte etwas gesehen zu haben... Ich habe mich wohl geirrt.“ Aryan nickte verständnisvoll. „Machen Euch die Blicke der Männer nervös? Das muss es nicht. Mir ist bewusst, dass ich Eurer unwürdig bin, aber dennoch würde ich Euch keinem hier überlassen.“ Anjaanis Kopf wirbelte herum. „Fehlt Euch etwas? Aurora, was habt Ihr?“ „Goldene Augen“, japste sie. „Ich könnte schwören, ich habe gerade goldene Augen in der Menge glühen sehen.“ Diesmal war es deutlich gewesen. Aryans Miene wurde eine Spur härter, doch er entspannte sich augenblicklich. „Achte auf dein Herz, meine Kleine“, warnte er nur leise, doch Anjaani beachtete ihn nicht. Ein silberweißer Haarschopf war für Sekundenbruchteile in ihrem Blickfeld erschienen. Ihr Herz schrie laut auf und abrupt löste sie sich von ihrem Tanzpartner. Er war hier! Die Quelle ihrer Sehnsucht war hier! Doch wo? Instinktiv verließ sie den Tanzsaal, rannte hinaus in den menschenleeren Garten, der nur von Fackeln und vom Vollmond beleuchtet wurde. Der Himmel schien aus schwarzem Samt mit unzähligen Diamanten besetzt. Eine sanfte Stille erfüllte die Luft, gepaart mit dem süßen Duft weißer Jasminblüten. Da legte sich eine Hand auf ihre Schulter und eine Stimme, so samtig weich, dass ihre Haut zu kribbeln begann, flüsterte leise in ihr Ohr: „Darf ich, Mylady?“ Mit rasendem Pult wandte sie sich um, um in die Schönheit zweier Augen aus purem Bernsteingold zu blicken. Der Anblick raubte ihr die Sinne und fesselte sie. Erwartungsvoll glühten die Juwelenaugen und um die sinnlichen Lippen spielte ein Lächeln, das die Bäume um sie herum in Brand setzten könnte. Vor ihr stand ein atemberaubender Mann im eleganten, schwarzen Frack. Die kurzen, mondscheinfarbenen Haare kringelten sich in seinem Nacken und betonte seine breiten, kräftigen Schultern. Sein Duft raubte ihr die Sinne und ehe sie sich versah, schlüpfte ihre Hand in seine. Ihre Blicke tauchten ineinander. Es war ein Zauber, ein zarter Zauber, der ihren ganzen Körper erfüllte und ihren Blick nur für ihn öffnete. Es gab nur noch ihn, seine brennenden Augen, seine heißen Hände, die sich durch den dünnen Stoff ihres Kleides zu brennen schienen und sein harter Körper an ihrem. Und dieser Duft. Er war die Verkörperung des Himmels! Er glitt mit ihr durch den Garten, ja sie schwebte regelrecht in seinen starken Armen. Sie hatte ihn gefunden, die Sehnsucht ihres Herzens. Nur er existierte noch, er und das Glitzern seiner Augen, das ihr das Paradies öffnete. „Ich habe gehofft, dass du mich findest“, raunte er ihr ins Ohr und heiße Schauer schüttelten sanft ihren Körper. Um ihren wankenden Knien zu trotzen, löste sie sich von ihm. „Dann bleibe bei mir.“ „Es gibt nur dich und mich.“ Es war wie ein Versprechen. Ein süßes Versprechen der Unendlichkeit. Und er zog sie wieder in seine Arme. Sanft strich sein Finger über ihre Wange, ihre Unterlippe entlang. Ein Leichtes Seufzen entwich ihrem Mund. „Du bist so wunderschön“, flüsterte er heiser. „Hör bitte auf...“ Doch es war ein schwacher Protest. Ein wirkungsloser Versuch, ihr verzehrendes Verlangen zu leugnen. Sie wollte ihn, nur ihn und er ließ ihr Blut lodern wie Flammen. Wenn er die verlangenden Augen nicht senkte, wäre sie restlos verloren. Seine Augen sprühten vor Begierde. Ein Wort von ihm und sie wäre sein. Sacht zog er sie an sein Herz, senkte die Lippen an die Stelle knapp unterhalb ihres Ohres. „Du bist mein, mein Engel.“ Ein Glück, dass er sie so fest hielt, denn ihre wackeligen Knie trugen sie nicht mehr. Ihre Lippen bebten vor Sehnsucht nach seinen. „Schau mich bitte nicht so an“, wisperte sie leise, als der die Augen wieder auf sie richtete. Er neigte den Kopf, ihren Lippen so nah, dass sein brennender Atmen ihr den Verstand raubte. „Warum denn?“ Seine Stimme war wie flüssiger Samt. „Du weißt, wie nervös mich das macht...“ Er nickte langsam, ohne die glühenden Augen von ihren zu lösen. „Ich weiß...“ Ihr Herz schien zu zerspringen, als seine Lippen sich endlich auf ihre senkten. „W-wer bist du?“, stammelte sie seufzend an seinem verzehrenden Kuss. „Ich bin Saajan. Dein Herz und deine Sonne. Die Sehnsucht der Morgenröte.“ Anjaani riss die Augen auf. Saajan! Sie musste zu ihm zurück! Es war Zeit, die Welt ohne Tränen zu verlassen. „Inuyasha, bleib hier!“ Yuki, Yoko und Yami klammerten sich verzweifelt an dem tobenden Halbdämon fest. „Zum letzten Mal, lasst mich los!“ Mühelos schüttelte er die drei Frauen von sich. „Aua!“, maulten die Schwestern, fielen ins weiche Gras. Yami jedoch war sanft in Aryans Armen gelandet. Sie wunderte sich immer noch über seine schnellen Reflexe. „Inuyasha, musst du so grob sein?“, beschwerte sich Aryan sanft, der Yuki und Yoko wieder auf die Beine zog. Sein Blick galt dem ungeduldigen Hanyou, sonst hätte er die Röte auf Yamis Wangen nicht übersehen. „Anjaani ist schon seit fünf Tagen verschwunden und ich soll mich beruhigen!“ Seine Augen sprühten Funken. Yami, die sich neuerdings von seinen schlechten Launen einschüchtern ließ, schob sich schützend hinter Aryans breiten Rücken, der sofort beruhigend nach ihrer Hand griff. Der Youkai in ihm saß ihr immer noch in den Knochen. Doch bei Aryan war sie sicher. Seit sie ihr Leben für ihn riskiert hatte, waren sie viel vertrauter miteinander. Er hatte ihr sogar gesagt, sie habe schöne Augen, weswegen sie nun auf die farbigen Kontaktlinsen verzichtete. Wer weiß, ob sich das nicht ändert, wenn Anjaani zurück kommt. Denn sie wusste nicht, wie Anjaani auf ihre Augen reagieren würde. Die Augenfarbe der Drillinge waren der von Raj sehr ähnlich. „Hör mal!“, motzte Yuki zurück. „Wenn Aani wirklich leidet und es nicht schafft, ihre Schmerzen zu verdrängen, verschwindet sie an dem Ort an dem keine Tränen existieren. Der Himmel weiß, wo sich das befindet. Ich mache mir genau so Sorgen wie du! Aber normalerweise kommt sie nach mindestens drei Tagen wieder. “ „Die sind rum“, knurrte Inuyasha. „Warum kann ich sie nicht einfach zurückholen?“ „Wir wissen nicht, wo sich der Ort ohne Tränen befindet. Es ist ihr einziges Geheimnis vor uns. Sie hat uns niemals gesagt, wo oder was dieser Ort ist. Und das vermutlich aus guten Grund. Lass ihr Zeit. Und wir gehen wieder ins Haus, los!“ „Wenn ich diesen Satz noch ein Mal -“ Inuyasha unterbrach sich plötzlich und streckte die Nase in den Wind. „Sie kommt“, sagte er nur. Ein ungeduldiges Zittern lief durch seinen Körper, doch er unterdrückte den Impuls ihr entgegen zu rennen. Mit angehaltenem Atem starrten alle in Inuyashas Blickrichtung. Am Horizont bewegte sich eine verzerrte, dunkle Silhouette, die langsam näher schlürfte. Mit einer Geste hinderte Aryan die Schwestern am Losrennen. Angespannt warteten die Drei, bis Anjaani sie erkannte. Ein Strahlen zog sich über ihr schönes Gesicht und sie flog den Drillingen entgegen. Völlig ignorierend, dass Anjaani bis auf die Knochen durchnässt war, stürzten sich die Schwestern auf sie. Liebevoll strich sie Yami das Haar aus dem Gesicht. „Endlich“, flüsterte sie. „Endlich versteckst du sie nicht mehr. Ich liebe deine Augen!“ Lachend drückte Yami sie an sich. Aryan musste die Mädchen und besonders Yuki schon fast zwingen, sich von Anjaani zu lösen, bevor er diese selber kurz in die Arme schloss. „Geht es dir gut, Aurora?“ „Natürlich“, lächelte sie. „Du hättest dir keine Sorgen machen müssen.“ „Haben wir ihm gesagt“, schwatzte Yami munter. „Aber du hättest erst mal Inuyasha erleben sollen!“ Da erst richteten sich ihre Augen auf den Hundedämon und ihr Gesicht nahm einen undefinierbaren Ausdruck an. Lange Haare... wieso waren sie in ihren Träumen kurz gewesen? Langsam trat sie ihm entgegen. Niemand wagte es, ein Wort zu sagen, die Stille war erdrückend. „Wo zur Hölle hast du dich so lange aufgehalten?“, zischte Inuyasha mit schmalen Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Seit fünf Tagen lässt du mich mit den nervenden Zwergen da allein!“ „Ich friere, ich will Heim“, antwortete sie ausweichend. „Und ihr hättet euch wirklich keine Sorgen machen müssen.“ „Keine Sorgen“, grollte Inuyasha und ballte die Fäuste. „Du bist fünf Tage lang verschwunden! Ich habe keine Ahnung, wo du bist und wie es dir geht! Die drei Irren da ließen nicht zu, dass ich dich suche! Und ich soll mich nicht sorgen?!“ „Mir geht es doch gut, wie du siehst.“ „Ich habe kein Auge zugekriegt, weil ich nicht wusste, wie es dir geht!“, brüllte er. „Ich habe nicht gewusst, ob dir nicht etwas passiert ist. Wer garantiert mir, dass ich dich lebend wiedersehe?“ „Die Drillinge haben es dir doch gesagt.“ „Das ist mir egal! Tu das ja nie wieder!“ Anjaanis Augen blitzen bei dieser Drohung auf vor Zorn. „Wer sagt das?“ „Ich, verdammt noch mal! Derjenige, den du im Stich gelassen hast.“ „Du hast mich im Stich gelassen, Mister“, schrie sie zurück. „Mir geht es schlecht und du lässt mich im Stich!“ „Ich habe rein gar nichts getan!“ Er schritt auf sie zu und packte ihre Schultern. „Du verschwindest einfach und...“ Schlagartig verstummte der tobende Dämon, als ihre Hand sich an seine Wange legte und sein Gesicht zu ihrem zog. Sein Blick versank in ihren Augen. „Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig, Inuyasha“, flüsterte sie, die Lippen wenige Zentimeter von seinen entfernt. „Du verschwindest, sobald deine Erinnerung wieder da ist, also tu nicht so, als wäre ich an dich gebunden.“ Stumme Wut erfüllte sein Gesicht. Er richtete sich ruckartig auf und schritt davon. „Aurora, du musst dich umziehen. Gehen wir“, munterte Aryan die Frauen auf und folgte, mit Yami am Arm, dem beleidigten Hanyou. „Sagt mal, die Sache mit Yami und Aryan kommt immer mehr ins Rollen“, flüsterte Anjaani Yoko und Yuki zu. „Die werden immer mehr zu einem Herz und einer Seele“, raunte Yuki zurück. „Du hast vieles verpasst. Unsere Maus ist praktisch zu seinem Schatten geworden.“ „Und dennoch hat sie ihm immer noch nicht verraten, dass ihr Hindi könnt?“ „Nein, dieses Theater nervt. Keine Ahnung, wann sie ihn damit überraschen will. Immerhin kennt sie ihn über einen Monat!“ Aryan begann das Abendessen zu kochen, während Anjaani eine heiße Dusche nahm. Yami gesellte sich sofort an seine Seite. Endlich trocken und frisch umgezogen streckte Anjaani sich auf ihrem vermissten Sofa aus, neugierig in die Küche lugend. Daraus waren lautes Geschirrgeklapper und fröhliche Stimmen zu hören. Selig lächelte sie. Sie wünschte sich das beste für Yami. Und Aryan war genau das. Ein missbilligendes Schnauben war Inuyashas Reaktion auf ihre glückliche Mimik. „Du tust jetzt so, als sei nichts gewesen?!“ „Wie war es denn, als du mich verlassen hattest?“, konterte sie spitz. „Ich habe dir keine Vorwürfe gemacht, Mister. Wortlos habe ich dich wieder aufgenommen.“ „Das ist nicht dasselbe!“ „Du warst zwei Monate weg!“ Daraufhin senkte er wütend den Blick. Auch das Essen hob seine Laune nicht mehr, denn sein Gaumen war an Anjaanis Kochkunst gewöhnt. Aryan kochte sehr gut, aber er war in schlechter Stimmung und wollte keinerlei Zufriedenheit in irgendeiner Hinsicht zeigen. „Die Lasagne schmeckt komisch“, meinte er nur. „Sie schmeckt super“, verteidigte sich Yami sofort bissig. „So schmeckt Lasagne nicht!“ „Das sagst du, weil du nur meine Lasagne kennst, Inuyasha“, lächelte Anjaani und stupste ihn neckisch in die Seite. Verwundert sah er sie an, doch sie bemerkte es nicht. Das war es, was ihn die ganze Zeit gestört hatte! Sie hatte ihn kein einziges Mal „Saajan“ genannt. Sie nannte ihn zwar nicht immer so, aber in Momenten, wo sie lächelte, auf jeden Fall. Und dies gerade eben wäre doch ein typischer Saajan-Satz gewesen. Doch den ganzen Abend war dieses Wort nicht gefallen. Seltsam, warum störte es ihn so? Hatte er sich so sehr daran gewöhnt? „Soll ich spülen?“, fragte er nach dem Essen, um sie zu testen. Sie würde hocherfreut reagieren und mit einem strahlenden Lächeln „Oh danke, Saajan!“ sagen. Wie erwartet erstrahlte ihr Gesicht. „Oh danke, Inuyasha!“ „Was hast du gegen mich?“, fragte er sie geradeheraus, Aryan und die Drillinge ignorierend. Diese waren jetzt mucksmäuschenstill, ihr Gespräch erstarb augenblicklich. Anjaani drehte sich zu ihm um und stemmte die Arme in die Hüften. Statt diese Tatsache zu leugnen, sagte sie: „Warum bin ich weg gewesen?“ „Wegen dem toten Kind, vermute ich“, meinte er unwirsch. „Lenke jetzt nicht vom Thema ab!“ „Das tue ich nicht. Und wann verschwinde ich immer? Haben die Drillinge dir das gesagt?“ Yuki nickte ihr bestätigend zu. Er knurrte genervt. „Wenn du deine Schmerzen nicht mehr aushältst, oder so ähnlich.“ „Aha. Da komme ich zurück und machst mir zuerst Vorwürfe. Du fragst nicht, wie es mir geht. Dir ist es egal. Du hast mich einfach nur enttäuscht, Inuyasha. Ich dachte, ich bedeute dir etwas.“ Erwartungsvoll starrte sie ihn an. Den Dämon überforderte die ganze Situation. Hilfesuchend blickte er sich um, doch die anderen erwarteten ebenfalls eine Antwort. „Hab ich nicht gesagt, dass ich mir Sorgen gemacht habe?!“ „Du hast sie dabei angebrüllt“, erinnerte ihn Yoko. „Weil sie kein Recht hat, einfach so zu verschwinden!“ Die Mädchen schnappten nach Luft und Aryan schüttelte den Kopf. Anjaanis Augen wurden pechschwarz vor Zorn. Der goldene Ring um ihre Pupille war verschwunden. Die Ruhe, die sie umgab, ließ Inuyashas Nackenhaare abstehen. „Du hast keine Ahnung, wie sehr ich gelitten habe“, sprach sie seelenruhig aus und starrte ihn ohne zu blinzeln fest in die Augen. „Du denkst nur an dich, wie es mir geht ist dir egal. Hauptsache, ich bin für dich da. Ich bin deine Köchin, deine Putzfrau, deine Geldbörse. Hör zu, ich tue alles für dich, aber das wird mich nicht von meinem eigenen Leben abhalten. Wenn ich gehen will, bitte ich nicht um deine Erlaubnis. Ich brauche niemals deine Erlaubnis.“ Inuyasha war wie gebannt, sie hielt ihn in ihrem Blick fest und er konnte sich keinen Millimeter rühren. „Weißt du, ich wollte bleiben.“ Die Drillinge zuckten zusammen und starrten sie entsetzt an. „Ich wollte an dem Ort bleiben, wo keine Tränen existieren. Ich wollte nicht mehr zurückkommen. Ich hatte mein Kind verloren und meinen Saajan. Deswegen wollte ich nie mehr zurückkehren. Aber ich tat es. Ich tat es wegen dir. Nur wegen dir allein. Wegen dir allein habe ich mein ganzes qualvolles Leben ertragen. Weil ich schon als Kind deine Augen in meinen Träumen sah, weil ich nachts deine Stimme hörte, die mir zuflüsterte, dass bald alles besser wird, denn du wirst kommen. Als ich dich fand, begann mein Leben endlich. Ich glaubte, in dir meine Liebe gefunden zu haben. Doch anscheinend habe ich mich geirrt. Für dich bin ich nicht mehr, als ich es für Raj war. Ich habe mich geirrt, dass du nicht wie Raj bist. Du bist nichts weiter, als eine weißhaarige Version von ihm.“ Schieres Entsetzen breitete sich auf Inuyashas Gesicht aus, als ihm das ganze Ausmaß ihrer Worte bewusst wurde. Langsam entspannten sich ihre Gesichtszüge und das goldene Glimmen trat in ihre Augen zurück. Inuyasha wich einige Schritte von ihr, denn ein liebevolles Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. „Ich habe eingesehen, dass es für mich keine Liebe gibt.“ Sie tat es mit einem Schulterzucken ab. „Wenn du gehen willst, dann darfst du gehen. Ich werde dich niemals aufhalten. Wenn du bleiben willst, dann tue nicht so, als gehöre ich dir. Ich gehöre niemandem! So und jetzt mache ich den Abwasch!“ Summend machte sie in am Waschbecken zu schaffen, während Yuki die anderen ins Wohnzimmer schleifte. „Kann mich mal einer aufklären“, jammerte sie in die Runde. „Ist sie jetzt sauer oder hat sie dir verziehen, Inuyasha?“ „Das wüsste ich auch gerne“, stöhnte dieser. „Enge sie nicht ein“, riet Aryan. „Sie lässt dir deine Freiheit, also lass du ihr auch ihre. Mehr will sie nicht.“ „Und was soll ich jetzt machen?“, fragte dieser. Aryan klopfte ihm auf die Schulter. „Entschuldige dich. Und wenn du sie liebst, dann sage ihr das.“ Inuyasha wollte soeben Antworten, als ihm das Klingeln seines Handys das Wort abschnitt. „Was ist los?“, drängten die Drillinge. Inuyasha sah Aryan an. „General, ein Dämon hat Kinder entführt. Er hat sich hinter einer magischen Schutzbarriere verkrochen. Der Dämonensondereinsatz braucht Hilfe.“ „Dann los!“, nickte Aryan. „Moment!“ Yami hielt ihm am Arm zurück. „Wieso musst du hin? Inuyasha ist doch stark genug.“ „Ich bin Staatssicherheitschef und verantwortlich für die Sicherheit ganz Japans. Und ich kann meine Männer nicht im Stich lassen. Außerdem weißt du doch, dass ich der einzige bin, der magische Barrieren auflösen kann“, erinnerte er sie. „Hab keine Angst, Inuyasha wird sich nicht verwandeln, er trägt Tessaiga bei sich. Ich bin bald wieder bei dir.“ Schweren Herzens ließ sie ihn gehen. Aryan war nun mal kein normaler Soldat. Er hatte niemals Feierabend und würde sich auch nie vor seiner Pflicht und seiner Verantwortung drücken. „Warum hast du so Angst vor Inuyasha?“, riss Anjaani sie aus ihren trüben Gedanken. „Wie kommst du darauf, dass ich Angst habe?“ Anjaani und ihre Schwestern sahen sie ungläubig an. „Du weichst ihm aus“, bemerkte Yuki. „Und du meidest Auseinandersetzungen mit ihm.“ „Weil du Angst kriegst, wenn er sich ärgert. Er tut dir nichts, selbst wenn er wütend ist“, schloss Anjaani. „Das ist es nicht, ich bin nur nicht mehr in ihn vernarrt. “ „Red keinen Unsinn“, plusterte sich Yuki auf. „Du warst nie so vernarrt in ihm wie wir. Du hast dich immer nur für Aryan interessiert, schon bevor du unseren General kennen gelernt hast.“ „Wenn Inuyasha mich gewollt hätte, hätte ich vielleicht nicht Nein gesagt.“ „Du lügst, so unschuldig bist du trotzdem“, widersprach Anjaani. „Du kannst ihm nicht verzeihen, dass er mich verletzt hat, deswegen bist du unempfindlicher als wir.“ „Er hat dir weh getan! Du bist mir nun mal wichtiger!“ „Was nicht von der Tatsache ablenkt, dass du dich vor ihm fürchtest.“ Yami gab sich geschlagen. „Ihr habt ihn nicht so gesehen, wie ich ihn gesehen habe. Er war nicht Inuyasha, er...“ „Er war eine gewissenlose, herzlose Bestie“, ergänze Anjaani. „Ohne Moral, ohne Verstand. Das einzige, was man in seinen Augen sehen konnte, waren blutige Gewalt und Mordlust.“ Yami nickte überrascht. „Ich kenne ihn“, lächelte Anjaani. „Besser, als ihr denkt.“ „Wieso jagt dir das dann keine Angst ein?“ „Ich sagte doch, ich kenne ihn. In Wirklichkeit ist er der Beschützer. Er ist der Gute, auch wenn er es nicht immer wahr haben will. Aber er beschützt die Unschuldigen. Dich und Aryan hat er auch vor Fuu beschützt, oder? Obwohl er weiß, dass Aryan auf sich aufpassen kann. Er mag Aryan und dich.“ „Und du?“ fragte Yami. „Wie sehr magst du Aryan?“ Anjaani lachte laut auf. „Wieso seht ihr in mir immer so eine Konkurrenz?“ „Naja, vielleicht weil du das schönste Wesen der Welt bist?“, sinnierte Yuki. „Und wir neben dir verblassen.“ „Das ist doch Unsinn! Ihr seid atemberaubend schön und Aryan ist wundervoll. Außerdem mag er dich, Mäuschen. Ich sehe in ihm nur den großen Bruder, den ich mir immer gewünscht hatte.“ „Na, ob er das so sieht?“, zweifelte Yami. „Boah, Yami, du blinde Nuss!“ Yokos genervter Aufschrei ließ sie zusammenschrecken. Sie war bis jetzt ungewöhnlich lange ruhig gewesen. „Wir Drei sind identisch. Bis auf die Frisuren könnte man mich und Yuki für dein Spiegelbild halten. Wir verhalten uns gleich und haben fast die gleichen Charakterzüge. Und doch sehen seine Augen nur dich. Wir sind seine Freundinnen, aber du bist mehr. Du bist was besonderes für ihn. “ „Findest du?“ Yami errötete erfreut. „Er ist schon immer auf deine Annäherungen und Flirts eingegangen. Erinnerst du dich an deinen bescheuerten Kommentar, du könntest seine Prinzessin sein? Seit dem nennt er dich so. Meistens wendet er sich immer dir zu, er steht immer in deiner Nähe und er hat nur dir gesagt, dass du wunderschöne Augen hast! Obwohl unser Häschen ebenfalls auf Kontaktlinsen verzichtet.“ „Jap“, pflichtete Yuki ihr bei. „Hab sie vorhin entfernt und nur Aani ist es aufgefallen. Außerdem solltest du mal sehen, wie verzückt er von deiner Stimme ist.“ Die jüngste der Drillinge hatte eine unbeschreiblich schöne Stimme. Wenn sie sang, stand die Zeit still. „Wenn er dich singen hört, wird er dir verfallen und dir keinen Moment länger widerstehen können“, versicherten ihre Schwestern. Yami ließ sich nicht beirren. „Aber jetzt ist Aani wieder da! Was, wenn er sie tanzen sieht?“ „Und ich werde mir auch alle Mühe geben, ihn zu verführen“, sagte Anjaani trocken. „Beruhige dich“, lenkte sie schnell ein, weil Yami bei ihren Worten schuldbewusst nach Luft schnappte. „Er sieht mich fast jeden Tag tanzen. Außerdem war eure Beziehung schon so vertraut, bevor ich fort war. Aber jetzt zu etwas anderem. Habt ihr meine Pflanzen gegossen?“ Die Drillinge prusteten los. „Das Drama war bühnenreif!“, kicherte Yoko. „Als wir Inuyasha sagten, dass wir ständig da sind, um die Wohnung in Schuss zu halten, schien sein schlimmster Alptraum wahr zu werden.“ „Zum Glück wart ihr da. Alleine kommt er nicht zurecht und Kagome würde ihn bestimmt nicht bei sich haben wollen.“ „Oh ja!“, nickte Yuki. „Sie kennt ihn nur aus dem Fernsehen, hasst ihn aber schon.“ „Naja, ich bin nie aus Kagome schlau geworden“, seufzte Yoko. „Weil sie nicht so offenherzig ist wie ihr?“, riet Anjaani. „Und weil sie eine griesgrämige Spielverderberin ist.“ „Dann war Inuyasha wenigstens nicht am verhungern“, griff Anjaani das vorige Thema wieder auf. „Nö, Aryan war ja da“, flötete Yami. „Und wo Aryan war, war Yami auch nicht weit“, neckte Yoko. „Du musst gerade reden! Sobald Zuma pfeift, kommst du angedackelt.“ „Mit wedelndem Schwänzchen.“ „Ha, ha! Sehr witzig!“ „Was ist mit Zuma?“ Anjaani horchte überrascht auf. „Seid ihr endlich zusammen?“ „Warum sollten wir“, meinte Yoko sachlich, doch Anjaani spürte einen winzigen Funken Enttäuschung. „Mal abgesehen davon, dass ich keine Beziehung mit ihm möchte, zu der er mental nicht fähig ist, da sein Herz ein Eisbrocken ist, ist er immer noch versessen auf dich und benutzt mich als Ventil, um Dampf abzulassen. Obwohl ich ihn dazu bringen kann, nur an mich zu denken...“ „Was trotzdem nichts Gutes für mich heißen muss... Wie geht es ihm denn nach dem Dämonenangriff?“ Yoko errötete keck, die schiefergrauen Augen leuchteten auf. „Sagen wir mal so, durch meine Pflege ist er schnell genesen. Und er hat dir die ganze nächste Woche freigegeben. Du fängst erst in zwei Wochen wieder an.“ „Wie hast du denn das geschafft?“ „Ich kenne seine Schwachstelle. Da wird er zahm wie ein Lamm... Soll ich sie dir verraten?“ „Nein danke...“ Anjaani seufzte schwer. „Ich wünschte ich würde Inuyashas Schwachstelle kennen.“ „Du“, flüsterte Yami. „Du bist seine Schachstelle.“ Anjaani zeigte keine Reaktion, doch der goldene Ring um ihre Pupille vergrößerte sich ein wenig. „Hör mal, Aani-Schatz, egal wie grob er ist, er würde alles für dich tun. Wenn du willst, würde er das. Du hättest ihn diese fünf Tage erleben sollen.“ Anjaani senkte nur den Blick, also fuhr Yami fort. „Er war nicht wütend, er hat zwar pausenlos gemotzt und gemeckert, aber er war hauptsächlich nervös und besorgt. Bei dem kleinsten Geräusch sprang er zur Tür, in der Erwartung, dass du kommst. Er hat kaum gegessen vor lauter Sorge. Ich bin mir nicht mal sicher, ob er geschlafen hat. Aber ich habe ihn dabei erwischt, wie er an dein Nachthemd geschmiegt eingeschlummert ist.“ Yami kicherte bei dieser Erinnerung. „Er war so ruhelos, es hätte nur noch gefehlt, dass er vor Verzweiflung den Mond anheult.“ Jetzt musste auch Anjaani lachen. „Ich mache dir einen Vorschlag. Morgen gehen wir an den See. Dann kannst du dich davon überzeugen, ob du deinen Dämon kalt lässt oder nicht. Denn nackig sein bringt bekanntlich Sonnenschein.“ Anjaani verdrehte die Augen. „Das habt ihr erfunden. Außerdem schlägst du das nur vor, weil du Aryan nackt sehen willst.“ „Naja, er leitet immerhin die gefährlichste Spezialeinheit der Welt, abgesehen davon, dass er weltweit die allergefährlichsten Missionen leitet, weil er der beste ist. Und die Muskelkonturen unter seinen T-Shirts sagen mir nicht genug. Also, wenn er nicht zumindest an Inuyashas Muskeln heranreicht, weiß ich auch nicht. Der arme kleine Hanyou verträgt doch keine Konkurrenz“, zwinkerte sie. „Außerdem will ich sehen, wie ich ihm im Meisterwerk meiner Schwestern gefalle.“ „Ach du“, winkten Yuki und Yoko geschmeichelt ab und erröteten bei dem Kompliment für die von ihnen entworfenen und geschneiderten Bikinis. „Also gut... aber ihr benehmt euch!“, gab Anjaani sich geschlagen. Yamis Handy klingelte unvorbereitet. An ihren Augen sah man, wer anrief. „Was?!“, rief sie plötzlich entgeistert. Ihre Augen spiegelten schiere Verblüffung, dann lachte sie lauthals los. „A-Aryan und Inu... yasha sind eingesperrt“, japste sie unter Tränen. „Der Dämon ist besiegt, doch die zwei... die zwei...“ Sie musste nach Luft schnappen. „Sie sind unter der magischen Barriere gefangen und kommen nicht mehr heraus!“ Die restlichen Drei stimmten in ihr Lachen mit ein. „Das ist nicht witzig“, sagte Aryans Stimme. „Aurora, bitte komm, du bist immun gegen Barrieren.“ Anjaani nickte lachend, vergessend, dass Aryan sie am Telefon nicht sehen konnte. „ANJAANI!!!“, brüllte Inuyashas Stimme aus dem Handy. „Ich komme gleich“, giggelte sie. „Wo genau seid ihr?“ Die laue Nachtluft tat so gut! Genüsslich reckte sich Anjaani und sog begehrlich die frische Brise ein. Luft ist doch etwas tolles! „Yami-Maus, jetzt hetzt doch nicht so“, seufzte sie. „Aryan wird nichts passieren. Ganz im Gegenteil. Nirgendwo ist er jetzt sicherer.“ „Du benimmst dich wie eine Glucke“, bemerkte Yuki vorwurfsvoll. „Ich liebe ihn“, grollte Yami finster. „Das kennst du nicht!“ „Aber wenigstens kann er dir jetzt nicht mehr weglaufen“, bemerkte Yoko. „Aani, kannst du magische Barrieren errichten?“ „Nur kleine, denn darin bin ich ungeübt. Es ist leichter sie aufzulösen.“ „Kannst du eine um Zuma errichten?“ „Habe ich schon versucht, um ihn fern zu halten. Hat nicht geklappt.“ „Schaut!“, rief Yoko. „Da hinten ist Aryan! Aber wo ist die Barriere?“ „Sie ist unsichtbar“, sagte Anjaani. „Yami, warte!“ Yami war Hals über Kopf losgerast und hatte Anjaanis Worte nicht gehört. Mit voller Wucht prallte sie gegen die Barriere und wurde meterweit zurückgeschleudert. „Yami!“, schrie Aryan entsetzt und hetzte zu ihr, durchschritt mühelos das magische Schutzschild, das sich damit auflöste. Behutsam nahm er Yami in seine Arme. „Wie geht es dir?“ Die Besorgnis, die Yami in seinen Augen sah, ließ sie die Schmerzen vergessen. „Mein Kopf“, stöhnte sie gequält. „Das ist die Strafe für deinen unüberlegten Kopf.“ Sein leiser Tadel war liebevoll. „Mein unüberlegter Kopf hat dir schon mal das Leben gerettet.“ „Aber dein unüberlegter Kopf wird dir noch das Leben kosten.“ „Für dich zahle ich gerne.“ Sein Lächeln sagte mehr als Tausend Worte. Anjaani räusperte sich, um ihm einen abschätzenden Blick zuzuwerfen, als er sich ihr zu wandte. „Wie ich sehe, brauchst du meine Hilfe gar nicht.“ „Tut mir leid. Ich suchte einen Vorwand, damit du in Ruhe mit Inuyasha reden kannst“, gestand er. „Also werden wir jetzt gehen.“ Er hob Yami auf seine Arme und drückte sie sicher an sich. „Wir gehen voran“, bestimmte Yoko, unterdrückte ein Grinsen und schlenderte mit Yuki an der Hand, im gebührenden Abstand zu Aryan und Yami. Anjaani blieb allein zurück, genau wie Aryan es geplant hatte. Nervös blickte sie sich um. Warum tat Aryan ihr das an? Warum funktionierten alle seine Vorhaben? Jetzt musste sie Inuyasha alleine gegenübertreten. Irgendwo hier befand er sich. Doch es wurde dunkler und ihre Augen konnten nur unter Wasser im Dunkeln gut sehen. Langsam stieg der Mond auf. Wo war denn Inuyasha? Sie wagte nicht nach ihm zu rufen, doch sie vernahm ein Plätschern. War er etwa im See? Der See, dem sie noch vor wenigen Stunden entstiegen war. Warum war er in ihrem See, in ihrem Ort, wo keine Tränen existieren? Vorsichtig schlich sie durch die Büsche, doch sie wusste, dass er sie hören konnte. Sie sah den silbrigen Schimmer seines Haares und trat aus den Schatten hervor. Sein Anblick ließ sie erstarren. Inuyasha stand bis zur Hüfte im Wasser. Wassertröpfchen rannen von seinem nassen Haar auf seine breite Brust und liefen zwischen den Furchen seiner Bauchmuskulatur zu einem einzigen Rinnsal zusammen. Das Mondlicht ließ sein Haar glitzern und floss schimmernd über seine goldene Haut. Es erweckte die Illusion, als sei er aus Stahl gegossen. Er war perfekt! Leuchtende goldene Augen, die gemeißelte Makellosigkeit eines jungen Gottes und den Körper eines Wikinger-Kriegers. Himmel, wie konnte sie ihm nur widerstehen?! Ihre Finger begannen vor Sehnsucht nach seiner Haut an zu kribbeln. Langsam trafen seine Augen auf ihre. Wie hypnotisiert folgte sie dem goldenen Funkeln seiner Augen, hinein ins kalte Nass. Sie blieb dicht vor ihm stehen, so nah, dass ihre Brust die seine berührte. Ihr Atmen wurde schneller und ihre sich hebende und senkende Brust rieb gegen seine Haut. Er senkte den Blick auf ihr Gesicht. „Inu...“ Ihre Stimme verwehte, als er sie ansah und seine glühenden Augen das Licht der Sterne widerspiegelten. „Hier hängt dein Duft“, raunte er leise und blickte ihr dabei mit einer solchen Intensität in die Augen, die ihr den Atem nahm. „Ich war heute hier“, antwortete sie mit schwacher Stimme. Seine Nähe ließ ihren Herzschlag rasen. Irrte sie, oder pochte sein Herz ebenso hart gegen ihre Brust, wie ihres gegen seine? „Und warum bist du wieder hier?“ Seiner leisen Stimme schwang ein Hauch Gefühl mit, das ihre Haut elektrisierte. „Um dich hier rauszuholen.“ Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln, doch seine Augen blitzten gefährlich. Er wirkte so kriegerisch... „Ich kann mich selber befreien. Tessaiga kann Bannkreise brechen.“ Sie entfernte sich einen Schritt von ihm, entwich der Hitze, die sein stählerner Körper ausstrahlte. Plötzlich war das Wasser eisig. „Warum wolltest du dann, dass ich herkomme?“ Er neigte den Kopf. „Weil ich wissen wollte, ob du kommen würdest.“ „Warum sollte ich das nicht?“ Ihre Stimme barg ihre Kränkung nicht. „Wärst du wegen Raj hergekommen?“ „Nein, ich traue mich nachts nicht raus!“ „Und warum bist du dann hier?“ Sie schnappte hörbar nach Luft. „Ich... ich...“ Ärgerlich wischte sie eine Träne fort, bevor sie aus ihrem Auge kullern konnte. „Ich war doch nur sauer, weil du mich enttäuscht hast.“ Er trat dicht an sie ran und umfasste sanft ihr Kinn. Anjaanis Haut begann zu kribbeln. „Und du hast mich verletzt.“ „Du mich auch“, hauchte sie und schloss die Augen, denn er hielt ihr Gesicht immer noch fest. „Bin ich wirklich wie Raj?“ Sie sah ihn an, denn seine Stimme klang gequält. „Hat Raj dich je beschützt?“ „Nein“, gab sie zu. „Aber er hat mich gefangen gehalten.“ Inuyasha ließ sie augenblicklich los. „Du gibst mir das Gefühl von Sicherheit, aber nicht das Gefühl von Unabhängigkeit.“ „Weil ich abhängig von dir bin“, flüsterte er bitter. „Ich bin vollkommen von dir abhängig und das macht mich verrückt. Wie kann ich stark sein und dich beschützen, wenn ich dich so brauche, wenn du eigentlich diejenige bist, die mich beschützt?“ „So fühlst du?“ Er ballte die Fäuste. „Was tue ich denn schon für dich? Außer, dass ich dich so quäle wie dieser Verräter?“ Die Bitterkeit in seiner Stimme trieb ihr die Tränen in die Augen. „Verzeih mir“, flüsterte sie. „Ich will dir etwas sagen, Saajan, was ich nie jemandem gesagt habe. Ich will dir sagen, wie mein Leben vor dir war.“ „Ich weiß es doch.“ „Nein, du warst nie an solch einem einsamen Ort...“ „Doch, ich war dort...“ „Warst du wirklich dort? Warst du jemals dort… an diesem Ort, an dem jedes Lachen verhallt? Am Friedhof des Lichts? Warst du in dieser Welt, wo vergangenes Glück begraben liegt? Eine Welt, in der keine Gefühle existieren, keine Form und kein Raum. Ein blinder, stummer, tauber Ort, der tief in der Seele entstanden ist. In dem Teil der Seele, der das Licht erloschen ist. Dort fühlst du nichts, keine Wärme, keine Freude. Dort hörst du nichts, kein Lachen, keinen Trost. Dort siehst du nichts, keinen Hauch, der die Dunkelheit durchdringt. Nur deine Tränen sind bei dir… nichts weiter. Nur deine Tränen, und der unendliche Schmerz der Einsamkeit, mehr nicht. Ansonsten bist du allein, ganz allein… mit der Dunkelheit. Die dichte Dunkelheit, die der Tod nicht durchdringen kann. Er kommt nicht, um dich zu erlösen und dir dein Leben wieder zu geben. Warst du schon einmal in meiner Welt?“ Stumm starrte er sie an. Ihm hatte des die Sprache verschlagen und er schüttelte verneinend den Kopf. „Was ich vor dir hatte, war kein Leben. Du hast mich aus der Dunkelheit gerissen. Ich habe schon als kleines Kind von dir geträumt, von deinem Gesicht, von deiner Stimme. Ich war sicher, dass es deine Augen sind, die meine Dunkelheit erhellen werden. Nur deshalb bin ich auf Raj hereingefallen. Weißt du, wie baff ich war, als ich wirklich dich gefunden hatte? Das Gesicht, dass mich so bedrohlich anknurrte, war das Gesicht meiner Träume. Verstehst du jetzt, was du mir geschenkt hast? Verstehst du, wie abhängig ich von dir war? Und immer noch bin...“ Er antwortete nicht. Wortlos riss er sie in seine Arme und drückte sie fest an sich. Ihr Sari rutsche ihr von der Schulter. Seine Hände waren wie flüssiges Feuer, das sanft ihren Rücken streichelte. Anjaani war wie gelähmt. Sie wollte ihn von sich stoßen, doch die Hitze und der Duft seines Körpers benebelten ihren Verstand. Sein Körper, so hart, so heiß, presste sich fest an ihren. Und um sie war es geschehen, als ihr nackter Bauch an seinem rieb. Glühendes Verlangen überkam sie. „Es tut mir leid“, flüsterte er in ihr Haar. Er hatte die Stimme gesenkt, damit sie seine Erregung darin nicht vibrieren hörte. Seine Lippen streiften ihr Ohr. Anjaani erschauderte und wand sich, doch er hielt sie fest. Wenn er sie berührte, konnte sie sich nicht beherrschen. Warum war sie nur so schwach? Als er sie ansah, wusste sie, sie musste reagieren, bevor es zu spät war. In seinen Augen brannte ein Feuer, dass sie gnadenlos verschlang und Anjaani bekam Panik. Sie begann wild zu zappeln und gegen seine Umarmung anzukämpfen. „Hey, hör auf!“, rief Inuyasha. „Ich kippe noch um!“ Doch er kam nicht auf die Idee, sie loszulassen. Dann strauchelte er und mit einem lauten Platsch fielen sie ins Wasser. Anjaani stieß sich von ihm und schwamm schnell davon. In sicherer Entfernung tauchte sie auf. Als Inuyashas Dämonenaugen sie fanden, knurrte er. „Was sollte das denn?“ Bedrohlich schritt er auf sie zu. „Geh weg!“, schnappte sie und entlockte ihm ein spitzbübisches Grinsen. „Hast du Angst vor mir?“ Seine Augen glitzerten herausfordernd und wie ein Raubtier schlich er auf sie zu. Ohne zu überlegen tauchte sie unter, um davon zu schwimmen, doch der Sari verhinderte weite Beinbewegungen. Ein Blick über die Schulter verriet ihren geübten Augen, dass Inuyasha hinter ihr herschwamm - und er war schneller! Sie drehte sich auf den Rücken, als er über sie glitt. Langsam zog er sie an die Oberfläche. Hier war das Wasser für beide zu tief, um stehen zu können. „Wie kannst du so lange unter Wasser bleiben?“, wunderte er sich. „Ich habe Panik gekriegt“, verteidigte sie sich. „Weißt du, wie du geguckt hast?“ „Wie denn?“ „Wie ein Raubtier...“ „Aha.“ Sie wand sich in seinem Griff. „Jetzt schaust du wieder so. Lass das!“ Inuyasha lächelte. Deutlich hörte er ihren schnellen Herzschlag. Anjaani verzehrte sich nach ihm, das sah er in ihren Augen. Der goldene Ring weitete sich... Yami hatte also recht gehabt. Ein bestimmter Blick aus seinen Augen und sie würde schwach werden. „Anjaani hat eine Schwäche für schöne Augen“, hatte Yami ihm gestern anvertraut. „Deinen wird sie nicht widerstehen können. Du musst ihr nur tief in die Augen sehen und sie verfällt dir. Das Gold in ihren Augen wird größer, wenn sie erregt ist. Antworte so oft es passt mit „Aha“. Das wirkt total sexy. Und noch ein Tipp: Mach dich nackig!“ Wer hätte gedacht, dass einer der nervenden Zwerge ihm mal nützlich sein könnte. Anjaani konnte abweisend sein wie sie wollte, doch sie schmolz gerade in seinen Armen dahin. Wenn er sie jetzt küsste... „Inuyasha, ich kriege keine Luft“, keuchte sie, die Augen pechschwarz. Millimeter vor ihren Lippen hielt er inne. Da erinnerte er sich. Ihre Allergie! Doch zu spät. Ihr Körper gab erschöpft nach und sie trieb schlaff in seinen Armen. Für einen Moment völlig von ihre Schönheit verzaubert, vergaß er, dass sie in Lebensgefahr schwebte. „Langsam wird´s aber Zeit, dass sie kommen“, beschwerte sich Yami, die liebevoll lächelnd den, von Aryan in Anjaanis Küche gekochten, Tee entgegennahm. „Als ob es dich stören würde“, stupste Yuki sie an. Yami hatte sich mit größtem Vergnügen von Aryan verarzten lassen, der sie jetzt betüttelte, während er mit einer heiteren Yoko über das Plural von „Pizza“ diskutierte. Als die Tür endlich aufkrachte, schwand allen das Lächeln vom Gesicht. Inuyasha trug die geschwächte, in seinen roten Mantel gehüllte, Anjaani auf seinen Armen hinein. Beide waren triefnass. Da Yoko und Yuki von Inuyashas unbedecktem Anblick zu gefesselt waren, stürmten Yami und Aryan auf die beiden zu. Yami verschwand mit Anjaani im Badezimmer, um ihr die nassen Sachen auszuziehen und sie abzutrocknen. Die Schwestern musterten den halbnackten Mann begehrlich von oben bis unten. „Was habt ihr zwei denn getrieben? Heiße Wasserspielchen?“ Inuyashas Augen verengten sich. „Wenn ihr mir zu nahe kommt, dann könnt ihr was erleben“, knurrte er leise. Ehe die beiden sich rühren konnten, war er im Schlafzimmer verschwunden. Dank Aryans Energieübertragung erholte Anjaani sich sehr schnell. Neben Inuyasha in eine warme Decke gehüllt, schaute sie einen Film. Yuki saß kuschelnd zu ihrer linken. Aryan, Yami und Yoko saßen auf der Schlafcouch. „Ich habe Lust auf einen fröhlichen Bollywood-Film“, zwitscherte Anjaani munter. „Oh, ich will Shahid sehen!“ Die Drillinge kreischten begeistert auf. „Nein“, widersprach Inuyasha sofort heftig. „Ich kann dieses Shahid-Gekreische nicht ertragen!“ „Hey“, entrüsteten sich die Mädchen. „Shahid Kapoor ist unser Lieblingsschauspieler!“ „Keine Sorge, es läuft kein Film mit Shahid Kapoor“, beruhigte ihn Aryan lächelnd. „Das ist mir egal! Das Hrithik-Gekreische halte ich auch nicht aus!“ „Hrithik Roshan ist einfach nur geil, finde dich damit ab!“ „Er ist der beste Tänzer des Welt“, stimmte Anjaani mit ein. „Hrithik ist ein Gott! Aber ich mag Shahid trotzdem mehr, er ist so süß! Er lächelt wie Aryan.“ „Ich hasse diesen Kerl!“ „Mich oder Shahid?“, wollte Aryan lachend wissen. „Du bist nur eifersüchtig, Hündchen“, lachte Yami. „Weil Aani Shahid Kapoor anhimmelt.“ „Welcher Film läuft denn jetzt?“ Anjaanis Frage galt Aryan, der prompt antwortete, welcher bestimmte Streifen lief. Der vielsagende Blick, den die beiden austauschten, alarmierte sofort Yami und Inuyasha. „Was ist mit dem Film?“, sprudelten beide hervor. „Schlimmer als Hrithik oder Shahid. Das ist Rajesh Malhotras erster Film“, antwortete Aryan. „Raj?!“, rief Inuyasha. Anjaani nickte. „Als er nach Indien zurück kehrte, ist er ins Filmgeschäft eingestiegen. Er sieht immerhin ziemlich gut aus. Jetzt beginnt er eine Karriere als Bollywood - Star.“ „Willst du ihn wirklich sehen?“, sorgte sich Yuki. „Was sollte das schon machen“, winkte Yami ab. „Sie schaut doch jeden Tag in Inuyashas Gesicht.“ Sie bereute ihre leichtsinnigen Worte augenblicklich, denn ein wütender Inuyasha jagte ihr eine Heidenangst ein. Sofort legte ihr Beschützer seinen Arm um ihre Schulter. Zufrieden schmiegte sie sich an Aryans Brust. So musste sich das Paradies anfühlen. Im Arm des bestaussehendsten Mannes der Welt. Doch Rajs Ähnlichkeit mit Inuyasha ließ allen das Blut in den Adern gefrieren. Im Fernseher sahen sie eine exakte Kopie Inuyashas. Sie wussten es zwar, doch es direkt vor Augen zu sehen, war schärfer als jede Erinnerung. Dies war Inuyasha mit schwarzen, kurzen Haaren. Keiner konnte es fassen. Dennoch hatte er gewisse Ähnlichkeit mit Aryan. Sie könnten glatt Brüder sein. Aber Aryan sah besser aus, entschieden die Drillinge einstimmig. Inuyasha lehnte sich grollend zurück. „Verstehst du jetzt, warum ich Aryan bei unserer ersten Begegnung so angeschaut habe?“, flüsterte ihm Anjaani zu. Er brummte nur, doch in seinen Augen las sie Verständnis. Als sie Aryan das erste Mal gesehen hatte, glaubte sie sich für einen Moment, Raj gegenüber zu stehen. Als sie Inuyasha jedoch begegnet war, hatte sie nicht Raj gesehen. Obwohl er Inuyashas Ebenbild war. Alle waren sprachlos über diese verblüffende Ähnlichkeit zwischen der beiden indischen Männern. In der Gestik und Mimik war Raj Aryan wirklich ähnlich, nur Aryans Statur war kräftiger und Rajs Stimme war eine ganz andere, nicht so schön rau und weich. Glatt und kühl, für Anjaani schon fast beängstigend. Anjaani war die einzige, die sich nicht auf Aryans Doppelgänger konzentrierte. Sie wollte Raj nicht genau ansehen, der Klang seiner Stimme holte genügend Erinnerungen hoch. Leider war der Film nicht synchronisiert worden, die japanische Übersetzung war am Bildrand zu lesen, so dass sie diese grausam vertraute Stimme hörte. Sie gab sich alle Mühe, der Handlung im Film zu folgen, nicht auf Raj zu achten. Gerade kam es zur Auseinandersetzung von Schurke und Held. Der Schurke hatte sich an der Protagonistin vergreifen wollen, eine Szene, die Anjaani anwiderte. Raj schritt ironischer weise als Held ein. „Bäh, der Typ ist widerlich!“ Anjaani schüttelte sich vor Ekel. „Klar“, bestätigte Aryan. „Er ist der Schurke. Der Held muss der attraktivere sein.“ „Also ich finde, er macht Shahid Kapoor ganz schön Konkurrenz“, plauderte Anjaani, ohne über ihre Worte nachzudenken. Die Drillinge starrten sie überrascht an, sogar Inuyasha horchte auf. Entgeistert starrte er zu ihr hinab, was sie nicht bemerkte. „Rajesh spielt das genaue Gegenteil von sich selbst“, meinte Yoko. „Er ist so selbstlos und freundlich. Seine Stimme passt gar nicht dazu. Die Stimmen unserer zwei Dämonenjäger hier klingen viel wärmer.“ „Finde ich auch“, nickte Anjaani eifrig. „Aber wäre Raj wirklich so wie im Film, könnte er jede haben.“ „Jede?“, bohrte Yuki nach. „Auch dich?“ „Okay, fast jede. Aber auch nur, weil alle anderen nicht wissen, wie er wirklich ist. Schau dir dieses unschuldige Lächeln an! Das ist nicht Raj! Seine Haare sind endlich etwas länger... Gibt es einen Vergleichbaren?“ „Ja, Aryan“, flüsterte Yami, doch alle außer Anjaani bekamen dies mit. Und alle, außer Inuyasha, amüsierte das. „Er ist nicht so toll“, brummte dieser düster. Er hasste es, wie sie für diesen Shahid Kapoor schwärmte und jetzt auch noch Raj! Raj, die Verkörperung all ihres Grauens! Die Eifersucht brannte heiß in seinen Adern, was Anjaani offensichtlich entging. „Raj konnte gut tanzen“, widersprach sie heftig. „Und - oh!“ Anjaani stockte kurz der Atem. „Meine Güte, er hat an Muskeln zugelegt...“ Der Umschwärmte tanzte gerade mit freiem Oberkörper über den Bildschirm. „Wow“, bestätigten die Drillingen synchron, mit offenen Mündern und leuchtenden Augen. „Schau mich nicht so an“, flüsterte Aryan Yami zu. „Ich ziehe mich nicht aus.“ „Er wäre perfekt“, schwärmte Anjaani weiter. „Wenn er kein schwarzes Haar hätte, ein wenig heller, braun... mit einzelnen, helleren Strähnen... Das Kinn nicht so energisch... Die Schultern ein wenig breiter... Dann wäre er toll. Wenn nur seine Augen...“ „...grün wären?“, grinste Yami. „Ja genau, grün! Oh, dann wäre er einfach nur perfekt!“ „Ich hör mir diesen bescheuerten Mist nicht länger an!“, brüllte Inuyasha und sprang auf. Rasend vor Zorn stürmte er ins Badezimmer. „Warte, Saajan! Was hat er denn?“ Die Drillinge lachten laut auf. „Er ist eifersüchtig, weil du nicht von Rajesh geredet hast. Du hast gerade perfekt Aryan beschrieben.“ Sie wandte sich Aryan zu, der nur unschuldig die Schultern hob. Anjaani, der gerade klar wurde, dass sie ihren großen Bruder als den perfekten Mann beschrieben hatte, musste lachen. „Du solltest Schauspieler werden. Dich sehe ich viel lieber an.“ Sein Lächeln konnte Steine erweichen. „Danke, Kleines.“ „Inuyasha!“, rief Yami plötzlich schrill. „Gesell dich sofort wieder zu uns!“ „Nein“, fauchte es aus dem Bad. Seine Stimme übertönte das Prasseln der Dusche. „Komm her!“ „Ich schmolle, verdammt!“ „Hey, immerhin kreischen wir nicht rum!“ „Würden wir garantiert machen, wenn das Aryan und nicht Rajesh wäre“, rief Yuki laut und erntete ein Grollen aus dem Badezimmer. „Inuyasha, ich mache gleich Milchshakes.“ Sofort verstummte das Wasserprasseln. „Na gut. Aber nur einen!“ Anjaani machte sich mit Yami in der Küche zu schaffen. Der Drilling grübelte über die Situation nach. Sie durfte nicht zulassen, dass diese perfekte Version von Raj - also Aryan - Anjaanis Traummann war. Er durfte für sie nicht attraktiver sein, als Inuyasha. Achtlos drehte sie den Wasserhahn auf kalt und vergaß, dass dann brühend heißes Wasser aus der Dusche fließen würde. Inuyashas plötzlicher Schmerzensschrei ließ Anjaanis Herz stehenbleiben. Kopflos rannte sie mit den Drillingen auf den Fersen ins Bad und riss die Tür auf. „Inuyasha, was -“ Erschrocken schrie sie auf, denn der Hanyou war splitterfasernackt in der gläsernen Duschkabine. Zu spät bedeckte er seine Blöße. „RAUS!!!“ Aryan schlug sofort die Türe zu, bevor Anjaani reagieren konnte. Mit pochendem Herzen wandte sie sich den Freundinnen zu, die erstarrt waren. Nur Yami hatte ihr Gesicht an Aryans Brust gedrückt. Mit einem Handtuch um die Hüften trat Inuyasha wutschäumend aus der Tür. „Was sollte das denn?“ Vor Scham war sein Gesicht glühend rot. Anjaani konnte ihn nicht ansehen. „D- du hast geschrien.“ „Das Wasser war plötzlich kochend heiß! Was starrt ihr so?“, blaffte er Yuki und Yoko an. „Du meine Güte, bist du gut bestückt“, hauchte Yuki. „Du hast ein Riesenteil! Wie hast du das die ganze Zeit verstecken können?!“ Entsetzt wich er von ihr zurück. „In Ordnung, es ist Zeit für uns zu gehen.“ Aryan beendete die brenzlige Situation, indem er die Drillinge fort zog. „Ich will jetzt nicht gehen“, beschwerte sich Yoko vergeblich. „Du hast es grade nicht gesehen!“ „Stell dir vor, es interessiert mich auch gar nicht.“ Lächelnd, doch erbarmungslos bugsierte er die Schwestern zur Tür. Yami folgte ihm ohne Aufforderung. Die Stille, die nun zwischen Inuyasha und Anjaani herrschte, war qualvoll. „I-ich... es t-tut mir leid“, stammelte Anjaani, ohne ihn anzusehen. „I-ich wollte das nicht.“ „Aha.“ Er hob ihr Kinn an, um in ihre Augen zu sehen. Sie waren fast gänzlich golden, wie jedes Mal, wenn er sie geküsst hatte... „I-ich wollte w-wirklich nicht... Ich schäme mich so!“ „Dafür hast du mich aber auffallend lange angestarrt.“ Ihr klappte die Kinnlade herunter und ihre Augen wurden schlagartig dunkel. „Hey, das habe ich nicht sehen wollen! Und du musst gerade reden!“ „Ich? Ich bin nie ins Bad geplatzt, wenn du nackt warst!“ Nein, dann hätte er für nichts garantieren können... „Weil ich immer abschließe!“ Hauptsächlich wegen Yuki. Sie stemmte die Arme in die Hüfte. „Weißt du denn, wie ich nackt aussehe?“ Verdattert verschluckte er sich und wurde wieder rot. Ja, er wusste wie sie nackt aussah. Sie reckte das Kinn in die Luft. „Dann mach mir keine Vorwürfe, wir sind jetzt quitt! Und schließe in Zukunft die Tür ab!“ Mit diesen Worten wirbelte sie auf dem Absatz um und verschwand im Schlafzimmer. Inuyasha blieb völlig überrumpelt stehen. Yami erging es nicht angenehmer. Obwohl Aryan sie, wie fast jeden Abend, nach Haus begleitete, fühlte sie sich unwohl. Und das trotz der Tatsache, dass er dabei seinen Arm um ihre Schulter gelegt hatte, was er bei Anjaani jedoch auch tat, da diese immer fror. Dank ihm war ihr heiß und schwindelig, dennoch war die Situation unangenehm. Denn ihre Schwestern hatten nichts anderes zu tun, als über die Größe von Inuyashas „Hundeschwanz“ zu spekulieren. Fehlte nur noch, dass sie Aryan fragten... das würden sie aber nicht wagen! Doch, das würden sie, weil es Yami nämlich ebenfalls interessierte. Bisher war das Thema jedoch nur bei dem gut bestückten Hanyou geblieben. Aryan schien dies nichts auszumachen. „Beschämt dich das?“, wandte er sich ihr grinsend zu, da Yami sich weigerte, mitzureden. Was interessierte sie Inuyashas Gemächt? Aryans war interessanter... Sie musste den Kopf tief in den Nacken legen, um zu ihm hoch sehen zu können, bei fast 30 Zentimetern Größenunterschied. „Ein wenig“, gestand sie, ihn selig anlächelnd. „Unser Mäuschen ist manchmal etwas verbohrt, was Männer angeht, die nicht du sind“, lachte Yoko. „Ab und zu kommt doch die Jungfrau in ihr durch.“ Aryans dunkle Augenbrauen zogen sich verwirrt zusammen. „Und ich bin stolz drauf“, brummte Yami. „Wenn man auf eine versaute Jungfrau stolz sein kann...“ Yamis böser Blick ließ ihren Schwestern das Kichern in der Kehle stocken. Zum Glück waren sie gerade am Haus der Higurashis angekommen und Yoko und Yuki verschwanden sofort im Inneren. Als Yami sich flüchtig von Aryan verabschieden wollte, hielt er sie am Arm zurück. „Warte, Prinzessin.“ Seine beeindruckenden Augen raubten ihr den Atem, weswegen sie nie direkt hineinsah. „Schäme dich nicht vor mir. Ich denke nicht schlecht über dich und ich habe es nie getan.“ Aryan konnte man nichts vormachen. „Danke.“ Dieser Satz erfreute sie zutiefst. „Aber du weißt doch, wie ich bin.“ „Du meinst anders als ich, nicht wahr?“ „Ich passe nicht zu dir“, seufzte sie. Wieso musste er immer alles wissen? „Wer entscheidet, dass du nicht zu mir passt?“, fragte er mit einem kecken Grinsen. „Vor mir sehe ich eine starke, liebevolle und wunderschöne Frau, deren Stimme so schön ist, dass ich sie jede Nacht in meinen Träumen höre. Eine Frau, bei der ich mich wohl fühle. Eine Frau, die nur mich ansieht. Für die nur ich zähle. Wieso solltest du nicht zu mir passen? Zudem sind wir uns seit heute ähnlicher, als ich bisher vermutet hatte. Ich wusste nicht, dass du jungfräulich bist.“ Yami, die von seiner Schmeichelei ganz hingerissen war, brauchte einen Moment, um antworten zu können. „Lache mich bitte nicht aus, ja? Ich habe meine Erfahrungen, aber im Gegensatz zu meinen Schwestern bin ich körperlich noch eine Jungfrau, weil ich immer nur dich wollte. Weißt du, mein Körper ist unzertrennlich mit meinem Herzen verbunden. Dem Mann, der mein Herz besitzt, schenke ich meine Unschuld. Und der Mann, der meine Unschuld besitzt, dem gehört mein Herz. Ich will für den Rest meines Lebens nur einen einzigen Mann lieben.“ Sie hatte den Blick gesenkt, doch Aryan nahm ihr Gesicht in seine großen Hände und lächelte sie voller Zärtlichkeit an. „Das ist ein wunderschönes Geschenk.“ Zärtlich strich er ihr die Haare aus der Stirn, um sacht die Lippen drauf zu legen. Mit glühendem Blick ergriff er ihre Hand und hauchte einen Kuss auf die Innenfläche. „Gute Nacht, meine unschuldige Nachtigall. Träum süß.“ Dann verschwand er in der Dunkelheit. Zitternd sank Yami auf den Boden, ihre Knie trugen sie nicht mehr. Die Stimmen ihrer Schwestern rissen sie aus ihrer Starre. „Meine Güte, dieser Kitsch hätte von meiner Feder stammen können“, schwärmte Yoko entzückt. „Romantischer hätte ich es kaum schreiben können.“ „Mäuschen, er hat dir die Stirn und die Handinnenfläche geküsst!“ Yuki war fassungslos. „Ein Stirnkuss bedeutet, dass er mich beschützt“, murmelte Yami, immer noch völlig verzaubert. „Und die Handinnenfläche bedeutet, dass er dich begehrt, weißt du das nicht?“, platzte es aus Yuki heraus. „Begehren, wirklich? Vielleicht weiß er das nicht.“ „Unser Aryan? Natürlich weiß er es!“ „Glaubt ihr, er liebt mich?“ Hoffnungsvoll schaute sie hoch und drückte die geküsste Hand fest an ihr Herz. „Es sieht ganz danach aus. Hast du denn nicht gehört, was er gesagt hat. Er träumt sogar jede Nacht von dir und wir wissen, er übertreibt nie. Frag Aani, er erzählt ihr doch immer alles. Doch das wichtigste wissen wir nicht.“ „Was?“ „Du hast doch vorhin Inuyasha gesehen“, erinnerte sie Yuki. „Das war der Wahnsinn! Wenn Aryan auch nur annähernd an ihn heranreicht... Wie groß ist wohl Aryans - “ „Du bist unmöglich!“, kreischte sie errötend. Sie hatte es gewusst! „Und du klingst gerade ganz wie Aani. Gib zu, du fragst dich das auch die ganze Zeit!“ „Ja, na und? Ich bin nun mal scharf auf ihn! Aber glaubt ihr, Aani hat Inuyashas Anblick gefallen?“ „Sie sehnt sich so schon nach ihm... Jetzt jedenfalls wird sie sich noch mehr nach seiner Nähe sehnen.“ Leider war dem genauso. Denn in dieser Nacht träumte sie wieder ihren üblichen Traum von ihm... an die Wand gepresst, seinen heißen, sündigen Berührungen hilflos ausgeliefert. Und diesmal endete der Traum nicht, bevor er sich nicht nahm, was er wollte, was sie ihm geben wollte... Inuyasha hörte ihr leises Keuchen. Er konnte jedoch nicht unterscheiden, ob es lustvoll, oder ängstlich war. Aber es erregte ihn ungemein und deswegen konnte er die halbe Nacht nicht schlafen. Umso missmutiger war er am nächsten Morgen. Von dem Plan, heute zum See zu gehen, war er gar nicht begeistert. Die Begründung der Drillinge - nackig sein bringt Sonnenschein - stimmte ihn auch nicht um. „Dir wird es gefallen. Genieße einen freien Tag“, munterte ihn Aryan auf, der Yami im Arm hielt und den Kopf gegen ihren gelehnt hatte. Irgendwie waren die beiden noch vertrauter als sonst. „Keine Lust.“ „Willst du uns denn nicht beim Baden zusehen?“, kicherte Yuki. „Euch will ich nicht mal angezogen sehen, geschweige denn nackt!“ „Auch Aani nicht?“ Er verschluckte sich an seinem Frühstücksomelette. Auf die Idee, dass Anjaani dort ebenfalls halbnackt herum lief, war er nicht bekommen. Er erinnerte sich noch allzu genau, als er sie das letzte Mal im Bikini gesehen hatte. „Welchen Bikini ziehst du an, mein Herz?“ „Ich habe nur den weißen“, wunderte sich Anjaani. „Das weißt du doch.“ Yoko beugte sich zu Inuyasha. „Erinnerst du dich an ihren weißen Bikini mit den goldenen Verzierungen? Yuki-Hase hat ihn entworfen und ich habe ihn genäht. Erinnerst du dich auch, wie gut er ihr steht? Es passt zu ihr, so unschuldig und doch aufreizend, sie sieht darin aus wie die reine Sünde. Und Aryan wird sie so sehen“, flüsterte sie ihm so leise zu, dass es sonst niemand hörte. Inuyashas Besitzinstinkt erwachte. „Ich freue mich so, dass du mitgekommen bist, Inuyasha“, lachte Anjaani wenig später. Er antwortete nicht. Aryan, dieser Verräter, hatte zu tun und ließ ihn allein mit Anjaani und den ebenso halbnackten Nervensägen, die ständig heimliche Blicke auf seinen Schritt warfen. Er schwor sich, würden sie auch nur ein Wort darüber verlieren, er würde sie umbringen! Doch Inuyashas nackter Oberkörper lenkte sie dann ab. Anjaanis beruhigendem Energiestoß hatte er es zu verdanken, dass die Mädchen sich nicht auf ihn stürzten, wie sie es sonst immer versuchten. Aber er war nicht der einzig begehrte. Auch die Drillinge wurden von Männern angestarrt. Ihre farblich abgestimmten Bikinis begeisterten so manches männliches Individuum. Anjaanis war dennoch der schönste, weil nichts mit ihrem Körper mithalten konnte. So langsam bereute er es. Könnte er denn den ganzen Tag Anjaanis Anblick ertragen? Anfangs hatte die Aufmerksamkeit aller weiteren Badegäste ihm gegolten. Die Kameras rissen sich aus sicherer Entfernung um Fotos seiner Erscheinung in Badehosen. Doch als Anjaani sich auszog, stand sie im Mittelpunkt. Er konnte es keinem verübeln, sie war makellos. Und genüsslich streckte sie sich neben ihm im Gras aus. Yoko und Yuki gingen ihm aber gehörig auf den Geist. „Geh mit uns ins Wasser, Inuyasha!“ „Nein! Nicht mit euch!“ „Yami-Maus, sag was!“, befahl Yoko. „Yami?! Wieso bist du nicht ausgezogen? Ich will dich in meinem Bikini sehen!“ „Yami, das ist meine Arbeit! Nimm die Finger von meinem Schätzchen!“, entrüstete sich Yuki. Yami, die gerade Anjaanis makellosen Rücken mit Sonnenöl einrieb, trug immer noch ihr grünes Strandkleidchen. Sie wollte mit ihrer Enthüllung auf Aryan warten. „Es war ein Kuss in die Handinnenfläche“, erzählte sie gerade begeistert. „Wirklich? Unser Aryan? Die Innenfläche?“ Anjaani konnte es kaum glauben. „Das bedeutet, dass er dich begehrt.“ „Wieso bin ich die einzige, die das nicht weiß?“ „Ach deshalb seid ihr zwei so herzlich heute. Wetten, ihr kommt noch heute zusammen! Immerhin hat er dir schon fast eine Liebeserklärung gemacht, wenn er sagt, dass er jede Nacht von dir träumt.“ „Vergesst Aryans Verhalten“, beschwerten sich ihre Schwestern. „Sagt Inuyasha, er soll mit uns ins Wasser!“ Die Drillinge zerrten vergeblich an seinen Armen. „Jetzt komm schon! Lass uns schwimmen!“ Im selben Moment erschien Aryan, bereits in Badehose, was den Drillingen die Sprache verschlug und ihre Aufmerksamkeit endlich von Inuyasha ablenkte. Yami blieb die Luft weg, erst recht, als er sie so halbnackt zur Begrüßung umarmte. Die warme Haut, die harten, definierten Muskeln an ihrem Körper... Yami musste sich daran erinnern, zu atmen. Aufgrund von Aryans Job, seiner enormen Stärke und seiner körperlichen Verfassung, waren diese Muskelberge vorauszuahnen. Sie hatte sie schon oft gespürt, immer wenn sie ihre Hand an seiner Schulter, seiner Brust hatte. Oder in seinen Sixpack gekrallt, wenn sie hinter ihm auf dem Motorrad saß. Aber es zu sehen, nicht nur als Umrisse unter seiner Kleidung angedeutet, war etwas ganz anderes. Er war unglaublich! Und stand Inuyasha in nichts nach. So wie es sich für einen so jungen General gehörte. Anjaani, neben die er sich setzte, schien gar nicht zu bemerken, wie scharf er aussah. Bei Inuyasha hatten sich ihre Wangen rosa gefärbt, doch bei Aryan war gar keine Reaktion. So, als wäre er gar nicht halbnackt. Fand sie ihn wirklich nicht so erotisch? Er war das Sinnbild eines griechischen Gottes! So einen schönen Männerkörper hatte sie noch nie gesehen, er war unglaublich! Schöner als sie es sich vorstellen konnte. Er selber schien ebenfalls Anjaanis perfekte Weiblichkeit nicht zu bemerken. Sie war das Gegenstück zu ihm. Anjaanis Anblick reizte ihn also gar nicht? Zufrieden legte sie sich neben ihn hin, zog ihr Kleid auf verführerische Art und Weise aus, und begann ihre Beine einzucremen. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie seinen Blick, der immer wieder zu ihrem Körper huschte. Genussvoll rieb sich Yami ein, sah ihn plötzlich offen an. Schnell wandte er den Kopf weg und Yami jubilierte. Aryan hatte sie angestarrt und nicht Anjaani! Ihr Körper reizte ihn! Juchu! „General Suraj“, hauchte sie unschuldig und sah ihn keck an. Sie wusste, dass er diesen Blick liebte. „Cremst du mir bitte den Rücken ein?“ Seine Augen blitzten auf, doch er nickte freundlich wie immer. Seine warmen, starken Hände schienen ihre zarte Haut regelrecht zu verbrennen. Yami biss sich auf die Lippen, um ja keinen verräterischen Laut von sich zu geben. Doch, dass ihr Körper reagierte, konnte sie nicht verhindern. Obwohl er nur ihren Rücken einrieb, bekam sie überall Gänsehaut. Aryan war so feinfühlig wie Anjaani. Er wusste bestimmt, welche verbotenen Gefühle er in ihr weckte. Als seine Finger ihren Nacken berührten, zuckte sie zusammen und seine Hände lösten sich von ihrer Haut. „Ich will ins Wasser“, murrte Inuyasha. „Ich komme mit“, sagte Aryan hastig und sprang auf. „Warte auf mich“, rief Yoko und folgte ihm schnell, bevor der Hanyou auch nur einen Finger rühren konnte.. „Inuyasha und ich bleiben hier liegen“, grinste Yuki und streichelte seinen Arm. „Verschwinde!“ Und weg war sie wie ein blauer Blitz. „Warum gehst du nicht?“, beschwerte er sich bei Yami. „Und warum grinst du so?“ Als Yami nur den Kopf schüttelte, antwortete Anjaani. „Hast du nicht gemerkt, wie gefesselt Aryan von ihrem Anblick war? Er ist ins Wasser gerannt, um sich abzukühlen. Der Ärmste ist unschuldig. Du hast ihn mit dem eincremen überfordert. Der arme Aryan spürt doch sonst kein Verlangen.“ „Aber die sehen doch alle gleich aus“, wunderte sich Inuyasha. „Warum machen ihm die anderen nichts aus?“ Die Blicke der Frauen ließen ihn zusammenzucken. Yami stand wütend auf und stampfte davon. Jetzt war er allein mit Anjaani. Naja, fast. Wenn man das Klicken der Paparazzi- Kameras ignorierte. „Das war ziemlich gemein gewesen“, rügte ihn Anjaani. „Ich habe doch nichts Schlimmes gesagt!“ „Ok, ich erkläre es dir so. Wie würdest du reagieren, wenn ich zwischen dir und Raj keine Unterschiede setze, weil ihr gleich ausseht?“ Inuyasha reagierte sofort, ohne zu überlegen. „Das ist ja beleidigend!“ „Und genau das hast du gerade mit Yami getan. Sie ist eine eigene Persönlichkeit. Die Drei wollen nicht in einen Topf geworfen werden. Was meinst du, warum jede eine andere Frisur hat? Es ist nicht egal, ob sich Aryan für sie interessiert, oder für Yuki oder Yoko. “ „Jedenfalls ist sie gut für ihn.“ Entgeistert setzte sie sich auf. „Du magst Yami?!“ „Sie nervt nur ein bisschen weniger als die anderen Nervensägen!“, verteidigte er sich hitzig. „Ich bin überwältigt!“, hauchte Yamis schöne Stimme hinter ihm. „Danke, Inuyasha!“ Er drehte nur den Kopf weg. „Geh zu Aryan“, murrte er. „Wer weiß, was die zwei Verrückten mit ihm anstellen.“ Das ließ sich Yami nicht zwei Mal sagen. „Du scheinst ja gar nichts mehr gegen Aryan zu haben“, bemerkte Anjaani gut gelaunt. Er zuckte nur die Schultern. Yami hatte ihm deutlich erklärt, dass sie Aryan haben wollte und alles dafür tun würde. Also war er kein Kontrahent mehr. Außerdem half sie ihm dabei, Anjaanis Herz zu gewinnen. „Er ist ein nicht zu unterschätzender Kämpfer und macht seine Sache gut. Jedenfalls für einen Menschen.“ Es war unnötig zu erwähnen, dass Aryan seinen Respekt und sein Vertrauen gewonnen hatte. „Das freut mich, Inuyasha. Ich mag diese ständigen Streitereien nicht. Du bist richtig süß, wenn du so freundlich bist.“ Er drehte sich auf die Seite und suchte ihren Blick. Sein Lächeln ließ seine Augen strahlen. Anjaanis Herz blieb stehen. „Guck nicht so!“, schnappte sie nach Luft. Er intensivierte seinen Blick. „Wie?“ „So voller Feuer und Begehren, als würdest du mich mit Haut und Haaren verschlingen wollen...“ Doch sie sprach es nicht aus. „Sonst reagierst du wütend, wenn ich dich süß nenne!“ „Aha.“ „Und lass dieses Aha!“ Ihre Stimme wurde schrill. „Lass uns bitte ins Wasser gehen“, bat sie dann wieder sanfter. „Ich muss mich nämlich abkühlen.“ Seine Augen hatten ihren Körper erhitzt. Wie ein Flüstern schlüpfte ihre Hand in seine, und er spürte, wie er bei ihrer Berührung zusammenzuckte. Ohne Worte ließ er sich von ihr mitziehen. Das Wasser war erfrischend kalt und kristallklar. Mit einem Seufzer des Wohlgefühls ließ sich Anjaani hineingleiten. Sie liebte diesen See. Er war ihr vertraut wie ihre eigene Wohnung. Als sie sich umsah, war Inuyasha verschwunden, doch sie entdeckte die Drillinge am Felsen mitten im See. Die goldenen Perlen an ihrer Badebekleidung glitzerten hell in der Sonne. Aryan war von ihnen umzingelt. Laut rief sie nach ihm und winkte, als er sich zu ihr um wandte. Doch in dem Moment wurde sie unter Wasser gerissen. Starke Arme umschlangen fest ihre Taille, sie spürte jeden Muskel seines heißen Körpers an ihrem Rücken. Und unter Wasser drehte Inuyasha sie zu sich um. Als sich sein Gesicht dem ihren näherte, stieß sie ihm die Faust in den Magen und trieb ihm die Luft aus der Lunge. Der Hanyou ließ hastig von ihr ab und sie flüchtete, in dem festen Glauben, gerade einem Kuss entflohen zu sein. Prustend und keuchend tauchte Inuyasha auf. „Aani hasst es, wenn man sie unter Wasser zieht“, wurde er von Yuki belehrt. „Das habe ich selber gemerkt, danke“, spie er sarkastisch aus. „Wo ist sie hin?“ „Über alle Berge. Unter Wasser erwischt du sie nicht. Da! Da ist sie.“ Inuyasha sah in die gezeigte Richtung und verschluckte sich fast wieder am Wasser. Sie stand am Ufer! Stolz und wunderschön und ihn auslachend. Wie war sie so schnell dahin gekommen? Knurrend watete er aus dem Wasser, direkt auf sie zu. Als sie seine grimmige Miene erkannte, fuhr ihr der Schreck in die Glieder. Schneller, als sie schauen konnte, stand er vor ihr. Sein wölfisches Grinsen löste die Starre ihrer Beine und sie nahm Reißaus. „Hey, bleib stehen!“ Er rannte ihr hinterher. „Nein!“, kreischte sie lachend. „Bleib weg!“ Die Drillinge und Aryan beobachteten vom Wasser aus die Verfolgungsjagd. „Es ist schön, wenn Aani so ausgelassen lacht“, seufzte Yuki. „Wer weiß, wie lange noch, wenn Inuyasha sie erwischt.“ „Der gibt sich aber nicht Mühe, sie zu schnappen.“ „Inuyasha ist ein Raubtier“, schmunzelte Aryan. „Er genießt es als Jäger mit seiner Beute zu spielen, sie immer wieder in die Enge zu treiben, bevor er - was?“ „Das war das erste Erotische, was ich aus deinem Mund gehört habe“, hauchte Yami entzückt. „Was machst du nur mit mir? Gott bewahre mich vor deinem Einfluss“, stöhnte er gespielt qualvoll auf, strich ihr dabei zärtlich die Fransen aus der Stirn. „Gott bewahre Aani vor Inuyasha... und vor den Fotografen, die sie beobachten.“ Doch Anjaani war dies egal. „Hör auf damit“, rief sie ihm kichernd zu. Langsam ging ihr die Puste aus. Er jedoch war fit und kam immer näher. „Gleich hab ich dich!“ Sie schrie auf, als er sie erwischte. Inuyasha riss sie an sich... „Saajan!“ Schreiend klammerte sie sich an ihn, als sie ins Wasser fielen. Triumphierend rollte er sich auf sie, richtete den Oberkörper auf und drückte ihre Handgelenke in den Sand. „Lass mich los, ich ertrinke noch!“ Sie wand sich und das flache Wasser schwappte über ihren Bauch. Sie bot ein atemberaubend schönes Bild. Das schwarze Haar schwamm auf dem Wasser, und ihr nasser, goldener Körper schimmerte wie mit Diamanten bedeckt im Licht der hellen Sonne. Das Feuer der Begierde bemächtigte sich seiner mit voller Gewalt, weswegen er sein Becken wegdrehte. „Du hast mich Saajan genannt“, knurrte er triumphierend. „Inuyasha, die Leute starren!“, flehte sie leise und versuchte sich seinen Händen zu entwinden. Endlich löste er sich von ihr. „1 zu 1 für mich“, schnaubte er grinsend. „Das war die Rache.“ „Das war eine blöde Rache“, beschwerte sie sich und zupfte ihr Oberteil zurecht. „So?“ Er trat näher an sie ran. „Soll ich dich küssen?“ „Was?!“ Ihre Augen vergoldeten sich schlagartig. „Wäre das eine bessere Rache?“ Hastig wandte sie ihm den Rücken zu. „Ich geh nicht mehr mit dir ins Wasser“, fauchte sie und ging zu ihrem Platz zurück. „Du hast anscheinend zu viel davon geschluckt!“ Inuyasha, der ihr dummerweise folgte, statt zu den anderen zu gehen, schluckte, als er sah, wie sie sich auf ihrem Handtuch räkelte. Augenblicklich plumpste er hin. Im Wasser konnte ja niemand sehen, welche Auswirkungen sie auf seinen Körper hatte, doch hier... „Ist dir kalt?“, fragte er, als er die gerötete Haut an ihren glatten, goldenen Schenkeln sah. „Nur ein bisschen Allergie, nicht schlimm“, antwortete sie, ohne die Augen zu öffnen. „Wo schaust du eigentlich hin?“ „Ich schaue nirgends hin“, verteidigte er sich sofort hitzig. Ihre Augen öffneten sich und offenbarten einen schelmischen Glanz. „Möchtest du mich denn abtrocknen?“ Inuyasha riss die Augen auf und wurde knallrot, was ihr ein herzhaftes Lachen entlockte. „Siehst du? Was du kannst, kann ich auch. Also reiz mich nicht.“ Er beugte sich näher zu ihr. „Und wenn ich dich reizen will?“ „Wieso müsst ihr Dämonen alles als Herausforderung sehen?“, seufzte sie genervt und verbarg den goldenen Glanz ihrer Augen. „Alles ist für dich ein Wettbewerb, in dem du dich messen kannst, nicht wahr?“ Inuyasha schluckte die Proteste herunter, die sich in seiner Kehle gesammelt hatten. „Jedenfalls wäre es das richtige, wenn du mich mal wieder ärgerst.“ Anjaani richtete sich erschrocken auf, sofort seine Gedanken erratend. „Du würdest es nicht wagen mich zu küssen!“ „Wenn du mich ärgerst, oder um einen Streit zu beenden“, meinte er nur gelassen. Anjaani kniff die Augen zusammen. „Weißt du, dass du wie Yami klingst? Hat sie dir diese dumme Idee in den Kopf gepflanzt?“ Der Magen zog sich ihm krampfhaft zusammen, doch äußerlich zog er nur eine Grimasse. Nicht nur, dass sie die Drillinge in und auswendig kannte, sie schien sogar perfekt zwischen ihnen unterscheiden zu können. „Ich habe so schon mal einen Streit beendet“, erinnerte er sie mit leiser Stimme. Triumph erfasste ihn, als er sah, dass auch sie sich daran erinnerte. „Das ist eine unfaire Anschauung deiner Überlegenheit“, knurrte sie. Inuyasha riss die Augen auf. „Weißt du, dass du wie ich klingst?“ Anjaani lachte laut los und es war so ansteckend, dass er mit einstimmte. „Ich gebe dir eine Millionen Yen, wenn du mir verrätst, wie du das machst, mein Herz.“ Strahlend sah Anjaani zu Yuki auf und wischte sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel. „Kya?“ „Wie bringst du den Griesgram da zum Lachen?“ „Es reicht aus, wenn ich dein Gesicht nicht sehen muss.“ „Inuyasha!“ „Ja, ja. Ich liebe dich auch. Gehen wir Beachvolleyball spielen?“ „Aber ich bin in Inuyashas Team“, warf Yami hastig ein. Sogar der Dämon sah sie überrascht an. Sonst mied sie seine Nähe. „Ich will nicht gegen ihn spielen“, erklärte sie. „Dann kriegen wir Aryan“, beschloss Anjaani. „Zwei Männer in einer Gruppe sind nicht fair!“ „Worum geht es hier überhaupt?“, meldete sich nun der Hanyou zu Wort. Er musste sich beherrschen, den Blick von Anjaanis Po abzulenken, als sie den Ball aus dem Picknickkorb holte, während ihm Aryan geduldig die Spielregeln erklärte. Yuki hatte ihre Finger jedoch nicht bei sich lassen können, was ihr einen Streit mit dem eifersüchtigen Inuyasha einbrachte. Eigentlich hatten alle geglaubt, Inuyasha sei Aryan zumindest ebenbürtig, doch selbst er konnte tollpatschig sein. Aber es war eine bestimmte Tatsache, die ihn ablenkte. Anjaanis Körper, der sich im Sprung streckte, ihre wippenden Brüste, die fliegenden Haare, die leicht geöffneten Lippen, aus dem ihr leiser, keuchender Atem drang. „Ich hab mich umentschieden“, motzte Yami. „Ich tausche!“ „Hey, ich muss mich erst aufwärmen“, meckerte Inuyasha, den es gehörige aufregte, dass Aryan wieder etwas besser konnte, als er. „Mir egal! Komm, Aani-Schatz, wir tauschen.“ Doch Anjaani neben sich zu haben, war noch schlimmer. Wenn ihre Hände sich streiften, sie sich in die Quere kamen und ihr Körper gegen seinen stieß. So makellose Weiblichkeit war eine Qual. Dass es Aryan ähnlich wie ihm ging, wusste er nicht, da der General undurchschaubar war. Nur Aryans süße Qual hieß Yami. Obwohl Anjaani eine größere Augenweide war, waren alle seine Sinne gefesselt von der kleinen Halbjapanerin. Er konnte einfach nicht die Augen von ihr und ihrem fast nackten Körper nehmen. Es machte ihn glücklich sie zu sehen. In ihrer Nähe wurde ihm warm und wenn sie ihn berührte, schien seine Haut regelrecht in Flammen zu stehen. Sein Leben lang hatte keine Frau sein Interesse wecken können, doch Yami hatte ihn vom ersten Moment an völlig verzaubert mit ihrer unschuldig frechen Art und ihrer wunderschönen Stimme, dass er sich ihr einfach nicht entziehen konnte. Ihr Lächeln, wenn sie ihn ansah, war unwiderstehlich. Sie hatte sogar ihr Leben für ihn riskiert. Was konnte man mehr wollen? Doch aus irgendeinem Grund wich sie seinem direkten Blick aus. Aryan hatte Skrupel, einfach ihre Gefühle zu ertasten, wie er es ganz am Anfang bei Anjaani getan hatte. Doch wenn er Yami ansah, wünschte er sich sogar, ihr sein wahres Ich zu zeigen. Aber es würde sie verschrecken. Niemand glaubte Inuyasha, wenn er davon sprach, wie brutal Aryan sein konnte. Er wollte Yami nicht dieselbe Angst einjagen, wie Inuyasha es tat. Sie schien ihn wirklich zu lieben, wenn man Anjaanis Intuition trauen konnte. Yami verehrte ihn, sie würde für ihn sterben und sie lächelte ihn an, als wäre er das Schönste auf der Welt. Fehlte nur noch eins... Wenn seine Berührung sie zittern ließ. Doch wieso vermied Yami es immer, ihm lange in die Augen zu sehen? Dabei sehnte er sich so nach einem Blick, nur ein Blick aus ihren warmen, verschmitzten Ockeraugen. Ein einziger inniger Blick. So ganz in Gedanken versunken hatte er für einen Moment das Spiel vergessen und Inuyasha gelang ein erster Punkt. Yami sah ihn von der Seite her an. Sie war hinreißend in diesem knappen, grünen Bikini, doch ihre Augen funkelten vorwurfsvoll. Als er den Blick erwiderte, wandte sie den Kopf ab und entfernte sich von ihm. „Warum schaust du mich nie direkt an?“, fragte er gerade heraus. Sie blieb stehen, ihm gegenüber. Nichts ahnend hob Yami den Kopf, um in seine Augen zu sehen. Ein Mal, tief uns innig. Nur ein einziges Mal konnte sie es doch wagen... Du gute Güte, seine Augen glitzerten regelrecht wie Smaragde in der Sonne! Und dann war es geschehen. Diese klaren grünen Kristallaugen drangen in ihre und verschmolzen mit ihnen. Sie war gefangen an seinem Blick, konnte mich nicht wehren, geschweige denn bewegen oder klar denken. Sie verschmolz mit Aryans Seele. Und für einen Augenblick glaubte sie seinen Herzschlag zu spüren, obwohl sie ihn nicht berührte. Diesen Moment hatte sie bis in die Ewigkeit nicht vergessen. „Besser so?“, hörte sie sich sagen. Ihre Stimme klang leise und schwach. Doch sie konnte nicht sagen, ob sie stotterte, zitterte, oder sonst irgendwie seine Wirkung auf sich verdeutlichte. Sie sah wie sein sinnlicher Mund sich öffnete und antworten wollte, doch die Stimmen ihrer Schwestern lenkten ihre Aufmerksamkeit ab. Zitternd atmete sie aus. Der Bann war gebrochen, als seine Augen sich von ihren lösten und Yami spürte wieder ihr Herz, das zu zerspringen drohte. Was war das gewesen? Wie kann so was geschehen? „Was war das?“, raunte Aryan ihr leise zu. Er hatte es auch gespürt? „Mäuschen, geht es dir gut?“ Anjaani schaute sie besorgt an. „Nein“, murmelte sie und rückte von Aryan weg. „Mir ist etwas schwindelig. Ich glaube, ich habe einen Sonnenstich.“ „Geh heim!“, riet ihr Inuyasha. „Ohne dich ist es schöner.“ „Inuyasha!“ „Ignoriere ihn“, beschwichtigte sie die aufbrausende Anjaani. „Es ist besser, wenn ich mich in den Schatten setzte.“ „Ich kann dich stützen“, bot sich Aryan an, der nach diesem Erlebnis gerade erst recht nicht von ihrer Seite weichen wollte. „Schämst du dich nicht? Ich bin halbnackt und du willst mich anfassen?“, erwiderte sie abwehrend, was ihr erneut sprachlose Blicke einbrachte. Aryan blickte sie überrascht an, weil er damit überhaupt nicht gerechnet hatte. Nie hatte es sie gestört, wenn er sie berührte. Aber er bestand darauf, ihr Gesellschaft zu leisten, während die anderen weiterspielten. Verstohlen betrachteten Yuki, Yoko und Anjaani die beiden. Sie saßen nebeneinander im Gras und lachten. Selbst Inuyasha entging das nicht. Yami war hübsch, gestand er sich ein, als er sie von weitem betrachtete. Eigentlich waren die Drillinge wahre Schönheiten, solange sie ihm nicht auf den Zeiger gingen. Glücklicherweise reizten sie ihn nicht. Wie konnten sie auch, fragte er sich, als er Anjaani ansah. Mit ihrer makellosen Weiblichkeit konnte niemand konkurrieren. „Ich kann nicht mehr“, keuchten Yuki und Yoko nach einer ganzen Weile Volleyball. „Schwächlinge“, kommentierte der Hanyou topfit. „Du bist ja auch ein Dämon!“ „Anjaani ist auch noch nicht erschöpft.“ „Aani hat auch weit mehr Kondition als wir! Sie ist eine Sportskanone! Außerdem ist sie auch verschwitzt.“ Anjaani, dessen Atem weitaus ruhiger ging, als der der Schwestern, nickte ihnen nur zu. Ihre Haut schimmerte feucht vom Schweiß, der ihr zwischen den Brüsten hinab rann, ihre Wangen waren gerötet und einzelne Haarsträhnen klebten an ihrem Hals. Sie roch unwiderstehlich! Mit all seiner geistigen Kraft unterdrückte er das Inferno, das seinen Körper zu verbrennen versuchte. Er schaffte es nur äußerlich. Ihr Anblick raubte ihm den Atem. Lust und Verlangen bemächtigten sich seiner so stark, dass sie ihn zu überwältigen drohten. Und es wurde nur schlimmer, als er dasselbe Feuer der Begierde in ihren goldenen Augen sah. Sein Anblick ließ sie ebenso wenig kalt. Sie durften sich nicht zu nahe kommen. Er fürchtete, eine Berührung würde zu einer Explosion führen, die seinen ganzen Verstand vernichten würde. Dieser unglaubliche Körper! Den ganzen Tag hatte er ihren fast nackten Anblick ertragen und immer mehr Begierde staute sich in ihm auf. Anjaani wich von ihm zurück, das Brennen seiner Augen lief ihr heiß den Rücken runter. „Also, ich habe Hunger“, meinte sie. „Ich wasch mich nur kurz im See.“ Inuyasha, der wusste, wie erotisch sie das tat, flüchtete schnell zu Yami und Aryan. „Habt ihr Hunger?“, fragte er. Diese schreckten auf und sahen zu ihm hoch. Die beiden waren so vertieft in ihr Gespräch gewesen, dass sie alles um sich herum vergessen hatten. „Jetzt wo du es sagst, habe ich Hunger“, bestätigte Aryan. „Na endlich!“ „Inuyasha!“ Anjaani, tropfnass, packte seine Hand, als er sich auf den Picknickkorb stürzte. „Du verhungerst schon nicht!“ Er wollte wütend protestieren, doch als er sah, was sie alles an Köstlichkeiten auf der Picknickdecke ausbreitete, lief ihm das Wasser im Mund zusammen. „Wundervoll“, schwärmte Aryan. Inuyasha bestätigte sein Kompliment mit einem Nicken, die Backen voller Essen. Besonders Aryan schien diesen freien Tag zu genießen. Normalerweise wurde er spätestens alle zwei Stunden wegen einem Dämon weg gerufen. Doch heute schien er Ruhe zu haben und er genoss es. „Diese Schokokekse sind köstlich, Aurora. Nächstes Mal helfe ich dir beim backen.“ Als er sich den letzten Keks in den Mund stecken wollte, war Yami schneller. Sie mopste das Gebäck und rannte kichernd ins Wasser. Jeder wusste, dass ihr dies eigentlich niemals gelungen wäre... „Hey!“ Aryan nahm sofort die Verfolgung auf. Lachend drehte sich Yami zu ihm um, ihr Haar wehte auf, ihre Augen strahlten. Ihr Anblick war unwiderstehlich. Aryan fasste sie um die schmale Taille und wirbelte sie herum. Glücklich lachte sie auf ihn herab. „Hey, lass mich runter!“ „Sonst tust du was?“ „Wenn du mich nicht runter lässt, gebe ich dir den Keks nicht wieder.“ „Und wenn ich ihn mir einfach hole?“ „Wehe“, kreischte sie und strampelte. Lachend ließ Aryan sie los und schwamm ihr hinterher, als sie floh. Am Felsen holte er sie ein. Er packte ihr Handgelenke und drehte sich mit ihr herum. Mit einem spitzbübischen Grinsen, lehnte er sich gegen den Stein, ihre hilflosen Entkommensversuche belächelnd. Er ließ die Hände ins Wasser sinken und Yami stützte sich auf ihn, nahm seine Hände und hielt ihn mit all ihrer Kraft gefangen. Ihre Brüste legten sich auf seinen nackten Oberkörper, ihre Schenkel pressten sich an seine Seiten. Aryan errötete, als ihr Körper ihn niederdrückte. Auf seinem Bauch sitzend, grinste sie triumphierend zu ihm hinab. Sein Versuch, sich von ihr zu befreien scheiterte, zu überrumpelt war er. „Bist wohl doch nicht so stark, Herr General.“ Doch plötzlich befreite sich seine Hand, packte ihren Nacken und Yami wurde herumgewirbelt, zärtlich gegen den Felsen gedrückt. Alles innerhalb eines Wimpernschlages. „Sei dir da mal nicht so sicher.“ Es war so schnell geschehen, dass ihr der Atem versagte. Verblüffung stand in den sonnigsten Karamellaugen der Welt. Erst, als sie seinen schnellen, warmen Atem im Gesicht spürte, bemerkte sie, wie nah sie sich waren. Aber Yami versuchte nicht, sich von ihm zu befreien, und er ließ sie nicht los. Bewegungslos starrten sie sich in die Augen, sein Gesicht schwebte nur wenige Zentimeter über ihrem. Yami versank in den berauschenden Tiefen seiner grünen Smaragdaugen. Beide waren unfähig sich zu rühren. Ein Bann hielt sie gefangen. Ein Bann, älter als die Zeit, gegen den sich niemand wehren konnte. Ein Bann, gegen den sich niemand wehren wollte. Yamis Mund öffnete sich leicht, aber kein einziges Wort erklang. Aryans glühende Augen zuckten, verharrten für den Bruchteil einer Sekunde auf ihren weichen Lippen. Ihr Atem stockte. Sein Griff wurde fester und zog sie näher zu sich, bis seine Lippen ihren so nah waren, dass sie sich fast berührten. Er wollte es. Nichts wollte er mehr, als sie zu küssen, Yami konnte sich nicht wehren, selbst wenn sie es wollte und das wusste er. Sanft berührten seine Finger ihre Lippen und sie begannen zu beben. Seine Berührung ließ sie zittern. Aryan neigte den Kopf. Yami schloss die Augen... „Ach, da seid ihr!“ Inuyashas weißer Kopf tauchte plötzlich auf und ließ sie auseinanderschrecken. Yami, im ersten Moment so erschrocken und wütend, ließ ihre Faust gegen sein Kinn krachen. „Spinnst du, mich so zu erschrecken?!“ Ehe Inuyasha antworten konnte, schwamm sie davon und rannte in Anjaanis Arme. „Aua! Habe ich etwa gestört?“, fragte er verblüfft und rieb sich das Kinn. Aryan nickte nur. „Es war fast ein Kuss! Ein Kuss!“ Yami war den Tränen nahe. „Das tut mir leid“, tröstete Anjaani sie. Inuyasha, der gerade aus dem Wasser kam, fing ihren finsteren Blick auf. Unschuldig trat er zu ihnen. „Komm mit“, packte die Inderin den Hanyou am pelzigen Ohr und schleifte ihn weg. „Ah! Aua! Lass los!“ Schmollend rieb er sich das schmerzende Ohr. „Sag mal spinnst du!“, zischte sie ihm leise zu. Drohend hatte sie sich vor ihm aufgebaut. Die blitzenden Augen, die bebenden Lippen, wütend war sie unwiderstehlich! „Was habe ich denn getan?“, brummte er leise zurück. „Du hast die zwei gestört, was wolltest du bei ihnen?“ „Ich habe sie nur gesucht. Wir essen schließlich gerade.“ „Ist dir nicht in den Sinn gekommen, dass die beiden einen Moment alleine sein wollten?“ „Oh.“ Inuyashas Wangen färbten sich rosa. „Ja! Aryan hätte sie fast geküsst und du bist dazwischen gekommen. Yami verzeiht dir das nie, sie ist stocksauer auf dich!“ „Ja, das habe ich gemerkt“, meinte er säuerlich und rieb sich das Kinn. „Geschieht dir recht“, sagte sie und ihre nassen Locken schlugen ihm ins Gesicht, als sie auf dem Absatz herumwirbelte und mit wiegenden Hüften davon spazierte. Würde es Inuyasha kümmern, was die Drillinge von ihm dachten, würde er sich an Yamis Zorn stören, doch das tat er nicht. Er genoss einfach diesen Tag im Wasser. Noch ein Mal war Anjaani zu ihm ins kühle Nass gegangen, doch die anderen waren immer in der Nähe. Wann war nur den Moment, ihr seine Gefühle zu gestehen? Doch solange sie ihn nicht Saajan nannte, konnte er es vergessen. Saajan... das war sein Zeichen. Als die Sonne tiefer am Horizont stand, kam ihm plötzlich eine unerwartete Eingebung. Sie war so brillant, dass er es Anjaani unbedingt mitteilen musste. „Was ist denn?“, fragte sie neugierig, als er sie zur Seite genommen hatte. „Ich habe eine Idee. Ihr alle findet Yamis Stimme doch so schön, oder?“ „Du hörst sie gerne, wenn du das zugibst.“ Das überging er. „Wie wäre es, wenn wir nachher in eine Karaokebar gehen? Wenn Aryan sie singen hört...“ Anjaanis Augen leuchteten auf. „Du bist ein Genie, Saajan! Wahnsinn!“ Glücklich fiel sie ihm um den Hals. Da war es, das Zeichen! „Anjaani... Anjaani, ich liebe dich.“ Kapitel 16: Saajan vs. Inuyasha ------------------------------- Anjaani hatte sich so schnell von ihm gelöst, um zu den anderen zu rennen, dass er das Gefühl ihrer Brüste an seinem Körper kaum hatte genießen können. Doch die Wirkung blieb nicht aus. In dem Moment, in dem er „Ich liebe dich“ gesagt hatte, hatte Anjaani laut nach Yami gerufen. Doch überrascht drehte sie sich zu ihm um. „Hast du etwas gesagt, Inuyasha?“ Ihrer Stimme hörte er deutlich an, dass sie seine Worte nicht verstanden hatte. Seine Augen begannen zu glühen, als er ihr flüchtig über die Wange strich. „Ich habe nichts gesagt“, antwortete er leise und wandte sich dann ab, um sich deprimiert mit den letzten Resten aus dem Picknickkorb voll zu stopfen. „Du willst in eine Karaokebar?“ Verwunderte trat Yami zu ihm und beäugte ihn misstrauisch. Sie war immer noch sauer. „Willst du etwa mit mir singen?“ „Nein“, grummelte er mit vollem Mund. „Aber Aryan.“ Yamis Augen wurden groß und dann erstrahlten sie, als sie begriff. „Wehe, du umarmst mich“, zischte er, als sie schon die Arme hob, sie dann aber sinken ließ. „Was ist denn passiert?“ Yami war sofort alarmiert. „Nichts“, wich er ihr aus. „Du bist zu ungeduldig“, tadelte sie ihn. „Warte es ab, Aani wird dich schon wieder Saajan nennen.“ „Halt die Klappe“, murmelte er nur finster. „Nur solange ich nicht in der Karaokebar bin“, versprach sie ihm. „Karaokebar?“ Aryan stand vollständig angezogen hinter ihr und unterdrückte ein Gähnen. „Bist du etwa müde?“ Yami klang überrascht und enttäuscht darüber, dass er bekleidet war. „Ein bisschen, ich war die ganze Nacht unterwegs, um einen abgetauchten Yakuza-Boss einzufangen.“ „Da kommst du hierher, um nur Dämonenjäger zu sein und bist dennoch weltweit für Sicherheit zuständig?“ „Die Regierung hat mich angerufen und gebeten. Da kann ich nicht nein sagen.“ „Wozu kannst du nicht nein sagen?“, warf Anjaani ein. „Aryan ist müde.“ Obwohl Yamis Stimme entspannt klang, spürte Anjaani ihre tiefe Enttäuschung. Sie würde ihn nie zur Karaokebar schleppen wollen, wenn er Ruhe brauchte, obwohl Aryan garantiert allen zuliebe mitgehen würde. Anjaanis Verstand schaltete sofort und lieblich lächelnd wandte sie sich an den Inder. „Du hast diese Yakuza-Bande endlich ausgelöscht, nicht wahr? Was hältst du von einem gemütlichen Karaokeabend bei mir? Wir müssen nicht in eine Bar gehen.“ „Ich gehe überall hin, wenn ich dich singen hören kann, kleine Nachtigall.“ Er warf Yami ein so glückliches Lächeln zu, dass es sie regelrecht ins Taumeln brachte. So etwas schönes hatte sie noch nie gesehen. Die Aussicht, die Stimme, die er so liebte, singen zu hören, vertrieb Aryans Müdigkeit und machte ihn munter. Aber er bot seine Wohnung an, die größer war, als Anjaanis. Aryans Wohnung hatte ein Zimmer mehr, eine doppelt so große Küche, eine extra Toilette am Schlafzimmer. Dazu kam die riesige Badewanne im Bad, in der zwei Personen Platz hatten. Obwohl Aryans Wohnung mehr Platz bot, hielten sie sich dennoch meistens bei Anjaani auf. Aber Aryan wollte diesen Abend bei sich verbringen. Anjaani konnte ahnen warum. Heute Abend wollte er zu Ende bringen, was er am See angefangen hatte. Er wusste, mit welchen süßen Worten er Yami verzaubern würde. Doch er hatte keine Ahnung, dass er am Ende des Abend ihr verfallen wird... mit Haut und Haaren. Anjaani lächelte ihm nach, als er die Drillinge nach Hause begleitete, um deren Karaokemaschine zu holen. Sie selbst ging mit Inuyasha in die entgegengesetzte Richtung davon. In dem Moment, in dem er die Gefahr roch, spürte sie sie. „Inuyasha!“ „Bleib hinter mir“, warnte er und schob sich vor sie. Er zog sein magisches Schwert in einer fließenden Bewegung. Die beiden Dämonen, die direkt vor ihm auftauchten, sahen wie 10-jährige Kinder aus, doch Anjaani spürte, dass sie weit gefährlicher waren, Inuyasha jedoch kräftemäßig weit unterlegen. Ihr Hundedämon spielte mit ihnen. Sie sah den Ausdruck des Genusses in seinen funkelnden Augen und verspürte Mitleid für die Youkais. „Inuyasha, mir wird kalt!“ Er ignorierte sie die ganze Zeit, befriedigte den Jäger in ihm. Anjaani fror, wollte unbedingt nach Hause. Aber ihr Jagdhund spielte mit zwei kleinen Rehen. Alleine gehen konnte sie nicht, weil sie sich im Dunkeln fürchtete. Irgendwann hatte sie die Nase voll. „Saajan!“, schrie sie schlussendlich. Verblüfft wandte er sich ihr zu, die Youkais im Rücken. Ohne zu zögern griff einer an. Inuyasha spürte die gewaltige Energiewelle des Dämons, die ihn zu zerreißen schien. Inmitten seiner Schreie, drang Anjaanis Schrei durch mit einer gewaltigen warmen Energie. Dann war alles vorbei. Zitternd sank er auf die Knie, schweißgebadet, geschwächt. Sie war sofort an seiner Seite. Keuchend suchte er ihren besorgten Blick. Er musste nichts sagen, sie antwortete sofort auf seinen Gesichtsausdruck. „Die Dämonen sind tot. Ich habe sie praktisch pulverisiert. Meine Wut kochte hoch und meine Energie entfesselte sich. Ich dachte, es zerreißt dich!“ „So habe ich mich auch gefühlt“, gestand er mit etwas kräftigerer Stimme. „Du meine Güte!“ „Was ist los?!“ Von ihrem Schrei alarmiert, sprang er auf. Sie hob etwas auf, was anscheinend zu seinen Füßen gelegen hatte und als sie sich aufrichtete, traf ihn der Schlag: Sie hielt ein Baby in den Armen! Ein nacktes Baby mit kleinen Hundröhrchen und zartem, weißen Flaum auf dem Köpfchen. Inuyasha war so verdutzt, dass ihm die Worte fehlten. Doch als er Anjaanis Gesichtsausdruck sah, und die Zärtlichkeit, mit der sie den Säugling an sich drückte, überschlug sich sein Herzschlag. „Ein kleiner Junge“, hauchte sie, so weich, als könnte selbst ihre Stimme den Kleinen verletzen. Und plötzlich öffneten sich die Äuglein. Anjaanis Atem stockte. „Inuyasha! Das bist du!“ „Was?!“ „Dieser kleine Junge bist du! Widersprich nicht!“, mahnte sie, als er protestierend den Mund öffnete. „Das bist du, ich kenne deine Augen. Und da ist das Muttermal, das du auf deiner linken Schulter hast. Anscheinend hat dieser kleine Youkai dir etwas genommen.“ „Deshalb habe ich mich gefühlt, als würde ich auseinander gerissen werden.“ „Aber was genau hat er dir jetzt genommen? Etwa das Kind in dir? Sozusagen deine Kinderseele?“ „Ich weiß es nicht“, brummte Inuyasha missmutig. Anjaani hatte ihm die ganze Zeit über keinen Blick gegönnt. Ihre Augen ruhten auf dem Baby-Inuyasha in ihren Armen. Der Kleine gluckste fröhlich zu ihr hoch und streckte die Ärmchen nach ihr aus. „Gehen wir nach Hause“, hauchte sie überwältigt. „Du willst das doch nicht etwa mitnehmen?“ „Das bist zufällig du!“, zischte sie giftig. „Wir müssen überlegen, wie wir diesen Fluch rückgängig machen.“ Knurrend schwieg er und trottete ihr hinterher. Daheim kleidete sie „Inu-chan“ ein. „Woher hast du die Windeln und die Baby-Kleidung?“, wollte der große Inuyasha misstrauisch wissen. „Wir haben vor kurzem noch ein Baby erwartet“, lachte sie und drückte das fröhlich glucksende Kind an sich „Aber sie sind rosa!“ „Na und? Warum stört es dich? Schau nicht so, Inu-chan macht es nichts aus, rosa Klamotten anzuziehen. Nicht war, mein Süßer!“ Sie sah so glücklich aus... Inuyasha war schon fast dankbar, als sie Aryans Wohnung betraten, denn die Drillinge würden das kleine Monster bestimmt für sich beanspruchen. Ihre Gesichter, als sie den Säugling sahen, waren so verblüfft, dass Inuyasha und Anjaani sich das Lachen nicht verkneifen konnten. „Kann ich ihn mal halten?“, fragte Yoko glühend. „Lass bloß die Finger von dem Monster“, riet ihr Inuyasha. „Das bösartige Biest will nicht von Anjaani weg. Es hat versucht mich zu beißen! Dabei hat es noch nicht mal Zähne, der Rotzlöffel!“ „Du weißt schon, dass du da von dir redest“, schmunzelte Aryan. „Und seit wann sorgst du dich um mich?“ Yoko war fassungslos. Inuyasha behielt Recht. Als Yoko sich näherte, wandelte sich die Miene des Kindes in eine grimmige Fratze und es fauchte bedrohlich. Yoko zuckte zurück. „Also, wenn ich nicht wüsste, dass du das bist, wäre es mir spätestens jetzt klar.“ „Du hast dich seit dem Säuglingsalter nicht verändert“, grinste Yami. „Inu-chan ist kein Säugling“, widersprach Anjaani. „Er ist mindestens 12 Monate alt. Schau, er steht schon alleine.“ Inu-chan schwankte zwar auf seinen Beinen, doch er blieb stehen, wandte Anjaani das Köpfchen zu und strahlte sie mit zuckenden Öhrchen an. Die Frauen verfielen in verzücktes Gekreische. „Wir müssen den Fluch rückgängig machen. Irgendwo dort draußen rennt bestimmt noch so ein Youkai dieser Art herum und wird seine Freunde rächen wollen.“ Inuyasha hatte sich an Aryan gewandt. Dieser nickte. „Ich bin bereit. Sollen wir gleich los?“ „Wartet“, bat Anjaani. „Es ist schon spät. Könnt ihr das nicht morgen machen? Aryan-nii. Du bist doch müde.“ Aryan schüttelte verneinend den Kopf. „Je länger der Kleine bei dir ist, Aurora, desto schwerer wird es dir fallen, ihn loszulassen.“ „Du hast recht“, gab Anjaani nach und wollte Inu-chan gerade Aryan überreichen. „Aber haltet euch bitte nicht so lange auf.“ „Mama!“ Anjaanis Arme erstarrten auf halben Weg. Mit stockenden Atmen sah sie Inu-chan an. Lächelnd legte er ein Händchen an ihre Wange und wiederholte mit weicher, hoher Stimme: „Mama!“ „Oh, nein“, murmelte Aryan. In Anjaanis Augen bildeten sich Tränen und sie drückte den Kleinen besitzergreifend an sich. Inuyasha hätte es das Herz zerrissen, sie jetzt von dem Kind zu trennen. „Gewitzter Bengel“, raunte ihm Aryan zu. „Wie meinst du das?“ „Ich bin mir sicher, dein Kinder-Ich wusste, was wir vorhaben und hat dies soeben geschickt verhindert.“ „Es wird Anjaani nur mehr wehtun, je länger der Kleine bei ihr ist.“ „Ich weiß. Aber gönne ihr diesen einen Abend.“ „Was soll denn dieser Stimmungswechsel?“, knurrte Inuyasha erbost. „Schau sie dir an“, forderte Aryan ihn auf. „Hattest du nicht immer das Gefühl, Aurora würde irgendetwas fehlen? Als wäre sie im Herzen nie vollständig?“ Der Hanyou nickte. Ja, das Gefühl hatte er auch. „Und wenn ich sie jetzt ansehe, habe ich das Gefühl, sie ist vollkommen. Anscheinend hatte sie euer Ungeborenes mehr geliebt, als wir gedacht haben.“ Schmerz durchzuckte den Hundedämon. Man sah ihr ihre inneren Qualen nicht an, mal wieder... „Ich bin mir nicht sicher“, riss ihn Yoko aus seinen Gedanken. „Worin?“, wollte Aryan wissen. „Na, ob das, was ihr fehlt, ein Kind ist“, erklärte Yoko. „Oder einfach nur ein Inuyasha, der sie liebt und sie anstrahlt, statt sie anzuknurren.“ „Halt die Klappe“, zischte Inuyasha. „Sie hört dich noch!“ „Das bezweifle ich“, lachte Yami und deutete auf die frischgebackene Mama. Die saß übers ganze Gesicht strahlend auf Aryans Sofa. Der kleine Inuyasha stand auf ihrem Schoß, seine Händchen in ihren und hopste glücklich krähend auf und ab. „Ich habe sie schon drei Mal gerufen, aber unser kleiner Wonneproppen hat sie in seiner Gewalt. Wenn Aani ein Kind bei sich hat, existiert alles andere nicht mehr.“ „Aurora!“ Aryan hatte die Stimme erhoben, doch Anjaani hörte ihn nicht. „Aani“, versuchte er es mit diesem Namen. Wieder ein Fehlversuch. „Anjaani?!“, fragte Inuyasha überrascht, doch nicht annähernd so laut wie Aryan. Ihre Augen flogen zu ihm. „Ja?“, lächelte sie. „Hast du was gesagt?“. „Leg den Kleinen weg, wir wollen singen.“ Anjaani erhob sich anmutig und drückte ihm den Mini-Hanyou in die Hände. „Gut, halt ihn bitte kurz.“ Völlig überfordert hielt er das Kind in den Händen. „Hey, was soll ich denn damit?!“ „Ich hole Inu-chan etwas zum Essen“, rief sie aus Aryans Küche. Hilflos starrte er das Kleinkind an. Inu-chans fröhliches Gesicht war finster geworden und ein kleines, hohes Knurren drang aus seiner Kehle. „Pah, ich kann das besser!“ Als hätte er die Worte verstanden, fing der Kleine zu brüllen und zu zappeln an. Verzweifelt hielt Inuyasha ihn Aryan hin. „Nimm du das Monster!“ Doch Aryan hob abwehrend die Hände. „Da er du ist, wird er mich noch weniger mögen.“ „Anjaani!“ Inuyasha hatte Mühe, das Gekreische des Babys zu übertönen. In Aryans übergroßer Schürze erschien sie im Türrahmen des Esszimmers. Inu-chan beruhigte sich augenblicklich und streckte ihr die Ärmchen entgegen. Doch Anjaani nahm in gegen aller Erwartungen nicht in die Arme. „Nein, Inu-chan“, sagte sie. „Du bleibst jetzt bei Inuyasha, bis ich fertig bin.“ Der Kleine brüllte wieder los. „Setz ihn bitte auf die Couch“, wies sie den Hanyou an. Inuyasha gehorchte sofort. Doch Inu-chan warf sich brüllend herum, sodass Anjaani sanft den kleinen Arm packen musste, um zu verhindern, dass das kleine Köpfchen auf den Fußboden aufschlug. „Wenn du nicht aufhörst du weinen, nehme ich dich nicht mehr. Hörst du?“ Die Drohung wirkte. „Du bist süß, aber ungezogen“, lächelte sie warm. „Es geht nicht alles nach deinem Willen, sonst wirst du noch wie Inuyasha.“ „Hey“, schnappte Inuyasha empört. „Was zum Teufel soll denn das heißen?!“ „Genau das.“ Mit diesem Vorwurf verschwand sie wieder in der Küche. Aryan lief ihr schnell hinterher. „Ich helfe dir beim Kochen, du kennst dich in meiner Küche nicht so gut aus.“ „Wir auch!“ Und fort waren auch die Drillinge. „Hey, ihr Feiglinge“, schimpfte Inuyasha. Missmutig schaute er auf sein kleines Ich hinab, dass ihn ebenfalls betrachtete und leise knurrte. Aryan, der die beiden Hanyous heimlich beobachtete, wandte sich flüsternd an die Mädchen: „Wie kommt es bloß, dass die beiden sich nicht ausstehen können? Das ist doch total widersprüchlich. Inuyasha hasst doch nicht sich selbst.“ „Ich vermute mal, dass Inu-chan sein großes Ich nicht mag, weil er mit ihm konkurriert“, antwortete ihm Anjaani. „Und dass Inuyasha unmöglich ist, ist kein Geheimnis.“ „Meinst du etwa, dass Inu-chan auf Inuyasha eifersüchtig ist?“, warf Yami mit großen Augen ein. „So sieht es aus“, bestätigte Aryan ihre Vermutung. „Er konkurriert um Aurora.“ „Ist das nicht toll“, seufzte Anjaani. „Jetzt habe ich es mit zwei eifersüchtigen Dämonen zu tun.“ Der Anblick, den die zwei eifersüchtigen Dämonen boten, war zum schießen. Inuyasha und der Kleine saßen nebeneinander auf dem Sofa und starrten sich gegenseitig finster an. Es war ein Bild für die Engel und mit Anjaanis Engelsgesicht kam für Inuyasha die Erlösung. Sie nahm das nervige Balg, um es zu füttern. Und obwohl niemand damit rechnete, nahm sie an dem Gesangsspiel teil. Auf ihr Bitten hin, ließ sich sogar Inuyasha dazu überreden zu singen, wenn auch leise und mit ihr gemeinsam, da er die hauptsächlich japanischsprachigen Lieder nicht kannte. Er besaß überhaupt kein Gesangstalent, trotz der schönen Stimme. Aryan war dafür umso begabter. Doch das kümmerte Inuyasha nicht. Heute Abend war er überraschend gut gelaunt. Er wusste, dass nicht nur Anjaanis Fröhlichkeit der Hauptgrund seiner Ausgelassenheit war, sondern die Tatsache, dass Yami singen würde. So sehr sie ihn nervte, er liebte den Klang ihrer Stimme. Es gab keinen Ton den sie nicht traf, keine Stimmlage, die sie nicht meisterte. Nie ging ihr die Puste aus. Es gab nur eines, was schöner war, als Yamis Stimme und das war Anjaani. Yami hatte als einzige kein Lied gesungen. Und Aryans Spannung wuchs. Er bat sie endlich zu singen, da er es nicht länger erwarten konnte. Innerlich triumphierend gab sie der Bitte nach. Alle Aufmerksamkeit galt der jüngsten Drillingsschwester. Sogar Inu-chan verstummte und starrte Yami an. Sie sang ein Lied, dass sie für Aryan komponiert und geschrieben hatte und ihre Stimme verzauberte den General dermaßen, dass er alles um sich herum vergaß. Er konnte sie nur anstarren und verlor sich im engelsgleichen Klang ihrer Stimme. Er hatte erwartet, dass sie wundervoll sang, schließlich hatte sie eine auffallend schöne, melodische Stimme. Doch mit so etwas Schönem hatte er nicht gerechnet. Sie brachte ihn um seinen Verstand. Es war wie ein Zauber. So sehr Anjaani mit ihrem Tanz verzauberte, so sehr verzauberte Yami mit ihrer Stimme. Nie hatte er etwas Vergleichbares gehört, nie etwas so unbeschreiblich Schönes. Und nichts gehorchte ihm mehr. Aryan verlor sich in Yamis warmen Augen, verzaubert von der schönsten Melodie, die je zustande gebracht worden war, allein für ihn. Ihre strahlenden Augen ruhten auf seinem Gesicht. Die bezaubernden Liebesworte galten ihm allein. Sie sang dieses Lied, sein Lied und berührte damit tief sein Innerstes und zerstörte den letzten, winzigen Rest an Zweifel. Würde ihre Stimme verklingen, gäbe es nur eine Sache, die diese Stille erträglich machen würde. Als Yami verstummte, durchzuckte ihn ein Schmerz, der sich sofort in süße Flammen verwandelte, als er die Lippen auf ihre senkte. Dass sich im Raum noch fünf andere Personen befanden, hatte er vergessen. Als die letzten Töne verklangen, sah sie ihn an. Überwältigt, berauscht, mit glühend roten Wangen. Nie hatte sie schöner ausgesehen. Er hörte ihr Herz, sah ihren Puls an ihrem Hals, die im gleichen schnellen Takt rasten. Sie zitterte. Als Anjaani sich erhob, blickte Yami erschrocken um sich. Nun wurde auch er sich seiner Umgebung wieder bewusst. „Es ist schon so spät“, murmelte die Inderin und gähnte überzeugend. Inu-chan war auf ihren Armen eingeschlafen. „Wir gehen jetzt Heim. Gute Nacht ihr beiden.“ Inuyasha, dem die intime Situation unangenehm war, stand sofort auf und verließ hastig die Wohnung. Doch Yoko und Yuki musste Anjaani mit sich schleifen. Aryan warf ihr noch einen letzten dankbaren Blick zu. Auf sie konnte er sich verlassen. Als Yami ungelenke Anstalten machte, sich zu erheben - denn ihre Knie zitterten wie Espenlaub - nahm er sanft ihre Hand und hielt sie zurück. „Bleib bei mir“, bat er leise. Yamis rasendes Herz setzte aus, als er sie ansah, als würde nur noch sie existieren. „A-aber, du bist m-müde u-und die anderen sind weg“, stammelte sie errötend. „Dann sind wir doch...“ Ihre Stimme überschlug sich leicht und ein verlangendes Glühen erschien in ihren Augen. „Wir sind allein...“ „Ich möchte nur dich bei mir haben.“ Sein Blick ließ sie wanken. Der Wunsch, in seinen Armen zu versinken und an seinen Lippen zu schmelzen, schmerzte fast unerträglich. Der Schmerz eines flammenden Infernos, der ihr ganzes Sein verbrannte und nach ihm verzehrte. In seinen Smaragdaugen sah sie den Triumph, als er ihre Gefühle erkannte. Seine Hand suchte ihr Gesicht, zärtlich, als könnte er sie verletzen, strich sein Daumen über ihre bebende Unterlippe. „Bist du glücklich, wenn ich bei dir bin?“ Yami schluckte. „Überglücklich...“ Aryan rutschte näher zu ihr. Sein Knie berührte ihres. „Du würdest für mich sterben?“ Yami nickte. Ihr Atem rauschte, ihre Herz raste. „Du zitterst, wenn ich dich berühre...“ Seine Stimme hatte sich zu einem erotischen Flüstern gesenkt. Gänsehaut lief über ihre Arme. Du lieber Himmel, diese Stimme! „A-Aryan...“ Ihre vibrierende Stimme war die reine Sünde. Für ihn gab es kein Zurück mehr. Er war so nah an sie heran gerückt, dass seine Lippen ihre berührten. Seine gesamte Willenskraft war notwendig, um sich jetzt nicht auf sie zu stürzen. „Du bist alles, was ich mir wünsche, Prinzessin... und noch so vieles mehr.“ Sacht schlangen sich seine Arme um ihren zitternden Körper und zogen sie an sein Herz. Ihr versagte der Atem. Ein Blick in seine glühenden grünen Augen und ihr schwanden alle Sinne. Sie war verloren. „W-was machst du mit m-mir...“ Ihre Stimme ging keuchend, so sehr hatte er ihre Sinne verzaubert, ihren Körper erhitzt, ihren Verstand benebelt. „Was machst du mit mir?“ Seine Stimme klang heiser und senkte sich zu einen kaum hörbaren Wispern. „Du hast mich verzaubert, meine kleine Nachtigall. Ich habe es versucht, aber ich kann dir nicht länger widerstehen...“ Es war unglaublich erregend, die gehauchten Worte mehr zu spüren, als zu hören. Eine nie gekannte Mischung aus Zärtlichkeit, Verlangen und Erregung breitete sich in ihr aus und ergriff Besitz von ihr. Sie drängte sich auf seinen Schoß, so nah an ihn, wie nur möglich und vergrub die Finger in seinem Haar. „Dann hör auf“, hauchte sie. „Gib einfach nach... und sei mein.“ Ihr Blick verschmolz mit seinem, ihre Seele berührte seine und raubte Aryan damit seinen letzten Funken Verstand. Der Kuss war heißer als Feuer, süßer als Honig und schöner als das Paradies. Plötzlich überschlug sich Anjaanis Herz. Sie hatte Inu-chan gerade ins Kinderbettchen im Wohnzimmer gelegt und putzte sich die Zähne, als ihre Hand reflexartig an ihre Brust fuhr. „Anjaani, was ist passiert?“ Inuyasha war sofort alarmiert. Doch auf die Art, wie sie errötete, wusste er sofort, was sie fühlte. „Die grüne Nervensäge verführt Aryan gerade?“, erriet er. „Ich weiß es nicht“, flüsterte sie und wandte den Blick ab. „Ich fühle eine gewaltige, glückliche Energie von Yami und Aryan. Eine brennende Energie.“ „Sag ich doch, sie verführt ihn gerade.“ Anjaani sah ihn an und runzelte missbilligend die Stirn. „Aryan ist auch nicht ganz unschuldig. Du hast doch selber gesehen, dass er sich nicht länger zurückhalten konnte.“ „Bäh!“, machte Inuyasha und spülte sich den Mund aus. „Hoffentlich sind sie leise. Ich habe keine Lust, die ganze Nacht wach zu liegen.“ „Rede nicht so!“, zischte sie entsetzt. „Die Drillinge färben wohl auf dich ab.“ „Rede du nicht so! Die Drillinge würden so was hören wollen! Ich nicht!“ „Es wird nichts zu hören geben, auch nicht für deine Ohren“, grummelte sie. „Aryan-nii ist anständig.“ „Er ist ein Mann“, widersprach Inuyasha und schien damit alles zu erklären. Dann stutzte er. „Aryan-nii?“ „Nii“ war die Abkürzung von „Onii“, womit man den großen Bruder betitelte. „Aryan-nii ist anständig. Er wird es nicht soweit kommen lassen, vertrau mir. Du sollst nicht immer von dir auf andere schließen.“ Inuyasha hielt den Atem an, teils vor Wut, teil vor Scham und Anjaani unterbrach das aufkommende Gewitter, ehe es losbrechen konnte: „In genau zwei Stunden wird Yami hier anrufen und jammern, dass nichts gelaufen ist. Du wirst schon sehen.“ „Ich wette dagegen. Diese lüsternen Zwerge bekommen doch immer, was sie wollen.“ Und genau zwei Stunden später klingelte Anjaanis Handy. Sie holte es unter ihrem Kopfkissen hervor... es war Yami. Sie warf Inuyasha neben sich ein selbstzufriedenes Grinsen zu. Inuyasha grummelte - gegen Anjaani sollte man nicht wetten. Sie hatte in allen Punkten Recht gehabt, er vernahm laut und deutlich jedes von Yamis Worten. Aryan hatte sie geküsst. Heiße, brennende Küsse, die ihren Verstand raubten, sie betäubten und willenlos machten. Auf seinem Sofa, an seinen starken Körper. Bis sie dann unter ihm gelegen hatte. Es waren Küsse, für die sie ihre Seele geben würde. Mehr war aber nicht passiert. Bevor sie weiter gehen konnten, hatte er sie, ganz Gentleman, nach Hause begleitet, jedoch nicht, ohne einen quälend heißen Kuss zum Abschied. Yami verzehrte sich vor bittersüßer Sehnsucht und Anjaani musste darüber lachen. „Wie hat er sich denn verabschiedet?“ „Er hat gesagt, ich verleite ihn zu Dingen, die er noch nie zuvor wollte und jetzt mache es ihn fast wahnsinnig. Und meine Unschuld sei ihm zu wertvoll. Blablabla. Irgend so ein Schwachsinn! Erst macht er mich so heiß und dann das!“ „Er musste sich beherrschen.“ Anjaanis Stimme war das Zwinkern deutlich anzuhören. „Soll er aber nicht!“, maulte Yami. „Ich will Sex! Ich will, dass er mich -“ „Yami!“ Anjaani keuchte entsetzt auf. „Darüber müssen wir nicht reden!“ „Wieso? Hört Inuyasha zu?“ „Ja! Und so was will ich nicht hören“, knurrte Inuyasha missmutig und schaltete das Nachtlicht an. „Dann rede ich eben ab jetzt Hindi, denn Aani will es hören!“ „Das glaube ich nun wirklich nicht.“ Seine unwirsche Miene wurde amüsiert. „Na, wenn du wüsstest -“ „Genug!“, unterbrach Anjaani die Freundin schrill. „Ich will Aryan!“, jammerte Yami auf Hindi. „Jetzt sofort, wild und leidenschaftlich. Heftig und -“ „Hey!“ „Ist gut, ich weiß, das wird nie was.“ „Mein Gott, du bist eine wunderschöne Frau“, knurrte Anjaani auf japanisch. „Aryan-nii ist nicht aus Stein. Er will dich genauso.“ „Aryan-nii?“, unterbrach Yami sie. „Passt zu ihm. Aber nenne ihn Aryan-nii-chan, das klingt viel süßer. Tschuldige, red weiter.“ „Ich meine, dass Aryan-nii kein gefühlloser Stein ist. Er ist auch nur ein Mann mit männlichen Bedürfnissen. Er selbst hat mir einmal gesagt, dass Begierde zur Liebe dazu gehört. Er hält sich nur zurück, weil er nicht weiß, ob er sein Verlangen bändigen kann. Wenn du es unbedingt willst, wird er dir nach ein bisschen Mühe nicht widerstehen können. Gute Nacht.“ Sie warf Inuyasha einen genervten Blick zu. „Wieso hast du das Licht angemacht?“ „Hast du gerade diesem wollüstigen Drilling Verführungstipps gegeben?“ „Ich wollte nur nicht darüber reden!“ Sie errötete deutlich. „Außerdem weiß ich nicht, wie man verführt.“ Inuyasha grinste neckisch. „Und trotzdem scheint da der Profi aus dir zu sprechen.“ „Musst du ja wissen.“ Das Grinsen verblasste sofort und heiße Röte schoss in seine Wangen. Anjaani murmelte nur ein triumphierendes „Gute Nacht“ und löschte das Licht. Inuyasha stieß tausend innerliche Flüche aus. Sie sollte doch nicht gewinnen, damn! Er wusste ganz genau, dass sie jetzt mit einem selbstzufriedenem Lächeln einschlief, direkt neben ihm, keine Armlänge entfernt. Es erstaunte ihn jede Nacht aufs Neue, wie friedlich er einschlafen konnte, ihren aufreizenden Körper so nah bei sich und ihren berauschenden Duft um sich. Wie konnte er nur Nacht für Nacht diesem schmerzenden Drang widerstehen, die Arme um sie zu schlingen und mit ihrem Kopf an der Brust gebettet einzuschlafen... oder noch Verboteneres... Wahrscheinlich würde sein Blut nie aufhören zu brennen, wenn sie bei ihm war. Eines hielt ihn davon ab, ihr zu Nahe zu kommen. Er wusste zwar nicht, was dieses Wort bedeutete, aber Anjaani war es anscheinend viel wert: Saajan. Er war nicht ihr Saajan... nicht mehr. Und solange er es nicht ist, solange gehörte sie ihm nicht. Saajan... was bedeutete das bloß? Mit diesem Wort auf den Lippen fiel er in einen tiefen, doch unruhigen Schlaf. „Saajan!“ Schreiend riss Anjaani die Augen auf, ihre Finger krallten sich in Inuyashas Arm. Kalter Angstschweiß stand ihr auf der Stirn und sie zitterte. Sofort setzte Inuyasha sich auf und zog sie an seine Brust. Leise schluchzend klammerte sie sich an ihn. „Saajan...“ „Ich bin hier. Es ist alles gut...“ Zärtlich tätschelte er ihren Kopf. Mit der freien Hand wollte er das Nachtlicht anschalten, doch sie zitterte so sehr, dass er sie festhalten musste. Ein Blick auf die Leuchtziffern des Weckers verrieten vier Uhr in der früh. „Blut... so viel Blut... Pyaara... die kleinen Ärmchen...“, schluchzte sie leise in sein Shirt. Inuyasha hob sanft ihr Gesicht an, im Mondlicht waren ihre schwarzen Augen schockgeweitet, ihr Herz schlug, als würde es jeden Moment explodieren. „Blut“, weinte sie. „Beruhige dich bitte“, flüsterte er verzweifelt. „Es ist alles gut, ich bin da.“ „Saajan!“ Ihr Schluchzen wurde nur noch lauter. So außer sich hatte er sie noch nie erlebt und fühlte sich total hilflos. Wie konnte er sie bloß beruhigen? Denn Anjaani beruhigte sich nicht, im Gegenteil sie wurde hysterisch. Das Zittern wurde stärker, ihr Weinen lauter und sie bekam keine Luft. „Blut!“, schrie sie erstickt. „Pyaara!“ „Anjaani!“ Er packte ihre Schultern und sah sie eindringlich an, doch ihre Augen sahen durch ihn durch, sahen etwas Entsetzliches, was sie in Grund und Boden erschütterte. Und ihre Qual brach ihm das Herz. Fast schon brutal presste er die Lippen an ihre, damit ihn spürte. Seine Wärme, seine Nähe und seinen Trost. Ihr Schluchzen wurde augenblicklich leiser, doch das Zittern blieb. Fest schlang er die Arme um sie, den Mund nahtlos mit ihrem verschmolzen, sank er zurück ins Kissen. Anjaani zog ihn fester auf sich, bis er komplett auf ihr lag, die Lippen öffneten sich mit einem Seufzer. „Saajan...“ „Ich bin da“, versicherte er ihr glühend. „Ich werde immer da sein, mein Engel.“ Selig lächelte sie zu ihm hoch und schloss dann die Augen. Wenige Sekunden später schlief sie friedlich. „Sag mal, Inuyasha, warum bist du so schlecht gelaunt?“ Munter lächelte sie ihn an, während sie Inu-chan fütterte. „Ich bin nicht schlecht gelaunt“, brummelte er und rührte in seinem Frühstück herum, ohne es anzurühren. Der starrte sein kleines Ebenbild finster an, da dieser sein Essen ebenfalls verweigerte. Inu-chan krallte die Fingerchen in Anjaanis Brust... Inuyasha sprang empört auf. Der Kleine wollte Muttermilch. Anjaani schob das kleine Händchen weg. „Nein, mein Mäuschen, da ist nichts. Das Obst hier ist für dich.“ Doch Inu-chan vergrub trotzig das Gesicht zwischen ihren Brüsten. Inuyashas Kopf lief rot an vor Zorn. Er packte die Hände des kleinen Hanyou. „Da gehörst du nicht hin“, grollte er. „Hör auf sie zu begrapschen, sonst beiße ich dir die Hände ab!“ „Inuyasha“, schalt sie ihn. „Er ist noch ein kleines Kind.“ „Er will dich doch nur begrapschen. Hör zu, du Hosenscheißer, das ist mein -“ Er brach abrupt ab, doch Anjaani war aufmerksam geworden. „Rede weiter“, forderte sie ihn auf. „Ich wollte nichts sagen!“ „Bist du da sicher?“ Langsam schlich sie auf ihn zu, ein hinterhältiges Grinsen im Gesicht. „Habe ich recht verstanden? Inu-chan darf mich da nicht anfassen, weil du da hin willst?“ Inuyashas Gesicht war so rot, dass es zu glühen schien. „N-nein. D-das wollte ich n-nicht...“ „Inuyasha, dir brennt die Eifersucht regelrecht im Gesicht.“ Anjaani schien ihn mit ihrem braunen Augen zu durchbohren. „Du bist so mürrisch heute Morgen und es fühlt sich so ähnlich an, wie deine Eifersucht auf Inu-chan. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass du schmollst wie ein verstoßener Liebhaber“, lachte sie laut auf. Inuyasha, ertappt und bedrängt, ging sofort in die Offensive. „Was ist Pyaara?“ Inu-chans Frühstücksschüssel, die sie in den Händen gehalten hatte, fiel und zerschellte auf dem Boden. Ihre Augen weiteten sich vor lauter Entsetzen. Der Hanyou bereute seine Worte sofort bitter. Er stand auf, trat einen Schritt auf sie zu, als die Tür aufflog und drei fröhliche Schwestern rein stürmten. Sie erstarrten auf der Stelle, als sie Anjaanis Miene sahen. „Was hast du ihr getan?“, zürnte Yuki sofort, während die anderen beiden auf Anjaani zueilten. „Nichts“, sagte Anjaani. Ihre Stimme klang weich, sie hatte sich wieder unter Kontrolle. „Aani, mein Herz, möchtest du Tee?“, fragte Yuki dann, als wäre nichts gewesen. „Ich koche uns welchen. Inuyasha, bei Fuß!“ „Ich gebe dir gleich bei Fuß“, antwortete dieser empört. Doch Yuki, die statt Empörung, rasenden Zorn erwartet hatte, packte ihn grob am Ohr. „Bei Fuß, habe ich gesagt!“ Die Küchentüre fiel ins Schloss und Inuyashas Schmerzenslaute waren nur noch schwach zu hören. „Ich habe von ihr geträumt“, sagte Anjaani leise, bevor die Freundinnen etwas sagen konnten. „Anscheinend habe ich ihren Namen im Traum gesagt und er hat es gehört.“ „Ahnt er etwas?“ „Wie denn? Mein Körper weist keine Anzeichen auf. Der Schock vom Busunfall hatte alle Spuren einer Mutterschaft getilgt... Yuki trauert immer noch darüber, dass meine Brüste so plötzlich kleiner geworden sind. Nicht lässt mehr darauf schließen...“ „Aanilein, denke nicht dran!“, mahnte Yoko. „Wir sind noch nicht bereit dafür und du am allerwenigsten“, stimmte Yami mit einem schwermütigen Lächeln zu. „Nein, noch nicht“, gestand Anjaani. „Ich darf es nicht zulassen, der Schmerz würde mich umbringen. Und Inuyasha wäre nicht bereit, mich zu fangen.“ „Na hoffen wir, dass unser Häschen ihm klar machen kann, diese Sache zu vergessen.“ „Bestimmt. Inuyasha ist seit gestern Abend so zahm.“ „Aber ich traue Yukis Hormonen nicht so recht.“ Ehe sich Inuyasha über Yukis grobe Behandlung beschweren konnte, fuhr sie ihm über den Mund. „Sprich leise“, giftete sie und hielt ihm doch tatsächlich den Mund zu. Inuyasha war so empört, dass er kein Wort herausbrachte. „Womit hast du Aani so aus der Fassung gebracht, los, sprich!“ Der Halbdämon war es nicht gewohnt, von Yuki so herablassend behandelt zu werden, das war eher Yamis Art, dementsprechend überrascht war er. Yuki erriet seine Gedanken sofort. „Überrascht, dass ich dich nicht nur anschmachten kann?“ Spöttisch hob sich eine Augenbraue. „Mein Lieber, du bist der attraktivste Mann der Welt und ich würde nichts lieber tun, als mich auf dich zu stürzen. Aber ich liebe Aani über alles und ich dulde es nicht, wenn du ihr weh tust.“ Er packte sie an den Schultern und trat unweigerlich nah an sie ran. „Ich hatte nicht die Absicht ihr weh zu tun!“, zischte er, riss aber überrascht die Augen auf, als sich Yukis hellbraunen Augen verschleierten. Sein Duft und die Hitze seines harten, männlichen Körpers löschten ihren Verstand aus. „Okay, der Hase hat nicht lange durchgehalten“, meinte Yoko trocken, als Inuyashas Gebrüll anfing. „Von wegen, er ist zahm.“ Wutschnaubend stürmte er aus der Küche, Yuki am Oberarm festhaltend. Sie hatte es tatsächlich geschafft, ihm noch die obersten drei Knöpfe seines Hemdes zu öffnen. „Er war mir zu nah“, verteidigte sich Yuki. Yami war sofort beschwichtigend zur Stelle und schleifte ihn in die Küche zurück. Yuki erntete vorwurfsvolle Blicke. „Was denn?“, meinte die schulterzuckend. „Er ist so sexy, wenn er wütend ist.“ „Also, was hast du zu Aani gesagt“, zischte Yami ihn an. „Hoffentlich kann ich mit dir ein vernünftiges Gespräch führen“, knurrte er genervt. „Sei nicht zu streng zu Yuki. Sie hätte sich beherrschen können, wenn du ihr nicht so nahe gekommen wärst. Sie steht nämlich auch immer auf Aanis Seite“, belehrte sie ihn. „Sie wird sich gegen dich wenden, wenn du Aani was tust... selbst wenn du nackt vor ihr stehen würdest... naja, darüber wäre ich mir nicht sicher“, zwinkerte sie. „Also, was hast du zu ihr gesagt?“ „Sie hatte einen Alptraum in der Nacht und „Pyaara“ geschrien. Was ist „Pyaara“?“ Dass er sie getröstet hatte, sich von seiner Leidenschaft hatte mitreißen lassen und dass Anjaani mitten im erotischen Geschehen eingeschlafen war, verschwieg er dem Drilling. Yami war bei seinen Worten bleich geworden. „Du hast sie danach gefragt?!“ Wie hypnotisiert machte sie sich am Wasserkocher zu schaffen. Erst, als der Tee langsam zog, richtete sie wieder das Wort an ihn. Sie war ernst und gefasst. Fest sah sie ihm in die Augen. „Erwähne diesen Namen nie mehr“, bat sie. Er runzelte verwirrt die Stirn. „Pyaara ist ein Name“, wiederholte er langsam. „Genau. Das ist Hindi und bedeutet „geliebt“, oder „lieb und teuer“. Ich bitte dich, nein, ich flehe dich an! Du darfst dieses Wort nie wieder sagen, bis Aani es dir nicht von selbst erzählt. Wenn wir Hindi reden, vermeiden wir es, weil es ihre allerschlimmste Erinnerung ist. Sie schafft es, sie so weit zu verdrängen, dass der Schmerz erträglich ist. Aber wenn du alles in ihr hoch holst...“ Yami holte tief Luft und überrascht bemerkte er die Tränen in ihren Augenwinkeln. „Dieser Schmerz würde sie umbringen... bitte erwähne Pyaara niemals wieder. Bitte!“ „Aber...“ „Wenn Aani dir irgendetwas bedeutet, sei still! Ich schwöre dir, der Schmerz wird sie vernichten! Sie wird vor Qual sterben.“ Inuyasha wirkte verschreckt. Yami blickte ihn mit nackter Ehrlichkeit an. „Aani ist noch nicht bereit dafür, bitte tu ihr das nicht an. Versprich es mir.“ „Ich verspreche es“, sagte er. Er glaubte ihr bedingungslos. Anjaani war geistig unglaublich stark, sie ertrug unmenschliche Qualen... doch es gab etwas, was sie vernichten würde... bei dem Gedanken wurde ihm übel. „Denke nicht mehr dran“, riet ihm Yami sanft. „Deine Nähe ist ihre Medizin. Du bist so sexy!“ Lachend gab sie ihm einen Klaps auf den Hintern. Inuyashas Besorgnis wandelte sich automatisch in Wut um. Er stürmte ihr hinterher aus der Küche, was Inu-chan anscheinend in Angst versetzte. Der Kleine fing an zu weinen. Anjaani, die die zerbrochene Frühstücksschale auflas, blickte Inuyasha vorwurfsvoll an. Als der Kleine in ihren Armen lag, hatte er sich augenblicklich beruhigt. Grollend beobachtet der Hanyou wie sein kleines Ich sich an ihren Busen schmiegte. Dieser kleine Mistkerl tat das absichtlich! „Mein Herz, der Kleine begrapscht dich“, bemerkte Yuki säuerlich und nahm Inu-chans Händchen weg, die sich in ihre Brüste gekrallt hatten. Inuyasha empfand leichte Sympathie für die älteste Drillingsschwester. „Er ist ein kleines Kind“, lachte Anjaani vorwurfsvoll. „Er hat einen Freifahrtschein, dich zu befummeln, und das weiß er genau!“ „Du bist nur eifersüchtig, Häschen.“ „MAAAAAAARRRIIIIIIIEEE!!!!!“, erschütterte ein plötzlicher Schrei Anjaanis Wohnung. Inuyasha, Anjaani und Yuki sprangen fast vor Schreck an die Decke. Geschockt starrten sie Yoko an, die vor Wut erstarrt war. „Was ist los?“, hauchte Yami entsetzt, die gerade Tee ausschenken wollte. „Yami Marie Hirashi, was ist das?“, empörte sich Yoko und hielt etwas zwischen ihren Fingern, was Yami nicht erkennen konnte. Erst bei Nahem erkannte sie ein ungefähr 5 cm langes, ziemlich helles Haar. Yami kratzte sich nachdenklich am Kopf. „Yoko Karina Hirashi, das ist ein Haar!“ „Das weiß ich“, rief Yoko genervt. „Ich habe es gerade eben aus deinem Ausschnitt gezogen! Wie kommt es da rein?“ „Was machst du in meinem Ausschnitt?“ „Wessen Haar ist das?“ „Vermutlich Inuyashas.“ „Wie bitte???!!!“, rief Inuyasha entsetzt. „Das ist nicht meines!!!“ „Red keinen Mist. Das ist nicht Inuyashas Haar! Es ist blond! Ist das Zumas Haar?“ Yami zuckte nur die Schultern. „Ich war nie in Zumas Nähe. Ich liebe dich, glaubst du, ich tue dir das an?!“ „Das ist Aryans Haar“, warf Anjaani ein. „Es ist blond!“ „Aryan-nii hat auch einzelne, von der Sonne blond gebleichte Haare“, meinte Anjaani. Yami nickte zustimmend. „Oh“, kam es von Yoko. „Wie Aryans Haar dahin kommt, muss ich nicht fragen.“ „Nein, musst du nicht“, grinste der Drilling anzüglich. „Wartet!“, schaltete Inuyasha sich ein. „Marie? Karina?“ Alle starrten ihn überrascht an. „Oh stimmt, das weißt du nicht“, begann Yuki. „Wir drei haben alle einen zweiten Vornamen. Weil unsere Mutter nicht will, dass wir so japanisch sind, gab sie uns noch einen deutschen Vornamen. Ich bin Lisa, Yoko ist Karina und Yami ist Marie.“ „Das sind die Wut-Namen“, meldete Anjaani sich grinsend. „Wir benutzen diese Namen nur, wenn wir sauer sind.“ „Und wegen einem blonden Haar veranstaltest du so ein Theater“, regte der Hanyou sich über Yoko auf. „Wie würdest du reagieren, wenn du Aryans Haar zwischen Aanis Brüsten gefunden hättest?“ Die Frage trieb sowohl Inuyasha als auch Anjaani brennende Schamesröte ins Gesicht. Die Bilder der letzten Nacht flammten vor seinem geistigen Auge auf. Ihre brennenden Lippen hatten gierig seinen Trost empfangen.. ihre Hände, die ihn auf ihren zitternden Körper zogen... das dünne Nachthemd... so dünn, dass er alles drunter hatte spüren können, als wäre sie nackt. Der Gedanke stieg ihm so zu Kopf, dass er mit einem zornigen Aufschrei vom Balkon sprang. „Wo will er denn hin“, rief Yoko verdattert. „Vermutlich aufs Dach“, stöhnte Anjaani gequält. „Müsst ihr uns immer in so peinliche Situationen bringen?“ „Ihr begehrt euch, was ist so peinlich dran?“ „Vergiss es, du verstehst es sowieso nicht.“ Auf Japanisch sagte sie: „Inu-Häschen, möchtest du Zähne putzen?“ „Ja!“, krähte der Kleine. „Hey“, plusterte sich Yuki zornig auf. „Nenne ihn nicht Inu-Häschen! Ich bin hier dein Häschen, nicht er!“ „Entschuldige, kommt nicht wieder vor. Würdest du bitte mit Inu-chan Zähne putzen?“ „Für dich tue ich alles.“ „Nah!“, schrie Inu-chan entsetzt und klammerte sich panisch an Anjaani fest. „Doch, mein Häschen“, grinste Yuki. „Komm zu Tante!“ „Nananananah!“ Vor Verzweiflung fing Inu-chan zu weinen an. „Dann nicht“, jammerte Anjaani. „Ich wollte doch mit Aryan-nii reden. Und mit Inu-chan kann ich nicht zu ihm.“ „Der ist nicht da.“ Yamis Stimme schwang eine Spur Bitterkeit mit. „Normalerweise erscheint er doch hier zum Frühstück.“ „Nein, nicht jeden Morgen“, widersprach Anjaani. „Mäuschen, werd locker.“ „Du hast recht... Was wolltest du von Aryan?“ „Ich möchte den Fluch von Inuyasha nehmen und er kann mir bestimmt dabei helfen.“ „Aber was ist mit Inu-chan?“ Anjaani schüttelte traurig den Kopf. „Ich wisst genauso gut wie ich, dass es mir nicht gut tut, ihn zu behalten. Je länger er bei mir ist, desto schlimmer wird es sein, wenn er weg ist.“ „Inuyasha kann dir ja jederzeit ein neues Baby machen.“ Yoko, die ihren Fauxpas bemerkte, schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund. Doch Anjaani senkte nur beschämt den Kopf. Den Schwestern verschlug diese Reaktion so die Sprache, dass sie die Freundin nur stumm anstarren konnten. „Ich muss euch was fragen“, begann Anjaani leise, ohne den Blick zu heben. „Ich habe diesen Traum zu Ende geträumt... und ich will wissen, ob es sich wirklich so anfühlt.“ „M-moment“, begann Yami stotternd. „Du willst über Sex reden? Aber wieso gestern nicht, als ich dich angerufen hatte?“ „Weil ich nicht mit dir über deine Gelüste reden will, wenn Inuyasha neben mir liegt und alles hört.“ „Er versteht kein Hindi.“ „Er ist nicht blöd, er weiß, worüber du redest!“ „Ja, okay. Aber was ist mit deiner Überzeugung, Sex sei unehrenhaft?“ „Nicht, wenn er mit Liebe gleichgestellt ist“, widersprach sie. „Davon hat mich Aryan-nii überzeugt.“ „Aryan, unser Herr Abstinenz, hat dich davon überzeugt? Wie das denn?“ „Das ist jetzt egal, Yami! Erzähl von deinem Traum, Aani.“ Inu-chan sanft auf ihrem Arm wiegend, erzählte sie den Freundinnen, wie sich die Vereinigung mit Inuyasha angefühlt hatte. Ihre Stimme wurde dabei immer leiser und ihr Kopf immer roter. Ein Klopfen schreckte die Frauen auf. „Herein“, japste Anjaani. „Guten Morgen. Huch, was ist denn hier los?“ Aryans fröhliche Miene wurde verwirrt, als er die vier roten Köpfe sah, die zu ihm herumwirbelten. Anjaani betete, dass Aryan von dem Gespräch nichts mitgekriegt hatte, denn er verstand Hindi. Und Yami hatte ihr Geheimnis noch nicht offenbart. „Warm hier“, meine Yami nur ausweichend und vergrub das brennende Gesicht an seiner Brust. Er hob ihr Gesicht an, um es genauer studieren zu können, doch sie wandte den ockerfarbenen Blick ab. „Wieso das? Rennt Inuyasha hier wieder nackt herum“, grinste er schelmisch. „Warum sollte mir das etwas ausmachen?“, erwiderte Yami leicht schnippisch und löste sich von ihm, doch er ließ sie nicht los. „Entschuldige“, lächelte er sanft und dieses Lächeln ließ ihren Bauch flattern. „Aryan-nii, kannst du mir helfen?“, bat Anjaani. „Wegen Inu-chan?“ Aryan, dem diese neue Anrede sichtlich gefiel, lehnte lächelnd den Kopf gegen ihren und nickte. „Ich habe wenig Zeit, aber für meine kleine Schwester tue ich alles.“ Er löste sich von Yamis Hand und nahm Anjaanis. Gemeinsam traten sie Inu-chan gegenüber, der wach wurde und plötzlich misstrauisch drein sah. „Wir dringen in seine Seele ein“, flüsterte Aryan auf Hindi, damit Inu-chan ihn nicht verstand. „Sobald wir drin sind, lässt du dich von mir leiten.“ Wenige Augenblicke später stieß Inu-chan einen so markerschütternden Schrei aus, dass Anjaani und Aryan vor Schreck mehrere Schritte nach hinten stolperten. Zornig verzerrte sich das kleine Dämonengesicht, die kleinen Fäustchen ballten sich herausfordernd. In dem Moment erschien Inuyasha auf dem Balkon, sofort durchschaute er die Situation. Er packte das tobende Kleinkind am Genick, bevor es sich auf Aryan stürzen konnte. „Mama!“, protestierte Inu-chan hilflos. „Was soll dieses Theater? Was hast du angestellt, Hosenscheißer?“ „Mama!“ „Bist du jetzt ruhig!“ „Wir wollten den Fluch rückgängig machen“, erklärte Anjaani laut. Beim Klang ihrer Stimme verstummte Inu-chan und streckte ihr flehend die Ärmchen entgegen. „Nimm ihn nicht“, befahl Aryan streng. Seine autoritäre Haltung beeindruckte die Drillinge. Ein befehlender Aryan? „Wieso?“, fragte Inuyasha düster. „Was hat er angestellt? Zappel nicht so, du Wurm, sonst fliegst du gleich aus dem Fenster.“ „Inuyasha, wir haben gerade in seine Seele geblickt.“ Aryans Stimme war kühl, ungewöhnlich für ihn und er wusste nicht, wie sexy er so auf die Drillinge wirkte. „Inu-chan ist nicht deine Kinderseele. Er ist deine böse Seite.“ Inuyasha und die Drillinge schnappten nach Luft. „Ein Baby?“, hauchte Yami entgeistert. „Was nur dafür steht, wie klein Inuyashas böse Seite ist“, erklärte Anjaani. „Wir können von Glück reden, dass sie nicht gleich groß ist wie seine gute Seite.“ „Nein“, widersprach Aryan. „Nicht, wir können von Glück reden, sondern du.“ Anjaani war sich dessen nur allzu stark bewusst, doch als sie in die sehnsüchtigen, großen Kulleraugen sah, diese geliebten Goldaugen, nahm sie Inu-chan in die Arme und drückte ihn fest an ihr Herz. „Er ist ein Kind“, sprach sie leise. „Er kann mir also nicht gefährlich werden.“ „Er wird nicht mehr genug Zeit dazu haben“, knurrte Inuyasha. „Los, macht den Fluch rückgängig!“ „Dazu habe ich keine Zeit mehr“, entschuldigte sich Aryan. „Ich muss zur Arbeit. Kann ich jemanden mitnehmen?“ „Ich habe Nachtschicht, ich bleibe hier“, winkte Yuki ab. „Und ich fange später an.“ „Und du, Prinzessin?“ „Warte!“, rief Inuyasha dazwischen. „Wusstest du, dass die Nervenzwerge zwei Vornamen haben?“ „Natürlich“, war die Antwort. „Lisa, Karina und meine Goldmarie hier.“ Er lächelte Yami liebevoll an. „Darf ich dich mitnehmen?“ Yami rauschte glückselig an Inuyasha vorbei und schlug ihm die Tür vor der Nase zu. Er wandte sich besorgt an Anjaani. „Leg bitte den Hosenscheißer weg, bevor er dir noch etwas antut.“ „Das kann er doch gar nicht. Er ist zu klein dafür. Aber wir drei Süßen könnten jetzt einkaufen gehen.“ „Ohne den“, beschwerte Inu-chan sich und zeigte anklagend auf Inuyasha. „Geh weg!“ Inuyasha hatte sich drohend vor dem Kleinen aufgebaut, stutzte aber plötzlich. Anjaani und die restlichen Drillinge starrten Inu-chan ebenfalls überrascht an. „Seit wann kannst du so viel reden, du Monster?“ Inu-chan streckte ihm die Zunge raus und erntete einen Klaps auf den Kopf. „Benimm dich!“ „Inuyasha!“ Inuyasha erntete eine deftige Kopfnuss von Anjaani. „Benimm du dich!“ „Aber ernsthaft, mein Herz“, unterbrach Yuki ihre Rüge. „Woher kann er plötzlich so reden?“ „Ich vermute, dass liegt daran, dass Aryan-nii und ich irgendwas angestellt haben, als wir in seine Seele eingedrungen sind.“ Sie setzte den Kleinen ab, der sofort zielsicher in Richtung Küche lief. „Er ist gewachsen, siehst du nicht, dass er nun Haare auf dem Kopf hat? Kleine Klauen hat er jetzt auch. Und schau nur wie er läuft. Jetzt ist er ungefähr....“ „So zweieinhalb“, riet Yoko. „Wo willst du hin, Hosenscheißer?“, rief Inuyasha argwöhnisch. „Essen!“, tönte das helle Kindstimmchen. „Ist das nicht schön“, freute Anjaani sich. „Jetzt kann man sich richtig mit ihm unterhalten!“ „Was du mit mir auch kannst“, bemerkte Inuyasha. „Inu-Häs-, Inu-Schätzchen, wir werden nachher beim Bäcker vorbeigehen.“ Anjaani verbesserte sich auf Yukis Blick hin. „Dann kannst du dir was Süßes aussuchen.“ „Jaaaa!“ Jubelnd rannte der kleine Hanyou ihr entgegen, stolperte aber auf halbem Wege. Er starrte den hämisch lachenden Inuyasha böse an, als er sich wackelig aufrappelte. Und ehe Anjaani es verhindern konnte, biss er Inuyasha ins Bein. „Ich dachte, du hättest wenig Zeit?“, wunderte sich Yami und nahm ihren Helm ab, als Aryan ihr von seinem Motorrad half. „Du trödelst. Zumindest für deine Verhältnisse.“ Er grinste so süß, dass sie kurz vergaß zu atmen. „Ich wollte noch ein wenig Zeit mit dir verbringen, bevor du mit der Arbeit anfängst. Für dich habe ich die Zeit.“ „Aber Aani und Inu-chan... der Fluch...“, hauchte sie, vom Zauber seiner Augen überwältigt. „Das hat noch Zeit. Du stehst an erster Stelle, meine kleine Nachtigall. Was ist los mit dir, du bist heute so anhänglich?“ „Nun ja...“ Yami errötete zuckersüß und schmiegte das hübsche Gesicht an seine Schulter. „Mir hat es gefallen, dich so zu sehen, so autoritär. Diese unnachgiebige, harte Seite.“ Er lächelte kopfschüttelnd. „Glaub mir, du willst meine harte Seite nicht kennen lernen. Es würde dich verschrecken.“ „Du kannst gar nicht kalt und hart sein.“ Daraufhin musste Aryan lachen. „Ich bin Befehlshaber der indischen und nun auch japanischen Armee, Dämonenjäger und weltweit für Sicherheit zuständig. Es ist mein Job, hart und unnachgiebig zu sein. Noch dazu brutal. Ich kann mit einer Hand einen Menschen töten.“ „Weißt du, wie mich das gerade heiß macht, mein unerschrockener Krieger?“ „Also bin ich gerade männlicher für dich geworden?“ „Du bist Aryan Suraj! Niemand ist männlicher als du! Und du hast den männlichsten Beruf überhaupt!“ „Ich dachte, das wäre Bauarbeiter“, grinste er schelmisch. Yamis Augen nahmen einen verträumten Ausdruck an, als sie sich Aryan als Bauarbeiter vorstellte, nur mit Jeans und Werkzeuggürtel bekleidet mit einem sexy gelben Helm. Der nackte, muskulöse Oberkörper verschwitzt, ölverschmiert... Yuki hatte recht, das war der männlichste Beruf. „Hey, Prinzessin! Wo sind deine Gedanken?“ „Auf einer Baustelle“, gestand der Drilling. „So durchschaubar“, neckte er sie. „Und du glaubst, du bist besser, Herr General? Wieso hab ich das Gefühl, du verschweigst mir etwas wichtiges?“ Sein unschuldiger Blick fiel auf das Gebäude, in dem die Drillinge arbeiteten. Es war ein bekannter, japanischer Verlag, der gelegentlich einen Bestseller herausbrachte. „Sag mal, was arbeitet ihr eigentlich?“, fragte er. „Ich habe dich nie gefragt.“ „Lenke nicht ab.“ Jetzt war Yami alarmiert. „Was verschweigst du mir, Aryan Suraj?“ „Ich leite einen Auftrag, der wahrscheinlich einige Tage in Anspruch nehmen wird. In der Zwischenzeit werde ich mich nicht bei dir melden können. Der Zeitpunkt könnte nicht unpassender sein. Es tut mir leid.“ Dabei war sein Blick so umwerfend, dass Yami lächeln musste. „Erst verdrehst du mir so den Kopf und verschwindest dann für ein paar Tage? Das wirst du aber wieder gut machen müssen, mein Lieber.“ „Das habe ich vor. Aber jetzt stille bitte meine Neugier, was macht ihr Drei in dem Verlag?“ Yami grinste ihn an. „Habe ich dir das nie erzählt? Ich übersetze die Bücher ins Japanische, und Yoko bearbeitet sie. Sie ist für die Zensur zuständig und dafür, dass der Text schön klingt. Und Yuki ist als Grafikerin für die Illustrationen verantwortlich.“ Bewunderung spiegelte sich in seinen Smaragdaugen. „Du lieferst Übersetzungen von Bestsellern? Wie viele Sprachen sprichst du?“ „Sieben“, winkte sie bescheiden ab. „Aber Deutsch ist meine Muttersprache, die zählt nicht“, sagte sie auf perfekten Französisch. „Du hast viel Gutes von deiner Mutter geerbt“, schmeichelte er. „Nicht wahr? Es ist schon cool, als einzige Japanerin nicht Laktose intolerant zu sein oder keine Schlupflider zu haben!“ „Das habe ich nicht gemeint.“ „Ich weiß, du meinst meine unjapanisch großen Brüste!“ Aryan musste lachen. „Das habe ich auch nicht gemeint!“ „Du meinst meine Augenfarbe und mein exotisches Mischlingsgesicht“, kicherte sie auf Chinesisch. „Und dein freches Mundwerk. Du spricht perfekt chinesisch.“ „Überrasche ich dich?“, kam es nun auf Spanisch. Aryan runzelte bewundernd die Stirn. „Du bist eine einzige Überraschung, kleine Nachtigall. Deutsch, Japanisch, Englisch, Chinesisch, Französisch, Spanisch... alles fließend und ohne Akzent. Aber das sind nur sechs Sprachen.“ „Rate“, forderte sie ihn auf. In Aryans grünen Augen glitzerten die goldenen Funken. „Weißt du, was mir aufgefallen ist? Wenn du meinen Namen sagst...“ „Tera naam? Was ist damit?“ Sie merkte nicht, dass er Hindi sprach und sie nun ebenfalls. „Du sprichst meinen Namen wie eine gebürtige Inderin aus. Und falls dir das nicht aufgefallen ist, wir sprechen gerade nur Hindi.“ Yamis Augen wurden groß, es war ihr tatsächlich nicht aufgefallen. Dann schenkte sie ihm ein süßes Lächeln. Wer konnte Aryan schon etwas vormachen? „Nun musst du ja gar nicht raten, welche die siebte Sprache ist, Herr General“, sagte sie in seiner Muttersprache. „Wir haben für Aani Hindi gelernt. Und es ist meine liebste Sprache.“ „Warum hast du es mir nie gesagt?“ Jetzt errötete sie etwas, irgendwie war es ihr peinlich. „Naja, wie du vielleicht gemerkt hast, wollte ich mir dich schnappen.“ Aryan lachte nur. „Ach was, sag bloß!“ „Und ich wusste nicht, wie wichtig dir deine Nationalität ist. Falls ich für dich nicht in Frage käme, weil ich keine Inderin bin, hätte ich dir damit den Wind aus den Segeln genommen.“ „Für mich kommst nur du in Frage, Prinzessin“, versicherte er warm und strich ihr in zärtlicher Gewohnheit den Pony aus der Stirn. „Ich habe so lange darauf gewartet, Hindi mit dir reden zu dürfen“, gestand sie. „Bei dir klingt es so weich.“ „Aus deinem Mund klingt es wie eine Melodie. Rede bitte immer so.“ Er nahm sie in seine Arme und sah ihr tief in die Augen. „Wie bin ich froh, dass du weißt, was das bedeutet: Humko tumse pyaar hai“, raunte er, bevor er sie küsste. Stunden später schwebte eine selige Yami regelrecht zu Anjaanis Wohnung, um ihr von Aryans Liebesgeständnis zu erzählen. Was sie fand, war ein rosafarbener Sariknäuel in Inuyashas starken Armen. Der Schleier rutschte runter und gab Anjaanis Locken preis. Und zu ihrer Überraschung war Inuyashas Gesicht nicht wütend, als er aufsah. Er war eher erleichtert, den Drilling zu sehen. „Hallo, Yami-Maus“, sagte Anjaani, bevor sie sich um wandte und die Freundin ansah. Ihre Augen waren nicht verweint, nur betrübt. „Was ist passiert?“ Da fiel ihr Blick auf Inu-chan, der in seinem Gitterbettchen mit einem Katzenstofftier spielte und ihr verschlug es die Sprache. Sie unterdrückte den Schrei, der sich in ihrer Kehle gesammelt hatte, als Inuyashas Augen warnend aufblitzten. „Spinne ich, oder ist Inu-chan gewachsen?“, japste sie leise. Anjaani nickte. „Möchtest du einen Tee, du bist ja total aufgedreht.“ „Nein“, seufzte die Freundin. Anjaanis Gefühlsradar entging aber auch nichts- „Erzähl mir erst, warum du so traurig bist.“ „Ich habe ziemlich viele Hassbriefe gekriegt. Alles von Mädchen, die sagen, ich soll meine Finger von Inuyasha lassen.“ „Das war vorauszuahnen. Du hast die Nachrichten doch auch gesehen. Ihr habt am See gestern wie ein Liebespaar gewirkt.“ „Und ich wollte heute mit Inu-chan einkaufen gehen...“ „Das hast du doch nicht getan, oder“, rief Yami dazwischen. „Du und Inuyasha seid pausenlos im Fernsehen. Seit gestern am See denkt ganz Japan, dass ihr ein Liebespaar seid. Dazu kommt noch die auffällige Vertrautheit mit Aryan und von Zuma muss ich erst gar nicht anfangen. Wenn sie dich mit Inu-chan sehen, werden sie dir ein uneheliches Kind andichten.“ „Genau das haben Yuki und Yoko auch gesagt. Sogar aufs Wort genau.“ „Und was ist passiert?“ „Ich bin ins indische Viertel gegangen...“, begann Anjaani und Yami wusste, wo das enden würde. „Ich wurde als Hure und schlimmeres beschimpft.“ Anjaanis Stimme stockte leicht und sie lehnte sich an Desideros breite Brust. „Man warf mir vor, meinen Mann - also Raj - verführt zu haben und ihn dann mit Inuyasha zu betrügen. Sie hatten ausgesprochen, was sie schon immer gedacht haben. Ich kam nicht zu Wort. Dann sahen sie Inu-chan... ein uneheliches Kind von Inuyasha. Der Verkäufer aus dem Gemüseladen hat mich grob hinaus geschubst.“ Yamis Blick fiel auf die blauen Flecken auf Anjaanis Oberarm, die Inuyashas Finger zärtlich streichelten. „Auf der Straße haben sie mich verfolgt und beschimpft, bis ich nicht mehr im Viertel war. Ich hatte Mühe, Inu-chan festzuhalten. Der Kleine war so wütend. Ich glaube sogar, er ist wieder größer geworden.“ „Er wollte tun, was ich auch getan hätte“, knurrte Inuyasha. „Gut gemacht, Hosenscheißer.“ „Sie haben dich wie einen Hund verjagt?! Und das alles wegen Inu-chan?“ Yami war entsetzt. „Er war nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.“ „Was fällt denen eigentlich ein?!“ Yami war so entsetzt, so wütend, sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. „Wo warst du eigentlich?“, fuhr sie Inuyasha an. „Auftrag“, meinte er verteidigend. „Sie hätte den Hosenscheißer einfach auf diese Mistkerle loslassen sollen. Dann hätte er mich stolz machen können.“ „Kannst du denn nichts unternehmen?“ „Habe ich doch. Die blaue Nervensäge war bei ihr und hat mich angerufen“, grinste Inuyasha. „Du hättest sehen sollen, wie schnell diese Feiglinge weg waren. Kannst alles in den Nachrichten ansehen.“ „Ich bin eine Schlampe“, jammerte Anjaani leise und rieb sich müde die Augen. „Nein! Wie kommst du denn darauf?!“, riefen Yami und Inuyasha gleichzeitig. „Ich wohne unverheiratet mit einem Mann zusammen und teile das Bett mit ihm.“ „Das ist nur zu deiner Sicherheit“, warf Inuyasha errötend ein. „Die ganze Welt hält Inu-chan für unser Kind.“ „Das hat sich doch jetzt aber geregelt, dachte ich“, wunderte sich Yami. „Meine Freundschaft zu Aryan-nii wird missverstanden.“ „Den hat sich aber der grüne Zwerg da geschnappt.“ „Danke, du Flohfänger.“ „Und was ist mit Zuma?“ „Der gehört schon bald unserem Kätzchen“, zwinkerte Yami. „Du musst nur abwarten.“ „Und was ist mit meinem unehelichen Kind?“ Sie sah zu Inuyasha auf. „Ich hatte ein Kind von dir erwartet. Wie entschuldigst du das?“ „Es ist meine Schuld“, beteuerte er leise, konnte ihr dabei nicht in die Augen sehen. „Sag bloß, ich habe dich gehindert?“ Tränen kullerten aus ihren großen, braunen Augen. „Nit weinen, Mama“, bat Inu-chan und beim Klang der hellen Sopranstimme zuckte Yami zusammen. „Hast du mit Aryan darüber geredet?“, fragte sie. Anjaani sah sie verwundert an, dann begriff sie. Aryans Einstellung zu Sex und Liebe. „Ja“, sagte sie und lächelte. „Worüber hast du mit Aryan geredet?“ „Und Aryan hat immer Recht, vergiss das nie“, riet Yami. „Halloho?! Worüber hast du mit Aryan geredet?“ Inuyasha blickte ungeduldig von einer zur anderen. „Hat es mit Aryan-nii zu tun, dass du so aufgeregt bist“, wollte Anjaani nun gutgelaunt wissen. Grummelnd, weil er ignoriert wurde, schob der Hanyou die Inderin von sich. Diese wandte sich sofort mit leuchtenden Augen ihrer Freundin zu. „Also, Aryan hat mich zur Arbeit gefahren“, begann Yami begeistert, wurde aber von Inuyasha unterbrochen. „Stopp! Ich bin da, also rede eine Sprache, die ich auch verstehe, verdammt!“ Die Mädchen hatten schon lange kein Hindi mehr gesprochen, was Inuyasha immer gehörig auf den Keks gegangen war. „Tschuldige, Wauwau. Also, Aryan hat mich zur Arbeit gefahren. Und ich hab ihm endlich gesagt, dass wir Hindi können. Anscheinend hat die Überraschung gewirkt, denn er hat mich in die Arme genommen und gesagt... Ach, ich liebe sein weiches Hindi!“ Sie atmete kurz durch, weil sie vor Aufregung zitterte. „Er sah mich an und sagte: Humko tumse pyaar hai.“ Anjaani quiekte auf. „Er hat ich liebe dich gesagt!“ „Jaaaa!“, kreischte Yami. Inuyasha verdrehte bei dem Theater nur die Augen. Dann kam ihm ein Gedanke: „Wissen die anderen Nervensägen davon?“ „Natürlich“, stutze Yami bei seiner entsetzten Miene. „Keine Sorge“, deutete Anjaani seine Panik korrekt. „Yuki ist doch vorhin zur Nachtschicht gegangen und Yoko ist bei Zuma. Sie werden wohl kaum hier auftauchen.“ „Und der General?“ Es war seltsam, dass Aryan ebenfalls nicht hier war. Jedenfalls sagte er immer Bescheid, wenn er nicht kam. „Der hat einen Geheimauftrag“, sagten Yami und Anjaani wie aus einem Mund. „Woher weißt du das?“, beschwerte sich Yami. „Er ist mein Bruder, natürlich weiß ich das. Ich weiß auch, dass er dir heute eine Liebeserklärung machen wollte.“ Anjaani zuckte mit den Schultern, als wäre das keine große Sache. „Waaaas?!“ Yami sprang auf. „Wieso hast du mir das nicht gesagt?!“ „Um dir damit den schönen Moment kaputt machen? Wohl kaum. Er wollte wissen, ob er es wagen kann. Er war sich nicht sicher, ob du ihm nicht einen Korb geben würdest. Du hättest sehen sollen, wie nervös der arme Kerl war. Er hätte sich garantiert nicht auf seine Mission konzentrieren können.“ „Wenn er sie überlebt“, warf Inuyasha gedankenlos ein. Yamis Gesicht entwich alle Farbe. Zornig wirbelte Anjaani zu ihm rum. „Inuyasha!“, brüllte sie los. „Sag mal spinnst du jetzt völlig?!“ „Pinnst du öllig?“, fiel Inu-chan in ihr Gekreische ein. „Woher willst du das überhaupt wissen?!“ „Er ist in Afghanistan, Arabien, irgendwo dort, um amerikanische Geiseln zu befreien, ziemlich riskant“, meinte Inuyasha schulterzuckend. „Hab ganz vergessen, dass das heute ist.“ „Amerikanische Geiseln befreien? Du hast dich verhört!“ Yami sprach sich verzweifelt Mut zu. Aryan war in einem Kriegsgebiet des nahen Ostens, um Menschen zu befreien, direkt vor der Nase des Feindes? Nein, Aryan war nicht an solch einem gefährlichen Ort! „Doch, das Weiße Haus persönlich hat ihn gebeten, weil die Situation eskaliert ist. Oder so, was weiß ich!“ „Hey, es klingt bestimmt gefährlicher, als es ist“, versuchte Anjaani aufzumuntern. „Nicht gefährlicher als seine sonstigen Aufträge. Aber er wollte, dass ich mich jederzeit bereit halte, falls er mich braucht. Das hatte er noch nie verlangt.“ „Aryan... mein Aryan... tot...“ Yami schien einer Ohnmacht nahe. „Du hast wohl kein Fünkchen Sensibilität!“, zischte Anjaani, wandte sich dann liebevoll an Yami. „Hör nicht auf ihn, die Mission ist nicht gefährlich. Sonst...“ Anjaani fiel nichts ein. Vielleicht hatte er ihr deshalb seine Liebe gestanden? Damit sie es weiß, falls sie sich nie wieder sehen... Yami hatte den selben Gedanken und geriet völlig außer sich. Also musste Anjaani, nach dem sie Inuyasha mit einem Blick in die Küche verjagt hatte, andere Mittel anwenden. „Was hast du eigentlich auf sein Geständnis geantwortet?“ „Nichts“, meinte sie und die Tränen versiegten. „Er hat mich geküsst, ich konnte nicht antworten. Und selbst wenn, ich war zu überwältigt. Er ist auch so sexy. Ich habe einen richtigen Mann!“ „Klar, weil er auch den männlichsten Beruf hat.“ „Nö, das ist Bauarbeiter.“ „Bauarbeiter?“, wunderte sich Anjaani. „Ist das einer von Yukis wirren Vorstellungen?“ „Jetzt stell dir Inuyasha vor, in einer verstaubten Jeans, mit Werkzeuggürtel, Helm und Handschuhen. Der Oberkörper nackt, dreckig. Schweiß rinnt ihm von der Stirn, über die breite Brust, seine Bauchmuskeln hinab. Seine Muskeln, die sich an- und entspannen bei jedem Hammerschlag. Die weißen Haare kleben an seinem Nacken...“ „Ist schon gut“, zischte Anjaani errötend und ihre Augen färbten sich bei der Vorstellung golden. „Ich verstehe, was du meinst.“ „Ist der Gedanke nicht sexy?“ „Dank dir kriege ich ihn nicht mehr aus dem Kopf.“ „Man sieht es“, dachte Yami beim Anblick von Anjaanis goldenen Augen. „Wir sind vom Thema abgekommen“, räusperte Anjaani sich. „Was empfindest du für Aryan? Liebst du ihn auch?“ „Was ist denn das für eine Frage! Das weißt du ganz genau! Es ist keine Schwärmerei, es ist echte Liebe! Ich habe deine drei Punkte erfüllt!“, hauchte sie. „Ich liebe ihn so sehr, mehr als alle Klänge der Welt!“ „Ui, so sehr“, kicherte Anjaani. „Dann sag es ihm, sobald er zurück ist.“ Plötzlich wurde Yami von erneuten Schluchzern geschüttelt und sie vergrub sich in Anjaanis Armen. Inuyashas Kopf lugte auf der Küche hervor, sie sah ihn sofort. „Wag es ja nicht“, zischte sie leise. Es verging fast eine volle Stunde, bis Yami sich einigermaßen gefasst hatte. Anjaani wandte sich an Inu-chan, der zwischen den beiden Frauen saß. „Mein Schätzchen, ich gehe kurz mit Inuyasha schimpfen, ja?“ „Ganz dolle schimpen“, verlangte Inu-chan. „Mache ich, Herzchen, tröstest du solange Yami?“ Inu-chan riss entsetzt die Augen auf. „Bitte für mich“, bat Anjaani mit einem umwerfenden Lächeln, das beim großen Inuyasha immer wirkte. „Schau, Yami ist ganz ganz traurig. Tröste sie ein wenig.“ Inu-chan nickte, dann wandte er sich Yami zu. „Nit weinen, Inuasa doof.“ „Ja, er ist ein Blödmann“, lächelte Yami. „Du bist nicht doof.“ „Inu liep, gaaanz liep!“ Anjaanis Kichern erstarb, als sie zu Iuyasha in die Küche trat. Er saß Däumchen drehend am Esstisch und schluckte nervös, als sie sich drohend und mit verschränkten Armen vor ihm aufbaute. Sie hatte keine Ahnung, wie unwiderstehlich sie war, wenn sie wütend war. Und er hatte keine Ahnung, wie sehr er sie innerlich ins Wanken brachte, nur weil er sie mit diesen Bernsteinaugen ansah. Dann kam ihr dieses erotische Bauarbeiterbild wieder in den Sinn und ihr Herz begann zu rasen. Verwundert bemerkte er ihre goldenen Augen, aber Anjaani war doch wütend? „Hast du eine Ahnung, was du angerichtet hast? Wieso konntest du nicht einfach die Klappe halten?“ „Das wollte ich nicht“, verteidigte er sich kleinlaut. „Denk bitte nach, bevor du sowas sagst. Die Drillinge haben auch Gefühle. Du hast Yami sehr weh getan.“ „Das tut mir leid.“ „Ich könnte mich glatt daran gewöhnen, dass du nur deine gute Seite in dir hast“, lächelte sie sanft. „Aber eine Strafe hast du verdient. Yami wird heute hier schlafen.“ Inuyashas Gesichtszüge entglitten, doch ehe der Sturm losbrechen konnte, trat sie ganz nah an ihn ran und hielt ihm die Finger sanft an die Lippen. Seine Wangen färbten sich rot. „Glaubst du, ich lasse Yami in dem Zustand allein zu Hause, in den du sie versetzt hast? Sie wird wahnsinnig. Sein froh, dass ich ihr nicht erlaube, dass sie bei dir im Bett schläft.“ Sie sprach mit so sanfter Stimme, dass in seinem Bauch ganze Schmetterlingsschwärme umher schwirrten. Das schlimmste, was sie ihm offenbaren konnte, war eingetreten und es machte ihm nichts aus, wenn sie ihm so nah war. Ihre braunen Augen schimmerten in ihrem typischen goldenen Glanz. Seine Lippen kribbelten unter ihren Fingerspitzen. „Ich schlafe nur mit dir in einem Bett“, sagte er leise. Und als sein heißer Atem ihre Finger trafen, zuckten diese zurück. Anjaanis drohende Fassade brach zusammen. Ich Stimme zitterte leicht, als sie sprach: „Du schläfst auf der Couch, zufrieden? Jetzt jedenfalls hast du nur zwei Möglichkeiten, um aus der Küche zu dürfen. Entweder du wickelst Inu-chan, oder du entschuldigst dich bei Yami.“ Er sah den größer gewordenen Ring und fragte sich, ob er ihre Augen nicht gänzlich golden werden lassen konnte. „Wenn ich mich entschuldigen muss“, raunte er, „dann werde ich Entschädigung dafür verlangen.“ Seine Augen zuckten für den Bruchteil einer Sekunde zu ihren Lippen, lang genug, dass Anjaani begriff. „Ich korrigiere mich“, flüsterte er und seine Augen begannen zu glühen. „Ich werde mir meine Entschädigung holen.“ Der goldene Ring vergrößerte sich. Wenn er sie jetzt küsste... „Geh Inu-chan wickeln“, verlangte sie und ihre Locken schlugen ihm ihren süßen Duft in die Nase. Hätte sie das Grinsen noch in seinem Gesicht gesehen, sie hätte es ihm vermutlich aus dem Gesicht gekratzt. Saajan hin oder her, sie wurde bei ihm schwach. Aryan hatte diese Wirkung nicht auf sie, selbst Zuma nicht, und da war Inuyasha sich zu hundert Prozent sicher, obwohl dieser ihr oft genug verboten nah kam. Sein Grinsen verging, als er Inu-chan wickelte. „Anjaani!“, ertönte er verzweifelt aus dem Schlafzimmer. „Soll ich die Windel zum Trocknen aufhängen?“ „Nein, wegschmeißen. Sonst ist Inu-chan so ein Hosenscheißer“, kicherte sie. „Du hast Glück, dass sie nur nass ist. Jetzt wische ihn sauber.“ „Ich fasse da nicht hin!“ „Sei vorsichtig mit deinen Krallen“, mahnte sie ihn. „Du verletzt ihn sonst am Willie. Da ist er empfindlich.“ Inuyasha lief knallrot an. „Willie?!“, fauchte er. „Hör auf, so zu reden! D-du fasst das doch nicht etwa an?! Du fasst das tatsächlich an!“, kreischte er, als Anjaani Inu-chan vorsichtig abwischte. „Was fasst sie an?“ Yami erschien im Türrahmen. „Etwa den kleinen Willie?“ „Hört auf, das so zu nennen!“ „Was regst du dich so auf, das ist ein süßer Willie“, giggelte Anjaani und sah ihm offen ins sprachlose Gesicht. „Du weißt doch selber, dass der nicht so klein bleibt.“ „Stimmt, Aani-Schatz. Soweit ich mich erinnern kann, wird aus Klein-Willie später mal ein ziemlich großer Wilhelm.“ „Raus hier! VERSCHWINDET!!! RAUS!!!“, donnerte Inuyasha und die beiden Mädchen nahmen reiß aus. „Dir scheint das auch noch zu gefallen“, knurrte er Inu-chan an. „Wihem“, lachte der Kleine. Im Wohnzimmer lachten sich die Freundinnen kaputt. Yami wischte sich die Tränen aus den Augen. „Hast du seinen Blick gesehen, als du das kleine Ding angefasst hast?“ „Armer Inuyasha. Aber Wilhelm? Warum nicht William?“ „Ein Penis heißt nicht William“, meinte Yami. „Das ist nicht peinlich genug.“ „Okay, genug des Themas“, entschied Anjaani errötend. „Ich will dieses Wort nicht hören!“ „Penis? Ach, ich hab ganz vergessen, dass du keine Genitalbegriffe magst.“ „Und das Wort „Genitalbegriff“ mag ich auch nicht.“ „Woher kommt denn dein plötzliches Engagement für schmutzige Sachen? Ich habe dich noch nie so reden hören.“ „Ich wollte Inuyasha nur eins auswischen. Innerlich bin ich gestorben vor Scham.“ „So? Was hat er denn angestellt?“ „Wie kommst du darauf, dass ich Anjaani verärgert habe?“, fragte Inuyasha leise, als Yami ihn drauf ansprach, während Besagte Inu-chan ins Bett brachte. Er konnte sich ein Grinsen jedoch nicht verkneifen. „Sie gibt sonst keine versauten Sachen von sich. Wie hast du sie denn aufgeregt? Leugne es nicht.“ „Sie hat mich in die Defensive gedrängt und ich wollte nicht unterliegen. Da habe ich das gemacht, was du mir geraten hast.“ „Du hast gedroht, sie zu küssen? Oh, wie hat sie reagiert?“ „Ganz wie du gesagt hast.“ „Haben sich ihre Augen golden gefärbt?“ „Worüber redet ihr?“ Anjaani stand plötzlich im Flur. Die zwei Ertappten zuckten zusammen. „Wieso sollte ich goldene Augen haben?“, meinte sie misstrauisch. „Du hast doch goldene Augen“, sagte Yami ausweichend. „Ich habe einen goldenen Ring um die Pupille, mehr nicht.“ „Ja, aber manchmal wird er groß“, erklärte Yami und Inuyasha warf ihr einen erschrockenen Blick zu. Sie wollte Anjaani doch nicht etwa verraten, dass ihre Augen golden wurden, wenn sie erregt war? „Wenn ich meine Energie freisetzte“, erklärte Anjaani. „Dafür kann ich nichts.“ „Nein, du nicht“, lächelte Yami. „Aber Inu-“ „Ich finde, es macht ihn nicht so viel aus, dass Aryan sterben wird“, fuhr ihr Inuyasha über den Mund und funkelte sie zornig an. „Sie kann also wieder nach Hause. Los, verschwinde!“ „Ja, klar!“, empörte sich Yami. „Hier habe ich ja Ablenkung. Aber wenn ich alleine bin und dran denken muss, dass Aryan... Aryan tot...“ In ihren Augen sammelten sich Tränen und ihre hellbraunen Augen wurden verzweifelt. „Oh Gott, Aryan!“ Schluchzend schlug sie die Hände vors Gesicht. „Was ist denn jetzt los“, wunderte sich Inuyasha. „Danke, Inuyasha“, giftete ihn Anjaani an und nahm die weinende Yami in die Arme. „Ihr ging es nur gut, weil ich sie mit meiner Energie gestärkt hatte. Du weißt doch selber, wie wohl man sich dabei fühlt. Jetzt hast du´s kaputt gemacht. Ich habe kaum Kraft, wieder von vorne anzufangen. Komm, mein Mäuschen, wir gehen schlafen.“ „Hey, Anjaani, warte!“ Doch das Klingeln seines Handys unterbrach ihn. Ein Auftrag. „Hast du denn keine Angst, dass er mal nicht zurückkommt?“, flüsterte Yami in die Dunkelheit von Anjaanis Schlafzimmer. Sie hatten Inu-chans Bett ins Wohnzimmer verlegt, um sich ungestört unterhalten zu können. „Wenn ich es mir erlaube, daran zu denken, werde ich sterben vor Angst“, gestand Anjaani. „Jedes Mal, wenn dieses blöde Handy klingelt, würde ich am liebsten hinter ihm her rennen. Er verbietet es mir immer. Doch ich weiß, dass er zurückkommen wird. Inuyasha ist schließlich nicht zu schlagen. Aryan-nii noch weniger, du solltest ihm vertrauen. Er ist stärker, als ein gewöhnlicher Mann. Überlege doch, er ist Aryan Suraj! Eine unbesiegbare Legende!“ „Ich weiß er ist mächtig und verführerisch. Allein mit einem Lächeln macht er dich schwach. Seine Aura wirkt anziehend wie ein Magnet, seine Augen machen dich willenlos und seine Küsse betäuben deinen Verstand. Man könnte meinen, er sei ein Incubus“, brummte Yami. „Aryan-nii ist nicht böse“, widersprach Anjaani. „Raj hätte man für einen Incubus halten können. Er war stark und verführerisch und vor allem böse.“ „Oh, Aryan hat etwas Gefährliches an sich.“ Selbst im dunklem Zimmer, sah man Yamis Augen aufleuchten. „Er ist gefährlich, es ist etwas geheimnisvolles an ihm. Wenn er es wollen würde, könnte sich ihm niemand widersetzen.“ „Dir könnte doch auch niemand widerstehen“, lachte Anjaani leise. „Du lockst und verführst mit deinem Gesang. Demnach wärst du eine Sirene.“ Yami musste bei dem Gedanken lachen. „Jap, ich gebe es zu, ich bin böse. Ich bezirze Männer mit meiner Stimme, verwirre ihren Verstand und sauge sie dann aus.“ „Kaum zu fassen, dass du noch Jungfrau bist.“ „Kaum zu fassen, dass du keine mehr bist.“ „Ich wünschte, ich wäre es auch.“ „Wie oft habe ich mir das schon für dich gewünscht habe“, seufzte Yami. „Du solltest die Chance haben, dich für den Mann aufzuheben, den du liebst. Genauso, wie ich mich für Aryan aufhebe. Aber mit ihm ist die Yami-Sirene überfordert.“ „Wieso das denn?“ „Das fragst du nur, weil du Aryan am besten kennst. Er ist undurchschaubar.“ „Und damit perfekt für dich. Du brauchst so einen starken Mann an deiner Seite. Jemand der dich richtig beschützen kann.“ „Apropos beschützen, wie fühlt es sich an, neben mir, statt neben Inuyasha zu liegen? Ich hätte Angst neben ihm.“ „Nein, es gibt nichts schöneres, als ihn so nah bei mir zu wissen.“ „Kommen da nicht gewissen Sehnsüchte auf? Ihn zu berühren, oder in seinen Armen zu liegen?“ „Meine Güte, verschone mich damit“, stöhnte Anjaani. „Damit muss ich mich schon genug herumlagen.“ „Du träumst zu viel, anstatt zu handeln.“ „Ich habe viel zu große Angst, um zu handeln“, gestand Anjaani. „Bei Raj tat es so unerträglich weh... und Inuyasha ist dort viel... nun ja... viel größer. Ich habe furchtbare Angst davor, ihn in mir zu spüren.“ „Davon habe ich keine Ahnung. Aber wenn ich Aryan verführt habe, werde ich dir deine Angst garantiert nehmen können.“ Als Inuyasha zurückkehrte, schliefen alle in der Wohnung. Sein Bett war hergerichtet und müde schleifte er sich ins Badezimmer. Als er sich hinlegen wollte, trat sie wie jedes Mal ins Wohnzimmer. Ein weiß gewandter Engel im sanften Mondenschein. „Main yahaan hoon“, flüsterte er auf Hindi. Ich bin da. Er wusste, sie liebte diesen Satz. „Tum kaise ho?“, fragte sie dann immer, noch im Halbschlaf. Wie geht es dir? „Mir geht es gut, mach dir keine Sorgen“, flüsterte er. „Ich bin unverletzt.“ „Dann schlaf schön, Saajan.“ Saajan... Dieses Wort begleitete ihn in seine Träume. Mittlerweile verstand er einige Wörter und sogar Sätze in ihrer Muttersprache, da die vier Frauen ständig Hindi redeten. Dennoch kannte er dieses eine, bedeutungsvolle Wort nicht. War es wirklich einfach nur ein Name? Das glaubte er nicht. Anjaani war schließlich auch kein Name. Als er am nächsten Morgen wach wurde, kam es ihm nur wie ein Traum vor. Inu-chans „Hunger, Hunger, Hunger!“ hatte ihn geweckt. „Ich habe Hunger!“ „Warte gefälligst, bis Anjaani wach ist“, knurrte Inuyasha. „Dann wecke ich sie.“ „Tust du nicht- hö?!“ Inuyasha stutzte. Klang der Kleine nicht komisch? Inuyashas entsetzter Schrei riss Yami und Anjaani aus dem Schlaf. Alarmiert stürzten sie ins Wohnzimmer und schrien selber auf. Alle starrten den nackten Inu-chan an. Er sprang aus seinem Bett und rannte in Anjaanis Arme. Er reichte ihr bis zum Bauch. „Guten Morgen, Mama“, strahlte er sie an. Über Nacht war er um die vier Jahre gealtert. „Naja, zumindest werden jetzt alle glauben, dass er nicht dein leibliches Kind ist“, meinte Yami nüchtern. Doch Inuyasha und Anjaani sahen sich entsetzt an. Ein Alptraum wurde wahr! Sie mussten Inu-chan aufhalten, bevor er so groß war, dass er Anjaani zur Gefahr und Inuyasha zum ernsthaften Gegner wurde. Aber ohne Aryan ging das nicht. Verflucht, was jetzt? Inu-chan drehte sich misstrauisch zu Inuyasha um. „Warum guckst du so?“ „Ich schaue, wie ich will!“ Inu-chan wandte sich anklagend an Anjaani. „Er hat mich angeschaut, als ob er mich töten will.“ Zärtlich streichelte sie den silberweißen Struwwelkopf. „So schaut er Yami-Maus auch an. Du musst doch wissen, dass das nichts zu bedeuten hat.“ „Es hat nur zu bedeuten, dass du nicht mehr lange Zeit hast.“ „Was? Mama!“ Inu-chans Augen füllten sich mit Entsetzen. „Niemand tut dir was“, beruhigte ihn Anjaani. „Du bist mein Schatz.“ „Jedenfalls noch nicht, Rotzlöffel. So schnell wie du wächst, müssen wir dich umso schneller beseitigen.“ „Inuyasha!“ Fassungslos starrte sie ihn an. „Du lügst!“, brüllte Inu-chan. Er zitterte vor Wut. „Du lügst, ich bleibe bei ihr!“ Aus seinem Zittern wurde ein Beben. Keiner traute seinen Augen, als Inu-chan vor ihren Augen zu wachsen begann. „Inuyasha, Liebling!“, rief Anjaani und schloss die Arme um den kleinen Hanyou. Er war fast so groß wie sie. „Bitte mein Mäuschen, rege dich nicht auf.“ Sie suchte seine Augen. „Du bleibst bei mir, niemand nimmt dich mir wieder weg, hörst du, Inuyasha? Du bleibst bei mir. Und jetzt geh bitte ins Schlafzimmer und zieh dir etwas an.“ Dann richteten sich ihre Augen auf den entgeisterten Inuyasha. „Und DU! Du hältst deinen Mund, hörst du? Wir zwei reden später. Komm, Mäuschen. Danach ziehe ich mich an.“ „Ich will dir lieber beim Anziehen helfen.“ In Inu-chans Augen hatte sich plötzlich ein seltsamer Glanz geschlichen, der keinem entging. Inuyasha fand seine Sprache wieder. „Nix da, du perverser Rotzlöffel“, grollte er und packte das zwei Köpfe kleinere Double am Schlafittchen. „Du ziehst dich an!“ „Ach, verdammt!“ „So ein Mist“, fluchte Anjaani verzweifelt. „Ja, Mäuschen ist mein Spitzname...“ „Fang du nicht auch noch an.“ „Sag mal, das meinst du doch nicht ernst, dass Inu-chan hier bleibt“, fragte Yami verständnislos. „Hast du gesehen, wie groß er ist? Seinen Körper, meine ich. Der Willi muss noch wachsen. Anscheinend ist Inuyasha ein Spätentwickler.“ „Marie“, knurrte Anjaani drohend. „Du kommst vom Thema ab!“ „Ja, stimmt. Inu-chan ist zu groß, um ungefährlich zu sein! Er ist gewachsen, weil er wütend war. Wie ist er denn bitte über Nacht gewachsen?“ „Ich habe keine Ahnung. Nichts hatte ihn wütend gemacht.“ Doch hatte es. Inu-chan hatte das Wort Saajan gehört. Und instinktiv hatte er gewusst, was es bedeutete. Die Eifersucht auf sein großes Ich hatte ihn in Wut versetzt. „Egal, ob er noch wächst oder nicht, denn schon jetzt ist er so groß, dir wehzutun. Was, wenn er so groß wird, dass er Inuyasha zur Konkurrenz wird?“ Anjaani wechselte auf Japanisch. „Ich liebe Inu-chan. Er bleibt bei mir! So und jetzt rede leise“, bat sie dann flüsternd. „Du weißt, dass beide uns hören werden. Und Inuyasha ist immer misstrauisch, wenn wir Hindi reden. Inu-chan muss sich in Sicherheit wiegen. Du hast gesehen, dass ein Wutanfall ihn schneller wachsen lässt.“ „Und Inuyasha benimmt sich wie ein Elefant im Porzellanladen“, brummte Yami. „Genau, ich schnappe mir Inuyasha. Rede du solange mit Saajan und erkläre ihm alles.“ „Saajan?“ „Ja, Saajan. Er wird es verstehen, wenn er den Namen hört.“ „Dann müssen wir uns beeilen“, erschrak Yami, als wütendes Geschrei aus dem Schlafzimmer erklang. Die zwei Hanyous stritten lauthals. Sobald Anjaani in der Tür stand, wandten sich beide nach ihr um. „Du liebst mich, Anjaani! Du sagst das nicht nur, weil du Angst vor mir hast.“ Inu-chan, nun angezogen, suchte verzweifelt nach Bestätigung. „Wie kommst du denn darauf?! Ich liebe dich, Inuyasha.“ Inu-chan warf sich ihr um den Hals, wobei er vergaß, wie stark er war. Er hätte sie umgeworfen, wäre sie nicht gegen die Wand geprallt. Inuyasha war wie gelähmt. „Und du benimmst dich, Saajan“, knurrte sie ihn an. Da glätteten sich seine Gesichtszüge, doch als er sah, wie sich Inu-chans Gesicht an ihren Busen schmiegte - sie trug immer noch ihr Nachthemd - riss er ihn von ihr und streckte ihn mit einem Fausthieb nieder. „Ich bring dich um, du widerliche, kleine Made!“ „Himmelherrgott, nimm die Beine in die Hand, Lisa!“, knurrte Yoko ihrer Schwester zu, die müde hinter ihr hertrottete. „Warum hetzt du so?“, beschwerte sich Yuki gähnend. „Ich war dabei, als Aani im indischen Viertel einkaufen war. Außerdem ist Yami bei ihr und tröstet sie bestimmt. Hey, da vorne sind sie! Mit Inuyasha!“ Doch auf halbem Wege stutzen sie. „Inuyasha, was ist mit deiner Nase passiert“, wunderte sich Yoko. „Und deine Klamotten sind zu groß. Du bist... Warum bist du so klein?!“ „Drei Mal darfst du raten“, spottete Inuyasha mit seltsamer Stimme, mit seltsam hoher Stimme! „Das ist Inu-chan und Inuyasha hat ihn verprügelt“, erklärte Yami. „Das ist Inu-chan?!“ „Ich heiße Inuyasha“, knurrte er grimmig. „Also mir hast du als Baby besser gefallen“, beschwerte sich Yoko. „Wir haben schon einen bärbeißigen Hanyou.“ „Meinst du? Ich finde ihn heiß“, säuselte Yuki. „Wachse vielleicht noch ein bisschen, leg dir ein paar Muskeln zu...“ „Nimm die Pfoten weg, Nervensäge!“ Inu-chan schlug Yukis Hand weg, seine Krallen hinterließen drei tiefe Kratzer, die sofort stark bluteten. Ihr Schmerzensschrei entlockte ihm ein zufriedenes Lachen. „Nächstes Mal fällt dein Kopf!“ Fassungslos starrten die Mädchen ihn an. Inuyasha hätte dies nie getan! Lautlos summte das Handy in der Hosentasche. „Hallo, Prinzessin“, meldete sich Aryan leise. Er wusste nicht, wie lange er sich in Sicherheit wiegen konnte, doch als er Yamis Nummer sah, musste er ihre Stimme hören. Aber Yami weinte. „Herr im Himmel, du lebst!“, schluchzte sie leise auf Hindi. „Warum sollte ich nicht leben?“, wunderte er sich. Wusste sie etwa, wo er sich aufhielt? Nicht einmal Anjaani wusste es. „Ja... w-weil.. ich...“ Yami war völlig aufgelöst und nach einer Weile konnte er ihre gestammelten Worte zusammenfügen. Inuyasha hatte ihr anscheinend eine Höllenangst eingejagt, weil sein Auftrag gefährlich sei und er ihn eventuell nicht überleben werde. Yami hatte die Nacht nur überstanden, weil Anjaani ihr beigestanden hatte. Aryans Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Inuyasha hatte ihr tatsächlich verraten, wo er sich befand. Der kann was erleben! „Bitte weine nicht, meine kleine Nachtigall. Mir geht es gut und mir wird nichts passieren. Die Geiseln sind schon in Sicherheit. Mein Auftrag ist fast erledigt. Bald bin ich wieder bei dir“, tröstete er sie liebevoll. „Und sag Inuyasha, dass er was erleben kann, wenn ich wieder komme!“ „Beeile dich“, drängte sie. „Euer Versuch, Inu-chan zu bezwingen ist fehlgeschlagen. Er wächst und ist jetzt fast so groß wie Aani. Er ist in der Nähe, deshalb spreche ich auch Hindi. Er hat Yuki verletzt und... Bitte, beeile dich, ohne dich können wir nichts gegen ihn ausrichten. Ich habe furchtbare Angst!“ Aryan wurde bleich. Oh nein! „Ich bin morgen früh wieder da, mein Herz. Ich beeile mich jetzt. Wächst Inu-chan konstant?“ „Nein, nur wenn er wütend ist.“ „Dann halte Inuyasha von ihm fern. Wir sehen uns Morgen, ich liebe dich.“ „Ich-“ „Nein, sag es nicht“, unterbrach er sie zärtlich. „Ich will in deine Augen sehen können, wenn du es mir sagst.“ Seufzend legte Yami auf. „Was grinst du denn so glücklich“, maulte Yuki, die seit dem blutigen Vorfall missmutig war und auf Inuyasha, sowohl den schuldigen, als auch den unschuldigen, nicht gut zu sprechen war. „Er ist morgen früh wieder da. Aani, du musst mit deinem Halbdämon reden“, wandte sie sich jetzt an die Inderin. „Aryan will nicht, dass die beiden sich in die Quere kommen. Seine böse Seite darf nicht wütend werden.“ Anjaani nickte. Äußerlich wirkte sie gefasst, doch wer sie so gut kannte wie die Drillinge, der wusste, dass dies nur Show war. In Wirklichkeit hatte sie Angst. Sie fürchtete sich vor Inu-chan, durfte es ihm natürlich nicht zeigen. „Inuyasha-Schätzchen, magst du Milchshakes?“, wandte sie sich an den gefährlichen jungen Hanyou, der sich genüsslich von ihr am Ohr kraulen ließ. Seine Augen leuchteten auf. „Oh, ja!“ Von Inuyasha kam ein zorniges Fauchen. Die ganze Zeit beobachtete er mit Wut im Bauch, wie sein jüngeres Ebenbild sich an Anjaani schmiegte, wie sie ihn verhätschelte und ihm diese dummen, dämlichen Kosenamen gab. Sie behandelte ihn wie einen König. Als sie sagte, dass sie ihn liebte, stieg ihm die Galle hoch. Ihre dunklen Augen richteten sich auf ihn. „Hilfst du mir in der Küche, Saajan?“ Allein die Tatsache, dass sie ihn so nannte, hinderte ihn daran, auszurasten und diesem kleinen Klon ordentlich die Meinung zu geigen. Er folgte ihr nichtsahnend in die Küche. Sie stellte sich auf ihre Zehenspitzen, um näher an seinem pelzigen Ohr zu sein. „Ich möchte nicht, dass er uns hört“, hauchte sie leise. Deshalb beugte er sich näher zu ihr. Doch ihre Nähe hatte die übliche Wirkung auf ihn. „Aryan-nii kommt morgen früh“, flüsterte sie. „Dann ist das ganze endlich vorbei.“ „Aha. Endlich vorbei? Für mich sieht es eher aus, als währt ihr zwei ganz glücklich.“ „Ach, Saajan“, seufzte sie. „Ich schauspielere doch nur. Nichts, was ich zu ihm sage, ist ernst gemeint.“ „Warum dann dieses Theater?“ „Hast du nicht gemerkt, dass er schneller wächst, wenn er sich aufregt? Ich will verhindern, dass ihn irgendwas wütend macht. Deswegen möchte ich, dass du ihn komplett ignorierst. Wehe, ihr zwei streitet! Du hast gesehen, wie stark er ist. Ich habe wirklich keine Lust, dass er so stark wird wie du.“ „Ich habe Tessaiga.“ Inuyasha zuckte nur die Achseln. „Saajan“, stöhnte sie. „Horche in dich und sage mir, dass du mir nie wehtun kannst.“ „Ich kann es nicht“, meinte er ehrlich. „Dir weh tun.“ „Weil deine gute Seite dich davon abhält. Aber würde deine böse Seite mir wehtun wollen, mich besitzen und beherrschen wollen? Egal, wie klein diese Seite ist. Du unterdrückst sie, weil sie winzig ist. Aber es gibt sie, nicht wahr?“ Sie sah, wie er bleich wurde. „Etwas in dir würde mir wehtun, um mich zu besitzen? Erinnerst du dich, was du getan hast, bevor ich dir sagte, ich sei schwanger?“ Sein Gesicht verzog sich vor Schmerz. „Ja“, zischte er. „Er wird alles tun, um dich zu bekommen. Und wenn du dich wehrst, wird er dir wehtun.“ Die Anstrengung, bei diesen Worten ruhig zu bleiben, war ihm deutlich anzusehen. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und zitterten. „Weißt du, was das Schlimmste ist?“ Obwohl sie nickte, sprach er weiter. Seine Bernsteinaugen schienen ihre Seele zu durchdringen. „Das Schlimmste ist, dass ich es bin, der dir wehtun will. Und ich kann es nicht verhindern. Ich versuche dich vor allem zu schützen, dabei bin ich deine größte Bedrohung.“ Sacht legten sich ihre Finger an seine Lippen und sein Blick wurde sanft. „Ich habe Angst, Saajan. Aber vor ihm, nicht vor dir. Er sieht aus wie du, doch er ist es nicht. Er ist genau wie Raj. Versuche einfach nur, ihm aus dem Weg zu gehen, bis Aryan-nii morgen kommt. Dann ist alles vorbei.“ Er nickte und seine weichen Lippen bewegten sich unter ihren Fingern. Er sah die Röte, die in ihre Wangen schoss. Die Augen schloss sie, weil seine verführerisch funkelten. „Wenn ich ihn berühre, ist das nicht so, wie wenn ich dich berühre. Es fühlt sich nicht so schön an.“ Zärtlich legte er die Hand an ihre Wange und sein Lächeln drang tief in ihr Herz. Ihre Augen wurden golden. „Anjaani!“, ertönte Inu-chans Stimme ungeduldig. „Was machst du da so lange?“ Anjaani zuckte zusammen. „Ich suche die Kekse, die ich vorhin gebacken habe“, rief sie. „Ich finde sie nicht!“ „Die habe ich aufgegessen“, antwortete er. „So unterschiedlich und doch so gleich“, kicherte sie Inuyasha an. Er verschränkte protestierend die Arme vor der Brust. „Das waren meine Kekse!“ „Bitte beherrsche dich, Saajan. Ich backe dir neue.“ „Ist gut, ich sage ja nichts.“ Doch Inuyashas Versprechen währte nicht lange. „Wieso darf er bei dir im Bett schlafen?“, grollte Inu-chan und zeigte anklagend auf Inuyasha. Dieser zitterte vor Wut, als ihm bewusst wurde, was Inu-chan da verlangte. „Warum schläft er nicht auf der Couch und ich bei dir?“ „DAS KANN ICH DIR GENAU SAGEN, DU VER-“ „Saajan!“ Anjaani unterbrach den Hanyou schnell und Inuyasha verstummte, knurrte Inu-chan aber zornig an, der zwei Köpfe kleiner war, sich ihm aber herausfordernd entgegenstellte. „Du weißt doch, dass er nur bei mir liegt, um mich zu schützen.“ „Das kann ich genauso gut!“ „Könntest du mich auch vor dir schützen?“ Den Drillingen und Inuyasha stockte geräuschvoll der Atem. „Hör zu, mein Liebling.“ Anjaanis Augen wurden golden, ihre Energie floss in Inu-chan über. „Ich bin sehr altmodisch und um meine Ehre besorgt. Du bist erst 14, noch kein Mann. Du darfst zu mir, wenn du ein Mann bist. Denn ein Kind in mein Bett zu lassen, ist ehrlos. Willst du mich zur Schlampe machen?“ „Du würdest mich hassen, wenn ich das tue, nicht wahr?“ Anjaani schwieg und das sagte Inu-chan alles. „Inuyasha ist stärker als du, mein Herzchen. Riskiere nicht, dass er mich vor dir beschützen muss.“ Seufzend wandte sich der kleinere Hanyou an den größeren, der Anjaanis Worten fassungslos gelauscht hatte. Sein Blick wurde hart. „Sie ist mein. Fasse sie an und du bist tot.“ Die Drillinge mussten Inuyasha festhalten, damit er sich nicht auf seinen Doppelgänger stürzte. „Wisst ihr, was wir machen“, rief Yuki betont heiter, da es ihr Mühe bereitete, Inuyasha im Zaum zu halten. „Wir machen einen Saufabend! Yoko-Neko, plündere Aanis Alkoholschrank!“ „Anjaani hat einen Alkoholschrank?“ Inuyashas Wut war für den Moment verraucht. „Nicht, wenn die Drei nicht wären“, brummte Anjaani. Doch sie sah das Ziel hinter dieser Absicht. Die Drei taten ihr bestes, um den Abend ausgelassen und heiter zu gestalten. Mit viel Alkohol, natürlich frisch gemixt! Anjaani, die es normalerweise nicht gern hatte, wenn die Freundinnen einen Saufabend bei ihr veranstalteten, griff beherzt zu ihrem Drink. Sie musste sich beruhigen und Inuyasha ebenfalls. Der Alkohol tat seine sichtliche Wirkung bei ihm, er wurde ruhiger und entspannter. Aber das wichtigste war, wie Yokos Mixturen auf Inu-chan wirkten. Inu-chan, noch ein Kind, wurde schläfrig. Zufrieden klopfte Inuyasha Yoko auf die Schulter. Manchmal waren die Drei doch zu etwas gut. „Ich bin so müde“, beschwerte sich Inu-chan leise, als Anjaani ihn zu seinem Schlafplatz führte. „Das sind wir alle, mein Liebling“, beschwor ihn Anjaani und streichelte ihm zärtlich über die Stirn. „Schlaf schön.“ „Hast du ihn geküsst“, grollte Inuyasha leise. Er saß mürrisch im Bett. „Das bist du!“ „Na und? Hast du ihn geküsst?“ „Nein. Hast du etwa gehört, dass ich ihn geküsst habe?“ Leicht schwankend stand sie vorm Bett, bewegte sich keinen Zentimeter von der Stelle. „Mir ist schwindelig.“ „Dann leg dich hin.“ Sie zögerte. „Weißt du, was das letzte Mal passiert ist, als wir betrunken waren?“ Anjaani brauchte sein Gesicht nicht zu sehen, um zu wissen, dass es gleißend rot aufglühte. Seine unsichere Stimme verriet genug. „Damals war ich ein Mensch! Als Mensch habe ich mich nicht so im Griff wie als Hanyou.“ Das war eine Lüge. Doch es schien sie zu beruhigen. Inuyasha hatte den Verstand nicht wegen dem Alkohol verloren. Der Alkohol hatte nur sein Gewissen betäubt. Es war ihr Blick gewesen, der ihm den Verstand geraubt hatte. Dieser Blick war Verführung pur und machte ihn willenlos. Es war das einzige Mal gewesen, dass sie ihn so angesehen hatte. Doch dieser Blick war sein Verhängnis. Und jetzt, da sie die Erinnerung daran heraufbeschworen hatte, quälte er sich mit den sündigen Gedanken. Wie zart ihre Haut gewesen war, brennend ihre Küsse, begehrend ihre Augen, verlangend ihre Stimme. Die enge Hitze, die ihm den Verstand zu rauben drohte, wenn er nur daran dachte. Inuyasha krallte sich im Kissen fest, um nicht zu schreien, oder nach ihr zu greifen, die selig neben ihm schlief. Sie wusste nichts von dieser Nacht, erinnerte sich nicht an das Feuer, mit dem sie ihn verzehrt hatte, mit dem sie ihm jeden einzigen Staubkörnchen Widerstand verbrannt hatte. Nie würde er aufhören sie zu begehren, denn er wusste, wie süß ihre Verheißung war, wie unbeschreiblich die Erfüllung. Schon der Gedanke an ihre roten, saftigen Lippen, machte ihn fast wahnsinnig. Sie war das begehrenswerteste Geschöpf der Erde, heißer als Feuer, süßer als Honig, unschuldiger als ein Engel und gefährlicher als der Teufel. Denn sie war das einzige Wesen, gegen das er nicht ankam, gegen das er machtlos war. Und ihre Macht hatte sie nur ein einziges Mal demonstriert. Er widerstand ihr zwar, Tag für Tag, jede einzelne Sekunde. Doch sie konnte mit einem Blick alles zerstören. Er war der ihre. Genauso stand es um Inu-chan. Nur, dass Inu-chan noch mehr Kind als Mann war. Er hatte nicht das gleiche brennende Begehren, wie Inuyasha. Inuyasha konnte Anjaani nicht gefährlich werden, weil er sie liebte. Das einzige, was seine Gier nach ihr übertraf, war seine Zuneigung. Inu-chan jedoch war böse. Er liebte Anjaani nicht, er begehrte sie. Und sobald Inu-chan erwachsen war, würde er seinem Verlangen nach ihr nachgeben. Und im Gegensatz zu Inuyasha, würde Inu-chan ihr wehtun. Schwer atmend betrachtete er ihr schönes Gesicht, das ihm zugewandt war. Sanft legten sich seine Finger an ihre Wange und sie lächelte im Schlaf. Er würde sie nie gegen ihren Willen nehmen, niemals. Eher würde er sterben als ihr wehzutun. Sie hatte zu Inu-chan gesagt, dass sie ihn liebte. Er wusste, sie hatte das aus Notwehr gesagt. Und er wusste, wem diese Worte ursprünglich galten. Er war ihr Saajan, nicht Inu-chan. „Morgen wird alles vorbei sein“, hauchte er in ihr Haar und sog begehrlich ihren Duft ein. Ihr Haar roch berauschend nach Jasmin... aber ihre Haut! Dieser Duft war mit keinem vergleichbar. Ihre Haut duftete weich, süßlich und frisch. Eine Mischung aus duftendem Heu und Honig, mit leicht fruchtigem Akzent. Es war der Duft, der ihn überallhin verfolgte. Er erinnerte ihn an eine sonnige Waldlichtung mit leuchtend roten Walderdbeeren. Bei dem Gedanken an Walderdbeeren zuckten seine Augen auf ihren Mund. So rote Lippen hatte er noch nie gesehen. Voll und weich und ein Geschmack, der jede Faser seines Körpers durchdrang. Er war süßer und roter als jede Erdbeere. Sie duftete nach Wärme und Freiheit, doch ihr Geschmack nahm einen gefangen und machte ihn süchtig. Er war sich sicher, wäre die dunkle Seite in ihm größer, könnte er ihrer Vollkommenheit nicht widerstehen. Und es musste verhindert werden, dass Inu-chan in Versuchung kam. Er betrachtete sie, bis der Morgen graute. Seine brennenden Sehnsüchte hatten ihn nicht schlafen lassen. Umso müder war er, als sein Magen sich meldete und ihn zwangsläufig aus dem Bett zog. Inu-chan schlief friedlich auf dem Sofa. Für ihn hatte Inuyasha nur einen finsteren Blick übrig. Wegen dem kleinen Dreckskerl war Anjaani gestern nicht einkaufen gewesen. Hätte er Yuki nicht verletzt, wären sie nicht sofort umgekehrt. Zum Glück war um die Ecke ein 24-Stunden- Supermarkt. Hastig zog er sich seine übliche rote Tracht an und schnappte sich sein Schwert. Mit Tessaiga sollte er diese Höllenbrut nicht alleine lassen. „Heute bist du erledigt, Hosenscheißer.“ Inu-chans Ohren zuckten... Kurze Zeit später wachte auch Anjaani auf. Inuyasha lag nicht mehr neben ihr, doch lautes Klappern aus der Küche weckte einen Verdacht. Der Halbdämon stand in der Küche und hantierte ungeschickt mit den Töpfen. Wütend fluchte er vor sich hin. „Guten morgen“, gähnte sie. „Wo ist Inu-chan?“ Inuyasha drehte sich zu ihr um und kurz weiteten sich seine Pupillen, als er sie in ihrem knappen Nachthemd sah. „Weg“, antwortete er mit einem bösen Grinsen. „Was heißt weg?“ „Aryan war vorhin hier und hat ihn vernichtet. Er wollte dich nicht wecken.“ „Aryan-nii ist wieder da? Wie geht es ihm denn?“ „Wie soll´s ihm schon gehen? Er hat sich sofort auf gemacht zur grünen Nervensäge.“ Anjaani seufzte leise. „Das heißt, Inu-chan ist wieder mit dir vereint... Irgendwie tut es mir leid.“ „Warum das?“ „Naja, er war mein Baby. Mein kleiner Sohn, den ich in mein Herz geschlossen hatte. Nur, was andere Mütter in 14 Jahren erleben, erlebte ich in zwei Tagen. Er wird mir fehlen.“ Wut schimmerte in Inuyashas Goldaugen. „Bin ich dir denn nicht genug? Gestern war er dir nicht Mann genug. Was ist mit mir? Warum bin ich dir nicht Mann genug?“ „Inuyasha, was redest du da? Hör auf, auf ein Kind eifersüchtig zu sein. Du bist ein Mann. Du bist anders als Inu-chan.“ Inuyasha trat dicht an sie ran, ohne sie zu berühren. „Und als Mann stehen mir gewissen Privilegien zu“, raunte er. „Erinnerst du dich?“ Mit zitternden Knien wich sie vor ihm zurück. „Man merkt, dass deine dunkle Seite wieder in dir ist“, rügte sie leise. „Du bist unmöglich!“ „Und hungrig“, lachte er. „Zieh dich an, sonst bist du das Frühstück.“ „Warum bist du eigentlich so fröhlich?“, wollte sie wenig später beim Abwasch wissen. „Endlich ist dieser Mistkerl weg“, meinte Inuyasha nur. „Er kann dir nicht mehr an die Wäsche.“ „Rede bitte nicht so“, meinte sie errötend. „Was möchtest du heute machen, Saajan?“ „Lass uns ein bisschen raus gehen in den Wald. So wie vor zwei Wochen.“ „Das sind zwei Stunden Busfahrt, das weißt du schon.“ „Wenn wir keinen Picknickkorb mitnehmen, kann ich rennen. Also zieh dir eine warme Jacke über. Los, beeile dich!“ Und tatsächlich. Auf Inuyashas Rücken dauerte die Strecke zu ihrem Fluss am Wald nur eine halbe Stunde. Die zwei Wochen schienen ihr wie eine Ewigkeit, als sie das letzte Mal hier war. Zufrieden setzte sie sich ins Gras und tauchte die Füße ins klare Flusswasser. Dies war ihr der liebste Ort der Welt, hier fühlte sie sich wohl. Aus dem Augenwinkel betrachtete sie Inuyasha, der sich im Fluss das Gesicht wusch. Er war dagegen gewesen, einen Rucksack mit Essen und Trinken mitzunehmen. Seiner Meinung nach war das überflüssiger und unnötiger Ballast. Er hatte es auch ziemlich eilig gehabt, zur Lichtung zu kommen. Sie war kaum zum Frühstücken gekommen. Jetzt, da Inu-chan nicht mehr war, sollte er eigentlich entspannter sein. Vermutlich hatte er noch Aryans Drohung in den Ohren. Yamis Angaben nach war der General alles andere als begeistert darüber, dass Inuyasha seiner Freundin solch einen Schreck eingejagt hatte. Sie schüttelte den Kopf. Er war unmöglich! Doch auch so niedlich! Sie widerstand dem Impuls, durch sein Haar zu streichen. Selten band es es zusammen, so wie jetzt. Aber es ließ ihn älter aussehen. Wenn sie sich an ihren Traum erinnerte. Inuyasha mit kurzen Haaren... „Willst du hier Wurzeln schlagen?“, fragte er und starrte auf sie herab. „Ich will in den Wald.“ Schnell sprang sie auf. Sie liebte es, mit ihm im Wald spazieren zu gehen. Es machte Spaß, an seiner Seite über Baumstämme zu klettern und über Gräben hinweg zuspringen. Mit Inuyasha in dieser grünen, fast schon magischen Welt. „Du bist wunderschön, wenn du so lächelst“, raunte er in ihr Ohr. „Das weiße Kleid steht dir, mein Engel.“ Mit einem leisen Schrei zuckte sie zusammen. Lautlos hatte er sich an sie herangeschlichen. „Erschrecke mich doch nicht so, Saajan!“, schimpfte sie. „Tut mir leid“, flüsterte er und schlang die Arme um sie. Er sog den Duft ihres Halses auf, biss zärtlich hinein, seine Nägel gruben sich in ihre Oberschenkel. Einen erschrockenen Schmerzenslaut erstickte er an seinen hungrigen Lippen, als er sie zu sich herumdrehte. Er schmeckte nach ihrem Blut. Anjaani blieb das Herz stehen. Er strotzte nur so vor unterdrückten Gefühlen. Sie löste sich von ihm, senkte den Blick, ihre Stimme zitterte. „Was machst du da, Inuyasha?“ „Ich konnte nicht widerstehen“, grinste er böse, hielt sie fest, da ihre Knie zitterten. „Nicht hier“, bat sie, ihn immer noch nicht ansehen. „Lass uns dafür Heim gehen.“ „Warum sollten wir?“ Seine Stimme klang merkwürdig grob. „Bitte nicht hier im kalten Schatten der Bäume.“ Tatsächlich waren ihre Arme überzogen mit Gänsehaut. „Gemütlich daheim. Und ich muss vorher Aryan-nii sehen. Ich mache mir viel zu große Sorgen um ihn. Dann gehöre ich dir, Inuyasha.“ „Nein“, entschied er. „Ich weiß, warum du weg willst.“ Er packte ihr Kinn, zwang sie, ihn anzusehen. In seinen Augen glühte Gefahr. „Du hast Angst vor mir.“ Nach wiederholtem Klopfen, öffnete sich Anjaanis Wohnungstür immer noch nicht. Aryan beschlich ein ungutes Gefühl. Warum waren sie weg? Als er Inuyashas Handynummer wählte, meldete sich dieser endlich: „Was ist?“ „Inuyasha, warum ist keiner in der Wohnung? Wo seid ihr?“ „Da war ein Dämon, ich bin ja gleich da... oh scheiße!!!“ Aryan überkam es eiskalt. „Wo sind Aurora und Inu-chan?“ „Keine Ahnung!“ Inuyashas Stimme wurde panisch. „Als ich weg bin, schliefen beide noch!“ „Ich stehe vor eurer Tür. Aurora muss mit Inu-chan fort sein. Vermutlich hält sie ihn für dich.“ Inuyasha fluchte den Himmel herunter. „Inuyasha, du müsstest wissen, wo er mit ihr hin ist. Ein Ort, wo niemand ihn stören kann.“ „Anjaanis Fluss am Wald“, rief Inuyasha sofort. „Los, beeile dich!“ Mit eisiger Angst im Nacken raste Aryan auf seinem Motorrad über Stock und Stein, dem Ziel entgegen. Und dabei betete er die ganze Zeit, dass Inu-chan ihr noch nichts angetan hatte. „Warum sollte ich Angst vor dir haben? Wie kommst du auf so einen Unsinn?“ Anjaani tat lässig, doch als Inuyasha sich umdrehte und eisern ihre Handgelenke packte, schrie sie auf. Ihre Augen offenbarten ihre Angst. Er konnte sein reißendes Verlangen nicht mehr unterdrücken. „Du hast mich Inuyasha genannt“, raunte er und seine Krallen bohrten sich schmerzhaft in ihre Haut. Er legte die Lippen an ihr Ohr. „Und weißt du, warum du mich so genannt hast? Weil ich nicht dein Saajan bin.“ „Was sollte dieses Spiel, Inu-chan?“ Sie konnte die Abneigung in ihrer Stimme nicht mehr verhindern. „Es hätte fast geklappt. Doch zuletzt hast du mich durchschaut. Allerdings etwas zu spät.“ „Weißt du, wann ich dich durchschaut habe? Als du mich küsstest und es sich nicht wie sein Kuss angefühlt hat. Nur der echte Inuyasha weckt Verlangen in mir. Wo ist er?“ „Das ist mir egal. Er ist nicht hier. Also bist du mein!“ „Niemals!“, schrie sie. Er erstickte ihren Schrei mit seinem Mund, doch sie wehrte sich. Knurrend packte er ihre Schulter und drückte sie brutal gegen den nächsten Baum. Alle Luft wurde ihr auf der Lunge gepresst und ihr wurde Schwarz vor Augen. „Wenn du dich wehrst, tu ich dir nur weh.“ „Lieber sterbe ich!“, kreischte sie mit tränenden Augen. „Weine ruhig“, raunte er heiser und presste die Lippen gegen ihre. „Deine Angst ist wie eine Droge. Je mehr du dich wehrst, desto mehr will ich dich!“ Anjaani wünschte sich tot zu sein. Je mehr sie sich wehrte, desto größer wurde der Schmerz. Inuyashas Krallen kratzten über ihre Haut, bohrten sich tief in ihre Arme, seine Zähne, die sich erbarmungslos in ihren Hals gruben. „Hör auf!“, schrie sie. Mit aller Kraft schlug sie gegen ihn und Inuyasha riss der Geduldsfaden. „Genug gewehrt!“, fauchte er. Er packte ihr Gesicht und schleuderte sie ins weiche Moos. Seine Krallen zerrissen dabei ihre Wange. Zitternd lag Anjaani im Gras. Ihre Wange brannte, ihr Körper schmerzte überall, überall, wo er sie brutal angefasst hatte. Sofort war er über ihr. Seine Bein zwängte ihre Knie auseinander und seine Hände packten ihre Handgelenke so fest, dass Anjaani vor Schmerz ganz gelähmt war. Sie glaubte schon fast, die Knochen brechen zu hören. Der Schmerz stieß sie an den Rand ihres Bewusstseins. Sterben, einfach nur sterben, nicht fühlen, keine Schmerzen... nichts... Sie sah hoch in seine bernsteinfarbenen Augen, die vor Lust und Wut geweitet waren. Diese geliebten Augen... nie hatte ihr Saajan sie so angesehen. Es war ein Alptraum. Es war schlimmer als bei Raj. Weil sie dabei in seine Augen schaute. Inuyasha schaute sie mit seinen kalten Bernsteinaugen an. „Es macht mehr Spaß, wenn du schreist.“ Er riss den Kopf zurück und schlug ihr brutal die langen Eckzähne in die Schulter. Der Schmerz explodierte in ihrem gellenden Schrei und ihr Körper bäumte sich auf. Reflexartig riss sie ihr Knie hoch und rammte es in seine Genitalien. Sie registrierte erst, dass sie sich aufgerappelt hatte und flüchtete, als ihre schmerzenden Knochen den Schock verbannten. Wie aus dem Nichts verschwand der Wald und auf der Wiese rannte ihr Aryan entgegen. Aryan? Sie träumte! Das war ein Traum! Doch er rief nach ihr. Aryan in einer Soldatenuniform, unrasiert, erschrocken. Er war von seiner Mission zurück! Er war es tatsächlich! Weinend warf sie sich in seine Arme, von Schmerz und Entsetzen geschüttelt. Schluchzend vergrub sie das Gesicht an seiner Brust. „Aurora, geht es dir gut?“ Seine Stimme war fest und warm und tröstend.Als er ihre Wunden sah, erblasste er. Die tiefen Schnittwunden in ihrer zerfetzen Wange tränkten seine Jacke mit ihrem Blut. Ihr weißes Kleid war blutig, schmutzig und zerrissen. Ihre Schulter wies einen brutalen Bissabdruck auf, aus dem hellrotes Blut floss. Ihre Arme waren übersät mit dunkelroten Blutergüssen. Und die Kratzer und Schriemen konnte man gar nicht alle zählen. „Aryan“, weinte sie in seinem Armen. „Du bist da... Du bist da... Bitte, hilf mir!“ „Ich bin da, meine Kleine. Dir wird nichts mehr passieren. Aber ihn werde ich umbringen.“ „Inu-chan...“ Ihre Stimme brach. Als sie ihn ansah, bemerkte er ihre geschwollenen, aufgeplatzten Lippen. Heiße Wut kochte in seinen Adern auf. „Ich weiß. Er wird dafür büßen.“ Obwohl Aryans Stimme eisig war, wirkte sie beruhigend auf Anjaani. Sie war in Sicherheit. Ihr großer Bruder würde sie beschützen. Er war gekommen, sie zu retten und er würde sie nie im Stich lassen. Selbst von der andere Seite der Welt würde er kommen, um bei ihr zu sein. Zärtlich strich sie über seine stoppelige Wange. Er war da... Doch das Beben ihres Körpers verschwand nicht. Sie hatte dennoch Angst und starke Schmerzen. „Ich muss deine Wunden versorgen, mein Kleines. Du hast große Schmerzen.“ „Anjaani! Da bist du ja!“ Beim Klang dieser Stimme zogen sich ihre Eingeweide zusammen. „Verschwinde, fass mich nicht an!“, kreischte sie und vergrub sich tiefer in Aryans Armen. Inuyasha erstarrte auf der Stelle. „Anjaani?“ Sie suchte Schutz bei Aryan… vor ihm! Er konnte es nicht fassen, sie hatte Angst vor ihm! „Aurora, das ist nicht Inu-chan“, wisperte Aryan besänftigend in ihr Ohr. „Dreh dich um. Schau, das ist Inuyasha.“ „Saajan?“ Langsam trat Inuyasha näher, der Atem stockte ihm, als er ihr verwundetes Gesicht sah. Ihre braunen Augen waren vor unendlichen Qualen gekennzeichnet, als sie ihn genauer betrachtete. Seine Haare waren offen und er trug sein rotes Kariginu. „Ich bin es. Saajan. Main yahaan hoon. Ich bin da und ich tue dir nichts, Anjaani. Bitte, hab keine Angst vor mir.“ „Saajan!“ Keuchend wirbelte sie herum und warf sie sich an seine Brust. Ihre schmerzenden Beine knickten ein. Langsam sank Inuyasha mit ihr ins Gras und legte behutsam die Arme um sie. Und das Zittern ihres Körpers hörte sofort auf. Er war da! Ihr konnte nichts mehr passieren. „Oh, Saajan! Ich hatte solche Angst!“ Weinend presste sie die Lippen an sein Herz. Da fiel sein Blick auf ihre blutende Schulter und ihre Arme. Entsetzen stahl sich in sein Gesicht, als er sie betrachtete. Sie war blutüberströmt... Es war ihr eigenes Blut... Er war zu spät gekommen... sacht legten sich seine Finger um ihre Hand und an ihrem leisen Schmerzensschrei bemerkte er ihre zerquetschten Handgelenke. „Deine Verletzungen... diese Krallenspuren“, murmelte er geschockt. „Als hätte ich das getan!“ „Das war Inu-chan, nicht du, Saajan. Ich bin rechtzeitig entkommen“, flüsterte sie ängstlich. „Rechtzeitig?“ Saajans Entsetzen wich glühend heißem Zorn. Sein Körper verkrampfte sich in seiner Wut. So brutal hatte er sie angefasst! Er starrte auf ihre blutigen Lippen... So brutal hatte er sie geküsst! „Saajan, ich habe ihn für dich gehalten. Er benahm sich genau wie du, bis wir im Wald waren...“ Ihre Stimme bröckelte. „Ich habe mich gewehrt...“ „Wo ist der Bastard? Ich reiße ihm das Herz raus! WO BIST DU, MISTGEBURT!!!“ „Ich bin hier.“ In Saajans Augen trat nackte Mordlust, die Anjaani eiskalt den Rücken runterlief. Sanft übergab er Aryan die verschüchterte Anjaani und trat seinem Ebenbild gegenüber. „Du verdammter Bastard! Wie kannst du es wagen sie anzufassen!“ Saajans Toben beeindruckte Inuyasha nicht. An seinen Zähnen und Klauen hing Anjaanis Blut und sein Gesicht war noch schmerzverzerrt von ihrem Tritt. „Hast du sie denn nie angefasst?“ „Ich habe sie NIE verletzt!“ Saajans Brüllen hallte in den Bäumen wieder. „Es ist nicht meine Schuld, wenn sie sich wehrt. Ich dachte, ich bin der Mann, den du willst“, sprach Inuyasha jetzt Anjaani an. Diese lag sicher in Aryans Armen, von seiner schmerzlindernden Barriere geschützt, zitternd vor Angst, doch sie schaute dem Peiniger direkt in die Augen. „Du bist nicht Saajan. Du bist Raj!“ Inuyashas Augen verengten sich. „Du spielst nur ein falsches Spiel, Kleine. Es ist dir eigentlich egal, wer von uns beiden. In Wirklichkeit bist du eine billige Schlampe.“ Keiner der Männer reagierte schnell genug, als Anjaani sich mit einem Wutschrei aus Aryans Armen riss, die Barriere zerstörte und sich auf Inuyasha stürzte. Sie zerkratzte ihm den Hals, bevor er sie packen konnte, herumwirbelte und fest an sich drückte. Die Angst, die Saajan in ihren Augen sah, machte ihn fast wahnsinnig. Inuyashas Hände gruben sich in ihren Bauch, raubten ihr den Atem und genüsslich strich seine Zunge über ihre pochende Halsschlagader. Anjaani erzitterte vor Ekel. „Das war dumm. Eine Bewegung und ihr Kopf ist ab!“ Seine Krallen legten sich an ihren zarten Hals. „Lass sie los, sie kriegt keine Luft!“, befahl Aryan scharf. Inuyashas Griff an ihrem Bauch lockerte sich und aus den neuen Wunden tropfte frisches Blut. „Wie fühlt sich das an“, wollte er von Saajan wissen. „Wie fühlt es sich an, ihr nicht helfen zu können? Zu sehen, dass du derjenige bist, der sie bedroht, der ihr weh tut, der sie so leiden lässt? Wie fühlt es sich an, ihre Schmerzensschreie zu hören, die du verursachst? Wie fühlt es sich an, sie nicht vor dir selbst beschützen zu können?“ „Töte ihn, Saajan!“ Anjaanis Stimme war schwach, ihre Kräfte schwanden. „Und wenn es das letzte ist, was ich erlebe, töte ihn. Er hat es gewagt, mich Schlampe zu nennen.“ Es war das Schlimmste, was man Anjaani antun konnte. Ihre Wut hatte die Angst und die Schmerzen besiegt. Überrascht registrierte Saajan, dass ihre Augen völlig golden schimmerten. Inuyasha konnte dies nicht sehen, da er hinter ihr stand. Saajan warf Aryan einen kurzen Blick zu. Er hatte dies ebenfalls bemerkt. „Ich rette sie, überlasse das mir“, sagte der Smaragdblick. „Was bedeutet dir Aurora?“, wandte Aryan sich direkt an Inuyasha. „Liebst du sie?“ Inuyasha gab ein verächtliches Lachen von sich. „Wenn es bedeutet, dass ich sie liebe, weil sie die einzige ist, die ich will, dann ist es so. Aber ihre Gefühle sind mir egal. Ihre Schmerzen sind mir egal. Sie soll mir gehören. Sie wird mir gehören. Ich werde sie besitzen und mit ihr machen, was immer ich will, denn zu etwas anderem ist sie nicht zu gebrauchen. Sie ist befleckt und benutzt, mehr als eine Schlampe ist sie nicht wert.“ Saajan riss entsetzt den Mund auf, sah in ihre Augen, als diese aufleuchteten und wie aus dem Nichts explodierte eine gewaltige Druckwelle in goldenem Funkenregen, die ihn und Aryan meterweit fort schleuderte. Inuyashas Schrei hallte lange nach. „Anjaani!“ Saajan richtete sich auf, als der Sturm verebbte. Er sprang rechtzeitig herbei, um sie aufzufangen, als sie erschöpft zusammensackte. „Was war das? Warst du das, Anjaani?“ „H- habe ich Inu-chan...?“ Ihre Stimme war schwach wie ein Lufthauch. Blut tropfte ihre Mundwinkel hinab. „Er ist nicht tot“, sagte Aryan, strich ihr die schweißnassen Haare aus dem blassen Gesicht. „Du hast ihn neutralisiert und zurück in Inuyashas Körper gebannt. Aurora, das war unglaublich! Wie kommt es, dass du so stark bist? Wie hast du so eine gewaltige Energiemasse zustande gebracht?“ „Es ist einfach aus mir herausgebrochen. Ich bin so unglaublich wütend geworden. Weißt du, was er zu mir gesagt hat?“ Inuyasha verzog gequält das Gesicht. „Ich habe es gehört. Es tut mir leid, dass du sowas Widerwärtiges mit meiner Stimme hören musstest.“ „Das warst nicht du“, meinte sie tröstend. „Das war Raj.“ „Ich werde so etwas niemals zu dir sagen“, versprach Inuyasha. „Das würde ich dir auch raten“, zwinkerte sie ihm zu. „Du hast gerade gesehen, wie sowas endet.“ „Inuyasha, hör auf hier herumzustehen. Sie verliert zu viel Blut“, drängte Aryan. „Nicht ins Krankenhaus“, widersprach sie matt an Aryans Schulter gelehnt. „Natürlich nicht“, versprach dieser. „Keine Sorge, ich werde dich heilen.“ „Anjaani, tut es weh, wenn ich dich halte?“ „Nein, nicht bei dir. Ich habe schon schlimmere Schmerzen ertragen.“ Schließlich war es jetzt vorbei, schlimmer konnte es ja nicht mehr kommen. Jetzt war sie in Sicherheit, bei Inuyasha... bei ihrem Saajan... Als sie Aryans warme Energie spürte, entschwand sie in selige Ohnmacht. Sie erwachte in ihrem eigenen Bett wieder. Inuyasha saß besorgt neben ihr. Seine Finger strichen zärtlich durch ihr Haar. „Wie spät ist es?“, fragte sie mit krächzender Stimme. Ihr Hals war staubtrocken, ihre Lippen spannten. „3 Uhr in der früh. Du hast nur den Abend verschlafen.“ Draußen war es dunkel, neben ihr brannte die Nachtlampe. „Bist du die ganze Zeit auf?“ „Ja. Ich wache über dich. Ich kann nicht schlafen.“ „Du siehst so müde aus.“ „Ich mache mir Sorgen.“ Sie wollte sich aufsetzen, doch ihr ganzer Körper schmerzte, als hätte sie ein Panzer überrollt. Stöhnend sank sie in ihr Kissen zurück, doch Iuyashas gequälter Blick entging ihr nicht. „Es fühlt sich schlimmer an, als es ist“, meinte er qualvoll. „Deine Schnittwunden entzünden sich nicht und deine Handgelenke, sowie der linke Knöchel sind nur verstaucht. Aryan meinte, es sei nur halb so schlimm. Ich bin mir nicht sicher. Der verdammte Biss macht mir Sorgen. Diese Missgeburt hat mit seinen Zähnen deinen Schulterknochen verletzt. “ Es fiel ihm schwer, bei diesen Worten gelassen zu klingen. Er wusste, seine Zähne hätten ihre Knochen locker zerbersten lassen können. „Ich wollte doch immer deine Zähne sehen“, sagte sie. „Und jetzt weißt du auch, warum ich dir das immer verboten habe.“ „Ich habe nicht erwartet, dass ich sie auch zu spüren kriege.“ „Jedenfalls nicht so.“ „Anjaani, ich bin und bleibe ein Dämon. Nur weil ich bei dir zahm bin, heißt das nicht, dass ich ungefährlich bin.“ Sie strich mit der bandagierten Hand seine Sorgenfalten auf der Stirn glatt. „Warum machst du dir Vorwürfe?“ „Weil alles meine Schuld ist“, platzte es aus ihm heraus. Sein Ganzer Frust entlud sich. „Ich hätte dich nicht allein in der Wohnung zurücklassen sollen! Ich hätte früher da sein sollen! Ich hätte verhindern sollen, dass er dich anfasst! Nicht einmal rächen konnte ich dich, du hast ihn selber erledigt.“ „Ich hätte nicht mit ihm mitgehen sollen“, widersprach sie. „Woher sollst du wissen, dass er es ist und nicht ich?“ „Und das ist der springende Punkt“, flüsterte sie enttäuscht. „Ich sollte euch eigentlich auseinander halten können. So gut sollte ich meinen Saajan kennen.“ Darauf konnte Inuyasha nichts antworten. „Ich habe es gemerkt, als er mich umarmt hat.“ Sie suchte seinen Blick. „Es ist das gleiche Gesicht, die gleichen Augen. Doch es hat sich nicht so schön angefühlt, wie sonst, wenn du mich im Arm hältst. Wenn du mich berührst, achtest du dann besonders darauf, dass deine Krallen mich nicht verletzten?“ Diese unerwartete Frage verblüffte ihn. „Nein“, gestand er. „Ich achte nicht darauf. Es ist unterbewusst, dass ich dich so anfasse, dass ich dich nicht verletze. Ich kann dich nicht verletzen. Dich niemals, Anjaani.“ „Inu-chan hat mich umarmt und seine Krallen taten weh. Selbst wenn du fest nach mir greifst tun deine Krallen mir nichts. Und nie haben deine Zähne mich verletzt.“ „Als er dich geküsst hat?!“ „Er hat noch schlimmeres getan.“ „Er hat dich gebissen!“ „Er hat mich durchschaut. Er wusste, dass ich ihn nicht mehr für dich hielt. Es gab also keinen Grund mehr, sich zurückzuhalten. Er hat mich nur gebissen, weil er meine Schmerzen hören wollte. Das war die schmerzhafteste Verletzung.“ Inuyasha biss die Zähne zusammen. „Zum ersten Mal hatte ich in dein Gesicht geblickt und Raj gesehen. Es war ein Alptraum. Doch jetzt sehe ich dich an und sehe nur meinen Saajan.“ Inuyasha lächelte traurig. „Er hätte dich töten können, er war so kurz davor. Das hätte ich nicht verkraftet.“ „Lieber sterbe ich, als mich von ihm anfassen zu lassen“, knurrte sie leise. „Du bist der einzige, der mich je berühren durfte.“ „Er war doch praktisch ich.“ „Nein“, widersprach sie. „Es gibt nur dich, dich allein.“ „Möchtest du etwas trinken?“, bemerkte er auf ihre krächzende Stimme hin. Sie nickte schwach. Sanft stützte er ihren Kopf und hielt ihr die Wasserflasche an die aufgesprungenen Lippen. Beim Schlucken brannte ihre Lunge und ihr Brustkorb schmerzte, doch die kühle Flüssigkeit wirkte betäubend auf ihre körperlichen Qualen. „Gibt es einen Flecken an dir, der nicht verletzt ist?“, zischte Inuyasha. Er verbot sich auf ihren verkratzten Hals zu starren. „Du selbst kennst deine Stärke am beste“, seufzte sie. „Ich bin so froh, dass du mein Freund bist.“ „Wie konntest du ihm entkommen?“ Er war ehrlich überrascht, dass ihr die Flucht gelungen war. Ihm entging nie eine Beute… „Ich weiß es nicht so recht. Als er mich auf den Boden geschmissen hat, waren meine Schmerzen so schlimm, dass ich nicht mehr schreien konnte, ich konnte mich nicht mal mehr bewegen. Doch als er mich biss, habe ich ihm aus Versehen zwischen die Beine getreten.“ „Du hast was?!“, fragte er verblüfft. Ja, das hätte ihn lahmgelegt. Stolz stahl sich in die besorgten Bernsteinaugen. „Das legt jeden Mann lahm. Bei Raj hatte ich damals keine Gelegenheit dazu gehabt. Zum Glück war das hier anders. Weißt du, Inuyasha, zum Glück war Inu-chan der Böse von euch und nicht du.“ „Was? Wie meinst du das?“ „Dir hätte ich nicht entkommen können. Ich hätte es nicht gewagt, dich zu verletzen. Du allein darfst mich berühren.“ „Und Aryan?“ Es war eine leise Frage. Er hatte nicht erwartet, dass sie sie hörte. „Aryan-nii ist der große Bruder, den ich mir immer gewünscht hatte. Du kannst dir nicht vorstellen, wie glücklich ich war, als er plötzlich da stand. Doch erst bei dir habe ich mich sicher gefühlt. Erst als ich in deinen Armen war, verschwand meine Angst. Obwohl dein Doppelgänger mir diese Angst eingejagt hatte, fühlte ich mich wohl bei dir.“ „Und was war damit, dass du mich für ihn gehalten hast?“ „Kannst du dir vorstellen, was für eine Heidenangst ich hatte? Ich dachte, er vergewaltigt mich! Da ist es doch verständlich, dass ich dich verwechsle!“ Inuyasha senkte reuevoll den Blick. „Du hast ja Recht. Es tut mir leid. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal dein schlimmster Alptraum werde könnte.“ Anjaani zog genervt die Augenbrauen zusammen. „Ich sage es jetzt nur noch ein Mal, Mister! Das warst nicht du, das war Raj! Er ist und bleibt mein schlimmster Alptraum. Du bist und wirst immer mein schönster Traum bleiben. Jeden Schmerz in meinem Leben bist du wert, weil die Freude die du mir gibst, um ein tausendfaches größer ist. So, wo sind denn die anderen?“ Inuyashas Wangen entwich die rote Farbe wieder, als er sich an die Drillinge erinnerte. „Zwei von denen schlafen auf der Couch. Ich habe es nicht geschafft, sie rauszuwerfen“, knurrte er. „Der grüne Zwerg ist bei Aryan, um nah bei dir zu sein. Nach dem Frühstück will er mit ihr weg. Aber wenn er dich nicht vorher heilt, erwürge ich ihn!“ „Stimmt. Warum hat er es nicht getan?“, wunderte sie sich. Das sah Aryan nicht ähnlich. „Er wollte es“, knirschte Inuyasha und sah sie plötzlich vorwurfsvoll an. „Aber du wurdest bewusstlos und er kam in deinen Geist gar nicht herein! Du versteckst deinen Seele hinter einen Mauer, nicht wahr?“ „Sie schützt mich vor allen schlimmen Erinnerungen.“ „Tja und diese Mauer hat sich um deinen gesamten Geist geschlossen. Aryan hätte dir geschadet, wenn er sie durchbrochen hätte.“ „Tut mir leid“, lächelte sie. „Wenn ich bewusstlos bin und mich nicht selber schützen kann, schützt sich mein gesamter Geist hinter der Mauer. So können die körperlichen Verletzungen nicht meine Seele quälen. Wie geht es den Turteltauben? Yami muss überglücklich sein, ihn wieder zu sehen und so wie er ausgesehen hat...“ „Das interessiert mich doch nicht!“ Überglücklich war kein Ausdruck gewesen. Aber sie war hin und hergerissen zwischen den Schrecken über Anjaanis Zustand und der Freude über Aryans Rückkehr. Die armen Drillinge, wie sehr sie gelitten hatten. Sie hatten nicht aufhören können zu weinen. Yuki hatte es das Herz zerrissen.Inuyasha hatte schon fast Mitleid mit ihren bekommen. „Ich kann´s kaum erwarten sie zu sehen.Yuki muss fast gestorben sein vor Kummer.“ „Vor wegen! Du bleibst im Bett liegen. Und ich hole jetzt Aryan her. Du musst endlich geheilt werden!“ „Es ist mitten in der Nacht, lass ihn in Ruhe!“ Dass sie zu große Angst hatte, allein zu sein, verschwieg sie ihm lieber. Auch wenn es nur für Minuten war. Er zerriss sich innerlich schon genug vor lauter Schuldgefühlen. Er drehte nur den Kopf weg. „Keine Widerworte. Ich bin gleich wieder da.“ „Nein, bleib hier“, rief sie laut, weil sie mit ihrer verletzten Hand nicht nach ihm greifen konnte. Er blieb wie angewurzelt stehen. „Ich brauche dich“, flehte sie leise. „Wenn du weg bist, kommen die Erinnerungen wieder und dann gehen sie nicht mehr. Ich will nicht an seine Hände denken und an seine Lippen. Bitte.“ Verzweifelte Tränen rannen ihr über die Wangen. „Er hat mich berührt und das war so furchtbar! Bitte, lass mich vergessen! Das kannst nur du. Komm zu mir!“ „Du willst in meinen Armen schlafen?“ Der Schock kam mit der Erkenntnis. „Wenn ich meine Energie mit deiner verbinde, verheilen die Verletzungen schneller und wir laugen Aryan nicht aus.“ Dem Argument konnte Inuyasha nichts entgegensetzen. Es war eigentlich kaum vorstellbar, wie zärtlich Inuyasha trotz seiner gewaltigen Kraft sein konnte. Stumm betrachtete sie seinen Körper, als er sich Shirt und Hose auszog. Und als er sich neben sie legte und sie, ohne ihr wehzutun, an seine Brust zog, fühlte sie sich wie im Himmel. Und der Gesang seines Herzschlages wiegte sie in die schönsten Träume. Kapitel 17: Liebesgeständnisse ------------------------------ Anjaani war in gleißend helles Sonnenlicht getaucht, das warm auf ihrer Haut prickelte. Um sie herum fröhliches Vogelgezwitscher. Und vor ihr in diesem Zauber aus Licht und Grün stand Inuyasha, ihr Saajan, nur mit einer Jeans bekleidet. „Warum sind wir im Wald?“, fragte sie ihn, gebannt von diesem muskulösen, göttergleichen Anblick. „Wir sind hier, um dir deine Qualen zu nehmen“, antwortete er mit rauer Stimme und zog sie sanft in seine Arme. „Hier, am selben Ort, will ich dich mit meinen Berührungen die seinen vergessen lassen.“ Und ehe sie etwas erwidern konnte, lagen seine Lippen auf ihren. Schnell entfachte die Flamme des Kusses ein Inferno, das ihr brennend durch den Körper floss. Keuchend presste Inuyasha sie mit seinem Körper gegen einen Baumstamm, die Lippen wild, heiß begehrend auf ihren. Im weichen Moos, im Zauber dieser grünen Welt, nahm er ihr alle Qualen und erfüllte sie, verschmolz mit ihr und führte sie zu den Sternen hinauf. Keuchend riss sie die Augen auf, doch der Schmerz in ihrer Schulter vertrieb den Traum. „Anjaani, geht es dir gut? Hattest du einen Alptraum?“ Sie sah in Inuyashas besorgte Augen. „Mir geht es gut“, erwiderte sie und unterdrückte Scham und Enttäuschung in ihrer Stimme. „Ich bin bei dir, dir kann nichts geschehen“, tröstete er sie sanft. Dass sie in seinen Armen lag, an seiner nackten Brust, half nicht gerade dabei, die heißen Traumbilder zu verdrängen oder das heiße Pochen zwischen ihren Schenkeln. Und die Morgensonne ließ seine Augen wie Edelsteine funkeln. So wäre es mit Inuyasha gewesen, wenn sie mit ihm in den Wald gegangen wäre und nicht mit Inu-chan. Anjaani stöhnte gequält auf, Tränen traten ihr in die Augen. Sie war eine schamlose Person! Und das schlimmste war, dass die Lust stärker war, als die Scham. Das Verlangen ließ ihren Körper immer noch Zittern. Inuyasha schrieb ihr Benehmen ihren Verletzungen zu. Er zischte leise, seine Muskeln unter ihrem Körper versteiften sich. Und seine Sorge, die sie plötzlich so deutlich spürte, vertrieb die quälenden, sinnlichen Gedanken. Was ihr auch gelegen kam, denn so, wie sie beieinander lagen, konnten wirklich nur seine Sorge und ihre schmerzenden Knochen sie daran hindern, über ihn herzufallen. Seine seidige Haut unter ihren Fingern und ihrer Wange, die stahlharten Muskeln, sein Herzschlag, gepaart mit dem Heben und Senken seiner Brust beim Atmen. Dazu sein Atem, der ihr Gesicht streichelte, wann immer er den Kopf zu ihr drehte. Die schützenden Arme um ihren so schwachen, verwundeten Leib und die Wärme seiner Haut. Und nicht zu vergessen, das, was dem Ganzen die Krone aufsetzte: sein Duft! Dieser warme, rauchige, zuckersüße und so weiche Geruch. Sie konnte es nicht beschreiben, es war einfach nur der herrlichste Duft, den es gab. Nach Sonne und Wald und Männlichkeit und... ach, einfach nur ein Traum! Sie drückte die Nase an die Stelle, wo er am intensivsten duftete- seinen Hals- und sog seinen Geruch tief ein. Inuyasha versteifte sich und sein Puls wurde schneller. „Was machst du da?“, flüsterte er so leise, dass sie es kaum hören konnte. „Entschuldige“, murmelte sie. „Ich konnte nicht widerstehen, du duftest so gut.“ Er schnaubte nur abfällig. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, wie gut sie duftete! Und wie viel Mühe es ihm bereitete, ihr zu widerstehen. Denn seine Nase war um einiges feiner als ihre. Er ließ sich nichts anmerken, doch seinen Herzschlag hatte er nicht unter Kontrolle. Selbst ohne dieses deutliche Indiz, wusste sie, dass ihn ihre Nähe ebenso wenig kalt ließ. Er war unbeschreiblich gut darin, seine Gefühle- außer Wut- zu verdrängen. Doch er schaffte es, sein Verlangen zu verbergen, weil es etwas gab, das stärker war, als alle Begierde und das war sein Drang sie zu beschützen. Anjaani wusste nicht, dass es in Wirklichkeit Liebe war. Doch als ihr unerwartet die Überzeugung kam, dass er ihr nur so Nahe kam aus Reue, weil er es war, der ihr wehgetan hatte, überkam sie Enttäuschung. Nie hätte er sie von selber so an sich gezogen. Er tat es nur ihr zu liebe, weil er wegen Inu-chan ein schlechtes Gewissen hatte. Dass er jede Nacht danach brannte, sie so im Arm zu halten wie jetzt und diesen Moment genoss, wie nichts zuvor in seinem Leben, wusste sie nicht. So seufzte sie traurig und rückte von ihm weg, entwich seiner Wärme. Im Reflex umschlangen seine Arme sie erst fester, bevor er sie freigab. Inuyasha war, als wäre ein Teil seiner Selbst fortgerissen worden, als der sanfte Druck ihres weichen Körpers verschwand. Er hatte sich so vollkommen gefühlt. „Ich habe Hunger“, murmelte sie und streckte ihre Glieder vorsichtig. „Dir geht es ja gar nicht besser“, warf er ihr düster vor. „Ich dachte, du hättest etwas von meiner Energie genommen. Ich habe doch genug davon.“ „Entschuldige. Ich habe mich so wohl gefühlt, dass ich sofort eingeschlafen bin.“ Als sie auf ihren zerkratzten und blaugefleckten Beinen schwankte, stand er sofort neben ihr. „Meine Güte, Saajan“, seufzte sie genervt. „Ich bin kein Krüppel. Raj hatte mich schwerer verletzt als Inu-chan. Inu-chan war vergleichsweise sogar zärtlich gewesen.“ Reißende Wut entstellte sein schönes Gesicht, brodelte wie ein Donnergrollen tief in seiner Brust. „Raj war extrem stark für einen Menschen, vergleichbar mit Aryan-nii. Es hätte mich fast das Leben gekostet.“ Sie beantwortete den Gedanken, der ihm in den Augen stand: „Die Drillinge haben mir ihre Energie gegeben. Beziehungsweise ließen sie sich von mir aussaugen. Sonst hätte ich wahrscheinlich überall Narben.“ „Ich werde ihn umbringen“, war das einzig Verständliche, was Inuyasha zwischen den Zähnen hervor pressen konnte. „Dazu wird es hoffentlich nie kommen müssen“, sagte sie. „Ich habe nicht vor, ihn jemals wieder zu sehen. Geh schnell ins Bad und zieh dich an, bevor Yuki und Yoko aufwachen.“ Das war eine wirklich gute Idee gewesen. Er war fertig, als Anjaani die Freundinnen sanft weckte. Zum Frühstück erschienen Aryan und Yami exakt auf die Sekunde genau. Ein Blick in Yamis Augen und Anjaani musste schmunzeln. Trotz Yamis Entsetzen und der Sorge um Anjaanis Gesundheit, sah sie die leichte Enttäuschung in ihren Augen. Yami nickte nur leicht, als sie sah, dass die Freundin sie durchschaute. „Was ist passiert?“, hauchte sie ihr so leise zu, dass vielleicht nur Inuyasha es hören konnte, denn Aryan besaß ebenfalls ein überaus sensibles Gehör. „Er ist weg, als ich eingeschlafen war.“ Mehr brauchte Yami nicht zu sagen, der Unmut über Aryans Verhalten war ihr auch so deutlich anzusehen. Anjaani nannte es Wohlerzogenheit, für Yami war es Ignoranz. „Wie sauer ist sie auf mich?“, fragte Aryan seufzend, als er mit ihr allein im Badezimmer war, um sie zu heilen. „Sie will es nicht zugeben.“ „Sie sieht deine Ritterlichkeit als Abweisung“, meinte Anjaani. „In ihren Augen willst du sie nicht. Du vergisst, dass du es mit Yami zu tun hast, nicht mit mir.“ Er stöhnte auf. „Ich lag bei ihr, bis sie eingeschlafen ist. Ich begehre sie zu sehr. Das ist ja das Problem. Ich weiß nicht, wie ich es ihr begreiflich machen kann. Aber in ihrer Nähe verliere ich den Verstand...“ „Und damit auch die Kontrolle“, verstand ihn Anjaani. „Ich weiß. Nur für Yamis Geschmack bist du etwas zu beherrscht. Sie ist zwar die Jungfrau, aber sie ist nicht unschuldig. Für sie wirkt deine Disziplin wie Ablehnung.“ „Ich weiß, das will ich ja auch nicht. Mein Problem ist es, dass ich es kaum ausgehalten habe, nur neben ihr zu liegen. Sie selbst war einfach nur glücklich, dass es mir gut ging, dass sie nicht auf sündige Gedanken kam. Aber ich hatte sie. Wenn sie es drauf anlegen würde, wer weiß, was dann passiert... Sie bringt meine Selbstbeherrschung ins Wanken, Aurora. Ich habe Angst, die Kontrolle über mich zu verlieren.“ „Das liegt nur daran, dass du sonst Herr deiner Selbst bist und alles im Griff hast. Lass dich einfach mal gehen, Nii-san.“ „Das sagt sich so leicht.“ „Es wird schon nichts schlimmes passieren.“ „Dass gerade du das sagst...“ „Hey, du bist nicht wie Raj“, schimpfte sie. „Komm nicht auf so blöde Gedanken! Du kannst gar nicht grob und rücksichtslos sein! Es liegt dir nicht im Blut.“ Aryan schüttelte nur lächelnd den Kopf. Es würde sie erschrecken, wenn sie wüsste, wie grob er sein konnte. Aber Yami gegenüber oder Aurora? Niemals! „Du hast Angst, was passiert, wenn du dich nicht beherrscht. Aber wenn Begierde und Liebe sich vereinen, kannst du ihr nicht weh tun. Du sehnst dich so nach ihr, glaubst du, Yami geht es anders?“ Aryan musste auf diese rhetorische Frage hin lachen. „Siehst du? Yami kann dir nicht einmal in die Augen sehen, schon schwinden ihr die Sinne. Es stößt sie nur vor den Kopf, dass sie bei dir so machtlos ist, während du ihren Reizen nicht ausgeliefert zu sein scheinst.“ „Aber ich bin es“, gab er leise zu. „Ich bin ihr ausgeliefert. Schau.“ Er nahm ihre Hand. „Ich bin mit der wunderschönsten und beeindruckendsten Frau der Welt befreundet und doch bringt mich Yami aus der Fassung und nicht du. Ich sehe in dein Engelsgesicht, ich liebe dich, Aurora. Ich sehe deinen Liebreiz jeden Tag. Sehe dich lachen, dich Tanzen, bewundere deine Schönheit und erliege deinem Zauber dennoch nicht. Denn du bist meine kleine, geliebte Schwester, wir sind Seelenverwandte. All diesen Zauber, diese Sehnsüchte, das brennende Begehren, fühle ich bei Yami. Ich verstehe das nicht, wo wir zwei doch so gut zusammenpassen würden. Wir beide wären perfekt zusammen. Aber mein Herz gehört Yami.“ „So wie ich dich sehe, bewundere, verehre, liebe. Aber Inuyasha gehört mein Herz. Hai yeh pyaar“, flüsterte Anjaani. „Man sucht sich nicht aus, wen man liebt. Und zu wahrer Liebe gehört die Begierde dazu. Das hast du selbst einmal gesagt. Yami hat sich für dich aufgehoben.“ „Genau wie du für Inuyasha.“ „Nein, Raj ist -“ „Raj ist ihm nicht zuvorgekommen“, unterbrach Aryan sie sanft. „Raj hat vielleicht deine Jungfräulichkeit, was bedeute das schon? Deine wahre Unschuld hast du Inuyasha geschenkt.“ „So habe ich das noch nie betrachtet.“ Ein zartes Glühen breitete sich auf ihren Wangen aus. „Kläre das Missverständnis rechtzeitig, Aryan-nii. Sage ihr das, was du zu mir gesagt hast.“ „Mache ich“, versprach er. „Und was das sich gehen lassen angeht, in drei Tagen hat sie Geburtstag.“ „Wenn sie es so lange aushält“, zwinkerte Anjaani. „Wenn ich es so lange aushalte“, knurrte Aryan. „Die Location steht?“ „Ja, alles erledigt. An Yukis Überraschung arbeite ich gerade. Nur Zuma fehlt.“ „Das regle ich heute, deshalb bitte ich dich, meine Wunden nicht zu heilen. Genieße du erst deinen freien Tag.“ Aryans protestierender Gesichtsausdruck erhellte sich erst, wurde dann aber düster. „Ich glaube, wir sollten ins Wohnzimmer zurück. Hörst du das? Inuyasha nervt Yami gerade.“ „Inuyasha nervt Yami?“ Anjaani schrie fast vor Verwunderung. „Sie weigert sich, ihm zu sagen, was Saajan bedeutet.“ „Wahnsinn, hast du gute Ohren. Wo geht ihr zwei heute eigentlich hin?“ Aryan antwortete nicht, beugte sich nur vor und schnupperte an ihren schimmernden Locken. „Benutzt du das gelbe Shampoo da hinten?“ Anjaani nickte überrascht. „Ja, es heißt JasminDream.“ „Ich weiß. Benutzt Yami dasselbe?“ „Ja.“ „Puh, das passt ja perfekt!“ Und leise flüsterte er ihr das große Geheimnis ins Ohr. Sie mussten fast lachen, als sie Yamis und Inuyashas misstrauische Gesichter sahen. „Was habt ihr zwei da drinnen gemacht“, wollte Yami mit eifersüchtigem Tonfall wissen. „Die Bisswunde ist ja gar nicht verheilt! Und sie humpelt immer noch! Du bist doch so gut im Heilen.“ „Das tut er später“, beschwichtigte sie Anjaani und zog sie mit in die Küche. „Hey, Chef! Was bedeutet Saajan?“ Inuyasha hatte sich neugierig an Aryan gewandt, setzte sich neben ihn an den Esstisch. „Er ist beleidigt, weil ich es ihm nicht will sagen“, lachte Yami, die gerade anfing das Geschirr zu spülen. „Das ist eine Frage, die du nicht mir stellen sollst“, lächelte Aryan entschuldigend. Und Inuyasha wandte den Kopf schnell in Anjaanis Richtung, doch diese reagierte nicht, sondern machte sich am Kühlschrank zu schaffen. Grummelnd wandte der Hanyou sich an Yoko, die in einem spanischsprachigen Buch versunken war. „I olvídalo, vergiss es“, hob sie abwehrend die Hände, ohne aufzuschauen. „Das ist eine Sache zwischen Aani und dir.“ Ihm blieb nur eine Wahl, denn Anjaani gab ihm immer nur dieselbe Antwort: „Das ist dein Name.“ Er ergriff die Gelegenheit, als Yuki allein auf dem Balkon eine Zigarette rauchte. Yuki hatte ihm noch nie widerstehen können. Er ignorierte den beißenden Rauchgestank und sah ihr tief in die Augen, als er sie fragte und sein Blick zeigte Wirkung. Yuki war wie vor den Kopf gestoßen. „W- warum fragst du mich?“ „Du weißt, was das bedeutet. Sag es mir bitte.“ Seine Stimme wurde samtig rau, seine Augen zärtlich. Yuki schnappte hörbar nach Luft, ihre Wangen färbten sich Rot. „I-ich... Frag Aani. Ich sage es dir nicht!“ Mühevoll wandte sie das Gesicht von seinem Antlitz ab. Anjaani lachte leise, als sie den Balkon betrat. „Wenn du glaubst, mit Yuki hast du leichtes Spiel, dann täuscht du dich. Sie ist vielleicht verrückt nach dir, aber mich liebt sie.“ „Mehr als alles auf der Welt“, bestätigte sie und legte Anjaani den Arm um die Taille. „Du bist die Liebe meines Lebens!“ Inuyasha wusste nicht, ob er ihre Worte richtig verstanden hatte. „Liebe deines Lebens?“, wiederholt er. Wieso sagte sie das so komisch? „Du weißt doch, dass ich in Aani verliebt bin“, antwortete Yuki, als wäre es das Normalste der Welt. „Ich würde mich nie gegen sie wenden, mein Lieber. Du bist so sexy, aber sie reizt mich mehr.“ Auf Inuyashas Gesichtsausdruck hin, mussten alle lachen. „Sag bloß, du hast es noch nicht bemerkt“, lächelte Aryan aus dem Wohnzimmer. „W-woher sollte ich bitte...? Die grapschen doch alle Drei immer an ihr rum!“ „Weil Yuki anhänglicher ist als die anderen beiden, auf alle in meiner Nähe eifersüchtig ist und sie es mir ständig sagt“, erklärte Anjaani. „Aber gewöhne dir endlich da Rauchen ab.“ „Ich bin ja dabei, hab nur einen stressigen Tag vor mir...“ „Wenn du es sein lässt, hänge ich an Weihnachten hier Mistelzweige auf.“ „Oh ja! Und was ist, wenn du drunter stehst?“ „Dann hast du freie Bahn. Vorausgesetzt, du schmeckst nicht nach Rauch.“ „Juchuuu! Weihnachtsküsse für mich!“ Inuyasha fühlte sich veräppelt. Da standen sie alle und sprachen darüber, als wäre es etwas Normales. Gut, Yuki war manchmal völlig hingerissen von Anjaani, sie hing ihr immer an den Lippen und wich ihr selten von der Seite. Auf ihre ständigen „Ich liebe dich“, hatte er sich nie etwas eingebildet. Vorallem, weil sie ihn begehrte. Noch dazu war Anjaani ebenfalls eine Frau... „Ich bin bisexuell“, beantwortete Yuki die unausgesprochene Frage in seinem Gesicht mit einem Schulterzucken. „Das heißt, ich fühle mich zu beiden Geschlechtern hingezogen. Keine Sorge, ich nehme sie dir nicht weg.“ „A-aber“, Inuyasha war völlig verwirrt. „Bist du nicht...“ „Eifersüchtig auf dich?“, beendete Yuki die Frage. „Yukis Gefühle sind mittlerweile so normal wie die Luft zum Atmen für uns“, erklärte ihm Yoko. „Jap, die Sache haben wir hinter uns.“ „Und ich bin eifersüchtig auf dich. Wenn du wüsstest, wie sehr! Wärst du nicht so scharf, würde ich dich am liebsten erwürgen!“ „Yuki-Hase“, seufzte Anjaani und trat zurück in die Wohnung, da sie den Zigarettengestank nicht länger ertrug. „Aani kann mich nie so lieben, wie ich es gerne hätte, darüber bin ich hinweg“, sagte Yuki nun leise. „Ich liebe sie und deshalb will ich sie nicht verlieren. Ich wünsche mir, dass sie glücklich ist. Nur du kannst sie glücklich machen. Deswegen macht es mir nichts aus, sie bei dir zu wissen. Dass sie den Menschen findet, der mit dem sie glücklich wird, ist mein allergrößter Herzenswunsch.“ Inuyasha hatte es die Sprache verschlagen. So hatte er den Drilling noch nie erlebt. So ernsthaft, so selbstlos, so bewundernswert. Yuki legte den Kopf schief und lächelte ihn lieblich an. Plötzlich war sie wunderhübsch. „Siehst du, ich liebe Aani. Und ihr Glück ist mein Glück. Davon kannst du dir eine Scheibe abschneiden.“ „Was passiert da draußen eigentlich“, fragte Yami neugierig von der Küche aus. „Ich glaube, Inuyasha fängt an, Yuki in einem Neuen Licht zu sehen.“ Aryan war zu ihr getreten. „Na hoffentlich verdirbt sie sich das nicht wieder. Was machst du eigentlich da?“ Yamis Frage war an Aryan gerichtet, der gerade die Küchentüre schloss. Sie war allein mit ihm. Er schmiegte sich an ihren Rücken und streichelte mit seinen Lippen ihren Hals. Yami zitterte und biss sich auf die Zunge, um keinen Laut von sich zu geben. „Lass das“, hauchte sie. Doch Aryan ignorierte sie. „Dein Haar duftet wundervoll und es glänzt so schön. Was benutzt du eigentlich für ein Shampoo?“, flüsterte er nah an ihren Lippen. „Dasselbe wie Aani“, meinte Yami nur knapp, ihr Atem ging schneller. „Das v-von N-Natural Beauty... l-lass das, so kann ich nicht denken!“ Er löste die brennenden Lippen von ihrem Hals. „Hm, Natural Beauty...“ Aryan tat, als würde er nachgrübeln. „Soweit ich weiß, will diese Firma gerade für genau dieses Jasminshampoo einen neuen Werbespott drehen und sucht noch eine Stimme für den Titelsong. Zufällig bin ich mit dem Produzenten befreundet. Er ist auch der Regisseur.“ Yami drehte sich in seinen Armen zu ihm um. „Du weißt nie etwas zufällig, Herr General. Du weißt immer alles. Und du redest um den heißen Brei herum. Worauf willst du hinaus?“ „Ich habe dich für den Titelsong vorgeschlagen.“ Sprachlosigkeit machte sich in ihrem Gesicht breit. „Die Gage für das Lied beträgt 120000 Yen.“ Ihr klappte die Kinnlade herunter und sie begriff. „Ich kriege 120000 Yen!“ Es stand natürlich außer Frage, dass sie diesen Job nicht bekommen würde. Darum machte Anjaani sich keine Sorgen. Doch in Aryans Augen meinte sie mehr gesehen zu haben. Als sie vom Balkon aus zusah, wie er mit der überglücklichen Yami auf seinem Motorrad davonbrauste, konnte sie den Verdacht nicht abschütteln, dass Aryan noch mehr im Schilde führte. Darüber musste sie sich aber keine Gedanken machen, sie hatte jetzt Mühe mit Yoko. Diese wollte sie unbedingt zu ihrem anstehenden Gespräch mit Zuma begleiten. Da es sich aber um die geheime Überraschungsparty für die Drillinge handelte, konnte sie Yoko schlecht mitnehmen. Inuyasha, der in das Geheimnis eingeweiht war, rollte genervt mit den Augen, als er nach einer Ewigkeit auf Anjaanis flehenden Blicke reagierte. „Ich muss einkaufen“, grummelte er. „Und-“ Er hatte nicht einmal Zeit zu Ende zu reden, schon riefen die Schwestern begeistert: „Wir begleiten dich!“ „Du bist mir was schuldig“, zischte er Anjaani leise zu, als die Drillinge ihn voller Vorfreude nach Draußen bugsierten. Na hoffentlich verlangte er einen Kuss. Der Gedanke an seine Lippen hob ihre Laune. Wenn er sie festhielt, um ihre Schuld zu tilgen, sie es wehrlos geschehen lassen musste... So lange schon war es her, dass sie sich kaum noch daran erinnern konnte, wie seine Küsse schmeckten. Der Gedanke daran, wie ihre Wiedergutmachung aussehen konnte, stimmte sie fröhlich und vertrieb die Nervosität. Da sie mit ihrem malträtierten Körper unmöglich die halbe Stunde zur Tanzschule laufen konnte, nahm sie den Bus. Sie hatte Zuma nach ihrer Entführung durch den Schlangendämon Fuu nicht mehr gesehen und wusste nicht, wie er auf sie reagieren würde. Doch er lehnte lässig an der Eingangstür, als hätte er sie schon erwartet. Seine Augen glitzerten silbern im Sonnenlicht. Kühl wie eh und je war er, als sie auf ihn zukam, aufmerksam drauf bedacht, langsam zu gehen, um nicht zu humpeln, die Bisswunde und die Blutergüsse vom Schleier gut bedeckt. Ihre Wange bedeckte ein großes Pflaster. „Guten Tag, Zuma-san“, begrüßte sie ihn. Sie hatte schon fast vergessen, wie heiß er mit der neuen Haarfarbe aussah. Er ließ sich mit seiner Antwort Zeit, musterte sie erst von oben bis unten. Sie war ein ungewohnter Anblick in einem Salwar Kameez. Aber er verbarg besser als ein Sari. Die Augen blieben an ihren verwundeten Lippen hängen. „Wird es ein längeres Gespräch oder wolltest du nur Hallo sagen?“ „Ich habe ein kleines Anliegen“, gestand sie. „Dann komm mit.“ Sie folgte ihm in sein Büro und setzte sich vorsichtig in den ihr angebotenen Stuhl. „Wie geht es dir?“, fragte Zuma kühl. Obwohl keine Sorge in seinem Blick lag, wusste sie, dass er sich diese Frage schon öfters gestellt hatte. Schließlich hatte er sich vor sie gestellt gehabt, um sie zu schützen. „Es hätte schlimmer sein können“, sagte sie ehrlich und schaute ihm offen in das schöne, verschlossene Gesicht. „Wie geht es Ihnen?“ „Lenke nicht ab. Wie schlimm ist es? Du warst im Krankenhaus.“ „Inuyasha fand mich rechtzeitig“, wich sie nur aus und Zuma riss der Geduldsfaden. Plötzlich wurden seine Augen schmal. Mit wenigen Schritten war er bei ihr und riss ihr den Schleier vom Körper. Argwohn wich dem Entsetzen, als er den Verband und die Blutergüsse sah, die sich dem Anschein nach nach unten fortsetzten. Alles Anzeichen einer brutalen Vergewaltigung. Entsetzt krallten sich seine Finger in seinem goldblonden Haar fest. Zuma verabscheute Gewalt. Jemanden geistig zu quälen war das eine, aber körperliche Qualen waren ihm zuwider. Langsam zog er das Pflaster von ihrem Gesicht, strich es aber sofort wieder glatt, als er sah, was es verbarg. „Was ist unter dem Verband?“ „Eine Bisswunde.“ „Sind das die Wunden dieses Dämons?“, zischte er erzürnt. „Nein. Diese Wunden verheilen schon. Neulich hat ein Youkai Inuyashas Seele gespalten und seine böse Seite von seiner guten getrennt.“ „Der kleine weißhaarige Junge bei dir?“ Zuma hatte die Nachrichten verfolgt. „Ja, der Kleine ist rasend schnell gewachsen. Er war das gewesen. Ich habe mich ihm verwehrt.“ Nun drang deutlich die heiße Wut durch seine kühle Fassade. „Verdammter Dämon! Hat er dich vergewaltigt?“ Sie schüttelte den Kopf. „So weit ist es nicht gekommen.“ „Hast du Schmerzen?“ Für einen Moment dachte Anjaani, dass seine Silberaugen wie Sterne funkelten, bis sie sich erinnerte, dass er eine Antwort auf seine Frage erwartete. „Es schmerzt nur, wenn ich mich bewege. Aber deswegen bin ich nicht hier. Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten.“ „Ich höre.“ „Wissen Sie, diesen Samstag...“ „... ist Yokos Geburtstag.“ Anjaani überspielte ihre Verwunderung. Sie hatte nicht erwartet, dass Zuma Yokos Geburtsdatum wusste. „Genau. Ich plane eine große Überraschungsparty im King´s Club.“ „Oho. Wie hast du den King´s Club buchen können?“ Aryan kannte jeden Menschen dieser Stadt. „Ein Freund hat Kontakte. Jedenfalls wollte ich Sie einladen.“ „Sozusagen als Yokos Geschenk.“ In seinem Gesicht konnte sie nicht sehen, was er davon hielt. Meine Miene war verschlossen, doch seine Finger strichen zärtlich und gedankenverloren über die dunklen Flecken an ihrer Schulter. Anjaani zuckte leicht zurück. Zuma lächelte. „Ich komme unter einer Bedingung. Ich habe dir eigentlich noch eine Woche frei gegeben und das hast du deiner Freundin zu verdanken. Wenn du willst, dass ich ihretwegen komme, fängst du gleich am Montag wieder an. Deine Schüler sind mit der Vertretung nicht zufrieden. Sie wollen Aurora Luna zurück.“ Er beugte sich nah zu ihr herab, doch Anjaani hielt seinem Blick stand. Wie sehr hatte er ihren Anblick vermisst. Den sanften Blick der braunen Augen. Er wäre auch ohne Bedingungen der Einladung gefolgt, doch er wollte ihr keinen Gefallen tun. Sie wich vor seiner Nähe nicht zurück, wie sie es sonst tat, als würde sie wissen, dass von ihm keine Gefahr drohte. Sie war verletzt und das waren schlimme Wunden. Er wurde sie nie anrühren... er verabscheute körperliche Gewalt! „Bleiben Narben?“, fragte er leise und heftete seine Augen auf ihre Wange. Den Körper konnte man verdecken, doch das Gesicht nicht. Anjaani wusste ganz genau, warum er das fragte. Und plötzlich kam ihr ein gemeiner Gedanke. Es war gegen ihre Natur, so hinterhältig zu sein, aber Zuma hatte sie genug leiden lassen. Und er würde sie bestimmt weiterhin quälen. Sie würde später ein schlechtes Gewissen haben, aber Yokos Gesicht, wenn sie ihr offenbarte, dass es Zuma schlecht ginge und Pflege brauche... „Ich muss das hinnehmen...“ Zuma biss an. „Wie meinst du das?“ Er zog seinen Stuhl heran und setzte sich zu ihr, so nah, dass seine Knie ihre berührten. Skeptisch beugte er sich vor. „Ich bin feinfühlig“, begann sie betont zaghaft. „Ich weiß“, nickte er ungeduldig. „Yoko erklärte mir das mit deinen Gefühlen und deiner Energie. Was ist jetzt mit den Narben?“ „Es werden Narben bleiben. Aber wenn ich die Wunden mit Hilfe von Energie heile, bleibt mein Gesicht unversehrt.“ Sie wählte absichtlich das Wort Gesicht. „Dann heile dich doch“, murmelte er genervt. „So einfach geht das leider nicht.“ Beschämt sah sie zu Boden. „Ich müsste die Energie eines anderen Menschen nehmen. Ich selber kann keine neue Energie in mir produzieren.“ „Dann saug jemanden aus.“ Bei dieser Wortwahl zuckte sie zusammen. „Das geht nur, wenn ich die Befugnis habe. Die Drillinge sind mit Inuyasha unterwegs und bis heute Abend nicht zurück. Dann wird es zu spät sein. Ich kann die Narben ja überschminken...“ Zumas Augen blitzten gefährlich auf. „Dein Gesicht ist nicht so wichtig. Sind deine Beine verletzt?“ Doch ohne die Antwort abzuwarten, riss er sie auf die Beine. Anjaanis Knie gaben bei dem unerwarteten Körpergewicht nach und die stöhnte vor Schmerz. „Lauf“, befahl Zuma. Ihre Schnittwunden und Blutergüsse würden sie am Gehen nicht hindern, wäre ihr Knöchel nicht verstaucht und angeschwollen. „Mit verletzten Beinen kannst du nicht tanzen. Herrgott, Arora, was hat der Kerl mit dir gemacht? Du bist ein Krüppel!“ „Wenn ich mich schone, verheilen meine Beine bestimmt bis Montag“, verteidigte sie sich. „Du bist schlimmer verletzt, als du mir weiß machen willst. Nimm meine Energie“, befahl er düster. „Ich mache mich nicht dafür verantwortlich, dass deine Makellosigkeit entstellt wird. Wie machst du das? Musst du mich beißen?“ Mit einem anzüglichen Grinsen entblößte er die Kehle. Anjaanis Lippen an seinem Hals würden ihm gefangen. „Nein, ich muss Sie nur berühren.“ Sie nahm seine Hand, diese war überraschenderweise warm. Sie assoziierte Zuma immer mit Kälte. „Erschrecken Sie nicht“, warnte sie. Doch er riss erstaunt die Augen auf, als sich der helle Ring um ihre Pupille weitete und die braune Iris in pures Gold tauchte. „Himmel Herrgott, das sind Augen!“, hauchte er. Wie gebannt starrte er sie an, versunken in diesem rauschenden, metallischen Glanz. Er kannte diesen kleinen, goldenen Kranz in ihren wunderschönen Augen, aber was er da sah, überwältigte ihn. Und zwar so sehr, dass er gar nicht bemerkte, wie ihm die Energie entwich. Als das Braun langsam wieder zurückkam und nur noch der vertraute goldene Kranz in ihren Augen blieb, überkam ihn die Erschöpfung und kraftlos sackte er im Stuhl zusammen. „Geht es Ihnen gut?“, fragte sie. Die Blutergüsse waren verschwunden und als er ihre vollkommene Wange sah, nickte er müde, aber zufrieden. „Mir ist nur ein wenig schwindelig. Aber ich wusste ja, worauf ich mich einlasse. Pass in Zukunft besser auf deinen Körper auf, Püppchen. Sonst kann ich dich nicht mehr gebrauchen.“ Anjaanis aufkeimendes schlechtes Gewissen war bei diesen Worten vernichtet. Sie bereute es nicht, Zuma für die Heilung missbraucht zu haben. Aryan hätte es heute Abend getan und ihm hätte es nicht zugesetzt. Doch sie bereute nichts. Im Gegenteil, sie wollte ihm noch eins auswischen! „Sie sind blass“, erwähnte sie mit besorgtem, unschuldigen Tonfall und zückte das Handy. „Mir fehlt nichts“, knurrte er nur unwirsch. Sprechen und sogar Atmen kostete ihm Kraft. „Du kannst jetzt gehen.“ „Ich rufe Yoko zu Ihrer Hilfe.“ „Das brauchst du nicht. Verschwinde einfach.“ Doch Anjaani wählte schon die Nummer. Sie musste lachen, als sie im Hintergrund Inuyashas wütende Protestschreie hörte. „Ich höre, ihr habt Spaß“, lachte sie. „Oh, ich könnte mich kringeln vor Lachen! Inuyasha ist zum schießen, wenn er wütend ist.“ „Ich bin sicher, unser Mäuschen würde diese Meinung nicht teilen.“ „Arora“, zischte Zuma böse. „Verschwinde endlich! Wehe, du rufst sie her!“ „Ist das Zuma bei dir? Hallo, Zumalein!“ Anjaani hielt das Handy in sicherem Abstand weg von ihrem Ohr und Zuma knurrte nur wütend. „Was ist los, Aani?“ „Zuma-san hat mir geholfen, die Wunden zu heilen...“ Yoko begriff sofort. „Oh, Aanilein, du böses Mädchen. Wie geht’s ihm denn jetzt?“ „Was denkst du denn, warum ich anrufe?“ „Überrascht, dass er so viel Energie hat, um dich vollkommen zu heilen?“ „Ja.“ „Tja, mein Kerl ist nicht zu unterschätzen. Ich bin gleich bei ihm. Ich weiß nicht, ob Inuyasha froh sein wird, mich los zu sein, oder noch zorniger darüber, nun mit Yuki allein zu sein. Wir sind im großen Einkaufszentrum, geh du hin. Ich bin sofort bei Zuma.“ Mit einem zufriedenen Grinsen verschwand Anjaani so schnell aus Zumas Büro, dass dieser keine Gelegenheit hatte, sich zu beschweren. Und eigentlich fehlte ihm dazu die Kraft. Schade, dass der Energieraub nicht durch einen Biss oder einen Kuss erfolgt war. Ihre Lippen an seiner Haut hätten diese Kraftlosigkeit wett gemacht. Und nun hatte er auch noch einen wollüstigen Drilling am Hals. Inuyasha hingegen war erleichtert, dass Yoko durch Anjaani ersetzt wurde. So wurde dieser furchtbare Tag noch durch einen goldenen Lichtstreifen erhellt. Zuma kochte dafür vor Zorn, als Yoko in seinem Büro auftauchte. Was ihm noch gefehlt hatte, war dieser lüsterne Drilling. Doch entgegen einer erwarteten, verlangenden Miene, sah er Besorgnis in ihren ungewöhnlichen, hellbraunen Augen. So oft hatte er sie ohne Kontaktlinsen gesehen, doch erst jetzt wurde ihm diese Schönheit bewusst. „Was starrst du mich so an?“, fragte sie anstelle einer Begrüßung. „Deine Augen“, flüsterte er. „Ockerfarben... fast golden.“ „Ach verstehe“, meinte sie eingeschnappt. „Du hast Aanis Augen gesehen. Und diese Augen haben dich wortwörtlich schwach gemacht. Kannst du arbeiten?“, fragte sie dann sanfter und drückte ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange. „Nein“, gab Zuma seufzend zu. Yoko machte er nichts vor. „Ich bin nicht müde, aber kraftlos.“ „Ist Aani deswegen zu dir gekommen?“ „Sie wollte mit mir über den Arbeitsplan reden“, log er. Gut, er machte ihr nicht immer was vor. „Und sie fängt am Montag wieder an.“ „Was soll das denn?!“, regte der Drilling sich auf. „Aani braucht ihre Erholung, wie kannst du nur so gemein sein?!“ „Weil ich es bin. Wenn du hier bist, um wieder mit mir wegen Arora zu streiten, kannst du gleich wieder gehen.“ „Du bist furchtbar“, seufzte sie. „Komm, wir erholen uns heute.“ „Erholen?“ Er blinzelte sie misstrauisch an. „Was verstehst du unter Erholung?“ „Nicht das, was du wieder denkst.“ „Ach, wirklich? Ich weiß, was du unter Krankenpflege verstehst.“ „Du warst nicht krank, sondern verletzt.“ Dann blitzten ihre hellen Augen lüstern auf bei der Erinnerung. „Und soweit ich das feststellen konnte, hattest du gegen meine Pflege nicht das geringste einzuwenden.“ Zuma zog vorwurfsvoll die Augenbrauen hoch. Er hasste es, wenn sie recht hatte. „Als hätte ich dich aufhalten können, Kätzchen. Sag, wie soll deine Erholung aussehen?“ „Wie entspannen uns einfach ein wenig. Ein schöner, ruhiger Tag zu zweit.“ „Entspannend und ruhig?“ „Schau nicht so ungläubig. Kann ich deine Gesellschaft nicht einfach mal genießen, ohne mit dir die Laken zu zerwühlen?“ „Der Gedanke ist mir zwar unbekannt, aber nicht unangenehm“, gestand Zuma. So verlebten alle Drillinge einen schönen Tag. Yuki verbrachte den Tag an der Seite zweier begehrter Menschen. Yoko genoss glückliche Stunden mit einem zahmen, liebevollen Zuma und was Yami widerfuhr... Yami konnte es selbst kaum glauben! Ungläubig sah sie in Aryans funkelnde Augen. Er beobachtete gerade, wie sie frisiert wurde. „Erklär mir bitte, was gerade geschehen ist“, bat sie verwirrt. „Du hast die Hauptrolle im Werbespott bekommen“, lächelte er zufrieden. Yami musste sich daran erinnern, nicht den Kopf zu schütteln, den gerade zwei energische Hände bearbeiteten. Sie war einfach am Drehort erschienen und in das darauf anschließende Aufnahmestudio gebracht worden. Als sie das Lied gesungen hatte, hatte sie jeden im Hörradius verzaubert. Aryan hatte die Lautsprecher eingeschaltet und ihre Stimme hallte durch das ganze Gelände. Völlig hingerissen war der Regisseur erschienen, um sich das Gesicht dieser Engelsstimme anzusehen. Yamis Schönheit hatte ihn umgehauen. Sie war genau die Art von Märchenfee, die er für den Werbespott des Shampoos suchte: Nicht zu japanisch, aber auch nicht zu westlich. Aryan hatte ihr helfend zur Seite gestanden. Nun ging er mit ihr das Drehbuch durch, während sie gestylt wurde. Es war alles furchtbar schnell geschehen. Und genau das hatte der Inder geplant! Der Regisseur hatte sie praktisch gezwungen, die Rolle im Werbespott zu übernehmen. Es war ein einfacher, sehr kurzer Werbespott, ohne Sprechrolle. Die Szene war ein Märchenwald. Ein junger Mann wandert durch die verzauberte Flora und Fauna, dem traumhaft schönen Gesang folgend. Bis er an einem kleinen Teich die singende Fee entdeckt. Sie wäscht sich mit dem angeworbenen Shampoo die Haare. Das Schimmern ihrer Haarpracht fesselt ihn. Sie wirft sich das (plötzlich trockene) Haar aus dem Gesicht und weht ihm somit den erotischen Jasminduft in die Nase. Dem lockenden Duft, dem betörenden Gesang und der fesselnden Schönheit kann er nicht widerstehen und nähert sich ihr völlig verzaubert. Ihre Blicke treffen sich. Sanft legen sich ihre Hände um sein Gesicht, ziehen ihn zu sich... und dramatisch endet die Szene. Dieses Shampoo soll Männer bezirzen, lautete die Aussage. Wenn Yami daran dachte, wie der Duft von Anjaanis Haaren auf die Männer wirkte, konnte sie dem nicht widersprechen. Oder wie derselbe Duft in ihren Haaren auf Aryan wirkte. Er roch immer heimlich an ihr. Dieses Shampoo war gut und ihm hatte sie ihre glänzenden Haare zu verdanken. Auch die Männer am Filmset drehten sich nach ihr um. Sie sah auch zum Anbeißen aus in diesem knappen Kleidchen aus Blättern und Blüten und passte perfekt in die glitzernde grüne Traumwelt. Die schillernden Feenflügel würden noch digital hinzugefügt werden. Doch als sie ihren Filmpartner sah, stockte ausnahmsweise ihr der Atem. Sie wusste genau wer er war, deshalb beachtete sie den Regisseur nicht, als dieser die beiden vorstellte. Vor sich sah sie Yuichi Yamada, gefragtestes Männermodel Japans und aufsteigender Jungschauspieler. Ihre Schwester Yuki war verrückt nach ihm. Wahrscheinlich wäre er der Mann, der ihr über Anjaani hinweghelfen könnte. Und Yami stand ihm nun gegenüber und sah in diese verblüffenden meerblauen Augen. Es war schon ein seltsamer Anblick, ein blauäugiger Japaner. Aryans grüne Augen fand sie zwar schöner, doch Yuki würde wahrscheinlich sterben, um mit ihr tauschen zu können. Sie sah auch die Bewunderung in Yuichis Saphiraugen. Er war über seine Partnerwahl höchst erfreut. Demnach musste er die verzauberten Blicke, mit denen er sie verschlang, gar nicht schauspielern. Oh, es würde ihr gefallen, ihm den Kopf zu verdrehen! Er war ein hervorragender Schauspieler. Yami, Gott sei Dank, auch. Die verführerisch unschuldige Schönheit war ihr wie auf den Leib geschneidert. Auch die Szene, in der sie ihre Haare wusch, war beim ersten Versuch im Kasten. Schnell wurden die Haare geföhnt und neu frisiert. Doch alle Freude war zu früh. Die letzte Szene stimmte einfach nicht. Dem Regisseur passte die letzte Szene nicht, konnte aber nicht sagen, woran das lag. Yami wurde müde. So langsam verlor sie die Lust. Zwei Stunden probten sie die letzte Szene in allen möglichen Perspektiven und auf verschiedene Arten. Nichts war perfekt. Sie bewunderte Aryan Geduld. Die ganze Zeit stand er neben der Kamera und sah ihr zu. In seinen Augen sah sie, dass ihm ihr freizügiges Kostüm gefiel, doch die Begierde, die in allen anderen Männeraugen lag, war in seinen verborgen. Verdammt sei seine eiserne Disziplin! Warum gierte er nicht nach ihr? Sie konnte jeden hier im Raum haben, aber sie wollte nur den, der sich ihr verweigerte. Als sich Regisseur und Kameramann in einem verzweifelten Zank vertieften, wandte sie sich Aryan zu. „Du hast mir noch gar nicht gesagt, ob ich dir gefalle.“ „Wunderschön“, hauchte er nur. Seine Augen nahmen ihre gefangen... Da war wieder der Zauber, der sie fesselte. „Das ist es!“, schrie der Regisseur plötzlich. Yami schreckte auf. „Hier fehlt die Leidenschaft, Yami-chan! Die Leidenschaft, die gerade zwischen euch beiden spürbar war.“ Sie sah ihn nur verwirrt an. Wovon redete er jetzt? „Verstehen Sie nicht“, rief er begeistert. „Ein Kuss! Ein Kuss verleiht der Szene die perfekte Stimmung. Sie muss mit einem Kuss enden.“ Yami überkam es eiskalt. „Wie bitte?“ Sie hoffte, sich verhört zu haben. „Aber natürlich! Meinen Sie nicht auch, General Suraj?“ Aryan nickte nur und erntet einen fassungslosen Blick von ihr. „Das gehört zur Schauspielerei dazu“, erklärte er ihr mit versöhnlicher Stimme. „Ein Kuss wird dem Zauber dieser Szene die nötige Essenz geben.“ „Also, auf! Alles an seinen Platz!“, rief der Regisseur in die Hände klatschend. „Wir enden mit einem Kuss voller Verlangen und Zauber.“ Yami warf Aryan einen letzten, giftigen Blick zu. „Wie konntest du nur“, zischte sie und stolzierte davon. Der Stein im Magen drückte schwer. Doch seit wann störte sie ein einfacher Kuss? Dieser verfluchte Aryan! Sie wollte den Typen nicht küssen. Egal, wie sexy er war! Er war Yuichi Yamada, Yukis große Liebe! Es war gegen die Goldenen Regeln, ihn zu küssen! Diese Regeln waren heilig. Yuki hatte Aryan nie angemacht, nie mit ihm geflirtet, weil diese Regeln heilig waren. Weil sie Yami liebte. Wie konnte sie das ihrer Schwester antun? Yuki würde das verstehen. Es zählte doch nicht wirklich als Betrug, oder? Selbst Aryan, ihr Freund, hatte nichts dagegen einzuwenden. Und er kannte die heiligen Goldenen Regeln der Drillinge. Also war es seine Schuld! Yami kam nicht drum rum. Und wenn es Aryan recht war, bitte! Soll er haben! Sie würde es ihm schon zeigen. Bevor er kam, hatte sie etlichen Männern den Kopf verdreht. Ihre Küsse raubten Herzen. „Also, die letzte Szene. Wie geprobt! Yami-chan, zieh ihn wieder zu dir, nur jetzt küsst du ihn! Yuichi-kun, du wirst wissen, was du zu tun hast. Action!“ Yamis Hand zitterte leicht. Sie zog den hübschen, jungen Mann zu sich, schloss die Augen, drehte aber den Kopf weg. Yuichis volle Lippen trafen ihre Wange. Einen Feigling schimpfte sie sich. „Cut! Was ist da los? Warum ist die verführerische Fee so verkrampft?“ Sie schluckte schwer. „Es tut mir leid, jetzt kriege ich es hin.“ Dabei vermied sie es, Aryan anzublicken. Sie würde ihn ignorieren! Für den Rest ihres Lebens! Wieder konnte sie das nervöse Zittern nicht unterdrücken. Sie kniff die Augen zusammen und küsste ihn, die Zähne fest zusammengepresst. Es fühlte sich nach nichts an, nur weich. Seit Aryan fühlte sie nichts mehr für andere Männer. „Cut! Wo ist die Leidenschaft? Ich will den Zauber sehen! Noch mal!“ Doch sie schaffte es nicht. Es ging nicht. Immerzu sah sie das anklagende Gesicht ihrer Schwester vor sich. Nach dem siebten Versuch stand Aryan plötzlich auf, das Sinnbild eines griechischen Gottes - stolz, vor Kraft strotzend, mit funkelnden Augen - und ging auf sie zu. Ihr Drehpartner machte ihm überrascht Platz. Aryan kniete sich zu ihr, in seinen Augen stand das ganze Verlangen, das er für sie empfand. Voll Sehnsucht legte sich ihre Hand auf seine Wange und zog ihn zu sich. Als ihre Lippen sich berührten, stockte ihm der Atem. Süße Hitze überkam sie und ihre Blut fing Feuer. Völlig verzückt erwiderte Aryan ihren Kuss, und Yami vergaß, wie wütend sie auf ihn war. „Wundervoll! Hervorragen! Fantastisch!“, kreischte der Regisseur. „Genau so muss es aussehen! Sie sind ein Genie, General Suraj!“ Zu Yuichi gewandt sagte er: „Siehst du, genau so musst du es machen!“ Yamis Sinne waren wie benebelt. Sie bekam kaum mit, was um sich herum geschah. Sie spürte Aryans Energie in sich, die ihr Kraft gab, ihre Scheu zu überwinden. Sie war verführerisch, sie war klug und verdammt noch mal unwiderstehlich! Sie würde jedem hier die Magie schon zeigen! Wenn es nicht Yuichi war, den sie küsste... Wenn es Aryan war, dann war das nicht gegen die Goldenen Regeln. Yami beschwor ihre Fantasie und tatsächlich, sie schaffte es, dass Yuichi wie Aryan aussah. Die Saphire verwandelten sich in Smaragde. Wie in Trance spielte sie die Fee. Ihre Augen glühten, als sie ihn ansah und Yuichis Wangen färbten sich Rot. Er war von ihrem Anblick gefesselt. Verzaubert folgte er der Aufforderung in ihren Augen. Mit fast schwebenden Bewegungen kam sie auf ihn zu. Legte ihm leicht die Fingerspitzen an die Wange, zog ihn zu sich und küsste ihn. Der Kuss war voller Zauber und Leidenschaft. Und entfachte eine Hitze, die jeder am Set förmlich spüren konnte. Und Yuichis Arme pressten sie von selber an sich, sogen ihren Zauber ein. Nie mehr würde er sie loslassen! Er war wie vor den Kopf gestoßen, als Yami den Kuss abrupt beendete. Der Regisseur war begeistert. Yami war nur erleichtert, endlich fertig zu sein. Und sie war wütend. Als sie endlich gehen konnte, verschwand sie wortlos in der Umkleidekabine. Aryan hatte die ganze Meute nun am Hals, er würde alles Nötige für sie regeln. Zornig zog sie sich ihre eigenen Klamotten wieder an. Da trat Yuichi plötzlich ein und schloss die Tür. Sie würdigte ihn keines Blickes. „Kannst du nicht anklopfen?! Was willst du hier?“ In ihrem Zorn auf Aryan vergaß sie ihre guten Manieren. Schließlich konnte Yuichi ja nichts dafür. „Dich bitten, mit mir auszugehen.“ Es überraschte sie nicht im geringsten. So war es jedem Mann ergangen. Und sie kannte ihre Antwort, doch Yuichi kam ihr zuvor. In seinen Augen glühte etwas nur allzu Bekanntes. „Nie hat mich eine Frau so geküsst. Yami-chan, ich will dich. Nur dich.“ „Ich habe kein Interesse“, meinte sie kühl. Solche Gespräche hatte sie nur allzu oft gehabt. Yuichi ließ sich nicht beirren. „Ich habe es gespürt. Wieso hättest du mich sonst so geküsst? Tut, mir leid, Kleine, aber ich will mehr.“ Mit zwei großen Schritten war er bei ihr und riss sie in die Arme. Yami wand sich, doch sein Mund legte sich hart auf ihren, wollte sie bezwingen. „Küss mich!“, bat er und drängte sie gegen die Wand. „Küss mich so wie vorhin!“ „Nein!“ Sie stemmte die Hände gegen seine Brust. Sie war vor Ekel so erfüllt, dass sie genauso reagierte, wie sie es nicht sollte. In so einer Situation bewahrte sie sonst Ruhe. Sie hatte doch nicht umsonst den schwarzen Gürtel in Karate. Aber sie war außer sich. „Lass mich los, lass mich sofort los!“ Sein Mund erstickte ihren Protest. In dem Moment, in dem sie das Knie hoch riss, betrat Aryan die Kabine. Seine grünen Augen weiteten sich, als er sah, wie sich Yuichi stöhnend zusammen krümmte und eine völlig zerzauste Yami sich von ihm befreite. Ihre Lippen waren geschwollen, in ihren Augen blitzte die nackte Wut. „Da hast du die Konsequenzen von deinem verdammten Kuss“, schrie sie und rannte davon. Tränen der Wut wurden vom Wind mitgetragen, als sie ziellos vom Filmgelände rannte. An der Bushaltestelle stieg sie einfach in den nächsten Bus, um sich bei Anjaani auszuheulen. Es war auch eine gute Gelegenheit, Yuki alles zu beichten. Wenn Yuichi ihr schon nicht widerstehen konnte, würde er Yuki mit Haut und Haaren verfallen. Yami hatte quasi die Vorarbeit geleistet. Als sie an der letzten Bushaltestelle ausstieg, hörte sie plötzlich ein nur allzu bekanntes Motorengeräusch. Aryan sprang vom Motorrad, kaum, dass es angehalten hatte und schritt langsam auf sie zu, doch Yami wich vor ihm zurück. Sie wollte ihn nicht sehen, diesen Verräter! „Wieso rennst du weg?“, fragte er sanft. „Weil ich wütend auf dich bin!“ Ihre sonst so melodische Stimme wurde schrill vor Wut. „Ich bin zu spät gekommen. Ich habe deine Schreie nicht rechtzeitig gehört. Entschuldige bitte.“ „Das ist es nicht und das weißt du genau!“ „Was hätte ich denn tun sollen?“, fragte er schlicht. Sie schnaubte nur und drehte ihm den Rücken zu. Doch plötzlich stand er vor ihr. „Es tut mir so leid.“ „Es tut dir leid? Erzähl das deiner -“ Sein Kuss verschloss ihre Lippen, süß, brennend, lähmend. Mit funkelnden Augen sah er sie an. „Glaubst du, mir hat es nichts ausgemacht?“, raunte er mit heiserer Stimme, wenige Zentimeter von ihren Lippen entfernt. Yami neigte sich weg von ihm und seiner betörenden Hitze, wich den lockenden Augen aus. „Glaubst du, mir macht das nichts aus? Für was hältst du mich eigentlich, Aryan?“ Yamis Stimme überschlug sich. „Du hältst mich für eine Schlampe, nicht wahr?“ Er wollte widersprechen, doch sie fuhr ihm über den Mund. „Eines will ich dir sagen, Mister Ich-kann-alles-denn-niemand-kann-meinen-Wunderaugen-widerstehen, mal abgesehen davon, dass ich die Regel gebrochen habe, habe ich mittlerweile ein Problem damit, andere Männer zu küssen. Ich wollte das nicht. Es war widerlich!“ Schmerz zuckte in seinen Augen auf. Aryans sonst immer so ruhige und beherrschte Maske zerbröckelte. „Ich wollte nicht, dass du diesen Job verlierst. Ich dachte an einen kleinen, harmlosen Kuss. Ich dachte, ich werde damit fertig. Aber ich habe es nicht ertragen. Ich wollte ihn erwürgen!“ Seine geballten Fäuste zitterten. Zum ersten Mal sah sie Wut in seinem Gesicht. „Weißt du, was es für ein Gefühl ist, Mordgelüste zu haben? Und das, obwohl ich fast jeden Tag die abscheulichsten Gräueltaten sehe, fast jeden Tag selber Dämonen töte. Und ein Kuss löst in mir zu ersten Mal das Verlangen aus, zu töten. Ich bin fast wahnsinnig geworden vor Eifersucht, als ich sah, dass er deine Lippen berührt. Und wie du ihn küsst!“ „Du wolltest das so“, zischte sie. „Du wolltest, dass ich diesen Kerl verführe. Ich habe nur getan, was du wolltest.“ „Du hast es etwas zu gut getan. Den Verstand hast du ihm geraubt.“ Vorwurf, aber auch ein winziger Hauch von Stolz klang in seiner Stimme. „Ich habe mir vorgestellt, er wäre du! Sonst hätte ich das meiner Schwester nicht antun können. Ob du es glaubst oder nicht, Herr General, auch ich besitze einen Funken Unschuld! Du bist der einzige, den ich will!“ Er blickte sie so intensiv an, dass sie die Augen nicht von seinen nehmen konnte. „Ich bereue meine Worte bitter. Ich hatte nicht geahnt was ich dir antue... und mir!“ Er nahm ihr Gesicht in beide Hände, seine Stimme wurde heiser. „Berühre nie wieder einen Mann so. Ich will der einzige sein, der dich berührt.“ „Dann berühre mich“, flüsterte sie. Er schlang die Arme um ihren bebenden Leib und presste sie an seine Brust. Sein Herz raste. „Ich will der einzige sein, der dich liebt...“ „Dann liebe mich“, flehte sie. Aryan lächelte und endlich, endlich schenkte er ihr die Erfüllung. Der brennende Kuss, der nur ihm gehörte. Dies war der Zauber, den keiner brechen konnte. Ohne den Kuss zu unterbrechen, hob er sie auf seine Arme und trug sie hinauf in seine Wohnung, zu seinem Bett, um Buße zu tun... Voll Verzückung vergab sie ihm alles. „Inuyasha! Halt sie auf!“, schrie Anjaani im oberen Stockwerk panisch. „Ich fasse sie nicht an“, widersprach Inuyasha und schon war Yuki aus der Tür gestürmt. „Vielen Dank, du Idiot!“, fauchte Anjaani und stürzte der Freundin hinterher. Yukis Fäuste hämmerten gegen Aryans Wohnungstür. „Yami Marie Hirashi!“, schrie sie schnaubend wie ein Stier. „Du hast Yuichi-kun getroffen ohne es mir zu sagen?! Hast du die Regel gebrochen? Komm sofort raus!“ „Yuki-Häschen, bitte lass uns gehen“, flehte Anjaani eindringlich und wollte die Freundin mit sich ziehen, als eine wutschäumende Yami die Tür aufriss. „Verdammt noch mal, Lisa!!! Was willst du?!“, knurrte sie, nur noch mit ihrer Unterwäsche bekleidet. „Yuichi Yamada!“ Dieser Name sagte alles. „Du störst!“ „Mein Yui-“ „Du hast gegen die Goldene Regel verstoßen, Lisa!“ Anjaani wurde schlagartig Rot, doch Yuki zog nur eine säuerliche Miene. „Aber nur, weil du gegen die andere Goldene Regel verstoßen hast!“ „Schon gut. Ich habe verstanden. Wenn du jetzt endlich verschwindest, erzähl ich dir nachher von dem Kuss.“ „Was?!“ „Immer mit der Ruhe“, mischte sich nun Aryan beschwichtigend ein. Er war vollständig angezogen, knöpfte gerade den letzten Knopf seines Hemdes zu. Sein Haar war zerzaust. „Wir erzählen es dir, wenn du dich beruhigt hast.“ Er legte Yami seine Jacke über die Schulter. „Ich wusste nicht, dass sie so reagieren wird“, entschuldigte sich Anjaani. „Komm jetzt bitte, Yuki, mein Liebling.“ Yuki wandte sich ihr mit funkelnden Augen zu. „Dein Liebling“, säuselte sie. „Du willst mich doch nur rumkriegen, damit ich Marie in Ruhe lasse.“ Doch es war bereits zu spät. Yuki hatte die knisternde Stimmung zwischen den zwei Liebenden bereits gründlich zerstört. Im selben Moment kam der dritte Drilling vorbei. „Was ist denn hier los?“, wunderte sich Yoko, starrte Yamis Erscheinung stolz an. Hatte sie es geschafft, Aryan zu verführen? „Yami hat Yuichi Yamada geküsst“, seufzte Anjaani. Yoko riss geschockt die Augen auf. „Du hast die Goldene Regel gebrochen“, grollte sie ihre Schwester mit blitzenden Augen an. Der Stolz war sofort verflogen. „Und Lisa hat gerade die zweite gebrochen“, beschwerte sich Yami wütend. Yoko stolperte entsetzt rückwärts, ihre Knie drohten nachzugeben. Inuyasha kam im selben Moment herunter und packte sie gerade am Ellenbogen, sonst wäre sie die Treppe hinuntergefallen. „D-die Goldenen Regeln“, stammelte sie. „Habt ihr denn völlig den Verstand verloren?!“ „Yoko-Neko, beruhige dich“, beschwichtigte sie Anjaani. „Beruhigen!“, schrie Yoko. „Sie haben die Regeln gebrochen! Du weißt, was das bedeutet!“ „Hey!“ Inuyasha packte wieder ihren Arm und zog sie dicht an sich. Seine bedrohliches Gesicht beugte sich über ihres. „Hör auf so rumzuschreien, oder ich bringe dich zum schweigen.“ Yoko errötete, versunken in seinen funkelnden Goldaugen. „Ich bin ja schon ruhig“, schnurrte sie. „Himmel, wie dein Atem duftet! Küss mich!“ „Verschwinde!“ Mit einem angewiderten Schrei stieß er sie von sich, bemerkte dann die irritierten Gesichter. „Küss mich?“, wunderte sich Anjaani. „Küss mich passt doch nicht zu dir“, stimmte Yuki ihr zu, den Zorn einen Moment vergessend. „Ich hätte schwören können du sagst: Nimm mich!“ „So ein Unsinn!“, widersprach Yoko patzig. „Ich habe Zuma! Ich würde ihn nie betrügen, nicht einmal mit Inuyasha!“ „Ach und küss mich ist weniger schlimm? Ein Kuss ist auch Betrug an den Liebsten“, belehrte sie Yami. „Sie mal einer an! Das sagt ja die richtige“, giftete Yuki. „Was ist hier überhaupt los?“ Inuyashas Stimme grollte immer noch am lautesten. „Warum ist hier so ein Theater? Was sind die Goldenen Regeln? Und warum hat der grüne Zwerg nichts an?“ Alle drei Drillinge fingen gleichzeitig an zu reden, was schnell zu einer hitzigen Diskussion ausarterte, die einen brennenden Streit verursachte. Aryan und Anjaani tauschten einen Blick und nickten sich dann zu. Anjaani packte den überforderten Inuyasha und zu dritt gingen sie in ihre Wohnung. Überrascht verstummten die streitenden Schwestern und blickten sich im leeren Flur um. „Wie erträgst du die denn?“, knurrte Inuyasha genervt. „Ich liebe sie“, verteidigte Anjaani die Schwestern. „Sie sind die meiste Zeit wundervoll. Ich wüsste nicht, was ich ohne sie tun würde.“ „Dann erkläre mir mal, was die Goldenen Regeln sind und warum die so ein Theater machen.“ Jetzt errötete Anjaani und die Art, wie sie beschämt die Augen nieder schlug, ließ ihn genug ahnen. „Hast du dich denn nie darüber gewundert, warum Yuki und Yoko sich nie an Aryan rangemacht haben? Dich springen sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit an, aber von ihm haben sie immer die Finger gelassen.“ Stimmt, das verwunderte ihn Tag für Tag aufs Neue. „Wegen der ersten goldenen Regel“, fuhr Aryan fort. „Ein Mann, der an einen der Drillinge vergeben ist, ist tabu für die anderen beiden. Yami hat diese Regel gebrochen, weil sie Yuichi Yamada küsste, den Yuki liebt. Aber das ist meine Schuld.“ „Und die zweite Regel?“, bohrte Inuyasha nach. Aryan sah ihn ausdruckslos an. „Rate mal.“ „Nie beim Sex stören“, flüsterte Anjaani so leise, dass es selbst für sein Gehör fast zu leise war. „Das ist ja widerlich!“ Er warf Aryan einen angeekelten Blick zu und wünschte sich, nicht gefragt zu haben. Das letzte, was ihn auf dieser Welt interessierte, war das Liebesleben der Nervensägen. Aryan sah ihn mit seinen unergründlichen Augen an. „Wie gesagt, Yuki hat die Regel gebrochen.“ „Aber es wäre passiert! Bäh! Schämst du dich nicht?“ „Was geht dich das denn überhaupt an?“, wunderte sich Aryan. „Und gerade du musst mir keine Moralpredigt halten.“ Anjaani schlichtete, bevor Inuyasha noch ausrasten konnte. Aryan war immer gelassen und brachte ihn mit seiner ruhigen Art erst recht auf die Palme. „Aryan ist eben der reifere von euch beiden“, zog sie ihn auf. Und Inuyasha schmollte. Zu seinem Glück tauchte keine der Dreien mehr bei ihnen auf. „Die werden jetzt Kriegsrat halten, weil beide Regeln gebrochen wurden“, meinte Anjaani. „Die Diskussion wird wahrscheinlich die ganze Nacht dauern. Ihr werdet sehen, morgen früh, wenn sie hier zum Frühstück auftauchen, werden sie versöhnt, aber todmüde sein.“ Irgendwann würde Inuyasha einsehen, dass Anjaanis Vermutungen immer zutrafen. Yokos Kopf ruhte neben dem Frühstücksbrett, Yami saß an Aryans Brust geschmiegt und Yuki lehnte an Anjaanis Schulter. Alle Drei waren eingeschlafen. „Was hab ich gesagt?“, meinte Anjaani seufzend. „Die nehmen diese Regeln viel zu ernst.“ „Und was mache ich mit ihr?“, wandte sich Aryan an sie und streichelte Yami sanft durchs Haar. „Sie muss zur Arbeit, aber sie ist so müde. Ich kann sie doch nicht wecken.“ „Aber die hier werde ich wecken“, knurrte Inuyasha die schlummernde Yuki an, die sich enger an Anjaani schmiegte und die Hand in ihre Brust gekrallt hatte. „Selbst, wenn sie schläft, hat sie nur eines im Sinn.“ „Du weckst sie nicht“, verbot ihm Anjaani. „Ich koche Kaffee mit einen Spritzer Energie. Der wird sie munter machen. Hier, halt mal.“ Sie schob ihm Yuki in die Arme und machte sich am Kühlschrank zu schaffen. „Hey!“, protestierte Inuyasha. „Was soll ich mit der?!“ Er schubste Yuki von sich, die im Stuhl zusammensackte und friedlich weiter schlief. Als Anjaani fertig war, mussten die Drei nur noch geweckt werden. „Bei Yoko reicht es, sie zu rufen, Yuki übernehme ich und Yami...“ „... ist empfindlich am Ohr“, beendete Aryan den Satz. Inuyasha konnte schon nicht mit ansehen, wie Aryan Yami liebevolle Worte ins Ohr hauchte und sie bei dem sachten Kuss, wie von der Biene gestochen hochschreckte. Doch, als er sah, wie Anjaani Yuki weckte, kochte die Eifersucht wie Säure in ihm hoch. Unfassbar! Er war eifersüchtig auf eine Frau! Anjaani hauchte einen zarten Kuss auf Yukis Wange und wisperte: „Aufwachen, mein Häschen.“ „Mein Herz?!“ Yuki gähnte herzhaft. „Ich habe geschlafen.“ „Nicht nur du“, nuschelte Yoko. „Himmel, was mach ich nur, ich bin so müde!“ „Aani kommt zu Hilfe, meine Süßen“, zwitscherte Anjaani fröhlich. „Trinkt die, Inuyasha und ich müssen jetzt los. Ihr könnt zu Ende frühstücken. Aryan-nii, schließt du ab?“ „Natürlich.“ „Moment!“, riefen die Drillinge. „Wo wollt ihr hin?“ „Geht euch nichts an!“, grinste Inuyasha. „Ach, Anjaani. Ich hab die Spinne, die ich entfernen sollte, nicht gefunden.“ Über das plötzliche Gekreische der Drillinge lachend, warf er sich Anjaani auf den Rücken und sprang vom Balkon. Anjaani konnte sich bei seinem schnellen Tempo nicht über diese gemeine Lüge beschweren. Kaum, dass sie beim Konditor gelandet waren, bei dem sie die Torten für die Geburtstagsparty bestellen wollten, klingelte auch schon Anjaanis Handy. „Seid ihr nun auf festem Boden?“, meldete sich Aryans Stimme über ängstliches Gekreische hinweg. Sein Timing war perfekt wie immer. „Auf die Sekunde genau. Tut mir leid, dass du nun solchen Ärger hast.“ „Hier ist keine Spinne, aber keine der Drei glaubt mir. Jedenfalls sind sie jetzt auch ohne Kaffee wach. Aber sie sind außer sich vor Angst, klär das bitte, oder Inuyasha hat wirklich großen Ärger am Hals.“ „Gib mir mal bitte eine der Drei. Yuki-Hase? Ich bin hier Häschen, bitte beruhige dich. Da ist keine Spinne, Inuyasha wollte euch nur ärgern. Wenn du dich jetzt beruhigst, bekommst du nachher einen Kuss von mir, ja? Du weißt doch ganz genau, dass ich sie alle entferne, bevor ihr herkommt. Yoko-Neko, hast du gehört? Sag das bitte auch Yami.“ „Yami hat sich in deinem Zimmer verkrochen“, meinte Yoko nun beruhigt. „Aryan wird wissen, wie er sie beruhigen kann.“ Errötend beendete Anjaani das Gespräch und wandte sich an den unschuldig lächelnden Inuyasha. „Welche Spinne, Saajan?“ „Och, habe ich Spinne gesagt? Ich muss mich geirrt haben.“ „Du liebst es, ihnen einen Schock zu versetzen, was? Armer Aryan-nii“, lachte Anjaani. So arm war Aryan gar nicht dran. Er verfluchte Inuyasha zwar innerlich, als er Anjaanis Schlafzimmer betrat, aber als er Yami zusammengekauert auf Anjaanis Bett sah, musste er bei dem Gedanken, wie er sie beruhigen konnte, lächeln. „He, meine kleine Nachtigall, es gibt keine Spinne. Inuyasha hat euch nur einen Streich gespielt.“ Yami hörte ihm gar nicht zu. Ihr Körper zitterte leicht. „Wo ist die Spinne?“ „Yami“, sagte Aryan lauter und ging auf sie zu. „Es war nur ein Streich.“ „Du lügst“, hauchte sie. Aryans Augen blitzten auf. Er stieß sie aufs Bett und ergriff ihre Handgelenke. „Seit wann fühlst du dich bei mir gar nicht mehr sicher?“ Yami starrte ihn mit rasendem Herzschlag an. Und Aryan konnte nicht widerstehen. „Ich nehme dir deine Angst“, flüsterte er und küsste sie verlangend. Völlig überwältigt beugte sie sich ihm entgegen und erwiderte seinen Kuss, gefangen unter seinem Körper. „Schau, wie es hilft“, raunte er an ihren Lippen und intensivierte den Kuss. Yami schwanden alle Sinne. „A-Aryan“, keuchte sie erregt. „Hör bitte auf...“ „Nein. Genau das wolltest du doch, weitermachen, wo wir gestern aufgehört haben...“ „Ja“, hauchte sie berauscht. „A-aber das ist A-Aanis Bett. Wenn du so weiter machst, wird mir das egal sein.“ Seine Lippen an ihrem Hals entlockten ihr ein sündiges Stöhnen und Aryans Muskeln spannten sich an. „Yami... wenn du so weitermachst, vergesse ich mich.“ „Du warst eine tolle Hilfe beim Konditor, Saajan.“ Anjaani strahlte ihn von seinem Rücken aus herzlich an. „Danke! Dafür vergebe ich dir auch die fiese Spinnen-Lüge“, lachte sie und schlang die Arme um seinen Hals. Ihre Wange schmiegte sich an seine. Für den Moment war der Hundedämon völlig überrumpelt und geriet ins Straucheln. Wenn er jetzt leicht den Kopf drehte, würden sich ihre Lippen berühren... Gerade im Sprung war das keine gute Idee. „Sie nerven mich schließlich die ganze Zeit“, beschwerte er sich. „Eigentlich quäle ich sie zu wenig! Wieso musst du mich immer daran hindern?“ „Du quälst Yami mit deinen Wutausbrüchen schon genug.“ „Das kommt davon, wenn man sich mit einem mächtigen Dämon anlegt. Leider unterschätzen mich die anderen Zwei, sonst hätten sie erheblich mehr Respekt vor mir.“ „Komm bloß nicht auf dumme Gedanken“, schimpfte sie. „Ich weiß, wie gefährlich du bist, lass es!“ Inuyasha zuckte bei diesen Worten zusammen. Der Damm brach. Der Damm, der seine Gefühle so sicher vor ihr verwahrt hatte. „Was ist los? S-Saajan?!“ Inuyasha war auf einem Flachdach stehen geblieben und hatte sie abgesetzt. Seine Augen so voller Schmerz, versetzten Anjaani einen Schock. „Es tut mir leid“, flüsterte er und wandte sich von ihr ab. Er konnte sie nicht ansehen. „Ich habe nicht nachgedacht, als ich gesprochen habe. Ich würde ihnen nie die Schmerzen antun, die ich dir angetan habe.“ Seine Schultern bebten, seine Zähne knirschten, er quälte sich vor Schuldgefühlen. Wie hatte er sie so lange vor ihr versteckt? „Ich würde nie... aber ich habe dir wehgetan. Gerade dir! Ich bin ein Monster. Ich-“ „Saajan!“ Anjaani warf sich in seine Arme. „Sag sowas bitte nicht“, flehte sie, schmiegte den Kopf an seine Brust und drückte sich fester an ihn. Inuyasha war wie erstarrt, als er sah, dass sie weinte. „Rede nie wieder so, mein Herz“, schluchzte sie leise. „Es tut mir weh, wenn du sowas sagst. Du bist und bleibst das wundervollste Wesen, das es gibt.“ „Ist ja g-gut“, stotterte er. „Nur bitte, hör auf zu weinen.“ „Ich weine, weil ich deine enormen Schuldgefühle fühle. Wie sehr sie dich quälen!“ „Weil ich dir nicht gut tue“, stöhnte Inuyasha und raufte sich die Haare. „Ich bin eine Gefahr für dich.“ „Wie bitte?!“ Anjaani blieb vor Entsetzen das Herz stehen. „Was redest du da? Das war Inu-chan, nicht du!“ „Ich denke darüber nach, seit dem ich dich vor mir selbst retten musste, dich vor mir selbst beschützen musste. Seit dem ICH dich fast getötet hätte! Ich frage mich, ob du ohne mich nicht in Sicherheit wärst.“ Anjaani versagte der Atem. NEIN! Er wollte sie verlassen! NEIN!!! „Ich frage mich, ob es nicht besser für dich wäre, wenn ich nicht bei dir wäre. Aryan kann dich besser beschützen. Es ist besser für dich, wenn ich gehe...“ „Nein, ich will nicht ohne dich!“, schrie sie und schlang verzweifelt die Arme um seinen Hals. „Mein Leben ist nichts ohne dich! Du bist die Sonne in meiner Welt! Ich liebe dich, Saajan!“ Inuyasha sah sie an, der Schmerz verschwand aus seinem Gesicht. „Mein Engel“, raunte er und legte die Arme um sie. „Nimm die Finger von ihr, dreckiger Hanyou!“ Reflexartig stieß Inuyasha sie hinter sich, stellte sich dem störenden Dämon entgegen. „Was willst du?“, knurrte er zornig. „Ich will deine Kleine. Du als wertloser Hanyou erhebst Rechte auf sie. Das geht mir gegen den Zeiger.“ „Weißt du, was mir gegen den Zeiger geht“, schrie Anjaani zornig und schob Inuyasha weg. Das letzte Mal, als er sie so wütend erlebt hatte, hatte sie einen Bankräuber in der Tankstelle verprügelt. „Ich hab es so satt, dass ihr bescheuerten Dämonen mir hinterher rennt, wie die Dackel! Das steht mir bis hier oben!“ Anjaanis Toben und Fäustefuchteln verschreckte den Youkai, er entfernte sich langsam von ihr. „Sucht euch verdammt noch mal eine Dämonin, der ihr hinterher hecheln könnt! Du hast gerade einen der schönsten Momente meines Lebens zerstört! Was fällt dir eigentlich ein?! Verschwinde, du Vollidiot!“ „Vollidiot?!“ „Äh, Anjaani...“ Inuyasha zog sie sanft fort. „Hör auf, ihn zu beleidigen. Ich erledige ihn schon.“ „Lass mich! Was bildet der sich ein? Was erlaubt der sich eigentlich?! Rechte auf mich zu erheben, bin ich ein Spielzeug, oder was?!“ Der Youkai war von ihrem Verhalten so verwirrt, dass er nicht wusste, wie er reagieren sollte. „Du liebst ihn“, meinte er nur deprimiert. „Du verschwendest deine Gefühle für einen Hanyou. Dieser Wicht ist nicht halb so viel Mann wie ich.“ Anjaanis Zornesgesicht entgleiste und sie brach in schallendes Gelächter aus. Verdutzt starrten die zwei Dämonen sie an. „Was ist denn jetzt los?“, fragte der Youkai. „Das weiß ich auch nicht“, wunderte sich Inuyasha. „Anjaani?“ „Ich krieg mich nicht mehr ein“, kicherte Anjaani. „Du lächerlicher Wicht nennst dich einen Mann! Der einzige Mann, den ich hier sehe, ist Inuyasha. Und wenn er dir nicht gleich das Fürchten lehrt, kriegst du es mit mir zu tun!“ „Das hat kein Dämon verdient“, zwinkerte ihr Inuyasha zu und zog sein Schwert. „Ihr wagt es, euch über mich lustig zu machen?! Ich werde vielleicht draufgehen, aber ihr werdet eure Unverschämtheit büßen!“ „Das sehe ich nicht so!“ „Saajan, pass auf!“, schrie Anjaani. Der Youkai erzeugte gerade eine schwarz glühende Energiekugel, doch das Schwert war schneller. Anjaani wandte den Blick ab. Sie konnte nie zusehen, wenn Inuyasha einen Dämon tötete. „Anjaani, was ist das?!“ Überrascht sah Anjaani, dass die dunkle Energiekugel noch am selben Ort schwebte. „Das ist ein Fluch“, meinte sie ängstlich. Wir müssen Aryan schnell anrufen, um ihn zu neutralisieren.“ Doch ehe sie ihr Handy zücken konnte, erstrahlte die Fluchkugel und hüllte alles in gleißendes violettes Licht. Anjaani kniff geblendet die Augen zu und biss die Zähne zusammen, als etwas an ihrem Körper riss. Diese Kraft war so stark, dass es sie zu Boden warf. Doch plötzlich verschwand das Licht wieder. Der Fluch war anscheinend nicht so gefährlich wie gedacht. Völlig benommen sprang Anjaani auf die Beine, war jedoch so geblendet, dass sie immer noch nichts sehen konnte. Dafür schien sie aber in bester körperlicher Verfassung zu sein. Seltsam, so leichtfüßig wie eben war sie noch nie aufgestanden. Sie fühlte sich so fit wie noch nie. Ihr Körper schien vor Kraft zu strotzen, als könnte sie ganze Bäume ausreißen. Langsam erholten sich ihre Augen und als sie wieder scharf sehen konnte, erschrak sie fast zu Tode. Sie sah etwas zu scharf! Was war hier nur los? Sie hatte zwar immer eine perfekte Sehschärfe gehabt, doch nun konnte sie Dinge scharf sehen, die eigentlich zu weit entfernt waren. Und wieso nahm sie plötzlich so viele Gerüche wahr? Ein Geruch drang ihr besonders in die Nase. Ein Duft, der so unwiderstehlich war, dass ihr ganz schwindelig vor Verlangen danach wurde. Sie wandte sich nach diesem traumhaften Duft um und vor Schreck fuhr es ihr eiskalt den Rücken runter. Eine junge Frau lag neben ihr auf dem Boden. So etwas Schönes hatte sie nie zuvor gesehen. Die schwarzen Engelslocken schimmerten wie reine Seide in der Sonne. Die dunklen Wimpern, waren unnatürlich lang und dicht, ganz zu schweigen von den dunkelroten, vollen Lippen. Sie hatte einen Körper für den Anjaani sterben würde. War das ein leibhaftiger Engel? Und dann erkannte sie die hauchzarte, smaragdgrüne Pumphose der jungen Frau. Sie besaß denselben Salwar Kameez... Das war SIE! Neben ihr lag ihr eigener Körper auf den Boden! Gute Güte, war sie tot?! „Inuyasha!“, schrie sie. Im selben Moment wurde ihr speiübel. Ihre Stimme klang genau wie die von Inuyasha. Sie senkte den Kopf, um sich zu betrachten, die Haarsträhnen, die ihr über die Schulter fielen, waren nicht wie gewohnt schwarz, sondern weiß. Ihre Krallen blitzten in der Sonne. Wie von selbst griff ihre Hand an ihre Brust... nichts! Alles nur Muskeln. Aber was für Muskeln! Anjaani begriff. Sie steckte in Inuyashas Körper! Himmel, nein! Das würde dann bedeuten.... Sie blickte auf ihre Gestalt hinab. Duftete sie wirklich so gut? Zum ersten Mal sah sie sich an und fand sich mehr als nur schön. Sie war traumhaft! Die glänzenden Locken, die roten Lippen, die weiche, goldene Haut... Sie sah sich mit Inuyashas Augen... war sie so schön für ihn? Oh Gott, wie würde er darauf reagieren? Das Mädchen neben ihr öffnete die braunen Augen und ihr schönes Gesicht wurde leichenblass. „Ich bin tot!“, japste es entsetzt, hielt sich im selben Moment den Mund zu, als Anjaanis Stimme erklang. „Saajan, wir haben ein Problem“, seufzte Anjaani mit Inuyashas Stimme. „Waaaas?! Ich bin eine Frau!“ Mit schockgeweiteten Augen blickte er an sich herab. „Das darf doch nicht wahr sein! NEIN!!!“ Mit Anjaanis nun empfindlichen Ohren, tat sein Gezeter richtig weh. Sie hielt sich die Ohren zu, vergaß, dass sie ihr jetzt auf dem Kopf saßen. „Das ist ja toll!“, rief sie begeistert und fasste sich an die Hundeohren. Oh, die waren aber empfindlich! Kein Wunder, dass Inuyasha es liebte, wenn sie ihn da streichelte. Inuyasha hielt in seinem Gemecker inne. „Was ist bitte so toll dran?! Ich habe verdammt noch mal Brüste!“ „Fass da nicht hin?! Spinnst du?!“ Anjaani packte seine Hände, die sich automatisch an die Brüste gelegt hatten. „Aua! Anjaani!“ Anjaani bemerkte nicht, dass sie ihn zu fest gepackt hatte und ließ sofort los. „Es tut mir leid“, entschuldigte sie sich hastig. „Ich bin so stark und ich bemerke es gar nicht. Wie machst du das, so sanft zu sein?“ „Gewohnheit“, erklärte er mit ihrer Frauenstimme. „Wie hältst du es aus, so schwächlich zu sein? Guck dir nur mal deine dünnen Ärmchen an!“ „Pass ja auf, mein Lieber. Sonst kriegst du deine Krallen mal selbst du spüren. Aber jetzt mal ernst. Was machen wir jetzt? So können wir nicht bleiben. Es ist komisch, wenn ich mit deiner Stimme spreche.“ Stumm sahen sie sich an. Diese Situation war unheimlich und ziemlich peinlich. „Wie müssen besprechen, was wir jetzt tun“, entschied Anjaani. „Am besten nach Hause. Wie hältst du diesen Lärm eigentlich aus?“ Doch als sie ihre Hundeohren berühre, erhellte sich ihr Gesicht und sie grinste glücklich. „Nimmst du die Hände da weg“, beschwerte sich Inuyasha. „Hör auf, die ganze Zeit an deinen Ohren rumzufummeln. Das sieht peinlich aus. Verdammt, Anjaani!“ Anjaani starrte ihn an, in ihr Gesicht! Ihre braunen Augen blitzen, ihre roten Lippen bebten. War sie wirklich so sexy, wenn sie wütend war? Und plötzlich bemerkte sie es, dieses Ziehen in den Lenden. „Meine Güte, ich bin ja ein MANN!!!“ Vor Schreck zuckte sie zusammen, wandte sich um und rannte weg. Doch sie vergaß, wie schnell sie nun war, wie hoch sie sprang. Sie geriet vor Überraschung ins Straucheln und stürzte. Der Schmerz kam schnell, verflog aber auch sofort wieder. „Das ist ja nicht zum Aushalten“, schimpfte Inuyasha hinter ihr. „Du bist peinlich!“ Er verschränkte die Arme vor der Brust, errötet, weil der Busen im Weg war. Himmel, er hatte fast vergessen, dass er in einem Frauenkörper steckte! Und nicht in irgendeinem Körper, nein in ihrem! Er sah den Unmut darüber in den Bernsteinaugen. Zum ersten Mal sah er sein Gesicht durch ihre Augen. Er hatte wirklich schöne Augen. Kein Wunder, dass sie ihn immer so verträumt in die Augen sah. Aber wenn das so war, musste sie sich selbst durch seine Augen sehen können! Oh Gott und er war gerade wütend gewesen! Anjaani war wütend so attraktiv. „Bitte lass uns gehen, Inuyasha“, bat sie. „Ich halte den Lärm hier nicht aus.“ „Also gut, aber du musst mich tragen. Ich will, dass du weißt, wie schön es ist, über Dächer zu springen.“ Es war unheimlich, wie stark sie jetzt war. Inuyasha auf ihrem Rücken war federleicht, nur die Brüste spürte sie deutlich gegen ihre Schulterblätter gepresst. „Was ist“, beschwerte er sich. „Spring los!“ „Sag mal...“ „Ja?“ Misstrauisch betrachtete er das knallrote Gesicht. Sah er immer so bekloppt aus, wenn er errötete? „Drücken meine B-Brüste immer so an deinem Rücken?“ „Was?!“ Vor Schock wäre er glatt von ihrem Rücken gepurzelt. „Wie kannst du sowas fragen? Wie können die dich nicht stören? Die hüpfen bei jedem Schritt.“ „Sag mal, spinnst du!“, brüllte Anjaani. „Hör auf, dich zu befummeln!“ Den Heimweg verbrachten sie zankend. Vor allem, weil Inuyasha sich darüber beschwerte, wie langsam sie war. Sein Körper konnte eindeutig mehr. Anjaani traute sich nicht, die volle Kraft ihres neuen Körpers zu entfesseln, weil sie nicht wusste, ob sie die Kraft kontrollieren konnte. Sie sprang zwar nicht so hoch wie Inuyasha immer, aber es machte Spaß. Ignorierend, dass sie ihren Frauenkörper verletzte, ließ sie ihn unsanft zu Boden fallen, als sie auf den Balkon sprang. „Hey, aua!“ Inuyasha rieb sich den schmerzenden Hintern. Den runden, festen Hintern... „Nimmst du deine Finger da weg!“, keifte Anjaani. „Ich kann nun mal nicht verhindern, mich zu berühren“, grollte er zurück. „Wenn es dich so sehr stört, dann hol Aryan her!“ „Der ist heute Abend bei den Drillingen zum Essen eingeladen. Er wird offiziell als Yamis Freund vorgestellt. Gott sei Dank, ich will nicht, dass die Drei davon wissen.“ „Aha, werden die dich etwa nerven? Wirst du ihre kreischenden Stimmen nicht ertragen?“ „Inuyasha! Müssen wir wirklich so ein peinliches Gespräch führen? Wenn ich praktisch du bin, glaubst du, die lassen ihre Finger von mir? Dann erst recht nicht! Vor mir haben sie keine Angst. Und ganz im ernst, sie werden wissen wollen, wie es sich anfühlt...“ „Wie sich was anfühlt?“ „Wie es sich anfühlt, ein Mann zu sein“, hauchte sie leise und wackelte eindeutig mit der Hüfte. „Die nennen das DingDong. Und darüber will ich nicht reden!“ Inuyasha begriff und sein Gesicht ging in Flammen auf. So beschlossen sie, den Freundinnen nichts zu verraten, bis Aryan die Sache nicht geregelt hatte. Dafür mussten sie den anderen aber überzeugend spielen können. „Das schaffe ich“, behauptete Anjaani. „Ach ja?“, funkelte Inuyasha. „Hör auf, deine Haare zu zwirbeln! So benimt sich kein Mann!“ „Entschuldige. Ich fühle mich mit deinen langen Haaren weiblicher.“ „Weiblicher?! Ich bin ein Mann!“ „Weißt du wie lächerlich das aussieht, wenn eine Frau das sagt?“, grinste Anjaani. „Ich schaffe das, wie du zu sein. Ich muss einfach nur meckern und motzen und auf alles patzig antworten. Ich werde mich auch im männlichen Benehmen üben. Du hingegen musst dich in Freundlichkeit üben. Und lass deine Brüste in Ruhe!!!“ „Die sind im Weg, verdammt!“ „Ach ja, glaubst du mich stört das beim Gehen nicht?!“ Stunden später hatte sich Inuyasha von dem Schock, in den sie ihn versetzt hatte, immer noch nicht erholt. Geschah ihm recht! Sie war schließlich diejenige die darunter litt, in einem anderen Körper zu stecken. Er hatte nur ihre Brüste und er schien es sogar heimlich zu genießen. Sie dagegen war es nicht gewohnt, etwas zwischen den Beinen baumeln zu haben. Etwas, das sie hasste, wie nichts anderes auf der Welt. Zwischen den Beinen baumeln...? Als sich Anjaani dabei ertappte, dass sie genau mit den Worten der verdorbenen Drillinge dachte, stieß sie einen entsetzten Schrei aus. Das Glas, das sie gerade spülte, zersprang in ihrer Hand. Sie rümpfte die Nase vor dem kalten, metallischen Geruch des Blutes. Inuyasha stürmte in die Küche, ihr Schrei hatte seine Starre gelöst. „Was ist passiert?!“, rief er. Anjaani überraschte es immer wieder, wie erträglich ihre Stimme war, selbst wenn sie so schrill kreischte. Kein Wunder, dass Inuyasha von ihrem Gebrüll nicht so genervt war. „Warum bist du nackt?“, entsetzte sich Inuyasha. Anjaanis Frauenkörper, den er nun besaß, reagierte auf die entblößten, männlichen Muskeln und Inuyasha errötete. „Erstens bin ich nicht nackt“, belehrte ihn Anjaani mit blitzenden Sonnenaugen. „Ich habe nur das Hemd ausgezogen, weil mir zu warm ist. Zweitens, wenn ich schon ein Mann bin, will ich auch die Freiheit genießen, unbekleidet rumlaufen zu dürfen. Und drittens...“ Sie beugte sich mit einem fiesen Grinsen zu ihm herab. „Stört dich der Anblick?“ „D-das ist mein Körper! Warum sollte es mich stören“, stammelte Inuyasha. Der goldene Ring um seine Pupille weitete sich. Anjaani registrierte das kommentarlos „Weil du dich durch meine Augen siehst“, lachte sie. „Ein schöner Männerkörper hat auf eine Frau eine ganz andere Wirkung, als auf einen Mann. Und du weißt, wie ich reagiere, wenn du so rumläufst. Jetzt weißt du, warum es mich stört!“ „Du bist schrecklich“, fauchte er. Doch Anjaani hatte noch nicht genug. „Sag mal Inuyasha? Sehe ich immer so sexy aus, wenn ich mich aufrege?“ Mit flammendem Gesicht schnappte er nach Luft. „Es tut so gut, zu siegen, Saajan. Jetzt kannst du deine billigen Drohungen nicht einsetzen. Ich glaube nicht, dass du dich selbst gerne küssen wollen würdest. Selbst wenn, ich könnte dich jederzeit daran hindern.“ „DU!!!“ Inuyasha bebte vor Zorn. „Ich habe deine Energie! Also pass aus!“ Anjaanis Grinsen schwand kurz, dann prustete sie los. „Meine Energie steckt nicht in meinem Körper, du Genie. Sondern in meiner Seele. Soll ich es dir zeigen?“ Inuyasha erschrak, als die Bernsteinaugen plötzlich golden wurden und dann spürte er sie in sich. Es dauerte keine Sekunde, Anjaani zuckte weg. Für einen Moment hatte sie einen Ausdruck im Gesicht, den er nicht zu deuten wusste, dann verschwand es hinter der steinernen Mauer seiner undurchdringlichen Mimik. „Hast du wirklich geglaubt, du hättest meine Feinfühligkeit? Lass uns mit dem Streiten aufhören, ich habe mich vorhin nur geschnitten, weil ich deine Kraft nicht unter Kontrolle habe. Schau. Huch!“ Anjaani untersuchte ihre Hand. Da war doch eben ein tiefer Schnitt gewesen. Inuyasha grummelte. „Du steckst in einem Dämonenkörper, schon vergessen?“ „Das geht mir langsam auf die Nerven. Ich fühle mich in mir viel wohler. Obwohl ich zugeben muss, dass deine Kraft und deine scharfen Sinne wundervoll sind.“ „Warte, bis die Nervensägen hier auftauchen. Dann wirst du dein gutes Gehör verfluchen.“ „Wenn es so schlimm ist, wie du sagst, fliehe ich einfach durchs Fenster. So würdest du dich benehmen.“ „Wenn du dich traust von da runter zu springen.“ „Ich werde fliehen müssen, wenn sie uns durchschauen. Und du wirst dich sicher verraten.“ „Warum ich?“, plusterte er sich auf und stellte sich auf die Zehenspitzen. Es regte ihn mächtig auf, dass er zu ihr herauf sehen musste. Er hatte das Verlangen danach, die weißen Harre zu packen und Anjaani zu sich runter zu ziehen, wie sie es bei einem Streit immer tat. Aber Vorteile hatte dieser Körper auch. Er bewegte sich geschmeidiger und federleicht. Außerdem waren diese zierlichen Finger geschickter und er war biegsamer. „Wie reagiere ich, wenn die Drillinge uns besuchen?“, wollte Anjaani wissen. Und Inuyasha begriff. „Du freust dich sie zu sehen.“ Er spie die Worte aus wie Gift. „Und wie reagierst du?“ „Ich renne weg.“ „Du musst die Drei täuschen. Das wird nicht schwer, ich werde immer versuchen, sie von dir abzulenken. Aber Aryan-nii ist ein harter Brocken.“ „Ich schaff das schon. So schwer ist das nicht. Ich muss nur mit dem Hintern wackeln, die Haare schütteln, diese komischen Bewegungen mit den Händen machen und mich über jede Kleinigkeit wie eine durchgedrehte Hyäne freuen.“ Ein Knurren sammelte sich in Anjaanis Kehle. „Ach ja? Und weißt du, was du nicht tun darfst? Keine patzigen Antworten, keine genervtes Stöhnen, kein Fauchen, kein Brüllen, kein noch so winziges Knurren, kein Ignorieren, keine bösen Blicke, kein Geschrei, keine Widerworte, kein-“ „Ist ja schon gut! Hört das denn nie auf?“ „Oh, mein Lieber, ich kann lange so weitermachen“, lachte sie. „Was mache ich, wenn sie Hindi sprechen?“ „Saajan, wir sehen sie erst morgen. Bis dahin müssen wir die Nacht überstehen. Und das wird nicht ohne Streit gehen.“ „Wieso das denn?“ Das bemerkte er nur früh genug. Sie verbot ihm nämlich, sich umzuziehen, beziehungsweise auszuziehen. „Glaubst du, ich bin scharf darauf, so ein Mädchennachthemd zu tragen“, keifte er. „Aber ich kann in dieser Kleidung nicht schlafen!“ „Darum geht es nicht“, schrie Anjaani zurück. Sie selbst saß nur noch in Boxershorts da. Die Privilegien eines Männerkörpers genoss sie sichtlich. „Du musst dich ausziehen, wenn du das Nachthemd anziehst! Ich will das nicht!“ „Als ich auf die Toilette musste, hast du mich gelassen.“ „Ja, aber danach habe ich dir die Erinnerung genommen.“ „Und du hast deine noch!“ „Du hast auch gewisse Erinnerungen, die ich nicht mehr habe!“ Daraufhin errötete Inuyasha und wandte den schwarzen Lockenkopf ab. „Dann schlafe ich eben gar nicht!“ „Meine Güte, dann zieh dich aus, aber lass den BH an!“ „Aber der stört so! Wie haltet ihr Frauen das in diesen engen Dingern aus?!“ Bevor sie endgültig die Beherrschung verlor, besann sie sich, dass es für ihn genauso unangenehm war. Sie war bei seinem Körper zwar zimperlich, aber das wusste er nicht. „Ich ziehe dich aus“, seufzte sie. „Wie bitte?!“ „Das ist mein Körper, verstanden? Mach die Augen zu.“ Grummelnd gehorchte Inuyasha. „Wenn du sie aufmachst, kriegst du deine Krallen zu spüren“, drohte sie und es war keine leere Drohung. „Ach, du meine Güte, wie machst du das mit diesen langen Krallen“, schimpfte sie dicht hinter ihm, mühte sich mit dem BH-Verschluss ab. Gar nicht. Das einzige Mal, als er sie entkleidet hatte, hatte er das Teil zerfetzt. Er spürte, wie sie die Haken öffnete. Der BH glitt von seinen Schultern, der Stoff streifte seine Brustwarzen und erschrocken bemerkte er, wie empfindlich er dort war. „Die sind sehr empfindlich, besonders wenn ich kurz vor meiner Periode bin“, brummte sie und ohne nachzudenken, stupste sie es mit den Fingern an. Inuyasha zuckte zusammen und ehe er losschreien konnte, hatte sie ihm das Nachthemd über den Kopf gezogen. „Sag mal, spinnst du, Anjaani?!“ „Die gehören immer noch mir, Saajan. Außerdem war es nicht absichtlich.“ Inuyasha mied es, an sich herabzusehen, wütend starrte er sie an, mit golden blitzenden Augen. Verdammt, diese Berührung war so intensiv gewesen, es war fast unerträglich. In dieser einen Nacht hatte er sie genau dort geküsst. Sie war vor Verlangen fast wahnsinnig geworden. Jetzt verstand er warum. Und die Erinnerung daran raubte ihm den Schlaf. Verdammt, er wollte in seinen eigenen Körper zurück! Obwohl er ihren Duft neben sich nicht wahrnahm, konnte er nicht schlafen. „Sag mal, Saajan“, flüsterte seine Stimme im Dunkeln. Er wandte sich seiner Stimme zu. Und sein neuer Körper zuckte automatisch vor seinen gelb glühenden Augen zusammen. Sie hatte ihm nie gesagt, dass sie sich vor diesem Anblick fürchtete. Deswegen machte sie also immer das Licht an. Klang seine Stimme eigentlich wirklich so schön, oder lag es daran, dass er sich durch ihre liebevolle Sicht wahrnahm? „Du, Saajan?“ „Was ist“, flüsterte er leise. Er konnte sie nicht genau erkennen, aber er wusste, wie gut ihre Augen sahen. „Nimmst du meinen Geruch immer so stark wahr?“ „Ja.“ „Wie kannst du bitte schlafen?“ „Das ist Gewohnheit. Jeder riecht so intensiv für mich. Aber ich bin an deinen Duft gewohnt. Um ehrlich zu sein, beruhigt er mich. Wie riechst du deinen Körper?“ „Ich rieche gut“, sagte sie nur. „Ich kenne keinen schöneren Duft.“ Darauf antwortete Anjaani nichts. Schnell schlief sie ein. Es war zum Glück nur ihr eigener Duft, den sie so stark wahrnahm. Wäre es Inuyashas Duft... Himmel, das wäre unerträglich schön! Und Inuyasha, von seinen scharfen Sinnen befreit, schlief ebenfalls schnell ein. Er fiel in dunkle, Träume, voller Schmerz, Demütigung, Verachtung und Einsamkeit. Bis er begriff, dass es Anjaanis Erinnerungen waren. Harte, verletzende Worte, schmerzende Schläge, hasserfüllte Blicke. Das Gefühl ungeliebt und wertlos zu sein. Dann diese Dunkelheit, pure, drückende Dunkelheit, in der ab und zu das Trippeln kleiner Füße ertönte. Das grauenhafte Gefühl der Ratten am Körper, diese Angst. Die Verzweiflung, die jedes Mal mächtiger über ihn brach, tief in sein Herz stieß und es zerriss. Er träumte von Anjaanis 10. Geburtstag. Niemand war da, sie war allein. Drei Tage war die Familie fort, Anjaani hungerte. Der Wunsch wurde unerträglich, einen einzigen Geburtstag zu feiern, mit Menschen, die sie liebten. In dieser Nacht kam zum ersten Mal die Hoffnung. Anjaani träumte von ihm! Es war tatsächlich er, der ihr erschien. Seine Stimme, die ihr ein schönes Leben versprach. Inuyasha, ihr Saajan, wurde ihre Hoffnung und ihre größte Sehnsucht. Und er spürte, wie stark die Liebe war, die sie für diese Traumgestalt empfand und wie bedingungslos. Nun konnte er sich ungefähr vorstellen, wie sie empfunden haben musste, als er tatsächlich erschienen war. Saajan beherrschte ihre Träume jede Nacht, gab dem kleinen Mädchen Kraft, ihr furchtbares Leben zu ertragen. Auch tagsüber stellte sie sich ihn vor in Momenten der Einsamkeit. Dann erschien Rajesh zum ersten Mal. Anjaani war 14 als sie ihm begegnete. Er rettete sie vor der Bedrängnis durch ihren älteren Bruder. Es war das Gesicht ihrer Träume und Anjaani wähnte sich glücklich. Doch Inuyasha spürte, dass ihr etwas fehlte. Verbissen suchte sie Saajan in ihm, ließ sich von der Ähnlichkeit blenden. Er war ihr Retter, nahm sie bei sich auf und befreite sie von ihrer Familie. Raj war zu dem Zeitpunkt 18, besaß eine eigene Wohnung. Doch er war launisch und selbstsüchtig. Er begehrte Anjaani, war aber egoistisch. Stets kritisierte er sie, beschwerte sich und Anjaani litt stumm. Sie glaubte fest daran, in Raj den Retter aus ihren Träumen zu sehen. Trotz allem verschwand Inuyasha nie aus ihrem Herzen. Sie sah ihn immer noch vor sich, wenn sie die Augen schloss. Dabei hatte sie ihn doch in Raj gefunden, oder? Vier Jahre vergingen, mittlerweile war Anjaani verlobt. Sie liebte Raj, genoss seine Berührungen jedoch nicht wirklich. Je mehr sich Anjaani veränderte und schöner wurde, desto stärker war Rajs Verlangen nach ihr. Bis es unerträglich war. Sie sah es in seinen Augen. Die Angst vor ihm erwachte. Letztendlich herrschte zwischen beiden jede Nacht schlechte Stimmung, da sie sich weigerte, in sein Bett zu kommen. Sie blieb bei ihm, zu ihrer Familie konnte und wollte sie nicht zurück. Überall war es schöner, als bei ihrer Familie. Da sie ihn so liebte, nahm sie ihren Kummer hin. Bis zu jenem schicksalhaften Tag... Inuyasha wusste, was jetzt geschehen würde. So sehr er es auf versuchte, er wachte nicht auf. Und mit Grauen konnte er nur abwarten, was geschehen würde. Anjaani trat aus dem Zimmer, nur in Unterwäsche gekleidet. In dem Moment betrat Raj die Wohnung. Inuyasha sah alles aus Anjaanis Augen. Er spürte ihr nacktes Grauen, als sie Rajs besessene Augen sah. Ehe sie sich versah, war er bei ihr. Er erlebte diesen Augenblick, als würde er tatsächlich geschehen, sogar ihre Schmerzen nahm er war. Diese Pein, die Qual, die Demütigung, ihm schutzlos ausgeliefert. Raj riss sie zu Boden. Er war stark, viel zu stark für einen Menschen und er verging sich voll Gier an ihr. Er riss an ihren Haaren, zerkratzte, zerquetschte, zerbiss, in blinder, rasender Gier. Und Anjaani wollte sterben. Vor Schmerzen blind, wehrte sie sich, wodurch ihr Raj nur noch mehr Verletzungen zufügte. Doch dann, völlige Lähmung, als sie der sengende Schmerz durchbohrte... als er sie beschmutzte. Ohnmächtig ließ sie geschehen, dass er seine Gier nach ihr stillte, niemand hörte ihre Schreie. Und der Schmerz nahm zu, bis er so unerträglich wurde, dass er sie in tiefe Finsternis riss. Als Anjaani erwachte, war es dunkel und kalt in der Wohnung. Der Schmerz zwischen ihren Beinen war so groß, dass er sie lähmte. Ihr Körper war übersät mit blutenden Wunden... sie lag in ihrer eigenen Blutlache. Mit einem Schrei erwachte Inuyasha aus dem Alptraum. Er zitterte und bebte, vor Grauen geschüttelt. Dieses Bild ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Anjaani verwundet, blutend, fast zerfetzt, halb tot. „Saajan!“ Die weiche, samtige Stimme aus den sehnsuchtsvollen Träumen drang durch den Schleier aus Blut und Schmerz und gleichzeitig erfüllte diese unglaubliche Wärme den Raum. Sie durchdrang alles, vertrieb diese alptraumhaften Bilder, vertrieb das Gefühl, durchstochen zu werden. Da war es, das hell leuchtende Gesicht ihrer Träume. Saajan... „Inuyasha, komm zu dir!“ „Saajan?“ „Du bist Saajan, ich bin Anjaani! Was ist denn nur los?“ Inuyasha schüttelte den Kopf. Er war so gefangen in Anjaanis Erinnerungen gewesen, dass er vergessen hatte, dass er nicht Anjaani war. Für einen Moment hatte er es gefühlt... Er war alles für Anjaani. Er war die Sonne und die Sehnsucht. Wie sehr musste sie ihn lieben, wenn er die grausamen Erinnerungen verblassen lassen konnte? „Inuyasha, geht es dir gut?“ „Raj“, stammelte er keuchend. „R-Raj. Blut...“ „Oh nein!“ Anjaani begriff und tiefer Schmerz erfasste sie. Er hatte es mit angesehen. Er hatte es erlebt. Doch Inuyasha wäre nicht Inuyasha, wenn er sich nicht schnell wieder beruhigen konnte. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, raunte er voll Qual in der Stimme. „Wie hast du das überstanden?“ Doch er wusste die Antwort. „Ich hatte dich“, meinte sie. „Die Hoffnung, dich irgendwann zu finden hat mich alles ertragen lassen.“ Ihre Worte klangen ihm noch lange im Gedächtnis. „Erzähl mir, was du gesehen hast“, bat Anjaani. „Viele deiner Erinnerungen“, sagte Inuyasha. „Und keine einzige war auch nur angenehm. Allein die Momente mit den Nervensägen waren schön. Und ich habe Raj gesehen. Du hast recht, er ist nicht wie ich. Deine Gefühle für ihn und für mich sind ganz anders. Ich habe ihn keinen einzigen Moment mit mir verglichen.“ „Weil ich dich nicht mit ihm vergleiche“, flüsterte Anjaani leise. „Und du hast es gefühlt. Siehst du jetzt, dass ich Raj und dich unmöglich vergleichen kann? Siehst du, warum ich Raj nicht in dir sehe? Unterschiedlicher können zwei Personen nicht sein. Du warst das schönste in meinem Leben, meine größte Freude, meine schönste Wonne, obwohl du nur ein Gedanke warst, ein Traum. Wo hat denn meine Erinnerung aufgehört?“ „Als du verwundet und allein aufgewacht bist.“ Anjaani schauderte bei der Erinnerung. „Schade, dann hast du nicht gesehen, was die Drillinge für mich taten. Sie waren immer an meiner Seite. Sie waren immer für mich da. Sie würden ihr Leben für mich geben und ich meines für sie. Ich verstehe nicht, warum du sie nicht leiden kannst.“ „Es ist nicht so, dass ich sie nicht leiden kann, aber ich kriege Kopfschmerzen von ihnen.“ „Inuyasha!“ „Nein, ich meine es ernst. Ihre Stimmen tun mir wirklich in den Ohren weh, besonders wenn sie laut sind. Es ist ein so penetranter, hoher Piepston. Aber als Mensch höre ich ihn nicht.“ „Du meinst, sie haben einen Ton in der Stimme, den nur so Wesen wie Hunde hören können? Wie bei einer Hundepfeife?“ Anjaani musste lachen. „Na, die werden sich darüber aber freuen.“ „Du dafür um so weniger. Yami hat diesen Ton nicht, deshalb kann ich sie so gut unterscheiden.“ „Duften sie nicht auch alle anders?“ „Wirst du schon bemerken.“ „Wie duftet Aryan? Duftet er für dich auch so würzig und frisch?“ „Ja. Wie rieche ich?“ „Was?“ „Naja“, begann er zögernd. „Ich kenne meinen Geruch, nehme ihn aber nicht so bewusst wahr. Wie rieche ich?“ „Ich weiß es sicher nicht so genau, wie du es wissen würdest... Aber du hast einen so warmen und süßen Geruch, leicht rauchig und doch ganz weich, mit einem Hauch Natur. Du duftest atemberaubend!“ Das wusste er. Sie hatte es so oft im Schlaf gemurmelt. „Ich möchte so schnell wie möglich die Körper tauschen“, nuschelte sie schon halb schlafend. „Damit ich mich wieder an deine duftende Haut schmiegen kann. Jahrelang habe ich nur davon geträumt, nun will ich es ausleben.“ Ja, das wollte er noch dringender. Sie hatte ihm offen und ehrlich gesagt, dass sie ihn liebte. Nach dem er am eigenen Leib erfahren hatte, was er ihr bedeutete, war er ihr eine Antwort schuldig. Doch die würde er ihr als er selbst geben. Er wurde sie mit seinen starken Armen umschlingen, ihr in die warmen, braunen Augen sehen und die Worte in ihre schwarzen Locken hauchen. Sie hatte das verdient. Sie hatte sich ihr Leben lang nach ihm gesehnt, nur nach ihm. Er würde ihr ihren größten Wunsch erfüllen. Auch für ihn wäre das die Erfüllung. Anjaani wäre sein, für immer. Und ab dem Moment, in dem er ihr seine Gefühle gesteht, würde nichts auf der Welt sie auseinander bringen. Nicht einmal das fremde Mädchen seiner dunklen Erinnerung. Sie war Vergangenheit und Anjaani war seine Gegenwart und seine Zukunft. So sehr geliebt zu werden konnte man sich nur wünschen. Das Knurren seines Magens weckte Inuyasha. Wann er von seinen Gedanken in Träume geglitten war, wusste er nicht. Träge öffnete er die Augen und blickte in sein eigenes Gesicht. Er schrie auf, mit hoher, heller Stimme. „Saajan, ich bin´s“, sagte sein Gesicht. „Hast du vergessen, dass wir die Körper getauscht haben?“ Tatsächlich, er hatte es vergessen. Nein, noch ein Tag in einem schwachen Frauenkörper! Das war doch unerträglich. Sie war perfekt und anbetungswürdig, aber nur, wenn er nicht in ihrem Körper steckte. So konnte er ihre Vollkommenheit gar nicht genießen. Im Vergleich zu seinem starken Körper, war ihrer lächerlich schwach, schwächer als seine menschliche Gestalt. Der einzige Vorteil war, dass ihr Körper um einiges gelenkiger und biegsamer war, als seiner. Er schaffte einen Spagat, ohne das Gefühl zu haben, in der Mitte zerrissen zu werden. Und er hatte sich gestern öfters dabei ertappt, wie er die Hüfte schwang. Manchmal hatte er das Gefühl, gar nicht aus harten, festen Knochen zu bestehen, wenn er sich bewegte, sondern weich und fließend wie das Wasser zu sein. Er fühlte die Sinnlichkeit seines neuen Körpers, doch er wollte seinen starken, harten, vor Kraft strotzenden Körper zurück. „Ich habe keine Lust, noch weiter eine Frau zu sein“, maulte er und vergrub sich wieder im Kissen. Anjaani stand schon putzmunter auf den Beinen. „Also ich könnte mich an deinen Körper gewöhnen“, strahlte sie. „Ich friere nie, bin immer fit und mit den langen Haaren vergesse ich manchmal, dass ich ein Mann bin. Außerdem wache ich auf und bin sofort hellwach.“ „Super“, grummelte er ins Kissen. „Dafür habe ich deine morgendliche Trägheit. Kein Wunder, dass du so ein Morgenmuffel bist.“ „Ich bin kein Morgenmuffel. Ich kann nur nicht sofort aus dem Bett hüpfen, wie du. Und jetzt habe ich Hunger. Anjaani, mach mal Frühstück!“ „Hey“, beschwerte sich Inuyasha. „Erstens mal bist du Anjaani und zweitens rede ich nicht so unverschämt mit dir.“ Anjaani musste lachen. „Also erstens bist du momentan Anjaani und zweitens soll ich dir mal zeigen, wie du mit mir umgehst?“ Inuyasha begriff sofort und sprang auf. „Das wagst du nicht!“ Anjaani verschränkte grinsend die Arme vor der nackten, muskulösen Brust. „Aha. Es überrascht mich, dass du genau weißt, wovon ich rede. Was ist, machst du jetzt Frühstück?“ „Du spinnst wohl! Ich kann das nicht. Das ist deine Aufgabe!“ „Aha? Und deine Aufgabe ist wohl das Essen?“ „Genau. Ich rühre keinen Finger!“ „Tust du“, drohte sie leise. Die Bernsteinaugen wurden eine Spur dunkler. „Zwing mich doch!“, brüllte Inuyasha, vom Ausdruck seiner eigenen Augen überwältigt. Kein Wunder, dass es sie schwach machte, wenn er sie so ansah. Darauf hatte Anjaani gewartet. Sie packte die schmalen Handgelenke, die sich zwischen ihren kräftigen Fingern zerbrechlich wie Glas anfühlten und drückte Inuyasha aufs Bett zurück. Er riss die braunen Augen auf und wehrte sich wild. Doch sie hielt ihn unentrinnbar fest. Ein gewaltiges Machtgefühl bemächtigte sich ihrer. Sonst war sie immer die Beute, jetzt war sie der Jäger. „Lass den Mist!“, zischte Inuyasha durch zusammengebissene Zähne und versuchte sich verbissen zu befreien. Das schlimmste war, dass Anjaanis Körper auf die Unterlegenheit reagierte. Der Frauenkörper reagierte darauf, dem Männerkörper hingegeben zu sein. Das war doch nicht zum aushalten! Überrascht registrierte Anjaani, dass die braunen Augen golden wurden. Schon wieder? Warum das denn? Doch sie genoss die Situation zu sehr, um sie jetzt kaputt zu machen. „Jetzt kann ich alles machen, was ich will“, knurrte Anjaani leise, wiederholte exakt seine Worte von einst. „Und du könntest es nicht verhindern.“ „Ich hatte dich danach losgelassen!“ „Aber erinnerst du dich an die Absicht deiner Tat?“ Er knurrte nur. „Und weißt du, was du in solchen Situationen sonst machst?“ Inuyasha zuckte unter ihr zusammen. „Nein“, schrie er schrill. „Das wagst du nicht!“ „Weißt du, mich würde es nicht stören, meine eigenen Lippen zu küssen“, lächelte sie verträumt. „Du drohst mir immer damit. Warum sollte ich den Spieß nicht umdrehen, wenn ich die Gelegenheit dazu habe? Und gib es zu, nur deine Seele wehrt sich gegen mich.“ „Wenn du nicht sofort von mir runter gehst...“ „Was dann?“, flüsterte sie. „Pass lieber auf, Mister. Drohe mir nicht, wenn du so wehrlos bist. Unter dem Nachthemd hast du so gut wie nichts an...“ Inuyasha blieb vor Schock kurz die Luft weg. Er spürte die Wärme der Muskeln an seiner bebenden Brust nur zu deutlich. Wäre es doch nur umgekehrt! Wäre er wieder der Mann! Er würde sich nicht im Zaum halten... „Was willst du?“, grollte er. „Ich mache alles, nur lass mich endlich frei!“ Sie richtete sich auf. „Ich habe bekommen, was ich wollte.“ „Das war sowas von gemein und hinterhältig“, schrie er ihr hinterher. „Ach ja? Daran erinnere ich dich bei Gelegenheit.“ Inuyasha fauchte nur. Anjaani schnitt gerade das Obst klein, als ihre Ohren Schritte wahrnahmen. „Aryan kommt“, sagte sie, denn sie hörte seine feinen, gleichmäßigen Atemzüge. „Wie bindet man einen Sari?“, maulte Inuyasha, völlig in einem zartgoldenen Stoffhaufen verheddert. „Du hast dich angezogen?!“ „Ich habe nicht hingeguckt, wenn dich das beruhigt.“ „Wieso diese Farbe? Jetzt musst du dir die Nägel golden lackieren!“ „So ein Schwachsinn!“, fauchte er und betrachtete seine grünen Fingernägel. „Mein Nägel passen immer zu meiner Kleidung“, ermahnte Anjaani ihn. „Das ist meine Macke und es wird sofort auffallen.“ „Ich muss aber was anziehen!“ „Wieso ziehst du nicht den Salwar Kameez an, den ich gestern an hatte? Wieso einen Sari, wenn du ihn nicht binden kannst? Ich trage doch meistens eh Lehenga Cholis, die sehen nur aus wie Saris!“ „Was für ein Ding?“ Sie marschierte zu ihrem Kleiderschrank und warf ihm ein kurzes, perlenverziehtes Choli, einen passenden, fließenden blauen Rock und einen grünen Schleier, den Dupatta, hin. Es war zu warm für den Salwar Kameez, obwohl sie diese zarten, wallenden Pumphosen liebte, die sie so oft im Bauchtanzkurs trug. „Steck den Dupatta an der Hüfte fest und leg ihn wie bei einem Sari über die Schulter“, flüsterte sie, als Aryan anklopfte. „Guten Morgen, Aurora“, lächelte er Anjaani an, riss aber erstaunt die Augen auf. „Oh, tut mir Leid, Inuyasha.“ „Was ist mit dir los“, beschwerte sich Anjaani zornig. „Sehe ich aus wie eine Frau?“ „Eigentlich nicht. Aber du hast für einen Moment den selben Blick wie Aurora sonst gehabt. Wo ist sie denn?“ „Ich bin hier“, meldete sich Inuyasha, der sich gerade klirrende Armreifen anlegte. „Wieso verwechselst du uns?“ „Weil du gerade denselben Gesichtsausdruck wie Inuyasha hast. Was ist hier los?“ „Boah, ich hab keinen Bock auf noch mehr Theater heute morgen“, knurrte Anjaani überzeugend und trottete in die Küche. „Ihr geht mir alle auf den Sack!“ „Scheint alles normal zu sein“, meinte Aryan schulterzuckend. „Wie geht es dir, Aurora?“ Er umarmte Desidero, wie er es jeden Morgen bei Anjaani tat. Dieser versteifte sich entsetzt quiekend und schubste Aryan automatisch von sich. Aryan lächelte nur amüsiert. „Soll ich dir den Schleier umlegen, Inuyasha?“ Die echte Anjaani seufzte. „Und du wolltest einen Sari binden, Saajan?“ „Wie ist es denn passiert, dass ihr die Körper getauscht habt?“ „Was mich viel eher interessiert ist, wie du uns entlarvt hast, obwohl du gerade erst reingekommen bist?“ „Ganz einfach, du hast nicht diese warme Unschuld im Blick wie sie. Und Aurora schaut nie so abwehrend.“ Während Aryan Anjaani half, den Frühstückstisch zu decken, berichtete sie ihm alles. „Kannst du uns helfen, Aryan-nii?“ „Natürlich. Dafür muss ich nur eure Seelen herausziehen und wieder umtauschen. Aber du weißt, dass du das auch kannst, Kleines.“ „Ich weiß nicht, ob mir das nicht zu viel Kraft kostet“, wehrte sie ab, senkte aber den Blick, da Aryan sie intensiv musterte. Wie konnte sie ihm sagen, warum sie nicht wieder in Inuyashas Seele hinein wollte? Dass sie sich vor dem Gesehenen fürchtete? „Mach es endlich, Aryan“, forderte Inuyasha. „Das ist peinlich.“ „Noch peinlicher wird es, weil du morgen deine Tage kriegst“, neckte sie ihn. „Du scheinst das ganze ja auch noch zu genießen! Meine Güte, du bist unmöglich!“ Aryan musste lachen. „Also jetzt klingst du genau wie Aurora.“ „Ich will doch auch in meinen Körper zurück“, seufzte Anjaani. „Von wegen! Ich habe eher das Gefühl, du genießt es, an meinem Körper rumfingern zu können. Es macht dich an.“ Inuyasha wollte nicht verlieren. Wenn sie ihn so ärgern durfte, warum sollte er klein beigeben? Anjaani knurrte wütend. „Apropos anmachen, sei du nur ruhig! Kann es sein, dass meine Augen golden werden, in solchen bestimmten Situationen?“ „Was?“, japste er und errötete. „Deine Augen haben sich vorhin golden gefärbt.“ Im selben Moment flog die Tür, mit einem fröhlichen „Guten Morgen“ der Drillinge, auf. „Was ist denn hier los?!“, erschraken sie, als sie die Küche betraten. Anjaani und Inuyasha standen sich gegenüber, der Schock zeichnete das Gesicht der Inderin. Aryan stand teilnahmslos daneben. „Was hast du wieder angestellt, Hanyou“, warfen die Drei Anjaani vor, die sich reflexartig die Ohren zu hielt. Die hohen Stimmen der Drillinge hatten einen unerträglichen Pfeifton, den sie bisher nie gehört hatte. Er durchdrang ihren Kopf und bereitete ihr Kopfschmerzen „Er hat nichts -“, wollte sie Inuyasha verteidigen, begriff aber auf Aryans Räuspern hin rechtzeitig, dass die Mädchen mit ihr sprachen. Sie stupste Inuyasha leicht an, denn er war wie erstarrt. „Ein Youkai wollte sich an ihr vergreifen“, erklärte sie deshalb schnell. „Sie hat sich von dem Schock noch nicht ganz erholt.“ „Oh, Aanilein!“ Yoko legte ihm sacht die Arme um die Schulter. Doch ihre Berührung löste Inuyashas Starre. „Finger weg!“, keifte er. Sein Blick traf Anjaani und er verhaspelte sich. „Oh, t-tut mir leid, Yoko-Neko. Ich steh völlig neben der Kappe.“ „Schon gut“, meinte Yoko. „So bist du immer, wenn dich einer gegen deinen Willen anfasst. Bis auf Inuyasha.“ Anjaani verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe keine Ahnung, was du jetzt wieder für einen Schwachsinn redest“, knurrte sie und wandte den Kopf ab. Und gegen seinen Willen musste Inuyasha lachen. Sie war wirklich gut darin, ihn nachzumachen. Nur dummerweise vergaß er mit seinem Temperament immer, wie sanft ihr Charakter war. „Also, irgendwas stimmt nicht mit dir, Aani-Schatz“, beschwerte sich Yami beim Frühstück. Inuyasha zuckte ertappt zusammen. „Ich weiß nicht, was du meinst“, wich er aus. „Ich weiß, dass du dich von einem liebestollen Dämon erholen musst, aber du benimmst dich genauso wie Inuyasha sonst.“ Ein warnender Blick aus Anjaanis Bernsteinaugen traf ihn. „Ich bin schlecht gelaunt, na und? Darf doch auch mal vorkommen. Der Griesgram da färbt ab.“ „Hat er dich heute Nacht verführt und du bereust deine Schwäche?“, fragte Yuki auf Hindi. Inuyasha starrte sie stumm an, geriet ins schwitzen. „Nun sag schon“, verlangte sie, wechselte dann auf japanisch. „Warum wird Inuyasha rot? Er versteht doch nichts.“ „Wahrscheinlich, weil mir so heiß ist“, stöhnte Anjaani und zog sich das T-Shirt aus. „Ich verbrenne hier noch!“ Die Ablenkung wirkte. Die Drei waren Feuer und Flamme und hatten nur noch Augen für Anjaani und ihren Hanyoukörper. Selbst Yamis Aufmerksamkeit galt nicht mehr Aryan. Seinen vorwurfsvollen Blick bemerkte sie nicht, ihre Ockeraugen waren auf den Hanyou geheftet. Aryan räusperte sich so lange, bis Yami ihn hörte. Errötend wandte sie sich ihm zu. „Zieh dich nie wieder an!“, befahl Yoko. „Gefällt es euch?“, fragte sie weich, raubte den Schwestern damit den Atem. Ohne zu überlegen, strich Yoko über die breite Brust und die Hundeohren zuckten. Sie zuckten seit dem Körpertausch zum ersten Mal und das warf Anjaani in Verzückung. „Oh ich liebe das!“, rief sie und griff sich an die Öhrchen. Inuyasha stöhnte genervt auf. „Du magst zwar nackt sein, aber ich merke trotzdem, dass du einen an der Waffel hast“, meinte Yuki trocken. „Was nicht heißt, dass du dich wieder anziehen musst.“ „Es kitzelt halt, wenn die zucken!“, begeisterte sich Anjaani. „Fühl mal!“ Das ließen sich die Drillinge nicht zwei mal sagen. Aryan beugte sich zu dem entgeisterten Inuyasha rüber. „Lass ihr den Spaß“, bat er leise. „Sie wollte doch immer an deine Ohren.“ „Aber es ist so peinlich! Und kleiderfrei muss sie dabei auch nicht sein.“ „Solange du dich nicht ausziehst“, schmunzelte Aryan. „Hör auf mich zu verarschen und bring mich endlich in meinen eigenen Körper zurück!“ Er hielt sich sofort den Mund zu, doch niemand im Raum beachtete ihn. Alle waren auf die Hundeohren fixiert. „Mache ich. Aber das kann ich nur, wenn sie es auch will. Und im Moment ist sie ziemlich zufrieden, findest du nicht?“ Das darf doch wohl nicht wahr sein! Wut kochte in Inuyasha hoch. Er musste dem ein Ende bereiten! „Sag mal, Inuyasha, seit wann bist du so süß“, wunderte sich Yuki und berührte sanft Anjaanis Schulter. Die Bernsteinaugen trafen sie voller Wärme. Anjaani hatte anscheinend vergessen, dass sie unfreundlich sein musste. „Ich fühle mich einfach wohl, Yuki-Häschen.“ „Oh, ein Traum wird wahr! Inuyasha!“ Yuki schlang die Arme um Anjaanis Hals und Inuyasha platzte der Kragen. „Lass den Unsinn!“ Wütend sprang er auf, erntete entgeisterte Blicke. „Verschwindet endlich, ihr Plagegeister!“ „Anjaani!“, schrie Anjaani wieder in ihre Rolle zurück gekehrt. „Hör auf, hier herumzubrüllen! Das tut mir in den Ohren weh!“ „Ich will, dass die verschwinden!“ „Das ist meine Wohnung! Und ich bestimme, wer bleibt und wer geht!“ „Gut, dann verschwinde ich!“ Er rannte aus alter Gewohnheit dem Balkon entgegen. „Saajan!“ Sie sprang auf, doch Aryan war schneller. Im Null Komma Nichts war er neben ihm, packte seinen dünnen Arm. „Bleib stehen! Du kannst nicht mit diesem Körper aus dem fünften Stock springen!“ „Spinnst du, Inuyasha?!“, entsetzte sich Anjaani. „Hast du den Verstand verloren? Das überlebst du nicht!“ „Moment!“, brüllte Yoko dazwischen und Anjaani zuckte vor dem grellen Ton zusammen. Winselnd krümmte sie sich zusammen. „Was zum Teufel geht hier vor?“ „Rede bitte leiser“, flehte Anjaani. „Deine Stimme tut mir in den Ohren weh.“ „Aani?“ Die Drillinge waren platt. „Bist du das, Aani?!“ „Ja, ich stecke in Inuyashas Körper.“ „Ihr habt die Körper getauscht, cool!“ „Aber bestimmt nicht freiwillig!“, murrte Inuyasha. „Das war der Fluch eines Dämons.“ „Wir wussten doch, dass mit euch was nicht stimmt. Aani ist nie so mies gelaunt und Inuyasha ist nie so freundlich.“ „Na danke auch!“ „Und wisst ihr, was das beste ist?“ Yuki warf sich Anjaani um den Hals. „Ich kann mit Inuyasha und Aani in einem schmusen.“ „Nimm die Pfoten da weg! Aryan, tu was!“ „Ich brauche nicht beide, um den Fluch rückgängig zu machen“, meinte Aryan. „Dafür brauche ich aber Ruhe.“ „Dann geht solange ins Schlafzimmer“, schlug ihm Yami vor. „Wir wollen eh mit Aani alleine sein. Guck nicht so, Inuyasha, deinem Körper geschieht nichts.“ „Wahnsinn, wie ist es?“, bedrängten sie die Drillinge, sobald sie alleine waren. „Unheimlich“, gestand Anjaani. „Für uns ist es genauso unheimlich. Wir reden mit dir, schauen aber diesem weißhaarigen Griesgram in die Augen.“ „Mach mal DingDong“, verlangte Yami. „Was?!“ Anjaani zuckte entsetzt weg. „Du bist doch jetzt ein Mann, also hast du einen Willi“, grinste Yuki. „Und wie wir wissen ist dieser besonders groß. Wie fühlt es sich an? Spürst du das beim Gehen?“ Anjaani glaubte an Atemnot zu ersticken. Genau deswegen hatte sie nicht gewollt, dass die Drillinge davor erfuhren. „Ich bin ein Dämon und das ist das einzige, was ihr wissen wollt?!“ „Ja. Was hast du erwartet?“ „Nichts anderes, um ehrlich zu sein“, gestand sie. „Was wollt ihr denn hören? Da ist was und es ist ungewohnt. Aber ich habe Inuyashas Kräfte, interessiert euch das denn gar nicht?“ „Nö.“ „Wie kommt Iuyasha denn mit deinem Körper klar?“ Anjaanis Knurren sagte alles. „Der kommt mit dem Busen nicht zurecht.“ „Der kommt mit allem nicht zurecht. Habt ihr gesehen, wie ungeschmeidig er sich bewegt?“ „Sag mal, Aani-Schatz“, wollte Yami wissen. „Hast du deinen Körper schon genauer... untersucht?“ „Wie bitte?!“ „Nun ja, sein Körper gehört doch schließlich dir. Das musst du doch schamlos ausnutzen.“ „Ihr seid furchtbar“, heulte Anjaani. „Das heißt ja. Darf ich mal?“ „LISA!!!“ „Man darf doch wohl mal fragen...“ „Mir ist mein Körper lieber. Selbst die Ohren habe ich lieber an ihm. Inuyasha ist so unbändig stark, ich komme damit nicht klar. Ich kann euch mit einer Hand anheben, könnte aber nicht dafür garantieren, sanft zuzugreifen. Und ich rieche so viel verschiedenes und so intensiv, dass mir meine Nase wehtut.“ „Oh! Wie riechen wir?“ „Süß. Wie Karamell. Doch jede von euch hat noch eine andere Nuance mitschwingen.“ „Welche?“ „Du hast noch einen blumigen Akzent, Mäuschen. Yoko fruchtig und Yuki frisch.“ „Super! Und wie riechst du?“ Jetzt errötete Anjaani. „Sagt. Rieche ich wirklich so gut? Sehe ich wirklich so aus, oder bin ich nur so schön, weil ich mich durch Inuyashas Augen betrachte?“ „Meinst du, ob du wirklich so schön bist, oder ob er dich liebt?“ „Ich habe ihm gestern gesagt, dass ich ihn liebe.“ „Oh, Aani!“ Die Schwestern umarmten sie stürmisch. „Habt ihr noch alle Tassen im Schrank! Weg von mir, ihr Wahnsinnigen!“ Inuyasha stieß die Drei grob von sich. „Ich glaube, ich spinne!“ „Inuyasha!“ Anjaani stürmte aus dem Schlafzimmer, wieder in ihrem eigenen Körper. „Och, Aryan“, maulte Yuki. „Wir waren nicht fertig. Aani hat noch kein DingDong gemacht!“ „DingDong?!“ Inuyasha explodierte. „ICH GEBE DIR GLEICH DINGDONG!!!!“ „Inuyasha, musste das sein“, beschwerte sich Anjaani wenig später, als sie zu ihm aufs Dach kletterte. „Du hast sie zu Tode erschreckt, ich habe sie noch nie so flitzen sehen.“ Der Hundedämon antwortete nicht, er bebte immer noch vor Wut. So außer sich hatte sie ihn noch nie erlebt. „Beruhige dich bitte, oder glaubst du wirklich, ich hätte sie an deinen Körper ran gelassen?“ „Nein“, brummte er leise. „Sag mal, was machst du hier?“, rief er, als hätte er erst jetzt gemerkt, dass sie neben ihm saß. „Wie bist du hier rauf gekommen?“ „Ich bin gut im Klettern. Du hast ja gemerkt, wie flexibel mein Körper ist und der Rock ist nicht so eng wie ein Sari. Wobei ich noch nie auf ein Dach gestiegen bin.“ „Du hättest runter fallen können!“ „Ich wollte doch nur bei dir sein, Saajan. Aber das Dach ist mir zu steil, du wirst mir runter helfen müssen.“ „Wer hätte das gedacht“, lächelte er kopfschüttelnd. „Es ist schön hier oben“, seufzte sie wohlig und lehnte den Kopf an seine Schulter. „Man kann so weit sehen.“ „Gut, um den Kopf frei zu kriegen“, stimmte er ihr zu und legte den Arm um ihre Schulter. „Stimmt. Kein Wunder, dass du immer hier hoch kommst.“ „Hey, denk nicht mal dran“, rügte er sanft. „Ich habe keine Lust, dich immer wieder hier runter holen zu müssen.“ „Aryan-nii wird das machen“, meinte sie nur und Inuyashas Lächeln schwand. „Ich dachte, das Thema mit Aryan sei durch“, flüsterte sie und sah ihn direkt an und der goldene Ring weitete sich ein wenig. „Es ist so schön, wieder in deine Augen sehen zu können!“ „Du wechselst das Thema“, bemerkte er trocken. „Saajan, was liebe ich am meisten auf der Welt?“ „Was?!“ „Wem kann ich nie widerstehen? Aryan-nii wüsste es.“ „Dem Sonnenuntergang“, meinte er dann stolz. „Der Sonnenuntergang hat die gleiche Farbe wie deine Augen. Im Sonnenuntergang sehe ich deine Augen. Du warst in meinen Erinnerungen. Du müsstest doch wissen, was ich für dich fühle.“ Er schwieg kurz überwältigt. „Wir sind das Thema Aryan nicht durch“, knurrte er dann. „Ich habe noch gar nicht angefangen und jetzt will ich es wissen. Denn zwischen euch ist etwas Besonderes.“ „Findest du?“ Verdutzt runzelte sie die Stirn. „Wieso kann Aryan-nii mein Herz dann nicht dazu bringen, schneller zu schlagen? Wieso lässt Aryan-nii nicht mit einem einzigen Blick meinen Atem stocken? Wieso jagt mir Aryan-niis Stimme keine Gänsehaut über den ganzen Körper? Wieso fühle ich mich bei Aryan-nii nicht so sicher? Wieso werden meine Augen nur bei dir golden? Hast du das nie bemerkt?“ „Ich höre dein Herz rasen“, flüsterte er, wohl wissend, wie sein samtenes Raunen in ihren Ohren klang. Er sah es an der Gänsehaut an ihren Armen. „Ich spüre, wie dein Atem stockt. Ich sehe so vieles in deinen goldenen Augen.“ „Ich liebe dich, Saajan. Du hast es in meinen Erinnerungen gesehen, dass ich dich geliebt habe, bevor ich dich überhaupt kannte. Du warst nur ein Gedanke und trotzdem der ganze Sinn meines Lebens.“ Plötzlich wurden Inuyashas Augen so glühend warm, die Stimme so samtig weich, dass ihr vor Atemnot ganz schwindelig wurde. „Du wartest auf eine Antwort“, raunte er zärtlich und zog sie an sich, verschmolz mit ihrem Blick. Röte überzog ihre Wangen, doch sie blickte ihm direkt in die sanft glühenden Augen. Das Sprechen fiel ihr schwer, sie musste ihre Gedanken sammeln. „Saajan, ich liebe dich. Das habe ich dir gestern gesagt, doch du konntest mir nicht antworten. Und ich frage dich nur, möchtest du mir eine Antwort geben?“ Seine Finger fanden ihre, nahmen sie und legten sie an seine glühende Wange. Seine Augen loderten wie Flammen. „Ja, ich möchte dir antworten.“ Er beugte sich zu ihr, so nah, dass sein heißer Atem ihre Haut zu verbrennen schien. „Warte“, hauchte sie, vom Funkeln seiner Augen überwältigt. Ihre Lippen berührten beim Sprechen die seinen. Und er wartete, sein Atem wurde schneller, seine Augen dunkler. Sie wusste, was er jetzt wollte, die Erfüllung war so nah. Morgen hatten die Drillinge ihren 20. Geburtstag. Endlich mit Inuyasha zusammen zu kommen, wäre das beste Geschenk, das sie ihnen machen konnte. Und die Erfüllung all ihrer Wünsche. Anjaani beugte den Kopf zurück, entwich seiner Nähe, um einen klaren Kopf zu bekommen. „Bitte, Saajan. Bevor du etwas sagst, muss ich dich etwas fragen. Es muss raus, davor kannst du mir keine ehrliche Antwort geben. Ich habe gestern in deiner Seele etwas gesehen, was zwischen uns stehen könnte.“ „Es steht nichts zwischen uns.“ Seine Lippen suchten ihre, fanden nur ihre Wange. „Dann sag mir bitte...“ Anjaani atmete tief durch, vertrieb das Brennen seiner Lippen... und machte sich auf alles gefasst. „Wer ist Kagome?“ Kapitel 18: Verlust und Verlangen --------------------------------- Wie ein sachter Sommerwind, streichelte der warme Atem ihr Gesicht und zog sie zärtlich aus ihren Träumen. Langsam schlug Anjaani die Augen auf, erblickte Aryans schlafendes Gesicht dicht neben ihrem. Sie kuschelte sich enger an seinen weichen Hals und seine tröstende Umarmung wurde fester. So dicht an einem Mann zu liegen, störte sie nicht im Geringsten, wenn es ihr großer Bruder war. Sie fühlte sich einfach nur wohl. „Dass du so tust, als würdest du schlafen, bringt mich auch nicht wieder zum Einschlafen“, murmelte sie. Ein grünes Auge öffnete sich und glitzerte schelmisch. „Du brauchst mehr Schlaf“, sagte er schlicht. „Dank dir hatte ich überhaupt Schlaf, Nii-san. Wie spät ist es?“ „Die Sonne ist gerade aufgegangen.“ Er lockerte seinen Griff und setzte sich auf. Unbewusst strich sie die Falten seines T-Shirts glatt. „Wie geht es dir, Aurora?“ „Warum fragst du das?“ „Weil du immer noch nicht geweint hast.“ Anjaani drehte sich seufzend auf den Bauch und zog sich die nach Aryan duftende Bettdecke über den Kopf. Doch Aryan hatte Geduld und strotzte direkt nach dem Aufwachen vor Energie. Eigentlich könnte man meinen, der Kerl bräuchte nie Schlaf. „Was möchtest du frühstücken? Heute wird ein langer Tag für dich.“ „Ich schaffe das“, murmelte sie unter der Decke. „Ich bin bei dir.“ „Wenn ich dich nicht hätte...“ „Dann würdest du immer noch auf dem Dach sitzen.“ Ein gedämpftes Kichern erklang. „Das habe ich nicht gemeint.“ „Ich weiß, was du gemeint hast. Soll ich ihm die Hölle heiß machen?“ „Er kann nichts für seine Gefühle“, widersprach sie und funkelte ihn vorwurfsvoll an, der schon vollständig angezogen war. Aryan war in allem schnell und präzise. „Bis zu dem Moment hat er dich noch geliebt“, erinnerte Aryan sie sanft. „Ach Aryan-nii, ich liebe ihn bedingungslos...“ „Und trotzdem versteckst du dich vor ihm.“ „Er ist ebenfalls verschwunden.“ „Nein, er ist spät nachts zurückgekommen Ich habe ihn gehört.“ Anjaani zuckte zusammen. Er ist da? Sie blickte zur Decke. Nur dieses kleine Hindernis trennte sie. „Das hast du nicht erwartet, was?“ Wie immer kannte Aryan ihre Gefühle, bevor sie sie überhaupt aussprechen konnte. „Ich muss mich anziehen“, wich Anjaani aus und erhob sich unschlüssig aus dem Bett. „Ich hole dir deine Sachen.“ Noch ehe sie etwas sagen konnte, ging die Haustüre zu und Aryan war verschwunden. Inuyasha schreckte sofort auf, als der Schlüssel im Schloss knackte. Doch es war Aryans Kopf, der in der Tür erschien. „Guten Morgen. Rücksichtsvoll von dir, auf der Couch zu schlafen. Auch noch angezogen.“ „Sie ist also bei dir“, bemerkte Inuyasha mit einem leicht säuerlichen Unterton. „Das wusstest du, sonst hättest du sie gesucht. Einer musste sie schließlich vom Dach holen hat, nachdem du sie dort zurück gelassen hast. Du hast kein Recht, darüber verärgert zu sein.“ Bei Aryan klang jeder Tadel freundlich. Mit diesem typisch sanften Lächeln verschwand er in Anjaanis Schlafzimmer, suchte Wäsche und einen schwarzen Sari heraus. Der Hanyou war ihm auf den Fuß gefolgt. „Hey, w-was machst du da?! Schämst du dich nicht, in ihrer Unterwäsche zu wühlen?!“, entsetzte er sich. „Soll sie ohne rum laufen?“ „Wo hat sie geschlafen?“, platzte es aus Inuyasha heraus. Er konnte diese Frage nicht länger zurückhalten, obwohl er wusste, dass er kein Recht hatte, danach zu fragen. Aryan runzelte nur die Stirn. „Ich frage als Freund, der sich Sorgen macht!“ „Dann solltest du nicht fragen, wo sie geschlafen hat, sondern ob sie geschlafen hat“, sagte Aryan. Inuyasha erstarrte. „Hör zu, Inuyasha, ich stehe zwischen zwei Fronten. Zwischen dir als deinem Freund und Aurora als ihren Bruder. Als Freund bitte ich dich, das gerade zu biegen und die Sache zwischen euch ins Reine zu bringen. Schließlich knüpft sie ihre Gefühle nicht an Bedingungen. Dass du bei ihr wohnst, setzt nicht voraus, dass du ihre Gefühle erwiderst. Liebe ist kein Kompromiss.“ Dann wurde sein Gesicht plötzlich hart und kalt. Aryan richtete sich drohend auf. „Aber als ihr Bruder rate ich dir, dich von ihr fernzuhalten. Für sie wäre es das Beste, wenn sie dich fortgeschickt hätte. Aber das würde sie nie tun, das wissen wir beide. Du nutzt ihre Gefühle aus und deshalb verdienst du sie nicht.“ „A-aber i-ich...“ Inuyasha wusste sich nicht zu verteidigen. „Du wirst heute meine gesamte Schicht übernehmen“, entschied Aryan. „Aber das tue ich schon heute Abend!“ „Weil am Abend die Geburtstagsfeier der Drillinge ist, oder willst du etwa an meiner Stelle hin? Sonst wirst du auch morgen im Dienst sein.“ „Aber morgen ist Neumond!“ „Das ist mir bewusst, deswegen solltest du dich jetzt lieber in der Zentrale melden.“ Inuyasha biss sich auf die Zunge, um den wütenden Protest nicht herauszuschreien. „Aurora braucht mich jetzt. Und wenn du heute in ihre Nähe kommst, dann kann dir niemand mehr helfen.“ Inuyasha wandte sich ab, geknickt, entwaffnet und Aryan ging. Arme Aurora... Doch sie schlug sich gut. Sie stand in Yamis Nachthemd, das er ihr geliehen hatte, in der Küche und bereitete das Frühstück zu. Aryans Blick glitt über ihre Gestalt, über die Kontur ihres fast nackten Körpers unter dem dünnen Stoff. Ihre Figur war ein Traum! Wie er ihr widerstehen konnte, war ihm selbst nicht so recht klar. Aber er konnte es, denn sie reizte ihn nicht. Ihm war ihre Schönheit nur zu deutlich bewusst. Yami hatte vor wenigen Tagen dieses Nachthemd getragen. Bei dieser Erinnerung wurde ihm heiß. Dann plötzlich bemerkte sie seine Anwesenheit und drehte sich um. „Was hast du, Aryan-nii?“ „Ich habe nur daran gedacht, wie Yami in diesem Nachthemd ausgesehen hatte.“ „Was habt ihr nur alle mit Nachthemden“, seufzte sie irritiert. „Inuyasha benimmt sich immer seltsam, wenn ich meines trage. Was ist an einem weißen, schlichten Nachthemd so reizvoll?“ Aryan lachte leise. „Soll ich es dir verraten?“ Sie nickte, während sie Obst klein schnitt. „Willst du es auch wirklich wissen? Die Antwort wird dir nicht gefallen.“ „Dann muss es etwas sexuelles sein“, stöhnte sie gequält. „Natürlich ist es das“, lächelte Aryan. „Euch ist es nicht bewusst, aber ihr habt unter dem dünnen Fetzen kaum etwas an. Die Körperkontur ist zu erahnen, es lässt Platz für die Phantasie. Und weil das Nachthemd so unschuldig ist, wirkst du umso reizvoller. Diese Unschuld macht euch so sexy, ohne dass ihr es wisst.“ „Wir?“, kicherte Anjaani. „Ich wusste es nicht, aber Yami ist sich dessen bewusst, da bin ich mir sicher. Unterschätze sie nicht, sie ist ein Profi.“ „Das weiß ich nur zu gut.“ Oh ja, sein kleiner Drilling war ein Profi, der wusste, wie man Männer schwach machte. Und sie hatte auch ganz genau gewusst, wie sie in dem unschuldigen Nachthemd wirkte, der nicht verstecken konnte, dass sie drunter nackt war. Aryan hatte sich mit Mühe beherrschen können. Deswegen hatte er ja auch auf dem Sofa geschlafen. Gott sei Dank hatte Yami es an dem Abend nicht drauf angelegt, ihn zu verführen, er wäre ihr sonst schutzlos verfallen. Zu sehr hatte sie sich um Anjaani gesorgt, die von Inu-chan verletzt worden war. Wenn er dran dachte, ihr zarter Körper an seinem... „Was hast du mir zum Anziehen mitgebracht?“, riss ihn Anjaani aus seinen Gedanken. Aryan hielt ihr die Sachen hin. „Oh, das ist genau das, was ich anziehen wollte. Danke, Aryan-nii! Hast du den goldenen Nagellack? Oh, genau, du kannst Gedanken lesen!“ „Inuyasha sorgt sich um dich“, sagte er dann. „Klar doch! Er wollte bestimmt nur wissen, ob ich bei dir im Bett geschlafen habe“, brummte Anjaani. „Ich habe ihn gebeten, sich heute von dir fern zu halten.“ „Gebeten? Bitten nützt bei ihm nichts.“ „Also gut. Ich habe ihm gedroht.“ „Danke.“ „Aurora, mein Kleines.“ Aryan trat ganz nah an sie heran und sah ihr tief in die Augen. „Wenn du so weitermachst, wirst du noch krank.“ „Mir geht es gut“, wehrte sie ab. „Heute ist der Tag der Drillinge. Den kann ich ihnen doch nicht mit meinem Kummer verderben. Außerdem wird meine Stimmung auf dem Friedhof nicht sonderlich seltsam wirken.“ „Ich bin bei dir, wenn du nicht mehr kannst.“ „Ich liebe dich, Nii-san.“ „Und weil ich dich liebe, werde ich dich trainieren.“ „Aber ich kann nicht mit dir mithalten!“ Ihr entsetztes Gesicht brachte ihn zum Lachen. „Lass uns zuerst Frühstücken und dann zeige ich dir, was ich meine.“ Nach dem Frühstück brausten auf seinem Motorrad davon. Anjaani schmiegte das Gesicht an seine Schulter, genoss den Wind in ihrem Haar. Es war fast genauso wie bei Inuyasha... Doch für diesen Mann war sie die falsche Frau. Das hier war Yamis Ort. Sie gehörte hier hin. Und Anjaani? Gehörte sie an Inuyashas Rücken? War dies ihr Ort? Oder gab es den nicht? Gehörte sie einfach nirgendwo hin? Doch, einen Ort gab es. Es war ihr Ort. Er gehörte nur ihr allein. Aryan versprach ihr, sie morgen hinzubringen. Nun fuhren sie erst einmal zum See, um den Ort für Yamis Überraschung zu schmücken. „Nun kann uns niemand stören“, sagte Aryan, nach dem er einen Bannkreis um den gesamten See errichtet hatte. „Und was ich dir beibringen will ist wichtig.“ Jetzt war Anjaani neugierig geworden. Er führte sie ans Ufer des Sees und setzte sich ihr gegenüber ins Gras. „Ich werde dir beibringen, mit deiner Energie umzugehen, wie es dir beliebt, ohne dass es dich erschöpft.“ „Wozu?“ Sie machte große Augen. Doch plötzlich krümmte sie sich zusammen und schnappte nach Luft. Ein gewaltiger Druck lastete auf ihrer Lunge, zog sie zusammen. So schnell dies geschehen war, so schnell war es auch vorbei. Aryan hatte mit keiner Wimper gezuckt. „Dazu“, antwortete er nur. „Verstehe“, meinte sie keuchend. „Du hast freie Bahn.“ Zwei Dinge brachte Aryan ihr bei: einen permanenten Schutzschild, der sich unbemerkt um ihren Körper legte und sie schützte; und wie sie ihre Energie einsetzte, ohne zu ermüden. Aryans Geheimnis war, dass er seine Energie aus seiner Seele bezog. Anjaani jedoch nur aus ihrem Körper, weil sie Angst hatte, ihre Seele schutzlos bloß zu stellen. Dabei ist die Seele eine unerschöpfliche Energiequelle, auf die Anjaani nur unbewusst zugegriffen hatte, in blanker, rasender Wut, zum Beispiel, als sie Inu-chan besiegt hatte. Und durch Aryans geduldiges Training erzeugte sie eine gewaltige Schutzbarriere um den See, die sie nicht annähernd so schwächte, wie sie es sonst getan hätte. Sie hatte genug Kraft, mit Aryan diesen Oft zu schmücken für Yamis besondere Nacht. Es war alles bis ins kleinste Detail geplant, als sie das Innere des großen Lastwagens begutachtete und das riesige Himmelbett bewunderte. Nichts hatte er vergessen, von Nahrung bis hin zu frischer Kleidung. Yami würde sich wie im Paradies fühlen. Erst recht, da die Szenerie von Anjaanis selbst erzeugten Energiekugeln beleuchtet werden würde. Aryan war ein Schatz... wenn sie an ihr erstes Mal dachte... Doch der schmerzende Gedanke an Raj war nicht mehr so schmerzhaft wie sonst. Lag das an ihrem neuen Schutzschild? „Denkst du an Raj?“ Sie nickte nur. Aryan wusste ganz genau, wie sich ihre Energie anfühlte, wenn sie an ihren schlimmsten Alptraum dachte. „Wir trainieren so oft es geht“, versprach er ihr. „Konzentriere dich mehr auf deine Freundin“, riet ihm Anjaani, als er sie von dem Baum hob, in dem sie leuchtende Energiekugeln platziert hatte. „Wie spät ist es überhaupt?“ Plötzliche klingelte Anjaanis Handy und ihr Herz setzte für einen Schlag aus. Natürlich war es nicht Inuyasha. „Hallo, Häschen!“ „Mein Herz, kannst du bitte kommen?“ Yukis Stimme war nervös. „Yami geht es schlecht.“ Aryans Kopf fuhr hoch. „Was ist mit Yami?“, fragte sie. „Wir wissen es nicht, sie redet nicht mit uns. Sie hat nur gesagt, dass sie Aryan betrogen hat und ist dann in Tränen ausgebrochen. Bring ihn besser nicht mit.“ „Ich bin gleich da.“ Sie schreckte auf, Aryan saß schon auf seinem Motorrad. „Beeile dich“, rief er ihr zu. „A-aber, sie sagte doch...“ „Glaubst du wirklich, ich sitze hier ruhig rum, während es meiner Freundin schlecht geht?“ Die Hinfahrt war im Vergleich zur Rückfahrt das reinste Schildkröten rennen gewesen. Sie traute Aryan zwar bedingungslos, doch bei dieser halsbrecherischen Geschwindigkeit, konnte sie nicht aufhören, um Sicherheit zu beten. Aryan wirkte angespannt, was sie erstaunte. Er ist immer gelassen, egal wie brenzlig die Situation ist. Nahm er Yukis Worte etwa ernst? Egal wie verzweifelt Yami sich nach Sex sehnte... sie wollte es dennoch nur mit ihm. Oder? „Nii-san?“, nuschelte sie in ihren Helm. Aryans Gehör war bewundernswert. „Ja?“, rief er nach hinten. „Glaubst du wirklich, Yami hat dich betrogen?“ „Natürlich nicht. Ich weiß, dass sie das nie tun würde. Deswegen mache ich mir ja Sorgen.“ „Wie schnell fährst du?“ Darüber machte sie sich Sorgen. „382 km/h.“ Sie hätte nicht fragen sollen... Dafür waren sie binnen einer Minute am Ziel angekommen. Yoko und Yuki waren entsetzt, als sie Aryan die Türe öffneten. „Aani! Du solltest ihn doch nicht mitbringen“, rügten sie. „Er war bei mir, als ihr angerufen habt“, entschuldigte Anjaani sich. „Versucht ihr doch, ihn aufzuhalten.“ „Warte!“ Die Frauen rannten Aryan schnell hinterher, der ohne zu Zögern die Treppe zum Schlafzimmer der Drillinge hinaufging. Dort klopfte er behutsam an. „Lasst mich in Ruhe!“, schluchzte Yamis Stimme. Aryans Hände ballten sich zu Fäusten und bevor ihn jemand aufhalten konnte, trat er ein. Yami saß weinend auf ihrem Bett, das Gesicht in den Händen vergraben. „Yami-Mäuschen...“ Anjaanis Stimme war so warm wie ein Sonnenstrahl. „Was ist denn los?“ Yami blickte nicht auf. „Ich fühle mich, als hätte ich Aryan betrogen.“ Aryan rührte sich nicht vom Fleck, runzelte nur die Stirn. Yami hatte seine Anwesenheit nicht bemerkt und ihre Schwestern beobachteten jede seiner Reaktionen mit angehaltenem Atem. Anjaani nahm Yami behutsam in die Arme. „Was ist passiert?“ „Es hat mir früher nie etwas ausgemacht“, weinte sie verzweifelt. „Jetzt weiß ich, wie du dich fühlst, wenn du gegen deinen Willen angefasst wirst.“ „Was?!“ Aryan entfuhr ein wütendes Zischen und Yami schrie erschrocken auf. „Seit wann bist du da?“ „Schon die ganze Zeit.“ Er ging auf sie zu, wischte ihr die Tränen aus den geröteten Augen. Sie zuckte vor ihm weg. „Was ist passiert?“ Von der Sanftheit seiner Stimme färbten sich ihre Wangen rot. „Ich war heute in der Straßenbahn...“ „Die Straßenbahn?“ Aryans Augen blitzten gefährlich. „Die Straßenbahn ist gefährlich für so schöne Frauen. Weißt du das nicht?“ „Jetzt schon“, flüsterte sie. „Es war so voll, ich konnte mich nicht rühren. Und dann war da diese Hand zwischen... z-zwischen...“ Ein Schluchzer schüttelte sie und Anjaani wurde bleich. „Es war furchtbar! Es ist, als hätte ich dich betrogen!“ Aryan nahm sie in seine Arme, streichelte ihren Kopf, doch sein Gesichtsausdruck war so furchteinflößend, dass Anjaani erschaudernd aufstand und zu Yuki und Yoko flüchtete. Seine zärtliche Stimme bot jedoch den krassen Gegensatz: „Es ist alles gut, meine kleine Nachtigall. Main yahaan hoon.“ Anjaani fuhr bei diesen Worten zusammen. „Bist du sauer auf mich?“ „Warum das denn?“ Er war ehrlich überrascht. „Ich würde den Kerl, der dich angefasst hat, am liebsten erwürgen! Hat er dir wehgetan?“ „Ja“, gestand sie und vergrub das Gesicht in seiner Umarmung. „Dann hatte er keine Ahnung, was er da tut“, seufzte Yuki. Yami warf ihrer Schwester einen wütenden Blick zu und hob ihr Kleid an. Ihre zarte Haut um den schwarzen Slip herum wies rote Druckstellen auf. Von brutalen, groben Fingern... Die Mädchen keuchten entsetzt, rissen die Augen auf. „Rate mal, was er gemacht hat, wenn er ertasten konnte, dass ich jungfräulich bin“, kreischte sie und erzitterte vor Ekel. „Es tut so weh, wenn man nicht feucht ist! Ich hab Angst, dass mein Jungfernhäutchen kaputt ist!“ Aryan entwich ein wütendes Knurren, seine Muskeln spannten sich an und sein Gesicht strahlte nackte Mordlust aus. Es dauerte nur einen Wimpernschlag, schon hatte er sich wieder unter Kontrolle. Doch das reichte, um Anjaani und die Schwestern so zu erschrecken, dass sie aus dem Raum flohen. „Mein Liebling, es tut mir so leid!“ Bitterkeit und Schmerz schwang in seiner Stimme mit. Yami, von Schluchzern geschüttelt, vergrub sich in Aryans Armen. „Ich habe Angst, dass er mein Jungfernhäutchen zerrissen hat“, flüsterte sie verzweifelt. „E-es tut mir so leid! Ich wollte so was nicht! Du solltest der einzige sein, d-der...“ „Ich werde der einzige sein“, raunte er in ihr Haar. „Ich werde nie wieder zulassen, dass dich ein anderer Mann gegen deinen Willen anfasst. Du gehörst zu mir.“ Yami sah ihn an, Erleichterung im Gesicht. „Du hasst mich nicht?“ „Yami!“ Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und sah ihr intensiv in die Augen. Dieser Zauber verfehlte seine Wirkung nie. „Du hast mich nicht betrogen.“ Überglücklich schlang sie die Arme um seinen Hals. Aryan völlig überwältigt, ließ sich aufs Bett sinken, drückte ihren weichen Körper fester auf seinen, legte eine Hand an ihren Nacken und zog sie zu sich herab, bis seine Lippen ihren Mund berührten.Seufzend gab sie sich seiner Zärtlichkeit hin. Er vergaß seine Zurückhaltung. Blitzschnell rollte er sich auf sie. „Möchtest du, dass ich dich vergessen lasse?“, murmelte er an ihren Lippen. Seine Finger glitten federleicht unter ihr Kleid und über ihre Seiten, stoppten an der zarten Haut ihrer zitternden Leistengegend. „Mit meinen Berührungen?“ Yamis Herzschlag setzte aus. Sie liebte das Gefühl seines Körpers auf ihrem. Ihre Augen verschleierten sich, ihr Atem ging schneller, als er den Kopf hob, um sie anzusehen und ihr Blut geriet in Wallung. Noch nie hatte Aryan sie so angesehen... mit solch ungezügelter Lust. „W-wie lange hältst du dich schon zurück?“, hauchte sie mit schwacher Stimme. „Schon viel zu lange“, raunte er mit einem unwiderstehlichen Grinsen. „Ich hatte mir diesen besonderen Moment romantischer vorgestellt, kleine Nachtigall. Aber sag nur ein Wort...“ Er schob ihr Höschen zur Seite, ihr Becken bebte. Und seine Finger verschwanden in der feuchten Hitze. Keuchend bäumte sie sich auf. Ihre Augen wurden riesig, die Stimme versagte. „Aryan! M- Mutter kommt... kommt jeden M- Moment... dann gehen wir zum Friedhof. Himmel, Aryan! N- nimm die Finger da weg! W- willst du wirklich, dass ich mit einem dummdämlichen Grinsen am Grab meines Bruders stehe? Hör auf, so zu schauen!“ Aryan musste lachen und strich ihr das Haar hinters Ohr. Yami erzitterte bei der Berührung. Sie war so empfindlich am Ohr... „Dein Jungfernhäutchen ist nicht gerissen, Prinzessin. Aber wenn du nicht aufhörst, solch sündige Geräusche zu machen, vergesse ich mich...“ Er setzte sich auf und hob Yami auf seinen Schoß. Sanft strichen seine brennenden Lippen über ihren Nacken, die Finger ruhten an ihrer immer noch bebenden Hüfte. „Heute Nacht gehörst du mir.“ Dieses Versprechen besiegelte er mit einem Kuss, der ihr Herz raubte und es in Flammen aufgehen ließ. „Was habt ihr Zwei denn getrieben?“, grinste Yuki, als das Paar die Treppe herunterkam. „Lisa“, rügte Anjaani und sah sie böse an. „Frag lieber, wie es Yami geht!“ „Ihr geht es gut“, meinte Yoko. „Schau dir nur ihr Gesicht an und ihre Knie zittern. Während unserer Herr General hier wie die Unschuld persönlich aussieht.“ „Ich bin immer unschuldig“, zwinkerte Aryan. „Und, ist das Häutchen in der Straßenbahn gerissen?“, fragte Yuki. Yami verneinte glücklich: „Alles noch dran!“, und ließ Anjaani damit schlagartig erröten. „Das ist toll für dich, Mäuschen, aber fangt mit dem Thema jetzt bitte nicht an. Wann kommt eure Mutter?“ „Jeden Moment, sie ist nur mit Kagome und Tetsumi Blumen kaufen.“ Kagome Higurashi und Tetsumi Umura waren die beiden ältesten Kinder der Familie Higurashi. Die 28-jährige Tetsumi hatte vor 3 Jahren geheiratet. Ganz zum Missfallen ihrer Mutter, einen japanischen, aber äußerst liebevollen Mann. Sie erwarteten ihr erstes Kind. Die 25-jährige Kagome hatte dieses Jahr ihr Studium in Modemarketing abgeschlossen und ist gerade dabei aus dem Elternhaus auszuziehen. Bei Kagome war Vorsicht geboten, da man sie leicht beleidigen konnte. So viel Mühe Anjaani sich auch gab, mit dieser Schwester der Drillinge verstand sie sich gar nicht gut, da Kagome voller Groll gegen sie war. Sie wusste nicht, dass dies aus blanker Eifersucht zeugte. Denn die älteren Higurashi-Töchter waren zwar hübsch, aber bei weitem nicht so wunderschön und charismatisch wie die Drillinge. Den Schwestern war Anjaanis besorgte Miene nicht entgangen. „Mach dir keine Gedanken wegen Kagome“, beruhigte sie Yuki. „Sie wird es, Dank Yami, nicht wagen ihr Schandmaul auch nur zu öffnen.“ „Wenn sie Aryan noch mal anmacht, kann ihr nicht mal Gott persönlich helfen“, brummte Yami düster. „Haben sie deinen Vorfall mitgekriegt, Mäuschen?“, wollte Anjaani wissen. Die Drillinge mussten lachen. „Mutter? Niemals! Wir existieren heute praktisch nicht. Heute ist Shiros Tag. Nur er ist wichtig.“ Shiro war der ältere Bruder der Drillinge und das dritte Kind von Lena und Makoto Higurashi. Heute, vor 5 Jahren, war er bei einen Zugunglück gestorben. Heute, am Geburtstag der Drillinge. Seit fünf Jahren hatten die Drei keine Glückwünsche zum Geburtstag von ihrer Mutter bekommen. „Das ist nicht richtig“, meinte Aryan. „Wir haben uns nicht zu beklagen“, verteidigte Yami ihre Mutter. „Aani hat noch nie Glückwünsche zum Geburtstag von ihrer Mutter bekommen.“ „Schön wär´s“, sagte Yoko. „Aani hat noch nie auch nur ein nettes Wort von ihrer Mutter bekommen. Im Vergleich zu ihrer Mutter ist unsere eine Heilige.“ „Wir haben uns“, rief Yuki munter. „Wir sind zusammen und mehr brauchen wir nicht, um glücklich zu sein. Unsere kleine, sechsköpfige Familie!“ „Fünfköpfig“, korrigierte Yoko. „Inuyasha fehlt. Wo ist er denn?“ Anjaani zuckte bei diesem Namen zusammen, ihre Augen flogen zu Aryan, in dem Moment betrat Lena Higurashi mit ihren beiden ältesten Töchtern das Haus. Die traurige, drückende Stimmung, die nun herrschte, ließ Anjaani innerlich aufatmen. Vom vielen Lächeln tat ihr Gesicht schon richtig weh. Nun, hier am christlichen Friedhof, musste sie nicht mehr lachen. Der christlich-gläubige Teil der Familie Higurashi- also die Drillinge, ihre Schwestern und ihre deutschstämmige Mutter- hatte sich versammelt, einer geliebten Person nachzutrauern. Und Anjaani kämpfte ebenfalls mit den Schmerzen eines Verlustes. Sie konnte es nicht vergessen. Sie würde es nie vergessen... Diesen Ausdruck in seinen Augen, als ihm klar wurde, dass er sie nicht lieben konnte. Es tat so weh. Nichts hatte je so geschmerzt, wie sein plötzliches Schweigen. Sein Gesicht, eben noch glühend vor zärtlicher Liebe, verschlossen, unnahbar... unantastbar. Hatte er so plötzlich aufgehört sie zu lieben? Hatte er sie je wirklich geliebt? Anjaani unterdrückte das Zittern in ihrem Körper. Nein! Heute war der Geburtstag der Drillinge! Heute waren sie wichtig! Sie konnte doch die Freundinnen nicht ständig mit ihrem Kummer quälen. Es war so anstrengend, all diese Gefühle zurückzuhalten, nicht an ihn zu denken. Er, der nicht mehr in ihrem Herzen existieren würde. Er, der Traum, der zerplatzt ist, kurz bevor er wahr wurde. Aryan sei Dank, schaffte sie es, den Schmerz zu bändigen. Hätte sie die Energie, die sie dafür brauchte, wie gewöhnlich von ihrer physischen Kraft abgezapft, sie hätte dem nicht lange standgehalten und der Schmerz würde ohne Hindernisse wüten. Sie musste nur noch ein wenig aushalten. Sie war stark, sie war stark, sie war stark... „Aurora“, flüsterte ihr Aryan zu. Sie sah zu ihm auf, niemand sonst beachtete sie. „Weine wenigstens“, bat er leise. „Es staut sich an und wenn du es nicht frei lässt, schadest du deiner Gesundheit.“ „Mir geht es gut. Vergiss dein Versprechen nicht.“ Mit einem Seufzer wandte Aryan sich ab. Er würde sein Versprechen nicht brechen. Sein Versprechen, heute nur für Yami da zu sein. Er war in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite war da Aurora, seine kleine Schwester, die ihn brauchte. Aber auf der anderen Seite, war die Frau, das er liebte. Diesen Tag hatten Anjaani und er schon lange geplant und Aryan wollte Yami ihren größten Wunsch erfüllen. Anjaani würde nicht zulassen, dass dies verhindert wurde. Heute sollte Aryan nur für Yami da sein. Eine Seite von ihm, eindeutig die egoistische, wollte genau das. Nur Yami gehören. Doch sein Verstand ermahnte ihn, seine Sehnsüchte zu verdrängen und sich um seine kleine Schwester zu kümmern. Noch nie war sein Verstand in Konflikt mit seinem Herzen geraten. Was hatte diese kleine, fröhliche, wunderschöne Frau nur mit ihm gemacht? Unbewusst drückte er Yamis zarten Körper fester an sich. Yami lehnte den Kopf gegen seine Brust. Was vorhin geschehen war, ließ sie einfach nicht in Ruhe. Aryans Hände unter ihrem Kleid, die brennenden Lippen an ihrem Nacken, seine Finger, die sie vor Lust fast hatten explodieren lassen und der Kuss, der ihren Widerstand gebrochen hätte, nur einen Herzschlag länger... hätte sie doch nachgegeben! Sie wusste, dass sie hier am Grab ihres Bruders stand, doch ihre unchristlichen Gedanken kreisten nur um den hochgewachsenen, muskulösen Mann hinter ihr. Aryan sehnte sich nach ihr, er verzehrte sich nach ihr. Sie hatte es gesehen, sie hatte das Verlangen in seinen golden funkelnden Smaragdaugen gesehen. Er wollte sie, schmerzlicher und sehnlicher, als er ihr bisher glauben gemacht hatte. Aryan beherrschte sich nur mit Mühe. Allein die Tatsache, dass sie Jungfrau war und ihr erstes Mal ihr viel bedeutete, hinderte sie daran, ihn hinter einen Busch zu zerren und sich auf ihn zu stürzen. Genau dasselbe hielt Aryan im Zaum. Sie träumte von diesem besonderen Moment als eine Vereinigung für die Ewigkeit. Heute Nacht wäre sie sein... Aryan hielt sich zurück... Wenn sie nur dran dachte... wenn er sich nicht mehr zurück hielt. Wenn er sich nicht mehr im Zaum hielt, wenn er entfesselt war... „Woran denkst du?“, hauchte Aryans leise, tiefe Stimme. „Das weißt du genau“, meinte sie mit glühenden Wangen. „Und du bist Schuld dran!“ „Gedulde dich, dann bekommst du alles, was du willst.“ Sie drehte sich zu ihm um, mit brennender Begierde in den Augen. „Rede nicht so“, zischte sie. „Du machst es so nicht erträglicher.“ „Ich weiß.“ Sein freches Grinsen ließ ihr den Atem stocken. „Und hör auf zu flüstern!“ Aryan wusste ganz genau, wie erotisch sie Flüstern fand. Und seine geflüsterte Stimme... Sie rieb ihre Arme, denen sein Flüstern Gänsehaut verpasst hatte. „Frierst du?“, wunderte sich ihre Schwester Tetsumi. „Es sind 30 Grad, nicht mal Aani-san friert.“ „Aryan hat geflüstert“, verteidigte sie sich. „Oho, unser General ist ungezogen?“, grinste Yuki. „Hey!“, mischte Anjaani sich ein. „Hört auf, bevor eure Mutter das mitkriegt.“ Doch Lena Higurashi beachtete heute niemanden. Erst nach einer Stunde stillem Gespräch und Gebet wandte sie sich ihren Töchtern zu. „Eurer Vater kommt jeden Moment.“ „Dann lasst uns schnell gehen“, meinte Yami eingeschnappt und schritt davon. „Wegen dir ist er nicht hier bei uns, Marie“, warf Lily ihrer Tochter vor. Yami blieb stehen, doch wollte sie am Grab ihres Bruders keine Szene machen. „Er ist schuld, Mutter. Du warst dabei, als er mir meinen Freund vergraulen wollte. Und ich heiße Yami!“ „Er war angetrunken, er hatte bestimmt nicht die Absicht...“ „Natürlich hatte er die“, stand Yoko ihrer Schwester bei. „Er hat Aryan ganz genau erklärt, warum Yami nicht gut genug für ihn ist.“ „Ach, Karina, er wollte nur testen, ob General Suraj gut genug für...“ „Indem er mich schlecht macht?“, unterbrach Yami. „Er ist mein Vater. Er weiß was er tut, wenn er seiner eigenen Tochter den Freund verjagt. Und das ist eine schlechte Ausrede. Ihr wisst ganz genau, dass ich es nicht besser treffen kann. Bis er sich nicht entschuldigt, soll er sich vor mir hüten.“ „Unser Mäuschen mutiert zur Raubkatze“, lachte Kagome. „Du bist besser ruhig“, zischten die Drillinge mit gefährlich blitzenden Augen. „Du warst nicht besser als er!“ „Du meine Fresse, ich habe mich entschuldigt!“ „Und heute Abend wirst du dich bei ihm entschuldigen, Marie“, sagte Lena auf Deutsch. „Wie bitte?!“, keifte Yami. „Er ist dein Vater, Fräulein!“ „Das dürfte ein Problem werden“, griff Aryan auf perfektem, akzentfreiem Deutsch ein und zog die zornige Yami an sich. Seine Berührung beruhigte sie sofort. Und ihn deutsch reden zu hören, lenkte sie völlig vom hitzigen Thema ab. „Wir gehen heute Abend aus.“ „Was?!“ Alle Higurashis starrten ihn an. „Wir feiern heute euren Geburtstag.“ „Aber das können Sie nicht machen“, protestierte die Mutter. „Haben Sie ein Geburtstagsessen für Ihre Töchter geplant?“ Lena wandte das Gesicht ab. Nein, das hatte sie nicht. „Also sind die Drei entbehrlich“, erklärte er ruhig, doch seine Augen glitzerten unnachgiebig. „Ihre Töchter haben Geburtstag. Ihr Sohn ist tot, wir waren bei ihm, wir haben ihn nicht vergessen. Aber Sie haben noch fünf Kinder. Fünf Kinder, die leben. Drei von ihnen haben heute Geburtstag. Sind diese drei denn völlig egal?“ Lena starrte ihn an und wandte dann geschlagen den Kopf ab. Aryan konnte keiner Widerstand leisten. Jedenfalls nicht lange. „Es tut mir Leid, Mädchen. Alles Gute zum Geburtstag.“ Sie lächelte schwach und schritt dann mit den älteren Töchtern davon. „Sie hat ihren Fehler eingesehen, sie redet nur nicht gerne über ihre Schwächen“, lächelte Yuki. „Das war ihr Höchstmaß an Emotion. Du warst der Wahnsinn, Aryan! Ich zieh mein blaues schimmerndes Kleid an! Wo feiern wir?“ „Das wird eine Überraschung. Es wird auf jeden Fall eine große Party.“ Er fing Anjaanis Blick auf und wie auf ein stummes Stichwort hin, reichte er ihr seinen Schlüsselbund. „Kommuniziert ihr mittlerweile per Gedankenübertragung?“ Yami sah pikiert von einem zum anderen. Beide zuckten gleichzeitig die Schultern. „Ich habe etwas zu erledigen. Wird nicht lange dauern. Und wenn ich zurück bin, beginnt euer Geburtstag richtig.“ „Kommt Inuyasha denn gar nicht?“, wollte Yuki wissen und zuckte zusammen, weil ihr etwas Wichtiges einfiel. „Aani!“, schrie sie schon fast. „Du hast ihm doch deine Liebe gestanden?“ Anjaani zuckte zusammen und sie griff automatisch nach Aryans Hand. Flehend blickte sie zu ihm hoch. Sie war bleich geworden und Aryan spürte, dass ihre Mauer bröckelte. Diese Reaktion hatte die Drillinge erschreckt. Aryan schritt rechtzeitig ein. „Er hat ihre Liebeserklärung nicht ernst genommen. Er denkt sie empfindet dieselbe Liebe für ihn wie für mich.“ „Oh, mein Gott, ist der dämlich“, kommentierte Yami. „Er ist zu unreif“, sagte Anjaani. „Können wir bitte nicht mehr darüber reden? Es wird eure Aufgabe sein, mich aufzumuntern.“ Das taten die Drillinge auch. Wenn sie in etwas wirklich gut waren, dann war es gute Stimmung zu verbreiten. Sie lenkten Anjaani tatsächlich von Inuyasha ab, denn eine sehr wichtige Tatsache stand im Raum, die alles andere verdrängte: War heute Yamis besondere Nacht? „Ich bin so was von nervös“, hauchte Yami und errötete. „Allein bei dem Gedanken... ich meine Aryan! Aryan! Der schönste Mann der Welt!“ „Weswegen bist du nervös?“, wunderte sich Yuki. „Hallo?!“, rief Yami aus. „Wirst du nicht nervös bei dem Gedanken, von Aryan berührt zu werden? Allein der Gedanke, er wird lüstern...“ „Also ein nackter Aryan, wollüstig, gierig, entfesselt...“ Yoko schluckte hörbar. „Ich verstehe, was du meinst. Ich beneide dich. Aryan ist wirklich perfekt.“ „Was ist mit Zuma?“, warf Anjaani verwirrt ein. „Ach, er ist ein Macho“, seufzte Yoko. „Er ist nicht so fürsorglich wie Aryan. Er ist kalt und egoistisch.“ „Es stört dich viel zu sehr, dafür, dass du nur Sex willst“, bemerkte Yuki. „Sei du ehrlich zu dir und sag mir, dass du dir nicht jemanden wie Aryan wünschst.“ „Nö, ich habe Inuyasha.“ „Inuyasha ist nicht perfekt“, widersprach Yoko. „Mal ausgenommen davon, dass er sich lieber Häuten lassen würde, als sich mit dir einzulassen.“ „Ja“, bestätigte Yami. „Er ist übellaunig und aggressiv. Er kommandiert herum und ist schnell eingeschnappt. Er ist viel zu grob und unsensibel. Im Grunde ist er wie Kagome-nee. Er achtet gar nicht auf die Gefühle anderer!“ „Aber er macht sich immer Sorgen um mich“, flüsterte Anjaani. Die Freundinnen sahen sie an. Anjaani hatte den Kopf gesenkt und die Augen geschlossen. „Er sorgt sich immer darum, wie es mir geht und tröstet mich, wenn ich traurig bin. Wenn er lacht, geht die Sonne auf und wenn er da ist, kann mir kein Leid passieren. Wenn er da ist, ist alles schön.“ „Erinnerst du dich an eure Nacht?“, warf Yami dann ein. Anjaani, wieder aus ihren Gedanken aufgetaucht, wurde schlagartig rot und schüttelte den Kopf. „Wirklich nicht? An keine einzige Kleinigkeit? Nicht einmal, ob es geschmerzt hat?“ „Aani ist keine Jungfrau gewesen, es hat garantiert nicht geschmerzt“, belehrte Yoko ihre Schwester. „Obwohl... bei Inuyashas Riesen-“ „Hey!“, unterbrach Anjaani sie schrill, dann lächelte sie den jüngsten Drilling an. „Ist es das, was dich beschäftigt? Dass es wehtun wird? Dann bin ich die letzte, die du fragen solltest.“ „Es tut weh“, gab Yoko zu. „Aber nur ganz kurz. Sobald der Schmerz vergeht... hui! Ihr glaubt es mir vielleicht nicht, aber Zuma war zärtlich gewesen, jedenfalls dieses eine Mal.“ „Das erste Mal ist nicht schön“, widersprach Yuki entschieden. „Erwarte nicht zu viel davon.“ Mehr wollte sie nicht sagen. Sie hasste dieses Thema. Anjaani sah die Pein in ihrem Gesicht, jedes Mal, wenn sie dran dachte. Dies war ein Fehler, den sich der Drilling niemals verzeihen würde. All die Sexabenteuer die sie hatte, dienten dem Zweck, ihr erstes Mal zu vergessen. „Hey, mein Häschen.“ Anjaani gab ihr einen zärtlichen Kuss auf die Wange. „Hör auf daran zu denken.“ „Ich wünschte mir, du wärst an meiner Stelle gewesen, damit ich deine Schmerzen ertragen durfte. Ich wünschte, Raj wäre mit dir so vorsichtig umgesprungen, wie mit mir.“ Tränen bildeten sich in den Ockeraugen. „Hör zu, mein Häschen. Ich liebe dich über alles auf der Welt.“ „Aani war immer auf deiner Seite gewesen“, standen ihr die anderen Drillinge bei. „Sie war auf deiner Seite gewesen und hatte sich ohne zu zögern gegen Raj gestellt.“ „Ich weiß“, flüsterte sie. „Wann werde ich diese Schuldgefühle nur los?“ „Wenn Aani-Schatz Sex hat und es genießt“, erkannte Yami. „Genau! Für sie kann es keine Schmerzen mehr geben. Unser Häschen beweist doch, dass die Intensität des Schmerzes ganz davon abhängt, wie sich der Mann verhält“, sprach Yoko. „Du hast Glück mit Aryan, Mäuschen. Ich glaube, dass es keinen zärtlicheren gibt als ihn. Bis zur Nacht dauert es nicht mehr lange...“ „Heute Nacht?“ Yamis Augen begannen zu glühen. „Glaubst du wirklich schon heute Nacht?“ „Das ist garantiert dein Geburtstagsgeschenk“, bejahte Yuki, nun wieder fröhlich. „Und wenn du mir nicht glaubst, frag unser Schätzchen. Sie weiß doch über seine Pläne bestens Bescheid.“ Anjaani riss die Augen auf und zog die Schultern an. „Das ist gemein“, meinte sie. „Ich kann euch nichts sagen.“ „Er sagte, ich gehöre heute Nacht ihm. Ich will doch nur wissen, ob es das bedeutet, was ich denke“, jammerte Yami. Anjaani knurrte genervt. „Natürlich bedeutet es das! Aryan meint, was er sagt. Willst du wissen, was ich weiß? Aryan-nii hatte nie eine Frau begehrt, all diese Gefühle für dich sind neu für ihn. Er weiß nicht, wie er damit umgehen soll. Er hat Angst, sein Verlangen nicht im Griff zu haben, du bist ihm zu wertvoll. Aber weißt du was? Heute machst du ihn schwach. Du reizt ihn, bis er dir nicht mehr widerstehen kann. So kannst du sicher sein, dass du heute Nacht bekommst, was du willst.“ „Au ja!“, rief Yuki. „Mission „mach Aryan geil“ kann beginnen!“ Schon im Treppenhaus hörte Aryan das weibliche Gekreische. Irritiert runzelte er die Stirn. Was trieben die Mädchen da in seiner Wohnung? Lautlos öffnete er die Türe. Alle vier saßen vorm Fernseher und sahen sich Anjaanis liebsten Bollywood-Film an. Hauptdarsteller war der Lieblingsschauspieler der Mädchen: Shahid Kapoor. Alle himmelten ihn mit verschleierten Augen und seufzenden Mündern an. Besonders Anjaani. Das war das typische Shahid-Gekreische, das Inuyasha so hasste. Die Mädchen hatten es geschafft, Anjaani aus ihrer trüben Stimmung zu reißen. „Oh, er ist so geil“, quiekte Yuki. „Ich dachte, dass ich nur auf die bösen Kerle stehe. Aber selbst wenn er so ein liebevolles Weichei spielt, ist er geil!“ „Er ist unglaublich“, begeisterte sich Yami. „Oh, ich liebe es, wenn er so lächelt!“ Und Aryan spürte ein Ziehen im Magen. Was war das? Störte es ihn, dass Yami einen anderen Mann anhimmelte? Solange er da gewesen war, hatte sie ihrer Begeisterung für andere Männer nie gezeigt. „Er ist immer attraktiv, egal ob er böse oder gut ist“, stimmte Anjaani mit ein. „Schau die seine Haare an! Von hinten sieht er genauso aus wie Aryan-nii!“ „Ist er geiler als Hrithik Roshan?“, fragte sich Yoko. „Beide sind als Bösewichte so sexy, aber Hrithik tanzt besser.“ „Niemand tanzt besser als Hrithik Roshan“, belehrte sie Anjaani. „Aber Shahid - oh!“ In dem Moment lief der gefeierte nur mit einem Handtuch um die Schulter über den Bildschirm, zeigte seinen trainierten Oberkörper und ließ die Drillinge aufquieken. Aryans Kiefer spannte sich an, als er sah, wie sehr der Anblick seiner Freundin gefiel und ein für ihn untypischer Gedanke durchzuckte ihn spontan: „Ich habe mehr Muskeln als der Kerl!“ „Er ist wirklich ein wenig wie Aryan, deshalb ist er geiler als Hrithik“, schwärmte Yami. „Nein, vergesst es! Mein Favorit bleibt Hrithik in „Dhoom 2“. In dem Film toppt ihn niemand!“ „Aber nur weil Hrithik im Film „Aryan“ heißt“, lachte Anjaani. „Genau“, nickte Yami kräftig. „Das ist auch der weltschönste Name! Aber jetzt, wo ich mir Shahid so ansehe, ist er gar nicht mehr so sexy.“ „Was?“ Alle sahen sie entgeistert an. „Also bitte“, entrüstete sich Yami. „Im Vergleich zu Aryans Muskeln hat der nichts! Von den Augen muss ich erst gar nicht anfangen.“ Aryan spürte, wie sich sein Mund zu einem zufriedenen Lächeln verzog. Was war nur los mit ihm? „Ihr wisst, wie toll Aryan aussieht!“ „Ja ja, er ist das Höchstmaß an Männlichkeit“, zitierten die Freundinnen den schwärmenden Drilling. „Den Satz sagst du seit fünf Jahren andauernd.“ „Und es stimmt!“ „Wieso kannst du deine Augen dann nicht von Shahid nehmen?“, lachte Yuki. Yami grummelte nur. „Weil er gut aussieht. Trotzdem, niemand ist besser als Aryan!“ „Ist das so?“, meinte er. Erschrocken wandten sich die Mädchen zu ihm um. Er lehnte mit verschränkten Armen in der Tür, mit einem bisher nie gesehenen Ausdruck in den Augen. „Seit wann stehst du da, Aryan-nii?“, wunderte sich Anjaani. „Lange genug“, meinte er nur. „Wir schmachten nur Shahid an.“ „Das sehe ich.“ „Er ist nackt“, verteidigte sich Yuki. „Lasst euch nicht stören“, lächelte er und verschwand in der Küche. Die Mädchen steckten sofort die Köpfe zusammen, sobald die Küchentüre zu war. „Was sagst du, Aanilein?“, hauchte Yoko so leise, dass nicht einmal Aryans Ohren das hören konnten. „Er benimmt sich nicht ungewöhnlich.“ „Glaubt mir, er ist eifersüchtig“, zwinkerte Anjaani. „Er hat mit uns geredet, aber Yami dabei die ganze Zeit angesehen.Du darfst ihm nur nicht zu nahe kommen, Mäuschen.“ „Das ist gemein“, beschwerte sich Yami. „Hast du gesehen, wie süß er guckt?!“ „Wenn du ihn nicht berührst, wird er sich nur noch mehr nach dir sehnen“, erklärte Yoko. „Er ist eifersüchtig und ein eifersüchtiger Mann ist anfälliger auf weibliche Reize, denn sowohl Beschützer- als auch Besitzinstinkt werden geweckt.“ Sie verstummte gerade rechtzeitig, als Aryan mit einem großen Tablett zurückkam, das er auf den Wohnzimmertisch stellte. Fasziniert betrachteten die Drillinge ihren Lieblingskuchen, den drei brennende Kerzen zierten. Eine blaue, eine rote uns eine grüne. „Woah“, machte Yoko. „Den hat Aurora gebacken“, erklärte Aryan. „Wünscht euch was.“ „Ich wünsche mir...“, begann Yuki, wurde aber sofort von ihren Schwestern unterbrochen. „Hey! Wieso darfst du zuerst?“ „Weil ich die Älteste bin“, erwiderte sie. „Na und? Ich bin die Klügste!“, brüstete sich Yoko. „Aber ich die Schönste!“, grinste Yami. „Wer sagt, dass du die Schönste bist?!“ „Wenn ihr nicht damit aufhört, puste ich sie aus und das war´s mit den Wünschen“, drohte Anjaani. „Fangt an“, gab Yami nach. „Alter vor Schönheit.“ „Ich wünsche mir Architektur an der Sakahari - Universität zu studieren“, bat Yuki, nachdem sie Yami einen giftigen Blick zugeworfen hatte und blies die blaue Kerze aus. „Ich wünsche mir, dass Zuma mich liebt.“ „Ein Wunsch soll in Erfüllung gehen, kein Wunder“, neckte Yami Yoko. „Dann wünsche ich mir, mein Drehbuch verfilmen zu können“, bat der rote Drilling und blies ihre Kerze aus. Yami zögerte, ein bezauberndes Lächeln ließ ihre Augen strahlen. Sie sah Aryan an. „Ich bin wunschlos glücklich, denn ich habe dich. Mein Wunsch ist es, dass du glücklich bist.“ Und die letzte Kerze erlosch. „Meine kleine Nachtigall...“ Aryan lächelte auf eine unnachahmliche Weise, der kein Mensch widerstehen konnte, die tief in Yamis Herzen widerhallte. Seine Hand streckte sich nach ihr aus. „Nii-san!“, schritt Anjaani schnell ein, bevor er sie berühren konnte. „Ich schneide den Kuchen an und du gibst ihnen ihre Geschenke.“ „Geschenke?“, wunderte sich Yami. „Ist diese Party nicht unser Geschenk?“ „Nein“, widersprach Aryan. „Es kommt mehr. Alles war Auroras Idee.“ „Aber ohne Aryan-niis Hilfe wären sie nicht realisierbar gewesen.“ Anjaani wollte nicht das ganze Lob alleine ernten. „Macht es nicht so spannend“, drängte Yuki. „Hier ist deines“, lächelte Aryan und zog einen dicken Briefumschlag hervor. „Was ist das?“ „Eine Immatrikulationsbescheinigung“, antwortete Anjaani. „Du bist ab Oktober zum Architekturstudium an deiner Wunschuniversität zugelassen, mit vollem Stipendium.“ „W-was?!“ Yuki traute ihren Ohren nicht. „Ich habe da ein paar Kontakte“, bestätigte Aryan. „Am Mittwoch begleite ich dich zum Gespräch mit dem Direktor.“ „Oh, mein Gott!“ kreischend fiel Yuki Anjaani um den Hals, drückte so fest, dass Anjaani zu röcheln begann. „Bitte, Mäuschen“, wandte sie sich dann schon fast verzweifelt an ihre Schwester. „Darf ich ihn auch anspringen?“ Yami schürzte missmutig die Lippen und deutete auf Yukis kurzen Rock. „Kommt drauf an. Hast du ein Höschen an?“ „Ausnahmsweise ja.“ Yami brummte zustimmend, nachdem sie kurz nachgesehen hatte. „Juchuuuu!“ Sie sprang Aryan an, außer sich vor Freude. „Danke, danke, danke Nii-san!“ „Jetzt beruhige dich mal, ich bin dran“, rief Yoko dazwischen. Doch ihr erwartungsvoller Blick wurde enttäuscht, als Aryan ihr einen kleinen Zettel mit einer Telefonnummer reichte. „Was ist das?“ „Das ist die Nummer von Roida Hishinuma.“ Yoko fielen fast die Augen aus. „Hishinuma-san?! Der Top-Produzent Japans?“ „Aryan-nii hat sich mit ihm in Kontakt gesetzt und er ist bereit, deinen ersten Film zu produzieren.“ „Er erwartet deinen Anruf“, lächelte Aryan. „Jetzt bist du eine Regisseurin.“ Yami belächelte die Freude ihrer beiden Schwestern. Ruhig wartete sie ab, bis die Gemüter sich beruhigt hatten. Was seine Zeit dauerte, so außer sich vor Freude waren die Mädchen. Was war es nur Wundervolles, was Aryan für sie bereit hielt? Yami fing vor Aufregung an zu zittern. Aryan reichte ihr eine winzige Tüte, so eine, in der man Schmuck verpackte. „Oh, ist es Schmuck?“, begeisterte sich Yoko, die ewige Romantikerin. „Ein Verlobungsring? Ein Symbol ewiger Verbundenheit?“ „Quatsch, Aryan-nii würde einen Heiratsantrag im höchsten Maße romantisch veranstalten“, widersprach Yuki überzeugt. „Das ist ein Kondom. Ein Wink mit dem Zaunpfahl.“ „So ein Unsinn!“, meinte Yami. „Ich nehme die Pille und wir beide können uns nicht mit irgendwelchen Geschlechtskrankheiten anstecken, weil -“ „Hey“, fauchte Anjaani beschämt. „Ihr schweift ab!“ „Ist ja gut“, beschwichtigten alle Drei und Yami holte einen silbernen Schlüssel hervor, an dem eine süße kleine Stoffmaus als Anhänger baumelte. „Ist es das was ich denke?“, hauchte sie gerührt und sah ihn an. Ihr Herz machte einen Sprung. Sein Blick war so durchdringend, dass sie glaubte er konnte bis in ihre Seele sehen. „Das ist dein Schlüssel zu meiner Wohnung... zu unserer Wohnung“, flüsterte er mit unwiderstehlicher Stimme. „Alles, was ich besitze, gehört auch dir. Du bist Teil meines Lebens.“ Yami kamen die Tränen und sie streckte die Arme nach ihm aus. Ihr hungriger Magen knurrte plötzlich laut und erinnerte sie daran, Aryan nicht zu berühren. Diese verdammte Mach-Aryan-geil- Mission! Sie wollte Aryan damit quälen, aber es wurde zu ihrer Folter. Da war man mit dem stärksten und schönsten Mann der Welt zusammen und durfte ihn nicht berühren! Das war die reine Folter! Doch sie schaffte es irgendwie. Zum Glück halfen ihr die Mädchen und lenkten Aryan in den brenzligen Situationen ab. Und als sie sich für die große Part fertig machen musste, war diese Sehnsucht für den Moment vergessen. Die Drillinge hatten sich in Aryans Badezimmer verschanzt und bereiteten Yami auf den Abend vor. Sie waren Profis und somit auf alles vorbereitet. Von der richtigen, schnell ausziehbaren Kleidung bis hin zum wasserfesten Make-up. Sie entschieden sich, nur Yamis Augen zu schminken. Wer weiß, vielleicht würde Aryan sie so ins Schwitzen bringen… die Mädchen seufzten bei dem Gedanken. „Habt ihr denn keine Tipps?“, fragte Yami, während Yuki ihre Haare stilvoll aufsteckte und Yoko ihre Kleidung zu Recht rückte. „Schön wäre es, Mäuschen“, entschuldigte sich Yoko. „Aber wir wissen nichts, was du nicht auch weißt.“ „Seid ihr fertig?“ Die Schwestern nickten zufrieden. „So, du kannst dich deinem General präsentieren.“ Aryan, der Anjaani gerade in Schlafzimmer den Reißverschluss ihres goldenen Kleides hochzog, brach mitten in der Bewegung ab, als er seine Freundin sah. Wortlos wanderte sein Blick am jüngsten Drilling entlang, er sah die anderen beiden nicht, die bis auf die Farbe, dasselbe an hatten. Yami spürte nur für den Bruchteil eines Wimpernschlages, wie fasziniert er war. Dann verschwand dies in den Tiefen seiner Augen. Yami hatte sich für ein schillerndes dunkelgrünes, wirklich enges und verboten kurzes Kleid entschieden, dessen tiefes Dekolleté mit schwarzer Spitze verziert war. Anjaani musste lächeln, als sie die Spitzenstrümpfe sah, die knapp unter dem Kleid endeten und aufreizend ein Stück zarter Haut ihrer Schenkel freigaben. Das war eine ungeschriebene Regel bei den Drillingen: Niemals Strumpfhosen anziehen, wenn Strapse so viel erotischer wirkten! Sie schenkte Aryan jedoch keinen Blick, sondern wandte sich an die Inderin. „Oh, Aani-Schatz, du siehst so süß aus!“ „Und ihr seht verboten aus!“ „Haben wir gut gemacht, nicht wahr?“, lobten sich Yuki und Yoko. „Und was soll ich anziehen?“, fragte Aryan in die Runde. Er musste sich räuspern. „Jeans und weißes T-Shirt“, antworteten die Frauen sofort. „Das war einstimmig“, lächelte Aryan. „An dir sieht Weiß am besten aus“, schwärmte Yami. „Ein weißes Muskelshirt…“ „Und ein Schutzhelm und Handschuhe und ein Werkzeuggürtel…“ „Hey!“, unterbrach Yami die begeisterte Yuki. „Hör auf, ihn zu pornofizieren!“ „Bevor ihr anfängt zu streiten“, rief Anjaani dazwischen. „Habt ihr eure BH-Bunker gefüllt?“ „Oh nein! Kommt schnell!“ Yoko zog die Mädchen ins Wohnzimmer. Da sie keine störenden Handtaschen mitschleppten, steckten sie alles Notwendige wie Lippenstifte, Geld und Ausweise in ihre BHs. „Aryan, hast du noch Platz in den Hosentaschen?“, jammerte Yuki, die sich gerade Geldscheine in den Stiefel schob. „Unsere BHs sind schon voll und Aanis BH ist allein schon mit ihren Brüsten überfordert.“ „Hey!“, zischte Anjaani errötend. „Warte, Mäuschen“, rief Yoko Yami zu, die gerade im Bad verschwinden wollte. „Ich habe nicht gesehen, dass du deinen BH gefüllt hast!“ „Ach, wirklich“, hauchte Yami unschuldig. „Vielleicht, weil ich keinen an habe.“ Kurz schweifte ihr Blick Aryan und die Badezimmertüre fiel zu. Yami grinste ihr schönes Gesicht im Spiegel an. Aryan war von ihrer verführerischen Erscheinung begeistert, das wusste sie. Sie hatte seinen Blick bemerkt, als sie gesagt hatte, sie trage unter diesem hautengen Kleid keinen BH. Oh, garantiert machte sie ihn wahnsinnig! Dummerweise blieb sie selber nicht verschont. Den ganzen Tag hatte sie ihn nicht berührt. Sie hielt das nicht länger aus! Plötzlich knackte das Schloss. Aryan stand im Bad und verschloss die Tür. Wie schaffte er es nur immer wieder so unbemerkt zu erscheinen? Doch als er sich zu ihr umdrehte, stockte ihr der Atem und sie klammerte sich ans Waschbecken, da ihre Knie zusammen zu knicken drohten. Unverhohlene Lust glühte in den wilden grünen Augen. Dieser Blick raubte ihr den Verstand. Ehe sie sich versehen konnte, war er bei ihr und riss sie in seine Arme. Heiße Röte stieg in ihre Wangen, als Aryans warmer Atem ihre Lippen streifte und dort ein wundervolles Prickeln auslöste, das die vergessen ließ, warum sie seine Nähe mied. Ihre Augen flogen auf seinen Mund. Er hatte die schönsten Lippen, die sie jemals gesehen hatte: kunstvoll geschwungen, rot, voll, sinnlich, makellos... „Darf ein Mann so wunderschöne Lippen haben?“, fragte sie sich und konnte den Blick nicht von ihnen wenden. Er sah es, er wusste es. „Du willst mich in den Wahnsinn treiben, was?“ Ihre Antwort erstickte er in einen brennend heißen Kuss, der sie willenlos machte. Aryan, völlig überwältigt, hob sie auf das Waschbecken, seine Finger strichen die zarte Innenseite ihres Schenkels hinauf. Yami keuchte auf und klammerte sich an ihn. Und ruckartig riss sie ihm das T-Shirt über den Kopf, krallte die Finger in seine muskulösen Schultern. Seine Berührungen weckten die Sucht nach mehr… „Das war Absicht, nicht war“, raunte er an ihrem Hals, biss zärtlich hinein. Ein erregtes Stöhnen entwich ihren bebenden Lippen, ihre Beine umschlangen Aryans Hüfte. „W-was war Absicht?“, stöhnte sie leise, ihr Atem raste. Er drückte sie fest an sich, seine Finger verschwanden im heißen Zentrum ihrer Lust, fanden die kleine Perle. Yami erstickte ihr heiseres Stöhnen an seinen gierigen Lippen, ihr Körper bebte unkontrolliert. Aryan schluckte, ihr süßes Stöhnen vernichtete seine Zurückhaltung. „Dich so anzuziehen, meine Berührungen zu meiden… ohne Unterwäsche… Du hast es geschafft.“ „A-Aryan... Ich halte das nicht aus…“ „Du hast mich den ganzen Tag gequält“, flüsterte Aryan erregt. „Und du quälst mich weiter mit seinem süßen Stöhnen.“ „Bitte beherrsche dich… die anderen- ooohh!“ Aryan schob das Kleid von ihren Schultern, enthüllte ihre nackte Brust. Die heißen Lippen, die raue Zunge machten sich erbarmungslos drüber her. Und beide drohten, den Verstand zu verlieren. „Wo ist eigentlich Aryan?“, bemerkte Yuki im Wohnzimmer plötzlich und blickte sich um. „Wann ist er denn verschwunden?“ „Und Yami ist ziemlich lange im Bad“, flüsterte Yoko verschwörerisch. „Beide sind im Badezimmer“, sagte Anjaani nur. Die Schwestern beugten sich mit glänzenden Augen zu ihr. „Was spürst du? Was treiben die beiden da drin?“ „Ich spüre nichts“, errötete Anjaani. „Es ist eine Schutzbarriere um das Bad.“ „Woah“, begeisterten sich die Schwestern. „Dann wissen wir, was sie da drinnen machen.“ „Bestimmt nicht“, beharrte Anjaani. „Wir müssen nämlich bald los.“ Sie hob die Stimme: „Aryan-nii, achte auf die Zeit!“ „Brichst du nicht gerade die Goldenen Regeln?“, warf ihr Yoko vor. „Nein. Die gelten nicht für mich. Ihr habt euch schließlich oft genug an Inuyasha rangemacht!“ „Oh…“ Die reuevollen Gesichter der Drillinge wurden enttäuscht, als Yami und Aryan aus dem Bad kamen. Man sah ihnen nicht an, was in dem Raum vorgefallen war. Doch innerlich brannten sie vor Verlangen. Yami wollte nichts lieber, als die Mädchen hinauszuwerfen und sich dann hemmungslos auf Aryan zu stürzen. Seiner Energie war es zu verdanken, dass sie sich beherrschen konnte und überhaupt auf ihren Beinen stehen konnte, nach dem, was er mit ihr angestellt hatte… Jedenfalls war die Mission mach Aryan geil ein voller Erfolg gewesen! Aber nicht nur bei ihm… sie spürte ihn noch an ihrem Körper… oh Gott, sie wollte ihn so sehr! Doch ihre Qualen waren vergessen, als sie den Ort der Feier erreichten. Anjaani erfreute sich an den Gesichtern der Drillinge. Sie konnten es kaum fassen, dass sie im besten Club ganz Asiens feiern würden. Und ihre Freude war ansteckend. Wie glücklich sie waren! Diese Freude war ihr alles Wert. Wie sehr sie ihre Drillinge liebte… Sie hatte immer ihr Bestes getan, sie glücklich zu machen. Weil sie von den Drei immer bedingungslos geliebt worden war. Saajan war die Sonne in ihrer Welt, aber die Drillinge waren diese Welt. Ohne sie hätte sie niemals die Hoffnung gehabt, an Inuyasha zu glauben, auf ihn zu warten. Wären die Drillinge nicht, hätte sie sich vor vielen Jahren schon das Leben genommen. Sie liebte die Drei so sehr… was würde sie ohne sie machen? Die Party war der absolute Wahnsinn. Doch Anjaani war nicht in Stimmung zu feiern. Sie bekam kaum etwas mit, als würde sie in einem Schaufenster stehen und das Geschehen durch die Glasscheibe betrachten. Ihr Lächeln folgte automatisch, die richtigen Worte kamen intuitiv. So viele Leute, die sie kannte, traf, mit denen sie rumalberte, lachte, feierte, fröhlich war. Jeder interessierte sich nur für ihren Job als Tanzlehrerin oder Inuyasha. Niemand bekam mit, dass sie nicht anwesend war, nichts sah, nichts hörte. Nur die Musik, die wild durch ihre Adern pulsierte. Sie flüchtete so sobald sie konnte, auf die Tanzfläche. Hier konnte sie alles und jeden vergessen, sich einfach nur der Musik hingeben. Aryan hatte extra dafür gesorgt dass diese langweilige Techno-Musik, die sie so hasste, nicht gespielt wurde. Wilde, heiße, leidenschaftliche Rhythmen, die ihren Körper in Wallung brachten. Dann trat ein Mann zu ihr und sie erstarrte. Zuerst glaubte sie, es sei Zuma. Doch er hatte ein zuckersüßes Lächeln, wirres schwarzes Haar und die blauesten Augen, die sie jemals gesehen hatte. Vor ihr stand Yuichi Yamada. Anjaani wusste nicht, was sie tun sollte. „Aryan“, kam ihr sofort in den Sinn. Und als hätte er den Ruf ihres Geistes gehört, trat er plötzlich zu ihr, mit Yami an seiner Seite. Yami war nicht begeistert Yuichi Yamada wieder zu sehen, da sie ihm den Vorfall in der Umkleidekabine nicht verziehen hatte. Dieser konnte sich nicht entscheiden, wen er anstarren sollte, sie oder Anjaani. Anjaani war eindeutig die schönere, doch Yamis Outfit war verlockender. Ein Blick reichte, um zu erkennen, dass dieser indische Engel - schöner als alles, was er je erblickt hatte - die Verkörperung der reinen Unschuld war. Sie war zu gut für ihn, er würde sie nur beschmutzen und diese Sünde würde er seinem Gewissen nicht aufladen. Der Drilling war ihm nicht eine Nummer zu hoch und genau nach seinem Geschmack. So jemanden wollte er! Und sie wusste das, denn ihre hellen Augen musterten ihn abweisend. Was machte er hier auf ihrer Party? Wie sich herausstellte, hatte Aryan ihn eingeladen, um ihm Yuki vorzustellen. Stolz sah sie zum jungen General hinauf. Gab es jemand besseren als ihn? Obwohl sie versuchte Yuichi zu hassen, konnte sie es nicht lange. Je länger sie sich mit ihm in der VIP-Lounge unterhielt, desto mehr mochte sie ihn. Sie hatte Yoko an ihre Seite gezogen, aber auch diese hatte er schnell um den Finger gewickelt. Er war total süß! Besser konnte sie es nicht ausdrücken. So unbefangen, ehrlich und albern. Er war perfekt für Yuki. Würde er nicht neben Aryan sitzen, würde er garantiert männlicher wirken. Aber Aryan hatte den Effekt, dass andere Männer neben seiner großen, kräftigen Statur wie kleine, blasse Jungs aussahen. Yuki jedoch wäre hin und weg. Wo blieb Anjaani denn? Sie sollte Yuki doch holen? „Du hast bestanden“, entschied Yoko und klopfte Yuichi auf die Schulter. „Oh toll!“, freute er sich. „Was krieg ich als Belohnung? Yami-chan bekomme ich einen Kuss?“ Aryan schüttelte warnend den Kopf „Wie wär´s mit dir, Yoko-chan?“ Sein Grinsen war einfach unwiderstehlich. Yoko rief sich innerlich zur Ordnung. Das war nicht Zuma! Aber warum glaubte sie Zumas Gesichtszüge zu erkennen? „Ich bin eine Nummer zu hoch für dich“, winkte sie ab. „Och, Mann, ich will aber eine von euch! Wenn du genauso scharf bist wie Yami-chan…“ „Ich kenne jemanden, der ist besser als ich“, versprach Yami. Yuichis Augen wurden riesig. „Entschuldigt, ich hab unser Häschen ewig suchen müssen“, betrat Anjaani gerade den Raum. „Nein, nicht sie“, raunte ihm Aryan zu, als Yuichis Augen hoffnungsvoll aufleuchteten. „Aani-Schatz, was soll ich denn hier?“ Yuki trat hinter Anjaani hervor, strich sich gerade das Haar hinter das Ohr. Und als sie ihn sah, war alles plötzlich vergessen. Ihre Hand erstarrte neben ihrer Wange und sie blickte in die blauesten, tiefsten, klarsten, wunderschönsten Augen die sie jemals gesehen hatte - wie blaue Diamanten! Und diese gehörten zu einem Götterbild von einem Mann, dessen süßes Lächeln ihr Herz rasend schnell schlagen ließ. Er starrte sie an und stand auf, ging geradewegs auf sie zu. Er bewegte sich, als würde er schweben. Sein strahlendes Lächeln schien die Umgebung zu erhellen. Sein rabenschwarzes Haar stand im blendenden Kontrast zu seiner elfenbeinernen Haut. Da stand er, ihr leibhaftiger Traum. Yuichi Yamada schaute ihr direkt in die Augen und der blaue Schein durchdrang ihre Seele. Yukis Herz setzte aus. Das ist doch ein Traum! War er wirklich so schön? So makellos? Das ist nicht Yuichi, das ist die Reinkarnation von Adonis höchst persönlich! Der Ort existierte nicht. Die Zeit existierte nicht. Die Einsamkeit existierte nicht. Der Schmerz existierte nicht. Nur das Strahlen seines Wesens umschwebte ihre Seele, als wollte es sich mit ihrer vereinen. Yuichi Yamada sah sie an und wandte die Ozeanaugen nicht mehr ab… Sie starrten sich an, keiner seiner Stimme mächtig, seines Körpers, seiner Sinne. Wie durch einen goldenen Hauch zarter Melodien berührten sich ihre Blicke, betäubt vom Anblick des anderen. Yuki würde sterben, wäre die Magie vorbei. „Wow, du musst ein Engel sein?“, zerriss seine weiche Stimme den warmen Nebel um ihren Verstand. Yukis hatte ihre eigene Stimme verloren. „Ihr seid Drillinge?“ Er war so ungehemmt, so locker, dass Yuki die Sprache wieder fand. „Du bist ein Blitzmerker“, bemerkte sie frech. Es wunderte sie, wie locker sie war, trotz der Anwesenheit dieses Mannes! „Ich kann nichts dafür!“ Er wandte sich zum Rest um. „Hey, ich hab gedacht ihr seid nur Zwillinge! Ihr habt mir nicht gesagt, dass es noch eine gibt!“ „Hast du nicht gewusst, dass du auf eine Geburtstagsparty von drei Schwestern eingeladen bist?“ „Doch… oh ups.“ „Du bist wirklich ein Blitzmerker“, lachte Yuki. „Und du bist wunderschön“, hauchte er. „Darf ich dich auf einen Drink einladen, draußen im japanischen Garten?“ Yuki lächelte verführerisch und ließ damit seinen Atem stocken. „Du gehst sofort ran, das gefällt mir. Los, komm!“ Sie packte ihn am Kragen und zog ihn mit. „Die reden beide nicht um den heißen Brei herum“, kommentierte Anjaani. „Tja, unser Häschen kommt nun mal schnell zur Sache“, grinste Yoko. „Yuichi passt wundervoll zu Yuki“, freute sich die Inderin. „Er muss verrückt sein, dass er nicht an dir interessiert ist“, wunderte sich Yami. „Weil er so jemanden wie dich will“, erklärte ihr Aryan. „Du hast ihm den Verstand geraubt, Prinzessin. Er will eine Frau, die so ist wie du. Aurora ist ihm zu unschuldig. Yuki dagegen ist perfekt für ihn.“ Oh ja, das war sie! Yuki wusste es, Yuichi wusste es. So etwas hatten beide noch nie erlebt. Es musste Liebe auf den ersten Blick sein. Yami kannte das Gefühl des Verliebtseins, aber es war so viel prickelnder und intensiver als bei Anjaani. Sie schaute in seine Augen und war glücklich, sie hörte seine Stimme und ihr Bauch begann zu flattern… was war nur los mit ihr? Ihr Körper und ihr Herz waren in Aufruhr, obwohl sie ihn nicht einmal berührt hatte… Dies war der Mann ihrer Träume. Den würde sie nicht mehr entwischen lassen. So schwer war das auch nicht, denn er war völlig hingerissen von ihr. Und es war eine Freude mit ihm zu reden! Sie passten so gut zusammen! Er war genauso frech, ungehemmt und ehrlich wie sie. „Du bist die erste Frau, für die ich mich ehrlich interessiere“, gestand er ihr, während sie durch den Garten schlenderten. Die Luft war angenehm mild. „Du meinst, du interessierst dich für mehr, als nur für meinen Körper?“, erkannte sie. „Ja, du bist die erste, von der ich wissen will, wie sie ist, was sie empfindet und all der Schwachsinn. Normalerweise will ich Frauen nur in meinem Bett haben. Aber dich, dich will ich auch bei mir haben.“ Sie seufzte leise. „Mir geht es genauso. Ich will wissen, wer du bist, nicht wie du nackt aussiehst. Naja, nicht nur.“ Yuichi lachte leise, es war so ein weicher, fröhlicher Klang, der eine angenehme Wärme in ihrer Brust auslöste. „Ich möchte dich kennenlernen, Yuki-chan.“ Sie streckte ihm die Hand hin. „Hallo, ich bin Yuki Lisa Higurashi, 20 Jahre alt, Deutschjapanerin mit zwei identisch aussehenden Schwestern und angehende Architekturstudentin.“ „Angenehm, Yuichi Yamada, 24 Jahre alt, Waisenkind, Männermodel und Jungschauspieler. Und ich bin hin und weg von dir.“ Sein ehrliches Lächeln war so strahlend warm und umwerfend. Innerlich zuckte sie zusammen, als sich ihre Hände berührten. Es war so, als ob sich auch ihre Seelen berührt hätten. Yukis Hand war kalt, brannte aber gleichzeitig. Sie musste sich beherrschen, er hatte so atemberaubende Augen! Sie sahen aus wie kostbar geschliffene Saphire. Klar und undurchdringlich, so blau... Keiner der beiden hatte bemerkt, dass sie stehen geblieben waren. Sie tauchten immer tiefer in die Augen des jeweils anderen ein, genossen ihre erste Berührung. Noch ein bisschen... und ihre Seelen würden sich berühren. Ein kräftiger Wind zog auf und spielte leidenschaftlich mit Yukis braunem Haar. Im gleichen Moment war es, als ob sie aus einem Zauber wieder erwacht wären. „Was... tust du da?“, fragte sie mit angehaltenem Atem. „Dasselbe könnte ich dich fragen“, sagte Yuichi leise. Dieser erotische Tonfall jagte warme Schauer über ihren Rücken. Er ließ ihre Hand nicht los, zog sie näher zu sich. „Mir ist so komisch, Yuki-chan…“ „Weißt du, Yui-kun. Ich war nie in einen Kerl verliebt. Ich glaube, du bist der erste.“ „Yuki-“ Er verstummte schlagartig als Yuki die Arme um seinen Hals schlang und ihn zärtlich küsste. Dieser unschuldige Kuss dauerte nur Sekunden, aber es war das schönste Gefühl der Welt, die Zeit existierte nicht mehr. Und wenn einer wusste, was schön ist, dann wohl Yuichi. Aber nichts war vergleichbar mit diesem Gefühl. Dieses reine, unverfälschte Gefühl, das sein Herz entflammen ließ. Wer ist bloß dieses Mädchen? Oder besser gesagt: Was ist dieses Mädchen? Als er sie ansah waren seine Augen seltsam verändert. Sie wusste nicht, was dieser Blick bedeutete, aber er verfehlte seine Wirkung nicht. „Ich liebe dich“, hauchte er überwältigt und zog sie in seine Arme, an sein rasendes Herz. Tief sog er ihren süßen Duft ein. Weich, köstlich, wie Karamell… Zärtlich strich sein Daumen ihre Wange hinab über ihre zarte Unterlippe. Yuki zuckte zusammen. Noch nie hatte sie solch eine harmlose Berührung erzittern lassen. Sie wollte einen Kuss, einen tiefen innigen Kuss von ihm. Alles würde sie dafür geben… Doch etwas in ihr war dagegen. Yuichi Yamada war als Frauenheld berüchtigt. Wie konnte sie sich sicher sein, dass er nicht einfach nur austesten wollte, ob ihre Küsse genauso leidenschaftlich waren wie Yamis? Er hatte ihr seine Liebe gestanden, doch konnte sie sich dessen sicher sein? Wie leichtfertig ging er mit diesen drei Worten um? Langsam entzog sie sich seiner warmen Umarmung. „Feier mit mir“, bat sie. „Geh mit mir auf die Tanzfläche. Und lerne mich kennen.“ „Zuerst möchte ich noch einen Kuss“, verlangte er mit rauer Stimme. „Einen richtigen.“ „Einen französischen Kuss?“, fragte sie unschuldig. „Ich liebe alles Französische“, grinste er keck. „Oh, da hast du aber Glück“, erwiderte sie seinen erotischen Blick. „Ich bin nämlich die beste in Französisch, mon chéri.“ Yuichis Augen weiteten sich begeistert über die Doppeldeutigkeit dieses Satzes. „Ich spreche sieben Sprachen fließend“, kicherte sie und der erwartungsvolle Glanz verschwand. „Ich will mich davon überzeugen“, blieb er hartnäckig. „Welche Französischkenntnisse du besitzt.“ „Glaub mir, es wird dir den Verstand rauben. Wenn ich mit dir fertig bin, weißt du nicht, ob du Japaner oder Franzose bist.“ „Hab ich schon erwähnt, wie toll du bist?“, schwärmte er. „Aber meinen Kuss bekomme ich schon noch.“ Ja, das würde er. Aber es überraschte ihn, wie sehr es ihn befriedigte, nur mit ihr im Arm zu spazieren und sich zu unterhalten. Diese Frau interessierte ihn wirklich. Er wollte alles von ihr wissen, über ihre Familie, ihre Hobbies, ihre Eigenarten. Und sie war die interessanteste Frau, die er getroffen hatte. Sie sprach tatsächlich sieben Sprachen fließend und begeisterte ihn mit ihrem Zeichentalent, als sie ihm mit einem kleinen Zweig sein eigenes Gesicht naturgetreu in den Boden kratzte. Sie war wunderschön, intelligent, witzig und in allem Maße interessant. Und er war einfach nur glücklich. Nur Anjaani, sie litt stumm. Selbst die Musik vertrieb die Schwermut nicht. Es hatte sie wieder auf die Tanzfläche gerieben. Sie wusste nicht, wo sich Yami und Aryan befanden. Yoko musste doch auch irgendwo sein. Allein mit der Musik. Sie sehnte sich danach, richtig zu tanzen. Ein Tanz mit jemandem, der es auch konnte, der mit ihr mithalten konnte. Doch mit all den Kerlen, die nur grapschen wollten, konnte sie nichts anfangen. Plötzlich erklang Yamis melodische Engelsstimme aus den Lautsprechern und die Musik wurde leiser. „Hört mir mal alle zu! Hey, Aani-Schatz, nerven dich die Typen auf der Tanzfläche?“ Anjaani lachte nur. „Ich spiele jetzt ihr Lieblingslied und wer es schafft unserer Tanzkönigin die Stirn zu bieten, darf mit ihr tanzen. Schau nicht so protestierend, Aani! Na los, Männer! Wagt es, euch mit Aurora Luna zu messen. Los, auf sie!“ Anjaani knurrte wütend. „Na toll, danke, Marie!“ Und dann hörte sie das Lied „Do you only wanna dance“… Es war ihr liebstes. Sofort begann sich ihre Hüfte im Rhythmus zu bewegen. Anjaani folgte der Musik. Etliche Männer versuchten mit ihr zu tanzen, doch sie war zu schnell, zu feurig. Niemand konnte mit ihr mithalten, allen entschlüpfte sie. Der Refrain passte perfekt: One wrong move an I´ll down ya. And that`ll end ya. You should surrender, You`ll never win, unless you give in… Das Lied nahm sie gefangen, niemand hielt ihr stand, keiner konnte lange mithalten. Bis plötzlich im Refrain, jemand hinter ihr war und ihre Hände erfasste. Sein Körper floss im selben Rhythmus. Jede Bewegung passte sich vollkommen an ihre an. Die schnelle Drehung war perfekt. Er führte sie, verschmolz mit ihr, im perfekten Takt. Die Arme, die sie in die Luft hoben, sicher, kräftig, verlässlich. Und schwungvoll wirbelte er sie herum und riss sie in seine Arme. Silberne Augen beugten sich über sie. „Du solltest aufgeben“, flüsterte Zuma den Text. „Du wirst niemals gewinnen, es sei denn, du gibst auf.“ Sie riss die Augen auf, doch der Tanz ging weiter. Wieso hatte sie es nicht erraten können? Es gab niemanden, der ihr ebenbürtig war, bis auf ihn. Bis auf Zuma. Die alte Leidenschaft entflammte. Sie war eins mit ihm, mit dem Lied. Und es war schön. Zumas Arme waren vertraut, sicher. Im Tanz gehörte sie ihm. „Überrascht, mich zu sehen“, raunte er ihr zu. „Ja“, nickte sie ehrlich. „Weiß Yoko, dass Sie hier sind?“ „Sie hat mich praktisch auf die Tanzfläche geworfen, um dich dieser Meute von Wölfen zu entreißen.“ „Danke sehr.“ „Was trägst du da?“, musterte er kurz ihr schwingendes, schlichtes Kleid. „Neben den Geburtstagskindern siehst du aus wie eine Nonne.“ Er sah so gut aus, wenn er lächelte. Warum konnte er es nicht sein? Warum konnte es nicht immer so sein, wie in den Momenten, in denen sie tanzten? Weil er Yokos Liebe war. Für sie, für Anjaani gab es niemanden… niemanden. Kaum endete das Lied, entriss sie sich ihm und rannte davon, vorbei an einer glücklichen Yami, einer glücklichen Yuki. Wie konnte sie Yoko ihr Glück streitig machen? Zuma war nur im Tanz perfekt. Er begehrte sie, lieben tat er sie nicht. Lieben tat sie niemand. Niemand außer Aryan. Aber das war nicht die Liebe, die die brennende Sehnsucht in ihrem Herzen stillen konnte. Die Terrasse der Diskothek war riesig und menschenleer. Sie blickte hinauf zur hauchdünnen Mondsichel und lehnte sich über das Geländer. „Es ist kalt hier draußen“, erklang Zumas klare Stimme hinter ihr, übertönte die Musik aus den Lautsprechern. „Morgen ist Neumond“, flüsterte sie. „Bei Neumond bekomme ich keinen Ausschlag.“ „Ausschlag“, wunderte sich Zuma und trat dicht neben sie. Warum war sie gar nicht unruhig in seiner Nähe wie üblich? „Ich bin allergisch auf Kälte“, erklärte sie. „Nur bei Neumond bleibe ich davon verschont.“ „Meine Mutter hatte diese Allergie auch“, murmelte er und betrachtete gedankenversunken den Mond. „Sie hat immer gefroren.“ Verwundert riss sie die Augen auf. Zuma redete über persönliche Angelegenheiten? Auch noch so vertraut? Wer war das? Yoko behauptete zwar steif und fest, dass er eine menschliche und liebevolle Seite hatte, aber die hatte er niemals gezeigt. „Du bist heute so unglücklich… Was ist mit dir los, Mädchen?“ Nun klappte ihr auch der Mund auf. Zuma wandte ihr den Kopf zu, seine Augen blitzen im Mondlicht auf. „W-was ist mit Ihnen los?“, fragte sie verunsichert. „Wir sind hier nicht beruflich“, erklärte er. „Heute bin ich nicht dein Chef und ich möchte Yoko nicht ihre Feier verderben. Das würde ich nämlich bitter bereuen. Und jetzt sag mir, was dir fehlt.“ Anjaani war fassungslos. Woher wusste er das? Dieser Gedanke muss ihr deutlich im Gesicht geschrieben stehen, denn Zuma schenkte ihr sein typisch überlegenes Lächeln. „Auch, wenn ich dich abstoße, Püppchen, wir passen perfekt zusammen. Du weißt, wie nah wir uns sind. Im Tanz werden wir eins. Zwischen uns ist eine Verbundenheit. Glaubst du dann im ernst, du kannst deine Gefühle verbergen? Wenn ich dir so nah bin, verschmilzt meine Seele mit deiner und ich fühle alles, was du auch fühlst. Du hast Liebeskummer.“ Als der forschende Blick dieser silbergrauen Augen in sie drang, schluckte Anjaani. „Hören Sie bitte auf“, flüsterte sie und senkte den Blick. „Es ist nur, dass mich niemand liebt. Es gibt niemanden, der mich liebt.“ Zuma beugte sich zu ihr, sein Blick war sanft. Diese Frau, das wunderschönste Wesen der Welt, war einsam? Aurora Luna, eine Frau, die jeden Mann dieser Welt haben konnte… Konnte es sein, dass sie tatsächlich so unschuldig und rein war, wie sie wirkte? „Du bist zu schön, um nicht geliebt zu werden“, lächelte er. Sie schüttelte der Kopf. „Liebe und Begierde sind nicht dasselbe.“ Er sah sie an und irgendetwas in seinem Herzen rührte sich. Sie war so hilflos, so schutzlos und kämpfte doch so mutig. Ganz allein und ungeliebt? Er hatte den Drang sie zu beschützen, diese traurigen großen Augen mit Freude zu füllen. Was war nur los? Wie schafften es diese glänzenden, hilflosen Augen nur, solche Zärtlichkeit in ihm zu wecken? „Die Musik gefällt mir“, sagte er plötzlich. „Ich hasse dieses sinnlose Techno-Gebumme.“ „Ich auch“, lächelte sie sanft. „Es hat keine Seele und kein Gefühl.“ Plötzlich verstummten die wilden Rhythmen und eine zauberhafte, romantische Melodie erklang, voller Liebe und Zärtlichkeit. Ihre Blicke trafen sich. „Walzer“, sagten sie gleichzeitig. „Das ist ein traumhaftes Lied“, seufzte Anjaani. „Wie in einem Märchen.“ Das Lied rührte eine zarte Sehnsucht in ihrem Herzen. Zuma streckte ihr seine Hand hin. „Darf ich um diesen Tanz bitten, Aurora?“, sprach er sie zum ersten Mal mit ihrem wahren Vornamen an. Selbst wenn sie es gewollt hätte, sie konnte nicht nein sagen. Das Lied war zu bezaubernd. Sie ließ sich in Zumas Arme ziehen und der Zauber begann. Sanft hielt er sie, so zärtlich und doch sicher. In Zumas Armen war sie immer sicher, solange sie tanzten. Blind konnte sie ihm vertrauen, er wusste sie zu führen. Doch er führte nicht. Er führte nie. Anjaani sah ihn an, in diese sanften, silbern glitzernden Augen. Sie waren ein Paar, ein Team, eine Seele. Sie tanzen nie miteinander, sondern füreinander. Niemand führte, niemand leitete, niemand bestimmte. Ihre Seelen verschmolzen und ihre Körper schmolzen gemeinsam in diesem Rhythmus voller Zärtlichkeit und Sehnsucht. Es war ein Traum. Ein wunderschöner, zarter Traum, warm und geborgen. Fern all jener harter, kalter Realität. Hier in Zumas schützenden Armen, an seinem warmen Körper schien alles andere vergessen. Verzaubert von der liebevollen Melodie vergaßen sie den Rest der Welt. Nur das Hier und Jetzt existierte. Zarte Freude führte sich in ihrem Herzen und zum ersten Mal in diesen Tag war Anjaani glücklich. Von der Musik geleitet, ergaben sie sich diesem zärtlichen Moment. Sanft drehte Zuma sie herum, zog sie zu sich, um sie hoch zu heben. Fest, doch behutsam fassten seine Hände um ihre Taille. Die Musik klang leise ab. Langsam, glitt sie auf den Boden zurück, den Körper gegen seinen gelehnt. Ihr Kopf lehnte sich an seine Brust, die Arme umschlangen ihn. Beide waren stehen geblieben. Zuma völlig berauscht, von diesem zauberhaften Augenblick, konnte nur die Arme um ihre Schultern legen. Sein Herz raste, seine Haut erhitzte sich, in seinem Bauch kribbelten Funken. Nie hatte es sich so schön angefühlt eine Frau im Arm zu halten. Was war nur los? Was war das für ein Gefühl? Anjaani hob den Kopf, um ihn anzusehen und Zumas Herz schien zu explodieren als er ihr glückseliges Lächeln sah. Nie war sie so schön gewesen wie in diesen Moment. „Das war schön“, hauchte sie. Er konnte nur nicken, so überwältigt war er von ihrer Schönheit. Plötzlich knackte es in den Lautsprechern und Aryans Stimme erklang. „Aurora, es ist schon 11. Lass uns die Torte anschneiden.“ „Ich muss los“, lachte Anjaani und löste sich von ihm. Doch bevor sie im Gebäude verschwand, drehte sie sich noch einmal um und küsste ihm hauchzart die Wange. „Vielen Dank für diesen schönen Moment.“ Und Zuma starrte ihr nach, berührte sacht die brennende Wange. Was war das? Was passierte gerade mit ihm? Konnte es sein? Konnte es tatsächlich wahr sein? Doch er kannte die Wahrheit. Er wollte es nicht glauben, doch es war so: Zuma hatte sich in Anjaani verliebt. Anjaani versuchte dieses Gefühl zu halten, doch der Traum verblasste. Es war ein Traum gewesen, dieser Moment voller Zärtlichkeit. Was zwischen ihr und Zuma passiert war, war nicht echt gewesen, und es wird nie echt werden. Sie wusste es, als sie in Yokos glückliches Gesicht sah, die nun in Zumas Armen tanzte. In das Gesicht eines der Menschen, die sie a meisten liebte auf der Welt. Für das Glück der Freundin würde sie ihr eigenes opfern. Denn Zuma war nicht ihr Glück, des war nur ein Tanz gewesen. Ein kleiner Traum, der mit der Musik verstummt war. Diese harte Tatsache schmerzte nur noch mehr. Solche glücklichen Momente waren Träume. Sie musste sich auf die anderen Momente konzentrieren. Auf ihre Freunde, auf diese richtig tolle Party und auf den köstlichen Kuchen, den sie Aryan zu liebe hinunterwürgte. Anjaani war zu beschäftigt, um traurig zu sein. Deswegen merkte Aryan auch nicht, was mit ihr los war. Er selber genoss die Feier mit Yami an seiner Seite. Yuki schien nie glücklicher gewesen zu sein, als Anjaani sah, wie sie Yuichi anlächelte. Eigentlich war der Abend doch schön und sie hatte Spaß. Aryan hatte alles im Griff, sämtliche Probleme meisterte er, dazu schaffte er es, alle verrückten Partyspielideen der Drillinge umzusetzen. Die Stimmung kochte und Mitternacht näherte sich. Anjaani wünschte sich, so viel Spaß zu haben, wie alle anderen. Sie hätte diesen Spaß, wäre Inuyasha an ihrer Seite. Der Gedanke an ihn trieb ihr Tränen in die Augen und sie flüchtete in die VIP-Lounge, damit Aryans empfindliches Radar ihre Tränen nicht aufspüren konnte. Doch sie hörte Yukis und Yuichis Stimmen. „Sag mir, wie es weiter gehen soll“, bat der Japaner sanft. Die Inderin wollte leise verschwinden, doch sie befürchtete sich durch ein Geräusch zu verraten. „Du willst einen heißen Kuss, du Lustmolch“, kicherte Yuki. „Warum kennst du mich nur so gut?“ „Weil ich das Gefühl habe, als seien wir füreinander geboren. Gott, das ich sowas Kitschiges sage! Verrate das ja nicht Yoko! Siehst du, wie bescheuert ich mich wegen dir verhalte? Aber wer garantiert mir, dass ich nicht nur irgendein Abenteuer für dich bin?“ Anjaani riss die Augen auf. So hatte sie den Drilling nie reden hören. Yuki machte sich nie etwas aus Gefühlen oder dauerhaften Bindungen. Sie zog Sex immer Gefühlen vor, sie hasste schnulzigen Kitsch! Gerade dieses Abenteuer, das sie momentan ablehnte, war immer das gewesen, worauf sie aus war. Konnte man ich in wenigen Stunden so verändern? Anjaani schloss die Augen. Yuki hatte den richtigen gefunden. Denn sie war völlig verzaubert von diesem Mann. Obwohl sie in Anjaani verliebt gewesen war, hatte sie die Inderin nie mit solch hingebungsvollen Augen angesehen. Anjaani wischte die Freudentränen fort und schlich aus dem Raum. Yuki war endlich von ihrer unglücklichen Liebe befreit. Derselbe Gedanke kam Yuki, als sie in diese sprühenden blauen Augen sah. Ihr Herz war befreit und gehörte Yuichi. Deshalb wehrte sie sich nicht, als er sie an seine Brust zog und mit einem Blick in ihre Seele einzutauchen schien. Weil sie ihren weichen Knien nicht traute, krallte sie sich in seiner muskulösen Schulter fest und wanderte seine Brust entlang. Harte, definierte Muskeln, er war schließlich Unterwäschemodel. Und das brennende Verlangen, das sie bisher vor ihm verbergen konnte, überwältigte sie. Yuichi sah es mit Triumph. Und er dachte, er sei der einzige von beiden, der sich sehnsüchtig verzehrte. Noch ein wenig und er würde sie rumkriegen... Sanft nahm er ihre Hand in seine und schmiegte die Wange dran. Sein Blick war so unschuldig und süß, dass sie fast geseufzt hätte. Wie konnte man ihm nur widerstehen? Und sein Blick wurde inniger, seine Augen begannen blau zu glühen und schienen mit ihren zu verschmelzen. Leidenschaftlich riss er sie an sich, drückte die innig an seine männliche, muskulöse Brust. Sein heißer Atem streifte ihren empfindsamen Nacken und entlockte ihr ein leises, überraschtes Stöhnen. Yukis Knie wurden weich, das Gefühl seines, warmen starken Körpers, sein brennender Atem, jagten ihr Schauer über die Haut. Sie schmolz in seiner Haut wie Butter in der Sonne. Und dann verschmolzen ihre Lippen. Yuichi war auf alles gefasst gewesen, doch damit hatte er nicht gerechnet. Der intensive, leidenschaftliche Kuss raubte ihm nicht nur Seele und Verstand. Er verlor sein Herz und verfiel dieser Frau mit Haut und Haaren. So etwas hatte er noch nie erlebt. Anjaani jedoch stolperte von einem intimen Moment in den nächsten, als sie im Flur auf das andere küssende Pärchen Yoko und Zuma traf. Abrupt löste Yoko sich von ihrem Liebhaber. „Was ist da draußen zwischen dir und Aani vorgefallen?“, wollte der rote Drilling wissen. „Wir haben nur getanzt“, antwortete Zuma unschuldig, wollte sie zurück in seine Arme ziehen, doch sie ließ es nicht mehr zu. „Und wieso benimmst du dich dann so seltsam?“ „Ich benehme mich seltsam?“ „Ich kenne dich Zuma. Dieser Kuss schmeckt anders, nach Ablenkung. Du hast dich doch nicht etwa verliebt?“ Zuma runzelte nur die Stirn. „Ich hoffe nicht“, seufzte Yoko. „Denn ich liebe dich.“ Nun entglitt Zumas entspanntes Gesicht und nacktes Entsetzen stahl sich in seine Augen. „Spinnst du?“, stieß er hervor. „Ich will dieses Theater nicht noch einmal! Was wir haben ist so schön, musst du das kaputt machen?!“ „Was wir haben genügt mir nicht“, flüsterte Yoko so leise, dass Anjaani es kaum verstehen konnte. „Ich bin zu alt für dich, wieso begreifst du das nicht?! Zwischen uns kann es keine Beziehung geben! Niemals!“ Yoko sah ihn an und dann zierte ein hinterhältiges Lächeln ihr schönes Gesicht. „Seit wann bist du so leichtgläubig, Zumalein? Hältst du so viel von dir?“ „Das war nicht witzig, du spitzzüngiges Lügenmaul!“, zischte er. „Aber es war keine Lüge, dass du Gefühle für Aani entwickelst. Mich kannst du nicht belügen. Gib es zu!“ Erschüttert zog Anjaani sich zurück. Yoko hatte Zuma ihre Gefühle gestanden und war brutal abgewiesen worden. Zuma hatte ihre Gefühle verletzt und das alles wegen… wegen ihr? Alles wegen ihr! Sie hatte Yoko ihr Glück verdorben! Yokos Schmerz, den Zuma nicht gesehen hatte, Anjaani hatte ihn gespürt, tobend, stehend, reißend. Yoko starb gerade innerlich. Wegen ihr war Yoko unglücklich! Endlich, endlich war Yuki nicht mehr wegen ihr unglücklich und nun war es Yoko. Sie zerstörte ihren Freundinnen ihr Leben! Die Personen, die sie am meisten liebte, litten wegen ihr. Wie konnte sie ihr das antun? Sie war es nicht wert sich ihre Freundin zu nennen! Anjaani war, ohne es zu bemerken, auf dem Balkon gelandet, sah mit tränenverschwommenen Augen zu den Sternen hinauf. Sie war es nicht wert, geliebt zu werden! Am Ende würde sie alleine enden. Inuyasha hatte sich abgewandt, er würde nie fester Teil ihres Lebens werden. Aber was war mit den Drillingen? Anjaani konnte nicht erwarten sie für immer an ihrer Seite zu haben. Die Drillinge würden ihr Leben leben, ihren Weg gehen und Anjaani irgendwann vergessen. Am Ende wäre sie ganz alleine. Jeder würde sie verlassen. Yuki würde als Architektin um die Welt reisen. Yoko würde in Hollywood Karriere machen. Yami würde die Welt mit ihrer Stimme bezaubern. Aryan würde ihr folgen. Bald wären die Drillinge fort, würden Anjaani vergessen. Inuyasha war schon gegangen. Bald hatte sie niemanden mehr, niemanden… Anjaanis Damm brach. Hitze lähmte ihren Körper, drohte, ihn das Bewusstsein zu rauben, als sie in warme Arme gezogen wurde und eine zärtliche, raue Stimme das Tosen von Hitze und Schmerz in ihrem Körper durchbrach. „Aurora, Aurora mein Kleines“, flüsterte Aryans Stimme. Sie öffnete die Augen. „Mir geht es gut“, schluchzte sie leise. „Du hast Fieber.“ Er klang besorgt. „Ich habe dir doch gesagt, du schadest deinen Körper, wenn du dein Leid verdrängst. Ich bringe dich nach Hause.“ „Bald bin ich allein.“ „Was?“ Sie erzählte ihm stammelnd von ihren Sorgen. Als sei sie aus kostbarem Kristall, nahm Aryan Anjaani behutsam auf die Arme und brachte sie in seine Wohnung. Vom Fieber wurde ihr immer schwindeliger. Aryan zog ihr Yamis Nachthemd an und bettete sie in sein Bett, während er ihr zuhörte. „Ich habe solche Angst, euch alle zu verlieren“, weinte sie voller Verzweiflung. „Du hast Angst vor der Einsamkeit“, sagte Aryan und streichelte ihr Haar. „Aber ich kann dich beruhigen, weder ich noch die Drillinge werden dich jemals verlassen. Ich bin dein Bruder, ich werde immer an deiner Seite sein. Und somit wirst du Yami ebenfalls nicht verlieren. Die Drillinge lieben dich mehr als du weißt. Sie haben dieselbe Angst, dich zu verlieren. Du wirst nicht einsam sein. In Wirklichkeit befürchtest du Inuyasha verloren zu haben.“ Schluchzend vergrub sie sich in seinen Armen, weinte, bis sie keine Kraft mehr hatte und erschöpft in tiefe Bewusstlosigkeit sank. Aryan wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht. Arme Aurora. Sie hatte sich überanstrengt. Ihr Körper hatte diese Belastung nicht länger ertragen. Er wollte bei ihr bleiben, doch Anjaani würde ihm das übel nehmen. Also errichtete er einen Energiewall um ihren Körper, der ihren Schlaf förderte und ihren Körper bei der Heilung unterstützte. Mehr konnte er nicht für sie tun. Außer vielleicht Inuyasha, den Grund für ihr Leid, zur Rechenschaft zu ziehen. Doch Gewalt lag ihm nicht im Blut. Ganz zu Inuyashas Glück. Aryan kämpfte gegen sein schlechtes Gewissen an. Ließ er Anjaani gerade im Stich? Doch Yamis strahlendes Gesicht löschte alle negativen Gedanken. Sie hatte nicht gemerkt, dass er über eine Stunde fort gewesen war. Dafür war die Party viel zu gut. Seine Freundin amüsierte sich gerade mit einem Kumpel auf der Tanzfläche und als er zu ihr treten wollte, um den Kerl wegzuziehen, der seiner Freundin zu aufdringlich wurde, nahm Yuki ihn am Arm und zog ihn in den VIP-Raum. Der Kerl bemerkte Aryans warnenden Blick im Weggehen und rückte züchtig von Yami ab. „Ich lasse dich gleich zu Yami. Aber ich finde Aani nicht, kann ich deshalb mit dir reden?“ „Natürlich. Was hast du auf dem Herzen?“, fragte er, obwohl er es wusste. „Es geht um Yuichi“, gestand sie. „Wie soll ich mich weiter verhalten? Ich will keine leichte Nummer für ihn sein. Ich will, dass er mich ernst nimmt, mich liebt und nicht meinen Körper. Wer versteht das besser als du? Kannst du mir sagen, was ich tun soll? Ich weiß, du würdest mir haargenau die gleiche Antwort wie Aani geben.“ Aryan sah sie ernst an. „Du willst meinen Rat? Dann musst du dich auch daran halten.“ „Wie lautet dein Rat?“ „Schlafe heute Nacht nicht bei Yuichi und vor allem nicht mit ihm.“ „Was?!“ Sie sah ihn entsetzt an. „Das meinst du nicht ernst!“ Yuki wirkte verzweifelt. Doch Aryan sah nicht aus, als würde er Scherze machen. „Du musst ihn hinhalten. Wenn er dich liebt, wird er warten. Wenn er dich wirklich liebt, wird er ewig warten können und du weißt ganz genau, dass er nicht auf deinen Körper aus ist. Sei unnahbar, das macht einen Mann verrückt. Je schwerer er es hat, desto mehr wird er um die Frau kämpfen.“ „Wie lange soll er denn warten?“, wollte Yuki zaghaft wissen. „Mindestens einen Monat.“ „Wie bitte?!“ Der blaue Drilling schien einer Ohnmacht nahe. „Wenn er so lange warten kann, liebt er dich auch wirklich.“ „Das ist aber nicht fair! Du darfst heute Nacht Yami entjungfern und ich muss enthaltsam sein! Wenn ich nicht darf, sollst du auch nicht dürfen!“ Aryan lächelte sanft und verschränkte die Arme vor der Brust. „Einverstanden, der Fairness halber. Aber du wirst es Yami erklären müssen.“ In dem Moment traten Yoko und Yami, von Neugier getrieben, durch die Tür. Yuki sah Yami ängstlich an und schluckte. „Ich bin doch nicht lebensmüde“, lehnte sie ab. „Yami wird zum Monster werden, wenn sich jemand zwischen sie und dich stellt.“ „Du bist auch nicht freundlicher, wenn du hungrig bist“, verteidigte sich der jüngste Drilling. „Aryan, die Party ist der Wahnsinn. Aber ich möchte jetzt Zeit mit dir.“ „Könnt ihr haben“, nickte Yoko ihnen zu. „Ich habe vor, mich bis zur Besinnungslosigkeit zu besaufen. Wir werden auch ohne euch Spaß haben. Ein Glück, dass die Party so toll ist!“ „Ja, ich besaufe mich mit dir. Hab jetzt ja auch nichts Besseres zu tun“, murmelte Yuki angesäuert und verließ den Raum. „Du möchtest Zeit mit mir?“ Aryan trat hinter sie und schmiegte sich an ihren Rücken, seine Lippen streichelten ihren empfindsamen Nacken. Er spürte das leichte Beben ihrer Schultern, das gebändigte Verlangen, das sie den ganzen Abend unterdrückt hatte. Aber sie hielt es kaum noch aus. Yami drehte sich zu ihm herum, Lust ließ ihre Augen glühen. Ehe er reagieren konnte, stieß sie ihn auf das Sofa, setzte sich auf seinen Schoß und überrumpelte ihn mit einem brennenden Kuss. Aryan hielt sich für standhaft, für zäh und immun gegen alle Reize. Doch Yami machte ihn mit einem Kuss schwach. Dies jedoch war kein harmloser Kuss. Es war ein Kuss, der die Seele raubte, verlangend, heiß und einfach nur verboten. Er konnte sich nicht wehren. Er wollte sie, er kam nicht mehr dagegen an. Yami sah ihn atemlos an, die Finger in sein Haar gekrallt. Ihr verschleierter Blick verriet, dass sie seine Kapitulation bemerkte. Sie wusste, wann Männer schwach wurden. Wie konnte er nicht schwach werden? Ihr betörender Duft, der anschmiegsame Körper, die weichen Brüste, die sich an seine Brust drückten, nackt unter dem engen Stoff ihres Kleides. Er wollte sie spüren, ihr süßes Stöhnen hören, der schönste Laut, den es gab, und sie mit allen Sinnen erleben. „Weise mich jetzt nicht ab“, hauchte sie, als sie die Lippen auf sein Schlüsselbein senkte. „Du hältst es selbst kaum aus.“ Er brummte nur zustimmend, musste sich zusammenreißen, damit seine Finger, die sich an die Wölbung ihrer Brüste gelegt hatten, ihr nicht das Kleid zerfetzten. Sein Hemd war schon offen. „Ich habe dir etwas versprochen“, raunte er heiser. „Aber ich kenne einen schöneren Ort.“ Flink sprang sie auf und. „Beeil dich, bevor du keine Lust mehr hast!“ Aryan lachte, als er ihr folgte. Als könne sie seine Lust nicht allein mit einem Ockerblick entfachen. Yami, die sich ihrer Sache nun sicher sein konnte, gab sich keine Mühe, ihre Aufregung zu verbergen. Sie flitzte zu Aryans Motorrad, ohne sich von ihren Gästen zu verabschieden. Sie hatte es zu eilig, war der Erfüllung ihrer größten Sehnsucht so nah. Aryan lachte über ihren Übermut. „Entspann dich, Prinzessin. Dir läuft nichts davon. Nicht, nach dem du mich den ganzen Tag aufs Äußerste gereizt hast.“ Und das steigerte ihre Erwartungen nur. „Hab ich dir schon gesagt, wie geil diese Party war? So einen schönen Geburtstag hatte ich noch nie“, schwärmte sie, als sie sich an seinen Rücken schmiegte. „Es ist noch nicht vorbei“, grinste er. „Wo fährst du hin?“, wunderte sie sich, als er in die falsche Richtung fuhr. „Aurora schläft bei mir, weil sie Inuyasha nicht gegenüber treten möchte“, antwortete Aryan. „Ich wollte sowieso nicht dorthin, schau nicht so enttäuscht.“ Yamis enttäuschtes Gesicht wurde augenblicklich sprachlos, als sie eine Schutzbarriere betraten und sich ihr eine völlig neue Welt offenbarte. Sie befanden sich am See. Unzählige goldene Lichtkugeln tauchten den Ort in einen goldenen Glanz. Sie rannte zum riesigen weißen Himmelbett, das sich unter einem gewaltigen Baum erstreckte. „Ich bin überwältigt“, hauchte sie. „Das ist ein Traum!“ „Hast du Hunger“, fragte er, als sie die Körbe entdeckte, die neben einem gedeckten Tisch standen. „Nein, wir können am Morgen frühstücken. Ich habe Lust auf etwas anderes.“ „Ich spüre etwas Müdigkeit.“ „Die Party hat mich geschafft“, hauchte sie Blick auf ihn zu. „Doch eine Sache macht mich immer munter. Und genau das will ich und schritt mit sündigem jetzt.“ Aryan ergab sich wehrlos ihrem sehnsüchtigen Kuss, ließ sie von ihr auf das weiche Bett drücken. Ihre Lust drohte ihn zu überwältigen. „Wieso dieser Ort?“, fragte sie mit schwerem Atem. „Hier wäre fast unser erster Kuss gewesen“, antwortete er mit funkelnden Augen. „Im Wasser am Felsen. Ich will ihn, diesen Kuss“, entschied sie und führte ihn zum Wasser. Obwohl Yami ein Profi war, war sie nervös. Im Endeffekt wusste sie nicht, was sie erwartete. Sie kannte das Drumherum. Doch sie wusste nicht, wie es war, einen Mann in sich zu spüren. Endlich, oh endlich! Nun war es soweit. Nie war sie vollkommen nackt vor ihm gewesen, nie hatte sie ihn vollkommen nackt gesehen. Vollkommen… dieses Wort beschrieb ihn perfekt. Sie sah diesen Glanz in seinen Augen, den er zu verstecken versuchte, als er ihren nackten Körper an seinen zog. Die heiße Haut, die harten Muskeln, das kräftige Pochen seines Herzens. „Du bist so schön.“ Seine Augen glitten glühend über ihre Haut. Yami war sprachlos. Hatte er eine Ahnung, wie gut er aussah? Er würde jeden stählernen griechischen Gott wie einen staubigen kleinen Mistkäfer aussehen lassen .Jeder Mann würde bei dieser Ausstattung neidisch werden. Er war der Inbegriff an Männlichkeit! Sie konnte von seinem Anblick nicht genug bekommen. Und sie hatte keine Ahnung, wie ihre Faszination auf ihn wirkte. Ihr Anblick machte ihn wahnsinnig. Er musste etwas unternehmen, wenn er sich noch einen letzten Rest Selbstbeherrschung bewahren wollte. Aryan zog Yami ins Wasser. Sein Blut hatte sich in Feuer verwandelt, als er das Mondlicht silbern über ihre Haut fließen sah. Das Wasser war kühl, doch nicht zu kalt. Und bei weitem nicht kalt genug, die Hitze in ihm zu bändigen. „Ich werde diesen Moment nicht vergessen“, erinnerte sich Yami am Felsen angelangt. „Wer versichert uns, dass er nicht wieder ruiniert wird?“ „Wer sollte ihn ruinieren? Hast du vor wegzulaufen?“ Sie grinste schelmisch. „Wenn du vorhast mich einzufangen.“ Seine Augen leuchteten frech und er drängte sie gegen den Felsen. Sein Körper drückte sich gegen ihren. Jetzt konnte sie ihm nicht mehr entkommen. „Heute Nacht wirst du mir nicht entkommen“, versprach er. „Weglaufen wird dir nichts nützen.“ Er musste sich zusammenreißen. Was es bedeutete, dass sie nackt war, bemerkte er erst jetzt richtig, als er jede Kontur ihres Körpers an seinem spürte. Sie wand sich, doch er ließ sie nicht los. Das Gefühl seiner nackten Haut an ihrer war fast unerträglich. „Yami“, raunte er erregt. „Mach so weiter und du verlierst deine Unschuld schneller, als du glaubst.“ Heißes Blut stieg in ihre Wangen. Aryans sündige Drohung ließ sie schwinden. Doch es war ein unglaublich befriedigendes Gefühl, ihn zu reizen, zu sehen, wie sie ihn schwach machte. Es war normalerweise anders herum. Jetzt konnte sie ihn bezirzen und quälen, denn er versteckte sein Verlangen nicht mehr. Sie grinste ihn verführerisch an, entwich dann dem fesselnden Blick seiner Augen. Langsam drehte sie sich um und hob sich elegant auf den Felsen. Seine Augen folgten ihr verzaubert. Sie war traumhaft, wunderschön! Er musterte ihre seidige Haut, auf der Millionen winziger silberner Wassertropfen wie Diamanten funkelten. Ihre nackte Erscheinung war ein Anblick für die Götter. Jedem Mann hätte er den Verstand geraubt. Den Verstand, die Seele und das Leben. Aryan hatte ihr all das schon gegeben. Und ihre lockenden Augen forderten ihn heraus. Er sprang regelrecht aus dem Wasser, zu ihr auf den Felsen und riss sie an sich. Er war machtlos gegen seine Empfindungen und sein Begehren, das er stets zu zügeln gewusst hatte, drohte übermächtig zu werden. „A-Aryan...“ Ihr schwacher Protest ging in leise Lustschreie über, als sein Mund sich lustvoll auf ihren Hals senkte und seine starken Hände über ihre Haut fuhren. Und endlich, endlich küsste er sie. Das Herz setzte ihr aus. Kein Gefühl auf der Welt war mit diesem vergleichbar! Ihr wurde heiß und schwindelig. Sie gab sich ganz seinen süßen, warmen Lippen hin und sie versanken zusammen in einem Herzen. Er drückte sie an sich. Sie spürte seine heiße Haut an ihrer, seine harten Muskeln, die Kühle des Felsens im Rücken. Sanft glitten ihre Hände von seiner Brust zu seinem Gesicht und in seine weichen Haare. Langsam schmiegte sich sein Körper an ihren, bis er auf ihr lang. Warme Wellen umspülten ihre Körper. Seiner auf ihrem. Seine Berührungen, seine Küsse, seine Hände, seine Lippen, die heiße, raue Zunge machten sie wahnsinnig, raubten ihr allen Willen. Ihn, nur noch ihn! Es war ein unbeschreibliches Gefühl, einem Menschen so nah und so stark verbunden zu sein, als ob ihre Körper eins wären! Ihn so zu spüren brachte sie um den Verstand. Es war die Schwäche des Fleisches, gegen die sich beide nicht wehren konnten. Wie von selbst schlangen sich ihre Beine um seine Hüfte. Yami keuchte auf. Eine kleine Bewegung von ihm und sie wäre sein... „Du bist ganz rot, mein Herz“, flüsterte er heiser. Sein Zittern verriet, wie sehr er sich beherrschte. „Du auch“, wisperte sie. „Aryan, bitte...“ „Nicht hier...“ Er löste sich aus ihrer Umklammerung, stark wie er war und glitt ins Wasser, zog sie mit sich. Doch das dunkle Wasser war plötzlich eisig ohne seinen heißen Körper. Nun spürte sie das Brennen seiner Berührungen noch intensiver. Er führte sie in Richtung Ufer, bis ihm das Wasser nur noch bis zur Hüfte stand. Er war so schön! „Verrate mir, Liebes, warum liebst du mich?“ Er sah ihr dabei so tief in die Augen, dass sie den Blick nicht abwenden konnte. „Weil ich dich immer geliebt habe“, gestand sie. „Es warst immer nur du. Du bist mein Traum. Ich habe mir einen Mann gewünscht, dem ich vertrauen kann, der mir in allergrößter Not Schutz bietet. Jemand, dem ich meine Schwächen offenbaren kann. Ich hörte von dir aus dem Radio und hatte mich in dich verliebt, in deinen wundervollen Charakter. Ich wusste nicht, wie du aussiehst.“ Aryans Blick war gerührt. „Ich liebe dich nicht, weil du schön bist, reich, oder mächtig. Ich habe dich immer blind und bedingungslos geliebt. Nach dir hat sich mein Herz immer gesehnt. Wenn du bei mir bist, bin ich vollkommen. Ich liebe dich, Aryan.“ Sie hielt den Atem an, als sie die unaussprechliche Liebe in seinen Augen aufflackern sah. Ein unendlich zartes Lächeln wärmte ihr Herz. Er löste ihr Haar und spielte mit den seidigen Strähnen. „Du lässt mich Dinge fühlen, die ich nie gefühlt habe“, flüsterte er und zog sie an seinen nackten, muskulösen Körper. „Ich spüre Verlangen, Lust, Eifersucht und so starke Liebe, dass ich ihr nicht standhalten kann. Du hast mein Herz, kleine Nachtigall, du hast mich besiegt. Ich bin dein“, versprach er. „Für immer.“ Und ihre Lippen verschmolzen zu einem Kuss voller Sehnsucht, die zu brennender Begierde wuchs und beide verzehrte. Ohne den heißen Kuss zu unterbrechen, hob er sie auf seine Arme und trug sie zum Lager, um ihr all die Wassertropfen fort zu küssen, alle Sehnsüchte zu stillen und sie in heißer Lust verbrennen zu lassen. Bis ihr erregtes Stöhnen und ihre lustvollen Schreie das Verlangen seines Körpers so mächtig werden ließen, dass er sich ergeben musste... In der Nacht verschmolzen ihre Herzen und Körper zu Einem, flochten ein magisches Band der Ewigkeit, das nichts mehr trennen konnte. Kapitel 19: Du hast verloren ---------------------------- Rosa Lichtstreifen zogen sich über den Himmel und den See, als der neue Tag herauf dämmerte. Die Luft war angenehm und duftete zart. Fröhliches Vogelgezwitscher drang langsam durch den dichten Schleier des Schlafes. Es war so behaglich, so bequem. Yami hatte so schön geträumt, den schönsten Traum, den sie je gehabt hatte. Am See, beleuchtet mit unzähligen Energiekugeln... mit Aryan... nackt im Wasser... dann... Die Erinnerung an den erotischen Traum ließ ihren Körper brennen. Sie glaubte, ihn immer noch zu spüren, seine Lippen, seine Zunge, seine Hände, seinen ganzen Körper. Es war so echt gewesen, so unglaublich! Aryan so lustvoll, so zärtlich. Nicht einmal die Realität konnte so schön sein! Sie schmiegte sich an ihr Kissen, ungewöhnlich hart, doch so zart und warm... und es duftete nach Aryan. Vorsichtig streckte sie sich und spürte plötzlich die starken Arme, die sie umschlungen hielten. Und die Tatsache traf sie knallhart: Es war kein Traum gewesen! Sie riss die Augen auf, erblickte neben sich Aryans entspanntes, schlafendes Gesicht. Sie lag mit ihm im schneeweißen Himmelbett, die Körper eng umschlungen. Kein Wunder, dass ihr Kissen nach Aryan duftete, es war seine Schulter! Kein Traum... diese Nacht war echt gewesen! Sie lag in Aryans Armen, an seinen Körper gedrückt, so hart, so muskulös... - sie bewegte ihr Bein, das sie um seine Hüfte geschlungen hatte - ... so nackt! Aryan nackt… „Du bist errötet, kleine Nachtigall.“ Sie blickte auf in diese so magischen grünen Augen. Er lächelte liebevoll, schmuste sich an sie. „Du fühlst dich wundervoll an.“ „Und du fühlst dich… du bist nackt!“ In ihren Hals kratzte es leicht, sie musste sich räuspern. Aryan lachte leise. „Du ebenso. Hast du vergessen, was in der Nacht passiert ist?“ Ihr Herz begann zu rasen bei der Erinnerung. „Ich hatte gedacht, es wäre ein Traum“, gestand sie. „Ich hätte auch nicht gedacht, dass die Realität so schön sein kann“, murmelte er in ihr Haar. „Aryan, du bist schläfrig?“ Das passte nicht zu ihm. Wieder musste sie sich räuspern. „Und du bist heiser“, antwortete er. „Heiser?!“ Daher fühlte ihre Kehle sich also so rau an. Sie war noch nie heiser gewesen, dafür war ihre Stimme viel zu gut trainiert. Doch sie konnte sich denken, wovon sie heiser war… Aryan grinste, als hätte er ihre Gedanken gelesen. „Du hast zu viel gestöhnt.“ Yami errötete wieder. „Gestöhnt? Du Monster hast mich zum Schreien gebracht!“ Aryan lachte leise. Yami liebte dieses Lachen; er wusste nicht, wie erotisch es war. Und Lust vertrieb die Schlaftrunkenheit. „Ist das ein Vorwurf? Wie fühlst du dich, mein Herz?“ „Matt, zufrieden, entspannt, ein wenig angeschwollen zwischen den Beinen“, sagte sie. „Einfach nur glücklich. Und du bist gar nicht putzmunter wie sonst.“ „Ich habe so gut geschlafen, wie noch nie in meinem Leben. Ich war noch nie so entspannt. Ich liebe dich.“ Aryan küsste sie zärtlich und entlockte ihr einen Seufzer. „Yami...“ Ein begehrliches Glitzern erschien in seinen Smaragdaugen. „Mach nicht solche Geräusche. Besonders nicht, wenn du nackt in meinen Armen liegst.“ Sein Verlangen machte sich körperlich bemerkbar. „Als ob du dich nicht beherrschen könntest“, brummte sie. „Ich konnte es nicht“, erinnerte er sie. „Ach wirklich? Jedenfalls konntest du es so lange, bis ich völlig fertig war.“ Ein spitzbübisches Grinsen ließ seine Augen leuchten. „Dein Keuchen, dein Stöhnen, die Lustschreie...“, hauchte er in ihr empfindsames Ohr und umschlang sie fester. „Du hast mich wahnsinnig gemacht. Du weißt, wie verführerisch deine Stimme ist.“ Schauer liefen über ihren Körper, sie sehnte sich nach mehr, als nur seinen heißen Atem in ihrem Nacken und plötzlich fühlte sie es, so klar und deutlich, als würde er es aussprechen, dass er dasselbe wollte. „Was ist das?“, fragte sie und setzte sich auf, dabei rutsche die Decke herunter. „Du spürst meine Gefühle“, antwortete er, den Blick auf ihren unbedeckten Oberkörper gerichtet. „Die körperliche Vereinigung hat das Band, das unsere Herzen verbindet, bestärkt und besiegelt. Denn wir waren wortwörtlich vereint. Du wirst spüren, wenn ich in deiner Nähe bin, du wirst wissen, wie es mir geht und was ich empfinde.“ „Was? Das heißt unsere seelische Verbindung ist dadurch stärker geworden? Weil wir auch körperlich verbunden waren?“ „Ja, wir gehören zusammen. Ich bin dein...“ Er strich federleicht über ihre Brust, ließ sie zusammenzucken. „Und du bist mein. Sag mir, was du fühlst...“ Seine Lippen senkten sich auf ihre zarte Haut, direkt an ihrem Herzen. Sie atmete schwer. „Ich muss nicht spüren, um zu wissen, was du jetzt willst“, raunte sie und ergab sich seinen Zärtlichkeiten. „Sieh nur, was du mit mir angestellt hast. Was hast du mit meinem Anstand gemacht? Warte, Yami… Wir sollten baden“, flüsterte er an der zarten Haut ihrer empfindlichen Brüste. „Später, jetzt will ich dich...“ Sie drückte ihn auf die Matratze zurück. „Aber... du hast geblutet.“ „Was?!“ Yami riss die Decke zurück. Tatsächlich, Blut an ihren Schenkeln! „Hast du etwas anderes erwartet?“ Aryan lachte leise. „Du warst Jungfrau, Prinzessin. Obwohl du dich nicht wie eine benommen hast.“ „Das sagt der richtige! Aber warum hat es nicht wehgetan? Ich meine bei deiner Größe. Es hat wirklich nicht wehgetan.“ „Natürlich nicht.“ Liebevoll streichelte er über ihre intimste Stelle. Yami keuchte auf. „Ich könnte dir nie wehtun, kleine Nachtigall. Niemals.“ „Und trotzdem warst du so vorsichtig“, stöhnte sie leise und klammerte sich an ihn. Plötzlich erschien ein gefährlicher Ausdruck in seinen Augen, der Yamis Blut in Flammen aufgehen ließ. Was sie jetzt erleben würde, übertraf die kühnsten und wildesten Träume, denn jetzt hielt sich Aryan nicht mehr zurück. „Ich habe Yami vor einer Stunde angerufen“, meckerte Yuki. „Wo bleiben die denn so lange?“ „Lass den frisch Verliebten Zeit“, tadelte Anjaani. „Ich will nicht warten! Ich will wissen, wie es war!“ „Warum interessiert es dich so?“ Im selben Moment bereute Anjaani diese dumme Frage. Aryan und Sex, das war unvorstellbar. Er war diese Art starker, unwiderstehlicher, doch unerreichbarer Mann. Aryan war verführerisch und strotzte vor männlicher Energie, doch er wirkte unnahbar und geheimnisvoll, jemand der die Erfüllung versprach, aber nie an sich heran ließ. Während Inuyasha vor sexueller Ausstrahlung und animalischer Kraft nur so explodierte. So gleich ihre Attraktivität auch war, sie unterschied sich in der Art. Inuyasha brachte man sofort mit Wildheit und Sex in Zusammenhang, Aryan hingegen war ein einziges sinnliches Geheimnis. Dass er lüstern war, war fast unvorstellbar. Er war der stille Verführer, nicht der Verführte. „Ich muss dir nicht erklären, warum mich Aryans Sexualität so interessiert“, plusterte sich Yuki ungeduldig auf. „Bei keinem Mann ist Unschuld und Sexappeal so stark vertreten!“ „Häschen, bitte! Versprich mir, dass du sie nicht fragst! Nicht vor Aryan-nii!“ „Ach, Aanilein“, zwinkerte Yoko. „Sag bloß, du bist nicht neugierig? Du siehst Aryan nämlich nicht als sexuelles Wesen.“ „Ich will keine Details“, rief sie. „Ich will nur wissen, wie sich so was anfühlt.“ „Wie sich was anfühlt?“ „Das!“ „Was? Sag es.“ „Das weißt du genau!“ „Nein, ich habe keine Ahnung. Wie sich was anfühlt?“ „Karina! Du bist so gemein!“ „Guten Morgen alle zusammen“, grüßte Aryan, der eben mit Yami im Arm seine Wohnung betrat und sich zu ihnen an den Esstisch setzte. Beide hatten nie zufriedener gewirkt. „Aurora, wie geht es dir?“ „Gut“, meinte sie arglos. Doch als sie ihn umarmte, tastete sein Geist in ihr Inneres. Automatisch wehrte ihn ihr neuer Schutzschild ab, doch er war stärker. „Aber nicht gut genug.“ „Wie war´s? Wie war´s? Wie war´s?“, platzte Yuki heraus. „Meine Güte, das waren nicht mal 5 Sekunden“, knurrte Anjaani. „Ich muss es aber wissen. Schau dir die zwei doch an! Yami ist immer noch wackelig auf den Beinen. Das sieht eindeutig nach unglaublich guten Sex aus und zwar mehr als nur einmal!“ Yami und Aryan tauschten Blicke und mussten lächeln. Sie dachten beide an dasselbe, das wusste Yami. Und zwar an heute Morgen, als sie übereinander hergefallen waren, diesmal ohne Hemmungen und Zurückhaltung. Auf dem Bett, nach dem Aufwachen... und dann im See beim Baden. Jetzt war ihre Stimme deutlich angeschlagen. Yami wurde schwindelig bei der heißen Erinnerung. So war das halt, wenn man mit dem Mann schlechthin zusammen war. „Hey, ich hab euch was gefragt! Bist du ein zweiter Inuyasha?“ Yami knurrte leise, sagte aber nichts. Sie mochte es nicht, wenn man Aryan mit Inuyasha verglich. Und Anjaani zuckte bei diesem Namen unbemerkt zusammen. Der Hanyou war für die Drillinge der Inbegriff für Sex und Männlichkeit schlechthin. Tatsächlich, Aryan sah genauso aus wie Inuyasha… Nur die Farbe von Augen und Haar stimmte nicht…aber sonst… Wie kam das plötzlich? Sie sahen sich ähnlich, das wusste sie, aber doch nicht so sehr! „Liege ich richtig in der Annahme, dass du letzte Nacht alleine warst?“, lachte Aryan und in seinem Mundwinkel erschien dasselbe kleine Fältchen wie beim Hundedämon. „Du wirkst so unzufrieden.“ „Ja“, schmollte der älteste Drilling. „Dank dir!“ „Ernsthaft?“, wunderte sich Anjaani. „Das hast du gar nicht erzählt.“ „Ich bin nicht stolz drauf. Aber ich will es nicht anders, weil ich mich verliebt habe. Und weil ich will, dass es ernst ist, möchte ich keine rein sexuelle Beziehung. Ich will keinen zweiten Zuma.“ Gekonnt überging sie den bitterbösen Blick, den ihr Yoko zuwarf. „Ich will Yuichi kennenlernen, ihn lieben lernen. All der Unsinn. Es soll nicht nur um Sex gehen.“ „Wer bist du?“, fragte Anjaani. „Das weiß ich nicht. Meine Gefühle spielen verrückt. Aber diesen dummen Gedanken hat mir Aryan-nii in den Kopf gesetzt. Jetzt sagt es mir endlich! Was, wo, wie, mit wem?“ Yami schwieg und das weckte Misstrauen in ihren Schwestern. Sie rückten ganz nah an den jüngsten Drilling heran. Die Bedrängte flüchtete in Aryans Umarmung. „Du hast noch kein Wort gesagt“, bemerkten beide Schwestern. „Deine Augen leuchten, als wärst du direkt aus dem Paradies gekommen. Hast du dort deine Zunge verloren? Warum redest du nicht?“ „Wegen euch“, antwortete sie mit leicht kratziger Stimme. Ihre Schwestern starrten sie mit weit offenen Mündern und riesigen Augen an. „Du bist heiser?!“ Anjaani schritt sofort ein. „Das ist ein winziges Kratzen in der Stimme. Regt euch ab! Sie hat sich vielleicht nur erkältet!“ Doch es war klar, woher die Heiserkeit wirklich kam. Nach ihrer ersten Nacht mit Inuyasha war sie ebenfalls heiser gewesen. Den Gedanken verdrängte sie, bevor er in ihrem Bewusstsein Platz nahm. Waren diese beiden Männer sich wirklich so ähnlich? „Das ist Yami!“, brüllten die Freundinnen schon fast. „Erinnerst du dich an das Konzert, auf dem wir alle 5 Stunden lang laut gesungen und gegrölt haben?“ „Oh ja“, erinnerte sich Anjaani. „Wir hatten fast drei Tage keine Stimme.“ „Yami schon“, beharrte Yuki. „Als wäre nichts gewesen. Yamis Stimme kriegt nichts kaputt… Du meine Güte!“ Sie starrten Aryan voller Ehrfurcht an und senkten demütig die Köpfe. „Du hast Yami heiser gekriegt!“ Anjaani, die den Frauen eigentlich Einhalt gebieten wollte, starrte Aryan ebenfalls fassungslos an. „Wie hast du das geschafft?“ Aryan grinste schelmisch. „Willst du das wirklich wissen?“ Anjaani errötete schlagartig und schnappte nach Luft. Was redete sie da? Doch die Drillinge waren außer sich und sahen Aryan an, als wäre er ein Gott. „Du hast Yami heiser gekriegt! Du musst ein Gott sein! Du musst der ultimative Mann sein! Du-!“ „In Ordnung, es reicht!“ Yami erhob sich von ihrem Stuhl und fauchte ihre Schwestern warnend an. Nicht, dass sie in ihrer Verehrung die Goldenen Regel vergaßen. „Wir tun ihm nichts“, winkte Yoko ab. „Unser Leben ist uns viel zu wertvoll.“ „Wie hat er dich heiser gekriegt?!“, schrie Yuki. „Sag ich nicht“, lächelte Yami fies. „Du musst geschrien haben!“ „Möglicherweise.“ „Du musst dir die Seele aus dem Leib geschrien haben!“ „Vielleicht.“ „Himmelherrgott! Was hat er getan?!“ „Yuki-Hase, bitte“, flehte Anjaani. „Hör auf und beruhige dich.“ „Ich werde nichts verraten.“ „Was?! Warum nicht?!“ „Weil es meine Erinnerung ist“, entschied Yami knallhart. „Mein Erlebnis, das teile ich nicht. Es gehört nur mir. Lass es mich eine Weile genießen.“ „Wir sind Drillinge, wir teilen alles!“ „Nur nicht Aryan“, zischte Yami. „Oh Mann!“ Yuki verzweifelte, in ihren Augen bildeten sich Tränen der Enttäuschung. „Bitte, Aryan-nii! Erzähl es mir.“ Er grinste frech. „Nein. Das Essen ist köstlich, Aurora.“ „Hey! War' s das jetzt? Einfach ein nein?“ „Genau.“ Aryans Augen begannen zu glitzern. „Ich sage nichts und Yami wird erst reden, wenn sie es will. Also belasse es dabei.“ „A-aber, du hast ein Wunder vollbracht u- und…“ Aryans Blick überwältige sie. Doch Yuki war ein Dickschädel. „Dann will ich wenigstens wissen, wie sich Yamis Stöhnen anhört!“ Alle schlugen die Hände vors Gesicht. „Vergiss es, Aryan-nii“, seufzte Anjaani zwischen ihren Fingern. „Die bekommst du nicht zum Schweigen.“ „Gegen ihre Klappe ist kein Kraut gewachsen“, stimmte Yoko zu. „Aber ich will auch wissen, wie sich Yamis Stöhnen anhört.“ „Heute habt ihr echt nicht mehr alle Tassen im Schrank“, grummelte Yami und funkelte Yuki dann böse an. „Allen voran du!“ „Ach, Mäuschen, du hast so eine traumhafte Stimme“, schwärmte die Älteste der Drillinge. „Du musst das erotischste Stöhnen der Welt haben. Nicht wahr, Aryan-nii?“ Aryan lächelte als Antwort und sah Yami glühend an. „Boah, du bist gemein! Dein eindeutiges Grinsen ist mir nicht Antwort genug! Sag es mir!“ „Es reicht jetzt!“ Nun wurde Anjaani wütend. „Hör endlich auf damit!“ „A-aber...“ Yuki zog eine Schnute und wich eingeschüchtert vor Anjaani zurück. „Nur eine letzte, kleine, harmlose Frage...“ „Harmlos?“ Anjaani war skeptisch. „Wirklich harmlos.“ „In Ordnung.“ „Wie groß ist Aryans Willie?“ Stumm starrten sie alle an, Anjaani starr vor Schock. „Ich schätze unseren Tiger in voller Pracht so auf 27 Zentimeter. Mäuschen, kleiner, größer, gleich?“ „Also, ich schätze mal-“ „Marie!“ „Ups“, machte Yami. Anjaani hatte die Augen entsetzt aufgerissen. Aryan schüttelte nur den Kopf. Und Yoko musste lachen. „Wäre Inuyasha hier, er hätte Yuki zum Schweigen gebracht. Soll ich ihn holen?“ „Der ist bestimmt nicht da“, grummelte Yuki unbefriedigt. „Er ist garantiert auf Dämonenjagd.“ „Es ist Neumond“, bemerkte Aryan. „Bei Neumond lasse ich ihn nicht kämpfen.“ „Oh, dann ist er bestimmt oben! Ich geh ihn holen!“ „Nein!“, sagte Anjaani hart und ergriff Yokos Hand. „Ich will ihn nicht sehen!“ „A-aber es ist so amüsant, wenn er seine dämonischen Fähigkeiten nicht besitzt...“ „Das ist mir egal! Bleib hier!“ „Ok, was ist los?“ Yuki war plötzlich ernst. „Aani-Schatz, du bist wirklich gut darin, dich zu verstellen. Aber ich merke doch, dass du heute nicht fit bist, weil du etwas verdrängst…“ „Tu nicht so einfühlsam“, unterbrach Yoko ihre ältere Schwester. „Wir merken nur, dass etwas nicht stimmt, weil du seit dem frühen Morgen nichts anderes tust, als Aryans sämtlichen Vorräte wegzukochen. Was machen wir bloß mit all dem Essen?“ „Ich hatte Lust zu kochen“, verteiligte sich die Inderin. „Du tust den ganzen Tag nichts anderes! Was ist passiert, dass der Kochteufel in dich gefahren ist?“ Anjaani seufzte geschlagen, doch sie hatte nicht die Kraft, alles wieder hinter der Mauer hervorzuholen. Sie sah Aryan bittend an. So erzählte er ihnen alles. „Warum hast du nichts gesagt?“, warfen die Drei Aryan vor. „Weil ich es nicht wollte“, verteidigte Anjaani ihn. „Es war euer Tag. Ich hätte es mir nie verziehen, wenn ich euch den verdorben hätte. Und Aryan-nii hatte sich genug um mich gekümmert. Er hatte mich schließlich vom Dach geholt und mich getröstet.“ Jetzt wurden die vorwurfsvollen Blicke der Drillinge sanft, nur Yoko, so streitlustig, wie sie heute war, grinste herausfordernd. „Und wahrscheinlich hast du auch bei ihm im Bett geschlafen? Sich tröstend in seine schützenden Arme gekuschelt, um dich von seinem Herzschlag in den Schlaf wiegen zu lassen“, stichelte sie. „Ja“, meinten beide unschuldig. „Was?!“ Yami betete, sich verhört zu haben. „Aurora hätte sonst gar nicht geschlafen“, lächelte Aryan. „Yami, es ist nichts passiert. Das glaubst du doch nicht im ernst?“ Yami sagte gar nichts. Das Schweigen der Drillinge war nie ein gutes Zeichen. „Wart ihr angezogen?“, wagte sich Yuki voran, Yami ängstlich beäugend. „Natürlich.“ „Beide?“ „Wir waren beide vollständig angezogen. Aryan-nii ist schließlich mein Bruder“, erklärte Anjaani. Bis jetzt jedenfalls hatte sie ihn nie mit Inuyasha verglichen. „Genau“, stimmte er zu. „Es ist eine unschuldige Geschwisterbeziehung.“ „Ihr seid wirklich drin in dieser Geschwistersache“, bemerkten die Drillinge mit ausdrucksloser Mimik. „Weil wir so fühlen“, meinte Aryan schlicht. „Es ist alles harmlos, weil ich Aurora nicht begehre. Es ist nicht wie bei dir, mein Herz. Ich kann neben Aurora liegen, ohne sie zu berühren. Ich habe kein Verlangen danach. Sie ist meine Schwester. Und das weißt du, du fühlst es doch genau.“ Sein Lächeln war so ehrlich, niemand hätte an seinen Worten gezweifelt. „Wie hast du denn geschlafen?“, fragte sie besänftigt. „Wie sonst auch“, antwortete er zwinkernd und Yami war zufrieden. Aryan hatte einen sehr leichten Schlaf, er schlief nie entspannt oder gar tief und fest. Heute hatte er wahrscheinlich zum ersten Mal, seit er ein Kind gewesen war, tief und fest geschlafen, weil er sich bei ihr so wohl fühlte. „Wir dürfen jetzt nicht vergessen, dass Inuyasha ein Vollidiot ist“, verdüsterte sich plötzlich ihr Blick und sah die Freundinnen dann an. „Seht ihr! Ich habe es euch schon immer gesagt.“ „Bevor du ihn verurteilst, überlege lieber, wie du in so einer Situation gehandelt hättest“, verteidigte ihn Anjaani. „Ich wäre nie in solch eine Situation geraten. Ich habe nie jemand anderen als Aryan geliebt“, blieb Yami stur. „Da hat sie recht“, pflichtete ihr Yoko bei. „Das ist kein gültiges Argument.“ „Oh nein, ich bin der Volltrottel“, rief Yami plötzlich aus und schlug sich reuevoll die Hände vors Gesicht. „Das stimmt nicht“, widersprach Aryan. „Du wolltest nur helfen.“ „Was hast du angestellt?“, wunderte sich Anjaani. „Naja“, flüsterte Yami beschämt. „Ich habe ihm Tipps gegeben, wie er dich umgarnen kann.“ „Was?!“ Anjaani war baff und sah die restlichen Drillinge an. „Wusstet ihr davon?“ Die beiden starrten arglos an die Decke, als hätten sie Anjaani nicht gehört. „Du hast gemeinsame Sache mit ihm gemacht?“ „Was sollte ich denn tun? Ich wollte dir helfen und Inuyasha ist nun mal so unsensibel. Ich war die einzige, mit der er reden konnte, ohne befürchten zu müssen, dass ihm gleich die Klamotten vom Leib gerissen werden.“ Sie sah dabei ihre Schwestern an. „Also ist dieses ganze Tief-in-die-Augen-schauen und Mit-Küssen-drohen auf deinem Mist gewachsen?“ Anjaani lächelte. „Ich hab' s gewusst. Sein Verhalten hat mich oft an dich erinnert.“ „Es hatte aber geholfen“, erinnerte Yami sie. „Siehst du, er hatte sich Gedanken gemacht, er wollte sich um dich bemühen.“ „Er ist nur durcheinander“, stimmte ihr Aryan zu. „Du bedeutest ihm viel. Warte es ab.“ Anjaani lächelte traurig. „Das wäre schön. Aber ich traue ihm nicht mehr.“ „Das wird schon noch, jetzt unternehmen wir erst einmal was. Worauf hast du Lust, Schätzchen?“, fragte Yami heiter und zerriss die herrschende Melancholie. „Entscheide du“, bot ihr Anjaani an. „Wieso darf sie entscheiden?“ Jetzt waren die Schwestern wieder hellhörig. „Weil wir letzten Sonntag im Kunstmuseum waren“, erinnerte sie Yuki, sah dann Yoko an. „Und den Sonntag davor waren wir bei der Lesung dieses Autors, mit dem du über sein unvorteilhaftes Einsetzen von Adverbien gestritten hast.“ „Ich habe nicht gestritten, sondern nur korrigiert.“ „Ich musste dich raus zerren, bevor du rausgeschmissen worden wärst“, lachte Aryan. „Er vertrug die Wahrheit nicht!“ „Ja, aber du hast Hausverbot in den Bibliothek und das nur, weil du ihm zeigen musstest, dass dein Wortschatz umfangreicher ist. Also darf ich heute entscheiden. Und ich will eine Wanderung durch Aanis Wald.“ „Was?!“, begeisterte sich Anjaani. „Was?!“, entsetzen sich Yoko und Yuki. „Wir können alle Köstlichkeiten von Aurora für ein Picknick verwenden“, munterte Aryan auf. „Das wird ein schöner Tag. Nur wir sechs.“ „Oh, kommt Yuichi-chan mit?“, wunderte sich Anjaani. „Nein, er nicht. Aber Inuyasha.“ „Nein!“, protestierte sie. „Ja!“, schrien Yoko und Yuki. „Wir machen ihn fertig!“ „Hör zu, Aurora. Er sollte mitkommen“, sagte Aryan ernst und ergriff ihre Hand. Anjaani sah ihn an. Seine Augen blickten tief in ihre. Nie widersprach sie ihm, nie war sie anderer Meinung. Immer hatte er das Beste für sie gewollt. Warum tat er ihr das nun an? „Weil ich glaube, dass es das Beste für dich ist“, beantwortete er ihren Gedanken. „Du siehst mich an, ja. Aber ich bin nicht er, auch wenn du momentan sein Gesicht siehst.“ Sie zuckte wie bei einem Schlag zusammen. Woher wusste er das? „Ich kann nicht...“ „Wenn du es jetzt nicht kannst, wirst du es nie können. Du solltest nicht davon rennen, dich nicht verstecken. Ich kann nicht garantieren, immer da zu sein, meine Kleine. Du bist stark, aber um all dein Leid zu tragen, musst du stärker werden.“ Sie wollte den Blick senken, aber es ging nicht. Aryans Augen ließen das nicht zu. „Du kannst nicht sicher gehen, dass Inuyasha dir zum letzten Mal wehgetan hat. Lass ihn in deine Nähe, gewöhnt dich dran, verarbeite den Schmerz. Du sollst nicht davonlaufen, du sollst dich stelle. Deswegen glaube ich, dass du dadurch stärker wirst.“ „Er hat recht, Aani-Schatz“, stimmten die Drillinge zu. Erst hatten sie Aryan fassungslos angesehen, dann ernst gelauscht. „Wer weiß, wie schlimm du noch verletzt wirst. Und irgendwann wird deine Mauer brechen. Wenn deine Mauer bricht, ist Inuyasha vielleicht nicht da, um dich zu retten. Stell dich deinen Qualen, so wirst du stärker. Dann ist dein Seelenheil nicht von ihm abhängig.“ Endlich konnte Anjaani den Kopf senken. Wie immer hatte Aryan Recht. Sie wollte es nicht, sie wusste nicht, ob sie es konnte. Aber es würde sie stärken. Vielleicht würde es sie zuerst zerstören, aber aus dieser Asche würde neue Stärke hervorgehen. „Ich weiß nicht, ob ich das kann.“ „Ich bin bei dir“, versprach Aryan. „Du musst ihn nicht ansehen, du musst nicht mit ihm reden. Noch nicht. Ihr solltet euch so schnell wie möglich aussprechen. Wann, das entscheidest du. Aber du solltest damit umgehen können, dass er jemand ist, der bei dir sein kann und jeden Moment für immer verschwinden kann. Du musst damit klar kommen können, dass er unerreichbar für dich ist. Du musst deine Stärke aus dir schöpfen, nicht aus ihm. Und der erste Schritt dazu ist, deine Seele von ihm unabhängig zu machen.“ „Und wir werden dafür sorgen, dass unser Dämon keine einzige Sekunde des Ausfluges genießen kann!“ Ohne anzuklopfen stürmte Yoko Anjaanis Wohnung. Inuyashas pechschwarzer Kopf wirbelte herum. Er wollte sich gerade über ihre schlechten Manieren beschweren, als er die rasende Wut in ihrem Gesicht sah. Es lief ihm eiskalt den Rücken runter. Also wussten die Drillinge Bescheid. Sie schloss die Türe, blieb aber davor stehen. Und schwieg. Die honigbrauen Augen starrte ihn mit purem Hass an, doch sie sagte kein Wort. Es war an sich ein schlimmes Zeichen, wenn die Drillinge stumm waren, aber gerade bei Yoko, dem größten Plappermaul, kam es der nahenden Apokalypse gleich. Ihre Fäuste zitterten, als hielte sie sich mit unmenschlicher Willenskraft zurück, auf ihn einzuprügeln. Inuyasha konnte sie nicht ansehen, noch ertrug er ihr Schweigen. Es war die reine Folter. Bis sie ihn nach endlosen, qualvollen Minuten erlöste. „Ich hasse dich“, sagte sie leise. Inuyasha begegnete ihrem ockerfarbenen Blick. Er sah sie hilflos an. „Schau mich nicht so an. Du hast großen Mist gebaut, mein Lieber, und das weißt du genau. Keiner wirft dir deine Gefühle vor. Niemand zwingt dich, Aani zu lieben. Aber du hättest ihr keine Hoffnungen machen dürfen. Kannst du dir vorstellen, wie grausam das ist? Wenn es nicht gegen ihren Willen wäre, würde ich dir jetzt die Augen auskratzen, schlechte Laune habe ich sowieso. Ich bin so sauer auf dich, dass mir kein einziger passender Fluch einfällt! Und du hast verdient, dass ich dir die Hölle hervorfluche, die dich in ihrer brennenden Lohe verschlingt!“ Sie atmete tief durch, um sich zu beruhigen. „Genug davon, ich bin hier, um dich abzuholen. Zieh dir robuste Schuhe an, wir gehen wandern.“ „Was? Wir?“ Inuyasha, völlig überrumpelt, hatte seine Stimme wieder gefunden. „Ja, wir alle. Es wird deine Strafe sein. Und Aani braucht das. Sich dir zu stellen, wird sie stark machen.“ „Aber was sage ich?“, fragte er leise vor Aryans Tür. Er wusste nicht, ob er es wagen sollte Aryan zu begegnen, aber vor Anjaani fürchtete er sich noch mehr. „Nichts“, antwortete Yoko. „Egal, was du sagen würdest, es wäre falsch. Jetzt rein mit dir in die Höhle des Löwen. Hoffentlich zerfetzen dich Yuki und Yami in der Luft. Oder noch besser, Aryan verliert die Beherrschung.“ Das süffisante Lächeln war ihrer Stimme deutlich anzuhören. Inuyasha erschauderte. Die Mädchen konnten sich kein Bild von Aryans übermenschlichen Kräften machen, die Inuyasha als sein Partner nur allzu gut kannte und stets dankbar war, den General nicht als Gegner zu haben. Gerade jetzt, wo er ihm als Mensch nicht mehr überlegen war… Bei Aryan war nämlich „in der Luft zerfetzen“ nicht nur eine Redensart. Als er eintrat, trafen ihn zwei zornesblitzende hellbraune Augenpaare. Die Drillinge, die Anjaani gerade mit dem Packen mehrerer großer Rucksäcke geholfen hatten, stürmten nun auf ihn zu und stürzten sich keifend auf ihn, beschimpften ihn in höchsten und lautesten Tönen und trommelten mit den Fäusten auf ihn ein. Da er kein Dämon war, fürchtete sich keine vor einem Wutausbruch. Und da er ein Mensch war, hielten seine Ohren dem Lärm stand. Aber sein Körper war nicht so resistent gegen den schmerzenden Fausthagel. Hilfesuchend warf er Aryan einen Blick zu, doch dieser redete leise auf Anjaani ein. Sie schien gar nicht mitbekommen zu haben, dass er nun anwesend war. Auch Aryan schien sie gar nicht wirklich wahrzunehmen, sie mied jeden Blick, besonders seinen. Dafür hatte er die volle Aufmerksamkeit der Drillinge. Im Gegensatz zu Yoko fielen den anderen beiden die schlimmsten Beschimpfungen ein. So außer sich, schrien sie ihn zuerst auf Japanisch an. Als diese Sprache ausgeschöpft war, begannen sie mit Englisch, bis Anjaani ihn endlich erlöste. „Seid ihr endlich fertig?“, wandte sich Anjaani an die wutschnaubenden Drillinge. Diese verstummten sofort. „Ihr habt noch einige Sprachen übrig, aber ich glaube, es reicht jetzt langsam. Ihr werdet euch noch verletzen.“ „Wir sind nicht fertig“, schnaubte Yami und rieb sich die schmerzenden Fäuste. „Dieser Mistkerl ist hart wie Stahl! Aber ich schwöre-“ Plötzlich wirbelte sie zu Aryan herum. Er betrachtete sie stumm, ihre zornesblitzenden Augen, die zerzausten Haare, die bebenden Lippen. Und sie spürte eindeutig seine Gedanken, die ihr verzehrend heiß in die Glieder fuhren. „Du siehst hinreißend aus in deiner Raserei“, flüsterte er ihr zu. „Hört auf mit der Liebelei!“, grollte Yoko, die die Turtelei nicht ertragen konnte. „Und Aani hat recht. Ihr zwei seid ganz schön blöd, ihn mit den Fäusten zu traktieren. Wozu habt ihr scharfe Fingernägel? Damit könnt ihr ihn viel besser verletzen.“ „Das habe ich so nicht gemeint“, erklärte Anjaani schmunzelnd. Doch ihr Blick wurde ausdruckslos, als sie ihm einen schweren Rucksack hinhielt. Inuyasha nahm ihn sofort, da ihre Hände von dieser Last zitterten, mied es aber, sie zu berühren. „Wo gehen wir hin?“, wagte er zu fragen. Er sah, wie sie beim Klang seiner Stimme leicht zusammenzuckte. Aryan legte tröstend den Arm um ihre Schulter. „An Auroras Fluss. Wir wollen den Berg besteigen.“ „Von wir kann keine Rede sein“, grummelte Yoko und lud Inuyasha ebenfalls ihren Rucksack auf. „Ich bin doch kein Bergsteiger!“ „Und ich bin nicht der Packesel“, meckerte er unbeachtet. „Das wird Spaß machen, du wirst schon sehen“, ermunterte Anjaani sie. „Genau, Schwesterherz. Aryan wird rücksichtsvoll sein wie immer, deswegen wird es nach unserem Tempo gehen. Und Inuyasha kann niemandem davonrennen und uns hetzen. Es wird alles entspannt und gemütlich.“ „Das will ich für dich hoffen!“, drohte Yuki. „Du hast uns schließlich da rein geritten“ „Apropos geritten... Wenn du lieb bist, erzähle ich dir ein bisschen was“, versprach Yami. Sofort erhellte sich Yukis Gesicht. „Was?! Oh ja! Ich will alles wissen! Alles, wo hab ihr es gemacht, in welcher Stellung, wie l-?“ „Hey, sie hat ein bisschen gesagt“, fauchte Anjaani beschämt. Inuyasha begriff kein Wort. Was ging jetzt wieder vor? „A-aber...“ Yuki zappelte aufgeregt herum. „Dann sag mir nur wie lang der Willie ist!“ Und dann begriff er. Er hätte es eigentlich an Anjaanis eindeutigem Gesichtsausdruck erkennen können. „Sag, mal, hast du sie noch alle, du Irre!“, brüllte er und sah dann Aryan über den Taschenberg hinweg an. „Unternimm was!“ Er kannte die Drillinge zu gut, um zu wissen, dass Yuki jetzt in Fahrt gekommen war. Doch Yuki ignorierte ihn. „Das ist das einzige, was ich wissen will! Größer als Inuyashas, kleiner-“ „Was?!“ „Halt dich raus, Schwarzkopf! Wenn du´s nicht weißt, Mäuschen, ich hab in meiner Handtasche ein Maßband. Aber-“ Sie unterbrach sich und sah dann Inuyasha begeistert an. Er stolperte reflexartig von ihr weg. „Inuyasha, du bist doch eigentlich ein Mann“, säuselte sie lieblich. „Was willst du?“, fragte er verunsichert. „Und was heißt hier eigentlich?!“ Sie legte den Kopf schief und schenkte ihm ein unschuldiges Lächeln. „Du bist doch sozusagen Aryans rechte Hand.“ „Lisa“, warnte Anjaani. „Hör auf, die beiden zu vergleichen!“ „Hast du ihn denn nie nackt gesehen?“, fragte Yuki den entsetzen Inuyasha. „Sag du mir wie lannnn-“ Auf einen Schlag klappte ihr Mund zu, sie riss die Augen auf und krallte die Finger in ihre Lippen, versuchte sie zu öffnen. Aber ihr Mund war versiegelt. „Das ist genug“, ertönte Aryans ruhige Stimme. Alle wandten sich reflexartig zu ihm um. Seine trügerische Ruhe schwand, als er mit einem frechen Grinsen den Kopf schief legte. „Wenn du deinen Mund wieder bewegen möchtest, vergisst du dieses Thema besser schnell.“ Yuki nickte nur verzweifelt und keuchte dann entsetzt auf, als Aryans Energie sie frei gab. „Das hättest du auch wirklich früher machen können“, bemerkte Yami. „Nein, das ist total unheimlich!“ Yuki warf Aryan einen verängstigten Blick zu. „Du bist zum Fürchten! Ich hatte noch nie Angst vor dir!“ „Brauchst du auch nicht zu haben, wenn du mich nicht verärgerst“, lächelte er sanft. „Du bist so mächtig und gefährlich und… Boah, das ist ja so sexy“, rief sie dann schwärmerisch aus. „Du bist so stark und überlegen und niemand könnte dir entkommen… Mäuschen, hast du ein Glück!“ „Du hast ja keine Ahnung“, zwinkerte Yami. „Können wir bitte endlich los?“, mischte sich die mürrische Yoko ein und die kleine Gruppe setzte sich in Bewegung. „Wir das ein Umzug, oder ein Ausflug“, ächzte Inuyasha unter seiner Last von Rucksäcken und Taschen. „Soll ich es dir abnehmen?“, fragte Aryan, der keine Hand frei hatte, da er in dichter Umarmung hinter Yami herging. Die Drillinge hatten ihm ausdrücklich verboten, Inuyasha zu helfen. „Nein!“, zischte dieser und trug das Gepäck tapfer zum Auto, das Aryan gemietet hatte. Er hasste es, dass er als Mensch schwächer als Aryan war. Aryan, den alle so bewunderten, Aryan, der alles konnte, alles wusste, alles beherrschte. Aryan, der stärkste, mutigste, beste... Aryan, der perfekt war! Nein, für Anjaani war er es. Schon immer gewesen. Wie stand sie jetzt zu ihm? Aber er hatte kein Recht, sie danach zu fragen. Unauffällig beobachtete er sie. Sie hatte nicht geweint, so viel konnte er von ihren Augen ablesen. Er sah keinen Hass, keine Trauer, gar nichts. Das bedeutete aber, dass sie das Geschehene verdrängte und er wusste, das tat ihr nicht gut. Aryan machte sich bestimmt nicht umsonst Sorgen. Da ihr Blick starr aus dem Wagenfenster gerichtet war, konnte er sie ungeniert betrachten. Sie sah so attraktiv aus! Was ein einfaches weißes Tanktop und eine kurze Jeans ausmachten! Was ihn jedoch verwunderte, war, dass Yuki ihr zwar ein Kompliment gemacht hatte, sie jedoch nicht berührt hatte. Normalerweise grapschte sie ihr an die Brüste, oder zumindest den Hintern. Was war gestern alles passiert? Aryan und Yami strahlten richtig vor Glück. Was der Grund dafür war, wusste er leider nur zu gut. Sie Drillinge betonten pausenlos Yamis heisere Stimme. Sie war zwar nur ein kleines weinig kratziger, aber Inuyasha, der die Drillinge inzwischen gut kannte, wunderte sich selber über diese Tatsache. Wie hatte Aryan es vollbracht, dass Yami heiser war? Die unangenehme Antwort kannte er. Anjaani war nach ihrer gemeinsamen Nacht völlig heiser gewesen… Warum, das wusste er nur zu gut. Deswegen war ihm Yamis Heiserkeit kein Rätsel. Aber es kümmerte ihn kein bisschen. Wäre das nur nicht das momentane Lieblingsthema der Drillinge. Naja, eigentlich nur von Yuki. Yoko war nicht so bester Laune wie sonst. Sie schwieg, was für das Plappermaul ungewöhnlich war. Und wenn sie sprach, dann beschwerte sie sich. Und Yuki war trotz ihrer Quengelei seltsam zufrieden. Sie strahlte eine unbekannte Sanftheit aus. Am ungeduldigsten war dennoch Anjaani. Sie strahlte neben der Gleichgültigkeit, die ihre Gefühle schützte, auch eine Heidenangst aus. Der Drang, sie tröstend in die Arme zu nehmen, war fast übermächtig. Er wäre der einzige, der sie trösten konnte, der einzige, der ihr selbst die größten Ängste nehmen könnte. Er durfte nicht… Keiner wusste ihr zu helfen. „Aani-Schatz, wir sitzen hier in keinem Bus“, meldete sich Yami verzweifelt. „Und im Übrigen fährt Aryan. Uns kann gar nichts passieren.“ „Sie hat den Busunfall noch nicht verarbeitet“, erklärte Aryan mitfühlend. „Und ein Transporter wie dieser hier ist ähnlich wie ein Bus. Ich fahre besonders vorsichtig, Kleines.“ „Ich weiß, danke“, lächelte sie die Fensterscheibe an. „Ich kann`s auch kaum erwarten, hier raus zu kommen“, brummte Yoko sarkastisch. „Dann habe ich gute Neuigkeiten für dich“, lachte Aryan. „Wir sind da.“ Kaum hatte er angehalten, war Anjaani schnell wie der Blitz aus dem Wagen gerannt und weg war sie. „Sollen wir sie nicht einfangen?“, fragte Yuki, die die Freundin weit und breit nirgends entdecken konnte. „Nicht, dass sie mit den Fischen auf und davon ist.“ „Sie kommt gleich wieder. Sie ist am Fluss“, antworteten Aryan und Inuyasha gleichzeitig. Ihre Blicke trafen sich. „Ich kenne sie besser, als du glaubst“, sagte Inuyasha unfreundlich. „Daran habe ich nie gezweifelt.“ „Und trotzdem glaube ich, kennt Aryan sie besser als du“, stichelte Yami. „Wer sagt das?!“, plusterte er sich auf. „Komm jetzt ja nicht auf die Idee, dass du ihren Körper besser kennst“, warnte ihn Aryan. „Wenn sie das hört…“ „Das habe ich nie sagen wollen!“, log er errötend. „Was ist ihre Lieblingsfarbe?“, wollte Yuki spontan wissen. „Gelb“, antwortete er spontan. „Was isst sie am liebsten?“, forderte ihn Yami heraus. „Erdbeeren!“ Auch das wusste der Halbdämon. „Wovor hat sie am meisten Angst?“ Yoko sah ihn hochmütig an. Jetzt stutzte Inuyasha. „Raj?“ Es war mehr eine Frage. Aryan schüttelte den Kopf. „Busse?“ „Nein.“ „Ach.“ Jetzt ging ihm ein Licht auf. „Die Dunkelheit!“ „Die Einsamkeit“, korrigierte Anjaani leise. Sie stand hinter ihm, sah jedoch durch ihn hindurch. „Das schlimmste ist die Einsamkeit, völlig einsam und verlassen, ein Leben in ewiger Finsternis. Aber nicht die lichtlose Finsternis. Die lieblose Finsternis.“ Sie setzte sich ihren Rucksack auf den Rücken und gemeinsam wanderten sie los. Die Stimmung war gedrückt. Die herrliche Natur konnte den Trübsinn nicht vertreiben. Einen Vorteil gab es jedoch. Der Marsch beanspruchte die Drillinge so sehr, dass sie ihren Atem nicht fürs Inuyasha-Beleidigen und ihre Kraft nicht fürs Inuyasha-Ärgern verschwenden konnten. So konnte der Halbdämon die Gegend genießen, der moosbedeckte Boden, die kleinen verschlungenen Pfade, der fröhlich plätschernde Bach, die majestätischen Bäume. Yami genoss diese magische Grüne Welt fast so sehr wie Anjaani. Es war das richtige für die Inderin. Obwohl es anstrengend war, und die meiste Zeit bergauf ging, mussten Yuki und Yoko zugeben, dass es das einzig richtige war, was sie für Anjaani hatten tun können. Es war auch ein kleines Abenteuer. Manche kleinen Schluchten mussten übersprungen werden, manche Hügel und Felswände erklommen werden, manche Gräben hinabgerutscht werden. Für Aryan, Inuyasha und Anjaani waren das Kleinigkeiten, doch den Schwestern musste geholfen werden. Yami bewunderte nicht zum ersten Mal Aryans sanfte Stärke. Komplett ohne Anstrengung zog er sie einen kleinen Felsvorsprung hoch. Unglaublich, wie zärtlich es sich anfühlte, obwohl es ein Kraftakt war. Aryan kombinierte Zärtlichkeit und rohe Kraft auf eine solch perfekte Art und Weise, dass ihr bei dem Gedanken daran ganz schwindelig wurde. Sie drückte sich an seinen muskulösen Körper. Bei ihm war es so sicher, so geborgen. Sie verstand, dass Anjaani ihn brauchte. Sie selber könnte nicht ohne ihn. Wären sie hier ihn dieser traumhaften Umgebung allein… Allein der Gedanke an seine nackte Haut ließ ihr die Hitze in den Kopf steigen. Ihn an diesem Baumstamm gelehnt zu verführen, oder am rauschenden, kühlenden Bach, oder einfach nur in dem weichen Moos… „Hör auf, daran zu denken. Du strapazierst meine Selbstbeherrschung“, raunte er ihr zu, doch seine Umarmung wurde fester. Die goldenen Funken seiner Smaragdaugen glitzerten sehnsüchtig. Sie wusste, es fehlte nicht viel und er würde nachgeben… wenigstens ein Kuss… „Sag bloß, du hast nicht an dasselbe gedacht“, hauchte sie und stahl ihm einen Kuss, der sofort von Yokos Keifen unterbrochen wurde. „Und ihr strapaziert meine Nerven! Könnt ihr nicht einen Moment die Finger voneinander lassen?! Ihr habt noch euer ganzes Leben vor euch!“ „Entschuldige“, lächelten beide. „Ach, komm schon“, forderte Yuki sie schnaufend auf. „Als ob dir hier nicht der ein oder andere schmutzige Gedanke kommt. Hier, die Mulde zwischen diesen großen Baumwurzeln ist perfekt für einige versaute Stunden…“ „Kannst du auch an irgendetwas anderes denken?“, warf Yoko ihr vor. „Du klingst eifersüchtig“, bemerkte Anjaani. „Und seit wann stört dich ein romantischer Anblick?“ Yoko legte den Arm um ihre Taille und drückte sie an sich. „Weißt du was? Du musst keine Angst vor der Einsamkeit haben, denn du wirst nie einsam sein, Schätzchen, weil ich dir immer bleiben werde“, versprach sie tröstend. „Du willst mit mir eine alte Jungfer werden“, lächelte Anjaani sanft. „Also, keine von uns kann als Jungfer enden“, kicherte Yami, als einzige vergnügt. „Praktisch ist das nicht möglich.“ „Ja, weil du Sex hattest“, keifte Yuki. „Wir wissen das. Erzähl endlich davon, oder halt deine heiser gestöhnte Klappe! Hä? Warum starrst du mich so an?“ Ihre Verwunderung galt Inuyasha, der Yuki und Yoko nicht aus den Augen gelassen hatte. Er hatte als erster den Felsvorsprung erklommen und beobachtete die zwei ungehaltenen Drillinge die ganze Zeit. Nun zuckte er ertappt zusammen. „Gefallen wir dir etwa?“ Sie hatten dasselbe wie Anjaani an. Nur die Tops hatten die typischen Drillingsfarben. „So ein Unsinn“, fauchte er errötend. „Ich frag mich nur, was mit euch zwei los ist?“ „Yami hatte Sex“, maulten beide unisono. „Das meine ich nicht!“, brüllte er. Selbst wenn er es nicht wüsste, die Tatsache, dass die beiden die Finger nicht voneinander lassen konnten, sagte genug. Auch während der Autofahrt hatte Aryan nur mit einer Hand gelenkt, die andere hatte Yami fest an sich gedrückt. Der jüngste Drilling selbst vermittelte der Eindruck purer Glückseligkeit. Das Paar strahlte eine Sehnsucht nach einander aus, die selbst ihm, als uneinfühlsamen Tölpel, nicht entging. Doch die beiden anderen Drillinge waren noch unerträglicher als sonst. „Ihr beide seid seltsam.“ Alle, außer Anjaani, starrten ihn an. „Was glotzt ihr so blöd?“ „Es ist nur ungewohnt, dass du dich für die Drillinge interessierst“, antwortete Anjaani vor ihm, ohne ihn anzusehen und setzte sich in Bewegung. Der Rest folgte ihr. Er schwieg, weil er ihr keine unfreundliche Antwort geben wollte. Das verdiente sie nicht. Stattdessen sagte er: „Der rote Zwerg wirkt völlig unzufrieden, sonst steht sie auf diesen bescheuerten, romantischen Kitsch. Und der blaue spinnst einfach nur, sie ist glücklich und unglücklich zugleich.“ „Wer hätte gedacht, dass du uns so gut kennst.“ Die Schwestern waren überwältigt. „Kann es sein, dass du doch ein Fünkchen Sensibilität besitzt?“ „Ich ertrage euch ja auch Tag für Tag“, brummte er. „Aber warum bist du so seltsam?“, wollte er dann von Yuki wissen. „Wie meinst du das?“, fragte Anjaani tonlos. Wie viel Kraft sie das wohl kostete? „Sie hat dich heute kein einziges Mal angefasst.“ „Oh, stimmt! Das würde mich auch wundern“, lachte Yuki und sah ihn dann mit funkelnden Augen an. „Weißt du, was gestern passiert ist? Ich habe mich in Yuichi Yamada verliebt!“ Selig hackte sie sich bei ihm ein. „Wen?“ Erfolglos versuchte er sie abzuschütteln. „Wegen ihm habe ich die Goldene Regel gebrochen“, erinnerte ihn Yami, beim Gehen an Aryans Brust geschmiegt. Da es nicht mehr bergauf ging, gerieten die Schwestern nicht mehr aus der Puste und konnten wieder ungeniert Plaudern. „Warte kurz!“ Yuki fasste in ihren Ausschnitt und holte ein klein gefaltetes Blatt Papier und einen Stift aus ihrem BH-Bunker hervor. Rasend schnell flog ihre Hand über das Blatt, während Yoko und Anjaani sie davor schützten über Wurzeln und Steile zu stolpern. In einer Minute zauberte sie das Gesicht eines jungen Mannes mit schelmisch funkelnden Augen. Das war doch dieser Grapscher Zuma, oder? „Das ist Yuichi“, hauchte sie und hielt ihm die Skizze hin. „Wen interessiert das?“, meinte er nur, wollte nicht zeigen, wie sehr er das Zeichentalent des Drillings bewunderte. Wegen seiner Unachtsamkeit wäre er fast über einen alten Baumstumpf gestolpert. „Wow, das sieht toll aus“, begeisterte sich Yami. „Das ist wahrhaftig Yuichi-kun!“ „Wahrhaftig unser süßer Yuichi-chan“, lächelte Anjaani zart. „Er sieht toll aus, nicht wahr?! Weißt du, Inuyasha, er hat so schöne funkelnde Augen wie Aryan und du als Hanyou, nur in Blau! Ach, ich muss unbedingt ein Aquarell von ihm malen! Dank ihm bin ich endlich über Aani hinweg! Aber ich liebe dich immer noch über alles, Schätzchen“, warf sie Anjaani eine Kusshand zu. „Schön für dich“, brummte Yoko unzufrieden. „Dafür bin ich unglücklich verliebt.“ „Zuma wird schon erkennen, was du ihm bedeutest“, sprach ihr Anjaani aufmunternd zu. „Ja klar! Wie denn, wenn du ihm tanzend die Sicht versperrst?“ „Wenn du willst, suche ich mir eine andere Arbeit“, sagte Anjaani ehrlich. „Was?!“ Yokos Kopf wirbelte zu ihr herum. „Ich habe so viele Angebote. Und für dein Glück tue ich alles!“ „Rede nicht so einen Unsinn! Du kannst ja nichts dafür. Ich muss einfach einsehen, dass Zuma mich nicht liebt, dass er mich nie lieben wird. Ich muss mir einen anderen suchen. Ich wäre gerne auf Aryan aus, wenn ich nicht befürchten müsste, von Yami in Stücke gerissen zu werden, aber Yuichi ist auch süß. Sehr süß sogar.“ „Wage es…“, knurrte Yuki nur und sah von der Zeitschrift auf, die sie während des Laufens zu lesen angefangen hatte. „Yuichi und Zuma sehen sich sehr ähnlich.“ „Das stimmt nicht! Dieser Eisklotz ist nicht wie mein Yuichi!“ „Also ich finde auch, dass sie sich ähnlich sehen“, meinte Anjaani. „Als er vor mir stand, hatte ich ihn für einen Moment für Zuma gehalten.“ „Yuichi ist nicht wie Zuma“, widersprach Yuki weiterhin trotzig. „Was meinst du, wie gut er uns auseinanderhalten könnte?“, überlegte Yoko. „Hör nicht auf sie, sie will nur provozieren“, beschwichtigte Anjaani den blauen Drilling. „Es ist hoffnungslos.“ Yoko seufzte theatralisch. „Kein Schmied vermag ein Schwert zu schaffen, das das Schicksal besiegen kann.“ Inuyasha grummelte augenrollend. Toll, sie fing an, Schwachsinn zu philosophieren! So wie er sie kannte, würde sie wahrscheinlich irgendwelche herzzerreißenden Reime beginnen. „Ich muss Zuma loslassen…“, murmelte sie. „Alles ist vergänglich… Es wandelt, was wir schauen, Tag sinkt ins Abendrot, die Lust hat eignes Grauen, und alles hat den Tod…“ Oh, nein! Inuyasha wollte sie gerade barsch unterbrechen, als Yuki laut auflachte. Sie lachte sich über etwas Gelesenes kaputt. „Hey, Kätzchen, ich hab was, das dich aufmuntern wird“, kicherte sie. „Na, Gott sei Dank“, dachte Inuyasha. „Lies mal diesen lächerlichen Artikel! Tricks und Kniffe für den weiblichen Orgasmus!“ Inuyashas Erleichterung verflog schneller, als sie gekommen war. Yamis Kopf fuhr herum und ehe er oder Anjaani sich beschweren konnten, grinste sie: „Komm, spann uns nicht länger auf die Folter!“ „Da steht nur so ein Schrott mit Kissen unters Becken, also der übliche Mist. Aber hör dir das an! Der Mann soll die Frau, während sie schläft, überraschen. Es wird ein Aufwachen der Superlative!“ Gleichzeitig brachen die Drillinge in lautes Gelächter aus. „Was ist so witzig dran, ihr verdorbenen Gnome“, regte sich Inuyasha auf. „Frag nicht, wenn du die Antwort nicht hören möchtest“, seufzte Aryan. „Weil es lächerlich ist“, kicherte Yami. „Eine Frau, die du gerade damit aus dem Schlaf reißt, wird nie im Leben einen Orgasmus bekommen.“ „Der Körper schläft noch und empfindet kaum was“, stimmte Yuki zu. „Sie wird höchstens unter dir wieder einschlafen.“ „Wir sollten einen Artikel schreiben mit tatsächlichen Fakten“, begeisterte sich Yoko und wollte schon in ihren BH-Bunker greifen, um sich Notizen zu machen. Anjaani hielt sie auf. „Lass es“, brummte sie. „Ich weiß, hier reden die Meister. Verschont mich heute mit eurer Verdorbenheit!“ „Hey“, schmollte Yami. „Es gab auch mal eine Zeit, als wir noch unschuldig waren!“ Jetzt musste Anjaani lachen und es war ehrliche, reine Freude. Die Sonnenstrahlen, die durch das Blätterdach fielen, ließen ihre Augen funkeln. „Gerade du musst das sagen!“ „Was heißt hier gerade du?“ wollte Aryan von seiner Freundin wissen. „Ich weiß nicht, was sie damit meint“, tat Yami unschuldig ab und wandte sich an ihre Schwestern. „Wisst ihr, was sie damit meint?“ „Nö!“, kam die einstimmige Antwort. „Ach, wirklich? Wer ist in der Mittelstufe fast von der Schule geflogen?“ „Von der Schule geflogen?“, wiederholte Aryan überrascht. Vor Neugier war er stehen geblieben. „Ich will gar nicht wissen, was ihr angestellt habt“, brummte Inuyasha. Die Drillinge grinsten bei der Erinnerung. „Wir haben in Biologie ein Referat zum Thema Geschlechtsverkehr und Verhütung gehalten.“ „Mir schwant Übles“, lächelte Aryan. „Hast du das Erlebnis überwunden, Aurora?“ „Nein, immer noch nicht“, stöhnte Anjaani. „Es war furchtbar! Es hat nicht gereicht, dass sie den Vorgang unnötig detailreich an Yukis Skizzen geschildert haben. Und ihr wisst, wie gut Yoko beschreiben kann… Nein, Yami musste auch noch vorführen, wie... meine Güte, das war schrecklich!“ „Was hast du gemacht?“ Aryan sah seine Freundin auffordernd an, doch diese schien plötzlich taub zu sein. „Was war schon dabei“, wunderte sich Yuki. „Sie hat nur demonstriert, wie ein Kondom übergestreift wird.“ „Und das ist harmlos?“, entsetzte sich Inuyasha und starrte Yami an. „Ich habe es ja nicht am lebenden Objekt gemacht“, sagte sie. „Sondern an einer Banane.“ „Klingt nicht so schlimm“, bemerkte Aryan. „Nicht so schlimm? Sie hat es mit dem Mund gemacht!“, schrie Anjaani knallrot im Gesicht. „Und wir sind immer noch stolz auf dich, Mäuschen“, lobten ihre Schwestern. „Und ich habe tatsächlich geglaubt, du seist die unschuldigste von euch Dreien.“ Aryan lachte kopfschüttelnd. „Yami ist die schlimmste“, warnten die Mädchen einstimmig. „Diese Erfahrung habe ich auch gemacht.“ „Was war schon dabei“, winkte Yami ab. „Mein Mund kann so einiges.“ „Hey, wir waren 15!“ „Na hör mal, krieg du das mit dem Mund hin!“, verteidigte Yuki ihre Schwester. „Yami ist die einzige, die das so perfekt schafft...“ „Haltet endlich eure Schandmäuler“, fauchte Inuyasha dazwischen und stierte dann Aryan an. „Sie reden hier über deine Freundin! Stört dich das nicht?!“ „Ich weiß doch, was sie kann“, meinte Aryan ungerührt und schenkte Yami einen liebevollen Blick. „Boah, ich krieg die Krise mit dir!“, fauchte Yuki frustriert. „Ich weiß auch, was Yami drauf hat! Und ich will wissen-“ „Hör auf!“, zischte Anjaani. Yuki zuckte unter ihrem pechschwarzen Blick zusammen. „Du hast ein wunderschönes Leben vor dir mit einem Mann der dich ehrlich liebt. Du hast jemanden, dem du das wertvollste auf der Welt bist. Weißt du, wie unbezahlbar das ist, so wertvoll zu sein? Und du bist eifersüchtig auf deine Schwester, wegen einer Sache, die du dein ganzes Leben genießen kannst. Was ist eine Nacht, die du verpasst hast, wenn es auch ein ganzes Leben sein könnte?“ „Dein Leben?“, flüsterte Yuki bedrückt. „Um das du mich so beneidest“, bemerkte Anjaani trocken. „Du verzichtest eine Nacht, ich ein Leben lang. Ich liebe dich zu sehr, um tauschen zu wollen. Jetzt hör bitte auf damit. Du weißt, wie sehr ich das hasse.“ Anjaani kehrte auf dem Absatz um, und verschwand tief im Wald. Die Freundinnen blickten ihr deprimiert nach. Yuki unterdrückte eine Träne. „Wer hätte gedacht, dass sie unser Sexleben beneidet.“ Ihre Schwestern nickten zustimmend. Inuyasha starrte sie entgeistert an. „Nein, das glaube ich nicht“, widersprach Aryan. „Das wonach sie sich sehnt, ist Nähe und Geborgenheit. Eine sichere, glückliche Partnerschaft. Sie versinkt wieder in Einsamkeit.“ Er warf Inuyasha einen kurzen Blick zu. „Ihr drei solltet mit ihr reden.“ Hilflos blickten die Schwestern ihn an. „Du kannst das viel besser! Du bist hier die Kummerkastentante!“ „Ich bin trotz allem ein Mann und im Moment bin ich in ihren Augen Inuyasha zu ähnlich, als dass sie über ihre Gefühle mit mir reden könnte. Sie kann mir nur in die Augen schauen, weil sie eine andere Farbe haben.“ „Okay“, gaben die Schwestern nach. „Aber dafür müssen wir sie einholen. Zum Teufel noch mal, es geht wieder bergauf!“ Mit einiger Mühe für die Drillinge und so gar keiner Anstrengung für die beiden Männer, holte die Gruppe Anjaani ein. Diese schwieg nun und der mühsame Marsch wurde fortgesetzt, bis Yukis Magen zu Knurren begann. Inuyasha seufzte laut. Auch das noch! Hungrig war Yuki gereizt und unerträglich. Dieser Tag war wirklich eine Strafe! „Noch fünf Minuten und wir sind da“, sagte Anjaani zu ihr. Und dem war auch so. Mitten in den Bergen, von Bäumen umsäumt, lag eine friedliche, kleine Schlucht, durch die sich ein kleiner Flusslauf schlängelte, der sich in einem See weitete. Das kleine Tal war breit genug für die Rast, vom Sonnenlicht überflutet und mit unzähligen Blumen geschmückt. Anjaani rannte sofort hinab zum Bach, den sie und Inuyasha „die Wald-Oase“ getauft hatten. „Mal sehen, ob sie fliehen, wenn sie wissen, dass Aurora nicht allein ist“, überlegte Aryan laut. „Wer?“, wunderte sich Inuyasha. „Die Meerjungfrauen“, meinte er nur. Inuyasha wandte sich an die schnaufenden Schwestern, doch diese winkten nur ab. Für einen Kommentar ihrerseits fehlte ihnen der Atem. „Wenn Dämonen existieren, warum sollten es dann nicht auch Meerjungfrauen? Nur weil man sie nie zu Gesicht bekommt, heißt das nicht, dass es sie nicht gibt.“ Yami sah ihn atemlos an und er beantwortete ihre stumme Frage. „Einmal nur habe ich eine gesehen. Tückische, gierige, eifersüchtige Wesen, man muss vorsichtig sein.“ „Sie locken… mit der… Stimme“, sagte Yami schwer atmend. „Für deine Stimme würden sie töten“, sagte Aryan ernst. „Deswegen geht Aurora auch sicher, dass sie sich vor uns verstecken. Wie geht es euch Drei?“ „Wir hassen Berge“, keuchten die Drillinge, so weit erholt, dass sie wieder sprechen konnten. Yami nickte und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Es gibt schönere Arten, außer Atmen zu kommen.“ Yuki sah sie neugierig an. „War er wenigstens etwas erschöpft?“ Sie deutete auf Aryan. Er und Inuyasha waren nicht ein Fünkchen angestrengt. „Wovon reden die?“, wunderte sich Inuyasha. Er begann den Abhang hinunter zu steigen und betrat das Sonnenlicht. Das Schimmern seines schwarzen Haares lenkte die Drillinge kurz ab. „Wovon wohl?“, seufzte Aryan hinter ihm, der den Drillingen beim Abstieg behilflich war. „Wir wissen, dass Sex einen Mann erschöpft, wenn man es richtig macht“, versicherte Yoko. „Aber du bist kein normaler Mann, Aryan-nii. Rede, Mäuschen!“ „Nein“, entschied Yami. „Boah!“, knurrte Yuki. „Inuyasha ist genauso unnormal! Warst du erschöpft nach dem Sex mit Aani?“ Inuyasha riss entsetzt die dunklen Augen auf. Die unverfrorene Direktheit dieser Frage erschütterte ihn. Natürlich war er erschöpft gewesen. Anjaani hatte ihn völlig fertig gemacht… und er sie. „Er war ein Mensch“, erinnerte sie Yoko und unterbrach die verbotene Erinnerung. „Und war nicht im Besitz seiner dämonischen Ausdauer.“ „Dankt dem Himmel, dass ich gerade keine Krallen habe“, knurrte Inuyasha durch zusammengebissene Zähne. „Wir quälen dich nur, das hast du verdient“, sagte Yami. „Und ich wette, Aani hat dich richtig ausgelaugt. Du bist nämlich doch ein kleiner Schwächling.“ Inuyasha ballte die Fäuste, doch Aryan Finger legten sich warnend um seinen Arm. Er mochte es nicht, wenn Yami bedroht wurde. Da Inuyasha sich mit dem General nicht anlegen wollte, wirbelte er fluchend herum und erklomm den höchsten Baum des Tals, auf der anderen Seite des Baches. Er war so aufgewühlt, dass er Anjaanis Anwesenheit nicht gewahr wurde. „Hier ist besetzt“, bemerkte sie nur. Inuyasha sah zu ihr auf. Sie hockte knapp zwei Meter über ihm auf einem Ast, der noch dick genug war, ihr Gewicht zu halten. Ihm hatte seine Hilflosigkeit die Stimme verschlagen. Plötzlich war er allein mit ihr. Wie sollte er sich jetzt verhalten? Sollte er abhauen? Was wäre die richtige Reaktion? Sie sah auf ihn herab, doch er hatte das Gefühl, als blicke sie durch ihn hindurch. „Dein Hang zur Flucht ist keine vorbildliche Eigenschaft, weißt du das? Wärst du vorgestern nicht geflohen, hättest du mich nicht so verletzt.“ Ihre Stimme war nicht unfreundlich, sie hatte gar kein Gefühl. „Warum kann der Neumond nicht auch deine Stimme ändern?“ Es war nicht haargenau Inuyashas Gesicht. Wenn sie seine Augen mied, konnte sie ihn ansehen. Doch der Klang seiner Stimme war das eigentlich quälende. „Ich bin ein Schwächling als Mensch“, sagte er, da ihm nichts anderes einfiel. „Das bist du nicht“, widersprach sie. „Die schwarzen Haare stehen dir und dein Gesicht ist fast gleich.“ „Seit wann sind hier Meerjungfrauen?“ „Schon immer. Sie lieben meinen Fluss und in meinem Wald sind sie ungestört. Sie hatten immer Angst vor dir und sind geflohen, sie fürchten Dämonen, aber auch Menschen. Die einzigen Dämonen, die sich vor Menschen fürchten. “ „Meerjungfrauen sind Dämonen?!“ „Dämonische Fische. So wie du ein dämonischer Hund bist. Um ehrlich zu sein, sind sie Halbdämonen.“ „Aber sie meiden doch Menschen.“ „Nicht in der Paarungszeit.“ Dann schwiegen sie. Eine Frage stand unausgesprochen zwischen ihnen. Inuyasha wagte nicht, sie zu stellen. Anjaani übernahm das für ihn. „Du möchtest wissen, wie es jetzt weiter geht, nicht wahr?“ Er nickte nur und dann sah sie ihn endlich wirklich an. „Deine Nähe schmerzt mich“, gab sie zu. „Ich weiß noch nicht, was ich möchte. Aber wie es weitergehen soll, ist letztendlich deine Entscheidung. Was möchtest du? Du hast mich ohne Antwort sitzen gelassen.“ Er sah sie schon fast verzweifelt an. „Du kennst die Antwort nicht, nicht wahr?“, flüsterte sie. „Dabei ist es so einfach. Kagome oder ich.“ „Aani-Schatz, bist du da oben?“, rief Yukis Stimme hoch. „Ja.“ „Kommt runter, ich verhungere!“ „Komm du doch rauf.“ Yuki seufzte. Die Äste vom Baum waren niedrig, sie konnte also draufklettern. Aryan, der sich geschickt wie ein Affe den Baum hinaufhangelte, half den Drillingen nacheinander hinauf, bis jede auf einem Ast im Baum verteilt saß. Die Drillinge ignorierten die schlechte Stimmung. „Schön hier“, kommentierte Yami, die sich geborgen in Aryans sicherer Umarmung befand. „An so einem Ort haben wir nie unsere Zeit verbracht.“ „Es ist noch schöner, als wenn ich allein hier oben bin“, lächelte Anjaani. „Aani-Schatz, du wirst nicht allein bleiben“, versicherte ihr Yoko von ihrem Platz aus. „Ich weiß, dir ist es nicht bewusst, aber ich glaube, dass Zuma der richtige für dich ist.“ Nun wurde Anjaanis Blick streng. „Er liebt dich.“ Doch Yoko schüttelte zaghaft den Kopf, als würde jede größere Bewegung sie zu Fall bringen. „Hör zu, ich bin vielleicht die perfekte Partnerin, aber du gehörst zu ihm. Er wird es einsehen, wenn er seine Rache an mir hatte.“ „Rache?“, fragte Aryan überrascht. „Wegen irgendwas grollt er mir und will als Strafe meinen Widerstand brechen. Wäre er deswegen nicht so blind, würde er sehen, dass ihr füreinander geschaffen seid. Vertrau mir doch. Es wird dauern, aber wenn du ihn liebst, kannst du warten.“ „Er liebt dich!“ „Er begehrt mich. Genauso wie Raj.“ Sie wandte den Kopf ab, als ihr Blick Inuyashas traf. „Rajesh wäre liebevoll gewesen, wenn seine Begierde nicht überhandgenommen hätte“, erklärte Yami. „Liebevoll? Raj?“ Inuyasha konnte sich diesen Kommentar nicht verkneifen. „Frag Yami. Er war schließlich hinter ihr her.“ „Was?“ Aryan und Inuyasha sahen den jüngsten Drilling überrascht an. Yami zuckte nur die Schultern. „Ich war 16 und Aani wies ihn immer ab, also begannen wir reizvoll für ihn zu werden.“ „Wir? Du hattest ihm den Kopf verdreht, nicht wir.“ „Wieso hast du ihm den Kopf verdreht?“, wollte Aryan wissen. „Ich bin eben ein Meister meines Fachs.“ „Wen hast du alles das Herz gebrochen, bevor du meines gestohlen hast?“ „Schön gesagt“, warf Yoko ein. „Ich hab Hunger!“, bemerkte Yuki. „Eifersüchtig?“, grinste Yami und stahl ihren Freund einen kleinen Kuss. „Etwas“, gab er zu. „Wo soll ich denn sonst meine Erfahrung gesammelt haben, um das Unmögliche zu schaffen, dich zu gewinnen?“ „Aber sie hatte Raj nie berührt“, versicherte Anjaani. „Sie hatte ihm nicht mal ansehen wollen.“ „Ich war immer grob und abweisend zu ihm, weil ich ihn nicht ausstehen konnte, diesen aufgeblasenen Mistkerl, und das hat ihn anscheinend angemacht.“ „Du wärst eifersüchtig, Aryan-nii, wenn du wüsstest, dass er theoretisch mit deiner Freundin geschlafen hat“, sagte Yuki. „Und ich hab Hunger!“ Aryan riss überrascht die Augen auf. „Theoretisch?“ „Praktisch hat er es mit dir getan“, korrigierte Yami. „Aber er hat mich für dich gehalten.“ „Moment!“, mischte sich Inuyasha verdattert ein. „Er hat Anjaani mit einer von euch betrogen?!“ „Ja.“ „Mit wem denn jetzt?“ „Mit Yuki“, antwortete Yami. „Aber er hielt sie für mich. Wir waren in der Disco und bei dem schwachen Licht sehen Blau und Grün gleich aus. Außerdem hatten wir damals noch dieselben Frisuren.“ „Du hast deine Freundin hintergangen?“, entrüstete er sich, die betroffene Yuki vorwurfsvoll anfunkelnd. „Ich war sturzbesoffen“, verteidigte sich der blaue Drilling. „Glaubst du, ich war nicht entsetzt über das, was ich getan habe? Ich wäre am liebsten gestorben! Mein erstes Mal war solch eine Sünde. Ich leide immer noch drunter.“ Er sah den Schmerz in ihren honigfarbenen Augen, doch er konnte es nicht glauben. Yuki hatte mit Raj geschlafen? „Ich habe ihr verziehen“, sagte Anjaani. „Keinen einzigen Vorwurf hatte sie mir gemacht. Gott, ich verdiene dich nicht!“ „Jeder macht Fehler. Du wusstest nicht, was du getan hast. Raj schon.“ „Und du hast ihn nicht verlassen?“, entsetzte sich Inuyasha. „Oh, er hat gelitten“, lachte Yoko. „Sein schlechtes Gewissen war schon schlimm genug. Aber Aani hat ihn ordentlich leiden lassen.“ „Wie das denn?“, lächelte Aryan. Anjaani errötete und fing an zu stottern. „Ich hatte beschlossen ihm meine Unschuld zu geben. Weil ich seiner Meinung nach nur so meine Liebe beweisen konnte. Aber wegen seinem Betrug entschied ich mich dagegen. Dass er das wusste, war furchtbar für ihn. Doch es war ein großer Fehler gewesen.“ Sie schwieg betroffen. Warum schaffte sie es einfach nicht, wenigstens gute Laune vorzutäuschen? „Wie konntest du ihr verzeihen?“, murmelte Inuyasha. „Sie hätte dir so was nicht verziehen.“ „Liebe“, antwortete Anjaani. „Schlicht und einfach Liebe. Liebe kennt weder Vorwürfe noch Bedingungen.“ Inuyasha sah sie nicht an. Yuki war zu Tränen gerührt. Als Anjaani, ohne zu wanken, aufstand, schraken die Drillinge zusammen. „Du stirbst bestimmt vor Hunger, Yuki-Hase. Es wird Zeit zu essen.“ Und ohne Vorwarnung sprang sie herunter. Der Schrei blieb Inuyasha und den Drillingen in der Kehle stecken. Doch mit einem schwungvollen Salto landete sie elegant auf den Füßen. „Was ist?“, rief Anjaani ungerührt nach oben. „Ihr wisst, dass ich gelenkig bin.“ Und als der Rest der Truppe zu ihr stieß, hatte sie schon die riesige Picknickdecke ausgebreitet und kühlte die nackten Füße im See. Inuyasha starrte enttäuscht in seinen Rucksack. Jeder holte etwas zu essen aus seiner Tasche, nur bei ihm war nichts Essbares drin. „Glaubst du im Ernst, dass Aani sich die Mühe macht, dir etwas zu kochen“, warf Yoko ihm vor. „Wie voreingenommen bist du eigentlich?“ Inuyasha schwieg stur. Er hatte Hunger, großen sogar. Mürrisch trottete er zu einem Himbeerbusch und tröstete sich mit den süßen, roten Beeren. „Hey!“, schrie Anjaani in seinem Rücken. „Es gibt Essen, was treibst du da?!“ Wieso war sie wütend? „In meinem Rucksack ist nichts drin“, verteidigte er sich. „Karina!“ Yoko zuckte ertappt zusammen. „Das Essen ist für alle! Das weißt du ganz genau.“ Yoko brummte nur. „Inuyasha, komm essen!“ Inuyasha warf Yoko einen bösen Blick zu, als er sich zu den anderen gesellte. „Schau mich nicht so an“, drohte sie leise. „Sonst fange ich an zu dichten.“ Er wandte schnell den Kopf ab und riss erstaunt die Augen auf. „Was ist das?“, entfuhr es ihm, als er sah, was für Köstlichkeiten ausgepackt wurden. Vor ihm wurde allerlei Gebäck ausgepackt, Salate, belegte Brote, Fleischbällchen, Lasagne, Strudel, Teigtaschen, Soßen, Obst und so vieles mehr. Er konnte es nicht begreifen, wann hatte Anjaani das alles zubereitet? Er traute sich nicht zu fragen. Er glaubte, dass er nicht einmal das Recht hatte in ihre Nähe zu kommen. Doch es war seine Strafe. Er hatte schlimmeres verdient… Und sein Appetit litt ordentlich drunter, aber er aß. Aus zwei Gründen. Zum einen, weil er seit den Vorfall nichts Richtiges mehr gegessen hatte und weil er Anjaani durch Nahrungsverweigerung wehtun würde… noch mehr. Er vermied es sie anzusehen. Anjaani aß so gut wie nichts. Konnte man ihr eigentlich noch mehr wehtun? Er wusste, wie viel er ihr bedeutete, wie viel er ihr wert war. Er war alles, einfach alles für sie. Was geschah mit Menschen, denen man alles genommen hatte? „Sie ist stark“, flüsterte Aryan ihm zu, als hätte er seine Gedanken gelesen. Inuyasha sah zu ihm auf. Die Mädchen waren alle am Fluss trinken, ein Stück weiter weg von ihnen. „Um ehrlich zu sein, hatte ich auch geglaubt, sie würde daran zerbrechen“, fuhr Aryan fort und ließ damit Inuyashas Eingeweide schrumpfen. „Sie ist stärker geworden, ich habe ihr gezeigt, wie ihr Schutz mächtiger wird. Sonst würde es ihr noch viel schlechter gehen. Aber der Tag ist noch jung..“ Unheilverkünden schwang sein Blick rüber zu den Mädchen. „Aani, ist alles okay?“, sorgten sich die Drillinge. Anjaani sah sie nicht an. „Ich seht doch, dass ich klar komme. Es tut nur weh, aber ich schaffe das.“ „Wie können wir dir helfen?“, wollte Yami wissen. „Ganz bestimmt nicht, indem du mit Aryan rumturtelst und ihr deine glückliche Beziehung unter die Nase reibst!“, giftete Yoko. „Das stimmt nicht“, beschwichtigte Anjaani schnell. „Aryan und dich so zu sehen, macht mich glücklich. Du bist diejenige, wegen der ich unglücklich bin.“ Sie sah Yoko direkt in die Augen. Sprachlos riss diese den Mund auf. Für einen Moment blieb ihr Herzschlag stehen. „Ich bin schuld, dass du leidest“, flüsterte Anjaani erstickt. Unendliches Leid sprach aus ihren Augen. „Ich bin schuld, dass du unglücklich bist und das macht mich fertig.“ Yami und Yuki sahen ihre Schwester ernst an, warnten sie stumm, jetzt nichts Falsches zu sagen. „Was hast du denn getan, Aanilein?“, fragte sie sanft. Eine Träne lief Anjaanis Wange hinab. „Ich habe die Goldene Regel gebrochen. Ich habe für einen Moment geglaubt, mit Zuma glücklich werden zu können. Ich habe nicht an dich gedacht.“ Yoko starrte sie an, wusste nicht, was sie sagen sollte. Anjaani redete vom gestrigen Abend, von der Geburtstagsfeier, als Zuma plötzlich so verändert war. „Was genau hast du getan?“, fragte Yuki leise. „Wir haben auf der Dachterrasse getanzt, nur getanzt und es war so schön. Ein romantischer Walzer, ganz ungefährlich und einfach nur unschuldig. Für einen Augenblick habe ich mir gewünscht, dass es immer so wäre. Ich fühlte mich wohl bei Zuma und wünschte mir, er wäre… er wäre…“ „Er wäre dein Saajan“, beendete Yoko den Satz. „Das hat mich furchtbar erschreckt“, gestand Anjaani. „Ich habe mich blenden lassen vom perfekten Augenblick. Als wir tanzen war alles schön, ich fühlte mich wohl bei ihm, ich war sicher und… und glücklich.“ „Und für diesen Moment wünschtest du ihn dir?“ Yoko sah sie voller Mitgefühl an. „Ich verstehe das. Niemand hätte das mehr verdient als du.“ „Das ist Blödsinn“, widersprach Anjaani plötzlich grob. „Zuma ist nicht so. Er war es an dem Abend, um dir den Geburtstag nicht zu verderben. Er war so, wie du ihn sonst beschreibst. Er war sanft und fürsorglich und freundlich. Zuma ist so anziehend, wenn er so ist. Er hat sich um mich gesorgt.“ „Und genau das hast du gebraucht, so verletzt wie du warst.“ „Ich habe mir gewünscht, mit ihm zusammen zu sein. Und ich fühle mich furchtbar deswegen. Wie kann ich nur daran denken, ihn dir wegnehmen zu wollen?“ „Er hat sich an dem Abend in dich verliebt“, flüsterte Yoko. „Jetzt verstehe ich warum.“ „Nein, das hat er nicht“, widersprach Anjaani entsetzt. „Wir waren draußen auf dem Balkon und er war einfühlsam. Seine Mutter hat die gleiche Allergie wie ich. Und-“ „Er hat über seine Mutter geredet?!“, unterbrach Yoko sie schrill. Jetzt zersprang ihre ruhige Fassade. „Er hat nur gesagt, dass sie immer gefroren hat.“ „Er redet nicht über seine Mutter! Er rastet aus, wenn man sie nur erwähnt. Unglaublich! Unglaublich!“ „Yoko, es tut mir so leid!“ Jetzt fielen die Tränen. „Diese Seite von ihm hat mich angezogen. Ich wollte ihn für mich. Und dann habe ich euch gesehen. Ich sah, wie er dir dein Herz brach, wegen mir. Ich spürte, wie dein Herz brach, spürte deine Schmerzen, wegen mir. Ich habe mich für einen Moment einer Illusion hingegeben und dir dein Glück genommen. Ich will ihn nicht, dieser Moment war einfach nur schön. Und trotzdem habe ich mir gewünscht, er wäre mein.“ Schluchzend vergrub sie das Gesicht in den Händen. „Ich habe mir dein Glück gewünscht. Ich bin das Schlimmste, was es gibt, ich verdiene dich nicht! Und ich habe so Angst, dich zu verlieren. Wenn ich euch nicht mehr habe, bin ich verloren.“ Sie spürte die Umarmung der Drillinge, hörte das leise Stocken ihrer Atmung. „Inuyasha geht. Die Sonne meiner Welt erlischt. Aber ihr seid meine Welt. Ohne euch hätte ich keine Welt. Ihr seid das Fundament meines Glücks und ich habe euch nicht verdient.“ „Aani, wir lieben dich, mehr als alles Leben“, weinte Yoko und sah ihr tief in die Augen. „Wir können nicht ohne dich, mera dil“, stimmte Yuki ihr zu. „Du bist der vierte Drilling“, schluchzte Yami. „Ein Teil unseres Herzens, ohne den wir nicht überleben können. Wir gehören zusammen bis zum Rest unseres Lebens. Kein Zuma, kein Inuyasha, niemand auf dieser Welt wird das ändern können.“ „Yoko, es tut mir leid, wegen-“ „Shht“, Yoko küsste ihr zärtlich die Tränen von der Wange. „Du hast nichts getan. Keinen Zuma der Welt würde ich gegen dich eintauschen. Du bist das Wertvollste für uns Aani. Das Wertvollste, was wir besitzen.“ „Was ist denn hier los?“, rief Inuyasha entgeistert, als er die vier Frauen sah, die sich verzweifelt weinend aneinander klammerten. Alle vier drehten ihm den Kopf zu, die Wangen nass, die Augen gerötet. „Etwas, was schon lange überfällig war“, sprach Aryan sanft und reichte jeder ein Taschentuch. Die drei Schwestern vergruben sich tröstend in seinen Armen. Yami war so durcheinander, dass sie ihren Schwestern Aryans Trost nicht vorenthielt. „Wie geht es dir, Aurora?“ „Befreiter“, gab Anjaani mit stockender Stimme zu. „Jetzt tut es weniger weh. Das hatte sehr auf mir gelastet und den Schmerz vergrößert.“ „Aani, du müsstest wissen, dass nichts unsere Liebe erschüttern kann“, warf ihr Yoko schon fast tadelnd vor. „Nicht nach allem, was wir durchgemacht haben.“ „Und jetzt werden wir dich aufmuntern“, lachte Yami. „Ihr zwei könnt ihn jetzt loslassen“, bemerkte sie, da Yoko und Yuki sich immer noch an Aryans Arme klammerten. Sie selber begann sich auszuziehen, was Inuyasha entsetzte. „Was treibst du da?“, schrie er. Doch unter der Kleidung trug sie ihren Bikini. „Wir baden“, rief sie vergnügt und zog Anjaani ins Wasser. Aus Inuyashas Rucksack holten die Drillinge eine tragbare Musikanlage hervor, die Anjaanis liebsten Lieder spielte. Ungezwungene, fröhliche, heiße Rhythmen, indische, sowie englische. Die Stimmung war ansteckend. Die Mädchen tobten und tanzten im Fluss und schon bald hatte diese Freude Anjaani erfasst. Inuyasha konnte nicht hinsehen. Anjaani war tanzend der Gipfel an Schönheit und Weiblichkeit und dann auch noch fast nackt, nur von diesen sündigen weißen Bikini bedeckt. Was war nur mit ihm los? War er so schwach? Kagome… er hatte Kagome. Aber warum kam er nicht von Anjaani los? Das war nicht fair, war er so ein mieser Kerl? „Du bist auch nur ein Mann“, sagte Aryan zu ihm. „Mach dich deswegen nicht so fertig.“ Inuyasha sah ihn an und merkte wie sehr er sich nach dem Verständnis gesehnt hatte, das er jetzt in Aryans Augen sah. „Es ist normal, dass du dich ihrem Anblick nicht entziehen kannst, es ist Auroras natürlicher Zauber.“ „Wieso kannst du ihr dann widerstehen?“, wollte Inuyasha leise wissen. Aryans Blick hatte Yami gegolten, nicht Anjaani. „Sie ist schön, ich erfreue mich auch gerne ihrer Schönheit“, gestand der Inder. „Und ich liebe sie. Aber ich begehre sie nicht. Unsere Gefühle sind wirklich rein und unschuldig. Könntest du deine Schwester begehren, egal, wie schön sie ist?“ Inuyasha schüttelte den Kopf. „Ich glaube, ich hätte nur den Drang sie zu schützen, wie einen wertvollen Schatz.“ Dann schwieg er kurz. „Genau wie du.“ „Du hast es erkannt. Aurora ist schöner als Yami, aber das hat keinen Einfluss auf die Tatsache, dass ich Yami liebe und sie das Kostbarste in meinem Leben ist. Meine Augen werden immer Yami treffen, egal, wer neben ihr steht. Und du solltest dir über deine Gefühle klar werden.“ „Ich weiß nicht, was ich will“, seufzte Inuyasha. „Wie soll ich ihr das sagen, ohne sie zu verlieren?“ Er wusste, Aryan verstand ihn. Er war der einzige, mit dem er darüber reden konnte. „Es wäre alles gut gewesen, wärst du nicht weggelaufen, damit hast du sie verletzt“, erklärte Aryan. „Du hättest klipp und klar sagen sollen, dass du dir ihre Freundschaft wünscht. Sie hätte es verstanden. Denn so hat sie das Gefühl, wertlos für dich zu sein.“ Inuyasha senkte den Kopf und dachte darüber nach. Wertlos sein… es gab nichts Schlimmeres für sie. „Du musst dir klar werden, dass du nicht mehr als ihr Freund sein wirst, wenn du diesen Weg wählst. Wirst du das schaffen?“ „Das muss ich, bis ich nicht weiß, wer Kagome ist.“ „Sie wird dir helfen, das herauszufinden. Aber sei bis dahin geduldig und vor allem freundlich zu ihr. Sie ist momentan sehr geschwächt. Tu nichts, für das sie nicht die Kraft hat.“ Inuyasha wollte ihn gerade fragen, was genau er damit meinte, als Yami zu ihnen rannte und den General ins Wasser ziehen wollte. Inuyasha entging der Ausdruck in Aryans Augen nicht, das unbeschreibliche Glück, das Yami in ihm auslöste. Es schmerzte tief in seiner Brust. Warum konnte er nicht glücklich sein? Aryan ließ sich von Yami zum Fluss zerren. Überall wäre er ihrem Lächeln gefolgt, bis hinein in die Hölle. „Ayan-nii, du wirst noch ganz nass“, kicherte Yuki. „Zieh dich aus!“ „Er hat Shorts an!“ Yamis Lachen wurde schlagartig zu einem wilden Fauchen. „Er wird nicht groß nass!“ „Eifersüchtiges Ding“, lachte Aryan und zog sie an sich. „Inuyasha ist angezogen. Er wird sie nicht von dir ablenken können“, verteidigte sie sich. „Ich bezweifle, dass Inuyasha als Mensch so muskulös ist wie als Dämon“, stichelte Yoko. „Doch, das ist er“, widersprach Anjaani reflexartig. Dann wurde ihr klar, dass sie ihn verteidigte und drehte die Musik lauter. Mit dieser Geste war das Thema beendet. Plötzlich ertönte ein fröhliches Lied mit wilden, heftigen Bhangra-Rhythmen. Aryan begann zu tanzen. Anjaani riss die Augen auf. „Aryan-nii, seit wann tanzt du Bhangra?“, begeisterte sie sich. Und wie gut er das konnte! „Ich bin Punjabi“, grinste er nur. „Das liegt uns im Blut. Komm her!“ Er riss sie an sich. Der Moment, als sie ihn ansah, dauerte nur einen Herzschlag, doch Anjaani war, als wäre die Zeit stehen geblieben. Sie sah tief in seine grünen Augen, krallte die Finger in seine Schultern, so hart, so muskulös. Er war stark, ihre Mauer, ihre Stütze. Er war nicht Inuyasha, er war ihr Bruder. Ihr großer Bruder, der sie immer beschützen würde. Er war ihre Familie. Und sie liebte ihn. Ein goldenes Glitzern erschien in seinen Augen- Aryans Augen, nicht Inuyashas- als seine Seele in ihre tauchte und ihre Gefühle entlockten ihm ein zartes Lächeln. Aryans Lächeln, nicht Inuyashas. „Ich bin immer für dich da, mein Kleines“, versprach er leise, bevor die Musik sie mitriss. Gemeinsam gaben sie sich den übersprudelnden Trommelklängen hin. Es war ein Tanz reinster Lebensfreude, ganz anders als die Leidenschaft zwischen ihr und Zuma. Der Anblick der beiden brachte die Drillinge zum schmunzeln. Diese getanzte Freude war schier ansteckend und Yami empfand keinerlei Eifersucht. Obwohl Aryan Anjaani berührte, in den Arm nahm, nah bei ihr war, nichts schien unschuldiger zu sein. Es waren beschützende Berührungen, keine begehrenden. Doch Yami begann, nur noch Aryan zu sehen und ihr ganzer Körper begann zu kribbeln. Der Bhangra, ein ursprünglich reiner Männertanz, schien Aryan tatsächlich angeboren zu sein. Es war so sexy und männlich. Wie sein Haar flog, seine Schultern bebten, die starken, muskelbepackten Arme, seine Anmut, die strotzende Energie in diesen kraftvollen Bewegungen… ein sündiger Gedanke erwachte fast explosionsartig in ihr. Aryans grüner Juwelenblick traf sie- er hatte diese Explosion gespürt- und ließ ihr Herz für einen Moment aussetzen. Sie spürte nur noch wie seine Finger um ihr Handgelenk sie fortrissen und plötzlich waren beide tief im Wald verschwunden. Wortlos presste er sie an einen Baumstamm und raubte ihr mit seinen verlangenden Lippen die Seele. Die fernen Musikklänge wurden durch das lodernde Begehren zwischen ihnen vollständig verbannt. Keuchend umschlang sie ihn fester, sog seine Leidenschaft, sein brennendes Feuer in sich auf. „Ich habe dir gesagt, du strapazierst meine Selbstbeherrschung“, knurrte er leise an ihren Lippen. „Womit?“, hauchte sie, riss ihm das Shirt über den Kopf, als seine Hände prickelnd über ihren schon nackten Oberkörper fuhren. „Du weißt, ihr spüre dein Verlangen. An einem Baum, das war dein Wunsch“, stöhnte er leise, als ihre kleine Zunge über sein Schlüsselbein glitt. „Gut, denn jetzt bist du mein!“ Gierig schlang sie die Beine um seine Hüfe. Mit einem erregten Laut biss er in ihren Hals. Yami schwanden die Sinne und sie verloren sich im Strudel der Lust. „Du meine Güte, das nenne ich einen Brautraub“ rief Yoko aus. „Ich will auch ins Dickicht verschleppt werden“, schmollte Yuki. „Sie müssen sich nur etwas abregen“, versicherte Anjaani. „So schön ist es nicht, in den Wald verschleppt zu werden.“ „Klar, wenn man so brutal ist wie Inuyasha.“ „Hey, das war ich nicht gewesen!“, schrie Inuyasha Yoko an. Wütend baute er sich vor ihr auf. Diese verschränkte herausfordernd die Arme vor der Brust. „Wer war es dann? War es nicht eine verborgene Seite von dir, du Monster?!“ „Ich bin kein Monster, das seid ihr! Ohne euch wäre mein Leben viel schöner!“ „Warum verschwindest du dann nicht!“, brüllte Yoko zurück. „Gute Idee. Ich weiß selber nicht, was mich hier hält.“ „Du willst gehen“, unterbrach Anjaani das Gestreite ruhig. „Du hast Recht, nichts hält dich. Es tut mir leid, dass ich dich so lange aufgehalten hatte.“ „S- so habe ich das nicht gemeint“, stammelte er dann. „Wie hast du es gemeint?“, fragte sie grob. „Wo soll ich denn hin?“, zischte er. „Wo der Pfeffer wächst, ist mir egal!“ „Warum regst du dich dann auf, wenn ich dir egal bin?“ Inuyasha wusste, er machte einen großen Fehler, aber er konnte sich nicht mehr stoppen. „Ich kann nicht weg, bis ich nicht weiß, wer sie ist! Und du bist die einzige, die es weiß!“ Anjaani zuckte wie nach einem Schlag zusammen, die Drillinge starrten ihn fassungslos an. „Deshalb bist du noch hier?“, flüsterte sie. „Weil ich in deine Seele hineinschauen soll.“ „Nein, ich… i-ich…“ Er biss sich auf die Zunge. Genau das wollte er, er hatte sich nur falsch ausgedrückt. „Es tut mir leid. So wollte ich das nicht sagen, ich-“ Ihre Hand legte sich fest auf seinen Mund, ihre Augen wurden golden. „Was ist hier los?“, meldete sich Aryans ernste Stimme. „Aurora, was machst du da?“ „Es endgültig beenden“, knurrte sie. Ihr Geist stieß schon fast gewaltsam in seine Seele, Aryans Proteste hörte sie gar nicht mehr. Dann war da plötzlich nur noch Dunkelheit und eine glühend heiße Lohe, die sie bei lebendigem Leib zu verbrennen schien. Anjaani erwachte ihm Auto, in Inuyashas Armen, um sich die besorgten Gesichter der Drillinge. „Lass mich los“, hauchte sie schwach. „Er ist der einzige, den dein Schutzschild in deiner Bewusstlosigkeit nicht abgewehrt hat“, erklärte ihr Yami. „Die Energieverbindung zwischen euch soll nicht reißen.“ „Ich habe Fieber, nicht wahr?“ Die Hitze war kaum zu ertragen. „Du bist zusammen gebrochen. Aber es wird alles gut“, versprach Yuki. „Wir haben dich nur überfordert.“ „Nein“, widersprach Aryan streng vom Fahrersitz aus. „Das wart nicht ihr. Aurora, was hattest du in seinem Geist zu suchen?“ „Ich war sauer“, meinte sie kleinlaut. „Er ist die Quelle deiner Schwäche und du lieferst dich ihm so aus.“ „Es tut mir leid, Aryan-nii.“ Sie suchte Inuyashas Blick und spürte seine Schuldgefühle. „Ich muss stärker werden. Wenn du gehen willst, bitte geh erst, wenn du mir geholfen hast stärker zu werden.“ Besorgnis machte der Überraschung in den dunkelbraunen Augen Platz. „Was auch immer du brauchst.“ „Zunächst mal brauche ich Abstand von dir“, seufzte sie. „Ich möchte nicht, dass du gehst. Aber deine Nähe tut mir viel zu weh. Sei da, sei mir nur nicht nah.“ Er nickte wieder, wandte dann den Blick ab. Er ließ sie aber nicht los, obwohl die Hitze ihres Körpers alles andere als angenehm war. Einige Minuten später waren sie zu Hause angekommen. Aryan musste sie in die Wohnung tragen, da ihre eigenen Beine sie nicht mehr trugen. Die Sonne begann gerade zu sinken, Anjaani betrachtete es vom Balkon aus. Wegen ihrer Kraftlosigkeit musste sie von den Drillingen gestützt werden. Aryan bereitete solange das Abendessen zu. „Du kannst nicht auf den Sonnenuntergang verzichten?“ Yoko reichte ihr Aryans speziellen Stärkungs-Tee. „Nicht, solange es ihn gibt“, bestätigte sie. „Niemand kann auf das, was er liebt, verzichten.“ „Du willst nicht, dass Inuyasha geht, nicht wahr?“, fragte Yami sie. „Obwohl er dir nur wehtun wird. Warum?“ „Weil mir nichts so sehr schmerzt, wie auf den Anblick seiner Augen verzichten zu müssen.“ „Hör zu, Aani“, versuchte Yoko zu lächeln. „Wegen Zuma. Mach dir keine Vorwürfe. Du hast nichts falsch gemacht. Du bist nicht schuld, dass er mich nicht liebt.“ Anjaani drehte sich schwankend zu ihr, blickte tief in Yokos Ockeraugen. „Vertraust du mir? Vertraust du meinem Gefühl?“ „Nichts ist so gewiss wie dein Gefühl.“ „Dann vertrau mir auch jetzt. Du bist die richtige für Zuma, die einzige, die zu ihm passt. Das fühle ich, das sage ich nicht nur so. Euer Zeitpunkt ist nur noch nicht gekommen. Aber er wird kommen. Es wird schwer, aber wenn du nicht aufgibst, wird er dir gehören. Er braucht nur Zeit, das zu erkennen. Er muss nur erkennen, wie wertvoll du für ihn bist, mehr nicht.“ „Wenn du es sagst“, seufzte Yoko. „Aber bleib morgen hier, geh nicht zur Arbeit. Und ich sage das nur, weil ich mich um deine Gesundheit sorge.“ „Ich kann morgen unterrichten.“ „Nein, kannst du nicht“, widersprach Inuyasha entschieden. Er betrat mit verschränkten Armen den Balkon, sie sah ihn nicht an. „Warum hast du das zu bestimmen?“ „Weil ich mich trotz allem um dich sorge. Ich weiß, ich habe Mist gebaut, aber das heißt nicht, dass du mir egal bist.“ „Schön zu wissen, deine Meinung interessiert mich trotzdem nicht.“ „Du kannst in deinem Zustand nicht tanzen. Du spinnst wohl!“ „Das ist immer noch meine Entscheidung!“ Wutentbrannt stellten sie sich einander gegenüber. „Ich werde nicht mitansehen, wie du dir schadest! Zur Not binde ich dich fest!“ „Versuchs doch!“ „Das werde ich.“ „Hör zu, Mister!“, schrie sie los. „Das ist mein freier Wille, den… den du…“ Sie kippte nach vorn, direkt in Inuyashas Arme. Vor ihren Augen drehte sich alles. „Ja, eine gute Entscheidung“, zischte Inuyasha sarkastisch. „Lass mich los“, nuschelte sie schwach. „Fass mich nicht an.“ Inuyasha ignorierte sie, wollte sie ins Wohnzimmer tragen. „Ich sagte, fass mich nicht an“, kreischte sie und begann sich zu wehren. Aryan nahm sie sofort in seine Arme und setzte sich mit ihr aufs Sofa. „Aurora, Inuyasha hat Recht. Du kannst in deinem Zustand nicht Tanzunterricht geben. Du musst dich erholen.“ „Da hast du´s“, bemerkte Inuyasha. „Aber ich muss…“ „Aani, bleib daheim, bitte“, flehten die Drillinge. „Wir haben keine Ruhe, bis du uns nicht versprichst, dich zu schonen.“ „Also gut ich schone mich“, versprach sie. „Was glaubst du, hat Aani gelogen?“, fragte Yuki Yuichi am Telefon, als sie nach Hause gekommen war und ihn gleich darauf angerufen hatte. „Das kann ich nicht sagen, ich war nicht dabei.“ Yuichi seufzte. „Ich wünschte ich wäre dabei gewesen. Bis auf den Ausgang war dein Tag richtig schön.“ „Ja, sich schwitzend und stöhnend einen Berg raufzuschleppen.“ „Genau das hätte ich gerne gesehen. Dich, stöhnend, in engen, verschwitzten Klamotten.“ Yuki lachte. „Das nächste Mal kommst du mit und dann will ich sehen, wie lustig du noch drauf bist.“ „Wenn ich den Tag mit dir verbringen darf, nehme ich alles in Kauf.“ „Du bist süß“, hauchte sie und spürte, wie ihre Wangen warm wurden. „Ich weiß. Habe ich nicht eine Belohnung verdient? Wie wär´s, wenn ich mich heute Nacht in dein Zimmer schleiche…“ „Ich sagte, lass mir Zeit“, warnte sie ihn. Plötzlich gab es einen Knacks und ein wildes Tuten… Yuichi hatte aufgelegt. Fassungslos starrte Yuki ihr Handy an. Er hatte aufgelegt? Er hatte tatsächlich aufgelegt! „Komm nicht einmal auf den Gedanken“, grummelte ihre Schwester Yoko warnend von ihrem Bett aus, in dem sie es sich gemütlich gemacht hatte. „Ich habe keine Lust, mich jetzt schon mit deinen Beziehungsproblemen herumzuärgern. Ich habe momentan keinen Nerv für deine Liebelei. Komm alleine damit klar.“ „Warum hat er aufgelegt?!“ „Hast du mir zugehört?“ „Aber-“ Knurrend warf ihr Yoko ein Kissen ins Gesicht. „Ruf Aani an! Und lass mich schlafen!“ Yuki griff sofort wieder zum Handy und wählte Anjaanis Nummer. Zum Glück hatte diese stets ein offenes Ohr und war immerzu für sie erreichbar. Anjaani hörte aufmerksam zu, während Yuki sich auf Yokos Bett setzte. Der mittlere Drilling, der gerade am einschlafen gewesen war, setzte sich ruckartig auf. „Du störst aber nicht Yoko-Neko, oder?“, hörte sie Anjaanis schwache Stimme. „Und wie sie das tut“, empörte sich Yoko. „Gebiete ihr endlich Einhalt, Aanilein. Und du geh runter von meinem Bett!“ Sie trat ihrer Schwester ins Kreuz und Yuki stand fluchend auf. „Lass sie bitte in Ruhe“, bat Anjaani. Ihrer Stimme war das Fieber deutlich anzuhören. „Ihr geht es nicht gut, schone sie ein bisschen. Sie will nur Ruhe, das weißt du.“ „Ja“, seufzte Yuki. „Aber ich bin so aufgeregt wegen Yuichi!“ „Dafür hast du ja mich, Häschen.“ „Glaubst du, Yuichi war sauer auf mich? Man legt doch nicht einfach so auf!“ „Frag ihn ganz einfach. Ruf ihn nochmal an.“ „Ihn nochmal anrufen? Aani-Schatz, du bist die beste! Gute Nacht und gute Besserung, ich liebe dich!“ „Ihn einfach anrufen, was für eine Idee! Wer war nochmal die schlaueste von uns drei?“, tönte es unter Yokos Bettdecke hervor. „Ach ja, du nicht!“ Yuki ignorierte sie und wählte nochmals Yuichis Nummer. Doch er ging nicht ran. War er wirklich sauer? Doch darüber nachzudenken, blieb ihr keine Zeit. Ein kleiner Schlag gegen das Fenster ließ sie zusammenfahren. Was war das denn gewesen?! Da war es wieder, als wäre etwas dagegen geflogen. „Wer auch immer Steine gegen das Fenster wirft“, fauchte Yoko. „Regel das, oder ich bringe euch beide um!“ Neugierig trat der blaue Drilling auf den Balkon heraus und schloss die Glastür, um Yoko nicht noch mehr zu reizen. Sie beugte sich über die Brüstung und wäre fast drüber gefallen. Yuichi stand unter ihrem Balkon im Licht der Straßenlaterne und grinste zu ihr hoch. Ihr Herzschlag beschleunigte sich fast schmerzhaft. Sie war zu verblüfft, um etwas sagen zu können. Alles hätte sie erwartet, nur das nicht! Sprachlos beobachtete sie, wie Yuichi das Holzgerüst an der Wand erklomm und sekundengeschwind vor ihr stand. „Hallo!“, grüßte er sie mit einem süßen Grinsen. Reflexartig warf sie sich ihm um den Hals, drückte sich fest an ihn. Sein Duft, sein Körper, so hart, so geborgen, so warm. So schön! So schön! „Wie bist du hergekommen?“, hauchte sie überrascht. „Mit dem Auto.“ Sehnsüchtig barg er sie in seinen Armen. „Nein, ich meine, was machst du hier?“ Sie sah ihn an, ihr Gesicht strahlte wie die Sonne und dieser wunderschöne Anblick ließ seinen Atem stocken. Er ließ seinen Blick über ihren halbnackten Körper gleiten und lächelte noch zufriedener. Sie hatte nur ein hauchdünnes Nachtkleidchen aus Seide an. „Wow!“, hauchte er überwältigt, seine blauen Augen blitzten vor Begierde auf Yuki blickte an sich herunter und errötete schelmisch. Keck sah sie ihn an. „Komm ja nicht auf dumme Gedanken.“ Yuichi schob unschuldig die Unterlippe vor. „Wessen Augen könnten sich schließen vor so viel Schönheit?“ Yuki musste lachen. „Du und deine billigen Drehbuchtexte. Ich habe nicht erwartet dich zu sehen.“ „Du hast gesagt, ich solle dir Zeit lassen. Das heißt aber nicht, dass ich dich nicht sehen darf. Und was ich sehe, gefällt mir.“ Yuki lief bei seiner erotischen Stimme ein heißer Schauer den Rücken hinab. „Rede nicht so. Ich steh total auf Flüstern.“ „Ich bin schlimm? Du stehst fast nackt vor mir. Und ich soll da die Finger bei mir lassen?!“ „Bist du deshalb gekommen? Um mich rumzukriegen?“ „Eigentlich nicht“, gestand er. „Ich habe dich einfach nur vermisst.“ Er schmiegte sich wohlig seufzend an sie. „Außerdem will ich mich vergewissern, dass du wegen mir genauso schlaflos sein wirst, wie ich wegen dir.“ „Das werde ich“, lächelte sie glücklich. „Was glaubst du, wie ich dich heute vermisst habe? Länger hätte ich es kaum ausgehalten.“ Sie spürte sein Grinsen an ihrer Wange. „Vermiss mich ruhig. Vielleicht hebst du dann das Sex-Embargo auf!“ „Sex-Embargo?“ Yuki musste lachen. „Du übertreibst ein bisschen.“ „Nein, so lange habe ich nie aushalten müssen“, jammerte er. „Das wirst du, wenn du mich liebst.“ „Aber ich muss nicht auf alles verzichten“, raunte er und raubte ihr einen Kuss, der ihre Knie weich wie Butter werden ließ. Leise stöhnend klammerte sie sich an ihn. „Yuki“, warnte er heiser. Seine Augen waren dunkel geworden wie zwei tiefe, reine Saphire. „Wenn du nicht willst, dass ich dir hier und jetzt diesen dünnen Fetzen vom Leib reiße…“ Sie schwankte und er bemerkte es. „Lass mich los, sonst reiße ich dir deine Klamotten vom Leib.“ „Oh, ich bin sehr risikofreudig.“ „Yuichi, bitte“, sie rang mit der Fassung. „Wenn du bleibst, garantiere ich für nichts.“ „Schon löst sich das Embargo auf“, flüsterte er, streifte dabei ihre bebenden Lippen. „Aber dein Wunsch ist mir wichtig. Deshalb muss ich jetzt gehen. Nur noch ein bisschen länger bei dir und ich…“ „Wann sehen wir uns wieder“, fragte sie voller Sehnsucht. „Ich bin in deinem Herzen.“ Als Antwort legte sie ihre Lippen auf seine, brennend, verlangend, wild. Fest umschlangen sie einander, als würden sie jeden Moment voneinander fortgerissen werden. Yuichis Hände fuhren unter ihr Kleid, die zarte Haut ihrer Taille entlang. Doch bevor das Feuer sie komplett verschlingen würde, löste sie sich von ihm. Er sah sie an, ihre geröteten Wangen, ihre glänzenden Augen und ihre bebenden Lippen… Ohne Vorwarnung riss er sie von den Beinen, hob sie auf seine Arme. Sie unterdrückte einen erschrockenen Schrei. „Was machst du da?“ „Dich entführen!“ „Yuichi!“ Sie zappelte wild. „Das war ein Scherz“, lachte er und setzte sie wieder ab. Doch so ganz glaubte sie ihm nicht. „Gute Nacht, mein Häschen.“ Er stahl ihr einen letzten zärtlichen Kuss und kletterte wieder auf die Straße herunter. „Warte!“, bat sie, als er in der Dunkelheit verschwinden wollte. „Danke, dass du gekommen bist. Ich bin überglücklich!“ Seine Augen glitzerten. „Ich auch .Und ich lasse dir deine Zeit. Weil ich dich liebe und weil mein Herz dir gehört, es beugt sich deinem Willen. Du hast gewonnen.“ „Was glaubst du, hat Aani gelogen?“, fragte Yami Aryan, als sie es sich in seinem Bett gemütlich machte. „Ich bin mir nicht sicher“, gestand Aryan und legte sich zu ihr, drückte sie an seine warme, weiche Haut. Yami presste sich Trost suchend an ihn. „Ich habe Angst, was das Ganze für ein Ende nimmt.“ „Es wird alles gut. Du hast einfach nur ein schlechtes Gewissen, weil du unsere Zweisamkeit genießen möchtest, statt dich um Aurora zu sorgen.“ „Ja, ist das nicht furchtbar?“ „Nein. Du darfst ruhig an dich denken, für Aurora kannst du nichts mehr tun.“ „Also ist es nicht schlimm, wenn ich fortsetze, weswegen du mich in den Wald entführt hast?“ Sie drückte die Lippen an seinen Hals und seine Halsschlagader pochte schneller. „Nach dem, was ich heute alles über dich erfahren habe, würde es mich wundern, wenn du die Finger von mir lassen würdest.“ Yami lachte. „Hat es dich so verschreckt?“ Er setzte sich auf und schüttelte den Kopf. „Nein. Mir hat die Tatsache nur nicht gefallen, dass Raj es auf dich abgesehen hatte. Wenn man bedenkt, was er Aurora angetan hat.“ „Aani ist so schön, dass die Männer bei ihr durchdrehen.“ Sie streckte die Arme nach ihm aus. „Das Problem habe ich nicht.“ „Du bist schön genug, dass ich bei dir durchdrehe“, knurrte er leise, packte ihre Hüfte und setzte sie auf seinen Schoß. Ihr Nachthemd rutschte hoch. Plötzlich fühlte es sich wie eine Last an, als sie die Arme um seinen Nacken schlang und sich von dem grünen Glanz seiner Augen verzaubern ließ. „Wozu dieses Nachthemd?“ Seine Stimme wurde rauer. „Warum hast du überhaupt etwas an?“ „Damit du es mir ausziehen kannst“, flüsterte sie mit einer Stimme, die ihm heiß unter die Haut fuhr. „Neben Aurora vergisst du oft, wie stark du tatsächlich auf Männer wirkst. Vor allem, wenn du den Mund öffnest.“ Er strich mit dem Daumen über ihre Lippen die in Erwartung eines Kusses sehnsüchtig bebten. „Erinnerst du dich an den Schlangendämon, der Aurora entführt hatte?“ „Das lag nicht an meiner Stimme. Erinnerst du dich vielleicht, dass meine Kleidung vom Regen ganz durchsichtig gewesen war?“ „Das war nicht zu übersehen gewesen.“ Bei der Erinnerung glomm etwas Goldenes in seinen Augen auf. „Aber eine winzige Kleinigkeit hast du bei dem Ganzen übersehen, Herr General. Ich bin immer die abweisende von uns Drei gewesen. Erinnerst du dich an gestern Nacht, ich war jungfräulich. Für dich.“ Ihre Hände drückten ihn aufs Bett, fuhren besitzergreifend über seinen nackten Oberkörper. „Das muss mir tatsächlich entgangen sein“, seufzte er leise zu ihr hoch, ihre Zärtlichkeiten genießend. „Du hast doch nicht etwa Angst um mich?“ erstaunt richtete sie sich auf, doch er verlangte ihre Nähe. Aryan packte ihren Nacken und zog sie wieder dicht zu sich runter. Sein Verlangen war deutlich spürbar erwacht. Yamis Augen verschleierten sich, als seine Hände unter ihr Nachthemd glitten. „Das ist lächerlich, dass du mich verlieren könntest“, raunte sie erregt. „Ich habe nur dich gewollt.“ „Hier bin ich. Ich gehöre dir. Du hast gewonnen.“ „Hast du gelogen?“, fragte Inuyasha, als Anjaani das Telefonat mit Yuki beendet hatte. „Dich zu schonen heißt nicht, dass du hier bleibst.“ Sie drehte sich zu ihm um, sah ihm direkt in die Augen. Er schreckte leicht zurück. „Kagome oder ich?“ Sie Frage überrumpelte ihn. „Was?“ „Du hast mich gehört.“ Sie sah ihn erwartungsvoll an. Das sollte jetzt endlich geklärt werden. „Ich weiß es nicht“, gestand er. „Warum musst du das wissen?“ „Sag mir einfach deutlich, was du willst. Bist du mir diese Antwort nicht schuldig?“ Doch, das war er. Aber so sehr er sich damit gequält hatte, er wusste die Antwort nicht. Grummelnd wandte er den Kopf ab. „Ich weiß es nicht. Weil ich nicht weiß, wer sie ist. Aber ich möchte dich nicht verlieren. Verstehst du das?“ Anjaani wandte sich ab und ließ ihn stehen. Also war sie die zweite Wahl. Wieder drehte sich alles, wieder schwankte die Welt. Noch im Fall, bevor Inuyasha sie auffing, bevor das Feuer des Fiebers sie wieder verschlang, beantwortete sie diese eine Frage: Kagome oder sie? Egal, was er gesagt hatte. Sie wusste die Wahrheit. Kagomes Stimme flüsterte: „Du hast verloren.“ Kapitel 20: Unkontrollierte Gefühle ----------------------------------- „Warum bist du wach?“, beschwerte sich Inuyasha, als Anjaani am nächsten Morgen ins Badezimmer taumelte. „Oh, tut mir leid“, gähnte sie. „Störe ich deine Ruhe?“ „Du bist krank, du solltest liegen bleiben!“ „Tu nicht so, als ob es dich kümmern würde.“ Inuyasha entwich ein Knurren. Er hatte Mühe, den Blick von ihr abzuwenden. Immer das gleiche mit diesem verdammten, unschuldig-verführerischen Nachthemd! „Warum sollte es mich nicht kümmern?“ Anjaani lehnte sich gegen den Türrahmen, lächelte ihn erschöpft an und ließ mit dieser Geste seine ohnehin schon überreizten Nerven vibrieren. Unbewusst weckte sie den Jagdinstinkt des Tieres in ihm. Sie war die Beute, die ihn reizte. Er räusperte sich, wiederholte seine Frage: „Warum sollte es mich nicht kümmern?“ „Du willst, dass ich bald wieder bei Kräften bin, um in deinem Geist nach ihr suchen zu können. Sag, wenn ich lüge.“ Ihre Augen bohrten sich fest in seine, hielten ihn gefangen. Was er auch sagen würde, sie würde es ihm nicht glauben. „Glaub, was du willst“, knurrte er. Das tat sie, vom Gegenteil würde er sie nicht mehr überzeugen können. Sie kannte seine Gefühle, er konnte sie nicht mehr verstecken. Was sollte er nur tun? Seine Hilflosigkeit machte ihn aggressiv und das war eindeutig falsch. „Du gehst tanzen?“, bemerkte er mit einem Blick auf ihr Kleid, als sie frisch aus der Dusche trat. „Was kümmert es dich“, murmelte sie leise, doch er hörte sie. „Mach was du willst. Ich halte dich nicht auf.“ Das Türschloss knackte und Aryan trat ein. „Aber ich tue es.“ Sein Blick war vorwurfsvoll auf Inuyasha gerichtet. „Das sollte deine Aufgabe sein.“ „Es ist niemandes Aufgabe“, korrigierte Anjaani, als sie sich ihre Schürze umband und anfing, das Frühstück zu richten. „Kommt Yami denn nicht? Oder war sie nicht bei dir? Wie fühlt es sich an, Aryan-nii, eure gemeinsame Wohnung?“ Es war unübersichtlich, diese Veränderung in Aryans Augen, wenn er an seine Freundin dachte. „Sie kommt gleich nach. Natürlich war sie bei mir, sie gehört zu mir.“ Seine Worte wärmten ihr Herz und weckten eine winzige Spur Neid. „Das ist so schön. Es ist schöner, nicht mehr alleine zu wohnen, nicht wahr? Du bist richtig glücklich.“ Aryan lächelte verschmitzt und nahm ihr das Küchenmesser aus der Hand. „Das bin ich. Aber damit willst du mich ablenken? Du solltest mich besser kennen, Kleines.“ „Aryan Suraj! Warum verschwindest du eigentlich so schnell?“, beschwerte sich Yami von der Tür aus. „Morgen, Aani-Schätzchen.“ „Aurora will zur Arbeit“, erklärte Aryan, während er nun das Frühstück richtete. „Und Inuyasha wird sie nicht aufhalten.“ „Spinnst du?“ Man wusste nicht, ob die Rüge Anjaani oder Inuyasha galt. „Du hast versprochen, dich zu schonen. Und du bist ein Arsch, Inuyasha!“ „Was hat er denn angestellt?“ Mit Yoko und Yuki war die Gruppe komplett. „Aani will arbeiten und Inuyasha ist das egal.“ „Ja, du bist ein Arsch“, bestätigten die Mädchen. Dann warfen sie Anjaani vor, dass sie versprochen hatte, sich zu schonen. „Ich schone mich auch“, beteuerte sie arglos. „Du gehst trotzdem n-“ „Was ist aus deinem Telefonat mit Yuichi geworden?“ Yuki brach mitten im Satz ab und ihre Augen erstrahlten. Ganz im Gegensatz zu Aryan, war diese leicht abzulenken. „Oh, du glaubst nicht, was er gemacht hat!“ „Er hat dich besucht?“ Lächelnd sah Anjaani sie über die Schulter an, während sie versuchte an Aryan vorbei zum Waschbecken zu kommen. Doch er hob sie federleicht an der Taille hoch und setzte sie an den Esstisch. „Woher weißt du das?“ „Ich hatte es im Gefühl. Yuichi muss wissen, wie er das andere Geschlecht schwach macht. Da ist er dir ebenbürtig.“ „Oh, es war so romantisch!“, schwärmte Yuki. „Wie bei Romeo und Julia.“ „Mir wird schlecht“, kommentierte Yoko angesäuert und erntete erstaunte Blicke. Normalerweise liebte gerade sie solche schnulzigen Geschichten und Yuki verabscheute das zutiefst. Doch statt sich dafür zu begeistern, keifte sie Aryan und Yami an, die turtelnd Pfannkuchen buken. „Und ihr Zwei seid nicht besser! Für 10 Minuten könnt ihr diese widerliche Turtelei lassen!“ „Kontrollier endlich deine Eifersucht“, warf ihr Yami vor. „Du nervst mich.“ „Aryan-nii, was siehst du nur in ihr?“, seufzte sie genervt. „Mehr als Zuma in dir sieht“, lächelte Yami bitterböse. „Dann wäre Aryan vielleicht der richtige für mich.“ Yoko stellte sich ihrer Schwester gegenüber. Yamis Auge nahmen einen gefährlichen Ausdruck an. Inuyasha sah nervös in die Runde. Das sah nicht gut aus, wieso unternahm keiner etwas? Niemand beachtete den roten und grünen Drilling. „Gut, ich will ihn haben. Aryan, bald bist du mein.“ „Was?“ Yami griff automatisch zur Bratpfanne, die ihr Aryan sofort wieder abnahm. „Bist du lebensmüde?“ „Nur verzweifelt.“ „Du passt nicht zu ihm!“ „Besser als du.“ „Wie kommst du drauf?“, fragte Anjaani und legte Yami beschwichtigend die Hand auf die Schulter. Endlich schritt jemand ein. „Weil ich das Sonnenkind bin und Aryan ist die Sonne.“ „Hä?!“ Inuyasha war verwirrt. „Mein Name bedeutet Sonnenkind“, erklärte ihm Yoko. „Und Aryans Nachname bedeutet „Sonne“. Passt das nicht?“ Suraj bedeutete Sonne? Er dachte immer, Saajan wäre die Sonne. „Dann wärst du demnach seine Tochter“, kombinierte der Hanyou. „Ja und völlig unpassend“, schloss Yami eingeschnappt und warf dann Inuyasha ein dankbares Lächeln zu. „Musst du sagen! Yami bedeutet Dunkelheit. Sonne und Dunkelheit, gibt es etwas unpassenderes?“ Yami begann zu knurren. Langsam war ihre Geduld erschöpft. „Das bedeutet nur, dass wir wie Yin und Yang sind, dass wir uns vervollständigen“, beruhigte sie Aryan. „Ich finde es passt perfekt.“ „Aanilein wäre perfekt.“ „Hör bitte auf damit“, bat Anjaani den roten Drilling, der nun richtig in Fahrt kam. „Es reicht jetzt, Yoko-Neko.“ „Aurora die Morgenröte“, fuhr Yoko ungerührt fort. „Die Morgenröte und die Sonne. Besser passt es nicht. Siehst du, die beiden sind aus allen möglichen Blickwinkeln das perfekte Paar…“ „Weswegen wir auch Geschwister sind“, ergänzte Aryan. „Du passt gar nicht zu ihm, was habt ihr schon gemeinsam?“, sagte Yoko hart und traf damit Yamis wunden Punkt. „Du weißt das ganz genau. Er ist ein schöner Traum. Was passiert, wenn du aufwachst?“ Inuyasha hatte den Atem angehalten, rechnete jederzeit mit einem Wutausbruch Yamis, doch diese schloss traurig die Augen. Sie wandte sich ab und verließ die Küche. Aryan folgte ihr sofort. „Bist du jetzt fertig?“, wollte Anjaani wissen. „Sonst ist sie doch auch nicht so empfindlich.“ „Du hast ihre größte Angst offenbart. Aber Aryan kriegt das hin. Jetzt werdet ihr hören, wie man mit einer Frau reden muss.“ Obwohl diese Aussage nicht an ihn gerichtet war, wusste Inuyasha, dass der lautlose Vorwurf ihm galt. Jeder vernahm deutlich Aryans und Yamis Gespräch. Yoko beobachtete sie heimlich. „Ich will zu dir passen, Aryan“, seufzte Yami entmutigt. „In jeder Hinsicht. Dunkelheit. Meinst du wirklich, wir passen so gut zusammen? Sonne und Dunkelheit?“ Sie sah ihn verunsichert an. „Was haben wir groß gemeinsam? Ich bin zu klein, ich bin zu unsportlich, ich drehe wegen jeder Spinne durch, ich bin eine schlechte Köchin, ich bin ungeduldig, unpünktlich, trotzig… ach, ich könnte ewig weitermachen. Denn all das bist du nicht. Ganz im Ernst, was siehst du in mir?“ Aryan wusste, dass dies ein Stachel war, der tief in ihrem Herzen feststeckte. Und jedes Mal, wenn sie ihn und Anjaani zusammen sah, das perfekte Paar, bohrte sich der Stachel noch tiefer. Er nahm ihr Gesicht in seine großen Hände und sah sie an, seine Augen glitzerten liebevoll. Yoko musste den Kopf abwenden, so hatte Zuma sie noch nie angesehen. „Liebe hält sich weder an Gesetzmäßigkeiten noch an Bedingungen.“ Dann nahm er ihre Hand, legte sie an seine Brust, wo sein Herz kräftig pochte und zog sie mit der anderen Hand dicht an sich. So spürte sie ihrer beider Herzschlag. Sie schlugen exakt im selben Takt. „Allein das Herz entscheidet, wem es gehört“, flüsterte er mit einer Samtstimme, die den anwesenden Frauen kribbelnd unter die Hand drang. „Spürst du das? Unsere Herzen schlagen im selben Takt. Für jedes Herz auf dieser Welt gibt es nur eines, das im Gleichklang mit ihm schlägt. Für jedes Herz nur eines. Ein einziges.“ Anjaani senkte den Blick. Welches Herz schlug mit ihrem im Gleichklang? War es Inuyashas? Sie sah ihn an und er sie. Sie wusste, er stellte sich dieselbe Frage. Oder war es Zumas? Schlugen ihre Herzen im Gleichtakt, wenn ihre Seelen im Tanz verschmolzen? „Zumas Herz schlägt einen anderen Takt als meines“, murmelte sie, bemerkte nicht, dass sie es hörbar aussprach. Yoko war sofort wieder aufmerksam. „Zumas Herz schlägt in einem anderen Takt.“ Davon war sie überzeugt. „Bist du dir sicher?“ Yoko war skeptisch. „Ja, was uns verbindet ist der Gleichtakt unserer Körper. Unsere Seelen verschmelzen, aber unsere Herzen nicht.“ Yoko sah sie an, ein erleichtertes Lächeln spielte um ihre Lippen. „Vielleicht habe ich doch noch Hoffnung.“ „Hoffnung hat man immer“, sagten Aryan und Anjaani gleichzeitig. „Ich glaube, Yuichi und ich sind im Gleichtakt“, warf Yuki zögernd ein. „Wirklich?“, interessierte sich Yoko. „Hast du es gespürt? Als er den Balkon erklommen hat, um dich zu rauben? War es so?“ „Oh, es war schöner, als es klingt!“ Begeistert berichtete sie von gestern Abend, überglücklich, es endlich erzählen zu dürfen. „Yuichi würde gut zu uns passen“, bemerkte Anjaani dann. „Nicht wahr!“, strahlte Yuki. „Ich sollte ihn mal einladen.“ „Nicht noch einer“, grummelte Inuyasha. „Hast du ein Problem damit?“, funkelten ihn Anjaani und Yuki an. „Nein“, sagte er kalt. „Mach was du willst, es ist deine Wohnung.“ Anjaani blieb der Bissen fast im Hals stecken. Nie hatte er es ihre alleinige Wohnung genannt. Er hatte immer „unsere Wohnung“ gesagt. „Es ist ja nicht so, als würde ich dich zwingen hier zu bleiben.“ Seine Augen blitzen hell auf. „Das ist mir bewusst“, sagte er düster. „Danke für deine Gastfreundschaft.“ Die Drillinge sahen Aryan alarmiert an, doch er schüttelte nur ruhig den Kopf. „Ich muss zur Arbeit“, meldete sich Anjaani dann und stand wankend auf. „Nein!“, verbot Inuyasha sofort. „Du bist krank.“ „Ich will hier raus.“ „Das ist mir egal. Du gehst trotzdem nicht!“ „Wollen wir wetten?“ Das war ein Fehler, denn sie weckte seinen Jagdinstinkt. Sie bemerkte es, als er ihre Schultern umfasste und sie zurück auf den Stuhl drückte. Seine Augen verdunkelten sich. „Wehre dich“, raunte er mit einer Stimme, die Anjaanis Augen schlagartig golden werden ließ. Er beugte sich bedrohlich über sie, sein Atem strich über ihre Stirn. Die Luft zwischen ihnen begann zu knistern. Sehnsucht brach über beide ein wie eine Gewitterwolke. Inuyasha wollte nur eines, sie an sich drücken und sich von ihren Lippen verbrennen lassen. Sie erkannte das dunkle Verlangen in seinen Augen und wollte ihn wegstoßen. Doch der Jäger in ihm reagierte instinktiv und riss die Beute an sich, damit sie nicht entkommen konnte. „Lass los“, hauchte sie atemlos. Er war zu nah, viel zu nah. Sein sinnesraubender Geruch, die vertraute Wärme seines stählernen Körpers und diese Augen… „Gegen mich kommst du nicht an. Wehr dich und ich binde dich fest.“ Er war ihr überlegen, das sah sie in seinem zufriedenen Grinsen und sofort verschwand ihre Lust. „Lass mich auf der Stelle los“, brüllte sie so laut, dass Inuyasha sich winselnd die Ohren zuhalten musste. Sie flüchtete hinter Aryans schützenden Rücken, weg von Inuyashas erotischer Anziehungskraft. „Hast du den Verstand verloren? Was schreist du so?!“ Zutiefst niedergeschlagen wandten sich die Drillinge von den nun laut Streitenden ab. „Das musste ja kommen“, seufzte Yuki. Atemlos hatten sie die Szenerie beobachtet. Etwas so erotisches hatten sie selten gesehen. Die Energie zwischen den beiden strotzte vor glühender Sinnlichkeit und heißem Verlangen. Und plötzlich herrschte die Eiseskälte der Wut, als sie sich gegenseitig anschrien. „Seit wann bist du so unvernünftig, Anjaani?“ „Ich muss das Geld verdienen, dass du mir aus den Hosentaschen frisst!“ „Ein Tag bringt dich nicht um. Du bleibst hier!“ „Wer sagt das?!“ „Ich, verdammt! Und du wirst nicht gehen!“ „Du hast mir nichts zu verbieten“, fauchte sie ihn an. „Aber ich“, sprach Aryan und unterbrach das hitzige Wortgefecht. Alle sahen ihn überrascht an. „Ich verbiete es dir. Als dein großer Bruder trage ich Verantwortung für dich, Aurora. Du bleibst zu Hause.“ Sprachlos sahen ihn die Drillinge an, Anjaani schmollte. „Du bist gemein, Aryan-nii.“ „Und du bist leichtsinnig. Ich würde dich ja lassen, wenn ich nicht so ein schlechtes Gefühl dabei hätte. Bitte, mein Kleines. Nur mir zuliebe.“ „Was, wenn ich trotzdem gehe?“ Aryan beugte sich zu ihr hinunter, seine Augen glitzerten herausfordernd. Er sagte nichts, doch alle wussten die Antwort. Keiner wollte erfahren, wie es ist, sich Aryan zu widersetzen. Anjaani seufzte geschlagen. „Na gut.“ „Auf ihn hörst du, aber mich schreist du an!“ Inuyasha war fassungslos. Zorn blitzte wieder in ihren Augen auf. „Er zwingt mich nicht, er spielt seine körperliche Dominanz nicht gegen mich aus und er droht mir nicht mit Gewalt! Statt mich zu unterwerfen, bittet er einfach. Höflichkeit, kennt du das?“ Zu Aryan gewandt sagte sie. „Bitte, Aryan-nii. Ich muss hier raus.“ Doch Aryan blieb hart. „Tu mir den Gefallen, Kleines. Oder willst du wirklich, dass dich Inuyasha fesselt?“ „Das wäre mir nur recht“, knurrte der Hundedämon. „Glaube ich dir“, warf sie ihm vor. „Du bist es ja gewohnt, mir weh zu tun.“ Inuyasha stand ruckartig auf, seine Augen waren dunkel. Ein Hauch von Schmerz… dann wandte er, sich ab und verließ die Wohnung. „Seit wann geht er durch die Tür?“ Die Drillinge sahen Anjaani fassungslos an, die beschämt den Blick abwandte. Es sah ihr nicht ähnlich, jemanden absichtlich zu kränken. „Sieh es mal positiv“, versuchte Yoko zu trösten. „Gefesselt werden kann etwas sehr Aufregendes sein.“ „Kann ich mir nicht vorstellen. Das ist furchtbar.“ „Du irrst dich“, widersprach Yami. „Ein kleines bisschen Willenlosigkeit, ein Hauch von Unterlegenheit. Einmal völlig ausgeliefert. Glaub mir, das macht jede Frau an.“ „Woher weißt du denn das?“, wunderte sich Aryan. „Wie kommen wir eigentlich jedes Mal auf eure perversen Geschichten“, lenkte Anjaani ab und vergrub das Gesicht in den Händen. „Warum muss es mit Inuyasha jedes Mal so enden? Warum kann ich mich nicht beherrschen? Seit wann bin ich so schwach?“ „Weil er stark für dich war“, antwortete Aryan sofort. „Du hast wohl immer die richtige Antwort parat, was?“ Schmunzelnd fuhr er fort: „Er war deine Stütze, bei ihm konntest du loslassen, ohne dass deine Mauer einreißt. Du hast dich dran gewöhnt, dass du nicht alleine stark sein musst.“ „Ich habe mich zu sehr dran gewöhnt. Ich muss an meiner Selbstbeherrschung arbeiten.“ „Heißt das jetzt, du bleibst daheim?“ Die Drillinge gaben nicht nach. „Ja, das heißt es, ihr habt gewonnen.“ Nun konnten die Drillinge leichten Gewissens ihren Pflichten nachgehen. Doch im Flur hielt Aryan seine Freundin zurück. Ihre Schwestern machten sich schmunzelnd aus dem Staub. Sie konnten die Eifersucht eines Mannes kilometerweit riechen. „Ganz im ernst“, flüsterte Aryan. „Woher weißt du das?“ Sie schüttelte sich, sein Geflüster fuhr ihr durch die Haut und selig versank sie in seinen Augen. „Woher weiß ich was?“ „Du weißt, wovon ich rede.“ Ungeduldig drängte er sich an sie. „Mir gefällt der Gedanke nicht, dass jemand so etwas mit dir tut.“ Seine vollen Lippen küssten sanft ihr Ohrläppchen und Yami wurde schwindelig vor Lust. „Wie soll ich so antworten können?“, stöhnte sie leise. Er sah sie an und sie spürte einen winzigen Hauch Eifersucht, was sie triumphieren ließ. „Ich habe es nie erlebt“, gestand sie errötend. „Aber so oft davon geträumt, dass…“ Dann wandte sie sich ab. „Aryan, ich muss zur Arbeit. Ich-“ „Schäm dich nicht, sag es mir.“ „Ich habe oft davon geträumt, dass ich mich gegen dich wehre und dir unterliege. Dass du mich zwingst.“ „Das ist Gewalt gegen dich. Ich würde niemals deinen Willen unterdrücken.“ „Nein, du verstehst nicht. Von einem mächtigen, überlegenen Mann wie dir, dominiert zu werden, jedenfalls bis zu einer bestimmten Grenze, träumt jede Frau. Nicht gegen dich ankommen zu können, sich zu wehren, obwohl man längst besiegt ist… ausgeliefert, deinem Willen unterlegen. Völlig hilflos…“ Ihre sündige Stimme weckte wildes Verlangen in ihm, seine Augen begannen zu lodern und ließen ihr Herz stillstehen. „Aryan, ni-“ Seine Lippen eroberten ihre, erstickten den Protest. Sie versuchte sich zu wehren, doch ihre Knie gaben nach. Er ergriff ihre Hände, presste sie gegen die Wand. Sein heißer Körper, der ihren gefangen hielt und sie verlor vor Lust fast den Verstand. „Du hast recht, das hat was“, raunte er an ihrem rasenden Puls. „Wehr dich ruhig weiter.“ „Rede nicht so, du machst mich verrückt“, keuchte sie. „Du hast angefangen, Prinzessin.“ „Warte, nicht hier“, stieß sie erschrocken hervor, als seine Hände unter ihr Kleid fuhren, besitzergreifend, schon fast grob. „Hindere mich daran.“ Ihr versagte die Stimme. „Ist es so, wie du es dir vorstellst“, wisperte er heiser, mühsam beherrscht, sie nicht hier und jetzt zu überwältigen. Yami, völlig von Sinnen, konnte nur nicken. „Schau mich nicht so an, sonst zerre ich dich in die Wohnung.“ Nichts wäre ihr momentan lieber. „Du raubst mir völlig den Verstand, kleine Nachtigall.“ Er küsste sie sehnsuchtsvoll. „Dafür kannst du dich aber ganz schön beherrschen.“ Er lachte. „Ich hätte es nicht mehr lange, aber du hast in 10 Minuten eine wichtige Konferenz. Sonst wäre es mir völlig egal, wenn du zu spät kommst.“ „Oh, nein!“, japste sie, wieder völlig nüchtern. „Keine Sorge, Süße. Ich bringe dich rechtzeitig hin.“ „Wegen der Konferenz habe ich keine Mittagspause. Kannst du nach Aani schauen? Ich weiß, sie wird daheim bleiben.“ Da waren sich alle sicher, Aryan würde sie sich nicht widersetzen. Anjaani hatte es auch nicht vorgehabt, eigentlich. Bis Zuma nicht vor ihrer Türe stand. Sie war völlig überrumpelt. „Wie geht es dir, Aurora“, grüßte er kühl wie immer. „Du siehst wirklich krank aus.“ „Es geht. Was machst du hier?“ „Mich davon überzeugen, dass du wirklich arbeitsunfähig bist. Es ist mir egal, was Yoko sagt. Du siehst fit genug aus. Ein bisschen heiß bist du dennoch.“ Er legte seine kühle Hand auf ihre brennende Stirn. Sie zuckte zusammen. „Komm jetzt.“ Wortlos folgte sie ihm zu seinem Wagen und ließ sich zur Tanzschule fahren. Sie wollte keinen Gedanken an Inuyasha oder Aryan verschwenden. Sie brauchte Ablenkung und zwar dringend. Doch, dass sie Aryan hinterging, machte ihr dennoch zu schaffen. Sie erzählte Zuma von ihrer Misere. Er besaß genug gesunden Menschenverstand, dem hohen General nicht zuwider zu handeln. „Sie werden in der Mittagspause nach dir sehen. Dann bringe ich dich eben kurz nach Hause. Mit diesem Kerl möchte ich mich nicht anlegen.“ Sie mied es, ihn anzusehen, oder etwas darauf zu antworten, zu verblüfft war sie von seinem Verständnis. Hatte Yoko etwa recht damit, dass Zuma sich in sie verliebt hatte? Ihn zu fragen, war der dümmste Gedanke, den sie je gehabt hatte. Sie schrieb es ihrem heißen Kopf zu, der kaum klar denken konnte. Doch ihr Einfühlungsvermögen war nicht angeschlagen und so gleichgültig Zuma sich auch gab, irgendetwas erfreute ihn ungemein. Darauf sprach sie ihn an, als sie sein Büro betraten. „Du bist eine Goldgrube, Püppchen. Das erfreut mich so.“ Er sah sie mit einem Grinsen an, das sie noch nie bei ihm gesehen hatte. Es ließ ihn menschlicher wirken und um einiges anziehender. „Du wirst immer berühmter“, sprach er weiter. „Unser Tanz vom Straßenfest ist weltweit bekannt und hat alle Rekorde gebrochen. Noch nie wurde ein Video so oft angesehen oder heruntergeladen wie dieses. Fotos von dir werden für astronomische Summen verkauft. Dank dir werde ich steinreich.“ „Wie wirst du dadurch reich?“ „Oh, habe ich dir das nicht gesagt?“, tat er unwissend. „Seit einigen Tagen besitze ich die vollen Rechte an dir. Nichts von dir, kein Foto, gar nichts, darf ohne meine Erlaubnis gemacht, geschweige denn veröffentlicht werden. Es war eine Investition, die sich schon nach einigen Stunden ausgezahlt hat.“ „Wo ist denn meine Einwilligung?“ Er reichte ihr die Unterlagen. „Du hast sie schon seit einiger Zeit unterschrieben. Du hättest es dir durchlesen müssen.“ Ein dicker Kloß bildete sich in ihrem Hals, den sie nur mühevoll hinunterschlucken konnte. „Also bin ich jetzt dein Eigentum? Wie viel bin ich denn wert“, knurrte sie bitter. Zuma entging der ironische Tonfall nicht, doch da er wusste, wie wütend ihre Augen in diesem Moment blitzen, mied er es sie anzusehen. Es wäre nicht klug in diesem Moment die Beherrschung zu verlieren. Ihr zu widerstehen kostete ihm sowieso schon alle seine Nerven. Aber dieser unwiderstehliche, wütende Ausdruck wäre sein sicherer Untergang. „Du bist unbezahlbar, Kleine. Du und ich, wir werden reich. 50%, die ich durch deine Schönheit verdiene, gehen an dich. Jetzt kannst du mir nicht vorwerfen, dass ich unfair bin.“ Silbern blitzend richteten sich seine Augen auf ihre. Unwillkürlich lief ihr ein heißer Schauer über den Rücken. „Du bist mein“, sagte er leise und lächelte. „Das weißt du ganz genau.“ Sie sah ihn an, musste nichts sagen. Die Kränkung, dass sie eine Ware für ihn war, stand ihr deutlich in den Augen. Es stach in Zumas Herz, doch er versuchte es zu ignorieren. Warum machte es ihm etwas aus, sie zu kränken? „Dennoch bist du meine Partnerin“, beteuerte er und überraschte sie damit. „Alles tun wir gemeinsam.“ Er führte sie in einen kleineren Nebenraum, den sie als ihr eigenes Büro anerkannte. Es war in sonnigen, hellen Farben gehalten, und genau nach ihrem Geschmack eingerichtet. Yoko hatte bestimmt ihre Finger im Spiel gehabt. Zuma unterbrach sie in ihrem Staunen: „Wir arbeiten zusammen. Möchtest du deine Garderobe sehen?“ „Meine Garderobe?“ „Was glaubst du, habe ich mit dem Geld gemacht?“ Er führte sie zu einem weiteren angrenzenden Raum, der voll war mit allerlei bunten Kostümen, Kleidern und sonstigen benötigten Utensilien. Anjaani bestaunte fassungslos ein leuchtend blaues Bauchtanzkostüm. Das war hochwertigstes Material! „Echtes Gold, fast so schön wie deine Augen“, murmelte Zuma dicht hinter ihr, als sie die Perlenverzierung bewunderte. Sein heißer Atem glitt über ihren Nacken. Anjaani unterdrückte ein Zittern, doch die Gänsehaut konnte sie nicht verhindern. „Für dich das Beste, Püppchen.“ Er legte die kühlen Finger an ihre Schultern, strich sanft ihren zarten Hals hinauf und hinab. Anjaani achtete darauf, zu atmen, es fiel ihr schwer. „Wir investieren in Aurora Luna. Bald beginnen die Bauarbeiten für deinen eigenen Tanzraum, mit Bühne.“ Sie drehte sich zu ihm um, ihre Locken streiften duftend sein Gesicht. Pure Freude glitzerte golden in ihren dunkelbraunen Augen und ließ sein Herz rasen. Kein noch so reines Gold kam an den Glanz ihrer Augen heran. Unwillkürlich wich er einen Schritt von ihr und musste sich räuspern. „Jeden Freitag werden wir zusammen auf der Bühne tanzen, ein Tanz, den die Leute, die dafür Eintritt zahlen, per Internetvoting auswählen. Unser Improvisationstalent wird gefragt sein. Was hältst du davon?“ Sie nickte nur begeistert. „A-aber wozu brauche ich einen eigenen Raum? Der, den ich jetzt habe, ist doch gut.“ „Er ist zu klein“, erklärte Zuma. „Wir brauchen Platz für Zuschauer.“ „Zuschauer?“ „Du kannst dir nicht vorstellen, wie viel die Leute zahlen würden, nur um dich zu sehen, das werden wir uns zu Nutze machen. Morgen beginnen schon die Bauarbeiten.“ Anjaanis Kopf brummte, als sie zu ihrem ersten Kurs ging. Das war zu viel Information auf einmal. Ihr eigenes Büro, so viele neue Kostüm, so viel neuer Schmuck! Anjaanis Magen zog sich plötzlich zusammen. Was würde Yoko dazu sagen, wenn sie erfuhr, dass Zuma ihr so viele teure Sachen geschenkt hatte? Dass sie eifersüchtig reagieren würde, wäre ziemlich milde ausgedrückt. Zuma wusste das. Doch warum störte es ihn? Yoko war nicht mehr als eine Unterhaltung. Zugegeben, sie war die einzige, die sein Bett auch zum Schlafen teilen durfte, aber mehr war da nicht. Warum zum Teufel hatte er dann ein schlechtes Gewissen, Aurora so viel gekauft zu haben?! Sie müsste das eigentlich ahnen, immerhin hatte sie ihm bei der Gestaltung von Auroras Büro geholfen. Stirnrunzelnd betrachtete er die kleine Schmuckschatulle in seiner Hand. Warum hatte er sein Gewissen beruhigen müssen und ihr diese Kette kaufen müssen? Sie würde sich alles Mögliche darauf einbilden. Es beunruhigte ihn, dass er überhaupt ein Gewissen hatte. Und noch mehr beunruhigte ihn, dass er ganz genau wusste, was Yoko gefiel. Kannte er sie so gut? Wirklich! Er blinzelte verwirrt. Er kannte sie in und auswendig und sie ihn. Wie kam das denn? Dabei empfand er nichts anderes für sie als Lust. Aber warum musste er sich ihr gegenüber dann rechtfertigen? Mit einem Mal fuhr ein eisiger Wind durch das Büro. Zuma stand auf, um das Fenster zu schließen, als ihm schwarze Funken vor den Augen zu tanzen begannen und eine drückende Kälte von seinem Körper besitz ergriff. Ein kalter Schauer überkam Anjaani, gleichzeitig stand ihr Kopf in Flammen. Sie fluchte innerlich und rief sich zur Ordnung auf. Dieses Fieber würde sie nicht in die Knie zwingen! Das würde sie nicht zulassen. Die Trauer hatte nicht solch eine intensive Macht über sie. „Ruh dich bitte aus“, bat die innere Stimme in ihrem Herzen. „Du schadest dir nur.“ „Wer bist du, mir Vorschriften zu machen?“, knurrte Anjaani innerlich. „Dein Schutzengel bin ich, das weißt du.“ „Vergiss es, ich höre nicht mehr auf dich!“ „Weswegen das?“ „Es kommt immer nur schlechtes dabei raus! Du hast mir auch gesagt, dass…“ „Was? Das du Inuyasha lieben sollst? Das habe ich dir nie gesagt. Ich habe dir nur gesagt, er sei der Richtige für dich. Dass du ihn liebst, hast du ganz allein entschieden. Liebe muss schmerzen, um echt zu sein. Wenn er dir nicht wehtun kann, liebst du ihn auch nicht. Wenn er die Schmerzen nicht wert ist, ist das keine Liebe.“ „Verschone mich damit!“ Voller Wut blendete sie die Stimme in ihrem Herzen aus. Liebe sollte nicht schmerzen, Liebe sollte glücklich machen. Und sie sollte doch ein wenig Tanzunterricht geben können. Doch je mehr Zeit verging, desto anstrengender wurde es. Bis sie nicht mehr konnte. Sie musste es mit ansehen, verhindern konnte sie es nicht. Ihre Beine wurden zu Wachs und sie wusste, dass sie in einen unentrinnbaren Abgrund sank. Sie konnte nicht mehr! Die Wände schlossen sie ein, der Boden kam ihr entgegen und Dunkelheit verschlang sie. Ein Tanzschüler sprang vor und fing sie instinktiv auf. Sie war ohnmächtig. Er blickte ihren zarten, kreidebleichen Mund an, sah die dichten schwarzen Wimpern, die sich fächerartig auf ihrer blassen Haut ausbreiteten, fühlte ihren weichen Körper, der wie leblos in seinen Armen hing, und ihre Schönheit blendete ihn. Unfähig einen klaren Gedanken zu fassen, blickte er in ihr Gesicht… dieses makellose Gesicht, schöner als ein Engel… „Worauf wartest du, Idiot?!“, schrie ihn seine Tanzpartnerin an. „Bring sie schnell zu Zuma-Sensei!“ Aus dem Schock erwacht, nickte er, hob das schlaffe Mädchen auf seine Arme, doch in dem Moment betrat Zuma den Raum. Ein Blick seiner kühlen Augen genügte, wortlos nahm er ihm die junge Frau aus den Armen. Er beruhigte die aufgelösten Schüler, dass es nur ein Schwächeanfall sei und wies sie an, nach Hause zu gehen. Seiner Sekretärin erteilte er die Aufgabe, Anjaanis restliche Termine zu streichen. Dabei waren seine eiskalten Augen unverwandt auf die bewusstlose, unschuldige Schönheit gerichtet. Ein böses Lächeln verzerrte seinen Mund. Gier und Triumph lagen in seinem dämonischen Blick. Lange betrachtete er ihr liebliches Gesicht und genoss den Moment ihrer Schwäche. „Jetzt habe ich dich.“ Warm lag das wehrlose Mädchen in Zumas Armen. Als wäre sie tot, lag sie in seinem Armen. Allein daran, dass er die Hitze des Fiebers spürte, erkannte er, dass sie noch am Leben war. Zumas Beine trugen ihn von selbst aus der Tanzschule, weg von dem Ort, der Anjaani Sicherheit bot. Nun war sie sein, ihm schutzlos ausgeliefert. Sie war so schön, dass er keinen Moment den Blick von ihr nehmen konnte. Ihre warmen Augen waren geschlossen, ihre weichen Lippen leicht geöffnet und ihr Haar fiel in schimmernden Fluten um seine Beine. Sie war so unglaublich schön! Wer konnte ihr bloß widerstehen? Er konnte es nicht, sonst würde er sie nicht entführen. Er wollte sie so sehr. Jetzt, wo sie sich nicht wehren konnte, sollte er den Augenblick nutzen und die Süße ihrer Lippen kosten. Einen Kuss… den sollte er ihr rauben, bevor sie erwachte. Den Kuss, den sie ihm immer verweigert hatte. „Lass sie los!“ Eine mächtige Aura traf ihn heftig und völlig unerwartet, brachte ihn ins Taumeln. Überrascht drehte er sich um. Der indische General stand hinter ihm, erhaben, mächtig, unerbittlich. Seine Aura strahlte eine enorme Stärke aus, die Zuma verblüffte. Noch mehr verblüffte es ihn, wie Aryan es geschafft hatte, sich unbemerkt an ihn heranzuschleichen. „General Suraj. Wie kann ich Ihnen helfen?“, versuchte er gelassen zu wirken. Seine kalten Augen bohrten sich mit aller Macht in Aryans grüne. Wider Erwarten hielt Aryan ihm stand. Sein Blick unnachgiebig, seine Stimme ruhig. Doch die Gefahr, die von ihm ausging, lag greifbar in der Luft. Es war die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm. „Was hast du mit ihr vor?“ Gelassen stand der Inder vor ihm, doch sein Blick war hart. Er hasste es, seine wehrlose, kleine Schwester in den Armen eines Dämons zu sehen. „Ich habe nichts mit ihr vor“, entgegnete Zuma mit kühler Stimme. „Was macht sie dann bewusstlos in deinen Armen?“ Seine Stimme war ruhig, unheimlich ruhig. „Sie ist ohnmächtig geworden und ich wollte sie ins Krankenhaus bringen.“ Aryans Augen schleuderten Blitze. „Glaubst du, es ist so leicht, mich zu hintergehen, Dämon? Du bekommst sie nicht, also verlasse Zumas Körper.“ Die Gefahr, die von Aryan ausging, wurde größer. „Reg dich ab“, knurrte der besessene Zuma. Er wurde langsam wütend. Dieser Idiot zerstörte ihm alles! Am besten, er töte ihn hier und jetzt. „Ich wollte sie an die frische Luft bringen! Da würde sie schneller gesund werden.“ Noch ehe er mit der Wimper zucken konnte, spürte er einen Ruck und Anjaani lag plötzlich in Aryans Armen. Wie zum Teufel hatte der Kerl es geschafft, sie ihm so schnell zu entreißen?! Aryan drückte sie zärtlich und sicher an sich. Eine liebevolle Wärme erfüllte seine Augen, doch die verschwand, als er sich wieder Zuma zuwandte. „Du kannst von Glück reden, dass ich ein guter Mensch bin. Aber das könnte sich ändern.“ Seine Augen waren furchteinflößend. „Ich warne dich, fasse sie nicht noch mal an. Verlasse diesen Körper, damit dich ein Dämonenjäger beseitigen kann, sonst tue ich es. Und das würde dir nicht gefallen.“ Aryan wandte ihm den Rücken zu. Zumas Augen glühten blutrot auf. Dieser Mensch wagte es ihm zu drohen! Er musste sterben! „Wenn du sie mir nimmst, hole ich mir deine kleine Freundin!“, schrie er herausfordernd. Aryan blieb ruckartig stehen, seine Schultern spannten sich an. „Yami, ich kenne sie. Oft schon habe ich sie heimlich beobachtet. Sie ist wunderschön... und diese Stimme!“ Aryan legte Anjaani behutsam auf der Bank ab. „Wir würde es dir gefallen, wenn ich sie mir nehme?“, höhnte der Dämon. „Yamis zierlicher Körper, ihre brennenden Augen... und ihre süße Stimme, die sich vor Schmerzen verzerrt. Ihre süßen, qualvollen Schreie, wenn ich sie mir nehme…“ Ein wildes Grollen drang aus Aryans Kehle und er wirbelte herum, mit rasendem Zorn in den mordlustigen Augen. Und unter seinem Zorn verdunkelte sich der Himmel. „Du wagst es, Yami zu bedrohen? Das war ein schlimmer Fehler“, flüsterte er. „Ein wirklich schlimmer Fehler.“ Ein langer, quälender Schrei riss Anjaani aus ihrer Bewusstlosigkeit. Nur sehr langsam kam sie wieder zu sich. Es dauerte lange, bis sie vollkommen bei Bewusstsein war. Wärme, Geborgenheit und starke Arme... fast so schön wie bei… „Oh nein“, flüsterte sie, als sie erkannte wo sie sich befand. „Oh doch“, meinte Aryan. „Du hast mir einiges zu erklären, Kleines.“ Vorsichtig öffnete sie ein Auge und linste ihn an. „Ich kann nichts dafür.“ Ungläubig zog er eine Augenbraue hoch. „Warum warst du bei der Arbeit?“ In seiner warmen Stimme schwang eine ungewöhnlich harte Spur von Tadel mit. „Ja, wo bin ich?“ „Draußen im Hof. Zuma ist in seinem Büro“, antwortete er auf ihren fragenden Gesichtsausdruck hin. „Ihm ist selber leicht unwohl.“ „Geht es ihm gut?“ „Er war besessen“, gestand Aryan. „Aber es ist vorbei, ein Dämonenjäger kümmert sich um ihn.“ „Aryan-nii, du bist zornig!“ Anjaani traute ihren Sinnen nicht. Aryan, die personifizierte Ruhe, wütend? „Durchschaust du mich?“ Seine Augen schienen alles zu wissen. „Ich sehe nur das, was du zeigen willst“, sagte sie wahrheitsgetreu. „Ich zeige es nicht, ich kann es anscheinend nur nicht verbergen.“ „Warst du so wütend?“ Der Gedanke war erschreckend. Der starke, mächtige, doch so sanfte Aryan... „Bitte, Aryan, es tut mir leid, ich-“ „Ich bin nicht auf dich sauer. Ich habe mich reizen lassen und die Beherrschung verloren“, schämte er sich. „Dieser verfluchte Dämon hat gedroht, Hand an Yami zu legen. Allein der Gedanke hat mich wahnsinnig gemacht. Wenn es um Yami geht, brennen bei mir alle Sicherungen durch.“ „Du hast die größte Selbstbeherrschung, die ich kenne, Aryan-nii. Yami schafft, was niemand schaffen würde.“ „Und ich habe es nicht geschafft, dich von der Tanzschule fern zu halten“, seufzte er. „Ich sollte dich nach Hause bringen, bevor Inuyasha spitz kriegt, dass du bei der Arbeit warst.“ „Inuyasha? Was hat er damit zu tun?“ „Er wird sehr wütend werden.“ „Unsinn, es interessiert ihn nicht, was mit mir passiert, solange ich da bin und ihm den Magen fülle“, meinte sie achselzuckend und versuchte, sich von Aryan zu lösen. „So denkst du von mir?“ Sie schreckte bei dieser Stimme auf. Inuyasha stand auf dem Dach, der Wind wehte ihm die langen weißen Haare ins Gesicht. Mit einem eleganten Sprung landete er vor ihr. Seine Bernsteinaugen stachen regelrecht in ihre. Eingeschüchtert klammerte sie sich an Aryan fest, von dem sie sich eben noch hatte befreien wollen. „Lass sie los“, sprach Inuyasha, ohne die Augen von Anjaani abzuwenden. „Sie ist zu schwach“, widersprach Aryan fest. Das herausfordernde Knurren schwang in seiner Stimme mit. Unsicherheit breitete sich auf Inuyashas Gesicht aus. Was war mit Aryan los? Er wirkte so unheimlich. „Ich bringe sie nach Hause. Du hast zu tun.“ „Moment!“, mischte sich Anjaani ein. „Wer fragt mich?“ Leicht schwankend befreite sie sich von Aryan. „Ich kann alleine gehen.“ „Du bist krank“, entgegneten beide Männer. „Ich muss sehen, wie es Zuma geht. Du musst arbeiten, Nii-san“, belehrte sie Aryan. „Und du... ich will dich nicht bei mir haben.“ Inuyasha zuckte nicht einmal mit der Wimper. Was sollte er denn darauf antworten? „Hör zu, Saajan. Lass mir Zeit. Noch tut es zu sehr weh. Es mag dir egal sein, aber ich brauche Zeit.“ „Die kannst du haben“, entgegnete er kühl. „Ich muss auf eine Mission.“ Anjaani wandte den Blick ab. „Ich weiß. Kommst du danach wieder?“ „Soll ich das?“ Sie sah ihn an und lächelte liebevoll. „Es ist dein Zuhause. Ich habe dir Proviant eingepackt. Es liegt auf dem Kühlschrank.“ Dann wandte sie sich um und ging ins Gebäude. „Ich habe sie nicht verdient.“ Inuyasha seufzte schwer. Aryan schaute ihn an und schüttelte verneinend den Kopf. Yami schreckte urplötzlich von ihrer Arbeit auf. „Aryan!“, rief sie. Und tatsächlich. Wenige Atemzüge später trat Aryan in ihr Büro, in voller Kampfausrüstung. Er wirkte so sexy in der schwarzen DSE-Uniform. Ihr Gesicht erstrahlte wie ein Sonnenaufgang, jedes Mal, wenn sie ihn sah. „Anklopfen hältst du wohl nicht für nötig“, beschwerte sie sich, konnte ihre Freude aber überhaupt nicht verbergen. Er schlang die Arme um ihren zarten Körper und sie spürte, wie ein unruhiges Zittern tief in seiner Seele verklang. Er atmete hörbar erleichtert aus. Ihr ging es gut… Entspannte Ruhe erfüllte ihn plötzlich. „Du hast mich gespürt, Prinzessin“, flüsterte er in ihr Haar. „Was ist passiert?“, dachte sie beunruhigt, suchte Antwort in seinen undurchdringlichen Augen. Doch kaum sah sie in diesen grünen Zauber, drohten ihr die Sinne zu schwinden. „Wie war die Konferenz?“ „Ein voller Erfolg. Ich darf nächste Woche mit auf eine Geschäftsreise. Jetzt lenke nicht ab, was ist los?“ „Ein Dämon hat Aurora entführen wollen und ich habe es verhindert.“ „Oh Gott! Wie geht es ihr?“ „Er hat ihr nichts getan. Aber ich... ich war sauer...“ „Er hat Aani angefasst, da wäre ich auch sauer.“ „Du verstehst nicht“, lächelte er zärtlich, umschlang sie fester. „Ich war nicht deswegen sauer. Er hat gedroht, dir wehzutun... und ich bin völlig ausgerastet.“ Er legte ihre Hand an sein Herz und offenbarte ihr kurz das Gefühl, das er empfunden hatte. Sie zuckte zusammen. Es war unvorstellbar, das Aryan so empfinden konnte. „Moment.“ Yami versuchte ihre Gedanken zu ordnen. „Du warst ruhig, als der Dämon Aani angefasst hat? Aber du bist ausgerastet, als er nur davon sprach, mir wehzutun?“ Er nickte ernst. „Und das andere... du bist ausgerastet? Du meinst, du warst wirklich sauer?“ Fassungslos schaute sie ihn an. „Du meinst, du hast so richtig die Beherrschung verloren? Getobt und gewütet? Wegen mir?“ „Dich scheint das zu freuen“, bemerkte er. „Siehst du, was du mit mir machst?“ „Ich wusste gar nicht, dass du wütend sein kannst; das würde ich gerne mal erleben. Das ist bestimmt richtig unheimlich.“ „Du hast mehr gesehen, als irgendjemand auf der Welt. Du bist mein Herz, Yami, ich beschütze dich vor allem.“ „Du bist so süß!“ Stürmisch küsste sie ihn. „Kein Mann wird mir zu nahe kommen“, versprach sie. „Und wenn“, flüsterte er düster. „Dann hat er ein echtes Problem.“ „Du bist so sexy, wenn du gefährlich bist!“ „Ach ja?“ Seine funkelnden Augen nahmen einen wilden Ausdruck an, der ihr den Atem raubte. „Ich werde dir zeigen, wie gefährlich ich bin!“ „Aryan, bitte!“ Mit lustvoll glühenden Augen wich sie vor ihm zurück. „Ich habe jetzt Feierabend. Mein Chef kommt jeden Moment in mein Büro.“ „Den jage ich zum Teufel!“ Yami riss die Augen auf. Das war doch nicht Aryan! Er klang eher wie Inuyasha. „Was? Du kennst ihn doch gar nicht… Oder?“ „Natürlich kenne ich ihn und ich weiß, dass er eine Schwäche für dich hat. Noch einer!“ „Das weiß ich, aber er ist harmlos.“ „Nein, ist er nicht. Er hat gewisse Pläne mit dir. Aus welchem Grund will er dich sonst auf eine Geschäftsreise nach Indien mitnehmen?“ „Damit ich ihm dolme- woher weißt du das?“ „Der Mistkerl wollte ein einziges Zimmer für euch beide buchen. Er kann von Glück reden, dass ich das verhindert habe.“ „Mistkerl? Aryan! Der Dämon muss dich wirklich aus der Fassung gebracht haben.“ Yami schüttelte der Kopf und Aryan seufzte: „Das hat er. Aber vor dir muss ich fühle ich mich frei genug, meine wahren Gefühle auch zu zeigen.“ „Entspann dich. Ich geh zum Chef, ich glaube, dir sollte er jetzt lieber nicht begegnen. Warte bitte auf mich.“ Yami atmete zitternd aus. Aryan so zu sehen… er hatte sich immer im Griff, konnte seine Gefühle verdecken, zeigte nie Schwäche. Aber seine Hilflosigkeit war etwas völlig Neues und es machte sie verdammt scharf! Der allmächtige Aryan hatte eine einzige Schwäche und das war sie. Yami hatte das Gefühl, vor Glück zu explodieren. Dies blieb niemandem verborgen. „Fujishima-san, ich mache jetzt Feierabend“, zwitscherte sie, als sie das Büro ihres jungen Chefs betrat. Er musterte sie eingehend. „Ich wollte gerade zu dir.“ „Ach, ich dachte mir, ich spare Ihnen den Weg. Bis morgen dann.“ „Yami-chan, warte.“ Er stand sofort hinter ihr und hielt die Tür fest. „Ich habe dir noch nicht zu deiner gelungenen Präsentation gratuliert. Das müssen wir feiern. Wir stoßen an auf Indien.“ Er legte die Hände an ihre Schultern. „Ein anderes Mal“, versuchte sie ihn abzuwehren. „Du strahlst so überglücklich. Was steckt dahinter?“ „Ein Mann“, lächelte sie ihn über die Schulter an. „Aha. Noch ein Verehrer. Ich habe dir mehr zu bieten, Mäuschen.“ Seine Hände fuhren hinab zu ihren Handgelenken und umklammerten diese schmerzhaft fest, drehten sie zu sich herum. Yami seufzte genervt. „Nennen Sie mich nicht so. Und so langsam sollten Sie es aufgegeben haben. Ich vermische berufliches nicht mit privatem.“ „Ich bin heute guter Dinge, alle haben schon Feierabend, inklusive deiner Schwestern. Wir sind also völlig allein.“ Er beugte sich nah an ihr sensibles Ohr. „Heute bist du mein. Und entkommen wirst du mir nicht!“ Und der Griff seiner Hände wurde noch fester, ließ sie nicht frei. Sie unterdrückte einen Schmerzensschrei. Jetzt tat es richtig weh. „Da haben Sie sich einen schlechten Tag ausgesucht“, grinste sie fies. „Mein Freund ist hier und er ist nicht gerade bester Laune.“ „Dein Freund? “ Fujishima schlang verächtlich lachend die Arme um ihren Oberkörper und drückte sie an sich. „Dann muss ich mich aber beeilen.“ Yami wand sich, doch sie konnte sich nicht befreien. „Aufhören! Sonst haben Sie wirklich ein Problem.“ Diese Situation war alles andere als erotisch. „Aryan!“ „Wer ist dein Freund, dass ich mich so vor ihm fürchten muss? Wen bringst du noch alles um den Verstand, kleines Miststück?“ Er packte ihr Gesicht, wollte die Lippen auf ihre senken. Und Angst ließ ihr Herz rasen. Doch plötzlich keuchte Fujishima entsetzt auf, er wurde leichenblass und ließ sie sofort los. Aryan stand in der Tür und sah ihn einfach nur an. Sein Gesicht war völlig ruhig, doch in seinen Augen loderte die Gefahr. „Das ist mein Freund“, lächelte Yami und rieb sich die schmerzenden Handgelenke. „Vorstellen brauche ich ihn wohl nicht.“ „Aryan Suraj“, stellte Aryan sich unnötigerweise vor. In seinen Augen las man deutlich die Warnung. Fujishima starrte den General einfach nur voller Furcht an. „Wir wünschen einen schönen Abend.“ Aryan legte den Arm um Yamis Schulter und führte sie hinaus. Auf seinem Motorrad fuhren sie in seine Wohnung. Aryan blieb die ganze Zeit über stumm, während ihm Yami von dem Projekt in Indien erzähle, obwohl ihr bewusst war, dass er jedes Detail wissen musste. Doch sie spürte, wie aufgewühlt er war, was ihm bestimmt niemand ansehen würde. „Bist du sauer auf mich?“, fragte sie zögerlich, als er ihr aus ihrer Jacke half. „Natürlich nicht“, schenkte er ihr ein zartes Lächeln und verschwand in der Küche, um ihr was zu trinken zu holen. „Für einen Moment hatte ich plötzlich Angst bekommen“, rief sie vom Sofa aus. „Wie war das mit Bedrängnis und Erotik?“ „Das hat auch seine Grenzen“, schnaubte sie. „Das ist nur erotisch, wenn es mir dir geschieht. Wärst du nicht gekommen, hätte ich ihn mit einem Tritt ausgeschaltet.“ „Ich weiß“, gestand er. „Aber das hätte dich deinen Job gekostet. Außerdem konnte ich mich nicht länger beherrschen. Atoshi Fujishima hat sich heute schon einen schlimmen Fauxpas geleistet. Noch einer hätte ihm nicht gut getan.“ „Er hat wirklich nur ein Hotelzimmer gebucht?“ „Nein, jetzt sind es zwei und zwar auf den am weitesten auseinanderliegenden Etagen.“ Sie musste schmunzeln. Aryan war zu perfekt. „Du musst dir keine Sorgen machen, ich habe reichlich Erfahrung damit, aufdringliche Männer loszuwerden.“ „Ich weiß“, hörte sie sein Seufzen. „und das stört mich. Deine spezielle, abweisenden Art wirkt wie ein Magnet.“ „Dir gegenüber war ich nie abweisend.“ „Ich bin auch anders. Ich bin der Richtige.“ Wärme breitete sich flatternd in ihrem Bauch aus. „Jedenfalls wird mir Fujishima nie wieder zu nahe treten“, lachte sie erleichtert und griff nach dem Getränk, das er ihr hinhielt. „Das glaube ich auch“, schmunzelte Aryan und erstarrte plötzlich. Sie versuchte noch, ihre Hände wegzuziehen, doch er war natürlich schneller. Sorgsam inspizierte er ihre Haut, die gerade anfing, sich blau zu verfärben und seine Augen wurden mörderisch. Yami gefror das Blut in den Adern. „Das ist nichts“, begann sie kleinlaut. Sie wunderte sich, dass sie auch nur einen Ton herausbrachte. „Nichts?“, unterbrach er barsch. „Er hat dir weh getan! Blaue Flecken entstehen nicht einfach so aus den Nichts.“ Ruckartig stand er auf und lief zur Tür. „Ich bringe ihn um!“ Erschrocken schrie sie auf. „Aryan!“ Doch als sie aufstand, hielt die Angst sie zurück und sie setzte sich abrupt. „Was ist los?“ Sie mied seinen Blick. „Yami, schau mich an“, bat er zärtlich. Sie wagte es und blickte in das vertraute, liebevolle und äußerst besorgte Gesicht. „Schau nie wieder so. Ich habe wahnsinnige Angst bekommen.“ Aryan erschrak. „So schlimm?“ Sie nickte. „Vergiss, was ich je sagte. Ich möchte dich nicht wütend erleben. Der nette Aryan ist mir doch am liebsten.“ Ganz entgegen ihrer Erwartungen, begann er zu lachen. „Entschuldige. Ich habe nur keine Übung darin, mit Wut umzugehen. Du bist die erste, die solch starke Gefühle wie Eifersucht und Zorn in mir weckt. Vor mir wirst du dich nie fürchten müssen, niemals.“ Nebenbei, als wäre dies keine große Anstrengung, ließ er die Flecken auf ihrer Haut verschwinden. „Geht es dir gut?“ „Ich bin nur müde“, winkte sie ab. „Ich hab den ganzen Tag nichts gegessen, weil mir übel war.“ „Vielleicht bist du schwanger?“ „Was?!“ Aryan lachte. „Warum so geschockt?“ „Warum so gelassen?“ „Irgendwann wünsche ich mir Kinder mit dir.“ „Ja, nachdem ich dich einige Jahre ganz für mich hatte“, betonte sie. „Ich bin nicht schwanger. Nicht ohne verheiratet zu sein. Da bin ich altmodisch.“ „In einer alten Kirche vor den Augen Gottes?“, riet er und begann mit seine geschickten Fingern, ihren steifen Nacken zu massieren. Oh, war das eine Wohltat! Sie schloss die Augen, ihr Mund öffnete sich zu einem lautlosen, wohligen Seufzer. Aryan wusste ganz genau, wo er anfassen musste und wie. Schon lange hatte sie keiner mehr massiert. Sie hatte ganz vergessen, wie traumhaft das war. „Du würdest mich christlich heiraten?“ Ihre Stimme war ein einziger wohliger Hauch. „Es bedeutet dir viel. Und ich finde den Gedanken schön, die Liebe von dem Himmel heilig werden zu lassen.“ „Das ist der Sinn vom Heiraten. Yoko hat uns das bis ins Mark eingetrichtert… Oh, Aryan, genau da!“ „So seidenweiche Haut“, murmelte er, direkt hinter ihrem Ohr. Sie zuckte leicht zusammen. „Und du hast magische Hände“, stöhnte sie ganz leise. „Wie kannst du so zärtlich sein, wenn du so vor Kraft strotzt?“ „Alles eine Frage der Beherrschung. Aber in letzter Zeit mangelt es mir davon.“ „Weil du eifersüchtig bist? Glaub mir, dein Maß ist noch in Ordnung, du kennst dieses Gefühl nur nicht. Oh, fester!“ „Das liegt daran, dass nie etwas mir ganz allein gehört hat“, er küsste ihren Nacken. „Ich gehöre nur dir.“ „Mhm, nur mir allein.“ Brennend liebkosten seine Lippen ihren Hals. „Hey! A-Aryan…“ „Du bist diejenige die unter meinen Berührungen stöhnt…“ „W-weil du den unschuldigen Bereich verlässt.“ „Du wirst sehen, wie sehr ich ihn ausreizen kann“, lächelte er. „Das glaube ich dir. Aber massier bitte weiter, bitte. Du kannst das so gut!“ „Aha.“ Sein Blick wurde dunkel. „Gut zu wissen.“ Ehe sie etwas sagen konnte, stahl er ihr einen Kuss, so glühend, dass jede Gegenwehr sofort zunichte war. Und an seinen Lippen schmolz sie dahin. „Hat dich dein Chef schon einmal angefasst?“, fragte er, ohne sich von ihren Lippen zu lösen. „Mich wundert, dass du das nicht weißt.“ „Ich bin nicht allwissend, auch wenn du mich gerne so siehst.“ „Er berührte mich nur an unschuldigen Stellen.“ „Unschuldig? So wie hier?“ Er biss zärtlich in ihre Schulter, entlockte ihr ein Stöhnen. „Oder hier?“ Seine Lippen an ihrem Hals ließen sie vor Hitze fast vergehen. „Oder…“ „Niemand hat mich je berührt wie du es tust“, schwor sie atemlos. „Und das wird niemand, dafür hast du gesorgt. Mir tut der arme Kerl richtig leid.“ „Ich habe nichts getan und höflich war ich auch.“ Aryan sah sie unschuldig an. „Du siehst allein in der Kampfuniform respekteinflößend genug aus. Dem hast du den Schock seines Lebens verpasst. Weißt du, wie sexy du bist?“ „Aha.“ Er zog sie auf seinen Schoß. Unerträglich war die körperliche Ferne. „Genießt du manchmal diese Macht, die du besitzt?“ „Wie kommst du plötzlich darauf?“ „Gib zu, vorhin hast du deine Macht genossen. So unbesiegbar zu sein. Allein dein Anblick lässt den Gegner zittern.“ „Ich kann es nicht leiden, wenn dir jemand gegen deinen Willen zu nahe kommt“, erklärte er. „Und wenn es nicht gegen meinen Willen wäre?“ Er sah ihr tief in die Augen. Ihre Seelen schienen zu verschmelzen. „Dann kann ich nichts dagegen tun… Aber etwas kann ich machen.“ „Was denn?“, fragte sie in lustvoller Erwartung. Seine Hände fuhren unter ihr Kleid, ihren erhitzten Körper hinauf. Willenlos beugte sie sich ihm entgegen. „Ich kann dafür sorgen, dass du nur mich willst.“ „Ich will dich hier nicht haben!“, hörte man Zumas wütende Stimme durch das halbe Gebäude donnern. „Raus aus meinem Büro, du Plage!“ „So geschwächt kann er gar nicht sein“, murmelte Anjaani leise. Sie zögerte keinen Moment anzuklopfen. „Was ist?!“ Selbstsicher, doch mit noch leicht wackeligen Knien schritt sie herein. „Haben wir nicht etwas zu besprechen?“ „Natürlich“, winkte Zuma unwirsch ab. „Die Nervensäge hier treibt mich nur jedes Mal in den Wahnsinn.“ Anjaani lächelte überrascht, als sich Zumas Gast zu ihr umdrehte. „Ich mache meine Sache gut. Jedes Mal schmeißt er mich raus. Hallo, Aani-chan“, grüßte sie Yuichi Yamada schadenfroh grinsend. „Ich habe es doch gewusst, ihr seid verwandt. Hallo, Yuichi-kun.“ Zuma knurrte nur genervt. „Wir sind Cousins“, bestätigte Yuichi. „Das gute Aussehen hat er von mir.“ „Du bist jünger als ich, du Idiot“, keifte Zuma und rieb sich erschöpft die Stirn. „Du hast sie gesehen, jetzt verschwinde.“ „Hast du Manieren, Aki-chan!“ „Wenn du dann verschwindest! Aurora, darf ich vorstellen…“ „Ich bin seine tägliche Migräne!“ „Du bist wegen mir hier, Yuichi-kun?“ Anjaani führte ihn in ihr neues Büro, gefolgt von einem sehr düsteren Zuma. Sie setzte sich langsam an ihren neuen Schreibtisch, Yuichi setzte sich zu ihr an die Tischkante. Zumas erbostes: „Runter da!“ überhörte er munter. „Ich wollte dich besuchen. Ich hatte gehofft, dich besser kennen lernen zu können. Du bist Yukis beste Freundin.“ Anjaanis herzerwärmendes Lächeln ließ ihn verstummen. „Ich verstehe. Das ist wirklich süß von dir, Yuichi.“ Seine meerblauen Augen begannen voller Freude zu leuchten. „Hast du heute Zeit für mich?“ „Die ganze Nacht, wenn du willst. Aber mir geht es nicht so gut. Ich habe ein wenig Fieber.“ „Oh keine Sorge, ich werde dich im handumdrehen gesund pflegen. Meine Hühnerbrühe ist berühmt! Oh, bitte, bitte!“ „Gerne doch!“ „Moment“, mischte Zuma sich scharf ein. „Aurora, ist dir bewusst, was du da sagst?“ „Er will mich nur kennenlernen.“ „Und das glaubst du ihm? Wie naiv bist du?!“ Zuma wirkte fassungslos. Er hätte seinen Cousin gepackt und eigenhändig hinausgeworfen, wenn er die Kraft dazu gehabt hätte. Aber er schaffte es Aurora mit der Besprechung abzulenken. Yuichi jedoch wich ihr nicht mehr von der Seite. So musste er schlussendlich mit anhören, wie die beiden Pläne für den Abend schmiedeten. Er war machtlos, da Feierabend angebrochen war. Als Yuichi ihre Hand nahm, um sie mit zu nehmen, versuchte es Zuma noch ein letztes Mal. „Aurora, lass das, dem Kerl ist nicht zu trauen. Er ist gefährlich.“ „Also habe ich vor ihm mehr zu befürchten, als vor dir?“, fragte Anjaani erstaunt. „Momentan ja“, bestätigte Zuma und wandte sich dann an Yuichi, da nichts mehr half. „Lass deine Finger von ihr!“ „Du bist nur sauer, weil sie mich mehr mag.“ „Ich wiederhole mich nicht, Yamada!“ Yuichis triumphierendes Grinsen wurde kurz ernst: „Ich weiß sie zu schätzen, Cousin. Weißt du es auch?“ Zornbebend ließ er Zuma zurück, nahm Anjaani mit. Hätte Zuma die Kraft, wäre er jetzt aufgesprungen und hätte dieses Gör ordentlich eins hinter die Löffel gegeben. Wutschnaubend kehrte er in sein eigenes Büro zurück. Da klopfte es. „Verschwinde endlich du Plagegeist“, knurrte er zornig. Der Kerl raubte ihm jedes Mal den letzten Nerv. „Geh zum Teufel!“ „Ich war der Überzeugung, genau dort angekommen zu sein“, gluckste Yoko. „Deiner blendenden Laune nach zu urteilen war dein Cousin mal wieder hier. Allerdings hättest du mir sagen können, dass es sich dabei um Yuichi Yamada handelt.“ „Was geht es dich an?“ „Oh, mich geht es sehr viel an“, entgegnete sie mit diesem trügerisch fröhlichen Tonfall, der verriet, dass sie stinksauer war. „Er ist schließlich der Geliebte meiner Schwester.“ „Deine jüngere oder deine ältere Schwester?“ „Oh, du weißt, dass ich der mittlere Drilling bin?“, überhörte sie seine Frage, die nur ein kläglicher Versuch war, ihre Laune zu heben. „Aanis Büro ist schön geworden. Wann beginnt der Bau für die Tanzbühne? Die übrigens für eine kranke Tänzerin errichtet wird. Warum hast du sie verschleppt, du herzloser Mistkerl?!“ Er wunderte sich nicht mal, woher sie das schon wusste, hatte er doch endlich den Grund für ihre schlechte Laune herausgefunden. Doch er liebte es, wenn die zickig war. In einem kurzen Moment der Unachtsamkeit, bekam er sie zu fassen und zog sie gegen ihren Willen auf seinen Schoß. Yoko sträubte sich. „Lass mich los!“ „Du bist also hergekommen, um mich zu bestrafen“, neckte er sie und hielt ihrer Gegenwehr stand. So geschwächt war er nicht, dass sie sich gegen ihn wehren konnte. Der nun offensichtlich wütende Ausdruck ihrer glühenden Augen weckte die Lust in ihm. Zornig war sie außerordentlich wild und leidenschaftlich. Eine kleine Raubkatze. „Untersteh dich“, zischte sie und versuchte sich aus seinem Klammergriff zu befreien. Damit machte sie ihn nur noch heißer. Erbarmungslos nahm er ihre Lippen in seine Gewalt. Sein verzehrender Kuss wollte sie bezwingen, doch sie wehrte sich. Aber er war stärker. Und Zuma wusste, wie scharf es sie machte, wenn er sie gegen ihren Willen verführte, wenn sie ihm unterlegen war, ihm hilflos ausgeliefert. „Zuma, lass das“, stöhnte sie an seinem Mund. „Nenn mir einen vernünftigen Grund.“ Seine grauen Augen leuchteten silbern vor Verlangen. „Ich habe meine Periode.“ Doch er lachte nur. „Das schreckt nur einen Waschlappen ab. In dieser Zeit bist zu noch sensibler und empfindsamer.“ Zum Beweis biss er zärtlich in ihren schlanken Hals und entlockte ihr ein Keuchen. Unwillkürlich vergruben sich ihre Finger in seinem Haar, Gänsehaut lief ihre Arme hinab. „Bitte“, flehte sie mit unwiderstehlich rot angehauchten Wangen. „Ich fühle mich unwohl.“ „Was willst du dann bei mir?“ Yoko verbarg die Kränkung. „Ich genieße deine Anwesenheit.“ Sie sah ihn so zuckersüß an, dass er genervt aufseufzte. Er kannte sie nur zu gut. „Hast du Hunger?“ Statt einer Antwort sprang sie auf und zog ihn hinter sich her zu seinem Auto. „Ich habe neulich ein ganz entzückendes deutsches Restaurant entdeckt. Danke, dass du mich einlädst!“ Zuma hob resignierend die Augen zum Himmel und ergab sich seinem Schicksal. Und doch musste er in einem winzigen, staubigen Eckchen seines Herzens zugeben, dass so ein Abendessen nur mit ihr Spaß machte. Mit keiner Frau lohnte es sich, Zeit zu verbringen, wenn sie am Ende nicht in seinem Bett landete. Unauffällig beobachtete er sie während dem Essen. Sie war anders, sie war etwas Besonderes. Sie war eine Ausnahme, sie allein. Mit ihr verbrachte er Abende und auch Tage, einfach mit Reden oder Zusammensein. Gut, die meiste Zeit ging es nicht gerade keusch zu, aber er genoss es, auch ganz alltägliche Dinge mit ihr zu unternehmen, wie ein einfaches Abendessen. Er wusste ganz genau wie der Abend enden würde. Sie würde die Nacht bei ihm verbringen, sittsam, keusch, an ihn geschmiegt schlafend bis zum nächsten Morgen. Er würde sie nicht nehmen, wenn sie sich unwohl fühlte. Das respektierte er, aber nur bei ihr. Innerlich seufzte er. Und nur bei ihr akzeptierte er eine sittsame und keusche Nacht. „Du verheimlichst mir etwas“, sagte sie plötzlich, ihr Gesichtsausdruck war dabei aber weder vorwurfsvoll noch misstrauisch. Da Zuma es hasste, um den heißen Brei herumzureden, reichte er ihr das kleine Schmuckkästchen. Sie reagierte anders als erwartet. Irritiert nahm sie das Präsent entgegen und die Runzeln ihrer Stirn wurden noch tiefer, als sie den kleinen blutroten Kristalltropfen begutachtete, der an einer zierlichen Goldkette baumelte. „Was hast du angestellt?“, verlangte sie plötzlich steif zu wissen. „Was?!“ Zuma blieb der Mund offen stehen. Eine Reaktion, die man ihm nicht oft entlocken konnte. „Dies ist kein Liebesbeweis oder sonst ein Ausdruck deiner Gefühle. Demnach schließe ich daraus, dass du hiermit dein schlechtes Gewissen tilgen willst. Und somit wiederhole ich: Was hast du angestellt?“ Ihre brennenden Augen waren eisig und schienen direkt in seine Seele zu blicken. „Undankbares Weib!“, zischte er sie an. „Kann man dir keine Freude machen?“ „Muss ich bezahlt werden, wie eine Hure?“, erwiderte sie und nahm ihm kurz den Wind aus den Segeln. „Du warst mein erster, Zuma“, sagte sie mit Bitterkeit in der Stimme. „Manchmal wünsche ich mir, du wärst auch der einzige gewesen. Ich bin kein Engel, reinwaschen kann ich mich nicht mehr. Aber würdest du um einen Engel kämpfen, wenn du tausend Schlampen haben kannst?“ Sie sah ihn intensiv an, schien ihn zu bannen. Ihr Sinneswandel verwirrte ihn komplett. „Sprich, was bedeute ich dir? Wenn es nichts ist, sag es mir sofort.“ „Du kannst kein Geschenk annehmen“, knurrte er. „Undankbares Miststück!“ „Das beantwortet meine Frage nicht. Aber du scheinst selber nicht zu wissen, wie du für mich empfindest.“ Sie stand auf. „Ich bin keine Hure, die bezahlt werden will. Ich genieße meine Zeit mit dir, sie ist mein Lohn. Wenn du glaubst, mich jederzeit ersetzen zu können- bitte! Aber du weißt, eine bessere als mich findest du nirgends. Ich melde mich wieder, wenn ich mich beruhigt habe.“ Ohne weitere Worte verließ sie das Restaurant. Zuma rieb sich erschöpft die Stirn. Was war das jetzt gewesen?! Das war mal wieder ein Drama erster Klasse. Diese Frau war Gift für seine Nerven. Und das schlimmste war, gestand er sich ein, dass sie ihn voll und ganz durchschaut hatte. Hatte sie das? Nein! Sie war nichts Besonderes, sie bedeutete ihm nichts, rein gar nichts! Jede andere tat es auch! Das würde er sich hier und jetzt beweisen! So sprach er die erste Frau an, die ihm über den Weg lief. Kagome Hirashi war völlig überwältigt von dem gutaussehenden Mann, der sie so charmant auf der Straße ansprach. Er war genau nach ihrem Geschmack und vom ersten Moment an war sie Wachs in seinen Händen. Es sah ihr nicht ähnlich, gleich in der ersten Nacht mit einem Mann zu schlafen, doch dieser hier war unwiderstehlich und zu ihrem Vergnügen ein Meister im Bett. Und sie verliebte sich in ihn. Zuma hingegen wusste nicht, wen er da aufs Hotelzimmer schleppte, diese Frau war nur ein weiterer Zeitvertreib. Sie ließ ihn für diese Nacht Yuichi und Aurora vergessen und ganz besonders ließ sie ihn Yoko vergessen. Er hatte keine Ahnung, dass er sich Yokos ältere Schwester geangelt hatte. „Fühlt ihr euch nicht komisch, ohne Anjaani hier zu hocken?“, fragte Inuyasha Yuki und Yami. „Das würde dir nicht auffallen, wenn du brav auf deiner Mission wärst“, lächelte Yuki.“ „Etwas ist dazwischen gekommen, Aryan kümmert sich drum.“ „Und genau deswegen hocke ich hier“, zischte Yami. „Damit ich alleine nicht versauern muss, solange mein Freund die Welt rettet, da du nicht zu gebrauchen bist.“ „Das ist nicht meine Schuld, motz mich nicht so an!“ „Wärst du nicht, wären wir nicht in etwas richtig Geilem unterbrochen worden.“ „Was war denn?“, begeisterte sich Yuki. Inuyasha starrte sie finster an. Aber er war sich sicher, Aryan würde es wissen, wenn er auch nur einen Finger gegen Yami erhob und dann hätte er ein Problem. Der General hatte heute keine gute Laune gehabt, was so oft vorkam wie ein nicht-nervender Drilling. Inuyasha wollte sich nun wirklich nicht mit ihm anlegen. Lieber ertrug er Yami. „Und wo ist der dritte Nervenzwerg?“ „Sie macht Zuma die Hölle heiß, weil er Aani zur Arbeit gezwungen hat. Warum holst du sie nicht ab?“ „Warum sollte ich?“, knurrte er stur. „Sie ist groß genug.“ „Du bist nicht blind, Inuyasha“, tadelte Yuki ungeduldig. „Jemand so schönes wie Aani ist alleine niemals sicher. Du weißt gar nicht wie es war, bevor sie von dir beschützt wurde.“ Inuyasha hob irritiert die Brauen. Daran hatte er nicht gedacht. „Menschliche Männer waren keine Gefahr, die sind Wachs in ihren Händen. Wenn Aani sie bitten würde, vor den Bus zu springen, sie würden es ohne Zögern tun. Aber dämonische Männer, die sind gefährlich. Ihre Schönheit wirkt wie ein Fluch, macht sie besessen. Sie wollen sie besitzen um jeden Preis. Was meinst du, warum sie sich so gut mit dem Dämonensondereinsatz auskennt? Sie ist Stammkunde. Allein das Wissen, dass du in der Nähe bist, schützt sie.“ „Also, warum sorgt ihr euch dann?“, brummte er, barg seine plötzlich aufkeimende Sorge. „Weil sie noch nicht daheim ist“, brüllten sie unvermittelt, „und heute schon mal von einem Dämon bedroht wurde!“ „Ist ja gut! Zügelt eure nervtötenden Stimmen! Sonst…“ „Sonst?“ Aryan stand unbemerkt in der Tür, der Blick zwar amüsiert, doch eine Spur zu düster. Er zog Yami an sich. „Bah, das habe ich nur so gesagt, weil die mich nerven. Komm mal wieder runter.“ Aryan grinste nur frech. „Keine Angst, Inuyasha. Ich tue dir nichts.“ Inuyasha explodierte. „Ich gebe dir gleich-“ „Wo ist Aurora?“, bemerkte Aryan und brachte Inuyasha zu Verstummen. Vorwurfsvoll sahen ihn die Drillinge an. „Ich bin nicht ihr Kindermädchen“, maulte Inuyasha. „Außerdem dachte ich, sie sei bei dir.“ Aryan schüttelte langsam den Kopf. „Das lässt sich einfach herausfinden“, plapperte Yami fröhlich. „Yoko-Neko ist zu Zuma gegangen, bevor Aani Feierabend hatte.“ Sie zückte ihr Handy und rief die etwas miesepetrige Yoko an. „Und wo könnte Aani jetzt sein?“ Yami wurde bleich und alle Blicke wandten sich gleichzeitig Yuki zu. Aryan und Inuyasha hatten im Gegensatz zu ihr ein übermenschliches Gehör. „Oh-oh“, murmelte Yami. „Was ist los? Warum seht ihr mich so an?“ Aryan lächelte Yuki beruhigend an. „Aurora ist bei Yuichi.“ Es dauerte eine Weile, bis sich Mimik ihrem Empfinden anpasste. „Oh-oh“, widerholte sie düster. „Der Kerl hat ein Problem.“ Anjaani kraulte zärtlich Yuichis Wuschelkopf, der behaglich an ihrer Schulter ruhte. So viel war in der kurzen Zeit, in der sie hier war, passiert. Hier bei ihrem kleinen Bruder. Sie lächelte selig. Yuichi war der kleine Bruder, der ihrer Familie noch gefehlt hatte. Und sie war seine große Schwester, die er vor Jahren verloren hatte und seitdem auch seine ganze Familie. Yuichi, der kleine Weise, dem seine große Schwester alles bedeutet hatte. Rührend hatte er sich um sie gekümmert, sie bekocht und mit Witzen aufgeheitert. Er war sehr einfühlsam, direkt und sprach aus, was er gerade dachte. Er hatte ihr sein Herz ausgeschüttet und sie ihm seines. So hatten sie die Zeit vergessen. Nun döste er zufrieden neben ihr, wie ein kleiner Junge, der Zuflucht und Wärme suchte. „War Inuyashas Reaktion falsch?“, hatte er gefragt. „Wenn du an seiner Stelle wärst, wie wärst du mit deinen Gefühlen umgegangen?“ Das hatte Anjaani nachdenklich gestimmt. Wenn sie kein Gedächtnis hätte, aber nur Bruchstücke eines vermeintlichen Geliebten, oder gar Ehemannes in ihrer Erinnerung auftauchen würden… Könnte sie guten Gewissens mit Inuyasha zusammen sein? Yuichi hatte nur das gesagt und es hatte ihr die Augen geöffnet. Sie hätte an Inuyashas Stelle nicht anders reagiert. „Chi-chan“, hauchte sie. „Es ist spät.“ „Nimm meinen Wagen“, nuschelte er. „Die Schlüssel sind in meiner Jackentasche.“ „Ich habe keinen Führerschein“, kicherte sie, fuhr vor Schreck aber zusammen, als es klingelte. Mit großen Augen sah sie Aryan an. „Auf deinen großen Bruder ist immer verlass“, lächelte er ihr zu. Yuichi hastete erschrocken zur Tür. „Ich habe nichts gemacht! Ich schwöre, ich habe nichts getan!“ „Erzähl das nicht mir.“ Aryan trat zur Seite und gab den Blick auf Yuki preis, auf die stinksauere Yuki, die ihn mit verschränkten Armen anstarrte. Unter ihrem kalten Blick gefror er zur Eissäule. „Ich glaube wir gehen lieber.“ Anjaani flüsterte Yuki etwas ins Ohr, in einer Yuichi unbekannten Sprache, das den Drilling etwas milder zu stimmen schien. Dann verabschiedeten sich die zwei Inder und ließen die beiden allein. „Soll ich dir ein Taxi rufen, bevor du mich umbringst?“, fragte er mit kläglicher Stimme. „Nein, ich bleibe.“ „Na toll“, seufzte er. „Stundenlange Folter. Ich habe sie nur treffen wollen, um mehr über dich zu erfahren.“ „Ich weiß. Das hat sie mir gesagt.“ „Wann?“ „Vorhin.“ „Du hast das Gequake verstanden?!“ Jetzt konnte Yuki ein Lächeln nicht mehr verhindern. „Ja, ich quake fließend.“ „Was hat Onee-chan dir noch gesagt?“ Yuki hob überrascht die Brauen. Onee-chan… die große Schwester. Dann wurde ihr Blick weicher, wärmer und sogar -Yuichi schluckte- verlangender. „Dass ich mich gut um dich kümmern soll.“ Sie legte die Fingerspitzen sanft an seine Brust und schob ihn in die Wohnung zurück. „Und genau das werde ich jetzt auch tun.“ „Wo bist du gewesen?“, empfing sie Inuyashas Grollen, bevor sie überhaupt in die Wohnung trat. Wortlos ging sie an ihm vorbei in ihr Zimmer, gefolgt von Yami. Sie hatte ihn keines Blickes gewürdigt. Als wäre er überhaupt nicht anwesend. Inuyasha starrte ihr fassungslos hinterher. „Was fällt der ein?!“ „Deine Handlung war unangebracht“, korrigierte ihn Aryan. „Wer hat dich gefragt?!“ „Lernst du denn nie aus deinen Fehlern? Ich hätte dir mehr Feingefühl zugetraut.“ Inuyasha errötete schlagartig. „Hey“, zischte er. „Du hast versprochen, zu schweigen!“ „Das tue ich auch. Aber du solltest taktvoller sein.“ „Das sagt sich so leicht! Wie soll ich das denn machen?“ „ Warum kannst du Auroras Mimik, ihre Gestik, ihren Tonfall und ihre Körpersprache nicht genauso deuten, wie du die eines Gegners im Kampf deutest?“ „Weil ich vermutlich nur im Kämpfen gut bin“, gab Inuyasha zähneknirschend zu. „Das ist keine Entschuldigung. Rede jetzt mit Aurora.“ „Dann schaff mir die Nervensäge vom Hals.“ „Wird gemacht, Sensei.“ Inuyasha knurrte leise. Mittlerweile bereute er es, dass er Aryan geholfen hatte. Aryan, so weltoffen, kannte sich in der körperlichen Liebe nicht aus, also hatte ihm Inuyasha, auf sein Bitten, einige Tipps gegeben. Aryan hatte befürchtet, den Anforderungen der Nervensäge nicht gerecht zu werden. Dafür musste dieser versprechen, niemanden ein Sterbenswörtchen von Inuyashas „Verführungskünsten“ zu verraten. Das wäre ein gefundenes Fressen für die Drillinge. Und er wagte es sich nicht auszumalen, wie Anjaani reagieren würde. Er wusste ganz genau, was sie dann von ihm halten würde. Er betrat ihr Zimmer, vergaß wie immer anzuklopfen. Gerade hatte sie ihr Nachthemd angezogen, bevor er irgendetwas Verbotenes erspicken konnte. „Wann akzeptierst du mal meine Privatsphäre“, seufzte sie. Inuyasha riss überrascht die Augen auf. Kein Geschrei und Gezeter? Was war los? „Geht es dir gut?“ Dummerweise klang seine besorgte Frage grober als gewollt. „Ich bin erschöpft“, knurrte sie zurück, als sie sich ins Bett legte, aber nicht das Licht ausschaltete, da sie sich vor seinen Augen fürchtete. „Der Tag war anstrengend. Und Yuichi hat mich regelrecht ausgelaugt. Meine Güte, der Arme ist richtig bedürftig!“ Inuyasha erstarrte. „Du hast doch nicht etwa mit ihm…?“ Er war entsetzt. „Natürlich“, sagte Anjaani arglos. „Wieso der Kerl deiner Freundin?!“ „Weil ich für jeden liebeshungrigen Kerl zu haben bin. Wenn man mich bittet, gebe ich mich gerne hin. Schlampe ist mein zweiter Vorname. Ach, Inuyasha, du kennst mich zu wenig.“ Dann brüllte sie los. „SAG MAL, WAS DENKST DU EIGENTLICH VON MIR???!!! WILLST DU MICH BELEIDIGEN?! BIN ICH SO EHRLOS IN DEINEN AUGEN?!“ Ihre Augen brannten golden, der Raum vibrierte von ihrer Energie. Inuyasha schluckte nervös. „Willst du mich nur ärgern, oder wirklich verletzen? Du musst mir nicht auch noch sagen, was ich bin!“ Mit einem aufblitzen ihrer Augen wurde er aus dem Raum gedrängt und die Tür schlug vor seiner- Nase zu. „Was hast du angerichtet?“, verlangte Aryans Stimme hinter ihm zu wissen. „Ich habe nichts-“, begann der Hanyou eingeschüchtert. Aryans Gesicht war düster. „Hast du eine Ahnung, wie viel Kraft ihre Energie gerade hatte? Hätte sie sie auf dich losgelassen, hättest du das nicht überlebt.“ Inuyasha schluckte. „Es ist besser, du schwingst deinen rücksichtslosen Arsch hier raus, bis sie sich beruhigt hat“, riet Yami wütend. „Du hast sie verletzt und quälst sie weiterhin. Ich glaub, du hast nen Schaden, du egoistischer Mistkerl! Aryan, halt ihn fest und ich reiß ihm die Eier ab!“ „Später“, versprach der Inder und klopfte an Auroras Tür. „Was?!“, grollte es so zornig, das Aryan kurz zögerte. „Aurora, geht-“ „LASST MICH IN FRIEDEN!“ „Lass uns verschwinden“, bat Yami ängstlich. „Aani lässt ihre Wut sonst nie an anderen aus.“ „Inuyasha, deine Mission wartet nicht.“ Aryan war angespannt und ernst. „Hier ist es zu gefährlich und ich will nicht, dass sie explodiert.“ „Aber-“ „Verschwinde“, befahl er. Inuyasha gehorchte sofort. Das musste ernst sein, wenn Aryan so barsch war. Wie hatte er sie überhaupt so erzürnt? Sie war bei diesem Kerl gewesen, dem Freund der blauen Nervensäge. Er hatte sie ausgelaugt, hatte sie gesagt. Da hätte doch jeder gedacht… „Hätte er das?“, fragte ihn plötzlich eine fremde, männliche Stimme, die tief aus seinem Kopf zu kommen schien. Sie war so warm, weich, unendlich liebevoll, dass seine Alarmglocken garnicht schrillten. „Wer bist du?“, fragte er sich. „Auroras Schutzengel“, antwortete die Stimme schlicht. „Ihr was? Warum bist du dann nicht bei ihr?“ „Ich bin immer bei ihr. Aber du hast sie so erzürnt, dass nur ihr anderer Schutzengel sie beruhigen kann. Sie zweifelt gerade an ihren Gefühlen für dich, dabei kann ich ihr nicht beistehen.“ Inuyasha schluckte. „Hältst du sie wirklich für ein leichtes Mädchen?“, fragte die Stimme geradeheraus. „Natürlich nicht!“, widersprach er laut. „Niemand ist unschuldiger als sie!“ Plötzlich erhob sich eine gewaltige Flammenwand vor ihm, die in den Himmel zu lodern schien. Inuyasha blieb erschrocken stehen. Seine Hand fuhr zu seinem Schwertknauf. „Warum gibst du ihr dann dass Gefühl, eine ehrlose Frau zu sein?“ Die Frage kam aus den Flammen. „Zeige dich“, verlangte Inuyasha, musste die Augen abschirmen vor dem hellen Feuer. „Das tue ich gerade“, sprach Anjaanis Schutzengel. „Ich habe viele Gestalten, doch dies ist meine ursprüngliche.“ „Also bist du…“ Er konnte es nicht fassen. „…das Element Feuer. Machtvoller als alles, was du dir vorstellen kannst. Du siehst, Aurora ist nicht allein und ihr Schutz ist stark. Doch deine voreilige Zunge verletzt sie grundlos. Ich frage dich noch einmal: Warum bist du von ihrer Reinheit überzeugt, gibst ihr aber das Gefühl, ehrlos zu sein?“ Das Feuer verschwand, so unerwartet wie es gekommen war und hinterließ drückende Kälte und Dunkelheit. Inuyasha schreckte aus dem Schlaf auf. Fast wäre er von dem Ast gefallen. Was war denn das für ein bescheuerter Traum gewesen? „Ich bin kein Traum gewesen.“ Vor Schreck fiel er vom Ast. Kapitel 21: Aryans Macht ------------------------ Anjaani Arora war die Liebenswürdigkeit in Person, sanft und voller Verständnis. Es gab nichts und niemanden, der sie aus der Ruhe bringen konnte. Und wenn sie sich einmal doch ein wenig aufregte, dann beruhigte sie sich aber sehr schnell wieder. Sie war ruhig und entspannt. „Wo bleibt Inuyasha eigentlich?“, wunderte sich Yoko. Im nächsten Moment explodierte Anjaanis Teetasse. Yami und Yoko schrien erschrocken auf. Aryan schnappte sich Anjaanis Hand und sie atmete tief ein und aus. Okay, sie war nicht ruhig und entspannt. „Deine Energie ist zu deinem Schutz da“, sagte ihr großer Bruder sanft, aber bestimmt, während er die Scherben auflas. „Sie darf nicht aktiv werden, Aurora, sonst muss ich sie bannen. Lasse deine Wut nicht in deine Energie strömen.“ Beschämt ließ sie den Kopf hängen. „Aani, du machst mir Angst“, gestand Yami leise, was die Inderin zutiefst erschreckte. „Er hat mich wütend gemacht“, sagte sie kleinlaut. „Hat er dich angefasst?“, wollte Yoko wissen. „Seit wann stört mich das?“ „Stimmt. Hat er dein Essen beleidigt?“ „Nein.“ „Hat er dich… Du-weißt-schon-wie genannt?“ „In der Art.“ „Was?!“ Yoko klappte die Kinnlade herunter. „W- wie kann er es… was hat er gesagt?!“ „Er glaubte, ich hätte mit Yuichi… also mit ihm... Mit dem Freund meines geliebten Häschens… Dass er mir sowas zutraut!“ Yoko war sprachlos… eines der wenigen Male in ihrem Leben. „In letzter Zeit hat er wirklich den Arsch offen. Weißt du, was wir machen sollten…“ Yamis Augen leuchteten mit ihren gleichzeitig auf. Ein fieses Grinsen stahl sich in die Gesichter der Schwestern. „Oh, die Kette ist ja schön“, entfuhr es Anjaani. „Ist die neu?“ Die Ablenkung wirkte. „Das ist der Preis meines Körpers“, grummelte Yoko. „Du überreagierst“, entschied Yami prompt. „Schmuck schenkt man immer, um demjenigen eine Freude zu machen.“ „Ich will keinen Schmuck“, regte der rote Drilling sich auf. „Ich will einzig und allein seine Liebe.“ „So ein Unsinn, jeder will Schmuck! Und damit zeigt er dir, dass er dich liebt!“ Aryan lachte. „Indem er dich mit Gold und teuren Geschenken überschüttet und dir jeden Wunsch von den Augen abliest? Von gegenseitigem Geben und Nehmen kann nicht die Rede sein.“ Yami errötete schlagartig. „Das habe ich nicht gemeint! Das weißt du. Dein Geld ist mit egal, deswegen liebe ich dich nicht.“ „Ab und zu ein Diamantring wäre nicht schlecht“, zwinkerte er. „Stempel mich nicht als so ein verwöhntes Gör ab“, zischte sie gekränkt und verwunderte Anjaani und Yoko. Es war unvorstellbar, dass jemand so mit Aryan sprach. „Ich brauche nicht ständig Geschenke. Ich wünsche mir einfach Zeit mit dir.“ „Wie sind wir eigentlich vom Thema Yoko wieder auf dich zu sprechen gekommen?“, beschwerte sich Yoko säuerlich. „Weil deine Möchtegern-Probleme niemanden interessieren.“ „Wie würdest du es denn nennen?“ „Kurzsichtigkeit.“ „Er hat mir…“ „… etwas geschenkt, das genau nach deinem Geschmack ist“, unterbrach sie Aryan mild. „Siehst du das denn nicht? Woher weiß er so genau, was dir gefällt? Und viel wichtiger: Warum ist es ihm so wichtig?“ „Er wollte sein Gewissen tilgen!“ Yoko ließ sich nicht beirren. „Hast du die Berge an Schmuck gesehen, unter denen er Aani begraben hat?“ „Und willst du wissen, warum?“, fauchte Anjaani und ließ die Schwestern zusammenzucken. Die Tatsache, dass Zuma sie als eine Ware ansah, die ihm Geld einbrachte, kränkte sie immer noch. Sie fühlte sich gekauft und benutzt. Die Schwestern stimmten ihr zu. „Er ist ein mieses Schwein“, kommentierten sie die gestrigen Ereignisse. „Kalt und herzlos und ihm ist völlig egal, was er anderen antut!“ „Das klingt ganz nach meinem Cousin. Hallo, ihr Süßen!“ Yuichi kam strahlend mit Yuki am Arm zur Tür herein und begrüßte jeden mit einem Kuss auf die Wange, auch Aryan. Dieser musste lachen. „Das ist mal ne Abwechslung!“, freute sich Yuichi. „Du bist der erste, der mich nicht verprügelt!“ „Das glaube ich dir. Ich stelle mir nur vor, wie Inuyasha auf so eine Begrüßung reagiert hätte.“ „Du wärst tot“, sagten die Drillinge bestimmt. „Wo ist er denn?“ Yuki war enttäuscht. „Offensichtlich hat er Angst vor mir“, meinte Yuichi. „Wohl eher vor mir“, grummelte Anjaani und erzählte ihnen knapp die Geschehnisse der letzten Nacht. „Somit wäre geklärt, warum Inuyasha ein Vollidiot ist. Und was hat mein Aki-chan angestellt?“ Yuichi machte sich gierig über sein Frühstück her. „Das.“ Yoko deutete auf ihr Dekolletee. „Oh, er hat dir neue Brüste gekauft?“, rief Yuichi aus. „Hübsch sind sie!“ Yoko musste gegen ihren Willen lachen. Mit Yuichi war schlechte Laune schnell vergessen. „Nein, die Halskette, Witzbold!“ Seine blauen Augen blitzten empört. „So ein gemeiner Kerl! Wie kann er nur?! Dir einfach Schmuck zu schenken. Also nein!! Jetzt mal ehrlich! Wir sollten uns zusammenrotten und das Monster lynchen!“ „Halt die Klappe!“ Schon war die miese Laune verfolgen. Auch Anjaani musste herzhaft lachen. Yuichi war zuckersüß. „Kätzchen, das ist wunderschön“, schwärmte Yuki und stieß Yuichi scherzhaft in die Rippen. „Das ist doch genau nach deinem Geschmack.“ „Und verdammt teuer“, ächzte Yuichi. „Woher willst du das wissen, wie teuer es ist?“, beschwerte sich Yoko. „Weil der Juwelier, bei dem er das gekauft hat, unser Onkel ist. Dieser Rubin ist mindestens die Hälfte von Nee-chans Sachen wert. Aber er hat es von seinem privaten Konto bezahlt.“ „Gab‘s das auch mit einem blauen Juwel?“, wollte Yuki mit funkelnden Augen wissen, ehe Yoko etwas antworten konnte. „Willst du auch Schmuck?“, fragte Yuichi lieblich. „Oh ja!“ „Einverstanden, nach der Arbeit. Ich hol dich ab!“ „Juchu, krieg ich auch ein Armkettchen?“ „Gold, Silber, Platin, such‘ s dir aus.“ „Und wann kriege ich einen Ring?“ „Wenn wir uns verloben. Was willst du? Diamanten, Brillianten?“ „Saphire!“ „Ihr zwei seid doch nicht normal“, beschwerte sich Yami. „Du weißt doch nicht mal ihre Ringgröße.“ „47“, zwinkerte Aryan. Yami sah ihn überrascht an. „Ich vermute mal, dass es die gleiche ist, wie bei dir.“ „Und Aryan ist mal wieder der krönende Sieger in „Wer ist der romantischste Kerl?“. Dabei muss er Yami gar nicht mehr rumkriegen“, sagte Yuki. „Ey, du kriegst keinen Schmuck, damit du endlich mit mir schläfst“, entrüstete sich Yuichi. „Nicht?“ „Würde es denn klappen?“ „Kommt auf die Karatzahl an. Was guckt ihr denn alle so?“ „Naja, wir dachten“, begann Anjaani errötend. „Ihr habt doch die Nacht miteinander verbracht.“ „Ach, du Süße, ein Mann und eine Frau müssen nicht zwingend miteinander schlafen, wenn sie im selben Bett liegen“, kicherte Yuichi. „Du redest Schwachsinn“, kommentierte Yami trocken. „Ja, tu ich“, gab er zu. „Aber wir haben etwas gemacht, das glaubt ihr nicht, das war so, ach!“ Er drückte Yuki verliebt an sich. „Bitte, Chi-chan. Erspare uns das.“ „Ach, Aani! Es war so geil, nicht wahr, Yui-kun! Die ganze Nacht haben wir…“ „Lisa!“ „Gekuschelt und geschmust!“ Verblüfftes Schweigen machte sich breit. „Was schaut ihr so blöd?“, beschwerte sich Yuki. „Das hört sich so an, als wäre das neu für euch“, entschuldigte sich Aryan. „Und für euch ist es normal, oder was?“ Yoko und Yami schlugen sich die Hände über dem Kopf zusammen. „Meine Fresse, ihr verarscht uns, oder?!“ „Was sie damit sagen wollen…“, begann Aryan sanfter, „… ist, dass es kaum etwas natürlicheres gibt bei zwischenmenschlichen Bindungen. Es ist ein instinktiver Drang, dem geliebten Menschen nahe zu sein.“ Demonstrativ deutete er kurz auf sich und Yami, die er wie immer an sich gedrückt hatte und küsste nebenbei ihren Scheitel. „Aber keiner hat mir gesagt, dass es so schön ist“, verteidigte sich Yuichi. Seine Augen glühten auf, als er Yuki ansah. „Du verpasst wirklich etwas, arme Yoko. Mit so einem Eisklotz wie Aki-chan.“ „Hey, du soziale Entwicklungsbremse! Selbst Zuma genießt den einen oder anderen zärtlichen Moment. Somit bist du hier unser Beziehungs-Neandertaler!“ „A-aber…“ Er suchte Anjaanis Blick. „Und dieser Dämon? Inuyasha?“ „Entschuldige, Chi-chan“, sagte sie. „Inuyasha ist das reinste Schoßhündchen“, lachten die Drillinge. „Wer ist ein Schoßhündchen?!“ Mit Inuyashas Fauchen krachte die Tür auf. Anjaani verschluckte sich an einem Apfelstückchen. Mit ihm hatte sie nicht gerechnet. Nicht, nachdem sie ihn davongejagt hatte. Fast verrauchte Wut stieg wieder in ihr empor, doch seine golden blitzenden Augen ließen verräterische Schmetterlinge in ihrem Bauch flattern. „Wir haben nur gesagt, dass du unter Aanis Händen zu einem schnurrenden Fellknäuel wirst.“ „Wow, war das ein toller Auftritt“, begeisterte sich Yuichi und unterbrach ein aufkommendes Gebrüll. „Du bist hübscher, als im Fernsehen. Du gefällst mir!“ „Und was ist das bitteschön?!“ Schon fast angeekelt deutete er auf den Japaner. „Ich?“ Yuichis Stimme wurde weich und dunkel, seine Augen verschleierten sich. „Ich bin die Offenbarung deiner geheimsten erotischen Wünsche.“ Auf Inuyashas Blick hin brachen alle in schallendes Gelächter aus. „Bist du schon zurück?“, fragte ihn Anjaani. Ihre Stimme war normal, trotzdem verstummten alle angespannt. „Stört es dich?“ Er bereute seine Reaktion sofort. „Nein, ich freue mich nur, dass es dir gut geht“, antwortete sie ehrlich. Inuyasha sah sie an, schon fast hilflos und seine Ohren zuckten. „Oh, wie süß!“, freute sich Yuichi. „Darf ich mal anfassen, darf ich, darf ich?“ „Du bist wohl völlig gestört“, grollte Inuyasha und zückte die Krallen. „Du hast nur Angst, dass du meinem Charme unterliegen könntest“, zwinkerte Yuichi. Das war unfassbar! Dieser kleine Clown ließ sich kein bisschen einschüchtern. „Komm schon, Inuyasha. Ich bin auch ganz zärtlich zu dir.“ Inuyasha wusste, dass es keinen Sinn hatte. Er ließ den Kopf hängen. „Du bist ja schlimmer als die Nervensägen“, jammerte er, was Yuichi gehörig stolz machte. „Nur, im Gegensatz zu denen, kann ich dich rausschmeißen.“ „Versuch es“, forderte ihn Anjaani ruhig auf. „Du bist schneller hier draußen als er.“ Inuyasha war fassungslos. „Du ziehst IHN vor?! Was zum-“ „Seit wann bist du keine Jungfrau mehr?“ Inuyasha starrte Yuichi an, der diese Frage an Yami gerichtet hatte. Als wäre dieser total übergeschnappt, starrte der Hanyou den Japaner an. Yuichi musterte Yami neugierig. „Als ich dich das letzte Mal gesehen hab, warst du jungfräulich“, stellte er fest. „Woher weißt du das?“, fragten die Drillinge unisono. „Ich weiß nicht, woher er das weiß“, verteidigte sich Yami sofort vor Aryan, der ihr lachend einen Kuss gab. „Hey, ich war dran“, beschwerte sich Inuyasha. „Dein Aufmerksamkeitsdrang nervt“, winkte ihn Yuki ab und starrte ihren neuen Freund begeistert an. „Du hast einen sechsten Sinn?“ „So ein Schwachsinn. Ich habe mich selber davon überzeugen können. Körperlich meine ich.“ „Das stimmt doch gar nicht“, regte sich Yami auf. „Hör auf, hier so einen Unsinn zu erzählen. Als ob ich mich von dir anfassen lassen würde.“ „So abwehrend warst du am Samstag nicht“, grinste er. „Auf der Tanzfläche.“ „Da war nichts gelaufen, du Dummschwätzer!“ „Ach, wirklich? Tut mir leid, Aryan, so treu ist sie nicht.“ „Yuichi, ich schwöre dir“, schäumte Yami vor Wut, „ich schlage dir dein Lügenmaul zusammen!“ „Ich weiß doch, dass er lügt“, beruhigte Aryan sie. „Er hat wirklich einen sechsten Sinn.“ „Dich kann man nicht eifersüchtig machen?“, beschwerte sich Yuichi. „Nicht auf diese Weise. Yamis Treue bin ich mir todsicher.“ „Klar, der erste Mann ist immer etwas Besonderes. Du bist ihr erster, das sehe ich ihr an, so wie ich jeder Frau ansehen kann, ob sie jungfräulich ist, oder nicht.“ „Woher weißt du das?“ Anjaani war trotz des abstoßenden Themas fasziniert. Sie selbst war zwar feinfühlig, aber so etwas konnte sie nicht herausfinden. „Wie machst du das?“ „Ich kann‘s dir nicht erklären, Nee-chan“, gestand er. „Ich weiß es einfach und das war immer so. Vielleicht liegt es daran, dass es das erste ist, dass mich an einer Frau interessiert.“ „Du bist perverser als die Drillinge“, fauchte Inuyasha angewidert und erntete beleidigte Blicke der Schwestern. „Zumindest genauso schlimm“, verbesserte er sich dann. „Und du bist die Unschuld vom Lande“, höhnte Yuichi. „Unschuldiger als du, Schmutzfink.“ Yuichis Augen blitzen hellblau auf. „Immerhin hast du dich an meiner Onee-chan vergriffen.“ Inuyasha klappte der Mund auf. „Was redest du da?!“ Er war mehr erschrocken als wütend. „Nenn mir einen guten Grund, warum sie keine Jungfrau ist.“ „Wer sagt denn, dass ich es gewesen bin!“ „Wie viele Frauen hattest du bisher?“ „Das geht dich einen Scheißdreck an!“ Nun war Inuyasha ernsthaft wütend. „Erotische Stimme“, lobte Yuichi. „Du hast es nicht schwer mit den Frauen. Wenn einer diesen Engel rumkriegt, dann du.“ „Hältst du jetzt deine verdammte-“ „Inuyasha?“ „Ja?“ Er reagierte überrascht, dass Anjaani ihn unterbrach. Sie hatte das Kinn auf die Hand gestützt und musterte ihn intensiv. Ihre Augen schienen ihn zu durchlöchern. „Wie viele Frauen hattest du?“ „Wie bitte?“ „Wärst du unerfahren, hättest du anders reagiert.“ „Du glaubst dem Verrückten?“ „Aryan-nii?“ Sie nahm die Augen nicht von ihm. „Was weißt du über Hunde-Dämonen?“ „Aurora, ich falle Inuyasha jetzt nicht in den Rücken“, wehrte Aryan freundlich ab. „Yoko?“ „Hunde-Dämonen sind ein mächtiges und starkes Dämonenvolk. Sie herrschten in Japan vor ungefähr-„ „Komm sofort auf den Punkt!“, beschwerte sich Yami. „Von mir aus. Hunde-Dämonen waren hoch angesehen, mit Frauen hatten sie es nie schwer. Und ich bin überzeugt davon, dass du, Aanilein, garantiert nicht seine erste und einzige Eroberung gewesen bist. Er macht mir den Eindruck, als kenne er sich gut mit dem weiblichen Geschlecht aus. Er hat keine Probleme, eine Frau rumzukriegen.“ Anjaani lachte leise. „Natürlich, weil Inuyasha auch so einfühlsam ist.“ Inuyasha wusste nicht, ob er erleichtert sein sollte, dass sie Yoko nicht glaubte, oder gekränkt. Schließlich hatte er auch seinen Stolz und ein wenig Erfahrung konnte er auch vorweisen. Schließlich hatte er genau gewusst, was er machen musste, als er und Anjaani… „Ich spreche nicht davon, wie unsensibel er ist. Ich spreche von seinen Qualitäten als Liebhaber.“ „Hältst du jetzt den Schnabel“, brummte Inuyasha finster. „Sonst zeige ich dir die Qualitäten meiner Krallen.“ „Das ist ja furchtbar! Inuyasha ist nicht so einer“, behauptete Anjaani ungläubig. Ihre Blicke trafen sich. Sie verteidigte ihn? Wärme füllte seine Bernsteinaugen und drang heiß durch jede Faser ihres Körpers. Es war, als würde sie sich jedes Mal neu in ihn verlieben, wenn er sie so ansah. „Siehst du das?!“, zerriss Yoko den Zauber. „Genau das meine ich! Dieser Blick! Keine Frau würde das kalt lassen. Er weiß genau, was er machen muss, um dich rumzukriegen.“ Anjaani zuckte zusammen. Meine Güte, ja, das wusste er! „Merkst du nicht, wie passend er seine Stimmer einsetzt, seine Augen? Seine männliche Dominanz ausspielt, geschickt mit Nähe und Gleichgültigkeit jongliert? Es sind die Kleinigkeiten, die nur ein Könner beherrscht. Wie oft hat er diese Tricks bei dir angewandt?“ Anjaanis Augen weiteten sich in der Erkenntnis. „Wie oft, hat er dich schwach gemacht, um seinen Willen durchzusetzen? Wie oft hat er es schon bei anderen Frauen getan? Es reicht ein kleiner Blick, Aanilein. Jetzt stell dir vor, was wäre, wenn er sein ganzes Können einsetzt. Wie lange könntest du ihm widerstehen?“ „Jetzt reicht es mir aber!“ Inuyasha verlor die Nerven. Er sah Anjaani an. „Du glaubst ihr?“ Er las die Antwort in ihren dunklen Augen, die Vorwürfe und die Abneigung. Ja, sie glaubte Yoko. „Sie lügt nicht, Inuyasha.“ „In deinen Augen bin ich eine Schlampe?!“, brüllte er und stürmte über den Balkon davon. „Ich wusste nicht, dass auch Männer Schlampen sind“, wunderte sich Yuichi. „Du verstehst nicht, was dieses Wort bedeutet“, seufzte Anjaani. „Ich habe ihn gekränkt.“ Und wie sie das hatte! Inuyasha schmollte und sprach drei Tage kein Wort mit ihr, er strafte sie mit bösen Blicken und eisigem Schweigen. Auf den Rest reagierte er, besonders auf Yuichi, der es meisterlich verstand, ihn zur Weißglut zu treiben. Doch auf sie blieb er wütend. Warum? Wahrheit hin oder her, sie glaubte daran und nun war er für sie ehrlos. Sie traute es ihm zu und das brach das Vertrauen, das er in sie hatte. „Inuyasha-chan“, flötete Yuichi am 4. Tag beim Frühstück. Er knurrte nur bedrohlich. „Gib mir Tipps, wie ich Frauen rumkriege.“ „Hörst du endlich auf, mir diese Fragen zu stellen?!“ „Dann sag mir wenigstens, wie ich Jungfrauen verführen kann?“ „Welche Jungfrau willst du denn verführen?“, empörte sich Yuki. „Dich.“ Er blickte in sprachlose Gesichter. Sogar Inuyasha starrte ihn mit kugelrunden Augen an. „Ich spüre, dass sie es nicht ist, aber sie muss es sein“, erklärte Yuichi seine Behauptung, während er arglos weiter aß. „Wisst ihr, ich habe auch meine Erfahrung mit Frauen und bisher hat sich mir keine einzige verweigert. Nur bei Yuki bin ich gescheitert. Sie muss unschuldiger sein, als sie vorgibt. Nur eine Jungfrau würde mich ablehnen. Arme, unerfahrene Yuki-chan.“ Alle drei Schwestern prusteten gleichzeitig los. Sie lachten Tränen. „War das der Witz des Tages?“, kommentierte Yuichi. „Genau“, japste Yoko. „Die ist alles andere als unschuldig“, bestätigte Yami. „Aber du“, lächelte Aryan. „Also bitte, so schlimm bin ich nicht! Sie hat vor deinen Augen nach deiner Penisgröße gefragt.“ „Hey“, mischte sich Anjaani entsetzt ein. „Benutz dieses Wort nicht!“ „Penis?“, fragte Yuichi und erntete einen bösen Blick. „Du bist aber empfindlich.“ „Genau, und ich will dieses Wort nicht hören!“ „Penis?“ „Yuichi!“ „Lass es“, kicherte Yuki. „Sie hat eine Penis-Phobie.“ „Ich habe keine Phobie“, verteidigte sie sich. „Ich hasse das Wort und ich habe nun mal Angst vor… davor!“ „Tu nicht so unschuldig, Anjaani“, sagte Inuyasha und hob den Blick. „Gegen meinen hattest du doch auch nichts.“ Anjaani stockte hörbar der Atem. Ihr Gesicht wurde blass, ihre Augen füllten sich mit Entsetzen. Inuyasha hingegen sah sie regungslos an mit seinen brennenden Glutaugen. „Wiederhole das“, hauchte sie so leise, dass nur er es klar verstehen konnte. Sie hoffte, sich verhört zu haben. Es käme einen Verrat gleich. Inuyasha würde ihr das doch niemals antun. Sie war ihm doch noch etwas wert, oder? Doch Inuyashas Augen blickten sie mit einem kalten Lächeln an. „Du hast es gehört. Du bist nicht so unschuldig, wie du tust. Das bist du bei weitem nicht!“ Seine Worte hallten wie Donnerschläge in der Stille. Man konnte schon fast hören, wie sie Anjaanis Herz durchdrangen. Und Anjaani? Er sah den goldenen Glanz aus ihren Augen weichen und die Reue traf ihn steinhart. Was war nur in ihn gefahren? Sie schloss die Augen und er sah kurz Tränen aufleuchten. „Raj hatte fast dasselbe zu mir gesagt“, flüsterte sie, bevor sie sich umwandte und zur Tür hinausstürmte. Reflexartig sprang Inuyasha auf, doch jemand hielt ihn zurück. Es wollte Yami unwirsch abwimmeln, da ließ sie ihre Faust in sein Gesicht krachen. Inuyasha saß missmutig am Esszimmertisch und wartete darauf, dass die blutigen Wunden in seinem Gesicht verheilten. Diese verdammten Drillinge! Er hatte sie und ihre scharfen Nägel völlig unterschätzt. Zugegebenermaßen hatte er es verdient. Und jetzt wusste er auch, dass sich die Mädchen für Anjaani sogar mit so jemandem wie ihn anlegen würden. Er gestand sich das nicht gerne ein, aber er musste sich entschuldigen. Er wusste ganz genau, was er mit seinen unbedachten Worten angerichtet hatte. Wie sehr er sie und ihr Ehrgefühl beschmutzt hatte. Sobald sein Gesicht die Menschen auf der Straße nicht mehr in Angst und Schrecken versetzen würde, würde er sie suchen und finden. Sie war bei der Arbeit, das wusste er von Aryan, von wem auch sonst. Doch er stieß an ein Hindernis. „Bis hierher und keinen Schritt weiter.“ Zuma verstellte ihm noch vor dem Eingang den Weg. Seine Augen blitzten silbern. Na toll! Noch jemand, der sauer auf ihn ist. „Ich will zu ihr“, knurrte er ohne weitere Erklärungen. „Das lasse ich nicht zu“, widersprach Zuma kühl. „Du willst mich aufhalten?“ Inuyasha baute sich vor ihm auf. Er sah kurz die Unsicherheit in Zumas Gesicht, die sein Anblick bei jedem Gegner auslöste. „Ich werde sie vor dir beschützen.“ Inuyashas grimmige Miene entglitt ihm. Sie schützen? Vor ihm? Er war doch ihr Beschützer! „Verschwinde, Dämon.“ Inuyashas Zögern machte Zuma Mut. „Ich lasse nicht zu, dass du ihr Herz noch weiter brichst.“ „Sie hat es dir erzählt?“ Seit wann war sie so vertraut mit diesem Grapscher? „Sie braucht es mir nicht zu erzählen, ich spüre es. Und momentan geht es ihr bei mir besser, als bei dir. Verschwinde, du machst dich nur lächerlich!“ Und mit diesen Worten ließ er ihn stehen. „Er ist weg“, begrüßte Anjaani ihn an der Tür des Raumes, in dem sie gerade unterrichtete. Zuma hob ahnungslos die Brauen. „Ich spüre, wenn er in meiner Nähe ist.“ „Ich habe ihn nicht zu dir gelassen.“ „Warum?“ Sie sah ihn so unschuldig an, dass es ihn in den Muskeln juckte, sie in den Arm zu nehmen und an sich zu drücken. „Um dich zu beschützen.“ Sie trat zu ihm und lehnte den Kopf an seine Schulter. Automatisch legten sich seine Arme um sie, ihr Duft berauschte seine Sinne. „Danke“, hauchte sie an seiner Brust und berührte sein Herz. Dann war sie fort und ließ ihn völlig verzaubert zurück. Inuyasha ließ seine Wut bei der Arbeit freien lauf. Es war so gut, sich auszutoben. Doch anscheinend übertrieb er es, denn es dauerte nicht lange, da machte ihm der Spielverderber einen Strich durch die Rechnung. Aryan packte ihn an der Schulter und sah ihn eindringlich an. „Beruhige dich!“, befahl er streng. Dämonenjäger waren gerade dabei, die Überreste einiger Dämonen zu entsorgen, an denen Inuyasha seine Laune ausgelassen hatte. Schwer atmend starrte Inuyasha auf seine blutigen Hände. „Du wolltest, dass ich dieses Nest vernichte“, verteidigte er sich. „Du sollst aber nicht in Wut kämpfen. Du bist ein Dämon und weißt, was passiert, wenn du die Kontrolle verlierst.“ „Ich habe mich im Griff.“ Aryan blieb hart. „Ich wiederhole mich nicht. Jetzt geh dich waschen. Und dann hilfst du dem DSE-Kommando 3 bei dem Erdrutsch am Hindukusch.“ Kommentarlos rannte Inuyasha davon. Die schwere körperliche Arbeit würde seine Nerven beruhigen. Er würde nicht mehr an Anjaani denken. An Anjaani und Zuma… Jeden Moment würde das improvisierte Vortanzen beginnen. Anjaani stand in ihrer Garderobe, noch wussten weder sie noch Zuma, zu welchem Lied sie tanzen mussten. Für welches Lied hatten sich die Leute per Internet-Wahl entschieden? Sie betrachtete das rote, kurze Kleid, dass sie gleich anziehen würde. Anjaani dachte an Inuyasha. Wie würde Inuyasha auf dieses aufreizende Teil reagieren? Er würde sich in seinen Vorwürfen, sie sei nicht unschuldig, nur bestätigt fühlen. Also griff sie nach einem engelsblauen Kleid. Das wirkte harmloser. Zuma trat ohne anklopfen ein. „Aurora, bist du…?“ Geräuschvoll entwich ihm der Atem, als er sie kurz betrachtete, seine Augen blitzen hell auf. Und die Unsicherheit in ihrem Gesicht deutete er richtig. „Hast du gehofft, in dem Fummel würdest du harmlos aussehen?“ Er konnte die Augen nicht von ihr nehmen. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Es ist fast weiß…“ „Die unschuldige Farbe steht dir wie keine zweite“, lächelte er düster. „In unschuldigem Weiß bist du am schönsten.“ Er trat dich an sie heran. „Wenn du es ausziehen willst, dann helfe ich dir.“ Sie sah die Gier in seinem Silberblick, das Verlangen und einen Hauch Sehnsucht. „Gleich beginnt unser Auftritt. Bist du bereit?“ Ihr Gesicht erhellte sich ein wenig. „Diese kleine Herausforderung reizt mich“, gestand sie. „Mich auch“, nickte er. Seine Finger fuhren durch eine ihrer Locken, sie sah ihn nur an, zuckte nicht zurück. „Lass mich dir die Haare hochstecken.“ Ehe sie reagieren konnte, trat er hinter sie, so nah, dass sich ihre Körper berührten. Sein Atmen hauchte über ihren empfindsamen Nacken, als er ihre Locken hochhob. „So weiche Haut“, raunte er, die Finger an ihrer pochenden Halsschlagader. Sie hielt den Atem an, schloss die Augen. Er war verboten nah, doch warum unternahm sie nichts dagegen? „Dir fehlt Zärtlichkeit“, murmelte Zuma an ihrem Ohr. Heiß drang seine Berührung durch ihre Venen, seine Worte trafen ihr Herz. „Was dir fehlt, kann ich dir geben.“ „Dein Herz gehört einer anderen“, sprach sie stockend. „Ach ja?“, meinte er, als er ihr Haar hochband. „Wer ist deiner untrüglichen Intuition nach die richtige für mich?“ Sie drehte sich zu ihm um, die golden schimmernden Augen durchdrangen ihn, schienen tief in seine Seele blicken zu können. „Yoko“, sagte sie voller Überzeugung. Zumas Blick wurde auf einen Schlag kühl, distanziert. Er packte grob ihre Hand und zog sie mit sich auf die Tanzbühne, vor ein erwartungsvolles Publikum. Und sprach kein Wort mehr mit ihr. Der Tanz, ein feuriger Samba-Rhythmus ließ ihn doch etwas auftauen. Es war nicht zu leugnen, sie passten zusammen wie das Ei zum Huhn. Woher kam diese Vertrautheit? Woher kam diese Einigkeit? Sie hörten sich kurz das Lied durch. Dann sahen sie sich an, verschmolzen innerlich ineinander und brannten dann miteinander im wilden Rhythmus, der sie mitriss. Jeder sah es, jeder spürte es, das Feuer zwischen ihnen. Yoko, die es live vor dem Fernseher mitverfolge, stieg bitte Galle hoch. Yuichi dagegen war von dieser Erotik fasziniert. Zuma aber war wieder völlig von ihr verzaubert. Er verließ nach ihr die Bühne und fand sie in ihrem Büro über den Papierkram gebeugt. Wann wollte sie denn Feierabend machen? Solange sie hier war, ging er ebenfalls nicht. Er setzte sich an die Kante ihres Schreibtisches. „Ich genieße es, mit dir zu tanzen, Aurora. Es macht mir Spaß.“ Sie sah ihn an. Hatte er das tatsächlich gesagt? Wärme stahl sich in ihre Augen. „Es kommt auf den Tanz an.“ „Das bildest du dir nur ein.“ Er senkte die Stimme, beugte sich zu ihr runter. „Du willst nur nicht zugeben, dass du mir nicht widerstehen kannst.“ Unwillkürlich krallten sich ihre Finger in die Tischplatte. „Das bildest du dir jetzt ein“, sagte sie und nun zuckte sie vor seiner Berührung zurück. Seine Finger blieben auf ihrer nackten Schulter ruhen. „Wovor fürchtest du dich, Püppchen?“ „Vor dir.“ Er sah sie an, war ihr so nah, dass sie die Wärme seiner Haut spüren konnte. „Habe ich dich mehr verletzt, als dieser Dämon?“ Die Worte blieben ihr im Hals stecken. „Habe ich deine Augen je mit so viel Schmerz gefüllt, wie er? Wenn du glücklich bist, sind deine Augen so leuchtend, so geheimnisvoll, so voller Hoffnung... Engelsaugen.“ Er hob ihr Kinn an. „Gefährliche Augen. Man versinkt in ihren goldenen Rausch und ist verloren. Und wenn man nicht besonders vorsichtig ist, erstechen sie einen.“ Anjaani schaute ihn nur stumm an. In ihren Augen lag keine Wut. Zwei tiefe, stille Wasser, in denen sich unterdrückte Sehnsucht und seltsame Trauer spiegelten. Der Anblick war verführerischer als wilde Leidenschaft und Zumas Wunsch sie zu küssen, sein Verlangen nach ihr war so tief, dass es seinen Verstand umwölkte, wurde so stark, das es seinen Verstand besiegte. Er zog sie in seine Arme, an sein Herz und sie ließ es geschehen. Er streichelte die zarte Haut ihres Rückens, sein Blut vibrierte in seinen Adern und pochte an seinem Hals. Anjaani barg sich in seiner schützenden Umarmung, schmolz dahin, als ihr Widerstand im verstecktesten Winkel ihres Herzens erlahmte und sich dann völlig auflöste. Sie so nachgiebig in seinen Armen zu spüren, gab ihm den Rest. Er wollte sie, so sehr, er konnte nicht mehr klar denken. War nicht dasselbe mit seinem Vater passiert? War es nicht genau dieser Zauber gewesen, der ihm die Mutter genommen und seine Familie zerstört hatte? Abrupt löste sie sich von ihm. „Was ist los“, fragte sie erschrocken. Er sah sie an. Er sah in die Augen, die er so liebte und doch waren es diese Augen, die er so hasste. Sie war ihre Tochter. In ihren Adern fließt dasselbe Blut. „Dein Zauber wird bei mir nicht wirken“, schwor er sich eisern. „Mit mir schaffst du das nicht! Ich werde dir nicht unterliegen. Aber du, du wirst mein sein!“ Der jähe Schmerz in ihren Augen, ließ ihn wegschrecken. „Ich habe es satt, von jedem als Trophäe gesehen zu werden“, knurrte sie. „Was bin ich für dich? Eine Eroberung? Ein Gewinn? Ein weiterer Teil deiner Sammlung? Ich habe es so satt!“ Zumas Blick wurde kalt. Ehe sie reagieren konnte, hatte er ihre Handgelenke gepackt und sie gegen die Wand gepresst. Millimeter trennte ihre Lippen. Seine Augen glühten silbern. „Du wirst mir gehören“, versprach er düster. Angst ließ ihren Atem stocken. „Ich werde deinen Widerstand brechen, und du wirst freiwillig in meine Arme kommen. Und du wirst es hassen!“ „Weil du mich hasst?“ Die Frage war fast zu leise. Ihr süßer Atem verwirrte seine Sinne. Ihr Körper, so nah an seinem. „Mein Hass verhindert, dass du über mich siegst.“ Er stieß sie von sich, Wut in den Augen. Dann stürmte er an ihr vorbei. Anjaani sackte erschöpft in ihrem Stuhl zusammen. Sie hatte Inuyasha ihre Liebe gestanden und nun hasste er sie. Für Zuma sprossen zarte Gefühle und er hatte ihr auch gerade gestanden, dass er sie hasste. Es lag an ihr. Es musste ihr Fehler sein. Es war doch kein Zufall, dass so viele sie nicht mochten? Angefangen bei ihrer Familie. Gab es irgendjemanden, der sie aufrichtig liebte? „Aani-Schatz. Bin ich froh, dass du hier bist!“ Yami erschien in der Tür. Die Drillinge freuten sich immer ehrlich, sie zu sehen. Die Drillinge liebten sie. Anjaani warf sich der geliebten Schwester an den Hals, mühsam ihre Tränen unterdrückend. Yami erwiderte sofort die Umarmung. „Ich liebe dich, Aani“, beteuerte sie aus ihrer weiblichen Intuition heraus. „Ich werde dich immer lieben.“ „Danke“, hauchte Anjaani überwältigt. „Komm, wir gehen Heim.“ Yami zog sie nach draußen, an die frische Luft. Natürlich erzählte sie ihr, was Zuma zu ihr gesagt hatte. Yami seufzte. „Erzähl es Yoko. Die wird ihn hoffentlich genauso bearbeiten, wie Inuyasha heute.“ Anjaani sah sie nur verwundert an und Yami lachte. „Hast du eine Ahnung, wie wütend er uns gemacht hat? Ich kann es immer noch nicht fassen! Ich schwöre dir, wäre er ein Mensch, er wäre im Krankenhaus gelandet. Wir haben ihn so übel zugerichtet, dass er eine ganze Weile die Wohnung nicht verlassen konnte!“ „Geht es ihm gut?“ „Warum sorgst du dich um ihn?“ „Ich möchte trotzdem nicht, dass ihm weh getan wird.“ „Du bist zu gutmütig, Aani.“ „Lauf!“ „Was?! Hey, nicht so schnell!“ Anjaani war abrupt losgerannt, die Nerven aufs äußerste gespannt. „Wir sind in Gefahr, lauf!“ Es geschah zu schnell, als dass Yami reagieren konnte. Sie sprangen aus dem Dickicht, vier große, dunkle Gestalten. „Aani!“ Yami schaffte es sofort, den ersten abzuwehren. Auch Anjaani kämpfte wie eine Löwin, ihr Schutzwall schütze sie. Doch zwecklos. Sie war nicht so kampferprobt wie Yami. Ehe sie sich versah, wurde sie fest gepackt, auf den Boden gedrückt, sodass sie kaum Luft bekam. Sie hatte kaum Zeit, sich zu wehren. Grobe Hände rissen an ihr. Yami eilte ihr zu Hilfe, stürzte sich mit Zähnen und Klauen auf den, der Anjaani festhielt. Anjaani hörte das grässliche Knacken von brechenden Knochen und das tiefe Schmerzgebrüll. „Sakagi, was ist?“ „Das Miststück hat mir den Arm gebrochen!“ „Arata, schnapp sie dir!“ Gegen drei kam Yami nicht mehr an. Sie schaffte es noch, einem ein Stückchen Haut abzubeißen, bevor die eiserne Faust in ihren Magen krachte und sie hart auf den steinernen Boden schleuderte. Er war über ihr, kniete sich auf ihren Brustkorb, eine Rippe krachte. Seine Hände rissen an ihrem Haar, an ihren Händen. Und dann traf seine Faust ihr Gesicht. Der Schmerz explodierte grell in ihrem Kopf. „NEIN! YAMI!!!“ Lodernde Energie hüllte Yami ein, keiner kam mehr an sie heran. Doch nun war Anjaani völlig schutzlos. Brutale Hände hielten sie eisern fest. Jetzt war es zu spät. „Renn weg“, keuchte sie noch, bevor das Chloroform ihr das Bewusstsein raubte. Und Yami, in der sicheren Barriere, rannte um ihr Leben. Um ihres und Anjaanis. Panik klammerte sich um Aryans Herz. Sie war in Lebensgefahr! Er musste sie finden, so schnell es ging. Schneller! Schneller! „Yami!“ „Ich rieche sie“, hörte er Inuyashas Stimme hinter sich. „Aber ich spüre ihre Energie nicht!“ Er schloss kurz die Augen, hoffte und betete, dass es nicht das bedeutete, was er befürchtete. „Bitte lebe!“ „Aryan“, sagte Inuyasha ernst. „Ich rieche Yamis Blut.“ Yami rannte und rannte. Aryan! Zu Aryan! Aani retten! An ihren Armen pulsierten die Stellen, an denen sie die Kerle zu grob angefasst hatten. Sie bekam kaum Luft. Ihr Kopf schmerzte höllisch. Blut quoll aus ihrer Nase und der Stelle, an der ihr zwei Zähne ausgeschlagen worden waren. Sie hatte nur einen Gedanken: „Aryan!“ Sie blieb stehen, als sie seine Nähe spürte. Er war aufgewühlt. Er war da… Oh, Gott sei Dank, er war da… Sie sank erschöpft auf die Knie. Schon waren seine starken Arme um sie, gaben ihr Schutz und Sicherheit. Der Schmerz verschwand augenblicklich. „Wo ist Anjaani?“, donnerte sofort Inuyashas Stimme. „Es waren zu viele“, keuchte sie. „Ich will sofort-“ „Inuyasha, hör auf! Was ist passiert, Prinzessin?“ Aryans Stimme war sanft, warm. Sie sah ihn an, hustete Blut und den beiden Männern stockte der Atem. Inuyasha fluchte. „Wer war das?“ Aryans tonlose Stimme verriet die unterdrückte Wut. „Ich… ich…“ Sie spürte den dunklen Sog ihres hämmernden Kopfes und klammerte sich panisch an Aryan. Doch sie kam nicht mehr dagegen an und verlor das Bewusstsein. „Weck sie auf, verda-“ Inuyasha verstummte, als Aryan ihn ansah und zuckte zusammen. Er hatte den General nie so außer sich erlebt, nie diese rasende Wut im Gesicht gesehen. Er trat einige Schritte zurück, aus Angst, Aryans Zorn abzubekommen. „Such Aurora“, befahl dieser kalt. „Keine Rast, bis du sie nicht findest.“ Inuyasha gehorchte sofort. „Warte!“ Aryan hielt ihn kurz zurück, der Griff unkontrolliert schmerzhaft. „Finde den, der Yami geschlagen hat.“ Seine Stimme war grausam. „Lass ihn dafür büßen.“ „Aryan!“ Das Wort kam Yami über die Lippen, noch bevor sie völlig bei Bewusstsein war. „Aryan ist nicht hier, Mäuschen“, hörte sie die Stimmen zweier Frauen. Sie richtete sich ruckartig auf, blickte sich in einem fremden Schlafzimmer um. Neben ihr standen zwei gleich alte, identisch aussehende Frauen, logischerweise Zwillinge. „Wer seid ihr?“ „Witzig“, meinte die eine sarkastisch. „Sag uns lieber, was mit Aani passiert ist.“ „Aani?“ Ihr Kopf war wie ein reißender Strudel. Was war geschehen? Wo war sie und… eisig fuhr es in ihre Venen. Wer war sie? „Wie heiße ich? Ich kenne meinen Namen nicht!“ Die Frauen wurden bleich. „Oh verdammter Mist!“ „Warum weiß ich nichts?“ Ratlos sahen die Frauen sich an. Die rot bekleidete nahm ihre Hand. Diese Berührung war seltsamerweise vertraut. „Dein Name ist Yami und wir sind deine Drillingsschwestern. Du wurdest schwer verwundet, als du dich gegen vier Männer gewehrt hast, die dich und Aani entführen wollten. Du konntest entkommen, Aani leider nicht.“ Yami glaubte ihr jedes Wort. „Wie lange ist das her?“ „Nur ein paar Stunden. Aber deine offensichtliche Amnesie kommt uns wirklich ungelegen. Vielleicht kriegt Aryan das hin.“ „Aryan?“ Eine seltsame Wärme erfüllte ihr Herz bei dem Klang dieses Namens. „Was für ein wunderschöner Name…“ „Einiges bleibt wohl fest im Hirn verankert“, bemerkte die Blaubekleidete. „Ich bin zurück!“, ertönte plötzlich eine kräftige, männliche Stimme. „Ist sie wach?“ Yami blieb der Mund offen stehen, als ein Götterbild eines Mannes den Raum betrat. Er trug enge, schwarze, ärmellose Kampfkleidung. Sein Körper strotzte vor Kraft und Muskeln, seine Haut war dunkel, sein Haar seidig braun, das Gesicht engelsgleich… und- sie vergaß zu atmen- diese Augen! Unsterblich verliebte sie sich in diesen Mann. „Was ist los mit ihr?“, fragte er besorgt. „Yami, atme!“ Himmel, hatte er eine Stimme! „Du lieber Himmel“, hauchte sie völlig überwältigt. „Wer ist das?“ „Oh nein“, murmelte er. „Sie weiß nicht einmal ihren Namen“, erklärte ihm Yuki. „Aber ihre Gefühle für dich hat sie anscheinend nicht vergessen.“ „Du bist Aryan.“ Yami war immer noch völlig überwältigt. „War ja klar“, grinste Yuki. „Der einzige, den sie kennt, ist er.“ „Ich spüre es“, meinte Yami. „Ich habe nur diesen Namen im Kopf- Oh!“ Sein Lächeln raubte ihr den Atem. „Ich bin verliebt“, schwärmte sie. „Hast du eine Freundin? Wie wäre es mit mir?“ So seltsam die Situation auch war, Aryan konnte nicht anders, als zu lachen. Nichts konnte ihn anscheinend aus Yamis Herzen vertreiben. „Das wird dich jetzt von den Socken hauen“, zwinkerten ihre Schwestern. „Er ist dein fester Freund.“ „Dieser griechische Gott?“ Der griechische Gott nickte. „Eigentlich bin ich Inder, Prinzessin.“ Sie glaubte es nicht. Er war ihr Freund? ER?! Mit ihr zusammen? Er liebte sie? Er beschützte sie. Vor brutalen Männern. Die sie angegriffen haben. Ihr Gedächtnis geraubt haben. Ihre Freundin in ihrer Gewalt haben. Das war zu viel. So viel auf einmal hielt sie nicht aus. Der Schwindel wurde schlimmer, ihr Kopf schien zu explodieren. Schreiend krallte sie die Hände in ihre Schläfen. Die panischen Stimmen versanken im Strudel, es existierte nur der Schmerz. Plötzlich war da diese unendlich weiche, unendlich zärtliche Wärme, die den Schmerz durchdrang und vertrieb. Seine Augen drangen tief in ihre Seele, berührten ihr Herz und dann… Himmel, dann küsste er sie! Es war wie ein loderndes Inferno, das sie gewaltsam mitriss, jeden Zentimeter ihres Körpers verbrannte. „Oh, Aryan“, stöhnte sie leise an seinen vollen, brennenden Lippen. „Und schon ist alles gut“, spottete Yuki. „Ja, wer hätte das denn gedacht? Aryan-nii, ich rufe dich an, wenn ich mal Migräne habe.“ Yami schrie auf, die Tatsachen trafen sie steinhart. „Scheiße, Aani! Wo ist Aani?“ Tränen schossen ihr in die Augen, durchtränkten Aryans Kleidung. „Wir suchen Aurora pausenlos“, murmelte er in ihr Haar. „Wir finden sie, bevor ihr etwas passiert. Wie geht es dir?“ Sie fasste sich an den Mund. Ihre Zähne? Man hatte sie ihr doch ausgeschlagen? „Glaubst du, ich lasse auch nur einen Kratzer an dir? Wer hat dir das angetan?“ Aufgrund seines Tonfalles, entschied sie, ihm lieber nicht ins Gesicht zu sehen. „Sag es ihm bitte“, grummelte Yoko. „Seine Laune ist unerträglich, das halte ich nicht mehr aus.“ „Ich weiß es nicht. Es geschah viel zu schnell. Es waren vier Kerle. Alle riesig. Was ist mit Aani?“ „Wir suchen sie. Und wir finden sie. Es wird alles gut. Sie weiß sich zu schützen.“ „Sie hat mich beschützt, sonst wäre ich nicht entkommen.“ „Du hättest dich nicht wehren sollen“, flüsterte er leise und empörte sie zutiefst. „Sag mal, spinnst du? Soll ich mich etwa verschleppen lassen?!“ Ihre Schwestern zuckten zusammen. Keine der beiden hätte sich getraut, so mit Aryan zu reden. „Wenn ich den erwische, der mich verprügelt hat, breche ich ihm auch den Arm!“ „Wenn ich ihn erwische, passiert ihm schlimmeres!“ Laut sagte er: „Du hast einen verletzt?“ „Ja, und kein glatter Bruch. Einem anderen habe ich irgendwo Haut ausgebissen.“ Stolz und Bewunderung lag in seinen Smaragdaugen. „Moment“, zischte Yoko plötzlich und sah Aryan vorwurfsvoll an. „Es war nicht nur ihr Blut in ihrem Gesicht? Sie hatte die DNA des Täters an sich? Ich habe es dir doch gesagt!“ „Ich habe mich nun einmal nicht gedulden können“, verteidigte sich Aryan. „Und ihr habt es dabei belassen.“ „Weil du total gruselig warst“, mischte sich Yuki ein. „Keine hätte sich getraut, mit dir zu diskutieren.“ „Sie haben sich bei ihren Namen genannt.“ Aryan sah Yami eindringlich an. Der Wunsch, Anjaani zu retten lag ihm deutlich in den Augen. Und noch etwas. Etwas Unbekanntes, Kleines und erschreckend Düsteres: Der Wunsch nach Rache. „Niemand fasst dich so an, ohne es bitter zu bereuen, mein Herz“, hauchte er. „Nenne mir die Namen.“ „Ich weiß sie nicht mehr.“ Er seufzte.“ Dann werden wir auf die DNA-Ergebnisse warten.“ Yoko sah ihn überrascht an. „Yami hatte Haare der Angreifer auf ihrer Kleidung. So nachlässig bin ich dann doch nicht. Ich werde diese Bande erwischen.“ Etwas Hartes, Abschreckendes trat in seine Augen. „Ihre Galgenfrist hat sich nur verlängert.“ „Es sei denn, ihr fallen die Namen wieder ein?“ Aryan nickte. „Wenn sie mir wieder einfallen…“ Sie schluckte nervös. „Wirst du sie dann umbringen?“ „Natürlich nicht“, versicherte er zärtlich. „Sie werden sich wünschen, ich hätte sie umgebracht.“ Anjaani fröstelte es. Ihre Stimmung schwankte regelmäßig zwischen Wut, Furcht und Hoffnungslosigkeit. Sie wusste, was sie erwartete und wo sie gelandet war. Sie saß in einer spärlichen Zelle, mit gekalkten Wänden, lieblos von einer Glühbirne beleuchtet und wartete auf ihre „Untersuchung“, wie ihre Entführer es nannten. Die Organisation, zu der die Kerle gehörten, befasste sich mit Menschenhandel. Sie würde schlicht und einfach verkauft werden, doch vorher würde man ihr Gehirn manipulieren. Wie, das wagte sie gar nicht, sich vorzustellen. Aber davor würde die Untersuchung zeigen, ob sie jungfräulich war oder nicht. Eine Jungfrau war mehr wert… Leise kullerte eine Träne. Ihr Gebet verhallte stumm. „Bitte rette mich, Inu… Aryan!“ Sie zwang sich regelrecht auf, diesen Namen zu denken, doch es war sinnlos. Sie erwischte sich immer wieder, wie sie im Gedanken nach Inuyasha rief. Dabei war es vorbei und sie musste sich mit der Tatsache abfinden. Und doch hoffte sie, er würde kommen. Wenn nicht, hatte sie nichts mehr, nur ihren größten Wunsch, der eigentlich erloschen war. Er war wieder erwacht, als sie hier zu sich gekommen war. Als Anjaani das Bewusstsein wiedererlangt hatte, hatte sie zuerst nur das pechschwarze Nichts um sich wahrgenommen und ein altbekannter Hoffnungsschimmer hatte sich ausgebreitet, ihr urwüchsigster Wunsch. Ihr Wunsch aller Wünsche. „Bin ich endlich tot?“ Doch dann begann sie die Kälte zu spüren und ihren schmerzenden Körper. Statt Erleichterung zu spüren, weil sie am Leben war, empfand sie Enttäuschung. Seit sie Inuyasha begegnet war, sehnte sie sich mehr nach dem Leben als nach dem Tod. Doch es war vorbei. Sie war für ihn unbedeutend und unwichtig und damit hatte sie ihn verloren. Aryan würde sie bald hier rausholen, wo immer sie sich gerade befand, aber auf Inuyasha konnte sie umsonst hoffen. Und doch wünschte sie nicht nur zwei Dinge: Inuyasha möge sie retten oder sie möge sterben. Und das bevor die „Untersuchung“ stattfand. Sie wusste nicht, wie lange sie wartete, ob Stunden, oder schon Tage vergangen waren. Jedes Zeitgefühl hatte sie verloren. Hunger und Durst wurden langsam zu einem dumpfen Ziehen, das ihren Magen zu betäuben schien. Die Tür ihrer momentanen Zelle schwang auf und einer ihrer Entführer, ein großer, maskierter Mann trat ein. Er riss sie wortlos an ihren vor ihrem Körper gefesselten Armen hoch und trieb sie wie Vieh vor sich her. Ihre Knie gaben unter ihr nach, nur mühsam konnte sie ihren Körper kontrollieren. Auch ihr Geist war wie benebelt. Man musste ihr Drogen verabreicht haben, denn sie hatte keinerlei Macht über ihre Energie. „Langsamer, bitte. Meine Beine sind eingeschlafen.“ Ihre Stimmer war schwach, ihre Kehle ausgetrocknet. „Maul halten, Schlampe“, grollte der Kerl hinter ihr. Sie wirbelte zu ihm herum, die Augen blitzend vor Zorn und der Maskierte starrte sie an. Man sah ihr Gesicht kaum unter dem Schleier, doch Anjaanis Wut verfehlte ihre Wirkung nie bei Männern. Allein ihre Augen drohten, die Seele zu rauben. Ihr Gegenüber war kaum seiner Sinne mächtig. „Nenne mich nie wieder so!“, mahnte sie ihn. „Wie kannst du es wagen, mich so zu beleidigen, ohne mich zu kennen?“ „Ich…“ Er war völlig verwirrt. „Ich habe einen Namen, wie du auch. Meiner lautet Aani. Wie bist du erzogen worden? Gar nicht“, erkannte sie und ihre Stimme wurde sanft. Die Wärme in ihren Augen kroch ihm kribbelnd unter die Haut. Er hatte keine Ahnung, was gerade mit ihm passierte. „Du hast Besseres verdient“, flüsterte sie und er schrak zusammen. „Hey, Shao“, zerriss eine männliche Stimme die Luft. „Was treibst du da mit der Schlampe?“ „Nenn sie nicht so“, brüllte Shao, bevor Anjaani sich wehren konnte. „Sonst stopf ich dir dein Drecksmaul!“ Der andere wich zurück, auch weil Shao locker einen Kopf größer war. Er entschied, das seltsame Verhalten zu ignorieren. „Beeil dich, bevor die Kralle uns Beine macht.“ Bei diesem Namen durchfuhr beide Männer ein Schauer. Shao führte Anjaani weiter, bevor der andere sie berühren konnte, doch seine Hände waren sanfter als vorhin. „Schneller, Sakagi will sie persönlich… behandeln.“ Er lachte, als einziger. Anjaani meinte sich zu erinnern. So hieß doch derjenige, den Yami verletzt hatte. „Arata“, flüsterte sie. „Was?“ Er drehte sich zu ihr um und schreckte vor dem Ausdruck ihrer Augen zurück: pures Mitleid. Arata war derjenige gewesen, der Yami verletzt hatte. Oh, sie wollte nicht wissen, was Aryan mit ihm anstellen würde. Aryan war sanft, gerecht und voller Mitgefühl, doch wie schnell war sein Mitgefühl aufgebraucht, wenn es um Yami ging? Arata konnte sich von ihren Augen nicht lösen. Es war wie ein magischer Sog, der eine wohlige Wärme in seinem Bauch auslöste. Er sah in ihre Augen und alles schien ihm vergeben und verziehen. Er fühlte sich wertvoll und geliebt. Mühsam schüttelte er seine lächerlichen Gedanken ab. Wenn die Kralle ihn beim Faulenzen erwische, war er dran. Und niemand begegnete der Kralle freiwillig. Also ergriff er den Ellenbogen der jungen Frau und zog sie hinter sich her. „Ich muss auf Toilette“, sagte sie. Er blieb abrupt stehen, die grobe Antwort lag ihm auf der Zunge. Doch ihre Augen hatten eine unglaubliche Ausstrahlung. Nie im Leben hätte er es geschafft, ihr zu widersprechen. Was war nur mit ihm los? „Shao, begleite sie. Aber beeil dich, sonst hetzte ich die Kralle persönlich auf dich!“ Das war eine Lüge. Keiner hatte den Mut, die Kralle anzusprechen, geschweige denn, ihm Befehle zu erteilen. Doch Shao gehorchte wortlos. „Du wolltest mit mir reden“, sagte ihre sanfte Stimme, als sie alleine waren. „Was?“ Überrascht drehte er sich zu ihr um. Warm drangen ihre Augen zu ihm, bis tief in seine Seele und öffneten sein Herz, sein kaltes, versteinertes Herz. „Wie meintest du das?“ Seine Stimme war unsicher, schon fast verängstigt. „Ich meinte es so, wie ich es gesagt habe.“ Ihre Stimme war weich wie Watte, süß wie Honig und voller Vergebung. „Du hast etwas Besseres verdient, als das, was du dein Leben lang bekommen hast.“ „Woher weißt du, was ich verdiene? Siehst du denn nicht, was ich hier tue?“ Leise Verzweiflung drang nach außen. Vor Anjaani hatte noch nie jemand seine wahren Gefühle verbergen können. „Ich sehe, dass du es besser gemacht hättest, wenn du nur die Chance dazu gehabt hättest. Aus dir kann so viel mehr werden. Du bist es wert, alles zu bekommen, was du möchtest.“ „Nein“, beharrte er, völlig verwirrt von seinen Gefühlen. „Jemand wie ich, hat es nicht verdient, geliebt zu werden. Niemand liebt mich.“ „Ich schon.“ Er riss die Augen auf. „Weil ich sehe, welcher wundervolle Mensch du in Wirklichkeit bist und sein würdest, wenn du eine Chance gehabt hättest.“ Er war gebrochen, sie hatte ihn vollkommen in ihrer Gewalt. Und er kam nicht dagegen an. „Doch du hast die Möglichkeit, dieser Mensch zu werden.“ Er sah sie an, seine Augen funkelten hinter der Maske. Hoffnung. Er zog ein Messer hervor, schnitte mit einer fließenden Bewegung ihre Fesseln durch. „Wir gehen“, sagte er. „Ich hole dich hier raus, bevor-“ „Shao, du verdammter Trottel! Wo willst du hin?“ Ein anderer Maskierter mit bandagiertem Arm stellte sich ihm in den Weg. „Ich musste auf Toilette.“ „Dich fragt niemand, Miststück.“ Noch ehe er ausreden konnte, hatte Shao ihn am Kragen gepackt und von den Füßen gerissen. Sakagi riss die Augen auf, doch sofort stahl sich ein fieses Grinsen in sein verdecktes Gesicht. „Schlag zu und die Kralle wird es erfahren.“ Als hätte Shao sich an Sakagi verbrannt, ließ er ihn fallen. „Jetzt geh zum Boss, du weißt, was er von dir will.“ Shao trollte sich, sah sich nicht mehr nach Anjaani um. „Und du kommst mit mir mit. Jetzt werden wir deinen Wert ermessen.“ Anjaani stemmte sich gegen seinen Zug. „Ich bin keine Jungfrau“, ächzte sie. „Das musst du gar nicht erst herausfinden.“ Trotz seines Handicaps, gelang es ihm mühelos, sie in Schach zu halten. „Lass das meine Sorge sein.“ Die wollüstige Vorfreude war seiner Stimme deutlich anzuhören. Er schaffte es sogar einhändig, ihr die Augen zu verbinden. Eiseskälte überkam sie, ihre Knie wurden weich wie Wachs. Diese verdammten Drogen! Wenn sie doch nur ihre Energie einsetzen konnte. Sakagi war anders als Shao. Er hatte kein Gewissen, keinen Tropfen gutes Blut. Er war durch und durch verdorben. Hier hatte sie keine Chance. Er zerrte sie hinter sich her, endlos schien es ihr und mit jedem Schritt kam sie ihrem persönlichen Schafott näher. Bis sie eine Tür quietschen hörte. Sie stemmte sich wieder gegen ihn. „Ich bin keine Jungfrau, warum glaubst du mir nicht?“ „Ich glaube dir.“ Sie spürte seinen Atem unangenehm heiß an ihrem Ohr. „Dass du keine bist, bedeutet, dass ich meinen Spaß mit dir haben kann, ohne dass mir die Kralle die Eingeweide herausreißt. Er riecht Lügen wie ein Hai Blut.“ Jäh wurde sie gestoßen, fiel auf eine weiche Matratze. Er riss ihr die Augenbinde herab, sein Körper drückte ihren nieder. Und reflexartig schlug die ihm gegen den gebrochenen Arm. Er schrie grell auf vor Schmerz, fluchte und jaulte. Doch sie kam von ihm los. Nur leider kam sie nicht weit. Stählerne Finger packten ihren Hals, schnürten ihr die Luft ab, rissen sie von den Beinen. Ihr wurde schwarz vor Augen. „Wo willst du hin, dreckige Hure?“ Sie erkannte Aratas Stimme, doch die konnte vor lauter Sauerstoffmangel nicht antworten. Hilflos ließ sie sich von ihm fortzerren, in einen anderen Raum, auf ein anderes Bett. Ihre Schreie verhallten ungehört, ihre Tränen verrannen ungesehen. Sie wehrte sich mit Händen und Füßen, doch es war sinnlos. Arata war stärker und ihr Sträuben machte ihn nur noch heißer. Das war ihr Ende. Er riss ihr den Schleier vom Gesicht und erstarrte mitten in der Bewegung. Das war ihre Rettung. „Wie geht es Yami?“ „Geh Aani suchen, verdammt noch mal!“, fauchte Yami, bevor er sie umarmen konnte. Ihren Schwestern fielen vor Schock fast die Augen aus dem Kopf. „Ich gehe gleich wieder“, versicherte er beschwichtigend. Sie allerdings war stinksauer. „Ich lebe, bin gesund und sogar geheilt. Hör auf ständig nach mir zu sehen, als würde ich im Sterben liegen. Aani ist irgendwo da draußen, wo Arata und Sakagi ihr was weiß ich antun können und du- du kümmer-“ „Was hast du gesagt?“, unterbrach er sie scharf und sie zuckte vor dem Ausdruck seiner Augen zurück. „Du erinnerst dich an die Namen?“ Ihre Augen wurden groß, als sie begriff und sie erinnerte sich. „Arata und Sakagi.“ Er fluchte leise und rannte aus der Wohnung. Hoffentlich ging es Aurora gut. Er griff nach seinem Handy. „Inuyasha, komm zur U-Bahn beim Museum. Folge meiner Fährte.“ Seit Stunden musste Anjaani mit ansehen, wie sich ihre vier Entführer um sie stritten. Ihr Gesicht hatte ihr das Leben gerettet. Seit es enthüllt war, wurde sie wie eine Himmelserscheinung behandelt. Nun würde sie anscheinend nicht ausgeliefert werden, aber hergeben wollte sie keiner der Männer. Allein Shao plädierte auf ihre Freilassung. Es arterte am Ende in einer ernsten Schlägerei aus. Bis Anjaani die rettende Idee kam. Als die Männer blutend und keuchend nach Luft rangen, kam ihr wie zufällig ein Gedanke. „Wird die Kralle euch das durchgehen lassen?“ Bingo! Voll Entsetzen wurde sie angestarrt. Alle waren blass geworden. Ein Plan musste geschmiedet werden, sie sicher hier raus zu schaffen. Vorsichtig gingen sie vor. Eine Etage nach der anderen. Immer nur ein Mann an ihrer Seite. Am Ausgang trafen alle aufeinander, waren nicht entdeckt worden. Anjaani war so gut wie frei. „Sobald wir hier draußen sind, wird sich entscheiden, wer sie bekommt“, verkündete Arata düster. Wie die anderen auch, hatte er einige Schrammen und dunkle Flecken im Gesicht. Die sonst partnerschaftliche Stimmung zwischen den Männern war unter dem Gefrierpunkt. „Und dann?“ Anjaani sah sich in der Runde um. Sie war der Freiheit so nahe. Shao war der einzige, dem ihre Sicherheit wichtig war. Die anderen drei wollten sie einfach nur besitzen. Shao lächelte sie väterlich an. „Dir geschieht nichts“, sagte sein Blick. Laut sagte er jedoch: „Wir überlegen später, was wir mit ihr machen. Zuerst muss sie hier raus und zwar, ohne dass sie die Kralle erwischt.“ „Wer ist denn diese Kralle?“ Es war unleugbar, dass die Männer bleierne Angst packte bei diesem Namen. Wer war so mächtig und grausam, dass er all diesen Kerlen solch eine Furcht einjagte? „Die Kralle ist die rechte Hand vom Oberboss “, begann einer so leise, als könnte er die Kralle herrufen und zog sie ungeduldig mit sich, der Freiheit entgegen. „Er ist der Teufel persönlich. Ich schwöre, dieser Kerl hat sie Hölle erschaffen. Er ist ein wahr gewordener Alptraum. Wir müssen schnell weg, bevor- AAAHHH!“ Alle krampften sich zusammen. „Bevor ich sie finde“, beendete die Kralle seinen Satz. Anjaani erstarrte. Er stand vor ihr, groß, brutal, eiskalt, ein wahr gewordener Alptraum. Aryan. Dieselbe Angst packte sie plötzlich. Er war Aryans Körper, aber sein Geist war der des Teufels. Sein Gesicht finster, die Augen eiskalt, das Lächeln grausam. Er stand vor ihnen und alle wussten: Jetzt ist es aus. „Wie seid ihr auf die Idee gekommen, mich zu hintergehen?“ Sie waren winzig. Verängstigte, zitternde, kleine Mäuse. Gebückt, den Kopf gesenkt, sie atmeten kaum. Sein pechschwarzer Blick traf ihre Augen. „Dein Name, Mädchen.“ Sie sah ihn nur an. Seine Augen verengten sich leicht. „Dein Name!“ Es war wie ein Donnerhall. Da plötzlich, für einen Atemzug nur. Ein grünes Glitzern. Es sagte ihr, sie sollte keine Angst haben. Oder hatte sie sich das nur eingebildet? War das Aryan? Jemand stieß sie unsanft in den Rücken und sie stolperte nach vorne. Er zog sie an sich, überraschend sanft, doch sein Gesichtsausdruck war alles andere als das. Sämtliche ihrer Muskeln krampften sich zusammen. „Sie hat uns einige Probleme bereitet“, begann einer vorsichtig, um vielleicht doch noch ein wenig Wohlwollen zu ernten. „Ist sie unschuldig?“ Plötzlich schienen alle stumm zu sein, so groß war ihre Angst vor ihm. „Bist du unschuldig?“ Sie sah ihn aus entsetzt geweiteten Augen an, konnte das brutale Lächeln nicht begreifen. „Ob du Jungfrau bist, Mädchen!“ Kein Wort brachte sie heraus. „Dann werde ich es herausfinden müssen.“ Ihr wurde übel. „Aber-“, begann einer, unterbrach sich augenblicklich. „Ihr jämmerlichen Ratten kommt nicht mit ihr klar“, spottete die Kralle und deutete auf Sakagis bandagierten Arm. „Hat sie dich so zugerichtet?“ „Nein, Kralle. Eine andere war bei ihr, die ist uns leider entwischt.“ „Die kann nicht weit gekommen sein“, höhnte Arata selbstsicher. „Dem Miststück habe ich es ordentlich gegeben.“ „Du warst es… Du hast dich also an meiner Freundin vergriffen.“ Das aufgeblasene Grinsen zersprang wie Glas, alles Blut wich aus seinem Gesicht. „Ihre… Freundin…“ Und blanke Panik füllte seine Augen, als Aryan auf ihn zutrat. Etwas änderte sich in seinem Blick, dass die Männer aufschreien ließ. Das Schwarz seiner Augen wurde blutrot. Regungslos war der Gesichtsausdruck und doch sprach die Hölle aus seinen roten Augen. Seine Stimme hatte etwas Endgültiges… wie der Tod. „Ganz richtig, meine Freundin.“ Anjaani schloss rechtzeitig die Augen als sie brechende Knochen, reißende Muskeln und dann den grausamen, grellen Schmerzensschrei hörte, der ihr wie ein Eisdolch in die Haut schnitt. Die Luft war greifbar mit Angst gefüllt. Sämtliche Herzschläge waren stehen geblieben. Nur das kreischende Gewimmer ebbte nicht ab. Arata kniete schreiend aus dem Boden, vor ihm wie eine Statue Aryan, der seine zersplitterte Hand hielt. Den Arm hatte er ihm auch noch aus der Schulter gekugelt. Ihr Magen zog sich zusammen. Sie wusste, Aryan hatte sich beherrscht. „Du hast drei Sekunden, bevor ich ihn dir abreiße. Verschwinde.“ So leise und so grausam. Ein wahrer Alptraum. „Das Mädchen ist mein. Und jetzt verschwindet! Sonst könnt ihr euer letztes Gebet sprechen.“ Panisch nahmen sie Reißaus. Vor ihm, vor ihrem Bruder. Ließen sie bei ihm zurück, bei diesem Monster. Nie hatte sie Aryan so erlebt, so gefährlich und bedrohlich. Nie hatte sie eine Gefahr in ihm gesehen, nie gesehen, wie stark er ist. Nie hatte sie sich vor ihm gefürchtet. Sie hatte gar nicht gewusst, wie Furcht einflößend er sein konnte. Kein Wunder dass die Dämonen auch nur beim bloßen Klang seines Namens erzitterten. Aryan schlug die eiserne Tür zu, mit dem dumpfen Knall schrumpfte ihr Magen. Übelkeit bemächtigte sich ihrer und vor innerer Kälte fing sie an zu zittern. Nun war sie alleine mit diesem groben, fremden Aryan. Sie traute sich nicht in die kalten, roten Augen zu blicken. Sie hatte fürchterliche Angst vor ihm. Als er sie berührte, schrie sie auf, krümmte sich zusammen. Der Schutzwall wurde automatisch stärker. Wie um ihn zu trotzen, sah sie ihn an und sofort brach ihr Schutzschild zusammen. Voll Reue war der schmerzliche Schatten in seinen Augen. Das grauenvolle Rot war verschwunden. Sie waren wieder grün, liebevoll, vertraut. „Verzeih mir, Kleines“, bat er zärtlich. Sein Gesicht war weich, nichts war mehr von der Unerbittlichkeit geblieben. „Ich wollte dir nicht solche Angst eingejagt, Aurora“, bemerkte er mit seinem typischen zärtlichen Lächeln. „Aber ich musste meine Rolle spielen, um dich zu schützen.“ Da war es wieder, das liebevolle, warme Gesicht. Wenn sie ihn so sah, konnte sie kaum glauben, wie kalt er sein konnte. Aryan war gefährlich, nur diese Seite hatte er ihr nie gezeigt. Wenn sie sich vorstellte, wie er erst Dämonen gegenüber war, wenn er jagte, tötete… Nie hatte sie sich vorstellen können, dass es wirklich so war, wie Inuyasha es erzählte. Jetzt verstand sie, warum er dies auch nicht wollte, warum sie ihn nie kämpfen sehen durfte. „Du weißt doch, dass ich nicht unschuldig bin…“ Ihre Piepsstimme brach und Aryan begann schallend zu lachen. Dieser Klang war so herrlich. „Du hast mir ganz schön Angst eingejagt“, gestand sie leicht beschämt und schlang dann die Arme um seinen Oberkörper und ließ sich das Haar streicheln. Er war immer noch ihr Bruder. Vor Aryan Angst zu haben war total lächerlich. „Es tut mir leid“, flüsterte er und sah ihr tief in die Augen. Plötzlich schämte sie sich für ihr Verhalten. Schließlich war es Aryan, der zärtlichste und rücksichtsvollste Mann der Welt… „Mir tut es leid, Aryan-nii.“ Sie barg den Kopf an seiner Brust und suchte nach den richtigen Worten. „Es ist nur… von Inuyasha bin ich das gewöhnt… aber du… das war unvorstellbar. Du so grob und kalt…“ „Das war ich nicht“, lachte er. „So bin ich nicht, so muss ich sein. Habe ich dir denn wehgetan?“ Sie sah ihn überrascht an. Nein, das hatte er nicht. Die Unbarmherzigkeit war eine Maske gewesen, um sie zu schützen. Aryan war ein Krieger, das wusste sie. Doch mehr hatte sie sich nicht drunter vorstellen können. Aryan konnte Schurken nicht mit einem Lächeln besiegen, eigentlich war ihr das klar. Was war es dann? War es die Tatsache, dass er genau wie Raj war? „Schätzchen, das ist mein Job“, sprach er leise. „Ich wollte nie, dass du mich so siehst. Jetzt weißt du, warum. Und du hast nicht das Schlimmste gesehen.“ „Wenn du töten musst?“ Sie schluckte und er nickte ernst. „Was fühlst du dabei?“ Sie musste es wissen. „Ich hasse es“, gestand er ein. „Ich versuche es zu vermeiden, so gut es geht. Aber manchmal habe ich keine Wahl, um die zu schützen, die ich liebe.“ „Was ist mit Inuyasha?“ Er seufzte. „Musst du das fragen? Inuyasha ist ein Dämon, kämpfen und töten liegen ihm im Blut. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, er genieße es nicht. Er ist ein Jäger, Aurora. Mit Dämonen hat er kein Erbarmen. Er hasst es, wenn ich keine Notwendigkeit sehe, sie zu töten.“ „Wenn Inuyasha ein Jäger ist, bist du ein Beschützer.“ Aryan nahm ihr Gesicht in seine Hände. „Lasse dich nie täuschen, mein Kleines. Ich bin so, wie du mich kennst und niemals anders.“ Sie lächelte beruhigt. Aryan war kein Monster. Inuyasha doch auch nicht, obwohl er Gewalt liebte. „Ich bitte dich, niemals Yami davon zu erzählen. Bitte.“ „Dass du mir an die Wäsche wolltest?“ Sein Lächeln war bitter. „Das wird dich wohl noch eine Weile verfolgen, es tut mir leid. Du weißt, wovon ich rede, bitte versprich es mir.“ Sie versprach es mit einem Nicken. „Was wäre passiert, wenn Yami an meiner Stelle geschnappt worden wäre?“ Aryan schloss kurz die Augen. Yami wäre garantiert nicht so glimpflich davon gekommen, wie Anjaani. Zumal sie sich mit Zähnen und Klauen gewehrt hätte. Auch gegen ihn. Oh, besonders gegen ihn! „Ich hätte diesen Ort und jeden hier ohne Rücksicht dem Erdboden gleich gemacht“, antwortete er ohne Zögern. „Ein zerstörter Arm ist ein laues Lüftchen dagegen.“ Was hatte sie denn für eine Antwort erwartet? „Hier bin ich. Was ist los?“, ertönte plötzlich Inuyashas Stimme hinter ihr. Erschrocken drehte sie sich um und Inuyasha erbleichte. „Anjaani?! Was machst du hier?“ „Sie wurde gefangen“, erklärte Aryan. „Wie bitte?!“ Sie zuckte bei seinem Grollen zusammen. „Es ist alles in Ordnung“, beschwichtigte der General. „Ihr ist nichts passiert, ich bin rechtzeitig gekommen.“ Inuyasha knurrte nur. Wie ein Raubtier vor dem Angriff. „Bring sie bitte von hier weg, bevor das Chaos losbricht.“ „Choas?“, wandte sie sich an Aryan. „Jeden Moment wird diese Organisation vernichtet. Die anderen Opfer sind alle in Sicherheit, nur du noch nicht.“ „Brauchst du Inuyasha denn nicht?“ „Nein, in seiner Wut wäre er jetzt unkontrollierbar.“ Man sah Inuyasha an, dass ihm das ganz und gar nicht passte. Er würde am liebsten jedem einzelnen die Arme abreißen. Und denen, an denen Anjaanis Duft anhaftete… „Genug gelabert! Anjaani, komm!“ Er packte ihre Hand und zog sie mit. Sie drehte sich zu Aryan um, stemmte sich gegen ihn, doch Inuyasha warf sie auf seinen Rücken. Mühsam unterdrückte er seinen Zorn. „Shao!“ Aryan blieb kurz stehen. „Bitte, Aryan-nii. Shao ist anders, er hat eine zweite Chance verdient.“ Er nickte, dann verschwand er. „Halt dich fest!“ Inuyasha beschleunigte sein Tempo und brachte sie fort, weg von diesem grausamen Ort. Was gleich passieren würde, sollte sie nicht miterleben. „Du kannst doch Aryan nicht im Stich lassen! Inuyasha!“ Inuyasha fluchte wütend. „Hör auf zu zappeln, sonst lasse ich dich fallen! Ich bin gerade nicht bester Laune!“ „Als ob es dich kümmert“, erwiderte sie eingeschnappt. „Du befolgst doch nur Aryans Befehl.“ Inuyasha packte sie, riss sie von seinem Rücken und drückte sie ins weiche Gras. Seine Augen waren schmale Schlitze, sein heißer Atmen fuhr ihr zischend über das Gesicht. Anjaani stockte der Herzschlag, als sein Körper sich hart auf ihren legte. So nah.. so verboten nah! „Seit zwei Tagen suche ich dich ununterbrochen“, flüsterte er bedrohlich über ihr. „Ich habe weder geschlafen, noch gegessen. Ich bin fast wahnsinnig geworden vor Sorge, was dir alles geschehen sein kann. Weißt du, wie es mir erging, als ich dich vorhin gesehen habe? Hast du eine Ahnung, wo du gelandet bist? Wäre mir deine Sicherheit nicht so wichtig, würde ich jedem Drecksack dieser widerlichen Organisation den Kopf abreißen!“ Sie sah ihn aus großen Augen an, in sein Gesicht, vor Ärger und Sorge gekennzeichnet. Und endlich fühlte sie sich sicher. Plötzlich schlang sie die Arme um seinen Hals, drückte sich mit einem leisen Schluchzen an ihn. Inuyasha war völlig baff, sein Ärger verpufft. „Ich hatte solche Angst!“, weinte sie leise. „Ich habe so fest gebetet, dass du kommst. Endlich bist du da!“ Inuyasha hatte es dich Sprache verschlagen. Ihn? Sie hatte auf ihn gehofft? Er richtete sich auf, ohne sie loszulassen und barg sie in seinen Armen. „A-aber Aryan war doch…“ „Ich wollte, dass du kommst“, schluchzte sie in seiner Umarmung. „Nur bei dir bin ich sicher. Saajan, die Welt kann um mich herum einstürzen und ich wäre sicher, wenn du bei mir bist.“ Inuyasha war überrascht. Damit hatte er nicht gerechnet. „Ich bin jetzt da und dir kann nichts mehr passieren“, versprach er ihr. Er schmiegte das Gesicht an ihr duftendes Haar, sie kuschelte sich in seinen Schoß, umklammerte ihn fester, wie einen rettenden Anker. Und er genoss einfach nur ihre Nähe, ihren Duft, ihre Sanftheit, ihre Weichheit. Seine Finger streichelten ihre Wange. Was wäre nur aus ihm, wenn sie nicht wäre? Hier in seinen Armen fühlte sie sich am wohlsten. Hier gehörte sie hin. Haut an Haut. Herzschlag an Herzschlag. Er hielt sie in seinem Arm und spürte ihre warme Haut, sog ihren Duft ein. Bei ihr überkam ihn eine sonst unbekannte Zärtlichkeit. Sie hielt die Augen geschlossen. Ein Lächeln spielte um ihre Lippen, ein so seliges, wie er es seit langem nicht mehr gesehen hatte. Deutlich hörte er ihren Herzschlag, der sich mit seinem mischte. Sie schlugen exakt im gleichen Takt. Er konnte ewig so sitzen, mit ihr an seinem Herzen. Die Mauer zwischen ihnen war eingestürzt, alles war verziehen, jedes Wort, jede Tat, es war unwichtig. „Anjaani, was ich gesagt…“ „Es ist vorbei, Inuyasha“, murmelte sie. „Denk nicht mehr dran. Es war einmal. Es ist Vergangenheit. Wir beide haben unsere Lasten zu tragen. Wir sind wie wir sind, mit all unseren Stärken und Schwächen. Ich möchte dich nicht wegen sowas verlieren.“ „Yoko hat die Wahrheit gesagt.“ Er spürte das leichte Anspannen ihrer Muskeln und unbewusst hielt er den Atem an. Doch sie blieb anschmiegsam in seinem Armen liegen. „Deine Vergangenheit ist auch ein Teil von dir“, flüsterte sie und sah ihn an, voll zärtlicher Liebe im Blick. „Indem ich das weiß, veränderst du dich nicht in meinen Augen. Das alles bist du, ich würde nichts an dir ändern wollen, nicht die winzigste Kleinigkeit.“ „Obwohl ich voller Fehler bin?“ Sie verstand die leisen Worte gerade noch, war gebannt von seinen Augen. Wie viele Frauen waren so schon in seinen Armen gelegen? Nein! Nicht dran denken! „Ohne wärst du nicht mein Saajan. Ich will dich nicht anders haben, weil du perfekt bist. Ich liebe alles an dir, das weißt du doch.“ Sein Lächeln drang tief in ihr Herz, erfüllte ihr ganzes Sein, jede noch so winzige, dunkle Ecke. Sie liebte ihn, wie nichts auf der Welt. Die strahlende Dankbarkeit raubte ihr die Stimme. Er war so atemberaubend schön. „Nie hat mir jemand das Gefühl gegeben, so wertvoll zu sein, wie du.“ Da war diese Stimme, die ihre Augen so schlagartig vergoldete, ihren Körper erhitze, ihr Blut in Wallung brachte. „Es ist das schönste Gefühl das ich kenne“, flüsterte er und streichelte ihr Gesicht. Ihr Herzschlag setzte wieder ein und begann zu rasen. „Ich habe dieses Gefühl nicht verdient.“ „Niemand mehr als du“, hauchte sie, völlig verzaubert. „Weil niemand wertvoller ist als du.“ „Aryan“, sagte er nur. „Ich bin nicht so perfekt wie Aryan.“ Plötzlich legte sich ein Schatten auf ihr Gesicht, es fröstelte sie. Aryan… das Ungeheuer… „Was ist los?“ Inuyasha war alarmiert, suchte eindringlich ihren Blick. Ihre Augen waren voller Angst. „Ist Aryan immer so?“ „Wie?“ Inuyasha war völlig verwirrt. „So grausam.“ Er begriff: Sie hatte Aryan in Aktion gesehen. „Hat er jemanden getötet?“ „Nein, aber er hätte es bestimmt, wenn ich nicht da gewesen wäre. Ich habe ihn nie so grob erlebt. Seine Augen hatten sich rot gefärbt.“ „Das ist ein sehr effektives Mittel, anderen Angst einzujagen.“ „Das war furchtbar!“ Inuyasha musste lachen. Seine Brust vibrierte an ihrer Wange. „Das war ja völlig harmlos. Hat er dir etwa Angst gemacht?“ „Ich habe mich selten so gefürchtet.“ „Ich bin blutrünstiger und brutaler als Aryan, das weißt du doch. Du hast so oft gesehen, wie ich einen Dämon töte.“ „Ja, aber du machst mir keine Angst.“ Inuyasha verstummte. Wie konnte das denn sein? Aryan war doch ihr Bruder. Also war er doch derjenige, dem sie immer noch am meisten vertraute? Diese Tatsache fühlte sich schön an. „Ist dir wirklich nichts passiert?“ Er hob ihr Kinn an und sah ihr in die Augen. Der goldene Ring weitete sich wieder. „Ich hatte nur Angst. Die waren zu beschäftigt, untereinander zu streiten, wer mich bekommt, dass sie mich nicht angerührt haben.“ „Das war ja klar“, knurrte er. „Ich hatte befürchtet, die verkaufen mich. Anscheinend hätte ich viel Geld eingebracht.“ Inuyasha gab ein trockenes Lachen von sich. „Bei so jemandem wie dir, ist der Egoismus stärker als die Geldgier. Kein Mann würde dich für noch so viel Geld hergeben wollen. Deine Schönheit hat dich beschützt, obwohl sie dich in den Schlamassel gebracht hat.“ „Was heißt, bei so jemandem wie mir?“ Da wurde Inuyasha bewusst, was er gesagt hatte. „Naja, anscheinend hast du auf menschliche Männer eine bestimmte Wirkung.“ „Aha?“ Er errötete. „Keine Ahnung, was sie an dir finden, aber du scheinst sie zu reizen.“ Anjaani versteifte sich. „Du hast große Brüste“, winkte er ab. „Das muss es sein.“ Anjaani knurrte und packte grob seine Ohren. „Hey! Aua!“ Er jaulte auf vor Schmerz. „Ich bin hässlich, doch meine Brüste sind das einzig Schöne an mir?“, grollte sie und zog fester. „Au! Verdammt, lass meine Ohren los!“ Inuyasha versuchte sie von sich zu schieben, doch sie sprang von selber auf. „Hey, was soll das?“, fauchte er und rieb seine schmerzenden Ohren. „Wo willst du hin?“ Doch sie antwortete nicht und stampfte wütend davon. Selbst in dieser schnellen Gangart, wogen ihre Hüften verführerisch hin und her. Was war denn plötzlich in sie gefahren? Wie konnte so eine zärtliche Stimmung in Sekundenbruchteilen zerstört werden? Er holte sie sofort ein, packte ihren Arm, doch ihr Blick ließ seinen Magen zusammenschrumpfen. „Lass los, oder ich trete dir zwischen die Beine!“ Inuyasha riss die Augen auf und nahm sofort die Finger von ihr. „Ich kenne die männliche Schwachstelle. Schon vergessen? Ich bin nicht so unschuldig, wie ich tue!“ „Was hast du denn plötzlich?“ „Ich habe nichts von wert, außer meinen Brüsten“, zischte sie. „Inuyasha, ich schwöre dir, ich tu dir weh“, drohte sie, als er den Mund öffnete und wie zum Beweis wurden ihre Augen golden, als sie ihre Energie heraufbeschwor. Die Drogen hatten aufgehört zu wirken. Ihre nach Jasmin duftenden Locken schlugen ihm ins Gesicht, als sie ruckartig herumwirbelte und davonstürmte. Inuyasha stöhne auf. Wieso musste er immer alles kaputt machen? Die Wohnung war leer. Das Seltsamste war, sie sah genauso aus, wie sie sie vor drei Tagen verlassen hatte. Inuyasha stand plötzlich hinter ihr. „Warst du gar nicht mehr hier gewesen?“ Sie drehte sich zu ihm um, sein Gesicht war ernst. „Ich habe doch gesagt, ich suchte dich ununterbrochen. Ich habe keine Sekunde ausgeruht.“ „Du musst am Verhungern sein!“ Anjaani war geschockt. „Du hältst das doch sonst nicht aus.“ „Ich hätte es noch weniger ausgehalten, wenn dir etwas zugestoßen wäre.“ „Saajan!“ Sie warf sich an seine Brust, kuschelte sich selig in seine Arme. Inuyasha schloss berauscht die Augen. Ab und zu sagte er das Richtige. „Ohne dich ist der Ort hier kein Zuhause“; flüsterte er. Sie schwieg. Niemals würde sie es riskieren, den Moment zunichte zu machen. Es gab nichts schöneres als seine Nähe, seine Wärme, sein Herzschlag… und sein Magenknurren. „Ich koche uns etwas Schönes. Was möchtest du, Saajan?“ Sie strahlte ihn an wie ein Sonnenengel. „Überbackenes Gemüse“, grinste er. „Gemüse?! Du?!“ „Mit Speck!“ Ihr Lachen ist das schönste, was seine Ohren kennen. „Ich dusche kurz, kannst du solange das Gemüse zerkleinern?“ Inuyasha konnte das Lächeln in seinem Gesicht nicht mehr abstellen. Wie schön es doch war, wenn alles wieder normal war! „Bald ist es fertig“, versprach Anjaani, als sie den Ofen schloss. Er linste heimlich zu ihr. Wieso musste sie nur immer dieses Nachthemd tragen? Ein Glück, dass sie einen BH trug. Er richtete sich ächzend auf. Jetzt, da sie in Sicherheit war, spürte er die Müdigkeit und den Hunger. Er schlurfte zum Sofa und ließ sich erschöpft drauf sinken. „Geht es dir gut?“ Anjaani setzte sich neben ihn. Sie selber war völlig erledigt. „Meine Muskeln sind total verspannt.“ Wie zur Bestätigung knackte sein Hals, als er diesen bewegte. „Ich fühle mich wie gerädert.“ Anjaani rückte dicht neben ihn. Die unerwartete Nähe ließ ihn zurückschrecken. „Ich tue dir nichts“, lächelte sie. Er erwiderte zaghaft ihr Lächeln, doch augenblicklich entglitten seine Gesichtszüge, als sie sie sich auf seinen Schoß setzte und mit den Händen unter sein T-Shirt fuhr. „Was machst du da?!“, rief er entgeistert, doch er konnte sich nicht bewegen. Ihre Finger krallten sich in seine Schultern. „Ganz steif“, murmelte sie. „Geh runter von mir“, zischte er empört. „Sonst merkst du, dass noch etwas anderes steif ist...“ Doch Anjaani beachtete ihn nicht. Mit einem Ruck zerrte sie ihm das T-Shirt runter und befahl: „Leg dich hin!“ Inuyasha erstarrte, sein Gesicht lief Rot an. „W-W-WAS?!“ „Du hast doch behauptet, ich sei nicht unschuldig.“ Sein Atem setzte aus. Anjaani kicherte und stand auf. Dieses verfluchte Nachthemd! „Leg dich auf den Bauch, ich massiere deine Verspannung weg.“ „I-ich will nicht“, stotterte er, wankend zwischen Enttäuschung und Erleichterung. „Jetzt komm schon.“ „Nein!“ „Das wird dir gefallen.“ „Genau das befürchte ich!“ „Lass mich in Ruhe!“ Ohne Vorwarnung drückte sie ihn auf die Couch und blickte mit funkelnden Augen zu ihm hinab. „Dann eben mit Gewalt.“ Ihr überlegenes Grinsen war die pure Verführung. In Inuyasha brodelte das Verlangen hoch. „Geh runter“, raunte er leise, seine Augen wurden dunkel. „Zwing mich doch.“ Er packte ihre Arme und drehte sich auf sie. Anjaani keuchte auf, als sein Körper sich warm und fest an ihren schmiegte. Sein Gesicht war nur Zentimeter über ihrem. „Wehr dich doch.“ Seine Hand streifte ihren nackten Schenkel hinauf. „Inuyasha, n-nein…“ „Spiel nicht mit mir“, flüsterte er. Seine Lippen berührten ihr Ohr. „Du könntest es bereuen.“ Anjaani schwanden die Sinne. „Und wenn ich genau das will?“ Er sah in ihre goldenen Augen, spürte sie weich und nachgiebig unter ihm. Sie war sein. „Dann lass uns spielen.“ Die Tür krachte auf und ließ die Zwei auseinanderschrecken. Yuichi und die Drillinge erstarrten in der Tür. „Menno!“, motzte Yuichi. „Sogar Inuyasha kommt vor mir zum Stich!“ „Keiner kommt zum Stich“, schrie Anjaani, knallrot im Gesicht und schlug gegen Inuyashas Brust. „Geh runter von mir!“ Inuyashas halbnackter Körper verzückte die Besucher. „Oh, wie habe ich diesen Anblick vermisst“, hauchte Yuki und Inuyasha zog sich schnell wieder an. „Komm ja nicht auf dumme Gedanken!“ „So wie du etwa?“, grinste Yami. „Schön, dass ihr euch versöhnt habt.“ „Es war nicht…“, begann Anjaani, nach wie vor mit brennenden Wangen. „Das war nicht so… also wir…“ „Was war es dann?“, wollte Yoko wissen. „Ähm…“ „Das war deine Schuld, du Drecksack!“, grollte Yuichi, ernsthaft zornig. Er schritt drohend auf den perplexen Inuyasha zu „Du warst nackt! Mit so einem Körper, würde ich jede rumkriegen! Kein Wunder, dass du so beliebt bist! Das machst du mit Absicht! Selbst meine eigene Freundin verführst du!“ „Sag mal, spinnst du?“, grollte Inuyasha. „Ich verführe hier niemanden, erst recht nicht den Nervenzwerg!“ „Ja, spiel nur den Unschuldigen!“, brüllte Yuichi zurück. „Ich habe doch gesehen, wie sie dich angeschaut hat. Nur weil du besser gebaut bist! Der perfekte Mann!“ „Yui-kun, bitte“, versuchte es Yuki zaghaft, doch er entriss ihr seine Hand. „Ihm würdest du dich nicht verweigern, nicht wahr! Weil er dir besser gefällt! Ich schmachte Onee-chan auch nicht an und weißt du warum? Weil ich auf deine Gefühle achte und vorallem, weil ich verdammt noch mal DICH liebe!!!“ Yuichi stürmte hinaus. Yuki wusste nicht, was sie tun sollte. Da war ihr Freund, der ihre unüberlegte Reaktion falsch verstanden hatte und da war auch ihre geliebte Aani, die endlich wieder da war. „Renn ihm sofort hinterher“, befahl Anjaani und Yuki gehorchte. Die restlichen Zwei warfen sich in ihre Arme. Inuyasha wäre vor Erleichterung am liebsten zusammengesunken. Er hatte sich auf eine Diskussion mit den Drillingen eingestellt, doch keiner äußerten sich weiter dazu, dass sie ihn und Anjaani in Flagranti erwischt hatten. Wenn sie nicht gekommen wären… Inuyasha wusste, was passiert wäre. Anjaani hatte nachgegeben. Wehrlos hatte sie unter ihm gelegen und hätte ihm Zugang gewehrt. Verdammt, ihre Lippen hatten sich beinahe berührt, als die Meute hereingestürmt war. Wie weit hätte sie ihn gehen lassen? Verdammt noch mal, er warf seine eigenen Prinzipien über Bord! Er durfte sie nicht berühren und trotzdem ließ er nicht die Finger von ihr! Hätte sie ihn abgewehrt, er hätte sie nicht angerührt. Aber so… So war sie sein sicherer Untergang. Anjaani dachte gar nicht mehr daran, die Freundinnen lenkten sie völlig ab. Sie musterte Yamis Gesicht intensiv. „Aryan“, antwortete der Drilling nur. „Er muss ausgerastet sein. Das will ich nicht erlebt haben.“ „Aryan war richtig unheimlich“, bestätigte Yoko. „So hat ihn noch keiner erlebt. Diese Seite ist mir völlig neu.“ „Diese Seite ist auch neu“, erklärte Anjaani. „Aryan hatte noch nie eine Schwachstelle. Bis jetzt.“ Yami lächelte selig. „Der allmächtigste Mann der Welt hat eine einzige Schwäche und das bin ich.“ Dann verpuffte ihr Lächeln. „Hat er dich auch heilen müssen?“ „Nein, mir haben sie nichts getan. Und dann kam Aryan. Sie hatten eine wahnsinnige Angst vor ihm. Das war unvorstellbar.“ „Du anscheinend auch“, bemerkte Yami. „Du musst es gar nicht leugnen.“ „Aryan war in seiner Rolle“, seufzte sie. „Und ich habe sie ihm abgekauft.“ „Du hast Angst gehabt? Vor Aryan! Hörst du nicht, wie lächerlich das ist!“ Yoko war fassungslos. „Ich weiß das selber. Umso schlimmer ist es ja. Es hat seine guten Gründe, warum wir Aryan nie bei der Arbeit sehen dürfen. Er ist ein wahnsinnig guter Schauspieler, ich hatte Todesangst vor ihm.“ „Ach, das war der Grund, warum dich Inuyasha getröstet hat?“ Inuyasha warf Yoko einen bitterbösen Blick zu, doch sie grinste nur schelmisch. „Ob du es glaubst, oder nicht“, versuchte Anjaani abzulenken. „Inuyasha hat mir in seiner bestialischsten Brutalität nicht einmal halb so Angst gemacht, wie Aryan. Und Aryan war ruhig gewesen.“ „Warst du so böse gewesen?“, fragte Yami plötzlich laut. „Nicht mehr als sonst“, lächelte Aryan, als er hereintrat und seine Freundin schützend in die Arme nahm. Sein Smaragdblick traf Anjaani. „Wie geht es dir?“ „Inuyasha ist bei mir, ich fühle mich sicher.“ „Meine Güte, was hat er denn angestellt?“, platzte es aus Yoko heraus. „Bist du hereingestürmt, hast gewütet und gemordet?“ Aryan lachte. „Nein, das ist Inuyashas Taktik. Ich war nur ein bisschen grober, als sie es gewohnt ist. Ich habe mich sogar zurückgehalten.“ „Nett von dir, danke“, grinste Anjaani ironisch. Da wurde sein Gesichtsausdruck ernst. „Aurora, du hattest keine Ahnung, was in mir vorging, als ich herausgefunden habe, wer Yami so zugerichtet hat.“ „Was hast du denn getan?“ Yami sah ihn erstaunt an. „Ich war zärtlich“, sagte er nur. „Pah“, grummelte Inuyasha. „Ich habe den Kerl gesehen. Ich hätte ihm wenigstens ein Körperteil abgerissen.“ Die Frauen sahen ihn entsetzt an. „Inuyasha“, warnte Aryan ruhig, nahm dann Anjaanis Hand. „Das passiert nicht, Kleines. Das siehst du nie wieder.“ Die Drillinge sahen irritiert vom einen zum anderen. „Das hättest du nicht machen sollen“, beschwerte sich Inuyasha. „Du weißt, was für Angst sie vor Augen hat.“ „Was hast du mit deinen Augen gemacht?“ „Die Farbe verändert, wie Aurora das kann.“ „Sie waren pechschwarz, wie die Hölle“, hauchte Anjaani. „Und dann wurden sie rot.“ Die Schwestern schnappten nach Luft. „Du kannst das?“ „Das ist eine seiner besten Taktiken“, erklärte Inuyasha, da Aryan gerade den Mund voll hatte. „Stille Wut ist oft effektiver als rasender Zorn.“ Die Mädchen schüttelten sich. „Das klingt schon grauenhaft“, schauderte Yami. „Das ist es auch. Die Menschen fürchten sich am meisten vor dem, was sie nicht kennen oder nicht erwarten. Ein Gegner ist dann am gefährlichsten, wenn er undurchschaubar, unkontrollierbar und unberechenbar ist.“ „Jetzt sag mir doch, was du gemacht hast. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du ihr solche Angst eingejagt hast, wie Inuyasha mir damals.“ „Doch, es ist damit vergleichbar“, überlegte er zwischen zwei Bissen. „Ich war ruhiger als Inuyasha.“ „Er war kaltherzig“, erinnerte sich Anjaani. „Er hat weder geschrien noch getobt. Er war seelenruhig. Ich hatte das Gefühl, der Teufel persönlich stehe vor mir.“ „Das ist das wirkungsvolle an der stillen Wut“, bestätigte Aryan. „Der Gegner wirkt übermächtig und völlig unberechenbar. Ich verspreche dir, das erlebst du nie wieder.“ Und damit war das Thema erledigt. Besonders, weil Yuki und Yuichi zurückkamen. Die beiden waren anscheinend so mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, oder damit sich zu versöhnen, dass keiner Inuyasha auch nur ansah. Wenn Yuichi es mal tat, schwand sein Lächeln. Doch Inuyasha befriedigte es. Das tat der vorlauten Nervensäge mal gut! Männliche Eifersucht war ihm nur zu gut bekannt. So könnte jeder Abend laufen, niemand sprach ihn an. Doch sie brauchten wieder ewig, um zu verschwinden. Er war hundemüde… Anjaani spürte, wie sie erleichtert ausatmete, als sie die Türe abschloss. Keiner hatte sie und Inuyasha zur Rede gestellt und sie war so unendlich dankbar für ihre Verschwiegenheit. Nun konnte ihr niemand mehr erzählen, Inuyasha habe keine Ahnung von Frauen. Er war wirklich ein Meister seines Fachs und sie hatte sich verführen lassen. Sie hatte ihn herausgefordert und war augenblicklich unterlegen gewesen. Das Schlimmste war, dass sie es so sehr gewollt hatte! Er hatte sie binnen Sekunden dazu gebracht ihn zu wollen, obwohl er sie kaum berührt hatte. Und jetzt? Was würde sie jetzt nicht alles für einen Kuss geben? Wenn er sie geküsst hätte… Himmel, was hätte sie ihm alles gegeben? Dieser Kerl war brandgefährlich. Inuyasha, der mit einem Augenaufschlag ihre ganze Mauer einstürzen ließ. Sie lachte leise. Genau dieser Kerl da, der sich hungemüde wie ein Welpe auf dem Schlafsofa zusammenrollte. Von diesem Inuyasha ging keinerlei Gefahr aus. Er war zahm wie ein Kätzchen und sie musste weder um ihren Verstand, noch um ihren Körper fürchten. „Ich schulde dir etwas“, murmelte sie, als sie sich neben ihn setzte. Er gähnte herzhaft. Nein, ihr drohte keine Gefahr. „Dein Nacken schmerzt immer noch?“ Er nickte nur zuckersüß. „Darf ich, Saajan?“ „Mach was du willst“, gab er auf. Anjaani legte die Hände auf seine Schultern und begann seinen Nacken zu kneten, die Spannungen zu lösen. „Oh!“ Er gab einen kehligen, überraschten Laut von sich. Das fühlte sich wundervoll an! Ihre zarten, doch festen Finger taten so unendlich gut. Er schloss die Augen und gab sich dem Gefühl hin. „Tut das gut?“ Er nickte mit geschlossenen Augen. „Es geht.“ Sie lachte leise. Und fuhr mit ihren Händen über seinen ganzen Rücken. Ohne drüber nachzudenken legte er sich auf seinen Bauch, gab sich ganz ihren Händen hin. Anjaani musste über seine Zahmheit schmunzeln. So ganz bei Verstand war er nicht. Ihre Hände waren magisch und taten so unendlich gut. Inuyasha hatte so warme, weiche Haut und so steinharte Muskeln. Sie hatte bisher nur die Drillinge massiert. Doch die Verspannung aus Inuyasha Muskeln zu lösen war schwieriger. Und doch war es schön, wie er unter ihr nachgab, sich quasi hingab. Dieses sanfte Brummen war Musik in ihren Ohren. Inuyasha glitt in einen sanften Schlummer. Sie löste sich erst von ihm, als er eingeschlafen war. Liebevoll deckte sie ihn zu und wollte gerade gehen, da legte sich sein Arm um ihre Taille und zog sie zu sich. Er schlief tief und fest und doch war sein Griff eisern. Sie konnte sich nicht befreien und war auch zu müde dazu. Sie wollte nur noch schlafen. „Inuyasha, lass mich bitte los“, versuchte sie es. „Morgen“, nuschelte er. So sehr sie es auch versuchte, sie musste aufgeben. Sie kam einfach nicht los. Er zog sie neben sich und schmiegte sich an ihren Körper. Gab es ein schöneres Gefängnis als seine Arme? Tief umschlungen, eingelullt von der Wärme seines Körpers, dem Duft seiner Haut und dem Gesang seines Herzschlages, glitt sie in einen seligen Schlaf. „Aryan, bitte!“ Yami hatte nicht einmal abwarten können, bis er die Türe hinter sich geschlossen hatte. Er schüttelte entschieden den Kopf. „Bitte, mein Liebling!“ Er atmete tief durch. Nie hatte ihn etwas in größere Versuchung geführt, wie diese Stimme. „Ja… wenn ich nicht befürchten müsste, dass du Angst vor mir haben wirst.“ „Vor dir?!“ „Was würdest du fühlen, wenn sich meine Augen rot färben?“ „Zeig es mir mal“, bat Yami, doch er spürte ihr Schaudern. „Das ist wirklich kein harmloser Anblick, Prinzessin. Außerdem kann ich das nur, wenn ich auch wütend bin. Und wenn Aurora nicht bei mir gewesen wäre, wäre dem Kerl schlimmeres zugestoßen.“ „Welchem Kerl?“ „Derjenige, der dich so zugerichtet hat. Er hat nichts mehr zu lachen.“ Sie sah ihn einfach nur an, als er sie an sich zog. Die Bilder in ihrem Kopf wollten keine Gestalt annehmen, so absurd war der Gedanke, Aryan habe sich derart benommen. „Was denkst du?“, fragte er sanft. „Warum weißt du das nicht?“ Diese atemberaubenden Smaragdaugen… anders, brutal, herzlos… „Ich halte mich aus deinem Geist heraus, Prinzessin. Das habe ich schon immer gemacht“, gestand er. „Ich denke gerade, dass jede Fassette nur eine Maske ist und das, was ich kenne, die einzige Wahrheit ist.“ Sein Lächeln raubte ihr kurz den Atem. „Du bist die personifizierte Gerechtigkeit. Allein, dass du etwas Verbotenes denkst, ist absurd.“ Das Funkeln seiner Augen drang in ihre, die magische Wirkung war immer gleich. „Im Moment, Prinzessin, denke ich nur Verbotenes.“ Und voll magischer Vorahnung ließ sie sich von ihm unter die Dusche führen. „Habt ihr bösen Buben denn nie Feierabend“, beschwerte sich Yami träge und schaffte es nicht die schlaffen Arme zu lösen, die sich um Aryans Hals gelegt hatten. „Der Chef leider nicht“, bedauerte Aryan und sog noch einmal den Duft ihrer Haut auf, bevor er etwas mühsam aus dem Bett aufstand. „Ich würde am liebsten bei dir bleiben, das weißt du.“ In sekundenschnelle war er vollständig angezogen. „Nackt bist du immer noch am schönsten“, nuschelte sie, kaum die Augen offen haltend. „Da würden sich einige freuen, wenn ich nackt arbeiten würde“, lachte er und gab ihr noch einen zärtlichen Abschiedskuss. „Warte bitte nicht auf mich.“ „Aryan, du hast mich vorhin so fertig gemacht, ich bin eingeschlafen, bevor du weg bist!“ „Ginge mir genauso, wenn ich nicht weg müsste. Du raubst mir alle meine Kräfte.“ „Für die Lüge kommst du in die Hölle“, waren ihre letzten Worte, bevor sie einschlief. Aryan verfluchte sich die Tage nicht zum ersten Mal für seine Berufswahl. Yami brachte ihn dazu, egoistisch zu sein. Er wollte seine Ruhe. Er wollte tatsächlich nicht an die Arbeit denken, wenn er bei ihr war. Er wollte einen geregelten Feierabend wie jeder normale Mensch haben, um ununterbrochen bis zum Morgen bei ihr sein zu können. Das war unmöglich. Anscheinend funktionierte nichts ohne ihn. Es war schon schwer genug, mittags entbehrlich zu sein, um mit ihr ihre Mittagspause genießen zu können. Er hatte sich für den Weg entschieden, jetzt wollte er ihn nicht mehr gehen. Warum? Weil er endlich ein eigenes Leben hatte. Er hatte eigenes Glück, eigene Freude. Einen Menschen, der für ihn da war. Das wollte er nicht aufgeben. Das würde er nie wieder hergeben, das pure Glück, das Yami hieß. Doch er trug zu viel Verantwortung, um ihr entfliehen zu dürfen. „Was ist los?“, wunderte sich Inuyasha, auch er wirkte müde. Bestimmt nicht aus demselben Grund. Er war seit zwei Tagen rastlos gewesen. „Ich bin nicht freiwillig hier“, gab er zu. „Ich würde dich für bescheuert halten, wenn du das wärst“, schnaubte Inuyasha. „Mich wundert es sowieso, wie du dich jede Nacht von der Frau, die du liebst, lösen kannst. Wünscht du dir denn kein normales Leben mit ihr?“ „Natürlich. Aber was wäre, wenn ich plötzlich aufhören würde?“ „Das tust du mir nicht an“, grollte Inuyasha. „Hier wäre die Hölle los. Ohne dich funktioniert nichts. Ach, ich hab die Person gefunden, die Yami eine Morddrohung geschrieben hat. Nur ein eifersüchtiger Aryan-Fanclub.“ „Das ist trotzdem ernst“, meinte Aryan angespannt. „Keine Drohung ist auf die leichte Schulter zu nehmen.“ „Du überreagierst. Lass die Nervensäge ruhig auf die los, die hätten nichts zu lachen. Die ist ein Monster.“ Jetzt lachte Aryan. „Bist du immer noch sauer, weil ich zuließ, dass sie dich verprügelt hat?“ „Ein Feigling bist du!“ „Ich habe nur früh gelernt, mich nicht mit Yami anzulegen.“ „Worüber sorgst du dich dann?“ „Aurora ist dank dir sicher. Aber meine Nähe kann Yami zur Gefahr werden.“ „Trenne dich nicht“, bat Desidero. „Ich habe keine Lust, einen verletzten Drilling zu ertragen! Außerdem würde es sie umbringen.“ „Mich auch. Aber dass Yami nur wegen unserer Beziehung in Gefahr ist, macht mir große Sorgen.“ „Ich will nicht wissen, wer alles versuchen wird, dir durch den Nervenzwerg zu schaden. Jeder wird glauben, dass du nun verwundbar bist.“ „Das bin ich“, knurrte er. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie abhängig ich von ihr bin.“ Inuyasha wandte das Gesicht ab. Doch, das konnte er sich viel zu gut vorstellen… „Ich helfe dir“, versprach er dann. „Niemand wird der Nervensäge etwas tun. Sie ist sicher.“ Stumm und unbemerkt stand die schwarze Gestalt im Raum, betrachtete die schlummernde Schönheit im Bett. Das Mondlicht tauchte das wunderschöne Gesicht in einen zarten, silbrigen Schimmer, unterstrich die weichen Gesichtszüge. Friedlich schlief die junge Frau im Bett, das rotbraune Haar auf dem Kissen ausgebreitet, träumte sie in seliger Ruhe. Lautlos trat die schattenhafte Gestalt zu ihr, beugte sich über sie, um sie zu betrachten. So rein und süß und unschuldig… und sein! Jetzt gehörte sie ihm allein. Niemand war da, um sie ihm zu nehmen. Hauchzart berührte er ihre Wange und sie regte sich. „Wie spät ist es?“, wollte sie müde wissen. „3 Uhr“, antwortete Aryan. „Wie lange stehst du da? Kommst du nicht zu mir?“ „Doch, natürlich“, lächelte er. „Ich musste dich nur kurz betrachten.“ „Aha… Siehst du was im Dunkeln?“ „Genug, um zu wissen, was für ein Glück in meinem Bett liegt.“ „Schmeichel mir, wenn ich wach genug dafür bin.“ Er lachte leise und legte sich zu ihr, schmiegte sich an ihre zarte Haut, sog genussvoll ihren honigsüßen Duft ein. „Bist du verletzt?“ „Natürlich nicht. Nichts könnte mich davon abhalten, zu dir zurück zu kommen, Prinzessin.“ „Schmeichel später. Ich bin immer noch nicht wach.“ „Dann schlaf schön“, lächelte er, zog sie an sich und küsste ihre warme, seidenweiche Haut. „Aryan?“ Sie drehte sich zu ihm und lächelte verheißungsvoll. „Jetzt bin ich wach.“ Kapitel 22: Beziehungsprobleme ------------------------------ Yuichi erwachte wie immer vor seinem Wecker, nur um wieder einzuschlafen, das Klingeln zu überhören und dann zu verschlafen. Doch seit einigen Tagen war es anders. Seit die Alpträume aufgehört hatten. Seit Ruhe in sein Herz eingekehrt war. Seit sie bei ihm war. Zärtlich strich er ihr das kastanienbraune Haar aus dem Gesicht, das sich in seine linke Hand schmiegte. Sie schlief am liebsten mit seiner Hand an ihrem Gesicht ein. Weil sie seine Hände liebte, groß, rau, männlich. Und er liebte ihre Wange in seiner Handfläche. Ihre Beine waren mit seinen verkeilt, ein Arm um seinen Hals geschlungen. Er sah sie an, völlig von ihrer Schönheit eingenommen, von ihrer Wärme und schloss einen Moment genüsslich die Augen. Zärtlichkeit durchflutete ihn wie eine sanfte, warme Brandung. Allein ihre Nähe gab ihm mehr Glück, als er je zu träumen gewagt hatte. Vor unendlich vielen Jahren hatte er sein Herz verloren und sie hatte es ihm wieder gebracht. Er genoss die wenigen Minuten die ihm blieben, bis sie aufstehen mussten. Ihr Nachthemd war ihr im Schlaf über die Hüfte gerutscht und bauschte sich an ihrem- er legte die Hand drauf- flachen, wunderschönen Bauch. Er fuhr über die seidenzarte Haut ihrer Taille hinauf zu ihren vollen, prallen Brüsten. Yuki seufzte leise im Schlaf. Er kannte keine Frau, deren Körper so empfindlich im schlafenden Zustand reagierte. Aber Yukis Körper war stets vor ihrem Verstand wach und das genoss er in vollen Zügen. Seine raue Hand erkundete ihren zarten, lockenden Körper, die Haut, so weich, dass seine Fingerspitzen vor Wonne kribbelten. Er könnte ewig so weitermachen, würde nicht ein bestimmtes Körperteil und ihr süßes, hauchfeines Stöhnen reagieren. Begierde lenkte nun seine Berührung. Yukis Atem wurde schneller, ihr Seufzen lauter und sie öffnete die Augen, als er die sensible Haut an der Innenseite ihrer Schenkel liebkoste. Noch schlaftrunken, war ihr gar nicht wirklich bewusst, was er da tat, doch ihr Körper drängte sich verlangend an seinen. Ihre weichen Rundungen an seine harten Muskeln. „Oh, Himmel!“, entfuhr es ihr. Ihre Stimme war die reine Sünde und brachte sein wallendes Blut fast zum überkochen. „Yuichi, stopp!“ Schwungvoll setzte sie sich auf ihn, die Augen blitzend, die Lippen bebend vor Verlangen. „Nein“, hauchte sie atemlos. „Nicht jetzt.“ Unbewusst rieb ihr Schoß gegen seine schmerzhaft pochende Männlichkeit. Das gab ihm den Rest. Blitzschnell, rollte er sie herum, hielt ihren Körper unter seinem gefangen und eroberte ihren Mund erbarmungslos. Sein lustvolles Keuchen mischte sich mit ihrem. „Gott, Yuichi!“ Ihres Verstandes beraubt, die Sinne betäubt, bäumte sie sich ihm entgegen. Sie versuchte sich zu wehren, zwecklos gegen seine Stärke. Heiße Begierde loderte in seinen blauen Kristallaugen. „Zu spät“, knurrte er und zerriss mit einem Ruck ihr Nachthemd. Oh Gott, sie wollte ihn, und wie! Nein, noch nicht! Nicht jetzt! Himmel, nicht ihr Hals! Nur nicht- Heiß legten sich seine verlangenden Lippen auf ihren Hals, an die wild pulsierende Ader. „Oh!“ Sie riss die Augen auf. „Ja, Inuyasha!“ Yuichi ließ schlagartig von ihr ab, als hätte er sich verbrannt. Seine Lust war mit diesem Wort im Keim erstickt worden. Er stütze sich auf seine Handflächen und blickte herab auf ihr gerötetes Gesicht, die geschwollenen Lippen, die verschleierten Augen… und das fiese Lächeln. „Das war gemein“, beschwerte er sich. „Nein“, verbesserte sie. „Was du tust, ist gemein. Meine Wehrlosigkeit auszunutzen, du Lustmolch!“ Sie schob ihn von sich, stand wankend auf, die Fetzen ihres Nachthemdes als einziger Schutz vor seinen glühenden Augen. Ihr ganzer Körper kribbelte von seinen Küssen und Berührungen, ihre Knie waren weich wie Butter. Am liebsten hätte sie sich auf ihn gestürzt. Aber es war zu früh. Sie spürte, dass der richtige Zeitpunkt nicht gekommen war. Ihre Schwestern hatten solche Luxus-Probleme nicht. Neidisch dachte sie an Yami, die einen genauso wundervollen Mann an ihrer Seite hatte, aber ihn ohne Einschränkungen genießen konnte. Okay, ganz so perfekt war es bei Yami nicht. Aryan war fast pausenlos unterwegs. Selten hatten sie eine komplette Nacht zusammen verbracht. Aber Yami durfte, was Yuki verwehrt blieb. Seufzend drehte sie das Wasser in der Dusche auf. „Du hast doch gestern Abend geduscht“, wunderte er sich. Ein Glück, dass die Duschkabine undurchsichtig war… „Ich muss mich waschen. Dank dir bin ich feuchter als London im Herbst! Und spar dir das Grinsen!“ Yami erwachte vom Weckerklingeln und schlug träge nach dem Störenfried. Nie hatte ihr Morgen so schön begonnen wie in Aryans Armen. Ihr Leben war der Himmel mit dem schönsten und stärksten Mann der Welt an ihrer Seite, den sie über alles liebte. Von dem sie sich jetzt leider lösen musste, weil sie auch ein Leben außerhalb dieser Wohnung hatte. Sie bettete den Kopf auf seiner nackten Brust, lauschte seinem kräftigen Herzschlag, spürte, was für unerschöpfliche Kraft und Energie unter seiner Haut floss. Seine Arme schlangen sich fester um sie. Wann war er eigentlich wieder zu ihr gekommen? Sie war ohne ihn eingeschlafen, wie so oft… Aber immerhin neben ihm aufgewacht. „Hast du den Wecker nicht gehört, Schlafmütze?“, gähnte sie und löste ihre Beine, die sich um seine geschlungen hatten. Aryan reagierte nicht. Sie musste lachen. Jeden Morgen dasselbe, wenn er noch nicht unterwegs war. Er regte sich erst, wenn sie ihn mit einem Kuss weckte, obwohl er längst wach war. Ach, wie sie diesen Mann liebte, ihren Traummann, ihren Traum! Erst ihr zärtlicher Kuss öffnete seine Augen, klar wie zwei geschliffene Smaragde, von diesem atemberaubenden, wilden Grün mit einem Hauch Braun um die Pupille. „Guten Morgen, mein Glück.“ Seine gedachten Worte drangen mit der Magie seiner Augen in ihr Herz. „Wie hast du geschlafen, Prinzessin?“ „Traumhaft! Wie immer, wenn du mich zuvor so durchnimmst.“ Er lachte laut auf. „Seit ich dich kenne, ist mein Leben schöner, als ich es mir je vorstellen konnte. Du gibst mir alles, was mir gefehlt hat. Habe ich dir je gedankt?“ „Jeden Morgen“, kicherte sie und versank dann in seinen Armen, an seinen brennenden Lippen. „Bin ich glücklich zwischen all diesen verliebt gurrenden Täubchen“, spottete Yoko genervt beim Frühstück. „Es ist so schön, der einzige einsame, ungeliebte Mensch zu sein.“ „Wer ist hier ein gurrendes Täubchen?“, beschwerte sich Inuyasha. „Tu nicht so, mein süßes Vögelchen“, säuselte Yuichi und zwinkerte ihm anzüglich zu. „Kann man dich irgendwie abstellen?“, grollte er. „Also ich spüre das Knistern“, bestätigte Yuki. „Ich auch“, nicke Anjaani. „Du hast recht, Chi-chan, es knistert gewaltig zwischen euch.“ Inuyasha sah sie sprachlos an. „Allerdings ist es Inuyashas Wut. Hör jetzt bitte auf.“ „Mich beschützt Aryan“, brüstete er sich. „Ich beschütze nur unschuldige Personen, keine lebensmüden“, lächelte Aryan. „Warum müsst ihr immer zusammen halten?“, jammerte der Japaner. „Ich fühle mich ausgeschlossen!“ „Weil du ein Weichei bist“, grinste ihn Inuyasha böse an. „Und nicht halb so Mann wie wir.“ „Nee-chan? Ist das wahr?“ Er sah Anjaani, die ihm gerade Tee einschenkte, so tieftraurig an, dass sie voll Mitleid die Arme um seinen Kopf schlang und ihn fest an die Brust drückte. „Nein, du bist mein wundervoller Chi-chan!“ Das fiese Lächeln, das er Inuyasha zuwarf, während er sich an sie kuschelte, sah sie nicht. „Hör damit auf, du Kröte“, zischte der Halbdämon. „Hey, blauer Zwerg, pfeif deinen Freund zurück!“ „Würde ich, aber mich regt es nicht so auf wie dich, Inuyasha.“ Yuki wirkte völlig ruhig, es war nicht ihre Art, eifersüchtig zu sein. Doch jedes Mal wenn Yuichi Anjaani umarmte, brodelte es bitter in ihr hoch. Und nach dem, was bei Aufwachen passiert war, vibrierten ihre überreizten Nerven. Sie wusste, es war unschuldig, doch sie ertrug es nicht. Anjaani wäre immerhin die einzige, die ihr Yuichi wegnehmen könnte. Das würde sie nie tun, aber wie lange könnte Yuichi ihr widerstehen? „Dich stört es nicht, dass dein Freund an einer anderen rumfummelt?“, warf ihr Inuyasha gerade vor. „Nicht an irgendeiner Frau, sondern an ihr!“ Wütend ließ sie ihr Besteck fallen und stand auf, sah ihn an mit vor Zorn funkelnden Augen. Der Hanyou schreckte zurück. „Ich weiß ganz genau, dass ich neben Aani wie eine Sumpfkröte aussehe, das musst du mir nicht sagen! Und wenn er sie anfasst, ist es deine eigene Schuld! Wenn es dich so sehr stört, dann sorge halt dafür, dass Aani lieber dich umarmt als ihn! Tu was dagegen, anstatt nur dein Riesenmaul aufzureißen. Mir steht das bis hierher! “ Fauchend stürmte sie ins Badezimmer und knallte die Türe hinter sich zu. „Nein“, mahnte Yami, als Yuichi Anstalten machte, ihr hinterher zu gehen. „Yuki musst du in Ruhe lassen, bis sie sich beruhigt hat. Dann erst kannst du mit ihr reden.“ „Aber was ist los mit ihr? Sie neigt doch gar nicht zu Eifersucht. Yoko ist doch die dramatische Zicke.“ „Weil sie dich liebt“, antwortete Anjaani schlicht, Yoko einen beruhigendes Lächeln zuwerfend. „Zeig ihr, wie wichtig sie dir ist.“ Yuichi senkte den Blick und überlegte. Yoko und Yami sahen sich nickend an, dann sagten sie gleichzeitig: „Zeige allen, dass du sie liebst. Jeder soll wissen, dass sie zu dir gehört.“ „Ist das nicht zu romantisch? Sie findet Romantik doch lächerlich!“ „Vertrau uns!“, beharrten die Schwestern. „Häschen ich brauche deine Hilfe!“, rief Anjaani plötzlich. „Zeichnest du mir bitte was?“ „Ich wollte dich schon immer nackt zeichnen“, flötete Yuki und setzte sich, mit der Hand in ihrem Ausschnitt suchend, an ihren Platz zurück. „Los, ausziehen!“ Yuichis Blick folgte ihrer Hand. „Ich hatte vor einiger Zeit einen Traum“, begann Anjaani unbeirrt. Yukis Augen leuchteten. „Einen erotischen Traum? Mit mir?“ „Nein“, knurrte Anjaani leise. „Mit mir?“, fragte Yuichi. „Nein“, knurrte Anjaani lauter. Beide sahen enttäuscht drein. „Willst du mir jetzt helfen oder nicht?“ Yuki zog ihren Bleistift aus dem BH und nickte. „Als ich das letzte mal am Ort war, an dem keine Tränen existieren, da…“ „Das war doch als-“ „Ich weiß, wann das war“, seufzte Anjaani ungeduldig. Sie wollte nicht an ihren Verlust erinnert werden. „In der Zeit hatte ich jedenfalls einen Traum. Ich war auf einem Ball und trug ein traumhaftes Kleid.“ „Träumst du auch mal von etwas anderem, als von rauschenden Bällen?“, wollte Yami wissen. „Selten. Du warst auch da mit Aryan.“ „Uh, war er nackt?“, begeisterte sich Yuki. „Nein, natürlich nicht! Er hatte genau wie Inuyasha-“ „Inuyasha?“, riefen die Drillinge gleichzeitig. „Also doch ein erotischer Traum!“ Anjaani wurden knallrot und sprang auf. „Nein!“, kreischte sie schon fast. „Er hat mit mir getanzt! Er trug einen Anzug, hatte kurze Haare. Der Mond schien und die Musik war ein Traum! Es war so wunderschön und romantisch. Wir haben uns völlig in diesem Zauber verloren.“ Ihre Augen hatten einen verträumten Ausdruck angenommen, glommen golden. Inuyasha wusste, wie viel es ihr bedeutete, mit ihm zu tanzen. „Und ihr habt nur getanzt?“ Yoko klang nicht überzeugt. „Nur getanzt“, kam die zu hektische Bestätigung. „Nee-chan, du lügst“, grinste Yuichi. Panisch schüttelte sie den Kopf. „Es war ein unschuldiger Traum!“ „Inuyasha? Unschuldig?“ „Was wollt ihr damit sagen?“, beschwerte sich der Dämon. „War es schön schmutzig?“ Anjaani war den Tränen nahe. „Es war romantisch. Warum müsst ihr immer alles verderben?“ „Sex ist romantisch“, widersprach Yami. „Nein, ist es nicht!“, knurrte Anjaani. „Sex basiert auf Liebe!“, war Yoko überzeugt. „Auch für Zuma?“, warf Yuki spitz ein. Yoko klappte zornig den Mund zu. „Ihr zwei seid völlig verblendet“, ereiferte sich Yuki. „Sex ist nichts anderes als die Befriedigung der fleischlichen Gelüste. Mit Gefühlen, oder gar Liebe hat das rein gar nichts zu tun!“ Yuichi starrte sie erstaunt an. Der Bissen, den er sich in den Mund schieben wollte, fiel ihm von der Gabel. „Du selber bist nichts anderes als ein Mittel zur Triebbefriedigung. Du wirst nur benutzt, etwas wert bist du nicht! Sex ist schmutzig und unehrenhaft. Mit ehrlicher, reiner Liebe hat es nichts zu tun! Dir wird ein Stempel aufgedrückt. Und auf diesem Stempel steht „Ventil“. Was hat das schon mit Gefühlen zu tun? Im Moment mag es schön sein, doch danach fühlst du dich benutzt. Mehr nicht! Und es wird nie anders sein, egal mit wem und wie oft du es machst!“ Stille war eingetreten und in dem Moment war allen klar: Raj hatte eine größere Narbe hinterlassen, als bisher vermutet. Yuichi legte den Arm um ihre Schulter und spürte ihr Beben. Der Kerl, der ihr die Unschuld genommen hatte, musste ihr sehr wehgetan haben. Jetzt kannte er den Grund, warum sie nicht mit ihm schlief. Sie wollte, dass es aus Liebe geschah und nicht aus Lust. Er drückte einen Kuss auf ihren Scheitel. „Yuki…“, fing er an, doch für sie war das Thema beendet. „Ich will wissen, was ich dir zeichnen soll, Aani. Den Hanyou mit kurzen Haaren?“ „Nein.“ Anjaani atmete erleichtert durch. „Ich trug eine schlichte Goldkette, viele winzige Mondsteine bilden eine Sonne. Es symbolisiert meinen Namen, wer ich wirklich bin. Ich habe noch nie etwas so schönes gesehen. Es gehörte zu mir, war wie ein Teil von mir. Etwas, das mich ewig an Inuyasha erinnern würde.“ Der letzte Satz war ihr anscheinend unbewusst entschlüpft, denn sie fuhr fort, die Mondsteinsonne genau zu beschreiben, während Yukis Hand über das Papier flog. Heimlich betrachtete Inuyasha das kleine Kunstwerk. Wie der blaue Drilling es schaffte, mit einem einfachen Bleistift das Schimmern der Steine so lebendig einzufangen, war ihm ein Rätsel. Und er erkannte sofort: Das war Anjaanis Schmuckstück. Sie würde es nie besitzen, weil sie dafür ihr Geld nicht ausgeben würde. Sie selbst gönnte sich selten etwas, dafür erfüllte sie ihm jeden Wünsch. Doch sie freute sich über das bisschen Papier so sehr, als würde sie die Kette in der Hand halten. Dass Anjaani so glücklich war, hob auch Yukis Laune beträchtlich. Inuyasha hatte einen Plan gefasst: Sie würde diese Kette bekommen, dazu brauchte er die Zeichnung. Er musste sie ihr entwenden, kopieren und ihr zurückgeben, ohne dass sie irgendetwas bemerkte. Um ihr das Blatt zu stehlen, brauchte er Körperkontakt. „Inuyasha?“ Er zuckte zusammen, wandte sich dem roten Drilling zu. Alle anderen waren im Wohnzimmer. „Lass Aani in Ruhe.“ „Was?“ Hatte er etwa laut gedacht? In ihren Augen glomm der Vorwurf. „Ich kenne diesen Blick. So schaust du, wenn du überlegst, wie du an deine Beute herankommst.“ „Was redest du für einen Mist?!“ Er hasste es, wenn man ihn durchschaute. Sie beugte sich näher zu ihm, ihr Blick düster. „Ich durchschaue dich, Dämon. In einem Punkt seid ihr Männer alle gleich. Ich weiß, was du kannst. Ich weiß, wie erfahren du bist und ich weiß auch, dass der Mann in dir befriedigt werden muss. Aber lass Aani in Ruhe. Du wirst ihr nur wehtun.“ Seine Stimme war ein einziges zorniges Zischen. „Jetzt hast du völlig den Verstand verloren! Denkst du wirklich, ich bediene mich an ihr, wie es mir passt und schere mich einen Dreck um ihre Gefühle? Glaubst du wirklich, ich würde sie verletzen?“ „Ja“, sagte sie und richtete sich auf. „Denn das hast du schon oft genug getan.“ Er presste die Lippen zusammen. „Ich kann Aani nichts vorwerfen“, seufzte die genervt. „Ich bin an genauso einen herzlosen Egoisten geraten.“ Die Mädchen halfen Anjaani mit dem Geschirr, während die Männer den Esstisch aufräumten. Anjaani stimmte ein sehnsüchtiges Lied an, was bedeutete, dass auch Yami nicht lange still sein würde. Im Chor singend räumten sie die Küche auf. Yamis Engelsstimme ging so zu Herzen, dass sie sogar Yokos düstere Stimmung vertrieb. Und Yami selbst verlor sich in der Melodie, die den ganzen Raum verzauberte. Allein Anjaani war schöner als Yamis Gesang und doch lauschte Inuyasha voll Verzückung. Der Drilling hatte eine übermenschlich schöne Stimme, die einem die Seele rauben konnte. Sie hatte eine mächtige Waffe, eine sehr mächtige Waffe. „Woran denkst du“, riss ihn Aryan aus seiner Trance. „Nicht dasselbe wie du“, versicherte er und Aryan musste lachen. „Willst du wissen, was ich denke?“, fragte Yuichi unschuldig. „Nein.“ Aryan war ehrlich. „Ich habe noch nie eine so schöne Stimme gehört. Wenn Yuki sich vor Lust windet, klingt wie fast genau wie Yami. Himmel, wie muss sich dann Yamis lustvolle Stimme anhören?“ „Tja, das weiß nur ich“, lächelte Aryan. Inuyasha legte ihm die Hand auf die Schulter und sah ihn eindringlich an. „Sie wäre perfekt für das Alpha90-Projekt.“ Aryans Lachen verschwand schlagartig. „Nein.“ Und damit war es erledigt. „Aryan…“ „Nicht hier!“, entschied Aryan. „Nicht vor ihnen.“ „Was sollen wir denn sonst machen? Wir brauchen schnell einen weiblichen Köder.“ „Wir verkleiden dich!“ Inuyasha starrte ihn angeekelt an. „Nur über meine Leiche. Außerdem, wie willst du mich weiblich bekommen? Selbst der Hänfling da“, zeigte er auf Yuichi, „ist zu männlich dafür. Wir brauchen eine echte Frau. Eine zierliche Schönheit. Und du weißt das ganz genau. Uns läuft die Zeit davon.“ „Aber nicht Yami“, blieb Aryan steinhart. Die Frauen waren verstummt. Es ging um eine Mission. Endlich mal ein Blick in Aryans Machenschaften. „Ihr wird doch nichts passieren!“ „Dann nehmen wir Aurora, wenn es so ungefährlich ist.“ Er sah zu Anjaani. „Nein“, donnerte jetzt der Dämon und stellte sich vor sie. „Anjaani ist viel zu schön. Wir brauchen eine, die die Dämonen verrückt macht, aber ihnen nicht völlig den Verstand raubt.“ Anjaani hinter seinem Rücken errötete. „Nimm eine der Nervensägen.“ „Warum streitet ihr um uns?“, mischte sich nun Yami ein. „Super gemacht“, warf Aryan Inuyasha vor. „Wir haben ein Problem, das der Chef nicht auf meine Art lösen will.“ Inuyasha verdrehte die Augen. „Stürmen und losmorden ist nicht immer die beste Lösung“, brummte Aryan. „Aber für deine Art brauchen wir einen weiblichen Köder. Und der grüne Nervenzwerg ist ideal.“ „Ach, ja?“, zischte Yoko. „Und warum wir zwei nicht?“ „Weil sie ihre Stimme einsetzen kann, ihr nicht! Und sie kann ihre Stimme verstellen. Jeden X-Beliebigen kann sie imitieren, Frauen wie Männer.“ „Das ist kein Argument“, stand Aryan ihnen bei. „Die beide sind genauso stark und verführerisch. Sie stehen Yami in nichts nach.“ „Ach, ja?“ Yami starrte ihn empört an. „Ich mach’s! Was soll ich tun?“ „Nein.“ Aryan schüttelte den Kopf. „Jede, außer dir.“ „Du kannst es mir nicht verbieten. Inuyasha, ich geh mit dir.“ Aryan seufzte. „Yoko oder Yuki. Mir ist das egal, aber du nicht. Du bist ungeeignet.“ „Ich bin genauso gut wie die zwei“, brauste Yami auf. „In dem Fall nicht.“ „Weißt du was, Herr Gen-“ Yoko unterbrach ihre Schwester. „Warum würdest du uns den Wölfen zum Fraß vorwerfen, aber Yami nicht?“ Alle Drei sahen Aryan wütend an. „Weißt du warum“, grollte Yami und räusperte sich, um mit Aryans Stimme weiter zu sprechen: „Wir brauchen ein schöne Frau, eine die Männer verführen kann und nicht so ein verstocktes, verstaubtes Wiesel wie Yami.“ „Wiesel?“ Aryan musste lachen. „Mir ist grad nichts Besseres eingefallen. Jetzt sag, warum ich nicht?“ Aryan ließ die Schultern hängen. „Wir brauchen einen weiblichen Köder, der das Interesse des Alpha-Dämons weckt. Du bist verführerisch, Prinzessin, aber deine Gefühle für mich hindern dich daran, einem anderen Mann nahe kommen. Was war damals mit Yuichi?“ „Oh.“ Yamis Zornesfalten glätteten sich. „Wie nahe sollten wir dem denn kommen?“ „Nicht so nahe“, versicherte Inuyasha. „Also wo ist das Problem? Du weißt, ich wäre perfekt für den Job.“ „Ich weiß aber nicht, ob ich mich beherrschen kann, wenn er dir nahe kommt“, knirschte Aryan. „Ich wäre die größte Gefährdung für diese Mission.“ Yamis Gesicht wurde weich. „Sag das doch gleich, Sanam.“ „Und wie kommst du drauf, dass ich das könnte“, schnaubte Yuki. „Glaubst du, meine Gefühle für Yuichi sind so schwach, dass ich mich problemlos mit einem anderen Kerl einlassen könnte? Niemals.“ „Dann wäre das geklärt. Es hängt von dir ab, Yoko.“ Yoko verschränkte die Arme vor der Brust. „Wieso ich? Habt ihr keine Agentinnen, die das machen können?“ „Nein.“ Aryan sah sie an und seine Juwelenaugen schienen in ihre Seele dringen zu können. „Tatsache ist, dass wir einen weiblichen Spion brauchen, der wunderschön ist. Und zwar so schön, dass der Alpha sofort von ihr eingenommen ist. Sie muss unwiderstehlich sein und doch stark. Sie darf sich nicht einschüchtern lassen und muss sich wehren können. Sie muss dem Alpha den Kopf verdrehen, ohne dass er sie unterwirft. Sie muss ihn um den Finger wickeln können, ihn gehörig machen. Mir fallen dabei nur ihr Drei ein. Aber Yuki will nicht und Yami wäre nicht überzeugend genug.“ „Wunderschön und unwiderstehlich?“ Yoko war geschmeichelt. „Was machst du, wenn ich nicht will?“ „Du wirst zustimmen“, schmunzelte Aryan. „Was macht dich da so sicher? Wer ist dieser lächerliche Wicht, den ich umgarnen soll?“ „Der Prinz der Vampire.“ In den Gesichtern der Drillinge veränderte sich etwas und ihre Augen leuchteten auf. „Ich will’s doch machen!“ Yuki war Feuer und Flamme. „Ich hab’s mir anders überlegt, ich will den Job!“ „Ey“, entrüstete sich Yuichi. „Wie war das noch mit deinen Gefühlen für mich?“ „Was bitte ist so erotisch an einem Vampir?“ Anjaani schüttelte es. „Frag nicht mich“, lachte Aryan. „Frag die Drei.“ „Vampire sind geil“, kam es einstimmig. „Erotisch, dunkel, geheimnisvoll und stark.“ „Und der Biss“, ergänzte Yuki. „Ein Vampirbiss hatte schon immer etwas Erotisches gehabt.“ Anjaani erschauderte es und ihre Hand fuhr an die Stelle, die Inu-chans Zähne durchbohrt hatten. Sie blickte auf Inuyashas Fangzähne und schüttelte den Kopf. Reue füllte Inuyashas Augen. „Vampire haben keine Kraft im Kiefer wie ich“, murmelte er. „Ein Vampirbiss kann keine Knochen bersten lassen.“ „Und Vampirzähne sind kürzer“, beruhigte der General. „Ein Biss ist nicht tödlich. Nicht direkt. Und verwandeln wird dich ein Biss auch nicht. Also wärst du nicht in Gefahr.“ „Anjaani macht das nicht!“, betonte Inuyasha noch einmal. „Sie ist völlig ungeeignet.“ „Weil ich zu unattraktiv bin?“ „Weil du zu unschuldig bist“, knurrte er sie an. „Außerdem zeigt er sich dir als deine größte Schwäche, also -“ Er brach abrupt ab. „Du?“, fauchte sie. „Wolltest du das sagen? Und du meinst, ich könnte ihm dann nicht widerstehen, weil ich den Unterschied nicht bemerken würde?“ Ihre Stimme wurde lauter. „Ich habe selbst bei Inu-chan bemerkt, dass er nicht du war. Und er war ein Teil von dir!“ „Willst du das überhaupt?“, schrie er zurück. „Natürlich nicht! Aber es geht ums Prinzip!“- „Es ist jetzt genug“, entschied Aryan. „Ihr wisst mehr, als ihr solltet, aber das Thema ist jetzt tabu.“ Dann wandte er sich an die Drillinge. „Ihr Drei solltet vorsichtshalber dieselbe Kleidung anziehen, denn er trifft heute ein. Die Gefahr ist groß, dass er an den falschen Drilling gerät. Also, Yoko, möchtest du? Sonst muss ihn Inuyasha bezirzen.“ Der Hanyou knurrte ihn zornig an. Yokos Wangen glühten in Begeisterung über diese Herausforderung. Zweifel hatte sie dennoch. „Ich würde Inuyasha nur zu gerne bei dieser Mission sehen.“ Inuyashas Glutaugen verengten sich zu Schlitzen. „Sehr witzig! Wir brauchen eine Frau, weil er kommt, um sich eine Braut für die Ewigkeit auszusuchen.“ „Braut? Ich bin dabei!“ Mehr Gründe brauchte sie nicht. „Und er sieht aus, wie der Mann, den ich liebe?“ „Genau, aber den Charakter kann er nicht imitieren. Also weißt, du woran du bist, wenn dir plötzlich Zuma gegenüber steht und sich ungewöhnlich benimmt.“ „Du meinst freundlich?“ In düsteren Gedanken gefangen, schlenderte Yoko mit ihren Schwestern durch die Stadt. Sie konnte sich Zeit lassen auf dem Weg zum DSE-Hauptquartier, Yami hatte es auch nicht eilig und Yuki brauchte jetzt sofort einen neuen BH. Der Bügel stach heraus und kratzte ihr die Haut wund. Hatte die Probleme! Die wünschte sie sich. Wo sollte das mit Zuma enden? Sie waren füreinander geboren, das war eine Tatsache. Aber wieso erkannte er es nicht? Sie war anders als alle Frauen, die er kannte. Sie war viel mehr, sie war seine engste Vertraute, seine beste Freundin. Sie verstanden sich nicht nur im Bett, sie passten in jeglicher Hinsicht perfekt zusammen. Dort, wo sie nicht einig waren, ergänzten sie sich. Lag es wirklich nur an Aani? An ihrer Schönheit, die ihn blendete? Oder an dem Hass, der ihn vergiftete? Sie wüsste zu gerne, warum er der Inderin grollte, aber das war diese eine einzige Sache, die er vor ihr verschloss. Tatsache war, dass sie um ihn kämpfen musste, denn sie war dennoch seine einzige Frau. Sie hatte Hoffnung und sie würde um ihn- Sie stieß gegen ein hartes Hindernis und wurde abrupt aus ihren Gedanken gerissen. „Yoko-Neko! Alles ok?“, sorgte sich Yami. „Hallo!“, keifte Kagome am Boden liegend. „Ich bin diejenige, die überrannt wurde!“ „Kein großer Verlust“, bemerkte Yuki. „Geht mir aus dem Weg“, grollte ihre ältere Schwester. „Ich hab’s eilig!“ „Was wolltest du denn in einer Reizwäsche-Boutique?“ „Shoppen“, antwortete sie, genervt, dass sie sich mit ihren jüngeren Schwestern abgeben musste. „Ich habe einen Mann kennen gelernt.“ Plötzlichen interessierten sich die Drei für ihr Privatleben. „Was für ein Mann?“ „Ich kenne ihn nicht gut genug, aber er ist der Wahnsinn. Eine Nacht haben wir zusammen verbracht und er… ach, er ist der Wahnsinn! Er richtig heißer Tänzer!“ Yokos Grinsen schwand und sie runzelte die Stirn. „Kennst du seinen Namen?“ „Nein, ich weiß nichts“, bemerkte Kagome etwas pikiert. „Wir haben nicht viel geredet. Aber er ist wirklich gutaussehend, groß, durchtrainiert, blonde Haare, große Hände und diese Augen!“ Yoko war leichenblass geworden. „Silbern?“ „Genau! Woher weißt du das?“ Der rote Drilling war erstarrt und zu jeder Reaktion unfähig. „Woher sie das weiß?“, regte Yami sich auf. „Das ist ihr Freund! Du Schlampe vögelst ihren Kerl!“ „Viel kann ihm an dir nicht liegen, wenn er mich vorzieht.“ Die Drei starrten ihr fassungslos ins glückliche Gesicht. „Lass die Finger von ihm.“ In Yokos Stimme sammelte sich die Wut. „Tja, das ist dann wohl seine Entscheidung“, grinste sie fies und schulterte ihre Einkaufstüte. „Eines lass dir sagen, Yoko: An dich ist dieses Prachtexemplar verschwendet. Aber ich grüße ihn schön von dir.“ „Kätzchen, warum lässt du sie gehen?“ Yokos Gesichtsausdruck war nicht zu deuten, doch er bedeute nichts Gutes. „Ich wünsche sie ihm. Er wird schon sehen, was er davon hat. Ich habe jetzt andere Prioritäten.“ Und ein teuflisches Lächeln entfachte das Feuer in ihren Augen. „Komm nur zu mir, kleiner Vampir.“ „Dein Cousin hat Yoko betrogen“, grollte Yuki in ihr Handy. „Sie sind kein Paar“, erinnerte sie Yuichi. „Das kannst du ihm nicht vorwerfen. Er ist alt genug, um zu wissen, was er tut.“ „Mit ihrer Schwester!“ „Was? Mit welcher?“ „Kagome.“ Yuichi fiel ein Stein vom Herzen. „Bist du gerade erleichtert?“ Ihre Stimme war gefährlich. „Yuichi… Warte. Der hier ist zu klein. Ich brauche 75C, nicht B. Danke… Jetzt hör mir mal zu-“ „75C? Was treibst du gerade?“ „Ich probiere Unterwäsche an. Ich hab nach der Arbeit meinen BH weggeworfen und brauche schnell einen neuen.“ „In welchem Geschäft?“ „In der Reizwäsche-Boutique direkt neben meinem Arbeitsplatz,… Moment, Schatz... Der Schwarze ist wunderschön! Gibt es passende Strapse dazu?“ „Wehe, du rennst weg!“ Und dann hörte sie nur noch das Tuten in der Leitung. Bei dem Wort Reizwäsche hatte sein Gehirn ausgesetzt und Strapse hatte ihm den Rest gegeben. „Fifi, ich mach Feierabend!“ Ehe Yuichis Manager reagieren konnte, war er weg. Yuki schüttelte nur den Kopf. Der Kerl war unmöglich. „Vergiss es, Lustmolch, ich geh Aani abholen“, schrieb sie ihm eine Nachricht. Dann hatte sie auch die Chance Zuma ihre Meinung zu geigen. Sie blickte hinauf zum Himmel. Er war dunkel verhangen, wahrscheinlich würde es jeden Moment regnen. Sommerregen war etwas Wunderschönes. Kaum hatte sie zu Ende gedacht, trafen die ersten kühlen Tropfen ihre warme Haut. Und schnell wurde ein heftiger Regenguss daraus, der ihr Haar und ihre Kleidung durchnässte. Und sie trug keinen BH. Der am Körper klebende Stoff verhüllte harte Brustwarzen nicht und eine Jacke hatte sie vergessen. Sie war ein Leckerbissen für jeden notgeilen Wüstling, der hinter dem nächsten Busch lauerte. Aber anders als sonst, würde sie sich dieses Mal wehren müssen. Gerade der Park war voll von denen und sie war zu allem bereit, der Körper angespannt, die Sinne geschärft. Aber hier war es um die Zeit überraschend leer und der Nebel war so dicht… Neben? Im August? Woher kam dieser dicke, weiche, unangenehm kühle Nebel? Und müsste sie nicht längst wieder auf der Straße sein? Hatte sie sich verlaufen? Der Park war nicht so groß. Irrte sie, oder rief jemand ihren Namen? Da! Klar und deutlich! Das war doch Yuichis Stimme. Ihr Herz machte automatisch einen Freudenhüpfer. Sie folgte dem Klang seiner Stimme, tiefer in den Nebel hinein. Dieser Klang hatte schon fast eine narkotische Wirkung, wie weiche Watte legte sie sich um ihren Verstand. Sehnsucht erwachte in ihr, verzehrend, bannend, unentrinnbar. Wie hypnotisiert war ihr nicht bewusst, dass sie gelockt wurde. Lauter wurde der sinnliche Ruf, bis sie die Nähe spürte. Aus Schatten und Nebel trat eine Gestalt, groß, männlich, schön. Augen wie leuchtende Saphire, wirres, schwarzes Haar, das düstere Grinsen des Teufels. Gott, war er unwiderstehlich! „Yu-Yuichi…“ Ihre Stimme war wie belegt, ihr Kopf völlig benebelt. Was war los? Spielte ihr Kreislauf verrückt? Ihre Zunge gehorchte ihr nicht mehr, ebenso wenig ihre Beine, die sich quasi automatisch auf ihn zubewegten. „Komm zu mir, meine Schöne.“ Es war keine Bitte, es war wie ein Fluch. Und sie war die Verfluchte. Sein Blick glitt an ihr entlang, seine Pupillen weiteten sich. Irgendwas stimmte mit seinen blauen Augen nicht. Yuichi erstarrte, als er Yuki mit einem anderen Mann sah … Mit ihm! Das war seine Gestalt. Verflucht, der Vampir! Was tat er da mit ihr? Hinter ihm raschelte es und Yoko und Aryan traten aus dem Gebüsch. Aryans Schutzbarriere hüllte ihn ein. „Beruhige dich“, bat Aryan. „Du kannst nichts machen. Bitte, Yoko, zieh den BH aus.“ „Was?!“ „Yuki trägt keinen und er hat es bemerkt.“ „Tu was, oder ich tu es!“, beschwerte sich Yuichi. „Er manipuliert sie!“ „Keine Sorge, wenn sie auch nur halb so stark ist wie Yami, hat er keine Chance. Ich warte nur auf den richtigen Moment, um den Köder auszutauschen.“ „Komm zu mir“, flüsterte Yuichi wieder. Wie von einem Sog getrieben glitt Yuki in seine Arme. „I-Ich…“ „Ich will nicht.“ Warum konnte sie es nicht aussprechen? Ihr Herz wehrte sich, doch ihr Körper gehorchte nicht. Er schrie regelrecht nach ihr. Schmerzhaft war das Verlangen nach ihm. Fest drückte er sie an sich, an seine warme Haut, an seinen starken Körper. Es war falsch, warum war es so falsch? Die Hitze in ihrem Kopf wurde fast unerträglich. Dieses Fieber raubte ihr den Willen. Den Willen zu widerstehen. „Sieh mich an.“ Nein! Sie stemmte die Arme gegen seine Brust, doch sie hatte kaum Kraft. „Sieh mich an“, wiederholte er fest. „N-nein…“ Das wäre ihr Untergang. „Einen Kuss möchte ich nur, Schönheit.“ Schönheit? Leise drang der Protest ihres Herzens durch das Fieber durch. Das hier war nicht Yuichi. Dieses Wort klang aus seinem Mund ganz anders. „W-wer bist du?“ Sie spürte, wie ihre Kraft zurück kehrte und sie schaffte es, ihn von sich zu stoßen. „Lass deine Finger von mir!“ Sie zitterte. Er lächelte nur düster, ließ den Blick an ihr heruntergleiten und verweilte kurz an ihren Brüsten. „Niemals. Ich will dich, Schönheit mit dem starken Herzen.“ Langsam wich sie ihm aus, doch er schritt auf sie zu, drohend, gefährlich. Das war niemals Yuichi! Sie schrie auf, als er nach ihr griff, übermenschlich schnell. „Nimm die Hände von mir!“ „Oh, ein kleines Wildkätzchen“, raunte er in ihr Ohr. „Sieh mich an.“ „Nein!“ Seine Stimme wurde lockend, bannend, unwiderstehlich. Die Hitze nahm wieder von ihr Besitz, mächtiger als zuvor. „Sieh mir in die Augen.“ Täte sie das, wäre sie verloren. „Ich will nicht!“ Diese Frau ließ sich nicht beherrschen. Seine Geduld war am Ende. „Sieh mir in die Augen! Sofort!“ „Niemals!“, schrie sie ihn an. Er packte eisern ihr Kinn und hob ihren Kopf an. Sie schaffte es nicht rechtzeitig die Augen zu schließen. Verdammt! Yuichis wunderschönes, ungeduldiges Gesicht, die goldenen, wirren Locken und diese Augen, die unnatürlich hell leuchteten. „Ich will dich, um jeden Preis.“ Sie konnte nicht mehr antworten, von seinem Zauber überwältigt. „Du bist mein“, flüsterte er und tauchte in ihre Augen. „Du gehörst mir. Und du tust was ich sage.“ Sie wehrte sich nicht mehr, als er sie wieder an sich heranzog. Alles andere war vergessen. Yuki war versunken in seinen Augen, verloren in diesem dunklen, uralten Bann. Das Hier und Jetzt schien ihr weit. „Küss mich, Schönheit.“ Sie war wehrlos. Und er stahl ihr den verlangten Kuss. Heißer Zorn fuhr Yuichi in die Glieder. Und er verlor die Beherrschung. Wie ein Schlag traf sie die Abscheu, als ihr Herz gegen seine Magie gewann. Mit einem angewiderten Aufschrei, biss sie ihm kräftig in die Unterlippe und rammte ihr Knie in seine Weichteile. Fluchend ließ er sie los und sie schickte ihn mit einem geschickten Griff und Wurf zu Boden. Flucht war ihr erster Reflex. Als sie plötzlich Wärme umhüllte, wusste sie, sie befand sich innerhalb einer Schutzbarriere. Nein, nicht noch ein Zauber! „Wir sind es“, hörte sie Aryan, als sie losrennen wollte. Er trat mit Yoko an seiner Seite zu ihr. Und Yuichi. Ein fuchsteufelswilder Yuichi, den Aryan in Zaum halten musste. „Mann, lass mich los, ich bring ihn um!“ „Geht es dir gut?“, fragte ihre Schwester. Yuki versuchte, den verwirrenden Zauber von sich zu schütteln. „Das geht vorbei“, beruhigte sie Aryan und dann musste alles schnell gehen. „Yoko, gib ihr deine Jacke. Yuichi, verschwinde mit ihr.“ Yuichi ergriff Yuki und gemeinsam rannten sie fort. Hand in Hand durch den strömenden Regen. Die kalten Regentropfen vertrieben die Hitze der Vampirmagie. Erst jetzt wurde ihr so langsam bewusst, was passiert war. Der Vampir war erschienen in der Gestalt ihrer größten Schwäche. Er hat sie beeinflusst und sie… sie hatte ihm widerstehen können. Als sie über ihre wackeligen Knie stolperte, hielt Yuichi an und riss sie an sich. Schwer atmend schlang sie die Arme um seinen Hals. Jetzt spürte er die Aufruhr in ihr. Yuki erschauderte vor Wonne. Das hier war der echte Yuichi. Was waren das für Welten! Sie verkroch sich in seiner schützenden Umarmung, sog regelrecht seine Stärke in sich auf. Ihre eiskalte Haut erwärmte sich unter seinen Berührungen. Sehnsüchtig seufzte sie seinen Namen. Immer und immer wieder. Der Klang drang ihm unter die Haut. Er wollte sich lösen, um sie anzusehen, aber sie klammerte sich an ihm fest. „Was ist los? Geht es dir gut?“ „Ja, ich will nur kurz deine Nähe genießen. Bitte lass mich nicht los. Halt mich fest.“ Sie hob den Blick und in seine Augen trat ein harter Ausdruck. Zärtlich wischten seine Finger frisches Blut von ihrer Lippe. Gott, wie sie seine Berührung liebte! „Das ist sein Blut“, murmelte die beschwichtigend. „Ich habe ihn gebissen. Ich hätte nie gedacht, wie abstoßend das sein kann. Jemand anderen als dich zu küssen.“ „Hast du ihn sofort durchschaut?“ „Augenblicklich. Obwohl dieser Zauber sehr stark war. Es war ganz seltsam. Dein Gesicht und doch war es fremd. Etwas fehlte, etwas was ich an dir so liebe.“ „Ja?“ Er unterdrückte seine Freude über ihre ehrlichen Worte. War sie doch sonst so sparsam mit ihnen. „Deine Wärme. Ich hätte nie gedacht dass es mich so anwidert, wenn mich jemand anderes berührt. Was hast du mit mir gemacht?“ Er lachte leise. „Schönheit, du bist mein.“ Sie erschauderte und krallte die Finger in seine Haare, zog ihn an ihre verlangenden Lippen. „So hat er mich auch genannt… Schönheit. Und nur aus deinem Mund bringt es mein Herz zum Rasen.“ „Mein Herz“, korrigierte er leise. „Für immer meins.“ „Für immer“, hauchte sie und gab ihm den Kuss, der ihn ins Paradies beförderte. Ineinander verschlungen, die Lippen verschmolzen, für einander brennend im kühlen Sommerregen, spürten sie dieses Eine deutlich: Ihre Herzen schlugen im selben Takt. Schnell hatte der falsche Yuichi Yoko eingeholt. Verwunderung sah sie in den blauen Augen. Blut tropfte von seiner Lippe. Sie gab die Flucht auf und stellte sich ihm entgegen, stolz und erhaben. Er hatte den „Tausch“ nicht bemerkt. „Überrascht, dass dein Zauber nicht wirkt?“, lächelte sie milde. „Das nützt bei mir nicht, Dämon. Yuichi? Wirklich? Mehr hast du nicht zu bieten? Ich bin nicht so schwach, um darauf hereinzufallen.“ „Du bist stark, Senorita. Schlau und wunderschön.“ Sein Akzent überrollte sie wie eine warme Brandung. Dios mío, ein Spanier! „Ich werde alles tun, um dich zu bekommen.“ Die Gesichtszüge blieben gleich, doch die blauen Augen versilberten sich und die schwarzen Strähnen wurden blond. Der Anblick löste Schmerz aus. „Nein, das ist nicht Zuma! Na, warte, Dämon! Nicht mit mir!“ „Nettes Spielchen.“ Yoko blieb ungerührt und trat dicht an ihn heran. Ihr Atem streifte seine Lippen. Er schluckte hörbar. „Du bist nicht Manns genug, mich als der zu gewinnen, der du wirklich bist. Ich gebe mich keiner Illusion hin. Und du…“ Ihre Zungenspitze leckte den Blutstropfen auf. „Du hast schon verloren.“ Ihre prickelnde Hitze entwich, als sie sich umdrehte und geschmeidig wie eine Katze davonschritt. Nur ihr köstlicher Duft blieb. „Herausforderung angenommen.“ Dann verschwand er im Schatten. Das Klingeln von Yukis Handy hielt gegen den prasselnden Regen. Etwas außer Atem meldete sie sich. „Geht es dir gut?“, erkundigte sich Aryan. „Mir ist nichts passiert, aber mir ist schwindelig.“ „Das vergeht. Ein Vampir ist ein Meister darin, den Verstand zu überwältigen. Aber gegen dich kam er nicht an.“ Yuki grinste zufrieden. „Yuichi?“ „Ja?“ Er beugte sich näher zum Telefon. „Geht so schnell wie möglich Heim.“ „Wir wollen noch Nee-chan abholen.“ „Tut das, aber lass Yuki nicht mehr alleine. Es kann sein, dass der Zauber sie noch schwächt. Berichte mir von allen Nebenwirkungen.“ „Aye aye, General!“ „Mir geht es gut.“ Doch war sie noch etwas wackelig auf den Beinen. „Frierst du, Liebes?“ Yuichi drückte sie näher an sich. „Nein“, lachte sie. „Du machst mich heiß genug.“ Sie standen vor Zumas Tanzschule. „Dieses billige Yuichi-Imitat hat mich in Fahrt gebracht. Jetzt werden wir deinem Cousin mal einheizen.“ Sie öffnete noch während dem Anklopfen die Tür. „Wir holen Aani ab, oder dürfen wir das ohne deine Erlaubnis nicht?“ „Was zu Teufel willst du hier?“, grollte Zuma genervt. Yuki hob abwehrend die Hände. „Ich sagte doch, Aani…“ „Nicht du, Kätzchen, ich rede mit dem Plagegeist.“ Yuichi sah seine Freundin verwundert an. Kätzchen? Hielt er sie tatsächlich für Yoko, weil sie deren rote Jacke trug? Und die nassen Haare wirkten dunkler als sonst. Stimmt, auf den ersten Blick könnte das auch Yoko sein. Er sah Yuki an, dass sie ein fieses Grinsen nur schwer unterdrückte und setzte den für Yoko so typischen überlegenen Gesichtsausdruck auf. „Aani ist der Grund für mein Erscheinen“, ahmte sie den süßlich-giftigen Tonfall ihrer Schwester perfekt nach. „Und der Grund für mein Erscheinen bist du, mein süßer Aki-chan“, zwitscherte Yuichi. Seinen Nerven zuliebe ging Zuma nicht auf seinen Cousin ein. Sein Blick traf die durchnässte Yuki, ein Anblick verboten wie die Sünde und seine Augen begannen zu glühen, als er die Tüte mit Reizwäsche in ihrer Hand sah. „Im ernst, Yoko, ich habe zufällig gerade Zeit für dich. Komm zu mir und wärm dich. Und du, verschwinde!“ „Du glaubst tatsächlich, ich sei deinetwegen hier, Zumalein? Das einzige, was deine Arroganz übertrifft, ist dein Hochmut. Den Grund für beides sehe ich allerdings nicht. Was macht dich besser als andere Männer?“ Zuma tappte in die Falle und lachte amüsiert auf. „Du bist immer noch sauer… wegen was auch immer.“ „Wegen was auch immer?“ Jetzt wurde Yuki sichtlich wütend. „Wie geht es der Schlampe, die du neulich beglückt hast, nachdem wir uns das letzte Mal gesehen haben?“ Zuma war kurz vor den Kopf gestoßen. „Woher weißt du das?“ „Das ist unwichtig, ich bin nämlich fertig mit dir.“ „Was soll das jetzt heißen?“ Irgendetwas war anders als sonst. Er wusste nur nicht was. „Soll ich es dir buchstabieren? Du interessierst mich nicht mehr. Es gibt bessere. Also, leb wohl.“ Sie hatte ihm nicht einmal den Rücken zugekehrt… „Kätzchen!“ Sie erstarrte. „Sei ehrlich und nenne mir einen, der besser ist als ich.“ „Ich kann dir sogar den besten nennen.“ Ein liebliches Lächeln traf Yuichi. „Dieser Clown“, prustete Zuma los. „Komm, Kätzchen, mach dich nicht lächerlich!“ „Du langweilst mich jetzt schon“, kommentierte sie müde. „Gehen wir, Yui-kun.“ Yuichi legte den Arm um ihre Schulter und zog sie an sich, eng an sein Herz und ihr wurde heiß, ihre Wangen röteten sich. Und ihr stockte der Atem, als seine funkelnden Saphiraugen tief in ihre drangen. Zuma riss entsetzt die Augen auf, als er Yukis Reaktion sah. Die Erregung, die Hitze, die Leidenschaft, es war so deutlich zu spüren, dass ihn rasender Zorn packte. Das hier war eindeutig nicht gespielt! Dieser Wicht wird ihm nicht die Frau wegnehmen! Niemals! „Ist das deine Rache?“, knurrte er. „Du machst dich doch nur lächerlich!“ Yuki atmete tief durch, wie Yoko es jedes Mal tat, wenn sie auf eine, ihrer Meinung nach, stumpfsinnige Aussage antworten musste. „Aus Eifersucht lässt du dir Hörner aufsetzten, Akira. Sieh den Tatsachen ins Auge, dass Yuichi meine Sinne mehr berauscht, als du es je vermocht hast. Dass-“ „Spar dir die Ode!“ Seine Wut wuchs sichtbar. Er sprang auf, stellte sich ihr gegenüber, so nah, dass er ihre Körperwärme spürte. Yuichis Muskeln spannten sich an, denn Zuma war ihr viel zu nah. So nah, dass er ihre Haut durch den dünnen Stoff ihres Kleides spürte. Verlangen loderte in den silbergrauen Augen auf. Er wollte eingreifen, doch das selbstsichere Grinsen seiner Freundin hielt ihn davon ab. Außerdem war es lustig, den kühlen, unnahbaren Zuma dermaßen aus der Fassung zu bringen. Und er brodelte wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch. Yuki konnte verstehen, warum Yoko verrückt nach ihm war. Seine Augen funkelten hell vor Zorn, wie flüssiges Silber. „Was kann er dir mehr zu bieten?“ Seine Stimme hatte sich zu einem bedrohlich erotischen Flüstern gesenkt. „Diese billige Kopie von mir.“ Yuki lachte auf, fröhlich, engelsgleich. Ihre Augen blitzten amüsiert. „Billige Kopie? Ich würde sagen: verbesserte Version.“ „Du willst mir ernsthaft klar machen, Yoko, dass dieser Versager, mit der Reife eines Sechsjährigen, mehr Mann ist als ich?! Dieser Waschlappen, der mehr Glück im Leben hat als Verstand!“ Yukis Lächeln gefror. Das ging zu weit. Niemand beleidigte den Mann, den sie liebte! Niemand! Jetzt ballte sie die Fäuste und stieß sie ihm vor die Brust, sodass er zurücktaumelte. „Wie kannst du es wagen?!“, zischte sie. „Einen so liebenswürdigen Menschen zu beleidigen?“ „Ist gut, Süße“, versuchte Yuichi zu beschwichtigen, doch sie schüttelte ihn ab. „Nein, verdammt noch mal, nichts ist gut!“ Dann sah sie Zuma an. „Was fällt dir ein? Gerade du, so rücksichtslos und kaltherzig wie du bist! Du hältst dich ernsthaft für was Besseres? Das ich nicht lache! Du bist nicht einmal halb der Mann, der er ist! Er ist zärtlich, er kümmert sich um mich, ich bin ihm wichtig und er vögelt nicht mit meiner Schwester hinter meinem Rücken rum. Und vor allem: Er liebt mich so, wie ich ihn.“ „Liebe?“, entfuhr es Zuma ungewollt. „Ja, Liebe!“ Yuki warf stolz den Kopf zurück. „Es wundert mich, dass du dieses Wort überhaupt kennst!“ Sie schmiegte sich selig in Yuichi Arme. Es war so innig und vertraut, dass Zuma nur noch Rot sah. „Hör endlich mit den Spielchen auf, Yoko! Ich glaube dir das nicht.“ „Du hast verloren, Zuma“, sagte Yuichi ernst. „Sie hat sich für den entschieden, der sie glücklich macht.“ Er gab ihr einen Kuss, so intensiv, dass ihr alle Sinne schwanden. Das konnte nicht sein! Das war nicht gespielt! Sie wurde eindeutig schwach in den Armen dieses Armleuchters. Sie liebte ihn! Er sah es, er spürte es und doch wollte er es nicht glauben. Niemand nahm sie ihm weg! Blind vor Raserei, riss er seinen Cousin von ihr weg, holte aus… „Zuma, nein!“ Anjaani hielt ihn zurück, entsetzt und erschrocken. „Yuki! Yuichi! Was habt ihr gemacht?!“ Zumas Augen wurden riesig. Yuki? Die beiden brachen in Gelächter aus. Zuma hatte das Gefühl, mit Eiswasser übergossen zu werden. „Oh, Mann, Aani, es war gerade so lustig“, kicherte Yuki. „Wie hast du mich erkannt?“ „Geb dir keine Mühe.“ Verärgert verschränkte sie die Arme vor der Brust. „Mich habt ihr noch nie täuschen können. Ihr solltet jetzt schleunigst das Weite suchen.“ Alle sahen Zuma an, dessen Blick sogar Inuyasha in die Flucht geschlagen hätte. Das war nicht Yoko, er hatte sich zum Affen machen lassen! So gedemütigt hatte ihn noch niemand. Nun sah er es selber, Yukis nasses Haar war nicht schwarz, es schimmerte Braun. Wie perfekt sie sich für Yoko ausgegeben hatte. Und er? Und er?! Rasend vor Zorn explodierte er. „Was willst du?“, brüllte Zuma in sein Telefon. „Wer von euch auch immer du bist, verfluchter Drilling!“ „Bist du etwa immer noch sauer?“, bemerkte Yoko unnötigerweise. „Sauer?“, knurrte er düster. „Beweg deinen Arsch hierher und ich zeige dir, wie sauer ich bin!“ „Mach mich nicht für deren Unsinn verantwortlich. Es ist nicht meine Schuld, dass du mich nicht von meinen Schwestern unterscheiden kannst.“ „Ich rate dir, mich nicht noch mehr zu reizen.“ „Das schwebt mir nicht vor. Yuichi heult immer noch vor Schmerz.“ Dann wurde ihre Stimme weich und zärtlich. „Ich wollte dir nur etwas sagen.“ Abwartendes Schweigen. „Ich finde es so niedlich, wie eifersüchtig du wegen mir bist. Danke, Liebling!“ Lautes Tuten war die Antwort. Er hatte aufgelegt. Yoko lächelte. „Das war ja fast noch fieser als das, was wir angestellt haben“, kommentierte Yuichi. „Ich wollte ihm nur die Tatsachen vor Augen führen. Und dank euch habe ich wieder einen Hoffnungsschimmer. Also, ich geh Heim.“ „Hat Aryan nicht gesagt, du sollst nachts nicht alleine vor die Tür?“, wunderte sich Yami. „Ein Dämonenjäger begleitet mich. Ich schwebe davon, von meiner Hoffnung Flügel tragend…“, zwitscherte sie und verabschiedete sich glücklich vor sich her reimend. „Hoffentlich ist das die blauen Flecken wert“, rief er ihr noch hinterher. „Hör endlich auf zu jammern, du Memme“, beschwerte sich Inuyasha. „Hey, das war ein Koloss von einem Sicherheitsmann. Neben dem siehst du aus wie ein Welpe.“ „Zuma hat dich raus geworfen“, bemerkte Yuki trocken. „Und der ist nur die Hälfte von Inuyasha“, sagte Anjaani ernst. „Inuyasha hättest du nicht überlebt.“ Ein Lächeln, das ihre Augen schlagartig vergoldete und ihr Blut in Aufruhr brachte, war ihr Dank. „Hör mir zu, Chi-chan“, wandte sie sich ihm nach einem tiefen Ein- und Ausatmen wieder zu, Besorgnis in den dunklen Augen. „Komm nicht einmal auf die Idee, etwas Ähnliches bei Inuyasha zu versuchen.“ Yuichi fühlte sich ertappt. „Ich wollte doch gar nicht…“ „Doch ich sehe es dir an. Schlag dir das aus dem Kopf. Das ist nicht lustig.“ „Das sagst du jetzt nur-“ „Nein“, unterbrach sie ihn todernst. „Niemand auf der Welt ist so gefährlich wie Inuyasha.“ Der Hanyou sah sie überrascht an. „Reize ihn nicht bis aufs Blut, es kann sein, dass du es nicht überlebst. Wenn du Pech hast, tust du es doch. Und niemand wird dir helfen können. Nicht einmal Aryan.“ „Niemand außer Aryan“, verbesserte Yami sofort. Der Zweifel lag deutlich in Anjaanis Augen. „Aryans Gewissen ist ausgeprägter und das macht ihn weit ungefährlicher. Ich weiß um beider Kraft und Inuyashas würde ich mehr fürchten. Hast du gehört, Yuichi?“ Yuichi schmollte. „Sag mir doch gleich, dass ich ein Schwächling bin!“ „Das bist du nicht. Aber niemand ist Inuyasha gewachsen.“ Yami nickte zustimmend. „Besonders wenn er seine Menschlichkeit verliert. Und Aryan ist dennoch besser!“ Mit den Worten verabschiedete sie sich. Weit hatte sie es nicht und es war schon spät. Yuichi zog beleidigt die Schultern ein. „Komm Heim, Liebling“, forderte ihn Yuki auf und zog ihn mit sich. „Ich werde mich um deine Wehwehchen kümmern.“ Liebling? Doch als er sie ansah, setzten sich seine Beine automatisch in Bewegung. Ihrem alles sagenden Blick wäre er bis in die Hölle gefolgt. Anjaani wandte sich gerade von der Tür ab, als sie zusammenschrak. Inuyasha stand direkt hinter ihr, groß, stark und…. er lächelte! Ihre Knie fingen an zu zitternd. Himmelherrgott! Wer konnte sich dieser Ausstrahlung widersetzen?! Er beugte sich zu ihr runter, ihr Herz blieb stehen, ihr Atem stockte. Sein Gesicht, diese Augen, nur Zentimeter über ihren. Seine Hände legten sich sanft auf ihre Schultern. Ihre Beine gaben nach, zum Glück stützte sie die Tür in ihrem Rücken. Er hatte so gut wie nichts getan und sie war ihm ausgeliefert. „Atme“, erinnerte er sie leise. „Es ist nur…“, hauchte sie. „Nichts macht mich so glücklich, wie dein Lächeln.“ „Hast du das ernst gemeint?“ „Kya?“ „Was du dem Plagegeist gesagt hast“, lachte er sanft. Du meine Güte! „Das weißt du.“ Mühsam konzentrierte sie sich aufs Sprechen. „Das war die reine Wahrheit. In meinen Augen ist niemand mit dir vergleichbar, in keinster Weise.“ „Danke.“ Und zärtlich küsste er ihre Wange. Unbemerkt entwendete er ihr Yukis Skizze. Als er sie ansah, mit diesem glühenden Blick, war sie verloren. Ohne Zögern hätte sie ihm alles gegeben. Alles! „Du bist diejenige, der ich am meisten vertraue“, flüsterte er. Gänsehaut lief ihren Rücken hinab. „Mehr als Aryan. In manchen Dingen würde ich dir mehr vertrauen als mir selber.“ Seine Worte trafen ihr Herz wie ein Pfeil. Ihre Arme schlangen sich um seinen Nacken, sie zog ihn dichter an sich, Wange an Wange. Sie spürte seinen rasenden Herzschlag, im gleichen Takt wie ihres. „Du weißt, was du da tust“, raunte er in ihre duftenden Locken. „Nein“, seufzte sie. „Aber du weißt es genau. Du weißt ganz genau, was du da mit mir machst. Für mich ist es zu spät.“ Ihre Augen leuchteten und funkelten in purem Gold. „Aber du kannst entscheiden, ob jetzt Schluss ist oder nicht.“ Er schluckte. Nein, sein Verstand war schon längst erloschen. Er wollte sie, dass es schmerzte. Es gab kein Zurück mehr. Wortlos drückte er sie an sich, die andere Hand hob ihr Gesicht an. Völlig verzaubert schloss sie die Augen. Es traf ihn schmerzhaft wie ein Blitz, ließ ihn zusammenzucken. Eine Erinnerung, ein Bild. Sofort war sein Kopf wieder klar. Er vergrub das Gesicht in den Händen, bemerkte nicht, wie er zum Sofa geführt wurde, bis langsam ihre Stimme zu ihm durchdrang. „Eine Erinnerung“, murmelte sie. „Halte sie fest, Saajan. Was ist es?“ „Kagome“, krächzte er. „Ihr Gesicht.“ „Beschreibe es mir.“ Er sah sie gequält an. „Sieh selber nach.“ Doch sie schüttelte entschieden den Kopf. „Ich kann nicht, bitte versteh das. Erzähl mir, was du siehst.“ „Sie ist schlank, kleiner als du. Ihre Haut ist zart, sehr hell. Sie trägt ein Priesterinnengewand. Sie ist eine Miko. Sie ist schön, aber nicht so schön wie du.“ Er murmelte wie im Fieberwahn vor sich hin. „Ihr Haar ist pechschwarz, glatt und lang. Sie ist Japanerin. Sie hat fast die gleichen braunen Augen wie du. Und sie trägt einen goldenen Ring.“ Jetzt sah er sie wieder an. „Am Ringfinger.“ Anjaani war bleich geworden. „An welchem?“ Sie betete, er möge rechts sagen. „Am linken.“ Ihr Atem ging stockend, ihre Hände zitterten leicht. Sie senkte den Blick. „Hier in Japan trägt man den Ehering links. Es bedeutet, dass sie verheiratet ist“, antwortete sie ehrlich und sprach dann aus, was ihr schier das Herz brach. „Vielleicht sogar mit dir.“ „Also langsam wird das echt nervig“, beschwerte sich Yami grummelnd, während sie Anjaani den Rücken streichelte. „Jedes Mal, wenn es bei euch richtig heiß wird, versaut er es. Das ist doch nicht normal!“ „Ich ertrage es nicht mehr“, jammerte Anjaani müde. „Dieser Moment war schöner als alles, was ich mir erträumen konnte. Es war so, ach… und dann.“ Sie rieb sich die Augen, gerötet vor Erschöpfung und Enttäuschung. „Und ich habe dich beneidet“, schnaubte Yoko. „Dabei geht’s mir mit Zuma besser, als dir mit Inuyasha.“ „Ich könnt euch nicht einmal vorstellen, wie er war“, seufzte Anjaani. „Wie er mich angesehen hat, diese sanften Berührungen, diese zärtliche Stimme. Er hatte mich komplett in der Hand.“ „Wir verstehen dich“, nickte Yuki. „Er war so unwiderstehlich, deine Klamotten haben sich quasi von selbst aufgelöst.“ „In der Art“, gab Anjaani geknickt zu. „Das kenne ich nur zu gut. Geht mir mit Yuichi auch so.“ Yuichi riss die Augenbrauen hoch. „Ja? Das wäre mir neu!“ „Aber Chi-chan stößt dich nicht von sich!“ „Nein, ich würde zustoßen“, murmelte Yuichi und die Drillinge unterdrückten mit Mühe ein Kichern. Anjaani beachtete dies nicht. „Ich wollte einfach nur umarmt werden, seine Lippen spüren, was kommen würde war mir gleich. Und dann? Warum passiert das immer? Sind wir nicht füreinander gemacht?“ Die Drillinge wussten keine Antwort. Yoko sah sie intensiv an. „Ich bin fest davon überzeugt, dass ihr füreinander geschaffen seid…“ „Und doch ist da etwas, was uns voneinander fern halten will.“ „Ich weiß, was es ist“, mischte sich Yuichi produktiv in das Frauengespräch ein. „Zuerst einmal will ich wissen, wer jetzt bei mir schläft, wer nicht?“ „Aryan ist die ganze Nacht weg und ich soll bleiben wo ich bin“, erklärte Yami. „Dasselbe gilt für mich“, gähnte Yoko. „Ich will nicht heim, Chi-chan.“ „Und ich-“ „Du bleibst hier!“ Er schnappte sich Yuki und zog sie auf seinen Schoß. Dann sah er Anjaani an. „Also, Inuyasha ist das Problem“, diagnostizierte Yuichi. „Er will dich, doch sein bescheuerter Kopf ist seinem Schwanz im Weg.“ Anjaani war zu müde, um sich über seine Ausdrucksweise zu beschweren. „Erklär es mir genauer“, bat sie nur. „Er begehrt dich mehr, als ihm gut tut. Aber weil er nicht weiß, ob er dich begehren darf, muss er sich zurückhalten. Nur dein Zauber auf ihn ist so groß, dass er sichtlich Mühe hat, dir zu widerstehen.“ „Das ist vorbei. Kagome hat…“ Dann brach ihre Stimme und bittere Tränen rannen zwischen ihren Fingern hindurch. „Sie trägt einen Ehering! Inuyasha ist verheiratet! Er hat eine Frau!“ „Nein“, widersprach Yoko heftig. „Sie ist nicht seine Frau. Inuyasha ist nicht verheiratet!“ „Das darf einfach nicht sein!“ Anjaani hob den Kopf, tausend Fragen in den Augen. „Jedenfalls glaube ich das!“ „Was weißt du?“ Ihr Blick wurde durchdringend. „Was sollte ich wissen? Aani, hörst du dich reden?“ Yoko war über die Anschuldigung in Anjaanis Augen entsetzt. „Du weißt mehr über ihn, als du zugeben willst!“ „Aani, was ist los?“, wunderte sich Yami. „Warum beschuldigst du Yoko?“ „Ich…“ Anjaani ließ die Schultern hängen. „Meine Gefühle spielen völlig verrückt. Es tut mir leid.“ „Hör zu, ich erkläre dir genau, warum ich nicht glaube, dass er mit ihr verheiratet ist.“ Jetzt hatte Yoko ein aufmerksames Publikum. „Zum einen, weil es gegen seine Natur wäre. Hundedämonen binden sich nicht, sie vermehren sich nur. Gerade ein so starkes Exemplar, wie er, darf sich nicht an eine einzige Frau binden, er muss seine guten Gene so oft es geht weitergeben. Außerdem ist er ein Hanyou.“ Anjaani lauschte ihr gebannt. „Hat er dir nicht selber einmal gesagt, er wird von den Dämonen nicht als vollwertig akzeptiert? Hat er selber dir nicht einmal gesagt, dass er weder Mensch noch Dämon ist? Das klingt für mich nicht nach einer gesellschaftlich akzeptierten Person mit großem sozialen Umfeld.“ „Da ist was dran“, bestätigte Yuki. „Ich bin aber noch nicht fertig“, lächelte Yoko. „Aani, du bist doch so sensibel. Was fühlt er, wenn er an sie denkt? Sehnsucht? Liebe? Verlangen?“ „Bedauern“, antwortete Anjaani sofort. „Wehmut und Ablehnung.“ „Und warum hörst du nicht auf dein Gefühl? Fassen wir alles zusammen, kommen wir zu dem Ergebnis, dass er sie wollte, aber sie einen anderen gewählt hat.“ „Bist du dir zu hundert Prozent sicher?“ Yoko stöhnte frustriert auf. „Aani, mach die Augen aus! Ein todsicheres Indiz spricht gegen eine Ehe. Er selber trägt keinen Ring.“ Alle waren zu erschöpft, um lange miteinander zu diskutieren. Anjaani, an Yuki gekuschelt, schlief schnell ein. Auch die anderen beiden waren todmüde. Yoko war es gewohnt, alleine zu schlafen und obwohl Yami Aryan fehlte, siegte irgendwann die Müdigkeit. Yuki konnte sie verstehen. Sie selber fand keine Ruhe, so erschöpft sie auch war. Zu viel war heute passiert. Und Yuichi schenkte ihr als einziger Trost. Oft schon war sie an Anjaani geschmust eingeschlafen. Es war ihr jedes Mal wie das Paradies vorgekommen, doch diesmal war es anders. Es war falsch. Ihr fehlte Yuichis Körper, seine Wärme, sein Atem, sein Herzschlag. Sein starker Männerkörper war mir Anjaanis zierlicher Gestalt nicht zu vergleichen. Sie wollte seine steinharten Muskeln, seine kräftigen Arme, seine feste Brust. Nicht Anjaanis weiche Rundungen, die prallen Brüste, die zarten Hände. Sie wollte seinen Atem in ihrem Haar und seine raue Hand an ihrer Wange. Sie konnte ohne Yuichis Nähe nicht schlafen. „Geh zu ihm“, flüsterte Anjaani in der Stille. Yuki zuckte zusammen. „Häschen, du musst nicht hier bei uns sein. Dein Platz ist an seiner Seite. Gute Nacht.“ Erleichtert schlich sie in sein Zimmer und kroch zu ihm unter die Decke. Augenblicklich drehte er sich zu ihr und zog sie an seinen warmen Körper und sie bettete ihren Kopf auf seiner Schulter. Entspannt atmete sie durch. Jetzt fühlte sie sich wohl. Hier gehörte sie hin. Seine Hände fuhren über ihre kalte Haut. Er war immer warm. Und sie dürstete es nach seiner Wärme. In dem Punkt war sie ganz Frau. „Endlich. Ich habe gehofft, du kommst“, murmelte er in ihr Haar. „Ach so?“ Sie schmiegte die Nase an seine Halsbeuge. „Hai, ich schlafe besser, wenn du bei mir bist.“ „Ich gehöre an deine Seite“, nuschelte sie, von seinem Herzschlag schon halb in den Schlaf gesungen. „Wie alt warst du, als du deine Unschuld verloren hast?“ „Hm?“ Er wiederholte seine Worte lauter und klarer. Jetzt hatte sie ihn deutlich verstanden. Er spürte die plötzliche Anspannung ihres geschmeidigen Körpers. „Wie lange brennt dir diese Frage auf der Zunge?“, wich sie einer direkten Antwort aus. „Seit du deine Ansichten über Sex heute Morgen zum Ausdruck gebracht hast.“ In ihr tobte ein kleiner innerer Kampf. Yuichi hob den Kopf, um sie anzusehen. Im halbdunkeln des Schlafzimmers konnte er gerade noch erkennen, dass sie die Augen geschlossen hatte. Vertraute sie ihm so wenig, dass sie ihm nicht ihre dunkle Seite offenbaren konnte? „Ich was 16“, sagte sie leise. Einige Atemzüge vergingen und Yuichi gab enttäuscht die Hoffnung auf, als sie sich fester an ihn presste und sagte: „Ich war zu jung. Ich hatte mich für dich aufheben wollen. So wie Yami für Aryan.“ „Mich stört das nicht.“ Als sie den Kopf hob, fügte er schnell hinzu. „Es wäre schön gewesen, wenn ich dein Erster wäre, aber es ist mir nicht wichtig. Wichtiger ist mir, dass ich dein Letzter bin und Einziger.“ „Das bist du“, versprach sie und dann spürte er die süße Hitze ihrer rosenzarten Lippen. Bevor sie seinen Verstand überwältigte, bemerkte er, dass sie ihn ablenken wollte. „Du lenkst mich ab, Schönheit.“ „Du merkst wohl alles.“ Er sah sie an, mit schelmisch glitzernden, dunklen Augen. Was gäbe sie jetzt dafür, dieses himmlische Blau zu sehen. „Ich wollte meine Unschuld nicht hergeben. Ich hätte es niemals freiwillig gemacht.“ Er spürte, wie sich Eisklumpen in seinem Magen bildeten. „Du wurdest gezwungen?!“ Heiße Wut sammelte sich in seiner Brust. „Nein“, widersprach sie. „Ich wurde nicht vergewaltigt. Aber er hat mich betrunken gemacht und meine Verzweiflung ausgenutzt.“ „Verzweiflung?“ Jetzt hatte sie sich verplappert, also konnte sie die Wahrheit sagen. „Ich war unsterblich in dich verliebt. So eine völlig überdrehte Teenager-Schwärmerei. Noch dazu hatte ich gerade Probleme mit meinen Eltern. Dann sah ich dich im Fernsehen. Und mein Maß war überschritten.“ Yuichi überlegte kurz. Fernsehen… vor vier Jahren. Oh! An seiner Seite war- wie hieß sie noch mal?- gewesen. Hübsch, sehr hübsch… aber nicht mit Yuki zu vergleichen. „Sie war traumhaft“, erinnerte sich Yuki zurück, mit schneidender Bitterkeit in der Stimme. „Kein Vergleich zu dem Kind, das ich war.“ Yuichi hielt klugerweise den Mund. In solchen Situationen verstanden Frauen es meisterhaft, einem die Worte herum zu drehen. „Du warst für mich unerreichbar und all meine Träume waren auf einem Schlag zerplatzt. Er hat das ausgenutzt und in meinem Suff war mir nicht bewusst, was ich tat und vor allem mit wem. Ich fühlte mich missbraucht und benutzt und es lastet wie ein schwarzer Fleck auf meiner Seele. Ich versuchte ihn zu übermalen, doch das Schwarz ist zu dunkel, zu deckend und zu präsent. Ich bin immer die zweite Wahl und werde es bleiben.“ Er verstand nicht, was sie jetzt damit meinte, aber er wollte sie trösten. „Ich habe immer nur dich gewollt.“ Das war ein Fehler gewesen. Sie richtete sich ruckartig auf. Er konnte den Zorn nicht sehen, aber deutlich fühlen. „Ach, ja?“, schrie sie schon fast. „Wie schnell hast du dich von Yami verzaubern lassen, nach nur einem Kuss? Wie schnell hatte sie dich in den Hand?“ „Hey, du weckst die-“ „Das ist mir scheißegal! Du warst immer nur scharf auf sie!“ Ihre Faust traf seine Schulter. „Aua!“ „Du wolltest Yami. Genau wie alle anderen. Ich bin völlig egal!“ „Hey!“ Er packte ihre Handgelenke, um ihrem schmerzhaften Fausthagel zu stoppen. „Hör mir zu!“ Sie wehrte sich. „Lass los!“ So sehr sie zog und zerrte, er war stärker. Doch sie war in Rage. „Yuki, hör mir zu!“ „Nein!“ Er drückte sie nieder, mit ernüchternder Leichtigkeit. Sie bäumte sich auf, versuchte ihm zu entkommen, aber genauso gut hätte sie eine Pyramide mit bloßen Händen durch die Wüste schieben können. Sie verfluchte die überlegene männliche Muskelkraft. Sein Körper legte sich hart auf ihren, stark, unentrinnbar. Sie knurrte ihn wütend an. „Runter von mir!“ Seine Lippen verschlossen ihre. Zart und doch unnachgiebig. Ihre Arme wurden zu Wachs, ihr Kopf vernebelte sich und alles, was sie wahr nahm, war sein muskulöser Körper, sein berauschender Duft und das Inferno seiner Lippen, das sie überwältigte. Und ihr wütendes Keuchen wurde lustvoll. „Alle Männer sind gleich“, murmelte Anjaani in ihre Decke hinein. „Weil alle Männer das machen, um zu gewinnen?“, lachte Yoko. „Inuyasha ist besonders gut darin, nicht wahr?“ „Was kichert ihr so?“ „Weil wir ganz genau wissen, wie knallrot dein Gesicht gerade ist.“ Dann wurde ihre Stimme belehrend. „Schlaue Männer nutzen im richtigen Moment ihre körperliche Dominanz, wenn der überlegene weibliche Verstand sie zu überwältigen droht. Die meisten Frauen lieben es zu unterliegen.“ Yami lachte engelsgleich. „Sei nicht so entsetzt. Selbst Aryan hat erkannt, wie aufregend etwas Überlegenheit sein kann.“ „Es ist aufregend deinen Willen zu unterdrücken?! Das ist Gewalt gegen dich!“ „Genau das hatte er auch gesagt. Beunruhigenderweise wortgleich. Aber er hat schnell seine Meinung geändert.“ „Gib zu, dich macht es doch so an, wenn Inuyasha dich überwältigt und du dich nicht wehren kannst. Weil du ihm vertraust. Hach, wie ich Yuki gerade beneide.“ „Ich auch“, dachte Anjaani traurig. Yuichi schnappte nach Luft. Ebenfalls nach Atem ringend lag sie unter ihm, weich und willig. Alles in ihm schrie nach ihr. Wären da nicht die drei Frauen in seinem Gästezimmer. Verflucht noch eins! „Höre mir jetzt gut zu, bevor ich dich dazu bringe die ganze Nachbarschaft mit deinen süßen Schreien zu wecken.“ Sie sah ihn nur an, zu gerne wollte sie, dass er diese Drohung war machte. Doch sie rührte sich keinen Millimeter. Kein Lufthauch passte zwischen sie und die Reibung seines Körpers an ihrem machte sie wahnsinnig. Seine harte Männlichkeit gegen ihre weiche Weiblichkeit. Er musste kurz seine Gedanken sortieren. „Ich weiß nicht einmal mehr wie sie hieß, wegen der du quasi deine Jungfräulichkeit aufgegeben hast. Aber ist dir an ihr nichts aufgefallen?“ Mizu runzelte die Stirn. „Sie war Deutsche. Um ehrlich zu sein Deutsch-Japanerin.“ „Sie hatte eine ähnliche Haarfarbe wie ich.“ Yuki begriff langsam. „Gefärbt natürlich. Nur ihre Augen waren dunkel. Ich habe einfach keine finden können, die so helle Augen hat wie du. Unbewusst habe ich dich schon immer gesucht. Alle Frauen in meinem Leben waren nur billige Kopien von dir, das habe ich begriffen, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Ohne es wirklich zu bemerken habe ich immer nach dir gesucht. Als ich Yami sah, schienen sich alle meine Träume zu erfüllen. Ich hatte gehofft, sie wäre du. Soll ich dir etwas über diesen Kuss sagen?“ „Nein“, fauchte sie leise. „Er hat mich genug schlaflose Nächte gekostet.“ „Mich auch.“ „Wa-?“ Ihr Aufschrei wurde von seinem Mund erstickt. „Du warst mir nah, ich spürte es. Und Aryan bestätigte es mir. Aber er sagte, ich müsse mich gedulden und dann würden alle meine Träume in Erfüllung gehen. Die Tage kamen mir wie Jahre vor.“ „Und der Kuss? Lass meine Hände los.“ „Damit du mir die Augen auskratzt? Mmh, der Kuss… So einen Kuss hatte ich vorher noch nie erlebt. Er hatte alles in mir berührt, bis aus eines. Keine Berührung hatte je mein Herz berührt. Erst du hast mich Liebe spüren lassen. Ich habe Sex bisher genauso erlebt wie du. Aber nur, weil mein Herz verschlossen gewesen war.“ Sie schlang die Arme um ihn. „Es hat sich erst für mich geöffnet?“ „Ich liebe dich, Yuki. Quasi ab dem ersten Blick in deine Augen und seit dem jeden Tag mehr. Für immer.“ „Ja, für immer.“ Und sie besiegelten dieses Versprechen mit einem Kuss. Dieses Versprechen der süßen Ewigkeit. Yoko stand auf dem Balkon, den Blick in den Sternen verloren. Eine einzige Träne tropfte ihre Wange hinab. Einsam, unbemerkt, von der Dunkelheit verborgen. „Für immer…“ Der Wind trug ihr Flüstern fort zu dem Wesen, das sie aus der Finsternis betrachtete, mit reisender Sehnsucht in den Augen. Kapitel 23: Romeo und Julia --------------------------- „Ich bin im Paradies“, jubelte Yuichi am nächsten Morgen. Mit funkelnden Augen sah er sich in seiner Küche um. Vier hinreisende halbnackte Frauen werkelten nur in seinen Hemden bekleidet herum. Das Wasser lief ihm im Munde zusammen, als Yuki sich zu den Tellern unten im Schrank bückte. „Genieß es“, lächelte sie. „Das erlebst du so schnell nicht wieder.“ „Wer stört mein Paradies?“, beschwerte er sich, als es an der Türe klingelte. „Inuyasha“, murmelte Anjaani, halb im riesigen Kühlschrank verschwunden. Die Drillinge starrten sie an. „Ich will nicht, dass er mit leeren Magen zur Arbeit geht“, erklärte sie schulterzuckend. „Willkommen im Himmel“, lud Yuichi den überraschten Halbdämon ein. „Eher Hölle“, knurrte er leise. „Drei halbnackte Nervensägen. Was kann es schlimm…er…es…“ Anjaani tänzelte gerade an ihm vorbei. Nur mit einem weißen Männer-T-Shirt bekleidet. „Ich muss dir noch danken“, grinste der Japaner. „Wärst du nicht so ein Trottel, wären die jetzt nicht bei mir.“ „Freu dich nicht zu früh“, erklang Aryans Stimmer hinter ihm. „Meine nehme ich wieder mit.“ Er hatte kaum ausgesprochen, da segelte seine Freundin in seine Arme. „Ich hatte schon befürchtet, du fühlst dich hier wie zu Hause“, lachte er leise. „Ich hab was an, ich bin brav“, versicherte sie. „Yui-chan hat genug Hemden.“ „Für uns alle, Aryan-nii“, lachte Anjaani. „Mir ist mein Nachthemd aber lieber.“ „Mir meins auch“, schmollte Yuki. „Hast du zufällig noch eines?“ „Nein, wieso? Was ist mit deinem passiert?“ „Yui-kun hat‘s zerrissen. Mäuschen, hast du noch eines übrig?“ „Aryan hat‘s zerrissen“, lachte Yami engelsrein. „Wozu brauchst du überhaupt eines?“ „Genau! Sag‘s ihr, Mäuschen“, bestärkte sie Yuichi. „Schlaf nackt.“ „Träum weiter!“ „Dann zerreiße ich alle anderen eben auch!“ „Warum zerreißt ihr überhaupt die Nachthemden?“ Anjaani sah Aryan an, der nicht unschuldiger hätte dreinschauen können und Yuichi, dem sich ein riesiges Grinsen ins Gesicht stahl. „Ich hab Hunger! Gibt’s jetzt Frühstück?“ Er warnende Unterton in Inuyashas Frage galt dem Japaner. „Chi-chan, deine Küche ist traumhaft“, schwärmte Anjaani an Herd. „Saajan, was ist los?“ Sie hatte ihn nicht mal angesehen. Er zuckte zusammen und funkelte die Drillinge böse an, die seine Gedanken lesen konnten. „Zieh dir was an, dann entspannt er sich auch“, lachte Yoko. „Ich könnte mich daran gewöhnen.“ Yuichi lehnte sich genießerisch zurück. „Aber wirklich, Nee-chan, sonst belohnst du mich auch nicht mit so einem Anblick.“ Anjaani errötete auf ihre zuckersüße Weise. „Ich wollte unbedingt nach dem Frühstück duschen.“ Er sprang auf. „Ich zeig dir, wo das Bad ist und helfe dir-“ „Sofort wieder hinsetzten“, fauchte ihn Inuyasha an und zog ihn auf seinen Stuhl zurück. „Und Mund halten!“ Endlich setzte Anjaani sich hin. Der Anblick ihrer perfekten Beine war eine Qual und ein verbotener Genuss. Ganz genau, verboten! Also am Riemen reißen. Er verlor gänzlich die Kontrolle. Er konnte sie doch nicht um Sinn und Verstand bringen und sie dann wie eine heiße Kartoffel fallen lassen. Sie hatte es gewollt, aber er hatte sie dazu gebracht. Sie war nicht von selber zu ihm gekommen. Und dann? „Ist dir mehr eingefallen?“, riss ihn Anjaani aus seinen Gedanken. „Was?“ Er war grade völlig aus der Bahn. Sie legte den Kopf leicht schief, wie Aryan es tat und lächelte. Eine der vielen Eigenheiten, in denen sich die beiden Inder so glichen. „Kagome.“ Mehr sagte sie nicht. Er schüttelte den Kopf. Die ganze Nacht hatte er sich mit diesem Bruchstück seiner Erinnerung herumgeschlagen. Jetzt war er ausgelaugt und keinen Schritt voran gekommen. „Sagst du es ihm, Aani?“, wollte Yuki wissen. „Es ist nur eine Theorie“, grummelte Anjaani. „Wovon redet ihr?“ Anjaani wandte sich ihrem Essen zu. „Wir vermuten, du bist nicht verheiratet“, sagte Yuichi. „Was?“ Wut blitzte aus seinen Bernsteinaugen. „Warum sagt mir das keiner?“ „Weil es eben nur eine Vermutung ist“, beharrte Anjaani. „Wir haben keine Beweise. Die könntest nur du uns liefern.“ „Wieso fragen wir nicht den Allwissenden?“, wunderte sich Yami. Alle Augen richteten sich auf Aryan. „Ich bin nicht allwissend“, widersprach dieser. „Was Aryan nicht weiß, existiert nicht“, zitierte Yoko ein sehr beliebtes Sprichwort und der General seufzte. „Hundedämonen heiraten keine Menschen, dafür sind ihre Gene zu kostbar“, gab er sein Wissen preis. „Da sprächen noch einige Faktoren gegen eine Ehe, aber das habt ihr vermutlich ausführlich diskutiert.“ „Ziemlich ausführlich“, nickte Yami. „Und wir glauben alle nicht, dass der Flohteppich es tatsächlich geschafft hat, eine Frau an sich zu binden.“ „Ich hätte auch gerne davon erfahren“, rief Inuyasha aufgebracht aus. „Tja, dann gewöhn dir ab, immer sofort abzuhauen“, funkelte ihn Anjaani böse an. Wütende Augen und nackte Beine, eine wahnsinnig gefährliche Kombination für seine Selbstbeherrschung. „Ich will nur wissen, ob ich wirklich eine Frau habe, die auf mich wartet“, sagte er leise. Ihr Blick wurde weicher. „Ganz einfach. Der Allwissende- entschuldige, Aryan-nii“, unterbrach sie sich kichernd. „Aryan weiß ganz genau, ob jemand lügt.“ „Du ebenso“, fügte Aryan hinzu. „Dir traue ich aber mehr, Nii-chan.“ „Du stehst mir in nichts nach, Kleines.“ „Könnt ihr dieses Gesülze lassen?“, ätzte Inuyasha. „Bin ich verheiratet?“ „Woher soll ich das wissen?“, zog ihn Aryan auf. „Saajan, eine Frage ist neutral. Sie hat keinen Wahrheitsgehalt.“ Er stieß ein genervtes Grollen aus und sah dann beide Inder an. „Ich bin mit Kagome verheiratet!“ „Das ist eine Lüge“, sagten beide gleichzeitig. Er atmete erleichtert aus. „Inuyasha, ist es deine Art, sich an eine einzige Frau zu binden und ihr…“ „…treu zu sein?“ Sie konnte es nicht über die Lippen bringen, aber er wusste, was sie sagen wollte und er schloss beschämt die Augen. „Nein, ist es nicht. Das liegt keinem Hund im Blut, auch keinem Hanyou. Soweit ich mich aber erinnern kann, habe ich keine Kinder.“ „Keine lebendigen“, flüsterte sie leise und erhob sich. „Ich geh duschen. Wer kommt mit?“ „Ich!“ „Ich habe die Drillinge gefragt“, tadelte sie Yuichi. „Wir alle. Die Dusche ist groß genug für uns vier.“ „Ist das jetzt euer Ernst?“ Yuichi konnte seine Begeisterung nicht mehr zügeln. „Natürlich. Wir haben keine Zeit jede für sich zu duschen.“ Yukis Augenaufschlag hätte den Teufel erröten lassen. „Wir haben schon oft zusammen geduscht.“ „Denk nicht mal dran, Yamada“, sagte Aryan sanft. „Du bleibst hier sitzen!“ Bei Inuyasha war die Drohung deutlich herauszuhören. „Das ist meine Wohnung! Was glaubt ihr, warum habe ich so ein großes Apartment?“ Inuyasha überging das und sah Aryan an. „Bist du dir sicher, ich bin nicht verheiratet?“ „Totsicher. Ein Hanyou einer solch starken Rasse meidet Menschen. Und Aurora-“ „Nein, nimm die Finger da weg!“, gellte Anjaanis spitzer Schrei aus dem Badezimmer. Alle drei Männer drehten die Köpfe in dieselbe Richtung. „Ich vermute, meine Freundin hat ihren Spaß“, grinste Yuichi. „YUKI! Lass das!“ „Was sag ich?“ „Hab ganz vergessen, dass die schlimmer ist als du“, stöhnte Inuyasha. „Nein, fass mich da nicht an!“ „Wehr dich nicht, ich will dich doch nur abtrocknen!“ Yuichi funkelte die Dämonenjäger an. „Ich verzeih euch nie, dass ihr mir das verdorben habt!“ Als ein weiterer Schrei erklang, hatte Inuyasha die Nase voll und sprang auf. „Aryan, halt ihn auf!“ „Mach dir keine Sorge“, lächelte Aryan beruhigend. „Saajan!“ Ehe Inuyasha etwas unternehmen konnte, stürmte Anjaani aus dem Badezimmer, direkt in seine Arme. Sämtliche Muskeln spannten sich an, sein brennendes Blut schoss ihm aus dem Kopf, direkt in die Lenden. Sie hatte nur ein Handtuch um den nassen Körper gewickelt. Yuki verschränkte grinsend die Arme vor der Brust. Sie war wenigstens angezogen. „Ich glaube, du bist mir was schuldig, Hanyou.“ „Wieso bist du angezogen?“, jammerte ihr Freund und versuchte ins Bad zu linsen. Der Rest der Drillinge war aber ebenfalls nicht mehr nackt. „Den Spaß gönn ich dir, wenn ich mehr Zeit habe. Ich arbeite heute in einem Theater. Wir sehen uns später, Liebling.“ Mit einem honigsüßen Kuss verabschiedete sie sich von ihm. „Müsst ihr nicht auch los?“, wandte sich Aryan an die restlichen Schwestern. Die Mädchen grinsten. „Yui-chan, hör auf zu trödeln und mach dich auf!“, wies Yoko ihn an. „Ich habe keine Lust“, stöhnte er. „Ich spiel die Hauptrolle in einem bescheuerten Liebesfilm. Noch eine peinliche Version von Romeo und Julia. Und ich muss der bescheuerte Romeo sein.“ Yoko zog ein finsteres Gesicht, doch Yami stupste sie in die Seite. „Das klingt nicht danach, als hättest du die Rolle freiwillig angenommen“, bemerkte Anjaani, zu seiner riesigen Enttäuschung vollständig angekleidet. „Nein, als ob ich freiwillig in einer billigen Romeo-und Julia-Nachmache mitspiele! Fifi, mein Manager, hat mir das eingebrockt. Die Frau, die ihn angerufen hat, die Assistentin der Regisseurin, hat ihn völlig verzaubert. Er hat ohne meine Zustimmung zugesagt. Muss ‘ne Bombe sein, diese Frau.“ Aryan sah seine Freundin an. Sie schüttelte nur lächelnd den Kopf. „Ich hab mich schon drei Tage lang drücken können, aber heute komme ich nicht drum herum.“ „Geh jetzt“, befahl Yoko. Sie selber kam später ans Set und Yami so gegen Nachmittag. Yuichi machte sich mürrisch auf den Weg. So lange hatte er das hinausgezögert, jetzt hatte er keine Wahl mehr. Er fügte sich seinem Schicksal. Sein Manager Fabien war bester Laune und schwärmte in den größten Tönen von dieser Wunderfrau. Der Produzent schmachtete sie ebenfalls an. Sie war diejenige, die alles am Laufen hielt. Yuichis Freude hielt sich in Grenzen. „Ganz toll, eine hardcore-emanzipierte Kampf-Lesbe.“ „Sie ist eine wunderschöne, zierliche Fee“, flüsterte ihm sein Manager zu. „Und Sie haben großes Glück“, betonte der Produzent. „Sie kommen als erstes in die Obhut unserer Bühnenbildnerin. Sie bestand nämlich darauf, sofort die Maße für Ihre Kostüme zu nehmen. Ohne sie würde hier nichts laufen. Sie hat ein großes Talent.“ „Wohl eher große Brüste!“ „Wer ist denn diese Frau, von der alle so begeistert sind?“ „Sie wird dir gefallen“, sagte sein Manager mit diesem dummdämlichen Lächeln im Gesicht. „Sie ist haargenau dein Geschmack.“ „Das bezweifel ich.“ „Wenn du sie nicht willst, ich nehme sie gerne.“ „Wow, wer ist denn diese Frau, dass sie dich so umhaut, Fifi?“ „Oh, da hinten ist sie.“ Yuichi blieb stehen. Sie stand auf einer Leiter, ihm den Rücken zugedreht, aber was er sah, ließ ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen. Sie hatte traumhafte Kurven, die von ihrer engen Jeans und der hauchfeinen Bluse auf elegante und attraktive Weise betont wurde. Ihr langes Haar schimmerte rötlich im Scheinwerferlicht. Unwillkürlich sah er sie in schwarzer Spitzenunterwäsche vor seinem geistigen Auge. Wie sah sie aus? Wenn ihr Gesicht so schön war, wie ihr heißer Körper… Moment! Etwas an ihr kam ihm bekannt vor… „Da sind Sie ja. Yuki, ich möchte Ihnen Ihren Romeo vorstellen!“ Ihre Augen funkelten, als sie ihn ansah. Dieser Blick fuhr ihm heiß unter die Haut. Das war die Frau, die hier allen den Kopf verdrehte? Die Frau, die ihn unbedingt als Protagonisten gewollt hatte? Die Frau, der Fifi aus der Hand fraß? Er hätte es sich denken können! Yuichi beachtet den Direktor kaum, zu gebannt war er von ihr. Entschlossen schritt er auf sie zu und bot ihr die Hand an, um ihr von der Leiter herunterzuhelfen. Sie nahm die Hilfe an. „Yuki, darf ich Ihnen Yuichi…“ Er riss sie an seine Brust, vergrub die Hände in ihrem Haar und küsste sie. „Yuichi!“ Fifi fiel aus allen Wolken. „Du hast recht, Fifi. Die ist ganz genau mein Geschmack.“ Yuki schlang lachend die Arme um seinen Hals. „So wild heute, Romeo?“, schnurrte sie. „Ich kann mich nicht erinnern, dass er so ranging.“ „Dann lies den Text nochmal. Julia hat ihn in der ersten Nacht rangelassen.“ Sie waren sich der verdutzen Gesichter um sich herum nicht bewusst. „Ich bin nicht die Julia.“ „Aber meine persönliche Julia, Schönheit. Du hast mir nicht gesagt, dass du hier arbeitest. Als du heute Morgen sagtest, du müsstest ins Theater, habe ich nicht dieses erwartet.“ „Ich wollte dich überraschen, Liebling.“ Fabien fand seine Stimme wieder, doch die troff vor Frust. „L-Liebling? Ihr seid ein Paar?“ „Das ist Yuki“, sagte Yuichi nur. „Die Yuki? Von der du seit Tagen schwärmst?“ „Hai. Meine Yuki.“ Mehr sagte er nicht. Fabien sah all die unausgesprochenen Worte in seinen Augen und Yuichi den Schock bei ihm. Fast hätte er Mitleid empfunden, wenn es nicht Yuki wäre, auf die Fifi scharf ist. Mit ihr an seiner Seite würde dieser Filmdreh vielleicht doch noch amüsant werden. „Fifi mag dich“, flüsterte er ihr zu. „Das merkst du früh.“ Sie sah ihm tief in die Augen. „Ich habe ein Händchen für Franzosen.“ „Er ist nicht der einzige, dem du den Kopf verdreht hast.“ Yuki lächelte. Yuichi blickte sich im Saal um. Mehr als nur ein Gesicht war enttäuscht über die Tatsache, dass die scharfe Bühnenbildnerin vergeben war. „Tu nicht so. Du hast hier auch so deine Verehrerinnen, wie zum Beispiel-“ „Roooomeoooo! Mein süßer Romeo!“ Oh nein! Yuichi unterdrückte ein Stöhnen. Die richtige Julia platzte in die Szene und blieb wie angewurzelt stehen als sie den Ersehnten in inniger Umarmung mit der Bühnenbild-Schlampe sah. „Oh, ich sehe, du lernst die Arbeitskräfte kennen.“ Sie versprühte mehr Gift als eine angriffslustige Kobra. Yuki verdrehte innerlich die Augen. Doch ehe sie zu einer Antwort ausholen konnte, mischte sich der Direktor ein. Die spannungsgeladene Atmosphäre war niemanden entgangen. Er verteilte die Aufgaben, immerhin war man zum Arbeiten hier. Yuki müsste sich jetzt um Romeos Kostüme kümmern. Es klang schon fast bedauernd. „Komm“, packte sie ihn am Kragen. „Wir müssen Maß nehmen. Der vorherige Romeo war kleiner gebaut als du.“ War er der einzige, der die Zweideutigkeit in ihrer Stimme heraushörte? „Nein, noch nicht“, mischte sich die Julia ein. „Sie… wie heißen Sie noch einmal? Egal. Erst müssen meine Kostüme angepasst werden. Solange Sie Ihre Arbeit tun, können Yuichi-kun und ich proben.“ Yuki wandte sich ihr mit einem engelsgleichen Lächeln zu. „Oh-oh!“, war Yuichis einziger Gedanke. „Ich bin damit schon fertig. An der Brust enger und am Bauch weiter. Also mache ich mit Yuichi weiter. Direktor, wir brauchen nicht lange.“ Yuichi traute sich nicht, sich umzudrehen, als sie die Bühne verließen. Julias Blick hätte ihn bestimmt töten können, umso strahlender war das Lächeln der Siegerin. „Yoko wäre stolz auf dich“, lachte er. „Die wird das mitkriegen, sie ist immerhin die Regisseurin. Das hier ist ihr Film.“ „Das ist ihr Film?“ „Nimmst du immer Rollen an, ohne zu wissen, von wem das Drehbuch ist?“ Ohne auf eine Antwort zu warten, schubste ihn in die Garderobe und schloss die Türe hinter sich. „Los, zieh dich bis auf die Shorts aus!“ Wenn er gehofft hatte, es würde jetzt heiß hergehen, hatte er sich gründlich geirrt. Sie kramte nach Nadeln und Maßband. „Du bist eine Spielverderberin“, jammerte er. „Nein, bin ich nicht, ich nehme meine Arbeit nur ernst. Könnte dir nicht schaden. Heb die Arme. Hm, breiter als ich dachte“, murmelte sie, als sie seinen Brustkorb abmaß und sich Notizen machte. Als sie in die Knie ging, um seine Beine abzumessen, stieg ihm explosionsartig Hitze in den Kopf. Wie zufällig streifte ihre Wange seinen Schritt. „Yuki?“ „Ja?“ „Ist dir bewusst, was du da tust?“ „Ja.“ „Dann weißt du auch, was ich denke.“ Sie sah zu ihm hoch, ihre Augen funkelten. „Vergiss es, sonst wärst du den ganzen Tag arbeitsunfähig.“ Ihre rosa Zungenspitze befeuchtete ihre Lippen. Diese kleine, unbewusste Geste, schlug ein wie eine Bombe. Im selben Moment klopfte es. „Yuki? Kann ich reinkommen.“ Fifis Stimme ließ sein erwachtes Verlangen augenblicklich zusammenschrumpfen. Yuichi kicherte. „Natürlich, kommen Sie herein, Fabien.“ Fifi trat ein und deutete den Ausdruck in Yuichis Augen korrekt. „Oh, störe ich?“ „Natürlich nicht.“ „Und ob, verschwinde, Fifi!“ „Yui-kun. Wie kann ich Ihnen helfen?“ Yuki ließ sich nicht stören. Sein Manager räusperte sich und wechselte ins Französische. „Eigentlich, Yuki, hatte ich gehofft, mit Ihnen reden zu können.“ „Ich bin ganz Ohr“, sagte sie, während sie Jéremy blaue Stoffe umlegte. „Du brauchst kühles Blau. Saphir und Indigo sind ganz genau deine Farben, Liebling.“ Fabien räusperte sich, er wirkte etwas unangenehm berührt. „Ich hatte gehofft, unter vier Augen…ähm, nun ja. Wegen heute Abend.“ „Was ist mit heute Abend?“ Yuki blieb im Japanischen. „Ja, Fifi, was ist mit heute Abend?“ „Hör auf, mich so zu nennen!“ Yuichi grinste seine Freundin an. „Was habe ich dir gesagt? Keine 10 Sekunden brauche ich bei ihm.“ „Es geht um das Abendessen.“ „Ja, um 6. Was ist damit?“ Jetzt schwand Yuichis Lachen dabei erstrahlte aber Fabiens Gesicht. „Ich dachte, weil du in einer Beziehung…“ „Ja, in einer Beziehung, aber nicht in Gefangenschaft. Wir sehen uns dann. Au revoir.“ Yuichi starrte seinem Manager einige Atemzüge lang hinterher. „M-moment mal! Ihr habt ein Rendezvous?!“ „Natürlich nicht“, knurrte ihn Yuki an. „Jetzt halt endlich mal still. Das ist ein Abendessen, bei dem ich mich mit einer wichtigen Person aus deinem Leben austauschen will. Du hast doch Aani aus demselben Grund abgeschleppt, als sie auch noch krank war.“ „Das ist nicht dasselbe.“ „Nicht dasselbe?“ Ihm entging die Tonlage nicht, die deutlich machte, dass er sich auf gefährliches Terrain bewegte. „Yuichi, zwischen euch besteht kein Vergleich. Ich habe zwar eine Schwäche für die französische Sprache, aber trotzdem kann Fabien sich höchstens im Traum mit dir messen. In meinen Augen kann sich niemand mit dir vergleichen. Aber Aani ist nicht zu übertreffen an Schönheit, Güte, Freundlichkeit, Anmut, Unschuld, Attraktivität, Liebreiz…“ „In Ordnung! Verstanden. Wann kommst du heim?“ Und wieder veränderte sich die Stimmung, allerdings ins Positive. Sie schlang die Arme um seinen Nacken und presste ihren Körper gegen seinen. Ihr Blick nahm einen Ausdruck an, der seine Lust wie durch einen Knopfdruck einschaltete. „Bis spätestens 8 bin ich daheim, Liebling. Und du wartest artig auf mich.“ „Immer.“ „Braver Junge. Und dafür gibt es auch eine Belohnung.“ Und Yukis Belohnungen waren eindeutig die süßesten! „Yuki Lisa Higurashi!“, donnerte es plötzlich gegen die Türe. „Wo immer du gerade deinen Mund hast, nimm ihn da weg. Ich brauche dich.“ „Mieses Timing, Yoko“, knurrte Yuichi. Yoko steckte ihren Kopf herein. „Wir sind hier zum Arbeiten. Halte dich daran, oder ich sorge dafür, dass ihr zwei nie mehr die Gelegenheit haben werdet, alleine in einem Raum zu sein. Häschen, was hast du mit Naoko gemacht?“ Yuki grinste. „Unsere Julia verwechselt Film und Wirklichkeit.“ Yoko grinste zurück. „Wenn sie sich nicht benimmt, ist sie raus. Das habe ich ihr gesagt. Aber provozier es nicht. Hast du wirklich ihre Kostüme so umgenäht?“ „Nein“, lachte sie. „Aber das war die erste Antwort die mir einfiel.“ „Ich bin stolz auf dich. Aber ich brauche dich jetzt, Yami kommt erst spät. Yui-chan, geh proben, der Choreograph ist da.“ Sie sahen ihn misstrauisch an. „Was ist?“ Er legte die Arme um jede von ihnen und spazierte grinsend aus der Kabine, die neidischen Blicke der männlichen Arbeiter im Rücken. „Ich habe das Gefühl, das wird ein recht lustiger Dreh.“ „Ich auch“, lachten die Schwestern. „Geh zum Choreographen, das wird richtig lustig.“ „Wer ist der Choreograph, dass unser Kätzchen vor ihm flüchtet?“ „Sieh selbst“, kicherte Yuki, als sie die Türe zum Tanzsaal öffnete. Yuichi betrat den Raum und erstarrte. Genauso wie der Choreograph. Blau starrte in Silber. Zumas Mundwinkel wanderten nach unten, während Yuichis nach oben sprangen. Oh, das wird wirklich lustig! „Guten Tag, ich bin Yuichi Yamada“, lächelte er arglos und streckte ihm die Hand entgegen. Zuma, sich der neugierigen Blicke der Schauspieler bewusst, ergriff die ihm dargebotene Hand, fester als sonst üblich. „Oh, ich spür, du freust dich, Aki-chan.“ „Was machst du hier?“ Seine Stimme hätte die Sonne einfrieren können. „Ich bin der Romeo.“ Wortlos schritt er an ihm vorbei und Yuichi hörte nur noch den mühsam beherrschten Ruf: „Yuki!“ Yuki versuchte noch zu entwischen, aber Zuma packte sie am Ellenbogen. Er war stocksauer. „Wo ist Yoko?“ „Sie hat zu tun“, wehrte Yuki nur ab. Dass sie ihn nicht sehen wollte und sich wie ein Kleinkind vor ihm versteckte, musste ihm nicht an die Nase gebunden werden. „Ich will mit ihr sprechen.“ „Ich bin da.“ Dann wurde ihr Blick keck. „Den Unterschied zwischen mir und Yoko wirst du nicht bemerken, Zumalein.“ Seine Augen glühten silbern vor Zorn. „Was macht Yamada hier?“ „Er ist der Romeo“, zuckte sie nur mit den Schultern. „Und du bist hier, um ihm ein paar kleine Schritte beizubringen. Oder ist das zu viel für dich?“ „Dieser verfluchte Männerstolz“, lächelte Yuki in sich hinein, als Zuma herumwirbelte und im Raum verschwand. Sie gab Yuichi einen schnellen Kuss. „Beherrsch dich, ja? Mach mir nicht mehr Arbeit, als ich erledigen kann.“ „Ein bisschen darf ich ihn aber ärgern?“ „Übertreib es nicht, bei der Kampf-Choreo wird er von Inuyasha unterstützt.“ „Oh.“ „Yoko denkt schon daran, dass du keine Narrenfreiheit hast.“ Es dauerte aber keine halbe Stunde, bis Zuma sich beschwerte. „Wo bleibt dieser feige Dämon“, knurrte er Yuki an. „Der hat diesen Clown bestimmt im Griff.“ Die älteste Drilligsschwester prustete los. „Inuyasha? Der beißt sich die Zähne an Yui-kun aus!“ „Keine Sorge, Zuma“, erklang plötzlich Yamis angenehme Stimme hinter ihm. „Ich bin jetzt da und halte ihn in Schach.“ Zuma atmete erleichtert aus. „Was machst du so früh hier?“, wunderte sich ihre Schwester. „Mein Chef hat mich früher gehen lassen.“ Was eine Umwandlung von „Ich bin im Streit mit meinem Chef früher gegangen“ war. „Bevor ich‘s vergesse!“ Yami hielt Zuma eine Plastikdose hin. „Hier, das Bento hat Aani für dich gemacht. Sie meinte, das sei gut für deine Nerven.“ „Von Aurora?“, widerholte er und nahm das Mitbringsel an. „Ja, sie macht sich Sorgen um dich, weil Yui-chan dir ziemlich auf die Eier gehen wird. Sie meinte, es sei nicht nötig, dass du noch vor deinem Dreißigsten an einem Herzinfarkt stirbst.“ „Scheint Ahnung von dem Kerl zu haben“, murmelte er mit einem überraschend sanften Ausdruck in den grauen Augen. „Aani hat eine ausgezeichnete Menschenkenntnis“, erinnerte ihn Yuki. „Die zwei sind wie Geschwister. Yuichi frisst ihr quasi aus der Hand.“ Wer hätte das gedacht! So seltsam es auch war, aber seine Nerven wurden wirklich ruhiger. Aurora sorgte sich um ihn… Wieso gefiel ihm diese Tatsache so sehr? „Ich höre Zuma nicht mehr fluchen“, bemerkte Yoko irgendwann. Yuki war gerade mit den Kostümskizzen der Ballszene beschäftigt. „Arbeite, statt dich um den zu sorgen“, riet sie. „Es wird noch laut genug, sobald der Hanyou hier auftaucht.“ „Was verheimlichst du mir?“ „Er ist richtig glücklich drüber, dass Aani sich um ihn sorgt“, antwortete sie auf Deutsch. Mina straffte die Schultern. „Du meidest ihn, statt um ihn zu kämpfen“, sagte Yuki plötzlich. „Statt ihm zu zeigen, was er an dir hat.“ „Du weißt genau, gegen Aani-“ „Ich muss mich auch gegen Aani behaupten“, ließ sie ihre jüngere Schwester nicht aussprechen. „Jeden Tag kämpfe ich gegen sie. Und ich gewinne. Yami hat es sogar noch schwieriger. Inuyasha ist der einzige, der zwischen Aani und Aryan steht. Weißt du, was der Grund ist, dass Zuma Aani noch nicht angerührt hat, obwohl jeden Tag duzende Gelegenheiten dazu bestehen? Du bist der Grund!“ Yoko war überrascht. „Kätzchen, ich hab doch seine Reaktion gesehen, als er mich für dich hielt. Er war rasend eifersüchtig.“ „Sag, du Beziehungs-Expertin. Was soll ich deiner Meinung nach tun?“ „Warten. So schwer das auch ist. Ich habe Jahre gewartet und jede verdammte einsame Sekunde davon hat sich gelohnt.“ Sie seufzte hörbar. „Warte und in der Zwischenzeit lenkst du dich einfach mit dem Vampir ab. Ein oder zwei Bisse… Gott, ich wär im Himmel!“ „Dann lass Yui-chan doch an deinen Hals“, grinste Yoko hinterhältig. „Damit er komplett die Kontrolle über mich hat?“ „Kompletter Kontrollverlust kann der Wahnsinn sein“, widersprach sie. „Es kommt alles auf das Vertrauen an.“ Yuki schüttelte es, aber sie musste zugeben, Yuichi unterlegen zu sein, machte sie schon an. „Naja… Ich bin nicht so begeistert.“ „Wovon?“, tauchte Yami auf, die Arme voller Notenblätter. „Von Yui-kun dominiert zu werden“, erklärte sie. Yamis Augen zuckten kurz zu Yukis Hals. „Kompletter Kontrollverlust kann der Wahnsinn sein“, schwärmte sie. „Du musst ihm nur vertrauen können. Wenn du seine Schwäche ebenfalls kennst und er dir auch mal das Ruder überlässt.“ „Was ist denn Aryans Schwäche?“, riefen ihre Schwestern überrascht aus. „Oh, wie eigentlich bei jedem Mann. Stichwort „Gottesanbeter“. Das Schönste war, er hat es selbst nicht gewusst, weil er noch nie in seinem Leben die Kontrolle abgegeben hatte. Du hast noch viel zu entdecken mit Yuichi.“ „Wieso geht’s hier grad um dich?“, beschwerte sich Yoko plötzlich. „Haben wir nicht eigentlich über meine Probleme gesprochen?“ „Warte“, sagte Yami. „Du bist nicht die einzige, die heimlich gegen Aani kämpfen muss. Aber am Ende wirst du siegen. Und solange du wartest, lenkst du dich mit dem Vampir ab.“ „Er ist Spanier“, seufzte Yoko. Wie Yuki ihre Schwäche für Franzosen hatte, hatte Yoko sie für Spanier. „Umso besser für dich. So, ich brauch dich jetzt beim Orchester.“ „Und ich muss mich um unseren Tybald kümmern“, lächelte Yuki. „Macht mir schöne Augen und glaubt tatsächlich, mit seinem Mini-Würstchen Yuichi den Rag ablaufen zu können.“ „Was machst du mit seinem Würstchen“, entsetzten sich die Schwestern. Yuki lachte. „Nicht so viel, wie er gern hätte. Konnte halt seine Freude nicht verbergen, als ich ihm die Beine abmessen musste.“ „War das der Grund, warum due Yui-chan gleich die Kostüme anpassen wolltest? Um einen Vergleich zu haben?“ „Hey, mir darf die Arbeit doch auch ein wenig Spaß machen, oder?“ „Ich bin da, ihr Nervensägen“, erklang Inuyashas samtene Stimme. „Den größten Spaß wird eindeutig jemand anderes haben“, grinste Yuki. „Das lass ich mir nicht entgehen, Tybald kann warten.“ „Mir gefällt es nicht, wie der mich ansieht, während er mit dem Riesenmesser auf mich zukommt“, beschwerte sich Yuichi. „Ich kann niemandem das Kämpfen beibringen, der ein Schwert nicht von einem Messer unterscheiden kann“, knurrte Inuyasha. „Außerdem ist das nur ein Requisit, du Memme!“ „Yui-kun, du warst doch im Fechten, ein blutiger Anfänger bist du nicht“, beschwichtigte Yuki. „Und du, Inuyasha, mach ihn nicht kaputt. In zwei Stunden habt ihr Feierabend. Ich muss los.“ „Zu deinem Rendezvous?“ „Das ist kein Rendezvous. Viel Spaß ihr beiden.“ „Sie geht mit einem anderen Kerl aus?“, wunderte sich Inuyasha. „Mit meinem Manager“, warf Yuichi angesäuert ein. „Der Kerl, dem der Sabber aus dem Mund fließt, sobald er sie sieht?“ „Genau der.“ „Er ist Franzose.“ „Weiß ich.“ „Sie steht total auf Franzosen.“ „Weiß ich auch.“ „Und dieser Franzose ist völlig verrückt nach ihr!“ Die aufbrodelnde Eifersucht ließ sich nur schwer unterdrücken. „Ist mir auch aufgefallen“, knurrte er leise. „Du gibst sie in die Hände eines anderen, bedürftig und ausgehungert wie sie ist?“ „Was treibst du da eigentlich?“, beschwerte sich Yuichi. „Deine Wut anstacheln“, erklärte Inuyasha. „Wütend bist du mutiger und nicht solch eine Memme. Kein Wunder, dass der Zwerg mit einem echten Mann fremdgeht.“ Yuichi packte sein Schwert. „Ich bin keine Memme“, schrie er und der Kampf begann. Todmüde fiel Yuichi ins Bett. „Yui-kun, wunderte sich Yuki verschlafen. „Wo bist du solange geblieben?“ „Hab den Dämon fertig gemacht.“ „Ihr habt so lange trainiert?“ „Es hat Spaß gemacht“, stöhnt er. „Wir konnten nicht aufhören. Und du?“ Sie kuschelte sich an ihn und bettete den Kopf auf seine Schulter. „Ich war um halb 8 Daheim und habe auf dich gewartet. Es war nichts weiter als ein Abendessen.“ „Ich liebe dich“, flüsterte er leise und schlief dann ein. Und wachte nicht mehr so richtig auf. Selig schlummerte er auf seinem Frühstücksplatz weiter, während die anderen ihn in Ruhe ließen. Nur Inuyasha war über die neue Situation überrascht. „Was hast du mit dem gemacht?“, fragte er Yuki. „Ich? Du hast ihn kaputt gemacht!“ Er stupste Yuichi an. „Hey, du Schlafmütze! Erspare uns dein Geschnarche und wach endlich auf!“ „Lass mich...“, jammerte dieser leise und nickte wieder ein. „Lass ihn“, bat Anjaani und streichelte zärtlich über seine wirren schwarzen Haare. „Du hast ihn gestern überanstrengt und er konnte sich nicht erholen.“ „Warum ist er dann hier?“ „Weil wir eine Familie sind. Aber wenigstens etwas Essen sollte er.“ „Vergiss es, Aani, der hat einen sehr tiefen Schlaf.“ „Aber eine einzige Sache kann ihn aus dem Koma reißen“, lächelte Yoko. Die Schwestern grinsten sich an. „Yu-iii-chiiiiii, wir sind nackt“, flöteten sie einstimmig. Yuichis Kopf schnellte in die Luft. „Nackt! Brüste!“ Alle im Raum brachen in schallendes Gelächter aus, während Yuichi ein wenig konfus in die Runde starrte. „Warum habt ihr was an?“, beschwerte er sich. „Weil das hier keines deiner perversen Träume ist!“, erklärte ihm Inuyasha. „Offensichtlich, sonst wärst du nicht dabei!“ Anjaani streichelte sein Gesicht und er riss überrascht die Augen auf, als sich ihre vergoldeten. Ihre vollen Lippen drückten ihm einen Kuss auf die Stirn und dann wusste er den Grund für ihre goldenen Augen. Unendlich liebevolle Wärme erfüllte seinen ganzen Körper, vertrieb alle Müdigkeit. Plötzlich fühlte er sich wie das sprudelnde Leben. „Danke, Nee-chan.“ Yoko wandte den Blick von ihm ab. Warum zur Hölle musste er Zuma nur so ähnlich sehen? Ihr Frühstück schmeckte fade, wenn sie mitansehen musste, wie diese Zuma-Kopie sich sehnsüchtig an ihre Schwester schmiegte. Hier ein Lächeln voll Hingabe, dort eine Berührung voll Sehnsucht. Und Yuki erwiderte jede seiner Zärtlichkeiten. Sie waren im siebten Liebeshimmel. Zum kotzen war das! Yuichi hob den meerblauen Blick und sah sie an, den gleichen Ausdruck im Gesicht wie sein Cousin- das tat er doch mit Absicht! „Na, neidisch?“, raunte er ihr zu. Bittere Wut kochte in ihr hoch. Am liebsten würde die ihre Fingernägel in seine Augen jagen. Diese Augen, gleich und doch anders. „Armes, unattraktives Ding. Ist nicht unsere Schuld, wenn dich keiner will, Kätzchen!“, grinste Yuichi frech. Das brachte das Fass zum überlaufen. Eine Gabel voll Rührei traf mitten in sein Gesicht. „Karina!“, entrüstete sich Anjaani. „Ignorier ihn“, schaltete sich Yami ein. „Aani ist auch noch nicht vom Markt. Inuyasha kriegt das einfach nicht auf die Reihe.“ Aryan lenkte das Thema schnell wieder in sichere Bahnen, weil Inuyasha wütend die Gabel abgesetzt hatte. „Du bist wählerisch. Dein Herz verfällt dem Mann, der es gewinnt.“ Yoko nickte zustimmend. „Du sagst es.“ „Den Mann will ich sehen, der es mit ihr aushält“, kommentierte Yuichi und auch die zweite Rührei-Ladung verfehlte sein Ziel nicht. Anjaani zischte. „Und wie soll ein Mann dein Herz gewinnen, Yoko-Neko?“, fragte Yuki, während sie Eier aus Yuichis Haaren pickte. „Oh, das kann ich dir ganz genau sagen! Er müsste wie Yuichi-“ „Ah!“, unterbrach dieser sie. „Ich wusste, du hast eine Schwäche für mich.“ Darauf ging sie nicht ein. „Mein Traummann wäre eine Mischung aus Yuichi und Aryan.“ „Wieso Yuichi?“ Yami runzelte verwirrt die Stirn. „Aryan reicht völlig, Yui-chan zerstört doch die Vollkommenheit.“ Aryan lächelte sie liebevoll an. „Yoko möchte aber, dass ihr Traummann aussieht wie Yuichi.“ „Yuichi hat ein traumhaftes Gesicht“, bestätigte Yoko. Der Japaner riss die Augen auf. Zumas Gesicht… „Gepaart mit Aryans Charakter wäre das der Himmel auf Erden. Oh und noch etwas Inuyasha.“ „Hör auf“, knurrte der Dämon. Er wusste, welches Teil sie von ihm wollte. Ihre Schwestern wussten es ebenfalls, nur Anjaani nicht. „Und was soll er von Inuyasha haben?“ „Etwas großes“, schmunzelte Yoko. „Etwas seeeehr großes.“ „Halt jetzt-“ „Mehr hat Inuyasha auch nicht zu bieten“, unterbrach Yami ihn. Inuyasha richtete sich drohend auf, doch Aryan drückte ihn auf seinen Stuhl zurück. „Und das wäre dein Traummann? Schönes Gesicht, perfekter Charakter und gut ausgestattet? Ich hab doch gesagt, da reicht Aryan alleine vollkommen.“ „Echt? Wie-“ „Nein!“, fuhr Anjaani den Schwestern über den Mund. „Aufhören! Könnt ihr an irgendetwas anderes denken? Das ist furchtbar! Warum bist du mit Zuma nicht mehr zufrieden?“, lenkte sie auf angenehmere Themen. „Zwei Punkte erfüllt er“, gab Yoko zu. „Aber sein Charakter gehört in die Tonne.“ „Ich finde, ihr passt genau deshalb perfekt zusammen.“ Auch vor dem dritten Wurf konnte Yuichi sich nicht retten. Anjaani platzte der Kragen. „Wenn noch ein Mal mit meinem Essen geworfen wir, kriegt ihr beide Hausverbot! Habt ihr mich verstanden?“ „Warum ich?“ Yuichi schmollte. „Weil du sie provozierst. Lass das, oder ich erlaube Inuyasha, dich rauszuschmeißen.“ „Und du verlässt die Wohnung nicht durch die Tür“, grinste Inuyasha finster. Zu Yoko sagte sie: „Lass dich bitte nicht so provozieren.“ „Das sagt sich so leicht. Ich werde nie jemanden finden.“ „Wenn du nach jemanden wie Aryan suchst, hast du schon verloren. Den perfekten Mann gibt’s nur ein Mal.“ „In deinen Augen“, lächelte Aryan sie voll Liebe an. Yuki kicherte. „Unmögliches passiert jeden Tag. Es muss nur einer kommen, der dich verführt und im Sturm dein Herz raubt!“, sagte sie mit übertrieben dramatischem Tonfall. Inuyasha verdrehte die Augen. Yuki packte Yokos Hände und schaute ihr tief in die Augen. „Er nimmt deine Hand und schaut dich tief und innig an- so wie ich jetzt, nebenbei bemerkt- bis eure Blicke miteinander verschmelzen. Dann umarmt er dich leidenschaftlich, drückt dich an seine männliche Brust, sein heißer Atem streift deinen Nacken, deine Knie werden weich, du zerschmilzt in seinen starken Armen wie Butter in der Sonne, das Gefühl seines warmen, starken Körper an deinem jagt dir Schauer über die Haut, er-“ „Holst du auch mal Luft?“, unterbrach Yoko sie staunend. Yuichi grinste zufrieden und lehnte sich zurück. „Sie redet davon, wie sie verführt wurde.“ Yuki winkte ab. „Bilde dir nichts drauf ein, ich übertreibe immer.“ Doch das leichte Erröten bei diesen Worten, entging niemandem. „Wirklich?“, fragte Yami begeistert. „Wie romantisch, Yui-chan!“ Aryan stupste sie an. „Ich bin auch romantisch.“ „Du bist außerhalb jeder Konkurrenz.“, lachte sie. „Das stimmt“, bestätigte Yuki. „Das erleben wir jeden Tag, du Angeber.“ „Wie war’s denn bei euch, Häschen?“, fragte Yoko, dankbar, dass nicht mehr über sie gesprochen wurde. Yukis Wangen färbten sich rötlich. „Es war so schön. Genauso, wie ich es mir meinen ersten Kuss immer vorgestellt hatte! Wie bei Romeo und Julia!“ Die gesamte Runde starrte sie an. „Was ist jetzt?“, seufzte sie. „Romeo und Julia?!“ „Ja, die schönste Liebesgeschichte, die es gibt. Yuichi wäre doch ein perfekter Romeo! Hach, Romeo! So wird mein Sohn einmal heißen!“ „Warte mal“, sortierte Yami ihre Gedanken. „Erstens: Seit wann stehst du auf Romantik? Und dann auch noch Romeo und Julia?“ „Das ist meine Lieblingsgeschichte.“ „Und zweites: Dein Sohn? Du bist gegen das Kinderkriegen! Du wolltest nie welche!“ „Oh, wer weiß. Mit Yuichi vielleicht schon.“ „Okay, sie spinnt.“ „Der Vampir hat dich geküsst“, erklärte Aryan. Man sah Yuki an, dass sie sich nicht gerne daran erinnerte. „Und? Schön war es nicht. Was willst du mir damit jetzt sagen?“ „Ein Vampirkuss hat einen gewissen Zauber an sich. Er holt die Wahrheit heraus. Die geliebte Person, als die er dich geküsst hat, wirst du nicht anlügen können. Ein Biss sorgt sogar dafür, dass du komplett deinen freien Willen verlierst. Da er dich nur geküsst hat, wirst du Yuichi sagen, was und wie du empfindest. Vor ihm wirst du es nicht verheimlichen können.“ Sie riss die Augen auf. „Das ist ja furchtbar!“ „Nein, das ist super!“ „Mach es weg, Aryan-nii!“ „Nein, bloß nicht!“ „Das gibt sich nach ein paar Tagen.“ „Schau mich nicht so an“, beschwerte sie sich über Yuichis Grinsen. „Oh, Romeo wird seine neue Macht ordentlich ausnutzen…“ Yoko lief Gänsehaut die Arme hinab. Er hatte fast gleich geklungen wie Zuma. Da fiel ihr etwas wieder ein. „Apropos Romeo! Du hast vorhin „erster Kuss“ gesagt!“ „Ja und?“ „Tatsächlich? Dein „erster Kuss“? „In einer Hinsicht ja.“ „Heißt das, du hast nie jemand anderen geküsst?“, rief Yami aus. Yukis Blick traf liebevoll Yuichis. „Ich bin bestimmt nicht rein und unschuldig…“ Inuyasha schnaubte. „Aber ich habe nie bei einem Kuss so viel gespürt wie bei Yuichi.“ „Dito“, hauchte er. „Kein Kuss hat mich je so verzaubert.“ „Was ist mit mir?“, erinnerte ihn Yami vorwurfsvoll. „Oder zähle ich als Yuki?“ „Berufliches zählt nicht. Das ist nur Schauspielerei.“ „Ich rede von der Umkleide-“ „Das ist nur Schauspielerei!“, wiederholte er lauter. „Und privat hat mir ein Kuss nie so viel bedeutet. Darum habe ich auch andere Frauen kaum geküsst. Ich wusste, mein Kuss gehört nur der Frau, die ich liebe.“ Yoko sah Yuichi an und etwas in ihren Augen hatte sich deutlich verändert. Und zwar zum positiven. „Ich bin gerührt von deinem Sinn für Romantik.“ „Romantik?“, ächzte Inuyasha und stierte Yuichi an. „Er hat sich nur nicht an sowas aufhalten wollen! Wie alt warst du bei deinem ersten Kuss?“ „14“, zuckte Yuichi mit den Schultern. „Und das Mädchen?“ „12.“ „Du hast dich an einem Kind vergangen?!“ „Nein, meine Unschuld verlor ich mit 18. Ich war kein Schürzenjäger“, flüsterte er und lächelte giftig. „Was hast du denn mit 14 gemacht?“ Inuyasha versteifte sich. „Oh, er erinnert sich“, lächelte Yami zuckersüß. Die Drillinge beugten sich näher zu ihm. Unsicherheit trat in seine Bernsteinaugen. „Na, was hat das kleine Hündchen für schmutzige Schweinereien angestellt?“ „Ihr habt doch einen Schaden“, knurrte er. „Vergleicht mich nicht mit euch!“ „Hört auf“, sagte Anjaani bestimmt. „Mit 14 war er doch selbst noch ein unschuldiges Kind.“ „Ein 14-jähriger Junge ist nicht unschuldig, Nee-chan“, korrigierte Yuichi. „Das sind die schlimmsten Wüstlinge.“ „Und einige legen dieses Verhalten niemals ab“, bemerkte Aryan lächelnd mit einem Blick auf ihn. „Und du bist unschuldig?“ Ungläubig starrte der Japaner den Inder an. „Nein“, gestand Aryan und alle spitzen sichtbar die Ohren. „Das wollt ihr nicht wissen.“ „Oh, du glaubst nicht, wie sehr“, widersprach Yoko. „Mit 14 habe ich zum ersten Mal jemanden getötet.“ Yami in seinem Arm zuckte zusammen. „Ich hab doch gesagt, das wollt ihr nicht wissen.“ „Ja, aber so extrem…“ Yuichi schüttelte sich. „Ich hatte eine extreme Kindheit, schlimmer als du. Für mich war jeder Tag ein Überlebenskampf.“ Aryans Juwelenblick schien in die Ferne zu schweifen. „Ich zog die Flucht immer der Verteidigung vor. Aber an dem Tag hieß es töten oder getötet werden. Ich hatte keine Wahl. Und ich entschied mich, stark zu werden.“ „Wer?“ Yami stellte diese eine Frage ganz leise. „Der Besitzer der Goldmine, in der ich arbeiten musste.“ Der ganze Tisch lauschte gebannt. „Mein Leben lang habe ich diese Schicksalswendung bereut. Bis vor kurzem.“ Er gab Yami einen Kuss. „Ich wäre dir niemals begegnet, hätte ich an dem Tag mein Leben gelassen.“ „Das ist wieder ein Beweis dafür, dass die furchtbaren Dinge auch ihren Sinn haben“, freute sich Anjaani. „Was ist dir denn mit 14 passiert“, wandte Yuichi sich an sie. „Etwas richtig Schlimmes. Ich bin Raj begegnet.“ „Und wie war er?“ Sie runzelte die Stirn. „Wie war wer?“ „Dein erster Kuss?“ Jetzt änderte sich etwas in Anjaanis Blick. „Darüber möchte ich nicht sprechen.“ Das war eindeutig genug, nur nicht für die Drillinge. „Wie hätte man dir denn deinen ersten Kuss rauben sollen?“, versuchte Yoko es. „Hatten wir dieses Thema nicht schon mal?“ „Schon...“, begann Yuki und gähnte. „Aber du hattest nichts gesagt gehabt“, ergänzte Yami und gähnte dann ebenfalls. „Wir alle haben es erzählt.“ „Ja, Yoko sogar in einer seitenlangen Arie“, spottete Yami. „Und das ist besser als dein einfallsloses „Ich will nur Aryan, alles andere ist mir egal.“ „Dafür hab ich Prinzipien.“ „Treue? Da stehe ich dir in nichts nach. Meine Unschuld hat Zuma.“ „Und wer hat sonst alles in deine See gestochen?“ Yoko hasste es, in einer Diskussion geschlagen zu werden, auch noch mit einer Metapher. Lieber spielte sie unfair. „Aryan-nii? Soll ich dir verraten, was sie alles mit ihren Matrosen angestellt hat?“ „Stopp!“, mischte sich Anjaani ein, denn jetzt wurde es wirklich gefährlich. „Es reicht. Jeder hat seine bestimmten Wünsche. Jeder hat seine Schwäche. Selbst mich kann man verführen. Und das Thema ist jetzt beendet!“ Aber jetzt war Inuyashas Interesse geweckt. „Nein, noch nicht. Wie kann man dich Unschuldslamm denn verführen?“ „Das weißt du ganz genau.“ War das ein Vorwurf? „Nein, jetzt im Ernst, Aanilein“, mischte sich Yoko ein. „Was muss jemand, der nicht Inuyasha ist, tun, um dich rumzukriegen? Sagen wir, um dir einen Kuss zu stehlen.“ „Ganz genau, stehlen“, antwortete Anjaani. „Die gebe ich nicht freiwillig her. Man muss genau das tun, was Raj getan hat.“ „So kommen wir nicht weiter“, seufzte Yuki. Inuyasha gab nicht nach. „Jetzt mal alle Männer außen vor gelassen. Wie hast du dir deinen ersten Kuss erträumt?“ Ja, wonach sehnte sich so ein Unschuldslamm? Sie errötete schlagartig, als seine Augen warme Schauer durch ihren Körper jagten. Diesem Blick konnte sie nie versagen, er war ihr sicherer Untergang. „Wie ich mir einen ersten Kuss vorgestellt habe… ziemlich romantisch. Und das ist ganz alleine Yokos Schuld.“ Sie schloss kurz die Augen und als sie sie wieder öffnete, schillerten sie in sattem Gold. Ihre Zuhörer registrierten das kommentarlos. „Stellt euch vor, die Sonne geht gerade unter. Taucht den Himmel in alle erdenklichen Farben. Die Wolken scheinen zu brennen. Die Zeit steht still, der Moment in dem sich Himmel und Erde berühren geht nicht vorbei. Die Nacht kommt gar nicht erst.“ „Das geht nicht“, unterbrach Yuki sie. „Was geht nicht?“ „Na, dass der Sonnenuntergang so lange anhält!“ „Hey“, lächelte Anjaani. „Das ist meine Geschichte- lässt du sie mich bitte erzählen?“ „Na gut, auch wenn sie etwas unrealistisch ist.“ „Du nervst mit deiner Rationalität“, zischte Yoko. „Und du mit deiner Irrationalität.“ „Könnt ihr bitte später streiten?“, bat Aryan und schmiegte das Gesicht in Yamis Haar. „Ich möchte Aurora zuhören.“ Als Anjaani fort fuhr, glitzerte in Inuyashas Augen ein geheimnisvoller Schein, den keiner so recht zu deuten wusste. Man ahnte es. Er würde sich das Gehörte gut einprägen. Der Jäger war dabei, die Schwachstelle der Beute herauszufinden. „Du stehst auf einer Wiese umringt von unzähligen Blumen. Der sanfte, warme Wind umweht dich mit den Düften der herannahenden Nacht, spielt mit dem zarten Chiffon deines zartrosa Kleides. Alles ist still und er steht da. Sein weißes Haar schimmert wie das Mondlicht. Seine Augen glühen wie die untergehende Sonne. Ihr zwei seid ganz alleine in diesem Zauber. Er beugt sich zu dir, nimmt sacht deine Hand und zieht dich zärtlich an sich. Sein warmer Körper schützt dich, sein Duft umschmeichelt dich, du bist gefangen in seinen Augen. Ihre sagt beide kein Wort, die Welt ist stumm, gehört nur euch beiden. Er hält dich fest im Arm, lässt dich nicht los und langsam bewegt er dich, führt dich, zieht dich mit in seinen Rhythmus.“ „Das klingt ja fast pervers“, sagte Yuichi. „Halt’s Maul!“, zischte Inuyasha. „Er führt dich in sanften Bewegungen über die Wiese, du schwebst in seinen Armen, du fliegst. Ihr tanzt. In deinem Kopf hörst du die schönste Melodie. Ihr könnt nicht mehr aufhören, wollt euch nicht loslassen, dieser Moment soll ewig andauern und euch nie wieder trennen. Das Versprechen der süßen Ewigkeit funkelt golden in seinen Bernsteinaugen. Dann küsst er dich sanft. Voll Liebe und Zärtlichkeit.“ „Nicht wild und hemmungslos? Zähne, Zunge das ganze Programm?“ Anjaanis Augen wurden schlagartig braun, als sie den Blick auf Yuichi richtete. „Nein“, knurrte sie. „Das ist nicht Aanis Sinn von Romanik“, lachte Yuki. „Das geht weit über Romantik hinaus. Das ist der pure Kitsch“, kommentierte Yoko. „Wirklich?“, sagte Yuichi. „Dich hätte man so sofort rumgekriegt.“ Etwas in seinem Gesicht veränderte sich, seine glatte Stimme wurde rauer. „Du hättest keine Sekunde stand gehalten, Kätzchen…“ Ihre Augen weiteten sich, der Atem stockte ihr. „Glaub mir, Süße-“ Yami hielt ihm schnell den Mund zu, denn in Yokos Gesicht sammelte sich rasender Zorn. „Halt jetzt endlich den Mund, du Trottel! Die ganzen Eier im Haar kriegst du doch nie mehr raus!“ „Das war ganz Zuma“, lobte Anjaani und er lächelte zufrieden. „Ich bin Schauspieler“, warf er sich stolz in die Brust. „Ich kann jeden nachmachen.“ „Das gefällt mir nicht“, widersprach Yuki. „Mir ist deine Stimme lieber. Hey, Aani wie ging dein Traum weiter? Was hat Inuyasha dann gemacht?“ „Inuyasha?“ Anjaani war verwirrt. „Wer hat was von Inuyasha gesagt?“ Inuyasha lächelte innerlich. Weiße Haare und Bernsteinaugen? Er war so fest in ihren Träumen verankert, dass sie es schon gar nicht mehr bemerkte. „Aani, du hast gesagt-“ Aryan unterbrach Yuki. „Wusste Rajesh von deinem Wunsch?“ „Raj? Das hat rein gar nichts mit Raj zu tun.“ „Du warst immerhin mit ihm zusammen. Sogar verlobt“, rief ihr Inuyasha ins Gedächtnis. Jetzt errötete sie und senkte den Blick. Jeder deutete ihr Verhalten korrekt. „Er hat dich nie geküsst?“ Sie schüttelte den Kopf. Mehr sagte sie nicht. „Wie das denn?“ Die Drillinge ließen nicht locker. „Aurora, in all den Jahren ist er dir nie nahe gekommen?“ Nicht einmal Aryan wollte es wahr haben. „Nicht ein einziger Kuss?“ Anjaani rutschte unruhig auf ihrem Stuhl herum. „Nicht auf die Lippen. Ich fühlte mich unwohl dabei. Und ich hatte kein Verlangen danach“, wisperte sie kaum hörbar. „Und er…“ „Was?“ „Er meinte, das wäre besser so, wenn ich meine Unschuld nicht verlieren will… Können wir bitte das Thema beenden? Raj war nie zärtlich zu mir gewesen. Das ist keine Überraschung.“ Inuyashas Gedanken überschlugen sich. Das bedeutete dann… Ihr erster Kuss war von ihm. Er hatte sie als erster Mann überhaupt geküsst, ihre weichen Lippen gespürt, ihre berauschende Süße gekostet. Er war in dem Punkt ihr Erster gewesen. Gott, hätte er das gewusst! Er hatte sich wie ein Tier auf sie gestürzt. Sie sah ihn an, als hätte sie seine Gedanken gelesen und er spürte wie sich sein Gesicht erhitzte. Ihre Augen funkelten. „Hätte ich das gewusst“, flüsterte er, nur für sie hörbar. „Was dann?“, wisperte sie zurück. „Du hast nichts falsch gemacht.“ „Hey, Hanyou“, riss ihn Yokos Stimme in die Realität zurück. „Was ist?“, knurrte er. „Heute brauche ich dich ab Mittag, wenn Yuichi mit den Gesangsübungen fertig ist.“ „Ich hab keine Lust auf Schwertkampf“, jammerte er. „Der ist zu mir genauso wenig zärtlich wie zu Nee-chan.“ „Ich werd dir zeigen wie zärtlich ich bin“, grollte Inuyasha. „Einen richtigen Schwertkampf gegen mich überlebst du keine Sekunde!“ „Der perfekte Romeo ist sanft und stark zugleich“, schwärmte Yuki. „Gibt’s was attraktiveres als ein Schwert? Sanftmütig, liebevoll und gleichzeitig unbesiegbar, genau wie…“ „Aryan“, vollendete Yami. Aryan drückte sie lächelnd an sich. „Ich benutze Schwerter ungern“, enthüllte er. „Mir sind die bloßen Hände lieber. Das ist fairer.“ „Und der Attraktivitäts-Punkt geht wieder an Aryan“, kommentierte Yoko. „Der perfekte Romeo“, stimmte Yuki seufzend zu. „Ich dachte, ich wär der perfekte Romeo“, entrüstete sich ihr Freund. „Dann benimm dich auch so. Geh kämpfen!“ „Wird gemacht! Diesmal mach ich dich fertig, kleiner Dämon!“ Inuyashas Augen blitzen auf. „Saajan“, warf Anjaani warnend ein. „Das ist keine Herausforderung. Übertreib es nicht.“ „Die Nervenzwerge haften dafür.“ „Nein, ich muss vorher in die Volkshochschule. Benimm dich, Hanyou. Oder du wirst den Romeo spielen.“ „Ich passe nicht zu Romeo. Der Tybald ist mir auf den Leib geschrieben.“ Der gesamte Tisch starrte ihn an und alle sprachen es gleichzeitig aus: „Du kennst Romeo und Julia?!“ Inuyasha kaute ungerührt sein Frühstück. „Man, ihr Weiber redet seit Wochen von nichts anderem mehr. Mittlerweile verstehe ich genug Hindi! Man hat mir das Stück sogar mal vorgelesen. War nicht mal ein gescheites Buch, haben alle nur gequasselt.“ Sprachlosigkeit hatte sich breit gemacht. Alle Köpfe ratterten wie verrückt, Yoko fasste sich aber als erste wieder. „Wer hat dir das vorgelesen?“ „Wenn ich es wüsste, würde ich es doch sagen!“ „Kanntest du den Autor?“ Ihr Herzschlag blieb stehen. „Woher denn? Er lebte später als ich! Ich komme aus der Sengoku-Zeit.“ Enttäuscht gab sie nach. „Mehr weiß ich nicht, jetzt lass mich essen!“ „Aurora, geht es dir gut?“, sorgte sich Aryan. Inuyasha sah sie an. Ihr Blick war gesenkt, das Gesicht bleich. „Anjaani, was ist los? Mir ist erst heute Nacht eingefallen, aus welcher Zeit ich bin. Es tut mir Leid, dass ich es dir noch nicht gesagt habe.“ Sie blickte ihn an, ein seltsamer Ausdruck von Melancholie in den wunderschönen Augen. „Wann war die Sengoku-Zeit?“ „15. Und 16. Jahrhundert“, überlegte Yoko. „Von 1477 bis 1573 unserer Zeitrechnung“, gab Aryan ganz genau an. „Ein bedeutendes Zeitalter der japanischen Geschichte. Kennst du Oda Nobunaga?“, begeisterte sich Yoko. „Nein“, sagte er. „Ich war ein Einzelgänger und hielt mich aus den Streitereien der Menschen heraus.“ „Saajan, du stammst aus einer gut dokumentierten Ära. Das heißt, wir können herausfinden, was in diesen Jahrhunderten in Japan passiert ist. Gibt es Aufzeichnungen von den Hundestämmen?“ Sie sah Aryan an. „Ja“, gab er zu. Er wusste wie schwer es Anjaani fiel. „Aber es ist kein Halbdämon als Hundedämon bekannt.“ „Natürlich nicht“, ätzte Inuyasha. „Und…“ Er seufzte tief. „Aurora, bist du bereit dafür?“ „Wofür?“ „Es geht aber das Gerücht, dass ein mächtiger Inu-Daiyoukai ein Kind mit einer menschlichen Frau haben soll. Bestätigt ist es nicht. Er war gefürchtet als der Lord der westlichen Länder. Im Kampf starb er. Er könnte theoretisch Inuyashas Vater sein. Sein Name war…“ „Inu no Taisho“, flüsterte Inuyasha. Der ganze Tisch starrte ihn an. „Ja“, bestätigte Aryan ernst. „Das war sein Name. Also stimmt es?“ „Er ist mein Vater.“ Inuyasha war völlig verwirrt. Anjaani erstarrte zur Salzsäule. „Und noch etwas. Ein lückenhaftes und ungenaues Manuskript schreibt von einer jungen Miko aus der Zukunft. Ich habe es nicht mehr genau im Kopf.“ „In meiner Erinnerung trug Kagome ein Miko-Gewand“, murmelte Inuyasha. „Aber ich erinnere mich nicht. Ich weiß gar nichts.“ Anjaani lächelte ihn warm an. „Vielleicht hilft dir das jetzt und deine Erinnerung kommt schneller zurück. Aryan hat Zugriff zu den Dokumenten, er zeigt sie dir bestimmt. Deine Vergangenheit ist jetzt nicht mehr so lückenhaft. So, ich mache euch jetzt was zum Mitnehmen.“ Summend bereitete sie jedem etwas für die Mittagszeit zu. Yoko beobachtete sie stumm. Aani muss innerlich sterben. Inuyashas Abschied ist um einiges näher gerückt und doch strahlt sie wie der Sonnenschein. Anjaani war in all ihrem unendlichen Leid so stark. Warum konnte sie selbst es nicht sein? Sie hatte nicht den Hauch der Qualen erlebt, die Aani durchgemacht hatte und ließ sich davon so herunterziehen. Nein, sie würde sich an ihr ein Beispiel nehmen. Wenn Anjaani alles mit einem Lächeln ertragen konnte, dann sie erst recht! Summend spazierte sie zur Volkshochschule. Heute würde ein neuer Spanischlehrer anfangen, der sich ein bisschen an ihr orientieren würde. Jung solle er sein, blond und sehr gut aussehend. Hach, warum nur hatte sie solch eine große Schwäche für Spanier? Für große, blonde, silberäugige Männer? Gedankenverloren überquerte sie die Straße. Und bemerkte das Auto zu spät. Das Auto, das den Zebrastreifen völlig ignorierte… Ein gewaltiger Ruck ging durch ihren Körper und sie wurde zu Boden geschleudert. Ihr letzter Gedanke war, dass sie Zuma niemals wieder sehen würde. Doch sie lebte, denn ihr Körper schmerzte. Sie riss die Augen auf. Blonde Haare, steingraue Augen. Zuma? „Geht es Ihnen gut, Senorita?“ Er half ihr aufzustehen. Yoko war zu durcheinander zum Reden. Ihr Retter fluchte dem Auto hinterher. Langsam ordnete sie ihre Gedanken. Dieser gutaussehende Fremde muss sie in allerletzter Sekunde gerettet haben. Das war ja wie im Märchen. „Alles in Ordnung? Sind Sie verletzt?“ Die paar kleinen Schrammen. „Kaum der Rede wert“, versicherte sie. „Ich bin hart im Nehmen. Aber ich danke Ihnen vielmals. Das war gefährlich. Sie hätten selber draufgehen können.“ „Man riskiert nicht, solche Schönheit vergehen zu lassen.“ Sie sah ihn an und ihr Herz begann schneller zu schlagen. Wieso kam er ihr bekannt vor? „Ich würde mich gerne erkenntlich zeigen.“ Ein sachtes Lächeln umspielte seine vollen Lippen und ihr Herz begann wieder zu rasen. „Bald“, flüsterte er und nahm ihre Hand für einen sachten Kuss. „Sehr bald.“ Röte schoss ihr in die Wangen. Die bückte sich, um ihr Handtasche aufzuheben und als sie wieder aufsah, war er verschwunden. Sie schüttelte den Kopf. War sie so leicht rumzukriegen? Eine Heldentat, ein Handkuss und fertig. Tja, aber welcher Kerl verteilte schon Handküsse? Außer Aryan. Aber Aryan war perfekt. Und Zuma. Zuma hatte ihr bei ihrer ersten Begegnung die Hand geküsst und ihr Herz so erobert. War dieser Spanier etwa ein Dämon gewesen? Nein, er war der neue Hilfslehrer! Sein zufriedenes Lächeln traf auf ihr verblüfftes Staunen. „Ich sagte, wir sehen uns bald wieder, Senorita…“ „Yoko“, hauchte sie in einem Atemzug. Warum spielte ihr Inneres verrückt bei dem Kerl? Und es machte plötzlich Klick. Leider fing im selben Moment der Spanischkurs an und sie musste sich auf ihre Schüler konzentrieren. Er saß in der letzten Reihe und obgleich alle anwesenden Männer gebannt an ihren Lippen hingen, schien sie nur seine grauen Augen wahrzunehmen, die sie pausenlos und ohne zu blinzeln anstarrten. War dies seine wahre Gestalt? Der Spanischkurs war zu Ende, Showtime! Er erhob sich erst von seinem Platz, als der letzte Schüler den Raum verließ. „Sie sind eine wundervolle Lehrerin“, raunte er dunkel, als er auf sie zukam. „Von Ihnen kann ich viel lernen.“ „Dann lassen Sie mich Ihnen eines sagen“, begann sie zuckersüß und lehnte sich gegen den Lehrerpult. „Dämonen brauchen eine Sondererlaubnis als Lehrkräfte.“ Kurz entglitt ihm das schöne Gesicht, doch er fasste sich sofort wieder. „Unfassbar, ich habe dich unterschätzt, Senorita.“ „Weit unterschätzt. Aber jeder macht einmal Fehler. Und wenn du noch einen machst, lernst du wieder mein Knie kennen.“ „Viel lieber würde ich deine Lippen kennen lernen“, flüsterte er und beugte sich näher zu ihr. Es bestand kein Zweifel, die Luft zwischen ihnen knisterte gewaltig. „Sei ein Mann und bring mich dazu, dir freiwillig zu gehören“, raunte sie samtig. „Das werde ich. Denn ich will dich. Und wenn du weißt, wer ich bin, wirst du mich ebenso wollen.“ „Ein Vampir?“ Wieder stieß sie ihn vor den Kopf. „Ich bin gespannt, was auf mich zukommt. Ich kenne Vampire nur aus Märchen.“ Er lachte. „Die haben nichts mit der Realität zu tun.“ „Schade.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Ich hasse die Realität.“ „Oh, lass mich dir zeigen, wie schön sie sein kann.“ „Gebissen und ausgesaugt zu werden“, wich sie ihm aus. Himmel, war er attraktiv! „Wir brauchen nur wenig Blut“, korrigierte er. „Und dabei hat das Opfer weit mehr Spaß als wir.“ Er sagte es auf solch eine verbotene Art und Weise, dass ihre Kopfhaut zu kribbeln anfing. „Das ist ein Widerspruch in sich“, ließ sie sich nicht klein kriegen. „Ein Opfer empfindet keinen Spaß.“ Seine warme, raue Hand berührte sanft ihre empfindlichen Lippen. „Oh doch. Ich werde dir zeigen, wie schön es ist, das Opfer seiner eigenen Lust zu sein.“ „Darum geht es hier?“ Sie nahm automatisch eine abwehrende Haltung ein und verwirrte ihn wieder. „Um Lust? Nur Begierde und Verlangen? Ihr Männer seid alle gleich! Was ist mit Gefühlen? Mit Verehrung? Mit Romantik? Mit der Ewigkeit voll bittersüßer Liebe? Bleib mir fern mit deinen Trieben. Die kannst du an einer anderen befriedigen! Verschwinde, wenn es dir nur um deine körperlichen Sehnsüchte geht. Damit wird man nicht glücklich.“ „Das ist mir bewusst geworden. Deswegen suche ich dich. Um die Ewigkeit der Liebe zu entdecken.“ Sie ließ es zu, dass er sie an sich zog. Warm war er, stark, männlich und unwiderstehlich. „Ich liebe schon jemanden.“ „Und er fügt dir nur Schmerzen zu“, erkannte er leise. „Die niemand tilgen kann.“ Warum nur legte sie die Hände an seine breite Brust? Um seinen Herzschlag zu spüren, der unter ihren Fingern schneller wurde. Seine Augen wurden dunkler, wie Sturmwolken. „Ich bin nicht wie er.“ „Ich weiß nicht, wer du bist.“ „Oh, ich war so von dir verzaubert, dass ich selbst meinen Namen vergessen habe.“ Er beugte sich nah zu ihr, die Lippen Millimeter über ihren. Seine Stimme war ein einziges dunkles Versprechen. „Ich heiße Romeo.“ Sie blinzelte. „Romeo Mon-“ Ihr Atem stockte. „-terrez.“ Ihr Herz begann wieder zu schlagen und sie verfluchte sich für ihre mädchenhafte Schwäche. Hatte sie jetzt tatsächlich erwartet, er würde „Montague“ sagen? Und doch hatte sein Name etwas geändert. „Ist das dein richtiger Name, oder nur ein cleverer Schachzug?“ „Dann hätte ich Montague gesagt“, lächelte er düster. Ihr Wanken war ihm nicht entgangen. „Aber für dich kann ich alles sein. Ich bin dein Romeo, wenn du meine Julia bist. Ich werde dein Herz gewinnen, Senorita.“ Seine Lippen trafen ihre Wange, hinterließen ein süßes Brennen. „Bald ist es mein.“ Und sobald er aus dem Raum war, gab sie der Schwäche ihrer wackeligen Knie nach und sank zusammen. Ihr Herz raste in ihrer Brust. Ihre Wangen glühten. Ihre Hände zitterten. „Aryan-nii“, hauchte sie in ihr Telefon. „Bitte bring mich zum Set. Ich kann nicht selber laufen.“ Yami, Yuki, Yuichi und Zuma saßen gerade zusammen, um Choreographie und Musik abzustimmen, als Yamis Gesicht plötzlich erstrahlte. „Aryan ist hier“, rief sie aufgeregt aus. „Was macht Aryan hier?“, wunderte sich Yuki. „Hat Yoko im Schlepptau“, freute sie sich wie verrückt. Ihre Augen strahlten mit ihrer überschwänglichen Freude um die Wette. „Wahrscheinlich hat sie ein Dämon angefallen.“ „Ein Dämon“, entsetzte sich Zuma, doch Yami rannte los, dem General direkt in die Arme. „Ich hab dich vermisst“, lächelte er und stahl ihr einen Kuss. „Wir haben uns erst in der Mittagspause gesehen, Sanam.“ „Ja, viel zu lange her. Außerdem musst du zur Arbeit. Ich bringe dich hin.“ „Ich liebe dich, Sanam.“ „Yami ist plötzlich arbeitsunfähig“, verkündete Yoko. „Aber das entschuldigt nicht eure Faulenzerei. Solltest du nicht im Tanzraum sein?“ Sie sah Zuma erwartungsvoll an. Weder glücklich, noch wütend. Einfach, als wäre er ein ganz gewöhnlicher Kerl, der für sie arbeitete. So neutral hatte sie ihn nie behandelt. Das verwirrte ihn zutiefst. Doch etwas in ihren Augen war anders und er war nicht der Grund dafür. „Ich arbeite“, versicherte er kühl. „Wär schön, wenn du das auch tun würdest.“ „Ich war heute fleißig“, lächelte die herzlich. „Wenn was ist, ich bin im Büro.“ „Yoko, warte mal“, rief ihr Yuki hinterher. „Was hat es für einen Grund, dass Aryan dich hergebracht hat?“ „Ich bin ihm wieder begegnet. Und du hast am eigenen Leib erfahren wie sehr einen solch eine Begegnung mitnehmen kann.“ „Wem bist du wieder begegnet?“, entwich es Zuma ungewollt. „Nur dem neuen Spanischlehrer.“ „Nur?“, grinste Yuichi. „Kätzchen, du strahlst, als wärst du direkt aus dem siebten Himmel gekommen.“ „Tatsächlich?“ „Was hat er denn mit dir angestellt?“ „Er hat mich davor bewahrt, überfahren zu werden. Und du weißt, wie berauschend die Nähe eines Vampirs sein kann.“ „Ein Vampir?“ Zuma riss die Augen auf. „Er will Yoko um jeden Preis“, erklärte ihm Yuki. „Erfolglos“, versicherte Yoko. „Und er zieht wirklich alle Register.“ Yuki sagte etwas in einer seltsamen Sprache, die er nicht verstand und Yoko errötete keck. „Nein, du versautes Biest“, kicherte sie. „Er versucht es auf romantisch mit Handküssen. Romeo ist harmlos.“ „Romeo?“, entfuhr es allen Dreien. „Das ist sein Name“, nickte sie und schritt dann anmutig davon. „Er heißt Romeo? Dann wird er nicht lange brauchen, um Yoko rumzukriegen.“ Zumas Gesichtsausdruck war düster geworden. „Ich geb ihm zwei Tage“, grinste Yuki. „Aber er erfüllt Yokos Quintett nicht. Vier Punkte schafft er, die Yoko schwach machen: Spanier, Handküsse, Heldentaten und romantische Helden. Fehlen nur die grauen Augen.“ „Du hast sie gesehen, Schönheit. Sie zappelt schon lange im Netz.“ Ruckartig erhob sich Zuma und verschwand in der selben Richtung wie Yoko. Yuichi grinste, doch Yuki verdrehte die Augen. „Es kann doch nicht sein, dass ich die Einzige bin, die hier arbeitet.“ Er trat ohne anzuklopfen in ihr Büro. Sie war vertieft in einen Stapel Dokumente und sah nicht einmal auf. „Du hast wirklich zu wenig Arbeit, oder?“, fragte sie auf Spanisch. Das war in seinen Ohren die erotischste der Sprachen, die sie beherrschte und die einzige, die sie ihm beigebracht hatte. Wie viele sprach sie doch gleich? „Wie viele Sprachen sprichst du?“ „Nueve“, antwortete sie. „Neun?“ Er war unerwartet verblüfft. Er wusste nur von sechs, was bemerkenswert genug war. „Zähl Chinesisch, Latein und Altägyptisch dazu“, sagte sie. Ihm war das bisher nie bewusst gewesen. „Du bist erst 20, wann hast du das alles gelernt?“ „Ich weiß, wie jung ich bin.“ Härte trat in ihre glühenden Augen. „Du erinnerst mich ständig daran.“ Dass sie zu jung für ihn ist… „Neun Sprachen“, widerholte er. „Ich habe Talent dafür“, winkte sie ab. „Spanisch, Deutsch und Japanisch sprach ich von Geburt an.“ „Wieso Spanisch?“ „Weil es meine liebste Sprache ist.“ „Meine auch, dank dir.“ „Was soll das Geschmeichel? Ich habe viel zu tun und schon einen langen Tag hinter mir. Yuichi raubt mir den letzten Nerv, Inuyasha stammt aus der Sengoku-Ära und bricht Aani gerade das Herz und ein liebestoller Romeo hängt mir am Rockzipfel. Und jetzt nervst du mich, weil dir in drei Jahren nicht bewusst geworden ist, was für einen schlaues Mädchen ich bin.“ „Schlau genug, dich mit einem Dämon einzulassen!“, zischte er. Innerlich jubelte sie, äußerlich sah sie ihn nur genervt an. „Ich wüsste nicht, was dich mein Privatleben angeht. Aber falls es dich beruhigt, er lässt mich kalt.“ Die Lüge stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. „Was will ein verfluchter Dämon von dir?“ „Ein Vampir“, korrigierte sie. „Ein spanischer Vampir, Augen wie wirbelnde Sturmwolken kurz vor dem Gewitter.“ „Graue Augen?“ Nein, das Quintett! „Ja“, summte sie. „Grau wie die Kraft eines zerstörenden Unwetters. Roh und ungebändigt.“ Das klang ganz und gar nicht danach, als würde er sie kalt lassen. Oh nein, überhaupt nicht! „Und du lässt dich auf jemanden ein, der dir alles Blut aussaugen will?“ „Du wiederholst dich“, bemängelte sie. „Zwei Mal „auf jemanden einlassen“.“ „Wir sind hier in keinem Spanischtest!“, herrschte er sie an. Seine Augen glühten silbern. So viel schöner als Romeos. Himmel, dieser Japaner war eine größere Gefahr für ihren Verstand, als der Spanier! „Wie hat er dir den Verstand verdreht?“ „Er lenkt mich von dir ab“, sagte sie klipp und klar und traf ihn damit hart. „Und er tut es gut. Gehst du jetzt bitte. Ich hab viel zu tun.“ Zuma war kurz sprachlos. Sie wies ihn ab? Sie schickte ihn sogar weg! „Du hast mir meine Frage nicht beantwortet, Kätzchen. Was will ein Vampir von dir?“ „Er ist der König der Vampire“, knurrte sie leicht genervt. Genervt von ihm? „Er sucht eine Braut, die die süße Ewigkeit mit ihm teilt und meint, sie in mir gefunden zu haben. Doch er hat mich bisher nicht berührt. Er sucht eine Partnerin, keine Gespielin. Und ich will nicht. Bist du jetzt zufrieden?“, sah sie ihn eiskalt an. „Ich habe die Nase voll von grauäugigen Blondinen, also brauchst du dir keine Sorgen um mich zu machen.“ Ohne ein weiteres Wort verließ er ihr Büro und sie blieb mit rasendem Herzschlag zurück. Was war das nur gewesen? Zuma konnte es selbst kaum fassen? Er reizte sie nicht mehr. Er ließ sie vollkommen kalt. Nein, das konnte nicht sein! Sie hatte keinerlei Reaktion gezeigt. Was war nur an diesem verdammten Vampir so viel besser? „Und? Was ist so aufregend an einem Vampir?“, fragte ihn plötzlich Yuichi. „Hast du‘s herausgefunden?“ „Sie lässt sich mit einem Dämon ein, und ihr macht euch keine Sorgen?“, lenkte er vorwurfsvoll ab. Yuki lehnte sich zurück, lächelte ihn verführerisch an. Wieso nur musste sie genau dasselbe Gesicht haben, dieselben ockerfarbenen Augen, dieselben vollen, saftigen Lippen? „Ein Vampir ist eine spezielle Sorte Dämon“, raunte sie mit der gleichen Stimme wie Yoko. Verfluchte eineiige Drillinge! „Ich habe ihre Macht selber einmal zu spüren gekriegt. Sie verwirren den Verstand und manipulieren. Ihre Nähe ist magnetisch und ihre Küsse verzaubern dich. Man kann nicht lange widerstehen. Und wenn sie erfährt, was ein Biss auslöst…“ Ihre Augen waren dunkel geworden. „Woher weißt du, was ein Biss auslöst?“ „Von Aryan. Sie brauchen nur wenig Blut. Der Biss ist eher dazu da, das Opfer trunken vor Lust und Verlangen zu machen. Ein Biss soll so stark wie ein Orgasmus sein.“ Wütend wirbelte Zuma herum und stürmte in den Tanzsaal. Yuichi sah sie neugierig an. „Stimmt das, oder soll das nur Zuma eifersüchtig machen?“ „Nein, es stimmt. Während eines Bisses vergeht das Opfer in reißender Lust. Deswegen sind Vampire so begehrt. Ich hätte den Job doch annehmen sollen!“ Wenn er bisher nicht eifersüchtig gewesen war, jetzt war er es. „Nein“, seufzte Yoko nun zum hundertsten Male und Yuichi ließ von seiner Filmpartnerin ab. Naoko verschränkte erschöpft die Arme vor der Brust. „Das war perfekt, Yui-chan aber bei dir Naoko passt es nicht. Die Gefühle kommen nicht richtig rüber. Zuma, würdest du bitte?“ „Wieso er?“, beschwerte sich Yuichi sofort. „Ich dachte, ich kann das so perfekt.“ „Du bist aber nicht der Profi. Zuma weiß wie er führen muss, damit die Partnerin tut, was ich mir vorstelle. Du weißt, wie ich es will“, sagte sie zu Zuma. „Und zwar ganz genau“, raunte er ihr leise zu. Sie Zweideutigkeit ihrer Aussage war ihr nicht bewusst gewesen. Sie beobachtete ihn intensiv, als er mit Naoko die Ballszene durchtanzte. Es war so perfekt. Naja, fast. „Nein, Naoko zärtlicher. Du lässt dich von ihm verführen.“ „Er tut auch nicht verliebt“, warf die Julia ein. „Er ist auch nicht der Romeo. Die passende Mimik hat Yuichi aber drauf.“ So gut Naoko es tat, es passte Yoko einfach nicht. „Nein“, rief Yoko, langsam genervt. Zuma sah sie an, unterdrückte seine Ungeduld, Profi der er war. „Was passt denn jetzt nicht?“ „Du machst alles richtig. Aber der Zauber zwischen euch fehlt. Naoko, du verliebst dich in dieser Szene in Romeo. Yuichi bringt das Verliebtsein perfekt rüber. Aber du bist nicht überzeugend genug.“ Zumas Augen begannen zu funkeln. „Dann zeig ihr doch, wie du es dir vorstellst.“ „Das wäre das Beste“, stimmte sie zu. „Komm, Yui-chan.“ „Nein“, lächelte Zuma kühl. „Ich führe dich. Du kennst die Schritte nicht.“ Zum Glück zeigte sich ihr Inneres nicht nach außen. Sie würde es hassen, wenn er bemerken würde, wie sehr sie seine Nähe aufwühlt. „Dann pass jetzt gut auf. Denn so soll es zwischen Romeo und Julia funken.“ Yoko trat an Zuma heran und sah ihm in die silbergrauen Augen. Und zu seiner Überraschung zeigte sie keinerlei Reaktion. „Ihr begegnet euch zwar nicht zum ersten Mal, aber ihr kommt euch endlich nahe. Gefangen in einem wilden Rhythmus. Und mittendrin packt euch die Liebe. Du kennst die Stelle auswendig?“ „Wenn es sein muss, könnte ich die ganze Rolle übernehmen“, sagte Zuma kühl. „Gut, Naoko, ich zeige dir mal, wie ich mir das vorstelle. Yami, Ballszene. Romeo trifft auf Julia. Ab dem Moment der Stille, in dem sie sich ansehen.“ Dann warf sie ihre Maske der Gleichgültigkeit ab. Ihr Blick veränderte sich, sie griff sich ans Herz, drehte ihm ruckartig den Rücken zu. Er trat dicht an sie heran. Sie spürte seine Wärme und schloss genüsslich die Augen. Yoko gab sich dem Gefühl hin. Seine Wange suchte die ihre. Wie aufregend sich seine leicht stoppelige Haut an ihre schmiegte! Ihr Atem wurde schneller, als seine Finger sich sanft an die pulsierende Stelle ihres Halses legten. Seine linke Hand fuhr ihren Arm hinab und ihre Finger verschränkten sich. Beide vergaßen alles um sich herum und verschmolzen mit ihren Rollen. „Julia“, stieß sein heißer Atem an ihr Ohr. Gänsehaut legte sich sichtbar über ihren ganzen Körper. Wie sie den rauen Flüsterton seiner Stimme liebte! Davon zerschmolz sie hilflos. „Romeo“, hauchte sie und seine Lippen schienen ihre Haut zu verbrennen. Ihr Körper zuckte, doch sie schaffte es nicht, sich zu wehren. Sie genoss es wehrlos, wie sie ihm auch früher ausgeliefert gewesen war. Dieses Gefühl! Nur bei ihm verschlangen Leidenschaft und Verlangen sie erbarmungslos. Nur sein Feuer der Hingabe verbrannte ihren Verstand. Und seine Stimme! Er hörte ihr Seufzen und sein Atem brach. Die Musik setzte wieder ein und er wirbelte sie herum, presste sie fest an seinen heißen Körper. Seine Augen glühten vor hingebungsvoller Liebe und raubten ihr jeden klaren Gedanken. Keiner sprach ein Wort. Sie versanken in den Augen der geliebten Person. Den alten Zauber... ihn hatte nichts gebrochen, als sie sich voll Leidenschaft der wilden Melodie hingaben. Er hatte sie schon immer zu führen gewusst. Nichts war mehr, nichts zählte mehr, außer ihrer verschmolzenen Herzschläge. Seine Hand hielt ihre zart wie ein Windhauch, die andere hatte ihre schmale Taille umfasst. Begierde flammte spürbar auf. Er schenkte ihr ein Lächeln, dieses freche, bewundernde Lächeln und drückte sie noch näher an sich. Sein Duft legte sich um ihr Herz und Yoko war verloren. Wie mechanisch wanderte ihre freie Hand zu seinem Nacken und spielte mit dem Haaransatz. Wohlig schloss er die Augen, als sie ihm durch die Haare fuhr; er hatte das schon immer geliebt. Wie Flammen, hemmungslos und voll Sehnsucht bewegten sie sich zu Yamis betörender Melodie, die ihre Seelen verband. Aug in Aug ließ sie der Zauber nicht los. Völlig verzaubert ließ sie alles geschehen und bemerkte, dass das Band zwischen ihnen ihn nicht minder gefesselt hatte. Wie sehr sie Zuma liebte! Ihre Bewegungen wurden schneller, fließender, heißer. Sie passten sich perfekt dem Rhythmus an. Er schob sie von sich weg, nur, um sie wieder an sich heran zu ziehen. Er wirbelte sie herum, nur, dass sie wieder in seinen Armen landete. Es hörte nicht auf, dieser Rhythmus nahm sie gefangen. Als Yokos verzehrender Blick tiefer in deine Augen drang, wurde sein Griff weicher und seine Bewegungen langsamer, genauso wie die Musik, aber sein Atem blieb schnell und berauschend süß. Ihre Hand ging den vertrauten Weg zu seiner Wange. Mitgesenkten Augenlidern lehnte er das Gesicht dagegen. Ihr Herz raste, ihr Atem tobte und ihre Lippen verlangten nach seinen. Er presste sie so fest an seine Brust, dass sie seinen hämmernden Herzschlag so deutlich spüren konnte. So lange ist es her. Diese Empfindungen sind so stark wie eh und je. Lust ließ seine grauen Augen silbern funkeln. Lust, nicht Liebe. „Ich bin zu alt für dich, wieso begreifst du das nicht?! Zwischen uns kann es keine Beziehung geben, Yoko! Niemals!“ Sie blinzelte und Kälte trat in ihre gelbbraunen Augen. Sacht löste sie sich von ihm, wusste, wie sehr sie ihn damit vor den Kopf stieß, obwohl er sich nichts ansehen ließ. Die Anwesenden hatten diese Szene fasziniert und stumm beobachtet. „Jetzt verstehe ich“, nickte Naoko. „Das war fantastisch, wie Magie.“ „Das war, was ich mir vorstelle“, erklärte sie ihrer Julia. „So sieht es aus, wenn aus Lust Liebe wird.“ Es passte Zuma ganz und gar nicht, wie ungerührt diese Worte über ihre Lippen kamen. Diese sattroten Lippen, die gerade eben noch vor Verlangen nach einem Kuss gebebt hatten. Aber in ihren Augen sah er ihre wahren Gefühle. Innerlich tobte die Hitze in ihr. Eine Hitze, die nicht die Situation, sondern er in ihr entfacht hatte. Yoko beachtete ihn aber nicht mehr, sondern diskutierte mit der Julia. „Er muss dich nicht nur körperlich berühren, sondern auch in deinem Herzen. Himmel, ihr seid Romeo und Julia! Warum muss ich das noch groß erklären? Schlaft drüber, ihr habt Feierabend. Und morgen will ich es im Kasten haben!“ Zuma starrte ihr hinterher, als sie hinausstürmte. Er ließ sie nicht kalt! Nein, ganz und gar nicht! Dieser Zauber zwischen ihnen war nicht gespielt gewesen. Sie war schwach geworden. Er war immer noch derjenige, der sie am meisten reizte. Und sie floh gerade vor ihm. Sie konnte nicht leugnen, dass er sie anzog. Und sie hasste es! Das hob seine Laune deutlich. Handküsse und Spanier hin oder her, es waren seine Augen, die sie schwach machten. Sie war nur zu stolz, es zuzugeben. „Sie ist gerade raus“, raunte ihm Yuki beim Gehen zu. „Beeil dich, wenn du sie erwischen willst.“ Warum zu Teufel sollte er sie erwischen wollen? Weil es ihn störte, dass sie einem anderen schöne Augen machte? Weil er eifersüchtig war! Nein, das war er nicht! Diese Frau war nichts Besonderes. Nur Gift für seine Nerven und seinen Verstand. Sie sollte sich ja nicht einbilden, dass ihm etwas an ihr lag. Er würde nicht angekrochen kommen, betteln, dass sie wieder zu ihm zurück kam! Er brauchte sie nicht! Deswegen nahm er auch ab, als sein Handy klingelte. Die Halbasiatin von neulich. Gute Ablenkung. Yoko seufzte. Rastlos tigerte sie in ihrer neuen Wohnung herum, ihre Gefühle ein wirrer, reißender Strudel. Sie wollte nicht ohne Zuma, sie konnte nicht! Die Sehnsucht nach ihm war unerträglich. Und er selber war schwach geworden. Sie bedeutet ihm etwas. Verdammter Stolz! Sie wollte ihn nicht verlieren! Zuma ließ sich vom Klingeln seines Handys ablenken. „Ignorier es“, verlangte Kagome. „Yoko“, entfuhr es ihm überrascht. Sie schluckte ihren Stolz und rief ihn an? „Yoko Higurashi?“, entsetzte sich seine Ablenkung. Er sah sie mit stechenden Augen an. „Ich hab ihr gesagt, sie soll die Finger von dir lassen! Scheiß kleine Schwestern!“ „Kleine Schwester? Du bist Yokos Schwester? Und du weißt von uns?“ Yoko wusste es! Und ihre ältere Schwester hinterging sie mit Absicht! „Und das Wichtigste, er vögelt nicht mit meiner Schwester hinter meinem Rücken rum“, hatte Yuki ihm vorgeworfen, als er sie für Yoko gehalten hatte. Jetzt hatte er ihren Anruf verpasst. Ungeduldig drückte er auf die Wahlwiederholung. „Entschuldige, Kätzchen. Ich war nicht schnell genug.“ „Ich wollte dich nur sehen, Zumalein“, summte ihre verführerische Stimme. „Komm zu mir.“ Sie nannte ihm ihre neue Adresse. „Ich bin gleich da.“ „Du lässt mich jetzt ernsthaft wegen ihr sitzen?“, kreischte Kagome entsetzt. Zumas Eingeweide schrumpften. Am Telefon war plötzlich Totenstille, er hörte sie nicht einmal mehr atmen. „Oh, ich merke du bist beschäftigt.“ Yokos Stimme war eiskalt. „Grüß meine Schwester schön von mir.“ „Warte, Yoko, ich-“ „Warten? Nein, nie mehr.“ Sie legte auf. Er stöhnte frustriert. Verdammt, dabei hatte er erst seine Jacke ausgezogen! Jetzt war ihm definitiv die Lust vergangen. „Hey, wo willst du hin“, rief ihm Kagome zu. „Zu Yoko“, sagte er, ohne sie anzusehen. „Ist das dein ernst? Du entscheidest dich für sie?!“ Zornig wandte er sich ihr zu. „Ja.“ Nein, nein! Das konnte doch nicht wahr sein! Weinend rannte Yoko auf den Balkon ihres neuen Appartments. Der Wind trug ihre Tränen fort, hinauf zur silberweißen Mondsichel. Mit einem Aufschrei warf sie ihr Handy in die Nacht. Verdammter, verfluchter Scheißkerl! Sie bedeutete ihm nichts! Rein gar nichts! Er hat es wieder getan. Er war verloren, verloren. Sie krümmte sich zusammen, überwältigt von Schmerz und Verlust. Als sie irgendwann eine Präsenz spürte. Zuma kam atemlos an ihre Wohnung gerannt. Ein riesiger romantischer Balkon- er hätte fast geschmunzelt, wenn ihm nach schmunzeln zumute gewesen wäre. Licht brannte. Er trat näher und bemerkte, dass er sich bis jetzt keine Gedanken darüber gemacht hatte, was er tun sollte, oder gar, was er sagen sollte. Da hörte er Stimmen. Zwei, um ehrlich zu sein. Ihre und eine männliche. Beide sprachen Spanisch. Er dankte ihr im Stillen, dass sie solch eine gute Lehrerin gewesen ist. „Was willst du, Romeo?“, hörte er ihre stockende Stimme und erkannte: Er hatte ihr weh getan. „Ich komme, den Balkon erklimmen, um Julia zu erobern.“ „Um dann Liebe zu schwören, damit ich auch die Beine breit mache?“, rief sie verächtlich aus. „Romantik ist etwas für schwache Träumer!“ Zuma, in der Dunkelheit geschützt, riss die Augen auf. Wie bitte? War das Yoko? „Was raubte dir deine Sehnsucht nach Romantik, Senorita?“ „Niemand, ich bin nur endlich aufgewacht. Aus einem Albtraum.“ „Kein Traum ist deine Tränen wert.“ Tränen? Sie weinte wegen ihm? „Verschwinde, Vampir. Ich will deine grauen Augen nicht mehr sehen.“ „Was ist so besonders an diesem Mann, dass du mich ablehnst?“ Er konnte es nicht begreifen, der Frust war ihm deutlich anzuhören. Sie sah ihn an. „Nichts“, erkannte sie. „Ich vermute es liegt daran, dass ich ihm meine Unschuld geschenkt habe. Ich habe einen Hang zu symbolischen Gesten.“ „Ich auch.“ Sie ließ es zu, dass er ihre Hand nahm. „Ich sehne mich nach einer starken Frau, die mich für meine Schwächen liebt. Mit der ich alles teilen kann. Eine Frau die mir die Ewigkeit versüßt. Eine die mein Herz raubt und die leere Stelle mit Glück füllt.“ Ihm entging nicht, wie sehr sie seine Worte trafen. Zuma wandte sich ab und ging. Yoko senkte den Blick, um nicht mehr in diese Sturmwolkenaugen sehen zu müssen. „Jahrhundertelang suche ich schon.“ „Dann viel Glück dabei.“ „Ich habe sie gefunden.“ Sie sah ihn an und versank in seinen Augen. Wieder spürte sie dieses Knistern. Warum verblasste der Schmerz, wenn sie ihn ansah? „Ich kann dir all deine Schmerzen rauben“, flüsterte er verführerisch. „Schenk mir nur einen Kuss.“ Sie schloss die Augen, ließ sich an ihn ziehen. Und barg sich in seiner Umarmung. Überrascht schlang er die Arme um sie und gab ihr seinen Schutz. Sie brauchte ihn und das war ein ganz neues Gefühl. Sie hob den Kopf, ihre Pupillen weiteten sich. „Gute Nacht“, hauchte sie, drehte sich um und verschwand in der Wohnung. Kapitel 24: Albtraum und Wirklichkeit ------------------------------------- Keuchend stand Aryan inmitten der Trümmer. Schweiß lief ihm die Stirn herunter, seine Hände schmerzten. Schmerzten vom Töten. Er hasste es abgrundtief, wenn es so enden musste. Inuyasha nahm das gelassener. „So macht es mehr Spaß“, bemerkte er. Aryan war nicht nach Spaß zumute. „Hast du Yami gefunden?“ „Beruhige dich endlich“, beschwerte sich der Dämon. „Ich rieche kein Blut, also ist alles ok mit ihr.“ „Sie muss hier sein“, flüsterte Aryan. Langsam geriet er in Panik. Und drang tiefer in das düstere, verlassene Gebäude. Bis er in etwas Nasses trat. Er wusste, was es war, bevor Inuyasha es ausgesprochen hatte. „Oh mein Gott, ist das viel Blut!“ Sein Herz verkrampfte sich. „Nein! Yami!“ „Verdammt nochmal, Aryan, es ist Yamis Blut! Und es ist noch warm!“ Aryan rannte los! Überall war Blut. Die dreckigen, leeren Korridore waren vollgespritzt mit frischem Blut. Yamis Blut. Yami! YAAAMIIII!!! Etwas Grünes schimmerte durch die Düsternis. „Yami!“ Zusammengekauert lag sie in einer dunkelroten Blutlache, zitternd wie Espenlaub. Sie lebte! Erleichterung vertrieb die eisigen Dolche aus seinem Magen. „Nein“, kreischte sie. „Komm nicht näher! Verschwinde!“ Er blieb wie angewurzelt stehen. Sie hatte Angst vor ihm. Panik und Abscheu. Nein, das konnte doch nicht sein! „Yami, was ist passiert?!“ Er wollte sie in seine Arme schließen, doch sie wehrte sich. „Nein, fass mich nicht an!“ Ihre blutüberströmten Hände krallten sich in ihre Brust. Aryan stockte der Atem. Ein riesiges Loch klaffte in ihrer Brust, blanke, schneeweiße, geborstene Rippen stachen aus dem Fleisch hervor. „Dein Herz! Wer hat dir das angetan? Wer hat dir das Herz herausgerissen?“ Sie sah ihn an, unendliche Qualen in den Augen. „Du.“ Er blickte herab. In seiner Hand hielt er ihr schlagendes Herz. Und Yami brach tot zusammen. „Sanam! Oh, mein Gott, Aryan! Wach auf! Was ist los!“ Yamis erschrockenes Rufen riss ihn aus dem grauenvollen Alptraum. Gehetzt und völlig konfus blickte er sich um. Seine Wohnung! Sein Bett! Seine Freundin! Lebendig! Er riss die Bettdecke weg. Kein Loch in ihrer Brust. Ihr Herz schlug kräftig unter seinen zitternden Fingern. Er schlang die Arme um ihren zarten Körper, spürte das Leben in ihr. „Sanam“, wurde ihre Stimme sanfter. „Was ist denn passiert?“ „Ein Alptraum“, raunte er, die Augen vor Schrecken weit aufgerissen. „Ich habe dich getötet.“ Er spürte ihr Zucken. „Ein Traum“, wiederholte sie. „Das hat nichts zu sagen. Du könntest mir nie weh tun.“ „Niemals. Du lebst“, hauchte er in ihr Haar. „Ich lebe“, beruhigte sie ihn. „Du lebst“, raunte er an ihren Lippen, verschlang sie mit all der Verzweiflung, die in ihm tobte. „Ja, Sanam, ich lebe“, stöhnte sie, von seiner brennenden Leidenschaft überwältigt. „Du lebst“, beschwor er, als er sie unter seinem heißen Körper vergrub. Und für Yami existierten nur noch er und das Feuer, das er in ihr entfachte. Alles andere war vergessen. „Die werden fragen, warum wir so spät kommen“, lächelte Yami an Anjaanis Wohnung. „Die werden sich denken können, warum wir so spät kommen“, entgegnete Aryan und öffnete ihr die Türe. Doch das interessierte niemanden und Yami erkannte auf dem ersten Blick, warum. Sie stürmte sofort zu ihrer Schwester. Yoko hatte, den geschwollenen Augen nach zu urteilen, wohl die ganze Nacht geweint. „Ich werde diesen Tanzheini umbringen!“, knurrte sie, als sie Yoko in die Arme nahm. „Er war mit Kago zusammen, als ich ihn angerufen habe“, flüsterte Yoko entmutigt. „Es ist vorbei.“ „Es ist nicht vorbei“, widersprach Anjaani voll Hoffnung. „Es ist nur eine Prüfung, die du zu bestehen hast. Hat er sie nicht sitzen gelassen und wollte zu dir?“ Dann starrte sie plötzlich Aryan an, sagte jedoch nichts. Er erwiderte ihren Blick, ebenso stumm. Der Rest beobachtete die beiden Inder. Yami runzelte die Stirn. Aryan war nicht anzusehen, was in ihm vorging und sie selbst spürte die reißende Angst nicht, die ihn noch vor wenigen Stunden in ihrer Gewalt hatte. Anjaani aber, so schien es, kannte ihn viel zu gut. Besser als sie selber. „Hey, Kätzchen, soll ich dir Heinrich bringen“, rief sie, mehr um sich selbst, als um Yoko aufzumuntern. „Du hast Heinrich?“, prustete Yuki los. „Natürlich nicht“, entrüstete sie sich. „Was soll ich mit ihm, Aryan reicht mir vollkommen. Aber ich muss vor der Arbeit kurz zu unserem Elternhaus, Vater will mich sprechen. Also hast du Heinrich nicht?“, fragte sie Yuki. „Gott, nein! Yui-kun wäre garantiert sowas von beleidigt! Gib ihn Yoko!“ „So verzweifelt bin ich nicht“, schmollte Yoko. „Ich schätze mal, euer „Heinrich“ ist ein Dildo“, kombinierte Yuichi amüsiert. „Ein was?“ Inuyasha hatte keine Ahnung was das ist. Er sah in Anjaanis verschlossenes, tomatenrotes Gesicht. „Das ist ein nachgemachtes Gemächt“, lächelte Yoko und Inuyasha bereute seine Neugierde sofort. „Bäh! Ich will gar nicht wissen, wozu ihr verdorbenen Zwerge das braucht!“ „Musst du auch nicht“, beruhigte ihn Yami. „Heinrich ist kein Dildo.“ „Immerhin etwas“, wirkte auch Yuichi erleichtert. „Was sollen wir denn mit einem Dildo?“, entrüstete sich seine Freundin. „Heinrich ist ein Vibrator.“ „Ein was?!“ Inuyasha fiel der Bissen von seiner Gabel. „Na, ein Gemächt, dass vibrieren k-“ „Das hab ich auch kapiert! Hört jetzt endlich auf damit!“ „Du bist nur neidisch, dass du nicht vibrieren kannst.“ „Es reicht jetzt“, mischte sich Anjaani endlich ein. „Ihr habt mir versprochen, nicht mehr über dieses Ding zu reden!“ „Ich wollte nur Yoko aufmuntern“, lachte Yami. „Munter lieber Nee-chan auf“, warf Yuichi nun etwas ernster ein. „Du hast dein Frühstück noch gar nicht angerührt.“ „Geht es dir gut?“, erkundigte sich Inuyasha. „Ich hab keinen Appetit“, seufzte sie. „Ihr versucht fröhlich zu sein, aber die Stimmung hier ist richtig schwer.“ „Ich hab nichts gemacht“, murmelte Yoko ruhig und stocherte in ihrem Essen rum. „Nein, du bist voll mit meiner Energie. Ich rede auch von Aryan.“ Aryan sah sie völlig überrascht an und alle anderen Blicke richteten sich verdutzt auf ihn. „Ich wusste nicht, dass du so sensibel bist.“ „Nii-san, du bist mit den Nerven am Ende.“ „Dann hilf mir“, bat er sanft und er Rest am Tisch erstarrte. Was war mit Aryan los? „Was ist dir denn passiert?“ Yuichi konnte es sich nicht erklären. „Ein Alptraum“, sagte er schlicht. „Muss ja schlimm sein“, spottete Inuyasha. „Du siehst jeden Tag die unaussprechlichsten Gräueltaten. Was kann dich noch schocken?“ „Ich habe Yami das Herz aus der Brust gerissen.“ Die Frauen erstarrten und wurden bleich. „Metaphorisch?“, fragte Yuichi zögernd. „Nein“, widersprach er leise und drückte Yami schützend an sich. „Wortwörtlich.“ Yami durchlief ein eisiger Schauer. Dieses Detail hatte er ihr verschwiegen. Sie wusste nur, dass er sie im Traum umgebracht hatte, aber nicht wie. Yuki fluchte leise. „Aber, es war doch nur ein Traum.“ „Er ist immer so empfindlich, wenn es um den Nervenzwerg geht.“ „Wie würdest du denn empfinden, wenn du Aurora das Herz herausreißt?“ Inuyasha senkte die Augen. Diese Tatsache war nicht so abwegig, wenn man bedachte, was er ihr vor kurzem geschworen hatte. Sie zu töten, bevor er sie verlässt. Sie hatte ihn tatsächlich dazu gebracht, es ihr zu versprechen. Er wusste, er würde seinen Schwur nicht einlösen können. „Kurz und schmerzlos“, flüsterte sie ihm zu. Er starrte sie entsetzt an. Dann wandte sie sich an Aryan. „Was ist die schnellste und schmerzloseste Art jemanden zu töten?“ Aryan war nichts vorzumachen. „Warum willst du das wissen?“ „Ich bin neugierig“, meinte sie nur. „Und ihr zwei müsstet genug Erfahrung damit haben.“ „Oh, ein Blick in den Dämonenjäger-Arbeitstag“, begeisterte sich Yuki. „Mit den Klauen zerfetzen ist bestimmt Inuyashas bevorzugte Art zu töten.“ „Aber garantiert nicht schmerzlos“, grummelte der Hanyou. „Soll ich‘s dir zeigen?“ „So, wie du vor kurzem meine Krallen zu spüren gekriegt hast?“, grinste sie überlegen. „Ist es denn einfach einem das Herz herauszureißen?“ „Wenn du genug Schwung und Kraft hast“ begann Inuyasha. „Aber Präzision ist gefragt. Du musst immerhin die Rippen durchbrechen, aber darfst nicht den kompletten Torso-“ „Inuyasha!“, unterbrach ihn Aryan streng. Inuyashas Ohren zuckten unschuldig. „Das ist nichts, was du ihnen beibringen musst.“ Zumal der Rest der Gruppe weniger Begeisterung zeigte, als Yuki. „Schlimm genug, dass wir das können müssen. Unsere Arbeit ist kein Zuckerschlecken und nichts für schwache Nerven.“ „Was du nicht sagst“, lächelte Yami. „Nenne mir einen anstrengenderen Beruf.“ „Es gibt keinen.“ „Und trotzdem, Sanam, leidet deine Psyche nicht unter all dem Druck. Niemand wäre in der Lage, das zu leisten, was du tagtäglich leistest.“ „Kämpfen, töten, zerstören“, murmelte er mit geschlossenen Augen. „Helfen, schützen, retten“, widersprach Yami. „Und Inuyasha dran hindern, zu viel Spaß zu haben.“ Jetzt lachte Aryan. „Das ist definitiv die anstrengendste Aufgabe. Und das Chaos beseitigen, das er hinterlässt.“ „Das ist ein Synonym für Leichen“, vermutete Anjaani. „Nicht immer“, schmollte Inuyasha. „Ich morde auch nicht wahllos. Aber wenn ich kämpfe, dann liegt alles in Trümmern.“ „Wie ist es mit eurem Gewissen zu vereinbaren?“, wollte Yoko wissen. „Gewissen?“, entgegnete Inuyasha. „Ich bin ein Dämon, mir liegt es im Blut. Und Aryan tut als Ausgleich Gutes. Helfen und so einen Quatsch.“ „Ich komme nach Hause“, lächelte Aryan sanft. „Nehme Yami in den Arm und die Welt ist wieder in Ordnung.“ Den Mädchen entwich ein Seufzer. „Mäuschen, kannst du dir überhaupt vorstellen, was es eigentlich bedeutet, was er dir gerade gesagt hat?“, hauchte Yuki entzückt. „Seit wann gefällt dir das?“, wunderte sich ihr Freund. Sie sah ihn nicht an. Dieser blöde Vampirfluch! „Es gefällt mir auch nicht.“ Das war die Wahrheit. Er gab aber nicht auf. „Und wenn ich sowas zu dir sagen würde?“ „Ich hasse dich“, flüsterte sie und seufzte dann. „Das würde ich lieben. Von dir höre ich sowas gerne.“ „Er hat dich weich gemacht“, lächelte Yami. „Nein, ich bin einfach nur in ihn-“ Sie hielt sich den Mund zu, Yuichi hatte interessiert die Brauen gehoben. „Hey, es ging ursprünglich um etwas anderes! Aani wollte wissen, wie man schnell und schmerzlos jemanden tötet.“ „Warum willst du das wissen?“, wandte sich ihr Aryan wieder misstrauisch zu, sah dann Inuyasha an. Der Dämon machte sich hastig über sein Essen her. „Ich war wirklich nur neugierig. Im Grunde ist es mir egal.“ Inuyasha zuckte zusammen. Er war der einzige, der wusste, worauf sie anspielte. Er knurrte. „Sag‘s ihr endlich. Das Thema geht mir auf den Sack!“ „Genickbruch“, sagte Aryan ernst und hob die Hände, um die richtige Geste vorzuführen. „Eine geschickte, schnelle Drehung und das Genick ist durch. Schneller und schmerzloser geht es nicht. Dein Hals ist besonders zart.“ Er sah dabei den Hanyou an. „Töten ist das Schlimmste, Aurora“, seufzte er. „Besonders Menschen, die man liebt. Damit würde nicht einmal meine Psyche klarkommen.“ Anjaanis Augen wurden weich. „Es war ein Traum. Du befürchtest, es könnte eine Vorahnung sein.“ Aryan nickte nur. Sie trat zu ihm und legte ihm die Hände auf die Schultern. „Hör mal zu, Nii-san. Ich-“ Ihre Stimme stockte, ihre Augen vergoldeten sich und ihre Knie fingen an zu zittern. Aryan hielt sie fest. Ihr Körper bebte. Sofort waren alle alarmiert. „Anjaani, was ist los?!“ „Mir geht es gut“, versuchte sie Aryans Arme abzuschütteln. „Mein Kreislauf hat nur schlapp gemacht.“ „Lügnerin“, raunte Aryan sanft. „Was hast du gesehen?“ „Nichts, ich hab nichts gesehen. Aryan-nii, lass mich bitte los.“ Sein Griff um ihre Oberarme wurde fester. „Wenn du mir sagst, was du gesehen hast.“ Sich gegen ihn zu wehren war sinnlos. „Aryan, bitte… Au. Nicht so fest.“ „Aurora…“ „Wenn du sie nicht los lässt, krallt sich meine Hand um dein Herz!“, grollte Inuyasha düster. „Und es ist mir scheißegal, dass die Nervensägen zusehen!“ Aryan seufzte und Inuyasha legte schützend die Arme um die verstörte Anjaani. „Bitte, Aurora, das macht mich nervös.“ Aryans Stimme war sanfter geworden. „Ich habe wirklich nichts gesehen.“ Sie schmiegte das schöne Gesicht an Inuyashas muskulösen Oberarm. „Nur gefühlt. Etwas Düsteres. Etwas Bedrohliches.“ „Ist Yami in Gefahr?“ Aryans Augen waren dunkel geworden, wie ein undurchdringlicher Wald. „Ich weiß es nicht“, gestand sie. „Tatsache ist, dass dieser Alptraum eine Warnung ist. Vor was, weiß ich nicht. Nii-san, ich habe kein gutes Gefühl. Etwas bedroht eure Beziehung.“ „Hast du eine geheime Verlobte?“, rätselte Yami. „Nein.“ Er war so angespannt, dass er nicht einmal lächeln konnte. „Du bist die erste Frau, der ich je näher gekommen bin. Aber es gibt genug Frauen, die eifersüchtig auf dich sind.“ „Hat es etwas mit all den Hassnachrichten und Drohungen zu tun“, wollte Yami von Anjaani wissen. „Keine Ahnung“, wiederholte Anjaani. „Es muss nichts mit dieser offensichtlichen Gewalt aus Aryans Traum zu tun haben. Aber eure Beziehung ist in Gefahr. Als würdest du ihr irgendwann das Herz brechen, metaphorisch gesprochen.“ „Das könnte ich nie“, widersprach Aryan. „Ich kann dir nicht mehr sagen, Nii-san, aber eure Liebe ist bedroht. Ihr steht vor einer Herausforderung und es gilt sie zu meistern.“ „Das schaffen wir, Sanam.“ Yami drückte aufmunternd seine Hand. „Jede Beziehung hat Höhen und Tiefen und wir werden alles zusammen durchstehen. Ich fliege morgen mit meinem Chef nach Indien, vielleicht ist es ja diese Trennung, die wir überstehen müssen?“ Als er sie ansah, verschwanden die Schatten aus seinen Augen und die goldenen Sprenkel kehrten zurück. „Du hast recht, Prinzessin.“ „Womit?“, hauchte Yami, vom Zauber seiner Augen völlig verzaubert. Jetzt musste Aryan lachen und alle Anspannung war vergessen. Yoko hingegen war, trotz Anjaanis stärkender Energie, unruhig. Sie musste ans Set, klar, sie war die Regisseurin. Das war ihr Film, Yuki konnte doch nicht die komplette Arbeit alleine erledigen. Aber ihre Hand zitterte über der Türklinke. Sie wollte bei Anjaani bleiben. Yuichi ergriff ihre Hand. „Wann kommt Zuma zum Set?“ „Gegen Nachmittag“, erwiderte sie etwas irritiert über die brüderliche Fürsorge in seinen Saphiraugen. „Ich bin bei dir, Kätzchen. Du musst nicht alleine da durch.“ Sie unterdrückte die aufkommenden Tränen. „Es tut mir leid, dass er nicht erkennt, wie einmalig du bist.“ „Yui-chan“, flüsterte sie und er zog sie in seine Arme. Die Blicke ihrer Schwestern waren voller Mitleid. „Ist gut, Kleines“, streichelte er beruhigend ihr Haar. „Ich bin nicht er.“ „Du duftest anders als er“, hauchte sie an seiner Brust. „Du bist nicht Zuma.“ „Nein, werde ich nie sein.“ „An mir ist nichts Besonderes. Ich bin nur ein billiger Abklatsch meiner Schwestern.“ „Nein, du bist ganz und gar nicht wie Yuki und Yami.“ Sie sah ihn an und er wischte ihr liebevoll die Tränen von den Wangen. „Yuki heult nicht so schnell los.“ Sie konnte das Lachen nicht verhindern. „Ich werfe euch Drei nicht in einen Topf, ich sehe klar und deutlich eure Unterschiede. Für mich ist jede von euch einzigartig und besonders. Dein Gesicht macht dich nicht aus. Wenn ich Yuki halte, fühle ich nicht diese brüderliche Liebe. Ich sehe gerade in dein Gesicht, nicht in Yukis. Ich bin dein großer Bruder und ich beschütze dich. Auf mich kannst du dich verlassen.“ „Danke.“ „So und jetzt gehen wir zur Arbeit und du kannst mich wieder nach Herzenslust herumkommandieren!“ Yokos Lachen verhallte im Treppenhaus. „Bravo, Chi-chan“, flüsterte Anjaani, als sie die Türe schloss. „Damit hat er bei Yoko mehr erreicht als ich.“ „Ist das mit Zuma und dem Nervenzwerg wirklich zu Ende?“, fragte Inuyasha. Sie waren jetzt allein und Anjaani konnte Klartext reden. „Nein“, winkte sie ab. „Das ist eine Prüfung und sie werden bestehen. Zuma ist nämlich für sie geschaffen.“ „Und Aryan?“ Anjaanis sorglose Miene brach. „Es ist schlimmer, als du ihm gesagt hast“, erkannte der Dämon. Sie zuckte zusammen und ein leichtes Zittern erfasste ihren Körper. Instinktiv zog Inuyasha sie an sich. Augenblicklich entspannte sie sich und schlang die Arme um seine Brust. Es fühlte sich so richtig an, als wäre ihr Körper für seinen bestimmt. Himmel, wie sie duftete! Er sortierte seine Gedanken. „Ist es denn so schlimm?“ „Saajan, es wird irgendwas passieren. Geht etwas Bestimmtes vor sich?“ „Was meinst du? Ich habe keine Ahnung wovon du sprichst.“ Sie sah deutlich die Lüge in seinen Augen. „Sag es, oder ich hole die Wahrheit aus dir heraus.“ „Wir ziehen in den Krieg“, erklärte Inuyasha schlicht. „Es wird einen Krieg gegen die Schattendämonen geben und ich habe meine eigene Truppe von Hundedämonen. Aryan führt uns bald in die Schlacht.“ „Machst du dir Sorgen?“, lächelte sie und er erwiderte ihr Lächeln. Seine Arme umschlangen sie fester. „Wenn du es nicht tust, sorge ich mich auch nicht. Also hat deine böse Vorahnung nichts mit dem Krieg zu tun?“ „Nein, ich glaube nicht.“ „Was ist wirklich los? Warum verschweigst du Aryan die Wahrheit?“ Dem Funkeln in Inuyashas Augen konnte sie sich nicht widersetzen. „Ich weiß nicht wann und ich weiß auch nicht wie, Saajan“, flüsterte sie gequält. „Aber er wird Yami das Herz brechen.“ „Sanam, sorgst du dich immer noch?“ Yami saß auf Aryans Motorrad und hatte sich gerade ihren Helm abgenommen. „Nicht so sehr wie du“, erkannte er. Sie wich seinem Blick aus und sah zu ihrem Elternhaus hoch. „Unsere Uhr tickt“, flüsterte sie. „Ich habe Angst, dass Aani spürt, was ich befürchte.“ Dass sie irgendwann nicht mehr gut genug für Aryan ist… „Ich hoffe, es hat wirklich nur mit der Indienreise zu tun.“ Dann müsste sie eine Woche nicht mehr zu Fujishima ins Büro. Aber sie wäre ständig bei ihm, seinen Launen ausgeliefert. Konnte es eigentlich noch schlimmer werden? Der tägliche Gang zur Arbeit wurde mit jedem Tag mehr und mehr zu Folter. Langsam setzte es ihr psychisch zu. Nur kurze Zeit konnte sie bei ihren Eltern schinden, dann musste sie ihrem Chef unter die Augen treten. „Komm mit mir nach Hause“, sagte Aryan plötzlich. Sie sah auf, in seinen Augen lag Besorgnis. Er wusste zu viel. „Ich muss arbeiten“, seufzte sie. „Nein, musst du nicht.“ „Wir sind nicht verheiratet und selbst dann werde ich nicht auf deine Kosten leben.“ „Es macht keinen Unterschied, ob verheiratet oder nicht“, erklärte er. „Ich bin finanziell so weit abgesichert, dass ich jetzt schon in Rente könnte.“ Aryan als nicht einmal 30-jähriger Rentner war ein wirklich komischer Gedanke. „Amüsiere ich dich?“ Seine Augen funkelten himmlisch. „Ich muss arbeiten. Ich darf nicht von dir abhängig sein. Ich weiß nie-“ Sie verstummte und das goldene Funkeln seiner Augen verschwand. „Glaubst du das wirklich?“ Seine Stimme war leise. „Dass ich dich verlassen würde?“ Lügen war eh sinnlos. „Ja.“ „Warum?“ Er begriff es immer noch nicht. „Weil du zu schön bist, um wahr zu sein. Zu gut für mich. Ich werde nicht einmal dem Dreck in deinem Schatten gerecht.“ „Was ist denn so toll an mir“, stöhnte er verzweifelt. Diese bescheuerte Aryan-ist-ein-schöner-Traum- Idee würde er ihr nicht aus dem Dickkopf treiben können. Sie erhob sich und öffnete die Tür. „Du musst dich mal aus meinen Augen sehen“, lächelte sie. „Ich bin nichts im Vergleich zu dir.“ Er zog sie in seine Arme, an seine zehrenden Lippen. „Ich werde dir zeigen, was du für mich bist.“ Yamis Beine zitterten immer noch leicht nach Aryans Abschiedskuss, als sie das Haus ihrer Eltern betrat. Zum allerletzten Mal. Ihre Mutter erschien im Eingangsbereich und ihr Blick war alles andere als willkommen heißend. Gut, das war er nie, aber so kalt war sie noch niemals gewesen. „Sofort in Vaters Büro“, zischte sie und Yami sackte das Herz in die Hose. Was war denn jetzt los? Voll abgrundtiefen Hasses starrte ihr Vater sie an. Er saß hinter seinem Schreibtisch, zitternd vor Zorn. So hatte sie ihn nie erlebt. Sonst war er der klischeehafte, geduldige, beherrschte Japaner. Noch nie war er laut geworden. Herablassend, ja. Gleichgültig, immer. Sie bedeutete ihm schließlich nichts. Aber nie zornig. „Wie konntest du, undankbares Balg?“ Seine Stimme war eisig. „Wie kannst du meine Ehre so mit Füßen treten?“ „Kannst du mir bitte erst einmal sagen, was passiert ist?“, ließ sie sich nicht einschüchtern. Dennoch fehlte ihr der Rückhalt ihrer Schwestern. Aber ihr Vater hatte sie bewusst ohne Yuki und Yoko herbeordert. „Du ehrloses Stück Scheiße hast mich hintergangen!“, schrie er. Sein glattes Gesicht lief Rot an. Er drehte ihr seinen Laptop zu. Auf dem Bildschirm lief ihre Shampoowerbung. Sie und Yui-kun waren wirklich ein schönes Paar. Aryan hatte ihr gesagt, dass die Werbung seit gestern ausgestrahlt wurde. „Und wo ist dein Problem?“ „Wo mein Problem ist? Du bist mein Kind! Du gehörst mir! Deine Schönheit darf nur ich mir zunutze machen! Du hast nur mir zu dienen und nicht mit der Konkurrenz anzubandeln!“ Wenn sie hier rauskam, dann garantiert mit geplatzten Trommelfellen. Sie rang um Beherrschung. Sie war ihren Eltern stets eine Last gewesen und war als Model für die Firma seines Vaters jahrelang ausgenutzt worden. Er war ihr Erzeuger, aber so ließ sie sich von ihm nicht behandeln. „Korrekt“, erwiderte sie kühl. „Dein Kind, nicht dein Eigentum. Ich bin dir zu nichts verpflichtet. Mal davon abgesehen, dass es dich nichts angeht, was ich tue, ist das keine Konkurrenz. Das war ein Werbespott für Haarpflegeprodukte. Du stellst Kosmetik her. Und dir werde ich nie wieder als kostenloses Werbemodel dienen. Bist du jetzt fertig? Danke, tschüss!“ Ihre Mutter versperrte ihr wütend den Weg. „Nix da, Fräulein! Wir sind nicht fertig!“ „Bleibst du wohl hier!“ Er stürmte hinter dem Tisch hervor und packte ihren Ellenbogen. „Ich bin nicht fertig mit dir!“ „Ich aber mit dir, Vater.“ Seine Hand schnellte zum Schlag hervor. Aber Yami war darauf vorbereitet gewesen. Geschickt blockte sie die Ohrfeige ab. Die Adern auf seiner Stirn schienen fast du platzen. „Wenn du mich schlägst, schlag ich zurück!“ „Dir sollte man die Seele aus dem Leib prügeln! Scham und Schande bist du für unsere Familie! Du hast diese Familie nicht verdient!“ „Familie? Du hast mich nie mit Zuneigung behandelt. Du hast nur mein Aussehen für deine blöde Firma benutzt. Mehr als eine hübsche Puppe war ich nie für dich.“ „Du verdienst das nicht, undankbares Balg! Wir hätten dich abtreiben sollen!“ Sie sah ihre Mutter an, doch deren Blick sprach Bände. „Habt aber lange gebraucht, mir das endlich zu sagen. Kann ich jetzt gehen?“ „Du brauchst nicht wieder zu kommen“, knurrte er leise und stieß sie grob weg. „Das ist nicht mehr mein Kind! Verschwinde aus meinem Leben! Und sag das auch den anderen beiden. Wehe, ich sehe euch jemals wieder!“ Dankbarkeit lag in ihrem Lächeln, Erleichterung und Freude. „Endlich. Lebt wohl, Eltern.“ Sie wandte sich um und verließ ihr Elternhaus. Sie würde niemals wieder zurück kommen. Nie wieder. Und doch tat es weh. Nach Zwanzig Jahren sagten sie ihr das ins Gesicht. Endlich war sie die Last ihrer Eltern los. Aber solch böse Worte schmerzten. Aryan… Sie wollte zu Aryan. Schlimmer konnte dieser Tag nicht mehr werden. Dessen war sie sich sicher, als sie zur Arbeit kam und sich an ihren Schreibtisch setzte. Nun, da hatte sie sich gründlich geirrt. Aber immerhin wartete der Schock bis zum Feierabend. „Fujishima-sama, wir sehen und morgen am Flughafen“, rief sie ihm zu, nachdem sie sich von allen Kollegen verabschiedet hatte. Ihr Chef sah sie an und sein Blick löste Krämpfe in ihrem Magen aus. „Wir haben ein Problem, Fräulein Higurashi.“ „Können wir das in Ihrem Büro besprechen?“ „Nicht nötig. Das sollen alle wissen.“ Sein Gesichtsausdruck war diabolisch und das Herz rutschte ihr in die Hose. Auf dem Nachhauseweg kämpfte sie krampfhaft mit den Tränen. „Guten Abend“, grüßte Aryan in die Runde. „Ist Yami noch nicht hier?“ „Nein“, entgegnete Anjaani am Backofen nestelnd. „Sie kommt bestimmt jeden Moment.“ „Genieß doch einfach, wenn sie dir mal nicht auf die Pelle rückt“, grummelte Inuyasha. „Glaub es, oder glaub es nicht“, lachte Aryan. „Ich genieße es, wenn sie mir auf die Pelle rückt.“ „Das nennt man Liebe, Hündchen“, klärte ihn Yuichi auf. „Das kennt man nicht, wenn man sein Leben lang nur damit beschäftigt ist, die halbe Frauenwelt zu besteigen.“ Inuyashas Augen blitzten herausfordernd. „Dafür würde sich mir meine Freundin nicht verwehren“, entgegnete er und das Lachen brach aus Yuichis Augen. „Inuyasha, reiz ihn nicht“, mischte sich Yuki ein, weil sie wusste, das los war, wenn Yuichi die Nerven verlor. „Er weiß sich zu prügeln. Und ich setzte auf ihn.“ Überrascht sah er seine Freundin an und der Zorn in ihm verebbte. „Saajan, belass es jetzt dabei“, bat Anjaani, als er den Mund zum Gegenschlag öffnete. Sie wuchtete den schweren Gartopf mit dem Abendessen auf den Tisch und die hungrige Meute stürzte sich darauf. „Keine Sorge, Nii-san“, lächelte Anjaani Aryan liebevoll an und platzierte eine kleinere Form auf seinem Platz. „Dir habe ich eine tierfreie Version gekocht. Und sie schmeckt noch besser.“ „Isst du nichts?“ „Nein, das ist nur für dich. Und ich habe dir Tee gekocht.“ „Das ist mein Lieblingstee“, wunderte er sich dann. „Und?“ „Der ist sehr teuer. Wo hast du den her?“ „Aus dem Internet.“ Er packte ihre Hand und zog sie auf seinen Schoß. Sie schlang die Arme um seinen Hals und lehnte die Stirn gegen seine. „Danke, Kleines. Ich habe dich nicht verdient.“ In dem Moment öffnete sich die Haustüre und Yami erstarrte auf der Schwelle. Starrte Aryan und Anjaani an, in inniger Umarmung, Seligkeit in den Augen. Ehe jemand reagieren konnte, wirbelte sie herum und stürmte davon. Statt zur Tür, blickten alle verwundert zu Aryan. Er rührte sich nämlich nicht. Anjaani erhob sich. „Warum gehst du ihr nicht hinterher?“ Aryan lächelte. „Ich lasse ihr nur etwas Vorsprung. Sie mag es nicht, wenn ich sie gleich erwische.“ „Wohin so eilig, schöne Frau?“ Yami starrte in die smaragdgrünen Augen direkt vor ihr und blieb wie angewurzelt stehen. „Wo kommst du her?“ „Aus deinem Herzen“, antwortete Aryan und schritt gemächlich auf sie zu. Er ging nicht auf ihre Tränen ein. Je näher er kam, desto wärmer wurde die Luft. Himmel, warum musste er nur so atemberaubend gut aussehen? Sie musste es schaffen, die Augen zu schließen, aber sie konnte nicht. Der Zauber seiner Smaragdaugen hatte sie in seiner Gewalt. „Was willst du von mir?“ „Deine Trauer dämpfen. Es tut mir leid.“ „Was tut dir leid?“ Er kam auf sie zu und ihre Füße schienen im Boden festgewurzelt zu sein. „Komm her und lass mich alle Sorgen vertreiben.“ Er legte die Arme um sie, doch sie stieß ihn weg. „Wer zur Hölle bist du?!“ „Du Miststück lässt dich also nicht täuschen?“ Aryans Gestalt verschwamm und machte einer Dämonin Platz. „Ich kenne ihn viel zu gut, um mich täuschen zu lassen. Was willst du von mir? Ich habe keine Lust, mich heute auch noch mit einem eifersüchtigen Weibsbild herumzuschlagen.“ „Genau das will ich aber. Dir die Seele aus dem Leib schlagen, um deinen Platz einzunehmen.“ Tief versteckt in Yamis Innerem machte sich die Angst breit. Sie war viel zu erschöpft und fertig mit den Nerven, um sich jetzt mit einer Dämonin zu prügeln. „Ich will deinen Mann, Miststück. Du warst viel zu lang auf seiner Seite!“ „Das sehe ich anders“, durchbrach eine warme Kraft den Bann der Dämonin. Der echte Aryan betrat die Szene, mächtig, erhaben und so unglaublich männlich. „Warum belästigst du ein kleines Mädchen, Dämonin?“ Kleines Mädchen? Irgendwas hielt Yami davon ab, sich einzumischen. Warum war seine Stimme so kühl? Keinen einzigen Blick warf er ihr zu. „Ein kleines Mädchen?“ Die Dämonin war kurz verwirrt. „Sie behauptet deine Freundin zu sein!“ „Und du hast etwas dagegen“, lächelte er. Das Lächeln erreichte seine Augen nicht. „Eine Frau ist auf ein Mädchen eifersüchtig.“ Empörung erfasste Yami. Jetzt ging er zu weit! „Was soll das Theater, Aryan?“ „Hier herrscht anscheinend ein Missverständnis.“ Aryan sah sie an. Schwarze Augen. Eiskalt und emotionslos. Ihr Blut schien zu gefrieren. Aber es war der echte Aryan. „Ein Missverständnis, dass ich hier regeln werde. Geh Heim, Mädchen.“ „Du willst nicht, dass sich dich bei der Arbeit sehe“, erkannte sie. „Lass den Unsinn, Aryan. Und du, lass die Finger von meinem Mann!“ Die Dämonin zückte die Krallen. „Du oder ich. Aber eine wird sterben. Und das werde nicht ich sein, Miststück!“ „Halt!“ Aryans Energie stieß die Dämonin zurück. „Lass das Mädchen in Ruhe. Du bist grundlos eifersüchtig. Wenn du unschuldige Menschen angreifst, muss ich zu härteren Mitteln greifen. Und du, geh endlich Heim.“ Yami zuckte zusammen. Diese eiskalten Augen, fremd und abweisend. Schmerz wallte in ihr auf. „Sie liebt dich, General“, ließ sich die zornige Dämonin nicht beirren. „Das mag sein. Dafür kann ich nichts. Geh jetzt.“ „Ich gehe nirgendwo hin“, regte Yami sich auf. Sie wusste, es war vernünftiger, auf ihn zu hören. Aber ihr trotziger Kopf war zu jeder Logik unfähig. Zu viel Schlechtes war heute passiert und sie wollte, dass er zu ihr stand. „Warum bist du so abweisend? Warum stehst du nicht zu uns?“ „Weil es kein „uns“ gibt. Und jetzt verschwinde. Das hier ist meine Angelegenheit.“ „Nein, das geht nur dieses Miststück und mich etwas an. Danach können wir uns miteinander beschäftigen.“ „Ich kenne dieses Mädchen kaum“, sagte Aryan kalt. „Lüg nicht. Ihr seid ständig zusammen. Ihr wohnt zusammen. Du liebst sie doch!“ „Mag sein, aber ich liebe sie nicht.“ Yamis Herzschlag blieb stehen, sie taumelte einige Schritte zurück. Nein! Das hatte er jetzt nicht wirklich gesagt! „Ihr seid kein Paar?“ „Nein. Ein Mädchen, das für mich schwärmt. Wir wohnen nicht zusammen und wir sind kein Paar. Also lass sie in Ruhe.“ Yami war wie betäubt. Dann wandelte sich der Schmerz in Zorn. Sie stürzte sich auf die kampfbereite Dämonin, begrub sie unter sich. Die Dämonin wehrte sich, wollte zuschlagen, aber Aryan war schneller. Er packte sie und riss sie auseinander. „Das hier ist meine Angelegenheit“, wies er Yami grob zurecht. „Ich regel das!“ „Sanam.“ „Sanam? Wir sind kein Paar. Ich habe keine Gefühle für dich. Jetzt geh bitte endlich, du störst mich nur. Geh zurück, wo du herkommst und misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein.“ Sie wirbelte herum und rannte davon. Unbeeindruckt waren die schwarzen Augen auf die Dämonin gerichtet. Er trat an sie ran und sie errötete, als seine Hand ihr Gesicht umfasste. Ehe sie es verhindern konnte, stieß er in ihren Geist. „Dieses Mädchen ist eine gute Freundin.“ „Gute Freundin“, wiederholte die Dämonin, völlig von seiner Energie beeinflusst. „Jede Dämonin soll das wissen. Glaubt eine etwas anderes, wirst du dein Leben lassen. Sorge dafür, dass ihr niemand nahe kommt und dasselbe vorhat, was du vorhattest.“ „Niemand wird ihr etwas antun. Du liebst sie nicht.“ „Gut. Jetzt geh. Und halte dein Wort, sonst bist du tot.“ Als die Dämonin verschwunden war, rieb sich Aryan müde die Stirn. Da hatte er sich aber tief in die Bredouille geritten. Er musste dringend nach Hause. Doch er zögerte. Er hatte Mist gebaut und zwar großen. Sehr, sehr großen! Sie würde ihn in der Luft zerfetzen. Aber er musste ihr zeigen, dass alles nur Lug und Trug gewesen war. Er hatte nicht gewusst, ob er die Dämonin manipulieren konnte, oder wirklich töten musste. Und er hatte nicht gewollt, dass Yami das mitansieht. Das musste er jetzt dringend klären. Auf der Stelle! Er betrat seine Wohnung nicht einmal. Yami befand sich nicht hier. Oh nein! „Aurora, war Yami hier?“, fragte er statt einen Begrüßung. Alle sahen ihn überrascht an. „Nein“, antwortete Anjaani wie erwartet. „Was hast du angest-“ Ihr Atem stockte, sie wurde bleich. Auch Yuki und Yoko erstarrten. „Was ist los?“ „Deine Augen“, bemerkte Inuyasha nur. „Oh.“ Das hatte er ganz vergessen. Er blinzelte kurz und seine Augen nahmen ihre ursprüngliche Farbe an. „Jetzt stell dir das in Rot vor“, schauderte es Yuki. „Hat Yami dich so gesehen?“ „Ja“, gab er seufzend zu. „Ich habe etwas sehr Dummes getan.“ Und erzählte es ihnen kurz und knapp. Den Mädchen blieben die Münder offen stehen. „Wie kannst du nur so unsensibel sein! Kannst du dir nicht annähernd vorstellen, wie dein Verhalten auf sie wirkt?“, warf ihm dann Yoko vor. „Sie fühlt dich sowieso nicht gut genug für dich. Und dann noch mit diesen abweisenden, kalten Augen.“ „In dem Moment ist es mir richtig erschienen. Sie wird sauer sein.“ „Sie wird nicht sauer sein“, warnte Inuyasha. „Wäre sie sauer, hätte sie dich erwartet, um dich fertig zu machen.“ Oh! Aryan riss die grünen Augen auf. „Nein, sie ist verletzt“, pflichtete ihm Yuki bei. „Und zwar richtig tief verletzt. Für Yami gibt es nichts Schlimmeres auf der Welt.“ „Dagegen kannst du doch was tun“, schmunzelte Yuichi. Aryan sah Inuyasha fragend an, doch dieser schüttelte mit großen Augen den Kopf. „Nein“, sagte er ernst. „Wütend und verletzt ist nicht vergleichbar. Wütend kannst du mit deinem Charme wieder gerade biegen, aber verletzt… Gnade dir Gott. Du hast ein richtig großes Problem. Du hast ihr quasi das Herz aus der Brust gerissen.“ Aryan fluchte leise, etwas völlig untypisches. „Was soll ich tun?“ Die Mädchen sahen sich an. Seine Frage war an seinen Partner gerichtet, nicht an Anjaani. Inuyasha setzte eine professionelle Miene auf, die Aryan gut kannte, den Mädchen aber völlig fremd war. Inuyasha, der Mentor in Frauenangelegenheiten. „Du muss nicht befürchten, dass sie dich umbringt und das ist das einzig Gute an deiner Situation“, begann er. „Es ist entscheidend, ob sie reden will. Wenn sie reden will, gut für dich. Wenn nicht, wehe du belässt es dabei und gehst. Du bleibst bei ihr! Frauen sind widersprüchlich, wenn sie verletzt sind. Sie wollen Nähe aber du darfst sie nicht berühren. Sobald du Körperkontakt herstellen darfst, hast du die erste Hürde überwunden.“ Die Frauen lauschten fasziniert. Er wusste eindeutig, wovon er sprach. „Wenn du sie berühren darfst, dann nur ihre Hand“, sprach der Frauenversteher weiter und hob warnend den Zeigefinger. „Niemals ein anderes Körperteil und unter ja keinen Umständen ihre Handgelenke. Die Handgelenke sind ein sexuelles Körperteil, das für Ergebung und Unterwerfung steht. Das wirkt bei wütenden Frauen, aber nicht bei gekränkten.“ Yuichi hatte begeistert angefangen, mitzuschreiben. „Männer lösen Streit mit Sex, aber Frauen müssen reden. Sie fühlen sich sonst nicht ernst genommen. Lass sie reden, unterbrich niemals und erteile keine Ratschläge, du sollst zuhören. Das einzige, was du sagen musst, ist eine Entschuldigung. Und egal, was sie dir vorwirft, das stimmt nicht und es tut dir wahnsinnig leid, dass sie das denkt. Verstanden?“ „Verstanden“, nickte Aryan. „Entschuldigen, Mund halten, zuhören, bitter bereuen.“ „Ganz genau“, lobte Inuyasha. „Und ehrliche Reue, Frauen haben einen eingebauten Detektor für Heucheleien.“ „Ich bereue auch ehrlich.“ „Dann wird nichts schief laufen. Du musst sie nur finden, bevor ihr etwas zustößt.“ Und ehe man sich versah, war Aryan verschwunden. Inuyasha drehte sich zu seinem Publikum um und verschränkte die Arme vor der Brust. „Irgendwas hinzuzufügen?“ Yoko und Yuki schüttelten die Köpfe. „Inuyasha?“ Er sah Anjaanis atemberaubendes Gesicht an. Atemberaubend schön und völlig überrascht. „Was?“ „Inuyasha?“, wiederholte sie. „Bist du das? Seit wann bist du so feinfühlig?“ „Erfahren“, korrigierte er, bereute es aber sofort, als ihr Blick sich verdüsterte. „Ich bin nur realistisch“, legte er hastig nach. „Ich lerne Tag für Tag an dir.“ Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Das ist die gängige Theorie“, lachte er. „Das heißt nicht, dass sie sich auch immer mit der Praxis deckt.“ „So oft, wie du es versaust“, erinnerte ihn Yoko. „Ich habe nie gesagt, dass ich einfühlsam bin. Ich kann mich aus der Misere aber wieder herauswinden.“ „Das ist wahr“, bestätigte Anjaani. „Er weiß immer, wie er es wieder gut machen kann.“ „Nein, dein gutes Herz macht es aus“, flüsterte er. Anjaanis Augen vergoldeten sich, ihre Wangen erröteten. „Quatsch“, lachte Yuki. „Du weißt einfach ganz genau, wie du sie schwach machst! Ein warmes Lächeln, liebe Worte und- Bumm! Goldene Augen.“ Anjaani blinzelte. Inuyasha sah Yuki warnend an. Sie biss sich auf die Zunge. Warum war jede Geste von ihm so attraktiv? Lag es an diesen brennenden Augen? „Anjaani lässt sich nicht so einfach um den Finger wickeln, wie andere Frauen“, grollte er leise. „Sie würde immer wissen, ob Schmeicheleien wahr sind oder gelogen.“ „Und wir nie?“ „Nein.“ Inuyasha schüttelte sacht den Kopf, ohne den Blick von ihren Augen zu nehmen. Diese Geste machte Frauen schwach. Yuichi sah Yuki stirnrunzelnd an. „Ich kann dir sagen, was immer ich will“, lächelte er böse. „Wenn es die richtige Stimmlage ist, der richtige Gesichtsausdruck, wirst du mir alles glauben. Anjaani lässt sich davon nicht blenden.“ „Ich schon?“ Er nickte ganz leicht und sah Yuichi an, dessen heimliche Eifersucht in ihm aufgebrodelt war. Inuyasha konnte sie riechen. „Soll ich es dir beibringen, Yamada?“ Zack, war die Eifersucht verschwunden. „Nein“, widersprach Yuki heftig. „Er ist unwiderstehlich genug, ohne dass du ihn mutieren lässt. Ich muss mich doch noch gegen ihn behaupten können. Es reicht, wenn du Aryan hilfst.“ Aryan war aber gerade ziemlich hilflos. Er fluchte. Wo war nur Yami? Es war bereits dunkel und von ihr keine Spur. Seit zwei Stunden suchte er sie schon. Würde er den DSE auf sie ansetzten, würde sie… er musste sie finden! Yami kannte ihn gut. Sie war irgendwo, wo er sie niemals vermuten würde, damit er sie nicht findet. Wo hielten sich Frauen unter gar keinen Umständen nachts auf? Wo war es ungefährlich, aber abschreckend? Und es machte klick. Tatsächlich. Er spürte ihre Anwesenheit. Endlich! Nachts auf einem Friedhof. Seine Freundin war entweder ziemlich furchtlos, oder extrem trotzig. Eine gefährliche Mischung aus beidem. Oh, verflucht! Sie weinte bitterlich. Und alles seine Schuld! Er trat nah genug an sie heran, dass sie seine Gegenwart bemerkte. „Aryan?“ , hörte er ihre traumhafte Stimme in seinem Kopf. „Ich bin es.“ „Welcher? Der Alte, der mich mal geliebt hat, oder der Neue, der mich nicht mehr kennen will?“ Seufzend kam er näher. „VERSCHWINDE!“, schrillte es in seinen Gedanken. „Warum bist du nicht daheim?“ Sie hatte sich neben dem Grabstein ihres Bruders zusammengerollt und rührte sich auch jetzt nicht. Es war die gleiche kauende Haltung wie in seinem Alptraum. „Was soll ich bei meinen Eltern?“ Ihre Stimme war schwach, brüchig und kläglich und immer noch wunderschön. „Sie haben mich rausgeschmissen.“ Das war ihm neu. „Wann?“ „Heute.“ „Warum?“ „Das kann dir egal sein“, schniefte sie. „Und jetzt geh in deine Wohnung zurück. Shiro hat mich noch nicht verstoßen.“ „Ich habe dich nicht verstoßen.“ „Soll ich deine Worte wiederholen?“ „Nein“, stöhnte er. „Ich erinnere mich nicht gern dran, wenn ich so sein muss.“ „Bitte, lass mich jetzt alleine.“ „Yami, du bist seit Stunden hier, du frierst, bist hungrig, müde und völlig ausgelaugt. Wo kann es denn noch schlimmer sein als hier?“ „Bei dir“, flüsterte sie. Er zuckte zurück. „Au“, murmelte er. „Genau, au“, wiederholte sie dumpf. „Oder bedeutet es dir irgendetwas, was ich zu dir sage?“ „Ich will es dir erklären“, bat er sanft. „Komm nach Hause, ich möchte hier weg.“ „Hast du Angst?“ „Nein, aber du.“ „Hab ich nicht. Ich bin nicht Aani. Ich kann keine Geister sehen. Und ich dachte, du findest mich hier nicht.“ „Ich finde dich immer. Ich liebe dich.“ Sie gab ein trockenes, ungläubiges Lachen von sich. Das tat weh. „Kümmer dich nicht um mich, du hast bestimmt viel zu tun, wie immer.“ „Nein, habe ich nicht. Ich habe einen dummen Fehler wieder gut zu machen.“ Sie richtete sich auf. „Ich weiß ich überreagiere, aber es war heute alles zu viel.“ Sie wich vor seiner Hand zurück. „Bitte fass mich nicht an. Ich bin so froh, dass ich deine Augen nicht sehen kann.“ Sie wäre natürlich sofort schwach geworden. „Ich wollte dir nur meine Jacke geben.“ „Ich brauche keine, danke.“ Stur schritt sie voran. Im hellen Licht des Wohnzimmers sah er sie erst genau. Rote, verquollene Augen, zerzauste Haare, blutig gebissene Unterlippe und den Schmerz, für den er verantwortlich war. Erschöpft ließ sie sich auf die Couch sinken. Wieder streckte er die Hand aus, um wenigstens die Wunde an ihrer Lippe zu heilen, doch sie zuckte zurück, als würde sie einen Schlag vermuten. So eine Situation war völlig neu für ihn. Er kniete auf den Boden und sah zu ihr hoch, natürlich wich sie aus. „Glaubst du wirklich, ich würde dich schlagen?“ „Ja, wenn seelische Schläge dazuzählen.“ „Es tut mir wirklich leid“, flüsterte er, im Wissen, wie diese Tonlage auf sie wirkte. Die Bestätigung erhielt er von der Gänsehaut an ihren Armen. „Ich hielt es für das Beste und habe erst im Nachhinein bemerkt, wie ich dich vor den Kopf gestoßen habe.“ Jetzt sah sie ihn an, Tränen in den Augen. „Aani hat recht. Du bist wirklich ein guter Schauspieler. Fragt sich nur welches die Rolle war.“ „Yami, es tut mir wirklich leid, was ich getan habe. Ich-“ „Was genau hast du denn getan?“ Oh, darauf hatte Inuyasha ihn nicht vorbereitet. „Hast du erwartet, du müsstest nur zuhören und dich ab und zu entschuldigen?“ Sie hob spöttisch die Augenbrauen. „Da hast du dich mit der Falschen angelegt.“ Ergeben senkte er den Kopf. „Die lange oder die kurze Version?“ „Die kurze“, war sie gnädig. „Ich stehe nicht zu dir. Du bist meine Partnerin und trotzdem schließe ich dich aus meinem Leben aus. Das will ich nicht.“ „Steh zu mir“, bat sie. „Egal wie brenzlig die Situation ist. Du bist eine Beziehung mit mir eingegangen. Freiwillig. Dann musst du auch mit den Konsequenzen zurechtkommen. Ich tue es.“ „Du hast recht“, lächelte er. „Ich war immer alleine. Doch jetzt gibt es dich.“ „Es war ein Scheißtag“, stieß sie bitter hervor. „Darf ich hier duschen?“ „Yami.“ „Es ist so üblich, den Gastgeber vorher zu fragen!“ Er ließ die Schultern hängen. „Nie wieder hörst du das aus meinem Mund. Darf ich dir ein Bad einlassen?“ Oh, das heiße Wasser war wie Balsam! Yami versank fast völlig im duftenden Schaum. Aryan hatte sich neben die Wanne gesetzt. „Geht es dir besser?“ „Ja, danke. Darf ich hier schlafen?“ „In der Wanne?“ „In deiner Wohnung.“ „Nein, in unserer Wohnung. In unserem Bett. Wenn es sein muss, schlafe ich auf der Couch, aber bleib hier, es ist unsere Wohnung.“ „Wo steht das?“ „Im Mietvertrag.“ Oh. Er hielt ihr seine Hand hin, doch sie weigerte sich immer noch, ihn zu berühren. „Was ist los, Prinzessin“, wagte er sich zärtlich voran, ohne ihr das Gefühl zu geben, wie ein bockiges Kleinkind behandelt zu werden. „Es ist nicht deine Art, so durchzudrehen. Was ist alles passiert?“ „Du hast recht. Wäre all das heute nicht gewesen, würde mich deine Ablehnung nicht so treffen. Aber mir ist alles einfach zu viel geworden.“ „Was ist denn alles passiert?“ „Weißt du das denn nicht?“ „Nein, ich war heute nicht im Land.“ „Warst du in Indien?“, begann sie. „Nein. Werde ich auch nicht in nächster Zeit.“ „Ich auch nicht.“ „Was? Das tut mir leid.“ Er war ehrlich betroffen. „Ich weiß, wie sehr du dich darauf gefreut hast. Er hat es dir erst heute gesagt? Ein Tag vor der Abreise?“ „Ja. Er hat mich vor allen Kollegen als inkompetent bezeichnet. Deswegen würde er mich nicht mitnehmen. Es hätte gereicht, mir das unter vier Augen zu sagen.“ „Du bist inkompetent?“ „Inkompetent, die Beine für ihn zu öffnen“, knurrte sie. „Männer und ihr verletztes Ego! Ich war bloßgestellt vor allen. Hätte ich mich gewehrt, wäre es vermutlich noch schlimmer gekommen. Seitdem er dir begegnet ist, macht er mir die Tage zur Hölle.“ Härte trat in Aryans Augen. „Wieso sagst du mir das nicht?“ Ihr Blick begegnete seinem. „Weil ich kein hilfloses Kind bin. Was bringt es mir, dir etwas vorzujammern? Ich bin erwachsen und brauche niemanden, mit meinen Problemen komme ich alleine klar.“ Sein Lächeln war steinerweichend. Aber davon ließ sie sich nicht beirren. „Und davor haben dich deine Eltern rausgeschmissen? Aus einem Haus, in dem du nicht mehr wohnst.“ „Sie haben sich von mir abgewendet, mich nicht aus dem Haus, sondern aus der Familie geschmissen. Ich bin kein Teil mehr von ihnen.“ Aryan wusste, wie ungewollt die Drillinge waren und ganz besonders Yami. Ein viertes Kind wäre noch in Ordnung gewesen, Yoko dazu hätten sie auch ertragen. Aber ein sechstes war zu viel. Die Ablehnung ihrer Eltern tat ihm weh. „Meine Eltern wollten mich auch nicht. Ich weiß, wie das schmerzt.“ Jetzt ergriff sie seine Hand. Nichts war so schön wie ihre Haut an seiner. „Der genaue Wortlaut meines Vaters war: Das da ist nicht mehr mein Kind. Verschwinde aus meinem Leben. Und das war noch das Netteste, was aus seinem Mund kam. Er hat den Werbespot für das Shampoo gesehen. Jetzt habe ich ihn verraten.“ „Seine Firma stellt dekorative Kosmetik her. Er überreagiert im höchsten Maße.“ „Mag sein, jedenfalls will er nichts mehr mit mir zu tun haben. Er war völlig ausgerastet. Er hat sogar versucht, mich zu schlagen. Versucht“, wiederholte sie als Aryans Augen dunkler wurden. „Und Mutter war das völlig egal.“ „Yami…“ Sie sprach weiter, ohne ihn zu beachten. „Bei der Arbeit gedemütigt, von der Familie verstoßen. Ich brauchte dringend Wärme und Zuneigung. Ich wollte nur noch zu der Person, die mich braucht. Und fand ihn in den Armen seiner Seelenverwandten. Innig, selig lächelnd und überglücklich.“ „Du bist wirklich im falschen Moment aufgetaucht.“ Das Wasser schwappte über, als sie sich aufrichtete. „Entschuldige, nächstes Mal komme ich erst rein, wenn ihr fertig seid!“ Er seufzte. „Du weißt genau, was ich meine.“ „Ihr saht so perfekt zusammen aus. Du hättest dein Gesicht sehen sollen, als du sie angesehen hast und dann wenige Minuten später mich.“ Es schüttelte sie. Gequält schloss sie die Augen, ihre Stimme wurde leise. „So kalt, so eiskalt. So fremd. Diese dunklen Augen.“ „Diese Augen sind nicht zu durchschauen“, erklärte er sanft. „Meinen gewöhnlichen Augen könnte man vielleicht das Schauspiel ansehen, den schwarzen nicht.“ „Es war grauenhaft. Du warst so fremd, so kalt, so gefühllos. Und deine Stimme.“ Tränen flossen ihr wieder die Wangen hinab. „Wir sind kein Paar. Ich habe keine Gefühle für dich“, wiederholte sie seine Worte in seiner Stimme. „Jetzt geh bitte endlich, du störst mich nur. Geh zurück, wo du herkommst und misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein.“ Aryan schauderte es. „So habe ich nicht geklungen.“ „Du hast genau so geklungen.“ „Das ist ja furchtbar. Mir war diese extreme Wirkung nicht bewusst. Ich hatte nur die Absicht dich zu schützen, Yami.“ „Wenn schützen verjagen bedeutet, hast du es geschafft. Warst das du?“ „Na“, schüttelte er entschieden den Kopf. „Du weißt, dass ich so nicht bin.“ „Ich verstehe, warum Aani solch eine Angst vor dir hatte. Du warst haargenau wie Raj.“ „Raj?“ Das hatte er nicht erwartet. „Der gleiche kalte, überlegene Ausdruck in den Augen, die gleiche schneidende Stimme. Alles, was ich an Raj so hasse. Mir war nie bewusst, warum man immer zuerst dich mit Raj verwechselt und nicht Inuyasha. Jetzt weiß ich es, du bist ihm ähnlich. Das habe ich erst vorhin gemerkt. Es war, als wärst du ein vollkommen Fremder. Weißt du, dass du nicht ein Mal geblinzelt hast? Wie der Teufel.“ Jetzt zuckte er zusammen. Hatte sie ihn bisher nicht tief getroffen, diese Worte schmerzten. Er wandte den Blick ab und die Tatsache, dass sie ihn verletzt hatte, traf sie unerwartet hart. „Sanam, entschuldige!“ „Yami, ich habe dir gesagt, wenn du mich bei der Arbeit siehst, stoße ich dich nur ab.“ Er sah sie an, die grünen Augen gequält. „Ich war vergleichsweise harmlos.“ „Es wäre alles nicht so schlimm gewesen, wenn du nicht gesagt hättest, dass du mich nicht liebst.“ „In dem Moment, als es mir über die Lippen kam, hat es bitter geschmeckt. Es war so falsch. Aber dann gab es kein Zurück mehr. Es tut mir so leid. Kannst du mir vergeben?“ Sie legte ihre Hand in seine. „Wenn ich mehr für dich bin, als die Unterhaltung in deinem Bett.“ Aryans Augen wurden riesig. „Du bist alles für mich!“ „Dann zeige es mir. Teile dein Leben endlich mit mir und schirme mich nicht ab.“ „Yami, auf meinen Schultern lastet so viel Macht, so viel Verantwortung. Manches ist zu riskant-“ „Gott, dass auch du mal debil sein kannst!“, knurrte sie. „Du sollst mir deine Geheimnisse nicht anvertrauen. Ich weiß ganz genau, dass das zu gefährlich für mich ist. Ich will wissen, wer du bist. Wer du warst. Ich will dich kennen.“ „Darf ich dich dann umarmen?“ Die Frage verwirrte sie. Es störte ihn, dass sie sich nicht berühren ließ? Aryan ist ein Mann. Männer suchen Bestätigung in Nähe und Berührung. „Ich brauche keine starke Schulter, ich komme alleine klar!“ „Ich nicht.“ „Kya?“ „Ich brauche dich, Prinzessin. Du gibst mir Kraft. Du hast nicht die geringste Ahnung, wie sehr ich dich brauche, nicht wahr?“ Nein, das wusste sie wirklich nicht. „Ich könnte nicht mehr ohne dich. Du glaubst, ich bin der Starke. Nein, mittlerweile bin ich vollkommen abhängig von dir. Ohne dich wäre ich nur halb so stark und bei weitem nicht so glücklich.“ Zaghaft schlang sie die Arme um seinen Nacken. Es war ihm völlig egal, dass sie ihn durchnässte. Sekundengeschwind war er ausgezogen und in die Badewanne gestiegen. „Ich weiß kaum etwas von dir“, flüsterte sie und schmiegte sich an seine Brust. „Du kennst mich besser, als irgendwer“, versicherte er und schlang die Arme um ihren Körper. „Und ich verspreche dir, wir sind ein Team. Was willst du wissen?“ „Ich will dich kennenlernen“, gähnte sie. „Erzähl mir aus deinem Leben. Ich will wissen, wer du warst.“ „Ich war ein Etwas“, antwortete er. „Gelebt habe ich erst durch dich. Und wenn ich dir meine Vergangenheit offen darlege, wirst du es auch begreifen.“ Und sie begriff. „Wie fühlst du dich?“, fragte sie, nachdem Aryan ihr alles erzählt hatte und sie hundemüde im Bett lagen. Ihr Körper bettelte um Schlaf. „Leichter“, gähnte Aryan. „Viel wohler. Liebst du mich immer noch?“ Ein süßes, doch todmüdes Kichern erklang. „Mehr denn je“, versicherte sie und gab ihm endlich den versöhnenden Kuss, den er brauchte. „Und nimm dir morgen Nacht nichts vor“, murmelte sie schon halb im Schlaf. „Willst du den Versöhungssex nachholen?“, lachte er. Sie nickte. „Es verstößt nur gegen meinen Trotzkopf, jetzt schon angefasst zu werden.“ „Ich bin auch so glücklich. Ich bin nicht, wie andere Männer.“ „Oh nein. Ganz und gar nicht. Zum Glück!“ „Was machst du hier?“, starrten alle Yami am nächsten Morgen an. „Frühstücken“, erwiderte sie leicht patzig. „Oder soll ich gehen?“ „Nein, nein, entschuldige!“ Anjaani brachte ihr hastig ihr Gedeck. „Solltest du nicht in Mumbai sein?“, wunderte sich Yuichi. Yuki sah ihn warnend an. „Nein.“ „Das war aber heute, oder?“ „Ja.“ „Warum sitzt du dann nicht im Flieger? Aua, warum trittst du mich?“ „Weil du den Mund halten sollst“, beschwerte sich Yuki. „Mein Chef hat sich kurzfristig um entschieden“, sagte Yami knapp und in einem Tonfall, der Yuichi hinderte, nachzufragen. „Ich schätze mal, du bist inkompetent“, erkannte Yoko. Yami nickte. „Dieser verfluchte männliche Stolz. Hast du nicht mal einen Chef gehabt, der dich feuern wollte, Häschen, weil du zu inkompetent warst?“ „Worin warst du inkompetent?“, interessierte sich Yuichi. „Darin, die Beine für ihn breit zu machen“, aß sie ungerührt ihr Frühstück weiter. „Wann hören Männer endlich auf, einen nur als Frischfleisch zu sehen?“ „Was war dann?“ Jetzt sah sie ihn an, Vorwurf in den ockerbraunen Augen. „Was wohl? Denkst du, ich lass jeden ran? Ich bin keine Schlampe!“ „Das hab ich nicht gemeint“, entschuldigte er sich sofort hastig. „Ich wolle nur wissen, wie du damit umgegangen bist.“ „Auf einzig richtige Art und Weise. Ich hab mich gewehrt und gekämpft. Jetzt ist er nicht mehr mein Chef und mein Gehalt hat sich erhöht.“ Sie sah dann Yami an. „Jetzt hast du wenigstens eine Woche Ruhe vor dem Idioten.“ „Und dann?“, wollte Yami entmutigt wissen. „Er ist der höchste Chef im Verlag. Ich kann ihn nicht bei jemand höherem anschwärzen. Vielleicht beruhigt er sich ja.“ „Lass ihn doch ein wenig ran“, riet Yuki. „Ein kleiner Kuss vielleicht.“ „Hättest du das gemacht?“ Yuichi spitzte heimlich die Ohren. „Niemals. Aber ich hatte auch andere Möglichkeiten. Versuchs doch, dann ist er bestimmt ruhiger.“ „Ja, weil er dann tot ist. Aryan bringt ihn um.“ „Sagen wir mal so, es wird ihm nicht gut gehen“, korrigierte Aryan. „Jedenfalls wäre er nicht mehr dein Vorgesetzter.“ Yami wirbelte in seinen Armen zu ihm herum. „Du kannst ihn aus seiner eigenen Firma rausschmeißen?“ Er nickte nur. „Manchmal ist uns gar nicht bewusst, wieviel Macht du hast“, staunte Yuki. „Ja, weil er so bescheiden ist“, erklärte Anjaani. „Niemand, der solch eine Macht wie Aryan hätte, wäre noch normal.“ „War das jetzt ein Kompliment“, lachte Aryan. „Ein großes“, lächelte Anjaani. „Wartet einfach ab, wie es wird, wenn er aus Indien zurück kommt.“ Yami sah sie an. Mit ihrem Chef hatte sie es auch nicht leicht. „Zuma ist auch eher unumgänglich“, hatte Yoko denselben Gedanken. „So streng kann er nicht sein, wenn er sich von dir regelmäßig bei der Arbeit stören lässt“, warf Yuki neckend ein. Yoko errötete bei der Erinnerung. „Er hat einen großen Schreibtisch“, hauchte der Drilling. „Und hoch genug“, zwinkerte Yuki. „Hoch genug“, entfuhr es Anjaani ungewollt, die jetzt den Faden verlor. „Ich schätze mal, der Schreibtisch hat dieselbe Höhe, wie seine Hüfte.“ „Und?“ Damit Inuyasha nicht die Nerven verlor, wandte sie sich an ihren Freund, der überrascht reagierte. „Dein Schreibtisch ist fast 15 cm zu niedrig, Liebling. Um genau zu sein 14,7cm.“ „Niedriger als was?“ Ihm gefiel die Richtung, in die das Gespräch verlief. „Niedriger als deine Hüfte. Präzisiert meine ich, die Länge von deinen Füßen bis zu einem bestimmten Punkt bei deiner Hüfte. „Woher weißt du wie lang… meine Beine sind“, lenkte er auf Inuyashas Knurren hin ein. „Ich hab ein sehr genaues Außenmaß. Ich liege selten falsch.“ Sie sah Aryans Hand an, die an Yamis Schulter ruhte. Und nannte die geschätzte Länge seines Zeigefingers. Aus ihrem BH-Bunker zog sie ein kleines Maßband hervor und reichte es Yami. Diese bestätigte mit einem Nicken. „Was ist da eigentlich alles drin?“ Yuichis Blick glitt in ihrem Ausschnitt. „Und wo passt das alles rein?“ „Du kannst gerne noch mal nachmessen, Liebling, aber wir brauchen einen 14,7cm höheren Tisch. Seine Augen begannen zu funkeln. „Heißt das, wir sollen uns neue Möbel kaufen?“ „Zumindest einen Tisch, der exakte Höhe hat“, nickte sie und sein Gesicht erstrahlte. „Versteht du das?“, wandte Anjaani sich an Inuyasha. Er schnaubte. Leider verstand er das viel zu gut. „Schweinkram“, knurrte er. „Was denn sonst!“ „Zumas Tisch ist aber immer ordentlich“, sinnierte Anjaani. Sie schaffte es einfach nicht, Tische und Sex miteinander zu kombinieren. „Wie hoch ist denn mein Schreibtisch?“, fragte sie. „Im Vergleich zu wessen Hüfte?“, grinste Yuki. „Was hat das damit zu tun?“, seufzte Anjaani frustriert. „Meine Möbel sind super. Zuma hat nicht gegeizt. Im Grunde seines Herzens ist er voller Güte“, sagte sie zu Yoko. „Er ist nur zu tief verletzt, um sein Herz zu öffnen. Aber er ist ein guter Chef.“ Yoko hob ungläubig die Brauen. „Es gibt keinen schlimmeren Chef als ihn. Yuichi vertuschte ein Lachen hinter einem Husten. „Willst du irgendwas sagen?“, knurrte der rote Drilling ihn an. „Nein“, lächelte er. „Arbeiten mit dir ist wie Urlaub. Im Arbeitslager.“ „Du bist nur sauer, weil ich dir nie die Chance gebe, allein mit Yuki zu sein.“ „Nein, du bist ein Spielverderber. Sogar Aryan wäre entspannter.“ Aryan hob die Brauen. „Bist du dir bewusst, womit ich mein Geld verdiene?“ „Dämonen verkloppen, Welt retten und sowas.“ Inuyasha schnaubte. „Ja, arbeite eine Stunde unter Aryans Befehl.“ „Ist das eine Beschwerde?“, lächelte Aryan. „Wenn es dir nicht passt, kannst du ja übernehmen.“ „Nein, danke! Ich hab nichts gesagt! Aber du glaubst doch nicht im ernst, Yamada, dass es entspannend ist, im Dämonensondereinsatz zu arbeiten? Vorallem nicht in Aryans Position. Aryan ist weltweit für Sicherheit zuständig, während du am Set Unsinn treibst.“ „Und du benimmst dich immer?“, lachte Aryan. „Spiel nicht den Moralapostel, Inuyasha, wenn ich dich ständig im Auge behalten muss.“ „Ich kann auch gar nichts mehr machen“, motzte Inuyasha. „Dann hast du überhaupt kein Privatleben mehr.“ „Und du wärst als nicht-registrierter Dämon Freiwild für mich.“ „Oh, Inuyasha gegen Aryan“, begeisterte sich Yuki. „Wer würde wohl gewinnen?“ Das war jetzt aber mal wirklich eine interessante Frage! „Tiger gegen Löwe“, flötete Yoko. „Wer gewinnt?“ „Der Löwe“, war Yami natürlich überzeugt. „Nein, der Tiger“, schüttelte Anjaani ernst den Kopf. „Erklär warum“, verlangte Yami mit einem bösen Lächeln Richtung zufriedenen Hanyou. „Inuyasha ist brutaler und blutrünstiger als Aryan. Es hat keine Skrupel und kein Gewissen. Aryan ist gütig und gerecht. Er tötet nicht einfach so.“ Inuyashas Grinsen war schneller verblasst, als es erschienen war. Beleidigt sah er sie an. „Mal davon abgesehen, dass sich Tiger und Löwe wohl nie in freier Wildbahn begegnen würden“, warf Aryan ein. „Kann man nicht klar sagen, wer gewinnen würde.“ „Ein Tiger ist größer als ein Löwe und agiler“, verteidigte Inuyasha sein Sinnbild. „Aber er ist ein Einzelgänger und ein Löwe als Rudeltier ist durchaus im Kampf geübt. Und seine Mähne schützt den empfindlichen Hals.“ „Der Tiger ist um einiges stärker!“, knurrte der Dämon. „Was nicht heißt, dass er dem Löwen überlegen ist. Ich sag dir ständig, dass dir Muskeln nichts bringen, wenn du keine Strategie hast.“ „Also, fassen wir zusammen!“ Anjaani legte beruhigend die Hand auf Inuyashas Arm. „Ein Inuyasha ist deutlich stärker, aber ein Aryan taktischer. Das bedeutet Gleichstand. Und gemeinsam seid ihr sowieso unbesiegbar.“ „Du oder ich ist völlig irrelevant“, lächelte Aryan. „Yami würde uns beide fertig machen.“ „Yami ist ein Schwächling“, widersprach Yami und Schmerz trat in ihre Augen. „Sie kann sich weder gegen ihren Chef, noch gegen ihre Eltern verteidigen.“ „Was haben unsere Eltern getan?“, entfuhr es ihren Schwestern gleichzeitig. „Beziehungsweise, was sie nicht tun. Uns lieben zum Beispiel.“ Sie sah Yuichi an. „Sie haben unseren Werbespott gesehen.“ „Oh, mir schwant übles“, stöhnte Yoko. „Dann kann ich zusammenfassen: Schande, Ehre, Abtreibung.“ Yami nickte. „Wir müssen uns bei ihnen nicht mehr blicken lassen. Wenn sie könnten, würden sie uns sogar die Nachnamen wegnehmen.“ „Das macht nichts“, winkte Yuki ab. „Ich hab sowieso vor, Yuichis Namen anzunehmen.“ Er sah sie verblüfft an. „Sag bloß, wir heiraten nie?“ Die Kinnlade fiel ihm herunter, er fasste sich aber sofort wieder. „Natürlich tun wir das! Was für eine blöde Frage. Aber ich hab nicht erwartet, das mal aus deinem Mund zu hören. Solche Eltern habt ihr nicht verdient! Ich wünschte, ich wäre euer Bruder“, sagte er zu Yoko und Yami. „Deiner besser nicht“, zwinkerte er Yuki zu. „Du bist mein Bruder“, lächelte ihn Yami an. „Wir hier sind eine Familie. Mir bedeuten meine Eltern nichts, ich habe euch.“ Seine Finger schlossen sich um ihre kleine Hand und der Ausdruck in den meerblauen Augen wurde weich, voll brüderlicher Liebe. Plötzlich wurde Yami bewusst, wie gutaussehend er war. Nicht annähernd wie Aryan, aber wirklich schön. „Wenn euch niemand mehr liebt, habt ihr immer noch mich“, schwor er und sah Yoko an. „Besonders du.“ „Was soll das bitte heißen“, regte sie sich auf und Yami musste lachen. Aryan drückte seine Liebste an sich und sah Yuichi dankbar an. Dankbar, dass er ihre Laune gehoben hatte. Yuichi nickte ihm zu. Doch Yami war anhänglicher als sonst. Es schlug ihr auf den Magen, diese Enttäuschung, nicht nach Indien zu fliegen. Dazu noch die Erniedrigung, ihren Arbeitskollegen unter die Augen zu treten. Sie war so stark. Stärker als er. „Soll ich mit rein?“, fragte er als sie ihn länger als üblich zum Abschied umarmte. „Damit meine Kolleginnen den ganzen Tag arbeitsunfähig sind“, kicherte sie an seiner Brust. „Nein, Sanam, es tut mir leid. Ich hatte mich so auf Indien gefreut. Ich beneide dich, dass du wirklich überall rumkommst, alles siehst, während ich selber noch nie aus Tokio raus bin.“ Er hob ihr Kinn an, sah in ihre wunderschönen Honigaugen. „Und trotzdem, Prinzessin, bin ich am allerliebsten bei dir.“ Ihr Gesicht strahlte mit der Sonne um die Wette. Jeden Tag verliebte er sich neu in dieses Lächeln. „Immerhin bin ich dann nicht getrennt von dir. Ohne dich wäre es sowieso nicht schön gewesen. Urlaub mit dir, das wäre mein allergrößter Wunsch.“ „Bald“, raunte er. „Ich verspreche es dir.“ Ihre Freude wurde nur noch durch seinen sinnlichen Kuss gesteigert. Er lehnte die Stirn gegen ihre, sein schneller Atem quälte heiß ihre Lippen. Sie schloss die Lider, um sich von seinen Augen nicht überwältigen zu lassen. „Ich habe mir heute den ganzen Abend frei genommen“, flüsterte er. Sie öffnete die Augen und ihre Pupillen weiteten sich. Ihre Stimme versagte. „Ich dachte, du bist nicht wie andere Männer…“ „Auch ich genieße etwas Vorfreude. Und in einem Punkt bin ich allen Männern gleich: Du hast die komplette Macht über mich, Prinzessin.“ „Was bist du eigentlich so nervös“, wunderte sich Yuichi am Abend über seine kleine Schwester. „Ich vermisse Aryan“, antwortete sie knapp. „Das kennst du nicht, du bist mit Yuki quasi fusioniert.“ Yuki schlang demonstrativ die Arme fester um ihren Freund. „Ich habe so viele Jahre auf ihn gewartet. All die Zeit keine Nähe, keine Zärtlichkeit, nichts. Und den Lohn für meine Geduld darf ich wirklich genießen.“ „Ich bin dein Lohn“, raunte er und streichelte mit den Lippen zärtlich ihre Wange. „Was noch? Bin ich dein Herz? Dein Glück? Sag es mir.“ „Hör auf diesen blöden Fluch so auszunutzen! Du Idiot bist mein ganzes Glück und wenn dieser bescheuerte Fluch nicht mehr wirkt, rede ich eine Woche kein Wort mit dir“, flüsterte sie und küsste ihn zärtlich. Yami wandte sich grollend ab und begann den Tisch für das Abendessen zu decken. „Verdreh du ja nicht die Augen“, warf ihr Yoko vor. „Du und dein Freund seid keinen Deut besser.“ „Aani, wann kommen sie?“ Anjaani drehte sich fröhlich zu ihr um und umarmte sie, beruhigend warm war ihre Nähe. „Inuyasha und Aryan sind zusammen unterwegs. Sie kommen ganz sicher pünktlich zum Essen. Außerdem müsst ihr euch noch versöhnen?“ „Woher weißt du davon?“, sah sie ihre Freundin verdutzt an. „Aryan hat mir nur gesagt, dass er sich kaum auf die Arbeit konzentrieren kann, weil er sich auf eure Versöhnung freut. Und dass du ihm jeden Anstand ausgetrieben hast.“ Ein seliges Grinsen breitete sich auf Yamis Gesicht aus. „Kein Versöhnungssex?“, wunderte sich Yuki und unterbrach kurz ihr Gekuschel mit Yuichi. „Wie hast du das denn geschafft?“ „Leicht, ich war todmüde. Du hast mir doch eingeschärft, nach einem Streit nicht sofort schwach zu werden.“ „Gut gemacht, Mäuschen“, lobte Yuki. „So machst du ihn verrückt. Wenn es selbst bei Aryan klappt, klappt es bei jedem.“ „Du bist der Teufel“, warf ihr Yuichi lachend vor. „Und du mein liebstes Opfer.“ „Ich bin stolz auf dich, Schönheit. Lass dich von keinem Mann kontrollieren!“ „Besonders nicht von dir!“ „Das habe ich nicht gesagt. Ich dürfte dich ruhig etwas weniger kalt lassen.“ „Kalt lassen?“, riss sie die Augen auf. „Yui-kun, ich weiß kaum wo mir der Kopf steht, sobald du-“ Sie hielt sich den Mund zu und ärgerte sich maßlos über sein listiges Grinsen. „Lass den Mist, Yamada! Wenn du nicht aufhörst, werd ich dir nicht einmal mehr nahe kommen!“ „Kannst du denn gar nichts dagegen machen?“, wunderte sich Yoko. „Du bist doch sonst so starrköpfig.“ „Und du nicht?“ „Klar, deswegen wundere ich mich ja auch so.“ „Nein“, stöhnte sie genervt. „Die Worte kommen raus, bevor ich sie verhindern kann. Aber nur, wenn der Trottel was sagt.“ „Der größte Trottel, den du kennst?“ „Nein, der schönste Mann- hör jetzt auf damit!“ Fauchend riss sie sich von ihm los. „Sei froh, dass er nur deine Worte kontrolliert und nicht deinen Willen“, munterte Yoko sie auf. Yuki grinste. „Nein, ich hab‘s nicht mit Worten, so wie du. Mir sind Taten wichtiger. Ich mach lieber, was er sagt, als du sagen, was er immer hören möchte. Mal davon abgesehen, dass Yuichi mir niemals seinen Willen aufdrängen würde.“ „Du hast einen wundervollen Mann“, flüsterte ihr Yami auf Hindi zu. „Ich weiß. Du auch, er muss nur Heim kommen.“ „Der kommt gleich“, lächelte Anjaani. „Wenn Inuyasha ihn nicht zu sehr aufhält.“ „Inuyasha, hör endlich auf, so zu trödeln“, beschwerte sich Aryan. „Erledige es endlich und fertig.“ „Ich hasse es, wenn du mich meine Arbeit nicht genießen lässt“, entgegnete der Hundedämon. „Ich hab heute keine Zeit, dein Kindermädchen zu spielen. Du zögerst meinen Feierabend nur unnötig heraus!“ „Ich weiß, du hast Feierabend, aber-“ Dann sah Inuyasha den Ausdruck in Aryans Augen und er grinste breit. „Du hast dich gestern nicht mit dem Nervenzwerg versöhnt.“ Aryan blinzelte. „Doch, wir haben uns ausgesprochen.“ „Mach mir nichts vor, ich kenne diese Ungeduld in den Augen. Außerdem versöhnen Männer sich nicht nur durch ein Gespräch. Dieser Zwerg ist ausgefuchst, sie wird dich bis zum Lebensende bei Laune halten.“ „Das hoffe ich doch. Bist du jetzt endlich fertig?“ Aryan seufzte, als er sich umsah. „Bravo, Inuyasha, wir sind im Territorium der Sirenen. Beeil dich endlich!“ Inuyasha blieb stehen, seine Ohren zuckten. „Oh, hörst du das?“ „Ich will jetzt nach Hause!“ „Das ist wunderschön. Aber was ist das?“ Aryan beachtete ihn überhaupt nicht. Inuyasha hielt ihn an der Schulter fest. „Hörst du das nicht?“ „Das ist Sirenengesang“, erklärte er warnend. „Sie sind in der Paarungszeit. Auf Gene wie deine sind sie richtig scharf.“ „Ich rieche sie nicht.“ „Weil der Gesang deine Sinne verwirrt. Komm jetzt endlich!“ Inuyasha schüttelte sich kurz. Der Gesang wurde lauter, lockender, sinnlicher. Einen Blick konnte er doch riskieren und diesen eingebildeten Weibern weismachen, dass er ihnen überlegen war. Quatsch, er musste hier weg! Er musste Heim! Heim… heim zu… Er stieß ein kurzes Knurren aus und rannte dem Klang nach, bis zum Wasser. Aryan stöhnte genervt auf und folgte ihm. Der traumhafte Gesang in Inuyashas Ohren wurde unerträglich schön. Da saßen sie, schön, wunderschön. Viel zu schön! Eine zarte, kleine Hand schmiegte sich um seine Wange. Desidero wusste, er musste jetzt weg. Er wollte nicht bleiben, aber der Gesang war bannend und dieses Gesicht, so traumhaft schön, wunderschön… Die goldenen Augen, die schwarzen Locken… Anjaani… sie zog ihn zu sich. Plötzlich wurde sie ihm entrissen. Aryan stieß die Sirene ins Wasser zurück und zerrte Inuyasha hinter sich her. „Anjaani!“ „Das war nicht Aurora! Komm zu dir!“ Inuyasha schüttelte sich. „Verflucht, was war das?“ Er rannte jetzt selber, wütendes Gekreische im Ohr. Eine abgewiesene Frau war teuflisch. „Wirklich, Inuyasha? Bist du nie von einer Sirene bezirzt worden?“ Inuyasha schnaubte verächtlich. „Doch, aber es hat nie geklappt. Ich lasse mich nicht dominieren und erst recht nicht verführen!“ Jetzt sah ihn Aryan an, mit hochgezogenen Augenbrauen und der Hundedämon errötete. „Anjaani zählt nicht“, murmelte er. „Sie ist übermenschlich und mit nichts zu vergleichen.“ „Und unschuldig zum Glück der gesamten Männerwelt.“ „Wieso wirkt der Gesang auf dich nicht? Wie eisern bist du?“ Aryan lachte. „Ich kenne viel schöneren Gesang. Du weißt, wer daheim auf mich wartet.“ Jetzt lachte Inuyasha, weil er begriff. „Die Königin der Sirenen!“ „Genau. Diese Stimmen sind nicht einmal halb so anziehend wie Yamis. Ich kenne ihren Zauber, da lässt mich dieser kalt.“ Inuyasha lächelte. Auf ihn selbst wartete daheim das größte Glück. Sie warf sich in seine Arme, kaum dass er im Raum war. Yami stürzte sich auf Aryan. „Saajan!“ „Sanam!“ Ihre Gesichter hoben sich misstrauisch. „Warum riechst du nach einer anderen Frau?“, kam es gleichzeitig aus ihren Mündern. Die Männer sahen sich an, erst starr, dann brachen sie in lautes Lachen aus. Weibliche Sinne waren nicht zu täuschen. „Das meintest du damit, als du sagtest, eine schlaue Frau riecht jeden Betrug“, begriff der General. „Betrug?!“ Yami war kreidebleich geworden, die Stimme versagte ihr. „Wo habt ihr euch rumgetrieben?“, hauchte Anjaani erschüttert. „Nicht da, wo ihr jetzt denkt“, lächelte der General und zog eine etwas widerstrebende Yami an sich. Er schien in ihren Augen zu versinken. Da war es wieder, dieses Unerklärliche zwischen ihnen, als würden sie in Gedanken miteinander reden. Yamis Gesichtsausdruck änderte sich, als hätten sie tatsächlich miteinander gesprochen. „Dann ist ja gut“, lächelte sie beruhigt. „Für den Schock bezahlst du nachher.“ Inuyashas war das Ganze nicht geheuer. Anjaanis Blick war noch unheimlicher. Mit verschränkten Armen schritt sie auf ihn zu, verärgert, unwiderstehlich. Tausendfacher Sirenengesang kam nicht gegen das verführerische Funkeln ihrer dunklen Augen an. Damn it, eine zornige Anjaani! Er wich vor ihr zurück. „Wir sind Sirenen begegnet“, versuchte er zu erklären, weil Aryan mit Yami beschäftigt war. „Die sind in der Paarungszeit“, hauchte sie leise. Gott, diese Stimme fuhr direkt in seinen Unterleib! „Jeder erfahrene Dämonenjäger meidet ihr Gebiet, nicht wahr, Aryan?“ Oh- oh, kein Nii-san? Sie sah aber immer noch Inuyasha an. „Wir sind natürlich nicht zu ihnen gegangen“, erklärte Aryan, als er sich kurz von Yami löste. Puh, danke! „Wir hörten sie nur von weitem und Inuyasha ließ sich von ihren Gesang verzaubern. Ich musste ihm hinterher.“ Du mieser, kleiner…! „Es ist nichts passiert. Warum rechtfertige ich mich vor dir?“ Wenn er hilflos war, holte er zum Angriff aus. „Aryan hat sich nicht um den Verstand bringen lassen. Ich bin nur enttäuscht über dein mangelndes Ehrgefühl. “ Das traf wie ein Schwall Eiswasser. „Ehrgefühl?“ Jetzt war er zornig. „Wie leicht kannst du dich denn gegen Magie wehren?“ „Magie? Du warst einfach nur geil. Komm mir nicht damit, dass man mich mit Sex ködern kann. So schwach bin ich nicht!“ Inuyasha war nicht der einzige, den ihre Wortwahl umhaute. Er fasste sich schnell wieder. „Schwach? Das ist keine Schwäche, das ist menschlich! Sie hat mich nur berührt, dann bin ich weggerannt. Behandle mich nicht wie ein moralloses Monster, nur weil du reizlose alte Jungfer keine Libido besitzt!“ Au! Jetzt war er zu weit gegangen. Die Drillinge rissen die Augen auf, Yuichi bekam den Mund nicht mehr zu. „Reizlos?“ Ihre Stimme ließ ihm die Eingeweide gefrieren. Das Wort war hängen geblieben. „Ich bin reizlos?“ Und etwas glühte in ihren Augen auf, etwas gefährliches, etwas, das er ein Mal gesehen hatte- oh Gott, bitte nein! Sein Herzschlag blieb stehen. Dann, wie auf einen Schlag, sackten ihre Schultern hinunter, ihr Gesicht verdüsterte sich und sie wandte sich ab. „Ihr habt bestimmt Hunger. Wir haben auf euch gewartet.“ Inuyasha spürte, wie seine Knie zitterten. „Da hast du aber riesiges Glück gehabt“, raunte ihm Aryan zu. „Pass endlich auf, was du sagst. Du kannst es dir nicht leisten, so mit ihr zu spielen.“ Er gab nur ein kurzes Knurren von sich. Danke, das wusste er selber! Etwas ruhiger setzte er sich an den Tisch. „Wie sieht eine Sirene aus?“, fragte ihn Yuichi im lauten Flüsterton. „Hör auf“, warnte ihn der Hanyou. „Ich bin nur neugierig“, tat er unschuldig. „Ich habe nie eine gesehen.“ „Ihre Stimme ist wichtiger, als ihr Aussehen“, erklärte ihm Aryan. „Wenn ihre Stimme alleine nicht ausreicht, verwirrt ihr Zauber deine Sinne so sehr, dass sie für dich unwiderstehlich aussieht. Ein Wesen, dem du nicht widerstehen kannst.“ Ach, deswegen hatte er Anjaani gesehen! „Wie sah sie für dich aus, Aryan-nii?“, interessierte sich Yoko, warf Inuyasha aber ein Lächeln zu, das verriet, dass sie wusste, wie seine Sirene aussah. „Wie sie für gewöhnlich aussehen. Dunkle Haare und silbrige, schuppige Haut. Gelbe Augen und spitze Haizähne. Nicht gerade so attraktiv, wie in der Fantasie der meisten Menschen.“ „Hat denn ihr Zauber gar nicht auf dich gewirkt?“, wunderte sich Yuki. „Nein“, lächelte er. „Ich bin Tag für Tag einem mächtigeren Zauber erlegen.“ Er schenkte Yami ein solch bezauberndes Lächeln, dass allen Mädchen ein Seufzer entwich. Anjaani schloss kurz die Augen. Was gäbe sie dafür, solche Worte aus Inuyashas Mund zu hören. Aber nein, sie bedeutete ihm nichts. Sie, das reizlose Weibsbild, das ihn durchfütterte. Mit mehr Schwung als nötig, stellte sie das Essen auf den Tisch. „Ich hoffe, es schmeckt euch“, murmelte sie und sah Inuyasha in die Augen. „Es gibt nur Fisch. Keine Meerjungfrau.“ Ein Lächeln traf Aryan. „Nicht für dich, Nii-san. Nur für die, die nicht widerstehen können.“ Inuyashas Augen wurden zu Schlitzen, die Drillinge begannen zu Kichern. Allein die Tatsache, dass das Abendessen unglaublich köstlich war, besserte seine Laune. Anjaani war auffällig still und nachdenklich. Und wie so oft aß sie kaum etwas. „Nee-chan, hast du keinen Hunger?“ Sie sah Yuichi an. „Nein, morgen wieder.“ „Sie isst immer so wenig“, klärte ihn seine Freundin auf. „Drei Tage isst sie kaum etwas und am vierten haut sie ordentlich rein. So war das schon immer.“ „Seltsam. Bist du sicher, dass das normal ist?“ Es war als Neckerei gemeint, doch sie zuckte zusammen. „Nein, ich glaube nicht. Ich glaube, ich bin überhaupt nicht normal.“ Aryan sah Inuyasha vorwurfsvoll an, doch der hungrige Hanyou zuckte nur schuldlos mit den Ohren. Anjaani hatte Hindi gesprochen, er hatte kein Wort verstanden. „Red nicht so einen Stuss“, warf ihr Yami vor. „Wie kommst du überhaupt darauf?“ „Hey, ich versteh kein Wort!“ „Aurora, leg nicht alles auf die Goldwaage, was er sagt“, beschwichtigte sie Aryan. „Er wird immer grob, wenn er in die Ecke gedrängt wird. Du kennst ihn doch.“ „Hallo, ich versteh immer noch nix!“ Anjaani sah den Japaner an, nicht unfreundlich, aber fest, sodass er zurückwich. „Ich bin nicht normal. Zufrieden?“ „Das war doch nicht ernst gemeint, Nee-chan. Du bist die einzig Normale in diesem ganzen Haufen von Spinnern.“ „Er hat recht, Aani“, lachte Yuki. „Schau uns an. Du bist wirklich nicht diejenige, die verquer ist.“ „Dass ihr einen Schaden habt, ist klar“, brummte Inuyasha. „Aber warum ich?“ „Deine Taktlosigkeit und dein Mangel an Feingefühl sprengen wirklich jede Grenze“, wies ihn Yami grob zurecht. „Du bist der größte Spinner von allen!“ „Also bin ich nutzlos und langweilig“, fasste Anjaani zusammen. „Bedeutungslos, sinnlos.“ „Wer hat das jetzt behauptet?“, wunderte sich Aryan. „Das ist nur eine Zusammenfassung“, meinte sie trocken. „Ich bin ein normaler, gewöhnlicher Mensch, der kein Talent hat, nichts besonders gut kann. Im Vergleich zu euch allen bin ich ein Nichts. Geistig kann ich euch nicht das Wasser reichen, nicht einmal äußere Reize kann ich vorweisen.“ Die Blicke der Drillinge, die Inuyasha trafen, waren tödlich. „Ich hab nicht einmal natürliche Bedürfnisse“, murmelte sie weiter, in Gedanken versunken. „Keine Libido. Ich bin nicht normal. Was bin ich?“ Oje. Inuyasha seufzte innerlich. Was hatte er angestellt? „Meine Familie hielt es nicht für nötig, mich zu mögen. Raj hat mich jahrelang benutzt, keine Nähe, keine Gefühle. Keiner bringt Gefühle für mich auf. Selbst Zuma, bei dem ich die Chance hätte, dass ich ihm wenigstens Freundschaft wert bin, hasst mich aus tiefstem Herzen. Yami und Yuki misstrauen mir, wenn ich in der Nähe ihrer Männer bin.“ Die Schwestern zuckten zusammen und sahen sich schuldbewusst an. „Ich störe nur“, erkannte Anjaani plötzlich. „Ich bin jedem nur im Weg.“ „Aani, du steigerst dich da rein!“, herrschte Yoko sie an. „Reiß dich jetzt zusammen!“ „Sag mir ehrlich“, bat sie. „Wäre dir wohler, wenn ich nicht mit Zuma zusammen arbeiten würde?“ Yoko Augen weiteten sich. „Hasst du es, wenn ich Yuichi berühre?“ Yuki senkte den Blick. „Und du wünscht dir, dass Aryan und ich uns nicht mögen.“ Yami presste die Lippen zusammen. Anjaani konnte man sowieso nicht anlügen. „Eigentlich bin ich euch nur im Weg. Ich störe euer Weiterkommen.“ „Aani...“ „Wieso studiert ihr nicht?“ Die Drillinge tauschten ratlose Blicke. „Ihr hängt wegen mir hier fest, seid jeden Tag bei mir. Gebt eure ganze Energie, damit ich nicht zusammenbreche. Ihr seid unglaublich und lebt eure Talente wegen mir nicht aus. Keine von euch lebt ihr Leben, so wie sie es sich wünscht. Wegen mir. Ich habe immer nur gestört. Seit meiner Geburt war ich immer nur im Weg. Gäbe es mich nicht, wäre alles so, wie es sein sollte.“ Entsetzte Stille war eingetreten. Keiner wusste, wie er darauf reagieren sollte. Verdammt! Inuyasha hatte mehr angerichtet, als er gedacht hatte. Sie glaubte fest an diesen Mist, der ihr jahrelang auch noch bestätigt worden war. Es gibt niemanden, der sie vom Gegenteil überzeugen kann. Die bittere Wahrheit in ihren Worten schmerzte ihn. Sie glaubte fest daran, dass ihr Tod das Beste für alle war. „Wir danken dir zu wenig“, erkannte er leise. Anjaanis Kopf zuckte hoch. Alle Augen richteten sich auf ihn. „Du weißt gar nicht, was du alles für uns tust, weil wir es dir nicht zeigen. Wir sind undankbar.“ „Nein!“, rief sie aus und schüttelte wild die schwarzen Locken. „Das habe ich nicht sagen wollen, das-“ „Aber es ist so“, unterbrach Inuyasha sie grob. „Wir sind so an dich gewöhnt, dass deine Fürsorge selbstverständlich ist.“ „Du redest-“ „Zahle ich Miete?“ Sie sah verblüfft drein. „Nein, du bist mein Gast.“ „Helfe ich dir im Haushalt?“ „Du hast genug zu tun.“ „Und du studierst und arbeitest! Wenn du daheim bist, machst du entweder den Haushalt, bist im Garten oder in der Küche. Alles machst du alleine. So gut wie alles machst du selber, statt es fertig zu kaufen. Angefangen bei der Hygiene bis zum Essen.“ „Weil ihr es mir wert seid.“ „Du gönnst dir nie etwas. Ich habe noch nie gesehen, dass du etwas alleine für dich kaufst. Außer etwas Essbares und dann teilst du es mit mir.“ „Ich brauche nichts. Das Geld ist für wichtigeres.“ „Wie für mich?“ „Gibt es etwas Wichtigeres?“ Er geriet kurz aus dem Konzept. „Du wäscht die gesamte Wäsche.“ „Weil ihr nicht dazu kommt. Ich will euch nur helfen.“ „Wer hilft dir?“ „Wobei? Ich helfe doch kaum.“ Langsam wurde er wütend. „Du hilfst kaum? Was ist mit all den Leuten, die ständig mit ihren Problemen zu dir kommen?“ „Also wenn das mal nicht selbstverständlich ist! Man soll helfen, wo man kann. Das ist nun wirklich nicht der Rede wert! Ein mitfühlendes Ohr kann Wunder bewirken.“ „Du tust pausenlos Dinge für andere. Jeder braucht deine Hilfe. Du verbreitest Freude. Ohne dich wären wir alle nicht hier. Du hältst uns zusammen. Ohne dich weiß ich nicht, was mit mir wäre.“ „Ich kann dir genau sagen, was mit dir wäre, hätte Aurora dich nicht gefunden“, lächelte Aryan. „Wir zwei wären aneinander geraten und einer von uns wäre jetzt nicht mehr am Leben.“ „Hörst du, ohne dich wäre Aryan nicht mehr am Leben. Wir brauchen dich. Ohne dich sind wir aufgeschmissen! Du tust alles für uns!“ „Ich tue das nur für mich“, schrie sie ihn an. Unvermittelt sprang sie vom Stuhl auf, Zorn und Schuld in den schönen Augen. „Ihr seid meine Familie, die einzigen Menschen, denen ich etwas bedeute. Ich hatte nie jemanden, dem ich etwas wert war. Ich würde alles für euch tun, damit ihr euch wohl fühlt bei mir. Damit ihr mich nicht verlässt! Damit ihr bei mir bleibt! Ich denke dabei an mich. Ich handle aus purem Egoismus!“ Die Runde brach in Gelächter aus. Anjaani war völlig verdattert, dann stimmte sie mit ein. „Das versuchst du dir wirklich einzureden“, kicherten die Schwestern. „Es ist so“, lachte die Inderin. „Nein“, wurde Inuyasha wieder ernst. „Er hat recht“, hielt Aryan zu ihm. „Wir danken dir zu wenig.“ „Ich brauche keinen Dank.“ „Und genau das, Anjaani, liebe ich so an dir.“ Kapitel 25: Stärken und Schwächen --------------------------------- Anjaani starrte Inuyasha an. Ihr Herz hatte einen Schlag lang ausgesetzt. „Atme“, erinnerte er sie lächelnd. Sie schloss die goldenen Augen und atmete zitternd durch. Hatte er wirklich gesagt, was sie verstanden hatte? Als sie die Augen öffnete, blickte sie direkt in seine und Hitze wallte in ihr auf. „Du hast mich richtig verstanden“, sagte er mit fester Stimme. Fest und warm und samtig. „Du bist wichtig für mich. Ich habe dir gesagt, wie sehr ich dich brauche und wie sehr ich dir vertraue“, ließ er sich nicht beirren. „Hör auf, dich schlechter zu machen, als du bist.“ Dann senkte sich seine Stimme zu einem Hauch, den nur sie noch hören konnte: „Momentan bist du das wertvollste für mich.“ Auf einen Schlag schienen ihren Augen im Goldregen zu explodieren. Die Drillinge wichen zurück. „Meine Fresse, Aani“, rief Yuki aus. „Was hat er gesagt?“ Die pure Seligkeit leuchtete in Anjaanis Gesicht. Noch nie war sie so schön gewesen. So schön, dass alle drei Männer den Blick abwenden mussten. „Diese Worte gehören nur mir“, flüsterte sie und sah Inuyasha an. „Danke, Saajan.“ Diese wundervollen Worte hatten jeden Zweifel restlos vernichtet. „Nur deine mangelnde Libido ist wirklich nicht normal“, zog Yami sie auf. Inuyasha entfuhr ein Grollen. Aryans Blick warnte ihn, sich einzumischen. „Dann klär mich auf.“ „Was?!“ Der gesamte Tisch starrte sie an. Anjaani errötete, doch ihr Entschluss war gefasst. „Ich bin eine Frau und kein kleines Kind mehr. Es wird Zeit, diese Verklemmtheit abzulegen. Bringt mir bei, attraktiv zu sein. Zeigt mir, wie ich mit meinen Reizen umgehen kann.“ „Hey, habt ihr noch-“ Yami klatschte Inuyasha ihren Handrücken ins Gesicht. „Ich mach das!“ „Wieso du?“, beschwerte sich Yoko. „Ich kann das genauso gut. Was kannst du, was ich nicht kann?“ „Aryan erobern.“ Das war Begründung genug. Yamis teuflisches Grinsen galt Inuyasha. „Du willst reizvoll sein? Ja. Du bist reizvoll. Dir ist es nur nie bewusst.“ „Aha?“ „Du glaubst mir nicht? Gut. Das effektivste, um Kerle um den Verstand zu bringen, haben wir Drei von dir gelernt.“ Anjaanis Skepsis wich nun Belustigung. „Und was wäre das?“ „Dein verführerischer Blick.“ Der Hanyou schluckte. „Keine hat ihn so drauf wie du“, bestätigte Yuki. „Und das Hündchen hier scheint sich auch zu erinnern.“ „Wie bitte? Wann schaue ich denn verführerisch?“ „Was meinst du denn, wie du von dem Flohteppich schwanger geworden bist?“ Inuyasha verschluckte sich an seinem Getränk, Anjaanis Gesicht hatte die Farbe reifer Tomaten angenommen. „Halt sie auf“, hustete der Halbdämon Aryan an. „Noch nicht“, lehnte Aryan sich zurück. „Erst, wenn sie übertreiben.“ „Welcher Blick?“, traute Anjaani sich zu fragen. Yami wandte das Gesicht zu Yuichi. „Mach du das“, sagte sie zu Yuki. „Dieser Blick.“ Der Japaner zuckte zurück. „Yuki, lass das!“, war sein Kommentar. „Das geht direkt unter die Gürtellinie!“ „Den haben wir von dir abgeschaut“, erklärten die Drillinge stolz. „Kein Mann kann widerstehen.“ „Bestätige ich“, lächelte Aryan. „Und wie mache ich das?“ Anjaani war hilflos. „Aani-Schatz, das ist dein bewusster Blick. Du kannst das auch unbewusst. Jeder hat unbewusst einen bestimmten Gesichtsausdruck, der besonders anziehend ist“, erklärte Yuki. „Das weißt du. Bei Inuyasha und Yui-kun sind sie völlig unterschiedlich.“ „Bei Inuyasha ist es dieses sanfte Lächeln“, begriff Anjaani. „Ich bin mir aber sicher, der macht das nicht unbewusst!“ „Und bei mir?“, wollte Yuichi wissen. „Wenn du ernst und nachdenklich bist“, erklärte die Inderin. Er war überrascht. „Oh, ja“, seufzte Yuki. „Das ist so sexy, wenn du ernst bist. Ich verlier halb den Verstand.“ Das würde er sich merken! „Bei dir, Aani, ist es wieder etwas ganz anderes“, machte Yuki unbeirrt weiter. „Frag Inuyasha, wann du besonders anziehend bist. Der kann ein ganzes Liederbuch darüber singen.“ Anjaani sah ihn an, doch seine Aufmerksamkeit galt dem Essen. „Ist es dir so wichtig?“, grummelte er. „Hai.“ „Wenn du wütend bist“, seufzte er. „Und jetzt lasst mich mit dem Mist in Ruhe!“ Reagierte Inuyasha deshalb immer so, wenn sie stritten? Weil er ihr nicht widerstehen konnte? Sie schüttelte entschieden den Kopf. „So ein Schwachsinn! Ich schaue nie verführerisch!“ „Doch, das kannst du“, beharrte Yoko. „Besonders, wenn du wütend bist. Da bist du unbewusst anziehend.“ „Aber den bewusst verführerischen Blick üben wir“, versprach der jüngste Drilling und räusperte sich. „Damit wird es ganz bestimmt klappen. So machen wir es dir viel leichter.“ Inuyasha schauderte es jedes Mal, wenn sie seine Stimme aus ihrem Mund hörte. „Schließ die Augen und konzentrier dich nur auf diese Stimme.“ „Wenn sie das bei Männern macht, ist das echt gruselig“, beschwerte sich Yuichi. „Wem sagst du das“, stimmte ihm Inuyasha zu. „Mund halten“, knurrte sie Inuyashas Stimme an. „Und du, Aani, Augen zu. Ich kann dir alles sagen, was du hören möchtest, du würdest den Unterschied zwischen dem echten Flohteppich und mir nie merken.“ Anjaani lächelte mit geschlossenen Augen. „Was auch immer du sagt, es wäre nie so schön, wie das, was er vorhin sagte.“ Wärme breitete sich in Inuyashas Magen aus. „Ich brauche aber etwas, was dich reizt und anmacht“, überlegte Yami mit seiner Stimme weiter. „Ah, ich hab‘s! Dein verführerischer Blick. Gut. Anjaani-“ „Warte mal“, unterbrach sie Yoko. „Heb dir den Blick für später auf. Die Grundlage hast du vergessen. Selbstbewusstsein.“ „Stimmt. Du darfst dich von der Dominanz der Männer nicht einschüchtern lassen.“ „Sonst bist du nur ihr Spielzeug“, nickte Yuki. „Du darfst nicht unterliegen. Niemals!“ Dann grinste sie süffisant. „Körperlich schon, aber du darfst nicht zulassen, dass sie mit dir machen, was sie wollen. Du bist der Boss. Punkt.“ „Oh, ich ahne, was auf mich zukommt“, murmelte Yuichi leise. Yuki warf ihm ein schelmisches Lächeln zu. „Aani, du weißt, was du willst und du nimmst es dir auch. Und niemand unterdrückt dich.“ Anjaanis Gesicht war ernst geworden. „Verstehe. Ich muss nur so sein wie ihr.“ „Betone deine Reize“, warf Yoko noch ein. „Ohne sie aber zu offensichtlich zur Schau zu stellen. Die Kerle müssen wissen, was sie bekommen könnten, aber es soll nicht zu einfach für sie sein. Eine leicht zu habende Frau wird schnell uninteressant und langweilig.“ „Und wie benehme ich mich… sexy?“ „Indem du deine Unsicherheit versteckst“, kam es gleichzeitig aus allen drei Mündern. „Und das hier machst.“ Yoko senkte sanft die Lider, öffnete den Mund leicht und fuhr mit der Zungenspitze kurz über die Unterlippe. Zuma brachte diese Geste jedes Mal um der Verstand. „Ihr wisst eindeutig was ihr da tut“, bemerkte Yuichi. „Von ihnen kannst du wirklich was lernen, Onee-chan.“ „So, ihr habt euren Spaß gehabt. Es reicht jetzt“, wollte Inuyasha das ganze beenden. „Nein, tut es nicht.“ Anjaani sah ihn fest an und sein Blut begann zu brodeln. „Super gemacht“, lobte Yuki. „Selbstbewusstsein!“ „Ich hab nichts getan.“ „Da siehst du, dass du auch betörend sein kannst. Was du mit den Lippen machst, ist fast so wichtig wie deine Augen. Ein weiblicher Mund übt so manche Reize auf die männliche Lust aus.“ „Der Mund, warum das?“ Oh Gott, nein! „Ich muss gleich zur Arbeit, aber das lasse ich mir nicht entgehen.“ Yukis Gesichtsausdruck ließ Inuyasha den Schweiß ausbrechen. Er warf Aryan einen Blick zu, aber dieser lächelte nur neugierig. „Du weißt, warum Raj die Beherrschung verloren hat?“ „Nicht das schon wieder“, stöhnte die Inderin und vergrub das Gesicht in den Händen. Jetzt packte auch den Halbdämon die Neugier. Er beugte sich mit golden schimmernden Augen vor. Anjaani wich ihm aus. „Was hat sie gemacht?“ „Du kennst doch Aanis Schwäche für Chashewmus?“ „Häschen, bitte nicht!“ Ja, die kannte er. Anjaani war verrückt nach Chashewmus. Ihre Augen vergoldeten sich immer, wenn sie die zu Mus pürierten Chashewnüsse vom Löffel aß. „Es war der Morgen der Vergewaltigung. Raj war sowieso mit den Nerven am Ende, weil Aani genug von dieser Beziehung hatte und plante auszuziehen.“ Inuyasha hob die Brauen. „Du hast es beenden wollen?“ „Natürlich. Ich hatte es satt, mich von ihm so ausnutzen zu lassen. Ich war nicht sein Besitz. Ich hatte mich getrennt. Der Tag hätte mein letzter in dieser Wohnung sein sollen. Und jetzt ist Schluss!“ Das überging Yuki. „Und Rajs Nerven hat sie beim Frühstück noch extra reizen müssen. Ohne Schleier hat sie ihn genug nervös gemacht. Und so ungeschickt wie er war, hat er mit dem Chashewmus gekleckert und seine Finger waren voll davon. Aani hat sich nicht beherrschen können…“ Alle drei Männer rissen die Augen auf. Yuichi glaubte es nicht. „Du hast ihm die Finger abgeleckt?!“ Anjaani vergrub sich in ihrem Schleier. „Nein, hab ich nicht!“ Yami lachte engelsrein. „Nein, nicht nur. Sie hat das volle Programm abgezogen und mit was für Genuss.“ Inuyasha schien aus allen Wolken zu fallen. „Anjaani, dem Verräter sind alle Sicherungen durchgebrannt! Und du wunderst dich, dass er über dich hergefallen ist?!“ „Ich weiß gar nicht, was so schlimm dran war“, meinte sie kleinlaut. „Kein Wunder, dass er sich nicht beherrschen konnte. Du hast ihn provoziert!“ „Wie denn, Saajan?“ Inuyasha schloss den Mund, sein Gesicht lief rot an. Die Drillinge grinsten herausfordernd. „Ja, wie? Los, Saajan, erklär‘ s ihr“, flötete Yuichi hämisch. „I-ich… Habt ihr eigentlich einen Schaden?!“ „Wir wollen ihr nur erklären, was sie mit dem Mund machen muss, um die Kerle verrückt zu machen“, schmunzelte Yuki. „So wie du im Zoo mit der Banane?“, warf Anjaani ein, um jede Ablenkung bemüht. „Ich hatte Hunger“, erklärte Yuki nur. „So isst man keine Banane“, zischte Anjaani. „Gefühlt 50 Männer sind stehen geblieben und haben sie angestarrt.“ Die Drillinge kicherten bei der Erinnerung. „Das kann ich mir vorstellen“, lächelte Aryan und sah Yami an. „Warst du brav?“ „Natürlich. Ich bin nicht so sadistisch wie Yuki“, versicherte Yami. „Sie hat eine besondere Art Bananen zu essen.“ „Ich hab nicht übertrieben“, lachte Yuki. „Was kann ich dafür, dass Kerle so schwanzgesteuert sind?“ „Ihr habt einen gehörigen Schaden“, grummelte Inuyasha. „Und dein Mund, Aanilein, ist wahnsinnig wichtig, um verführerisch zu sein“, griff Yoko das Thema wieder auf. „Wir üben gleich. Hier!“ Sie streckte Anjaani eine Banane hin. „Wenn es sein muss“, gab Anjaani nach, sich der Brenzligkeit dieser Situation gar nicht bewusst. Inuyasha Herz blieb stehen, ein erwartungsvolles Grinsen breitete sich auf Yuichis Gesicht aus. „Was ist so erotisch dran?“ „Weil Männer bei allem, was eine Frau in den Mund nimmt-“ „Es ist genug“, beendete Aryan das ganze endlich. „Ihr hattet euren Spaß. Aurora, das wird dich nur unnötig schockieren.“ Inuyasha atmete erleichtert aus. „Menno, ich hätte gerne gehört, wie sie ihr das erklären“, beschwerte sich Yuichi. „Was ist an einer Banane so schlimm?“ Anjaani konnte sich keinen Reim daraus machen. „Das willst du wirklich nicht wissen“, meinte Aryan. „Weißt du es?“ Er lächelte. „Schau dir die Banane mal an. Warum haben die Drillinge in ihrem Referat über Verhütung wohl eine Banane als Anschauungsobjekt verwendet? Anjaani begriff. Sie ließ die Banane fallen, als hätte sie sich an ihr verbrannt. „Ok, du hast recht. So viel will ich nicht wissen. Es ist jetzt wirklich genug.“ „Och, Aani! Bist du gar nicht neugierig?“ „Nicht mal ansatzweise“, erwiderte sie angeekelt. Enttäuscht gaben die Drillinge auf. „Ich zeig‘s ihr dann“, entschied Yoko. „Tust du nicht“, verbot Yami. „Sie muss es von jemanden lernen, der es auch wirklich kann.“ „Wer sagt denn, dass du‘s am besten kannst?“, giftete Yuki beleidigt. „Weil ich es euch beigebracht habe!“ „Jetzt reicht es aber endgültig!“ Inuyasha verlor die Nerven. „Wenn jetzt nicht Schluss ist, schmeiß ich euch alle Drei raus!“ „Beruhige dich mal“, schmunzelte Yuki. „Ich gehe jetzt eh zur Arbeit. Ich muss die Wochenendschicht klären.“ Yuichi folgte ihr zur Haustür und zog sie in seine Arme. „Yui-kun, ich muss jetzt wirklich los.“ „Arbeite nicht am Wochenende. Nimm dir frei und komm mit mir nach China.“ „Ich kann nicht, das weißt du. Der amerikanische Sänger will, dass ich ihn bediene. Ich muss hin, sonst werde ich gekündigt.“ „Steht der auf dich?“ „Natürlich, das ist zur Hälfte mein Job“, lachte sie. „Aber er lässt mich eiskalt.“ „Nur du und ich in Peking. Am Freitag die Benefizgala. Die ganze Nacht mit mir auf einem rauschenden Ball tanzen.“ „Kitschiger geht es nicht mehr?“, bemerkte Yuki angewidert, doch er sah ihr an, wie reizvoll dieses Bild war. „Wir wären völlig alleine in meiner Suite. Mit Privataufzug.“ Er senkte das Gesicht zu ihrem hinab, seine Augen tauchten in ihre und ihr Atem wurde schneller und flacher. „Und die Fahrt im Aufzug dauert lang?“ „Lang genug.“ Seine Augen glühten voll Verheißung. „Bleib hier“, flüsterte er. „Und komm mit mir mit.“ Sein Kuss ließ ihre Knie weich werden. Ihre Sinne schwanden. „Lass das“, seufzte sie an seinen Lippen. „Was?“ „Mich zu verführen.“ Sie löste sich von ihm und riss die Tür auf. „Das funktioniert nicht.“ Weg war sie. „Ist die jetzt gegangen?“, war Yuichi etwas perplex. „Ja, sie ist weg“, lachte Yami. „Pech gehabt, Romeo.“ „Menno“, jammerte er. „Wieso klappt das nie?“ „Das ist eine Schutzreaktion, Chi-chan“, tröstete ihn Anjaani, während sie mit Yoko das Geschirr spülte. „Einen Moment länger und sie wäre schwach geworden.“ „Einen Moment länger und sie wäre eingeschlafen“, motzte er trotzig. „Chi-chan, Yuki ist sehr eigenständig. Du machst sie schwach und sie ist es nicht gewohnt, schwach zu werden.“ „So ein Schwachsinn. Ich kriege das nie hin. Meine eigene Freundin steht nicht auf mich. Ich lasse sie völlig kalt!“ Inuyasha stieß ein lautes Knurren aus und ging auf ihn zu. Yuichi wich instinktiv zurück. „Jetzt hab ich die Nase voll. Dein Gejammer geht mir wirklich auf den Sack.“ Er baute sich vor dem verunsicherten Japaner auf und verschränkte die Arme vor der Brust. „Was für ein Weichei bist du überhaupt? Gerade die Drei sind ziemlich leicht zu verführen. Besonders deine! Du musst nur ihre Schwachstelle ausnutzen.“ „Sie hat keine Schwachstelle“, widersprach er sofort. „Ausnahmslos jede Frau hat eine Schwachstelle.“ „Ja, der Punkt zwischen ihren Beinen“, spukte Yami sarkastisch aus. „Bravo, du Meister. Das ist echt kein Geheimnis.“ Yoko teilte mit Yuichi ein stilles Grinsen, denn Inuyasha tappte in die Falle. „Nein, dahin musst du erst kommen“, knurrte er und verdrehte die Augen. „Ich rede von einem Schwachpunkt, der dir alle Tore öffnet, wenn du ihn geschickt reizt.“ Aryan wollte eingreifen, doch Yoko zog ihn in die Küche zurück. Inuyasha war nicht bewusst, was er da von sich Preis gab, aber das wollte sich niemand entgehen lassen. Auch Anjaani an der Spüle war aufmerksam geworden. „Sag, du Weiberheld! Wo ist deiner Meinung nach dieser besondere Schwachpunkt? Falls es den gibt.“ Auch Yuichi ließ sich darauf ein. Ein Blick in Inuyashas Erfahrungsschatz war unbezahlbar. „Den gibt es“, versprach der Hundedämon selbstsicher. „Aber er ist bei jeder Frau anders. Du zum Beispiel bist sehr empfindlich an den Lippen“, warf er Yoko eine kurzen Blick zu. „Sanfte Bisse und du wirst willenlos.“ Sie schnappte ertappt nach Luft. „Woher weißt du das?“, wunderte sie sich. „Beobachtung“, antwortete er nur. „Das wirkt bei Yuki nicht“, widersprach Yuichi bockig. „Nein, nicht so gut wie bei dem roten Zwerg. Denk ganz genau drüber nach, dann wird dir das auch bewusst. Es ist so offensichtlich.“ Yuichi legte nur irritiert den Kopf schräg. „Komm, Yui-chan“, forderte ihn Yami auf. „Sie kann es überhaupt nicht leiden, dort berührt zu werden.“ Er kam einfach nicht drauf. „Ihr Hals“, grollte Inuyasha ungeduldig. „Ihre komplette Nacken- und Halspartie.“ Yuichis blaue Augen weiteten sich in der Erkenntnis. „Sie trägt selbst im Hochsommer Schals und Halstücher. Und ihr Haar ist selbst bei dieser Hitze offen… um ihren Nacken zu schützen?“ „Weil sie Berührungen dort kaum erträgt. Das ist ihr großer Schwachpunkt. Hat sie dich je an ihren Hals gelassen?“ „Nein, nie. Sie hat immer davon abgelenkt.“ „Jetzt weißt du warum“, grinste der Dämon. „Der Nervenzwerg ist ausgehungert und hält sowieso nicht mehr lange durch. Dir zu widerstehen, wird immer mehr zur Tortur für sie. Also hör mit dem Jammern auf und benimm dich wie ein Mann. Jede Frau ist rumzukriegen. Ausnahmslos.“ Anjaani klappte die Kinnlade herunter und Yoko drückte sie ihr grinsend wieder hoch. „Jede?“, lächelte Yami kalt. „Du hast ein völlig überzogenes Selbstbild.“ Inuyasha fixierte sie mit seinen Glutaugen. „Tu nicht so unnahbar. Deine Schwachstelle ist noch offensichtlicher.“ Sie griff sich automatisch an die Ohrläppchen. Aus Inuyasha Kehle drang ein leises, samtenes Lachen. „Nein, da ist eine noch viel größere Schwachstelle. Dazu kommt noch, dass du anfälliger bist, weil du gerade deinen Eisprung hast.“ „Wie bitte?!“ „Dein Duft hat sich verändert, ist verlockender geworden. Du sprühst nur so vor Fruchtbarkeit. Und gerade für mich bist du gar kein Problem.“ Aryan runzelte die Stirn, überlegte, ob er dem Schauspiel nun ein Ende setzen sollte. Inuyasha merkte nicht, wie er in seiner Rolle verschmolz. Der Verführer war erwacht. Und das Opfer war seine Freundin. Seine Freundin, die keinen Kampf scheute. Yami grinste herausfordernd. „Du? Pfui, Teufel! Gerade du bist gar nicht mein Typ. Dir zu widerstehen ist nicht der Rede wert.“ Sie ignorierte Aryans warnende Stimme in ihrem Kopf. „So standhaft, wie du denkst, bist du nicht“, flüsterte der Hanyou. Seine Augen glühten und ein winziger Hauch von Verunsicherung breitete sich kurz über Yamis Augen aus. „Du hast eine große Schwäche“, raunte er mit weicher, freundlicher Stimme. Gänsehaut lief Yamis Nacken hinab. Inuyashas Augen funkelten zärtlich, ein sanftes Lächeln legte sich um seine Lippen. Er neigte den Kopf zur Seite. Ganz genau wie Aryan! „Dein Herz ist stolz, Prinzessin. Aber so schwach. Schwach für mich.“ Yami war erstarrt, Röte überzog ihre Wangen. Und Inuyaha lächelte. Ein warmes, engelsgleiches Lächeln. „Was tust du da?“ Ihre Stimme war nicht mehr als ein Atemhauch. Ihr rasendes Herz schlug ihr bis zum Halse. Er strich ihr in einer liebevollen Geste die Haare aus der Stirn. Ihre Hand zuckte zum Schlag hervor, doch er war schneller. Seine warmen Finger schlossen sich um ihre. „Ich tue nichts, was du nicht willst.“ Nah war er ihr, zu nah. Doch sie rückte nicht weg, sie versuchte nicht einmal, ihm ihre Hand zu entreißen. „Hör auf“, bat sie leise. „Willst du das?“ Sie zögerte. Er schlang den freien Arm um ihre Taille und zog sie mit einem Ruck an seinen Körper. „Verloren“, flüsterte er, Zentimeter über ihren Lippen. Yami blinzelte. „Nimm deine dreckigen Pfoten von mir!“ Mit einem kräftigen Ruck riss sie ihr Knie hoch, genau in Inuyashas Weichteile. Keuchend sackte er zusammen und krümmte sich auf dem Boden. Yami, rasend vor Zorn, begann nach ihm zu treten. „Wenn du das noch einmal machst, du widerlicher Flohsack, reiß ich dir die Eier ab und stopf sie dir in dein dreckiges Maul! Hast du mich verstanden?!“ „Aua! Hör auf… Au! Mich zu treten!“ Seine krächzende Stimme war einige Oktaven höher. Er sah den General an. „Hilf mir!“ Aryan beachtete ihn nicht. „Aryan, hilf ihm doch“, bat Yoko. „Ich kann Yami nicht aufhalten.“ Aryans Augen waren stählern. „Nein“, sagte er ruhig. „Lass ihn bekommen, was er verdient.“ „Anjaani“, ächzte Inuyasha unter Schmerzen. Als Antwort flog ihm ein Eisbeutel ins Gesicht. „Boah, was hab ich falsch gemacht?“ „Du hast es perfekt gemacht“, grinste Yuichi. „Zu perfekt.“ „Ach ja?! Warum hocken wir dann im Garten, anstatt in der Wohnung?“ „Wir?!“ Der sonst so sanfte Aryan kochte vor Zorn. „Du wurdest rausgeschmissen!“ „Und weil wir zwei keine Brüste haben, sind wir auch die Sündenböcke. Ich fand’s lustig.“ „Ist das dein Ernst? Hätte er das mit Yuki gemacht, wärst du nicht so ausgelassen.“ „Ich hab doch nichts getan!“ Aryans mörderischer Blick ließ ihn zurückweichen. „Du hast versucht meine Freundin zu verführen! Indem du mich nachmachst!“ Inuyasha traute sich nicht, ihm in die Augen zu sehen. „Das war Spaß.“ „So spaßig kam mir das nicht vor. Wenn du das noch einmal machst, landest du in der Dämonen-Hölle!“ Inuyasha zog die Schultern ein. „Sie hat doch widerstehen können. Wo ist denn dein Problem?“ „Du wirst derjenigen mit dem Problem sein! Yami ist so sauer, dass ich sie nicht einmal mehr anfassen kann. Ganz zu schweigen davon, dass du Aurora verletzt hast.“ Inuyasha Ohren zuckten. „Du hast keine Ahnung, wovon er redet, nicht wahr?“, erkannte Yuichi. „Du hast mit Auroras Gefühlen gespielt“, knurrte Aryan genervt. Seine Laune war richtig mies. „Sie hat Gefühle für dich und du versuchst vor ihren Augen, eine andere zu verführen. Hast du keine Minute darüber nachgedacht?“ „Der Nervenzwerg hat mich herausgefordert“, versuchte er zu erklären. „Ich hab mich nicht beherrschen können.“ „So? Willst du wissen, wie es ist, wenn ich mich nicht mehr beherrschen kann?“ „Es tut mir leid. Ich mache es nie wieder.“ „Wenn du noch einmal unsere Ähnlichkeit ausnutzt, sorge ich dafür, dass dein Gesicht völlig anders aussieht!“ Inuyasha zuckte zusammen. „Es war ein einmaliger Fehler, Aryan. Ich hätte ihr nichts gemacht. Wirklich.“ „So weit hätte ich es nicht kommen lassen.“ „Wir sollten zurück“, riet Yuichi. „Je länger man Frauen alleine lässt zum Nachdenken, desto schlimmer wird es am Ende für euch. Für mich nicht, meine war nicht dabei. Auf in die Höhle des Löwen.“ „Ich will nicht mehr zurück. Nicht solange der grüne Zwerg da ist.“ Aryan lächelte finster. „Verdient hast du es. Aber wir sollten Aurora wirklich keine Zeit zum Nachdenken lassen. Sonst kommt sie noch auf die Idee, ihre Gefühle für dich zu hinterfragen.“ Inuyasha sah ihn überrascht an. Aryan hatte keine Lust, ihm das zu erklären, zu sehr war er um seine Beherrschung bemüht, ihm keine reinzuhauen. „Sie hat eine Seite von dir gesehen, die sie nicht kennt“, klärte ihn der Japaner auf. „Die sie sogar abstößt. Sie könnte daran zweifeln, ob du wirklich der Inuyasha aus ihren Träumen bist. Oder wieder nur ein Trugbild, wie Raj es war.“ „Verdammt!“ Und weg war der Hanyou. „Wir sollten hinterher, falls Yami versucht ihn umzubringen“, seufzte der General. „Hast du was dagegen, wenn sie es tut?“ „Nicht das Geringste, aber ich würde einen wertvollen Kämpfer verlieren. Komm.“ „Warte mal“, zog ihn Yuichi an der Schulter zurück. „Du bist rasend eifersüchtig. Warum bei mir nie?“ „Nie ist nicht wahr. Beim Dreh zum Werbespott war ich eifersüchtig. Aber ansonsten bist du kein Konkurrent. Weil du mir nicht ähnlich siehst. Inuyasha leider schon. Viel zu ähnlich anscheinend. Ich bin ihre größte Schwachstelle, jemand, der aussieht wie ich und sich so benimmt. Du hast ihre Reaktion auf ihn gesehen.“ „Ich glaube, du steigerst dich da rein“, warnte ihn Yuichi. „Sie war kurz vor den Kopf gestoßen, mehr nicht.“ „Meinst du?“ „Hai, er hätte sie nie rumgekriegt. Sie kann ihn nicht leiden. Niemand ist besser als Aryan.“ Aryan lachte. „Du hast recht. Was bedrückt dich?“ „Nichts“, log der Blauäugige. Aryan konnte man nicht anlügen. „Yuki hätte ihm auch widerstanden. Er hat es schon mal versucht und ist gescheitert.“ Yuichis Gesicht erhellte sich. „Wirklich?“ „Ja, wirklich. Yuki macht auf dich einen offenherzigen Eindruck, aber sie will nur dich. Du bist der Einzige in ihrem Herzen. Sie ist nicht leicht zu haben, sie war es nie. Sie wollte insgeheim immer nur Liebe und die kannst nur du ihr geben.“ „Danke.“ „Los, retten wir diesen hirnlosen Hund.“ „Ist es ein Trost für dich, wie sehr ihn Nee-chan um den kleinen Finger wickeln kann?“ Jetzt funkelten die grünen Augen belustigt. „Und was für einer!“ Vor der Wohnungstür stutzen sie. Inuyasha stand an der leicht geöffneten Türe, bewegte sich aber keinen Millimeter. Sein Gesicht war angespannt. „Was hat das kleine Hündchen denn? Ist dort ein Schlangennest?“, fragte Yuichi unschuldig. Yami war gerade eifrig dabei, Anjaani tatsächlich zu erklären, warum Inuyasha nicht der war, wofür sie ihn hielt. Der Dämon schluckte nervös. Seltsamerweise war Yoko auf seiner Seite. Die Schwestern gerieten in einen heftigen Streit. „Meine Versöhnung kann ich dann vergessen“, bemerkte Aryan deprimiert. „Von wegen, du Glückspilz“, flüsterte Inuyasha zurück. „Stell es geschickt an und du erlebst die Nacht deines Lebens. Wütender Sex ist der beste. Viel besser als Versöhnungssex.“ Yuichi riss stumm den Mund auf. „Nicht, wenn sie mich vorher umbringt.“ „Wut und Leidenschaft trennt nur ein sehr schmales Band. Nutz deine körperliche Dominanz aus und heute Nacht erlebst du das Paradies.“ „Eher die Hölle, wenn sie mir die Augen auskratzt.“ „Sie liebt dich und vertraut dir. Du bist ihre größte Schwachstelle, vergiss das nicht. Als Entschuldigung sorge ich dafür, dass dich nicht mal ein Notfall stört.“ „Ich hoffe für dich, dass ich das nicht bereue.“ Inuyasha grinste. „Ganz und gar nicht. Wut und Lust sind der beste Antrieb, eine Frau zu unterwerfen, ohne dass es beide bereuen. Hab ich dich je falsch beraten?“ „Nein. Noch nie.“ „Sag mal, gibst du immer kostenlose Tipps?“ Die Dämonenjäger hatten Yuichi ganz vergessen. „Ab und zu“, gestand Aryan. „Ich war ihm was schuldig.“ „Und ich muss doch schließlich Yami gerecht werden.“ „Tja“, zückte Inuyasha die Krallen. „Jetzt muss ich dich töten.“ „Lass stecken, Hündchen, ich verpfeif dich nicht. Für den Tipp mit Yukis Hals hast du was gut bei mir. Und er hat vollkommen Recht“, sagte er zu Aryan. „Wütende Frauen sind die hemmungslosesten. Du bist wirklich zu beneiden. Wollen wir nicht endlich rein?“ Inuyasha zögerte immer noch. „Sie trinken. Der Nervenzwerg hat Anjaani abgefüllt.“ „Yamis Rache“, erklärte Aryan. „Ist es schlimm, wenn sie getrunken hat?“ Die zwei Männer sahen ihn an. „Aurora verliert ihre Unschuld“, erklärte Aryan. „Selbst Inuyashas angeborene Beherrschung hält dem nicht stand.“ „Kaum“, korrigierte Inuyasha beleidigt. „Ich halte kaum stand.“ „Was war denn das letzte Mal, als sie angetrunken war? Euer Kind kam wohl kaum aus dem Nichts.“ Inuyasha errötete und zischte: „Okay, ich halte ihr nicht stand! Yamada, verschwinde lieber. Auch wenn sie nur eine Schwester für dich ist, du wirst es nicht schaffen, ihr zu widerstehen.“ „Alles klar. Ich bin dann weg“, verabschiedete sich Yuichi. „Das ist alles die Schuld deiner Freundin“, knurrte Inuyasha Aryan zu. „Nein, allein deine. Du hast dich mit ihr angelegt.“ „Und ich tu es nie wieder.“ „Hast du nicht mal gesagt, man dürfe sich nie mit starken Frauen anlegen?“ „Ich hab sie unterschätzt, ok? Sich Anjaani zu stellen wird noch schlimmer.“ „Ganz genau und ich gönne es dir aus tiefstem Herzen. Los, rein da jetzt!“ Als die Männer den Raum betraten, war augenblicklich Stille. „Anjaani, ich will mich entschuldigen“, begann der Dämon, bevor er daran gehindert werden konnte. Sie erhob sich leicht schwankend, doch mit einem Ausdruck in den Augen, der ihn zurückstolpern ließ. Aryan schob ihn wieder nach vorn. „Wofür?“, lallte sie leise. „Dass du bist, wie du bist? Oder dass du nicht der bist, für den ich dich hielt?“ Er wusste keine Antwort. „So, ich geh Heim“, verkündete Yoko. „Selbst mir ist das zu viel Drama heute.“ „Ich begleite dich“, entschied Aryan. „Yami?“ „Was? Brauchst du meine Erlaubnis?“ Er zuckte nur mit den Schultern, als sie an ihm vorbeirauschte. Inuyasha stand Anjaani nun alleine gegenüber. „Hör bitte zu“, fing er an. „Es tut mir wirklich leid, wie ich mich benommen habe. Ich tue es nie wieder. Ich hätte nie… „Was? Getan, was du mit mir getan hast? Ist das der Grund, warum ich dir nicht genug bin, ich gehe nicht auf deine Bedürfnisse ein?“ Er riss die Augen auf. Dieser verfluchte Alkohol! „Alle Männer wollen nur meinen Körper. Nur wenn sie den bekommen, ertragen sie mich. Raj, Zuma und du.“ Ihr Blick wurde düster und langsam löste sie den Sari um ihre Schulter. Inuyasha Mund trocknete auf einen Schlag aus. „Ist es das, was ich tun muss, um dir gerecht zu werden?“ Ihre Stimme ließ das Blut in seinen Lenden kochen. „Kann ein Mann sich nur so für eine Frau begeistern? Wenn sie sich hergibt?“ „A-Anjaa…ni…“ „Du hast dich über meine Reizlosigkeit beschwert.“ Sie glitt auf ihn zu, aufreizend, elegant, unwiderstehlich. Seine Füße schienen mit dem Boden verwurzelt zu sein. Ihre goldenen Augen waren voller Verlangen und sein Verstand mit einem Schlag ausgelöscht. „Es ist doch normal, nicht wahr? Nur Lust, ohne Gefühle, ohne Liebe. Für mehr war ich nie gut genug.“ Ihre Berührung ließ die Luft zwischen ihnen knistern. Langsam schlang sie die Arme um seinen Nacken, ihre Haut schmiegte sich an seine. Ihr Duft nahm seine Sinne in Beschlag. Alles in ihm schrie nach ihr. „Wenn es das ist, damit du bei mir bleibst…“ Schmerz zuckte kurz auf, verschwand sofort wieder. „Dann nimm alles von mir, Saajan. Auch meinen letzten Rest an Würde. Es gehört alles dir.“ Diese Worte ernüchterten ihn. Endlich schaffte er es, die Augen zu schließen. „Hör auf“, flüsterte er. „Du bedeutest mir zu viel, um dir das anzutun.“ Und als er sie ansah, glühten seine Augen voller Sanftheit. „Du bist perfekt wie du bist. Bleibe genau so.“ Sie sah ihn irritiert an und wich zurück. „Es tut mir wirklich leid, wie ich mich benommen habe und was ich gesagt habe. Du bist nicht reizlos.“ „Doch, das bin ich.“ Ein Knurren entwich ihm. „Nein, Anjaani, das bist du ganz und gar nicht! Ich kann mich gerade überhaupt nicht gegen dich wehren. Ich kenne keine schönere Frau als dich. Du bist viel zu verführerisch! Wenn du nicht unschuldig wärst, müsste ich um meinen Verstand fürchten!“ Da, es war raus. „Ich habe Angst, deine Unschuld zu beschmutzen. Das könnte ich mir nicht verzeihen, dafür bedeutest du mir zu viel. Ich weiß nur nicht, ob ich so für dich fühlen darf, wie ich gerne würde.“ Ihre goldenen Augen wurden braun, füllten sich mit Tränen. „Ich will dich nur nicht verletzen. Du hast Besseres verdient als mich.“ Er wandte den Blick ab. „Das hast du heute selber gesehen.“ „Nein.“ Ihr Gesicht zierte das bekannte, liebevolle Lächeln, dass tausend Schmetterlinge in seinem Bauch flattern ließ. „Du bist wie du bist und ich möchte nicht, dass du anders bist. Ich werde dich immer lieben, das wird sich niemals ändern. Aber das verpflichtet dich nicht, für mich dasselbe zu empfinden. Versprich mir nur, dass du deine Fertigkeiten nicht vor mir ausübst.“ Eine wunderschöne junge Frau rannte durch die Nacht. Wut verzerrte ihr sanftes, asiatisch anmutendes Gesicht. Ihr rotbraunes Haar wehte wie ein Schleier hinter ihr her. Selbst der kräftige Wind konnte ihren Zorn nicht abkühlen. Vor Aryan! Sie hatte Schwäche gezeigt für einen anderen Mann. Ausgerechnet Inuyasha! Nur weil er sich wie Aryan benommen hatte. Nie hatte sie die Ähnlichkeit so deutlich wahrgenommen wie vorhin. War sie so schwach? Waren ihre Gefühle für Aryan so leicht zu manipulieren? „Schöne Frau, wohin so eilig?“ Zwei Dämonen versperrten ihr den Weg. Auch das noch! Sie schritt wortlos an ihnen vorbei. Wieder standen sie vor ihr und kreisten sie ein. „Komm, ich beende deinen Zorn.“ Einer zog sie in seine Arme. „Ich bin nicht so leicht rumzukriegen!“ Und sie explodierte vor Wut. „General, Quartier 6B51“, erklang es aus Aryans Handy. „Wolfsdämonen versuchten erfolglos eine Frau anzugreifen. Es sind weitere im Anmarsch.“ Aryan rannte sofort los. „Erfolglos? Sag mir bitte nicht, dass es Yami ist!“ Jetzt lachte der Dämonenjäger. „Ganz genau, Ihre Freundin! Sie können sich denken, was passiert ist.“ „Oh je“, seufzte Aryan. „Leben die Dämonen noch?“ „Nicht mehr lange, denn sie ist sehr wütend.“ Einer seiner mutigsten Männer stöhnte auf. „General, Inuyasha weigert sich, in ihre Nähe zu kommen und ich würde mich auch lieber mit dem kommenden Dämonenrudel, als mit Ihrer Freundin, anlegen.“ „Ich auch“, dachte er für sich, aber dann kamen ihm Iuyashas Worte in den Sinn. Es konnte doch nicht sein, dass er und Yuichi falsch lagen, oder? Und er wusste, Yami liebte es, wenn sie ihm unterlegen war… Tja, wenn sie ihm nicht vorher ein bestimmtes Körperteil abriss. Die Erleichterung des Dämonenjägers, als sein Chef eintraf, war schon mit der Hand zu greifen. Aryan packte zärtlich Yamis Hände. Zwei Wolfsdämonen waren ihr zum Opfer gefallen. „Für gewöhnlich hat man gewonnen, wenn der Gegner auf dem Boden liegt.“ Sie sah ihn an mit diesen funkelnden, hellen Augen und Lust übermannte ihn. Glühend heiße Lust. „Bist du als Nächster an der Reihe?“ Wie konnte eine wütende Stimme nur so erotisch sein? „Nein, das können wir zuhause diskutieren.“ Seine Augen blitzten verschmitzt auf. „Du machst meinen Kämpfern Angst.“ „Dann solltest du mal über die Qualität deiner Arbeitskräfte nachdenken.“ „Kein Mann ist dir gewachsen, Prinzessin. Zwei männliche Dämonen, alle Achtung!“ „Drei. Du hast diesen großmäuligen Möchtegern-Aryan vergessen.“ „Gut, zwei Wölfe und mein bester Krieger. Du wärst wirklich eine Bereicherung in meinem Team, aber wir gehen jetzt besser.“ „Geh vor, ich komme irgendwann nach.“ „Yami, bitte.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust, er tat es ihr gleich. „Bitte, Prinzessin. Ich will dich nicht gegen deinen Willen mitnehmen.“ „Los, trau dich.“ „Yami, es sind andere im Anmarsch.“ „Gut, ich bin gerade warm geworden.“ Er seufzte nur und sie deutete den Ausdruck in seinen Augen korrekt. „Nein, lass mich! Ich muss mich erst beruhigen. Ich bin wütend.“ „Weswegen? Weil ich ihn nicht aufgehalten habe? Oder weil du ihm nicht widerstehen konntest?“ Fauchend stürzte sie sich auf ihn, doch er packte ihre Oberarme und schwang sie mühelos über seine breite Schulter. Sie wehrte sich wie eine Raubkatze, doch er war stärker, schneller und zum Glück gut gepolstert unter der Kleidung. Ihr Gezeter war im ganzen Treppenhaus zu hören und sein Verlangen wuchs im Sekundentakt. Er stieß die Wohnungstür auf, hob sie runter, presste sie gegen die Wand und überwältigte ihre Lippen mit seinen. Ihr ganzer Ärger explodierte in reiner Lust und riss ihn voller Gewalt mit. In dieser Nacht war Aryan so erschöpft, dass er mit ihr verschlungen einschlief und erst am nächsten Morgen wieder erwachte. „Nicht viel Schlaf gehabt, was?“, kommentierte Yuichi beim Frühstück. Er tauschte mit Inuyasha ein Grinsen. „Was ist los, Nii-san?“, sorgte sich Anjaani. „Ist alles in Ordnung?“ Yami kicherte und schmiegte sich an seine Wange. „Keine Bange, dem geht es gut. Viel zu gut.“ „Aber ich hab dich im Treppenhaus fluchen hören. Du warst so sauer, Mäuschen.“ „Eben deshalb“, lächelte Aryan geheimnisvoll. Ihre Schwestern seufzten neidisch. „Wütender Sex ist der beste. Gott, wie ich dich beneide!“ „Du hast keinen Grund dazu“, sagte Yukis Freund. „Wer von euch beiden hat Aryan dazu geraten?“, lachte Yoko. „Von alleine wäre er garantiert nicht drauf gekommen.“ „Beide“, lächelte Aryan. „Das Paradies. Und ich dachte wirklich, das wäre übertrieben.“ „Liebe“, hauchte Anjaani mit hochroten Wangen. „Vertrauen und fallen lassen. Kann es etwas Schöneres geben?“ „Nein“, antwortete er. Yuki seufzte leise. „Das erinnert mich an die Nacht, als wir Zuma diesen Streich gespielt hatten. Als Yuichi in meiner Wut seine körperlichen Überlegenheit ausgenutzt hatte.“ „Hai“, brummte Yuichi. „Was hat uns eigentlich aufgehalten?“ „Wir“, erinnerte ihn Anjaani. „Danke für eure Rücksichtnahme.“ „Nee-chan, du weißt nicht, was dir entgeht.“ „Doch“, flüsterte sie und wandte sich zum Kühlschrank. „Ich sehe jeden Tag, was ich nie hatte und nie haben werde. Mir fehlt es mehr als dir, weil ich nie die liebevolle Zärtlichkeit einer Beziehung genießen konnte. Keine Berührungen, keine Umarmungen, nichts. Ich beneide jeden einzelnen Kuss, den du ihr gibst, den ich nie bekommen habe.“ Yuichi sah sie erschrocken an und wusste nicht, wie er auf Anjaanis plötzliche Enthüllung reagieren sollte. Sie sah ihn lächelnd an, mied absichtlich Inuyashas Blick. „Freu dich auf jeden Moment mit ihr und genieße ihn.“ Sie legte die Hand an sein Herz und ihre Augen wurden Golden. „Oh, Yuichi!“, stieß sie überwältigt aus. „Yuki, mein Häschen, du hast nicht die geringste Ahnung, wie tief seine Gefühle für dich sind. Sie werden nie vergehen. Niemals!“ Yukis Herz begann zu rasen, sie sah ihn an, die Liebe ihres Lebens. Er küsste ihre Stirn. „Für immer“, flüsterte er. Es von Anjaani zu hören hatte etwas Unzerstörbares. „Ihr gehört zusammen“, wisperte Anjaani kaum hörbar, als sie tiefer in Yuichis Seele hineinglitt. „Ein Leben lang. Ihr dürft einander nur nicht als selbstverständlich sehen.“ Dann schrak sie zurück und setzte sich auf ihren Stuhl. Ihr alarmierender Blick traf Aryan. Er nickte ihr auffordernd zu. Yuichi war irritiert, aber Yuki wurde unruhig. „Aani, was ist los?“, rief sie, als Anjaani einen Notizblock aus der Küchenschublade holte. „Noch nichts“, murmelte sie und machte Notizen. „Chi-chan, deine Gesundheit ist gefährdet. Wir müssen dich schleunigst entgiften. Ich mache einen Ernährungsplan und schicke ihn Fabien. Du musst dich daran halten.“ „Wie? Was? Was hast du plötzlich, Nee-chan?“ „Halte dich an meine Anweisungen und alles wird gut“, beruhigte sie. „Noch ist es nicht zu spät. Zwei Wochen kein Fleisch, kein Zucker und kein Weißmehl. Danach ernährst du dich wie Aryan und ich.“ Yuichi war völlig durcheinander, aber Yuki eingeschüchtert. „Er hält sich an deine Regeln“, versprach sie. „Ich kümmere mich drum.“ Anjaani warf ihr ein beruhigendes Lächeln zu, während sie schrieb. „Keine Angst. Diese zwei Entgiftungswochen werde ich mich um dein Essen kümmern. Du isst nirgends sonst, außer dem, was ich dir mitgebe. Nach den zwei Wochen gehst du zum Arzt, lässt deine Blutwerte untersuchen und wir schauen weiter. Aber deine Latte morgens ist verboten.“ Yuichi verschluckte sich an seinem Kaffee. „Wie bitte?“, hustete er. „Welche Latte?“ Yukis Stimme war kühl geworden. Sie war nicht sicher, ob Anjaani wusste, wovon sie sprach. „Na die, um die ich mich jeden Morgen als erstes kümmere.“ Yuichis Kinnlade fiel herunter. „Das stimmst doch gar nicht. Ich habe nie-“ „Natürlich“, war Anjaani etwas konfus. „Jeden Morgen besorge ich dir zuerst eine.“ Yuki fing an zu zittern. Yuichi blickte erschrocken von Yuki zu Inuyasha. Eine wütender als der andere. „Sie lügt! Ich habe nie-“ „Was redest du da, Chi-chan? Ich mach das nur für dich. Du liebst das so.“ Aryan und Yami prusteten los vor Lachen. Sie konnten sich nicht mehr beherrschen. „Was zur Hölle ist so lustig dran“, grollte Inuyasha. Er hielt seine Wut kaum noch im Zaum. „Aanis Unschuld“, kicherte Yami. „Gott, sie hat keine Ahnung, wie zweideutig sie redet.“ „Was ist an einer Latte Macchiato so zweideutig?“ Jetzt fiel auch der Rest in Aryans Lachen mit ein. Sie lachten, bis die Bäuche schmerzten. Anjaani hatte mittlerweile begriffen, was sie falsch gemacht hatte. „Hab ich euch genug amüsiert?“, fragte sie, als das Gelächter langsam verebbte. „Danke, das war toll“, lachte Yuichi. „Für Inuyasha dämlichen Gesichtsausdruck sollte ich dich bezahlen.“ „Du warst genauso entsetzt“, warf ihm der Hanyou vor. „Außerdem bist du jetzt derjenige, der auf Diät gesetzt wird.“ „Nicht Diät“, korrigierte sie, wieder ihrer Liste gewidmet. „Nahrungsumstellung. Dir wird es gut gehen, ich gebe mir Mühe. Aber du musst dich wirklich dran halten. Versprichst du es mir? Yukis und deiner Zukunft zuliebe.“ „Du meinst, wenn ich meine Enkelkinder erleben will?“ Sie blickte auf, ernst und intensiv. „Wenn du deine Kinder erleben willst.“ Yuki wurde bleich. Er zog seine Freundin an sich, spürte ihr unterdrücktes Zittern. Sie war innerlich in Panik. Seine starke Yuki hatte Angst. Angst um ihn. „Mir zuliebe, Liebling“, bat sie. Furcht verdunkelte ihre Augen. „Dir zuliebe gehe ich durch die Hölle. Ich mache alles, was du mir sagst, Onee-chan. Aber jammern darf ich?“ „Wirst du nicht“, lachte Aryan. „Wenn Aurora sich um dich kümmert, wird dir nichts fehlen.“ „Kein Sex und jetzt kein Fleisch“, stöhnt er frustriert auf. „Ihr Inder ruiniert mir wirklich die Freude am Leben.“ „Ich habe dir nichts ruiniert“, korrigierte Aryan. „Das war Yukis Entscheidung.“ „Jammer nicht zu früh, Yui-chan“, riet ihm Yami augenzwinkernd. „Yuki müsste bald ihre PMS haben.“ Yuki sah sie warnend an. „Das hast nicht einmal du verdient“, grollte Inuyasha. „Was ist während deiner PMS?“ Dieser blöde Vampirfluch! „Das Übliche.“ Yoko lachte. „Ich erinnere mich noch an diese drei Schlägertypen, die dich angefallen haben.“ Entsetzt weiteten sich seine Augen, er wurde bleich. „Was ist passiert?“ „Ach, wie immer“, winkte sie ab. „Ich wurde auf dem Heimweg angefallen. Wie so oft.“ „Oft?“ Er sah Aryan besorgt an, dieser war aber auf Kuschel-Kurs mit seiner Freundin. „Das passiert dir oft?“ „Oft genug. Man hat uns oft gesagt, dass wir mal so schön werden, dass die Männer uns in Scharen anfallen werden. Ich bin es gewohnt, von notgeilen Kerlen attackiert zu werden. Aber drei auf einmal war auch für mich neu.“ „Was ist passiert?“ Er war völlig erschüttert. „Was wohl, bin zufrieden heim.“ „Und die Typen?“ „Hab sie da liegen lassen. Manche Männer sind echte Schlappschwänze, immer gleich erschöpft.“ Yuichis Gesichtsausdruck, als er begriff, wovon sie redete, war Gold wert. „Ich hab‘s halt nötig, wenn ich PMS hab.“ „Aber drei auf einmal?“ „An normalen Tagen schaff ich das auch nicht“, tröstete sie. „Ist das jetzt gut oder schlecht für mich?“ „Wirst du bald herausfinden. Nächstes Wochenende ist es soweit.“ Sie aß ungerührt weiter. „Und dein Embargo?“, rief er frustriert aus. „Ich sperr mich dann hier ein.“ „Nein, tust du nicht“, verbot Anjaani sofort. „Verschon mich mit deiner Geilheit.“ „Inuyasha kann dich vor mir beschützen.“ „Und wer beschützt mich vor dir?“ „Ich werde mich beherrschen, Hündchen. Ich tu dir nichts.“ „Themenwechsel“, bat Anjaani. Yuichi konnte es immer noch nicht glauben. „Drei Männer? Gleichzeitig?“ „Ja.“ „Bitte, es reicht jetzt.“ „Wie geht das?“ „Ich sagte, es ist genug“, wurde Anjaani zornig. „Sie hat mehr als nur eine Körperöffnung! Reicht dir das als Antwort?“ Yuichi klappte der Mund auf, die Drillinge waren ebenso überrascht. „Aani, wieso kennst du dich da aus?“ „Erfahrung am eigenen Leib“, zischte sie. „Ich muss jetzt zur Arbeit. Inuyasha, schließ bitte ab.“ Alle starrten auf die zuschlagende Haustüre. „Gütiger Gott!“, entsetzte sich Yoko über Inuyasha. „Was hast du mit ihr gemacht?“ Inuyasha riss geschockt die Augen auf. „Sag mal spinnst du! Raj hat ihr das angetan. Ihm fiel plötzlich ein, dass es nicht geschickt wäre, sie zu schwängern!“ „Woher weißt du das? Wenn sie es nicht einmal den Drillingen gesagt hat.“ „Ich war in ihren Erinnerungen, als wir die Körper getauscht hatten. Ich habe ganz genau miterlebt, was er ihr angetan hat. Er kann es dem Himmel danken, dass er mir noch nicht unter die Klauen geraten ist!“ „Du lieber Himmel, jetzt verstehe ich, warum sie es hasst, wenn man ihren Po berührt.“ Yuki starrte auf ihre Hände. „Und ich habe sie immer begrapscht. Arme, Aani! Hätte ich das gewusst. Ich muss mich entschuldigen!“ „Nein“, meinte Aryan. „Lass sie damit in Ruhe. Sie möchte mit Raj abschließen. Akzeptiere ab jetzt einfach ihr Nein.“ „Super, Yui-chan. Sie hat ihre Trinkflasche vergessen“, grummelte Yoko. „Inuyasha, bring sie ihr.“ Inuyasha hob die Brauen. „Ich werde garantiert nicht in Zumas Höhle laufen. Außerdem haben wir August, Aani wird bei dieser Hitze umkommen und Zuma wird ihr freiwillig kein Getränk spendieren.“ „Ich gehe“, bot sich Yuichi an. „Ich wollte sie schon immer arbeiten sehen.“ „Nein, du hast genug zu tun“, rief ihm Yuki in Erinnerung. Ums Verrecken würde sie nicht zulassen, dass er sie bei der Arbeit sah! „Lass ihn doch, Nervenzwerg.“ Yuki warf dem Hanyou einen eindeutigen Blick zu, der ihn zurückschrecken ließ. „Ok, in Ordnung, ich mach das nachher“, lenkte er ein. „Yuki?“, triumphierte Yuichi mit einem sehr breiten Grinsen. „Halt die Klappe, sonst sorge ich dafür, dann Yoko dir diesen Arbeitstag zur Hölle macht“, funkelte sie ihn an. „Bist du nicht da?“ „Doch, aber nur bis 15 Uhr.“ „Davon weiß ich nichts.“ „Dann hör mir mal zu, statt mir nur auf die Brüste zu starren.“ „Dann verpack die besser und ich kann dir wieder zuhören.“ „Ich hab Kurse in der Volkshochschule“, kicherte sie. „Aber ich bin zum Abendessen wieder da.“ „Aber was soll ich ohne dich am Set? Wenn du nicht da bist, ist es langweilig.“ Sie zog sein Gesicht zu ihrem, schmiegte sich daran. Ihre Schwestern tauschten einen Blick. Solch Zärtlichkeiten waren ungewohnt für die unberührbare Yuki. Tja, aber Yuichi war schon immer die eine einzige Ausnahme gewesen. „Dafür, Liebling, haben wir morgen den Abend für uns. Ich koche.“ „Gibt’s auch Nachtisch?“ „Ja, mich. Von mir aus auch auf dem Tisch.“ „Immer wieder erstaunlich, wie leicht Männer zufrieden zu stellen sind“, grinste Yoko. „Du bist eine Schande für unsere Spezies“, grollte Inuyasha. „Das werden wir sehen, wenn du es unbeschadet aus Nee-chans Tanzraum schaffst.“ „Nichts zu erwidern?“, spottete Yuki. „Weil er weiß, was auf ihn zukommt.“ Er ahnte es zumindest. Konnte jedoch nicht wissen, dass seine Vorstellung niemals an die Realität heranreichen würde. Er hätte sich noch mehr beeilt, wenn er gewusst hätte, wie dringend Anjaani ihn brauchte. Sie hatte wahnsinnigen Durst. Diese Sommerhitze. Im Hof draußen wehte kein Lüftchen. Sie war schweißgebadet, ihre Kehle ausgedörrt, trocken, schmerzte. Ihre Zuge schon angeschwollen. Sie konnte nicht mehr. Sie musste Zuma wohl oder übel um etwas zu trinken bitten. Der Preis war ein Kuss. Den würde er kriegen, sie war am Ende. Zum Glück war der Kurs fast vorbei. Sie musste nur noch die letzten Minuten durchhalten. Es waren nur sanfte, weiche Bewegungen, nichts anstrengendes. Sie musste durchhalten… Und bemerkte Inuyasha nicht. Er erstarrte auf der Stelle und sämtlicher Erfahrung, Disziplin und Beherrschung zum Trotz wanderte sein ganzes Blut in seine Leistengegend und sein Verstand verbrannte. Seine Augen sahen nur sie. Sie, die vorne stand, den Körper in wellenartigen Bewegungen drehte, streckte, reckte. Bauchfrei, kurze Hosen. Schweiß perlte auf ihrer Haut. Rann ihre Stirn hinab, ihre Brüste, ihren Bauch. Einige kleine Haarsträhnen klebten in ihre Nacken. Ihre Wangen waren gerötet. Sinnlich floss sie wie Wasser dahin, die pure Weiblichkeit, betörend, berauschend… Ein Windstoß kam auf, und Schwindel erfasste ihn, als ihr Duft in seine Nase drang. Er krallte die Hände in die Lehne der Sitzbank. Das Holz barst unter seinen Fingern. Nichts, aber rein gar nichts auf der Welt war so unwiderstehlich und verführerisch wie Anjaani. Nein, das konnte er nicht überstehen, niemals! Er musste schnell von hier verschwinden! Die letzten Kursteilnehmerinnen waren fort, Anjaani würde ihn jeden Moment entdecken. Inuyasha? Irrte sie, oder stand er da hinten? Ihre Augen sahen unscharf, die Sicht war völlig verschwommen und ihr war schwindelig. Dann kippte die Welt. „Mein Gott, Anjaani!“ „Saajan?“ Er sah ihr sofort an, dass sie dehydriert war. Sanft hob er sie hoch, trug sie in den kühlenden Schatten einer mächtigen Linde. Sacht gab er ihr zu trinken. „Schluck langsam“, murmelte er und sie gehorchte. Das kühle klare Wasser war ein Segen. Anjaani stöhnte wohlig auf, was Inuyasha den Rest gab. Seine gesamte Willenskraft konzentrierte er auf seine ruhige Atmung. „Saajan, dankeschön. Ich bin verschwitzt, es ist besser für dich, wenn ich dich nicht umarme.“ Nein, es war besser für sie. Doch er musste sich am Riemen reißen. „Saajan, was ist los?“ „Wieso bist du so hohl und vergisst deine Trinkflasche? Wir haben über 35 Grad im Schatten und du musst dich noch körperlich verausgaben!“ „Ich bin einfach weggerannt heute Morgen, entschuldige. Zuma konnte ich nicht fragen.“ „Warum?“ Blöde Frage, warum wohl! „Naja, ich hätte es nicht kostenlos bekommen. Nur für einen Kuss.“ „Du verreckst lieber vor Durst, als ihm einen Kuss zu geben?“ Sie sah ihn an, der goldene Ring um ihre geweitete Pupille glühte. „Ja. Denn alles gehört dir.“ Oh verdammt, sie machte es ihm nicht gerade leichter! „Anjaani, ich verurteile dich nicht, wenn es um deine Gesundheit geht.“ „Wo ist das Problem? Du hast mich wieder gerettet, Saajan. Auf dich zu hoffen lohnt sich immer.“ Nein, er konnte nicht mehr… Er nahm ihr Gesicht in seine Hände, zog sie zu sich. Ihre Augen vergoldeten sich. „Aurora, ich geh ans Set“, meldete sich plötzlich Zumas Stimme. Kalt sah er Inuyasha an. „Für einen Dämonenjäger hast du erstaunlich wenig zu tun.“ „Er hat mir nur etwas zu trinken gebracht“, kam Anjaani ihm zuvor. „Auf dich konnte ich mich ja nicht verlassen.“ „Ich verlasse mich aber drauf, dass du deine restlichen Kurse ohne Störungen durchziehst. Ich muss an Yokos Set. Sie braucht meine Hilfe.“ „Und du rennst, wenn sie-“ Anjaani hielt Inuyasha den Mund zu. „Er ist nun mal der einzige, der Yokos Ansprüchen gerecht wird“, warf sie schnell ein. Inuyasha starrte dem Tanzlehrer hinterher. „Der rote Zwerg pfeift und er rennt…“ „Er liebt sie“, sagte Anjaani schlicht. „Auch wenn ihm das noch nicht bewusst ist.“ „Er hat dich gesehen…“ „Er sieht mich jeden Tag“, wusste sie nicht, worauf er hinaus wollte. „A-aber, er würde lieber…“ Sie begriff. „Er würde sich immer für Yoko statt für mich entscheiden. Warum wundert dich das?“ Weil er nicht blind war! Zuma sah sie so, so fast nackt, so verschwitzt, so sinnlich… und er ging lieber zum abweisenden, starrköpfigen Nervenzwerg, statt die Chance zu ergreifen, Anjaani nahe zu kommen. Er wählte den Drilling. Selbst Stunden später war Inuyasha immer noch fassungslos. „Nervenzwerg!“ Yoko sah Inuyasha an und folgte ihm auf den Balkon. Er schloss die Türe, um den neugierigen Rest abzuschirmen. „Der Grapscher liebt dich“, sagte er dann klipp und klar. Yoko riss die Augen auf. „Wie bitte?!“ „Zuma liebt dich. Mehr, als er es jemals zugeben würde.“ Der Drilling war fassungslos und völlig überrumpelt. „Wie kommst du jetzt darauf?“ „Ich habe Anjaani bei der Arbeit gesehen. Er sieht sie jeden Tag. Dass er ihr widerstehen kann, grenzt an ein Wunder. Das kann nur an dir liegen.“ „Ich hasse es, mich zu wiederholen, aber wie kommst du jetzt darauf?“ „Hast du ihn heute gebeten, ans Set zu kommen?“ „Nein, das war Yuki. Er hat sie am Telefon wahrscheinlich für mich gehalten.“ „Er ist trotzdem sofort gesprungen, obwohl er Anjaani da hatte. Er muss dich lieben, kein normaler Kerl hätte sich gegen sie entschieden.“ „Nein, vermutlich nicht“, senkte sie nachdenklich die hellen Augen. „Geh und schau sie dir an. Dann weißt du, wovon ich rede. Ich bewundere wirklich seine Standhaftigkeit.“ „Inuyasha hat Recht“, pflichtete ihm Aryan bei, der plötzlich am Geländer auftauchte. „Das macht Spaß“, sagte er zu seinem Partner. „Ich nehme nie mehr das Treppenhaus.“ „Hey, Schwager, womit hat Inuyasha recht?“ Aryan gefiel die Anrede. „Dass Zuma dich liebt. Ich habe Aurora auch gesehen. Ich kann es nicht beschreiben. Es war für mich nur erträglich, weil meine Gefühle für Yami zu stark sind. Es fällt ihm schwer, aber er widersteht ihr. Wegen dir.“ „Nicht mehr lange, wenn du nicht um ihn kämpfst.“ Frustriert riss sie die Türe auf. „Gegen Aani kann ich nicht gewinnen.“ „Wer sagt das?“ Aryan zog Yami an sich, küsste sie zärtlich. „Ich bin nicht Yami. Das ist kein Vergleich. Niemand, der normal ist, kann Aani widerstehen.“ Anjaani in der Küche seufzte genervt auf, das Thema hatte sie so langsam satt. „Bin ich normal?“, wollte Yuichi wissen, als er sich vom Fernseher abwandte. „In dem Sinne ja.“ „Ich erlebe Nee-chan auch jeden Tag, bin ihr nah, berühre sie und liebe sie. Wie eine Schwester. Ich kann ihr widerstehen.“ Er zog Yuki noch näher an sich. „Zuma kommt mir sogar noch näher“, erinnerte sie Anjaani, als sie ihre Schürze abnahm. „Und er hat mir nie etwas getan. Können wir jetzt bitte essen? Fernseher aus, Chi-chan.“ Sein Finger verfehlte die Taste, wechselte den Sender. Ein halbnackter, muskulöser Kerl prügelte sich gerade mit einer Straßengang. Dies wäre der Moment, wo sich die Mädchen mit funkelnden Augen vor dem Fernseher scharren würden. Doch keine der Drillinge beachtete dies. Sie setzten sich an den Esstisch. Nur Anjaani reagierte. Hektisch schaltete sie das TV-Gerät aus. „Kommst du jetzt endlich, Liebling? Ich verhungere.“ Yuichi starrte die desinteressierten Drillinge an. „Habt ihr das gesehen?“ „Ja und?“, wollte seine Freundin wissen. „Der Kerl ist heiß. Seit wann interessiert euch das nicht?“ Die Mädchen tauschten nur ungläubige Blicke. „Schau dir dieses Arschloch näher an“, grummelte Yuki bissig. Yuichi nahm die Fernbedienung und tat wie ihm geheißen. „Chi-chan, bitte lass uns jetzt Essen“, seufzte Anjaani unbeachtet. Hm, was stimmte mit dem Kerl nicht? Yuki schien ihn überhaupt nicht leiden zu können. Aber, warum? „Hey, Aryan, er sieht dir ziemlich ähnlich.“ „Wieso verwechselt man ihn immer zuerst mit mir?“, war Aryan ratlos. „Wart’ s ab, Sanam.“ Yami begann herunter zu zählen. „Drei, zwei, eins...“ „Das ist Inuyasha“, schrie Yuichi entsetzt und sprang auf. Fuchtelnd deutete er auf den genervten Hanyou. „Das bist du! Du bist ein indischer Schauspieler!“ Inuyasha verschränkte die Arme vor der Brust und fauchte mit zusammengekniffenen Augen. Er hasste es abgrundtief, wenn man ihn mit Raj verwechselte. „Wann hast du Zeit, Bollywood-Filme zu drehen?!“ „Hör auf, so einen Müll zu labern!“ „Ich hab‘ s gewusst, du stehst auf dieses Tralala!“ „Das ist Raj“, erklärte ihm Anjaani. „Nein“, widersprach Yuichi. „Inuyasha ist ein kleiner singender Bollywood-Hüpfer.“ „Du nervige, kleine-“ Inuyasha wollte ihn gerade packen, als Aryan ihm die Hand auf die Schulter legte. „Beruhige dich.“ Zu Yuichi gewandt sagte er: „Du weißt doch, dass er und Raj sich ähnlich sehen.“ „Ähnlich, ja. Aber das sind exakte Kopien. Obwohl…“ Er betrachtete Raj genauer. „Deine Statur ist kräftiger, Wachhündchen. Er ist nicht so sexy wie du.“ „Yuichi, übertreib es heute nicht“, riet ihm Aryan lächelnd. „Riskiere nicht, dass Inuyasha ausrastet. Ab einem gewissen Punkt werde ich dir nicht helfen können.“ Das wirkte abschreckend auf Yuichi und beruhigend auf Inuyasha. Er grinste Aryan an und dieser nickte ihm zu. So zufrieden konnten sie sich einem ruhigen Abendessen zuwenden. „Da fällt mir ein“, bemerkte der General und sah Inuyasha an, der ihm gegenüber saß. „Ab 8 Uhr brauche ich dich.“ „Code 418“, nickte der Dämon. „Ich weiß, schade, dass du es mich nicht früher erledigen lässt.“ „Weil die Unschuldigen in Sicherheit gebracht werden müssen. Du und deine Truppe könnt nicht wahllos jeden Dämonen töten.“ „Pf, darauf passt du doch auf. Außerdem töte ich nicht wahllos.“ „Du nicht, aber die Hundedämonen, die unter deinem Befehl stehen. Du weißt, was zu tun ist. Ruf mich, wenn du mich brauchst.“ „Ich benutzte Strategie 00. Überlass das mir.“ „Du musst die Sache nicht beobachten, Aryan-nii?“, wunderte sich Yuki. Aryan war großen Aktionen nie fern. Er als Chef musste alles im Auge behalten. „Nicht nötig. Ich vertraue Inuyasha. Er ist der geborene Anführer, die Hundedämonen gehorchen ihm bedingungslos. Code 418 ist sein Spezialgebiet und Strategie 00 ist seine beste Kampftechnik.“ „Ich verstehe kein Wort“, maulte Yuichi. „Ich auch nicht“, beruhigte ihn Anjaani. „Aber ich kenne Inuyashas Art zu kämpfen. Also muss Strategie 00 einfach losstürmen und drauflosprügeln heißen.“ Inuyasha sah sie beleidigt an, doch Aryan begann zu lachen. „Genau das heißt es!“ „Du hast dich bisher nie beschwert“, motzte Inuyasha den General an. „Ihr seid so ein gutes Team“ seufzte der Japaner neidisch. „Ich fühle mich so ausgeschlossen aus eurem Männerteam, wenn ihr euer Zeug daher faselt.“ „Fang nicht wieder damit an, dich selbst zu bemitleiden, Chi-chan“, bat Anjaani und Inuyasha brummte nur genervt. Ging das wieder los… „Wer wäre auf so männliche Freunde nicht neidisch! Guck sie dir doch an! Ich kann da gar nicht mithalten.“ „Du musst ziemlich gestört sein, dich ernsthaft mit Aryan messen zu wollen“, ärgerte ihn Yami. „Stell sie dir schwul vor, wenn das dein Selbstwertgefühl steigert“, riet Yuki. Inuyasha verschluckte sich an seinem Essen, der Rest erstarrte geschockt. Nur Yuichi sah seine Freundin begeistert an. „Hast du völlig den Verstand verloren!“, brüllte der Hund den ältesten Drilling hustend an. „Lass diesen Gedanken besser schnell fallen“, meinte Aryan kopfschüttelnd. „Stört dich das?“, fragten die Frauen, ehrlich überrascht. „Ja, ich bin immerhin ein Mann.“ „Du bist homophob?!“ „Nein, ich bin alles andere als homophob“, berichtigte Aryan. „Ich setzt mich sogar aktiv für die Rechte Homosexueller ein. Aber Inuyasha und ich wären kein schönes Paar.“ „Das finde ich nicht“, war Anjaani ausnahmsweise nicht derselben Meinung. „Um ehrlich zu sein, würdet ihr sehr gut zusammen passen.“ „Was?! Hat dich ihre Geisteskrankheit etwa angesteckt!“ Inuyasha schien einem Herzstillstand nahe. „Naja, ihr seid gleich groß“, begann Yoko über Inuyasha Gefauche hinweg. „Ihr habt dieselbe Statur, denselben Körperbau, ähnlich tiefe Stimmen, scharfe Sinne und von eurer Stärke muss ich erst gar nicht anfangen, geschweige denn von eurer erotischen Ausstrahlung. Aryan geheimnisvoll, du wild. Noch dazu sind sich eure Gesichter sehr ähnlich. Man könnte euch für Brüder halten. Oder das perfekte Pärchen.“ „Hör auf damit, das ist ja widerlich!“ „Die zwei männlichsten Männer der Welt sind schwul“, freute sich Yuichi. „Hai, das tröstet mich!“ „Dir gefällt der Gedanke wirklich“, beschwerte sich Aryan. „Wäre das nicht süß? Stellt euch das vor!“, lachte Yuki. „Das wäre überhaupt nicht süß, du Irre! Ich bin ein Mann!“ „In dem Fall wärst du die Frau, Saajan.“ „WAS?!“ Er wäre fast von seinem Stuhl gefallen. Völlig verdattert starrte er Anjaani an. Alle anderem, besonders Aryan, begannen schallend zu lachen. „Was zu Teufel ist so witzig dran? Wieso wäre ich die Frau?!“ „Weil ich es bestimmt nicht wäre“, antwortete Aryan gelassen. „Mach bei dem Mist nicht auch noch mit!“ „Ich wollte das nur klar stellen.“ „Du wärst garantiert die Frau“, nickten die Drillinge. „Du bist zwar der stärkere, Saajan. Aber du hast eindeutig die weiblicheren Charakterzüge.“ Inuyashas Empörung verschlug ihm die Sprache. „Aryan ist der ruhige und coole“, kicherte Yami. „Und Millionen Mal männlicher als du! Du dagegen bist streitlustig, zickig, bestimmend und man kann es dir nie recht machen. Du wärst eindeutig die Frau.“ Inuyasha konnte das Zittern nicht mehr bändigen. Dann explodierte er. Und über diesen Wutausbruch amüsierte sich niemand mehr. Obwohl sein Anfall die anderen dazu brachte, die Wohnung zu räumen, dauerte es lange, bis Anjaani den erbosten Halbdämon beruhigen konnte. Beleidigt blieb er trotzdem. „Sajaan-“ „Nein!“ „Ich habe doch gar nichts gesagt.“ „Ist mir egal! Nein! Ich rede heute nicht mehr mit dir!“ „Bitte, Saajan, ich möchte mich entschuldigen.“ „Kannst du nicht!“ Er baute sich vor ihr auf, bedrohlich, zornig. Himmel, war er groß! Anjaani zuckte verschreckt zusammen. „Du hast mich verraten“, grollte er leise. „Statt mir zur Seite zu stehen, rammst du mir das Messer in den Rücken.“ „Ich…“ Seine Worte trafen sie hart und Tränen stiegen ihr in die Augen. „Das habe ich so nicht gemeint. Schau mich bitte nicht so an, du machst mir Angst.“ Seine Augen verengten sich. „Wie kann ich dir Angst machen, wenn ich nur eine Witzfigur für dich bin? Lächerlich, Aryan unterlegen. Deinem ach so perfekten, männlichen Aryan!“ „Nein, Saajan. Ich bin immer auf deiner Seite.“ „So?“ Er wandte sich ab. „Danach sah es nicht aus.“ „Bitte, Saajan. Ich mache es nie wieder. Es war nur Spaß.“ Die Tränen fielen. „Lass das Geheule“, knurrte er kalt. „Das berührt mich nicht.“ Sie riss die Augen auf, ihr Gesicht wurde bleich. Genau das gleiche hatte Raj zu ihr gesagt. Der gleiche Ausdruck im Gesicht, die gleiche kalte Tonlage. Vor ihr stand nicht Inuyasha, sondern Rajesh. „Nein.“ Weinend sank sie auf die Knie. „Meine Fresse! Jetzt übertreib doch nicht so.“ Sie neigte den Kopf nach hinten, damit er die feine Narbe unter ihrem Ohrläppchen sehen konnte. „Raj hatte haargenau dasselbe zu mir gesagt, bevor er mich zum Boden gestoßen hatte. Ich bin durch den Glastisch gefallen und habe ihn zerbrochen. Als ich aus der Notaufnahme zurück kam, habe ich die Beziehung beendet. Zum allerersten Mal, seit ich dich kenne, habe ich Raj in dir gesehen.“ Verdammt, das letzte, was er wollte, war, wie er zu sein. „Ich bin wütend“, gestand Inuyasha sanft und zog sie wieder hoch. „Aber ich bin nicht wie er. Ich werde dir nichts tun. Aber ich bin sauer.“ „Kannst du mir verzeihen?“ Sein Handy klingelte und er wollte schon über den Balkon verschwinden. „Saajan!“ Er wandte sich kurz nach ihr um. „Morgen.“ Dann verschlang ihn die Nacht. „Er wird nicht lange sauer auf dich sein“, versicherte Yoko Anjaani am Telefon. „Du wirst sehen. Schon morgen hat er es vergessen. Und wenn nicht, mach ihm irgendetwas richtig Gutes zu essen. Also für dich müsste es kein Problem sein, ihn zu versöhnen.“ „Danke, Kätzchen. Ich liebe dich.“ „Ich dich auch.“ Tja, alle hatten so ihre Probleme mit Männern, seufzte sie. Yami hatte mehr Abstand als Nähe zu ihrem. Yuki hatte Mühe, ihren auf Abstand zu halten und sie selber wäre schon froh über die Existenz eines Partners. Gab es den perfekten Partner? Laut Aani, Yuki und Yami, ja. Gab es auch für sie den perfekten Partner? Sie lehnte sich an das Geländer ihres Balkons und blickte verträumt zu den Sternen hoch. Die Stille der Nacht hatte etwas Betörendes. So sehr Anjaani die Sonne liebte, liebte Yoko den Mond. So mystisch, zauberhaft, sinnlich. Wie Romeo… „Augen voll Sternenglanz funkeln für die Nacht…“ Er stand plötzlich hinter ihr, groß, geheimnisvoll, sinnlich… nur mit einer Jeans bekleidet. „Ihr Geheimnis gehört dem Mond.“ „Ich habe kein Geheimnis“, flüsterte sie, wandte sie Augen von seinem muskulösen Oberkörper ab. „Du bist ein einziges Geheimnis, Senorita.“ Er trat dicht an sie ran. Seine Augen leuchteten kurz auf, als er sah, dass sie nur ihr kurzes Nachtkleid aus weiß schimmernder Seide trug. Die Nacht war sehr warm und wurde gerade mit jedem Atemzug wärmer. „Die Schönheit des Mondes verblasst neben deiner.“ Sie hasste sich dafür, dass Worte so leicht bei ihr wirkten. Doch es waren seine Augen, die Hitze in ihr entfachten. „Was willst du?“ Als ob das nicht offensichtlich wäre! „Den Zauber der Nacht mit dir erleben. Doch deiner ist zu mächtig.“ Er nahm ihr Hand und zog sie an sich. Die Nacht war lau und doch lief ihr ein Schauer über den Körper, als seine Wärme sie einhüllte. Ohne ihn würde sie frieren. Automatisch fuhren ihre Finger seine definierten Muskeln entlang und entlockten ihm ein Seufzen. „Du hast dich nach mir gesehnt“, flüsterte er und seine Sturmwolkenaugen verschmolzen mit ihren. „Nein, ich…“ Sie drehte sich weg, doch plötzlich schien die Nacht so kalt. „Doch“, raunte er, dicht an ihrem Ohr. „Ich werde dir geben, was du brauchst.“ Sacht legten sich seine Hände an ihre Oberarme, fuhren zärtlich ihre Haut entlang. Begierde brannte in ihm und reißende, zuckersüße Sehnsucht. Er wollte sie, aber sie sollte zu ihm kommen. So zehrend das Verlangen auch war, ihren duftenden Körper unter diesem seidenen Hauch zu spüren, es war zu früh. Sie wankte und er musste sie ohne Magie gewinnen. Sie musste sich ihm genauso hingeben, wie er sich ihr hingab. Heute würde er ihr Herz gewinnen. Sacht schmiegte sich sein Körper an ihren, so vertraut, so geborgen. Endlich war sie wieder bei ihm! Yoko spürte seine Wärme und schloss genüsslich die Augen. Sie gab sich dem Gefühl hin. Seine Wange suchte die ihre. Wie weich und anschmiegsam seine Haut war! Ihr Atem wurde schneller, als seine Finger sich sanft an die pulsierende Stelle ihres Halses legten. Seine linke Hand fuhr ihren rechten Arm hinab und ihre Finger verschränkten sich. Es waren diese zärtlichen, wortlosen Gesten, die Yoko schwach machten. Kämen noch die richtigen Worte dazu… „Mein Herz“, stieß sein heißer Atem an ihr Ohr. Gänsehaut legte sich über ihren ganzen Körper. Mein Gott, war das raune Flüstern seiner Stimme sexy! Nein, sie würde nicht dahinschmelzen, nur wegen diesem einen, erotisch geflüstertem Wort! „Mein Leben“, raunte er und verbrannte ihren Hals mit seinen Lippen. Ihr Körper zuckte, doch sie schaffte es nicht, sich zu wehren. Weil sie es nicht wollte. Sie genoss es wehrlos. Diese süße Zärtlichkeit, einfach nur genießen. Diese brennende Lust, die langsam, quälend langsam in ihr hochstieg. Dieses Gefühl! Wie lange war es her, dass sie Leidenschaft und Verlangen verschlungen haben? Dass dieses Feuer der Hingabe sie verzehrt hat? Und seine Stimme! Er hörte ihr Seufzen und sein Atem brach. Im nächsten Moment wirbelte er sie herum, presste sie fest an seinen heißen Körper. Seine Augen glühten vor hingebungsvoller Liebe und raubten ihr den Verstand. Das war keine Lust, das war wahre, aufrichtige Liebe. Keiner sprach ein Wort. Wir versanken in den Augen des andere. Dieser alten Zauber... nichts war mächtiger. Nichts war mehr, nichts zählte mehr, außer ihrer verschmolzenen Herzschläge. Seine linke Hand hatte sich aus ihrer nicht gelöst, aber seine rechte umfasste ihre Taille. Er schenkte ihr ein Lächeln, dieses freche, zufriedene Lächeln und drückte sie noch näher an sich. Romeos Duft legte sich um Yokos Herz und sie war verloren. Wie mechanisch wanderte ihre freie Hand zu seinem Nacken und spielte mit dem Haaransatz. Wohlig schloss er die Augen, als sie ihm durch die dichten, braunen Haare fuhr. Langsam, ganz langsam bewegten sie sich zu einer nur von ihnen hörbaren Melodie, die ihre Seelen verband. Aug in Aug ließ sie der Zauber nicht los. Völlig verzaubert ließ Yoko alles geschehen und bemerkte, dass das Band zwischen ihnen Romeo nicht minder gefesselt hatte. Sie gehörten zusammen. Ihre Bewegungen wurden größer, fließender, schneller. Sie passten sich perfekt dem Rhythmus an. Er schob sie von sich weg, nur, um sie wieder an sich heran zu ziehen. Er wirbelte sie herum, nur, dass sie wieder in seinen Armen landete. Es hörte nicht auf, dieser Rhythmus nahm sie gefangen. Als Yokos Blick tiefer in seine Augen drang, wurde sein Griff weicher und seine Bewegungen langsamer, aber sein Atem blieb schnell und berauschend süß. Zuma… wie sehr sie ihn liebte. Ihre Hand ging den vertrauten Weg zu seiner Wange. Seufzend lehnte er das Gesicht dagegen. Ihr Herz raste, ihr Atem tobte und ihre Lippen verlangten nach seinen. Zuma… Er presste sie so fest an seine Brust, dass sie seinen hämmernden Herzschlag so deutlich spüren konnte. So lange ist es her. Dieser Blick aus silbersprühenden Augen, diese Lippen, rot, voll…Nur einen Kuss, mehr wollte sie nicht. Nur einen Kuss... Sein Herz… schlug nicht denselben Takt wie ihres! Yoko blinzelte und die silbernen Augen waren wieder dunkelgrau. Aus Zuma wurde Romeo. Wieso versuchte sie Zuma in ihm zu sehen? Warum wollte ihr Herz nur den, den sie nicht haben konnte? Er lächelte sie an, warm liebevoll und ihre Knie wurden weich. „Bald“, flüsterte er und der Hauch seines Atems streichelte brennend ihre verlangenden Lippen. „Nicht mehr lange…“ Und dann wäre sie sein. Im nächsten Augenblick war er verschwunden. Diese Nacht beherrschte er ihre Träume. Träume voll Liebe und Zärtlichkeit. „Dieser Romeo klingt perfekt“, seufzte Yami. „Ich verstehe nicht, was dich noch bei Zuma hält.“ „Vielleicht die Tatsache, dass sie ein Köder ist“, rief Aryan seiner Freundin ins Gedächtnis. „Es wäre unklug, sich in ihn zu verlieben.“ „Und wenn er nicht das Monster ist, das du ihm unterstellst“, fiel Yoko ein. „Wenn er ein reines Herz hat?“ „Das herauszufinden ist deine Aufgabe.“ „Du hättest jemanden nehmen sollen, der nicht wegen jedem schönen Wort schwach wird“, warf ihm Yuki vor. „Du wolltest ja nicht.“ „Hey, ich mache meine Arbeit gut“, motzte Yoko beleidigt. „Konzentrier dich lieber auf deinen Job“, riet Yuichi. „Ich kann diesen komischen Schritt beim Tango nicht.“ „Dann übe, statt Zuma immer nur zu ärgern!“ „Soll ich es dir zeigen?“, bot sich Anjaani an. „Woher kennst du den Tanz?“ „Ich habe ihn mir gemeinsam mit Zuma ausgedacht. Mäuschen, hast du das Lied da?“ Yami eilte los, die CD zu holen. „Warum ist es bei dir leichter als bei meinem Cousin?“, wunderte sich Yuichi, als er Anjaani im Takt der Musik herumwirbelte. „Weil es mir vermutlich leichter fällt, die Frau zu tanzen“, lachte Anjaani. Sie war glücklich. „Du magst es mit mir zu tanzen, Nee-chan.“ „Und wie! Du bist ungefährlicher als Zuma.“ „War das ein Kompliment?“ „Aus Aanis Mund ja“, war Yuki mit einer Skizze beschäftigt. „Aus meinem Mund eher nicht.“ „Du lernst schnell, Chi-chan.“ „Dann tanz ich mit Yoko weiter, sonst platzt meine Nee-chan vor Glück.“ Er riss die überraschte Yoko an sich. Inuyasha wandte sich grollend ab. Ja, Anjaani war glücklich. Überglücklich. Es kochte bitter in ihm hoch. Und seine fast verrauchte Wut wurde wieder entfacht. Die Frauen und Yuichi waren beschäftigt. Aryan und Yami schon weg, als es unbeachtet an der Türe klingelte. „Du hast mir noch gefehlt“, begrüßte er den Besuch unfreundlich. „Der Plagegeist ist tatsächlich hier“, bemerkte Zuma. „Eigentlich gehört der dir. Kannst ihn gerne wieder mitnehmen.“ „Vergiss es! Kein Rückgaberecht.“ „Anjaani bekommst du nicht. Sie muss erst in einer Stunde zur Arbeit.“ „Eigentlich bin ich wegen Yoko hier. Sie gibt mir keine Chance für ein Gespräch.“ „Sag bloß! Woran liegt denn das?“ Dann hob Inuyasha die Stimme. „Roter Zwerg, Besuch für dich!“ Yoko sah nicht einmal zur Tür. „Aani muss erst in einer Stunde zur Arbeit.“ „Was sag ich“, seufzte Zuma. „Was tanzt der Kerl da eigentlich für einen Schrott zusammen?“ „Yui-kun“, kreischte Yoko kichernd auf, als er sie wild herumwirbelte. Sie schlang lachend die Arme um seinen Hals. Warum legte sich solch ein bitterer Geschmack auf Zumas Zunge? „Eifersüchtig?“ Zuma sah Inuyasha an. Silber stach in Gold. Nein, er war NICHT eifersüchtig! Niemals! Kalt wurde sein Lächeln. „Mir gehört etwas Wertvolleres.“ „Zuma, hast du schon gefrühstückt?“, begrüßte ihn Anjaani herzlich. Zu herzlich. „Ich brauche nichts, danke. Bis auf dich.“ Sie verstand die Zweideutigkeit in seiner Stimme nicht, Inuyasha schon. „Dann warte kurz, dass ich meine Sachen packe. „Vergiss es“, knurrte Inuyasha. „Sie wird dir nie gehören!“ „Zu spät, ihr Körper gehört mir schon.“ „Aber mir ihr Herz“, beharrte Inuyasha. „Nicht mehr lange, denn du machst einen Fehler, Dämon“, erklärte Zuma höhnisch. „Würdest du mit ihr tanzen, würde sie dir mehr geben, als nur ihr Herz.“ Später konnte sich Inuyasha nicht mehr erklären, welcher Teufel ihn zu dieser Reaktion verleitet hatte. Sein männlicher Stolz? Der Verführer in ihm? Oder die nicht verrauchte Wut auf Anjaani? Aber seine nächsten Worte würde er bitter bereuen. Er sah Zuma an. „Oh, ich habe ein Mal mit ihr getanzt.“ Inuyashas alles sagende Lächeln war grausam. „Und ich habe alles bekommen.“ Das Zuknallen der Türe schreckte Anjaani auf. „Zuma? Warum ist er weg? Inuyasha! Was hast du gemacht? Inuyasha?!“ Inuyasha, sich seiner dummen Tat plötzlich bewusst, suchte schnell das Weite. „Oh-oh, er muss was Schlimmes angestellt haben“, prophezeite Yuki. Etwas richtig schlimmes, denn offensichtlich ging Zuma ihr bei der Arbeit aus dem Weg. Als Feierabend anbrach, klopfte sie an sein Büro, um ein klärendes Gespräch zu führen. Es erwies sich als großer Fehler. Die brennende Wut in seinen Augen packte sie eiskalt. Flucht war ihr erster Instinkt. Doch er war schneller, riss sie an sich und knallte die Türe zu. Anjaani sank das Herz in die Hose. Todmüde, erschöpft und ausgelaugt schleppte sie sich nach Hause. Der Streit hatte sie fertig gemacht, sie hatte das Gefühl, Zumas grobe Finger immer noch zu spüren. Außerdem raubte es ihr immer ihre Kraft, wenn sie sich wehrte, zurückschrie. Sie hasste Streit. Und gleich würde der nächste auf sie zu kommen. Denn Inuyasha, Gnade ihm Gott, hatte ein gewaltiges Problem! Das wusste er, denn er traute sich nicht nach Hause. Sie wollte schon das Essen wegräumen, als sie seine Anwesenheit spürte. Und als sie in seine Augen sah, überrollte sie die eisige Enttäuschung. „Komm herein, Inuyasha. Die Schlampe hat für dich mitgekocht. Keine Sorge, musst du nicht bezahlen. Für dich bin ich immer kostenlos.“ Er zuckte zusammen, als hätte sie ihn geohrfeigt. Er konnte sie nicht ansehen, das schlechte Gewissen lag ihm schwer im Gesicht. Na, wenigstens etwas. „Ist das deine Rache, Inuyasha? Du wolltest mich verletzen. Glückwunsch, hat noch niemand so gut geschafft wie du.“ Er sah sie an, erschrocken, wehrlos, Tränen flossen ihr stumm aus den geweiteten Augen. Inuyasha war völlig hilflos. Mit Wut wäre er klar gekommen, aber ihre Enttäuschung war nicht auszuhalten. „Danke“, flüsterte sie. „ Die wievielte Kerbe bin ich an deinem Bettpfosten?“ Er blickte sie nur völlig sprachlos an. Sie schlang die Arme um sich. „Danke“, sagte sie wieder. „Ich bin es wenigstens wert, damit anzugeben.“ Er brachte immer noch kein Wort heraus, zu sehr traf ihn ihr Schmerz. „Ich hab das Essen warm gemacht. Guten Appetit.“ „Anjaani…“ „Ist gut, Inuyasha. Iss, bevor es kalt wird.“ Sie sah ihn nicht an. „Was sind das für Flecken an deiner Schulter?“, bemerkte er plötzlich. Überrascht drehte sie den Kopf. „Oh“, war ihr Kommentar. „Die hab ich wohl vergessen. Auch egal. Tut nicht mehr weh.“ „Waren da noch mehr?“ Seine Augen wurden schmaler, Wut sammelte sich in seinem Gesicht. Sie stellte sich ihm gegenüber, die Augen voller Schatten. Nicht ihre erste Auseinandersetzung heute. „Was hast du denn gedacht, wie Zuma reagieren würde? Er raste vor Eifersucht und musste deinen Vorsprung ausgleichen.“ Alle Farbe wich aus seinem Gesicht. „Vorsprung?“ Nein! „Der Vorsprung, dem du ihm unter die Nase reiben musstest. Ach, dafür wollte ich mich noch ganz besonders herzlich bedanken.“ „Warte!“, rief er ihr hinterher, doch sie beachtete ihn nicht. „Anjaani, verdammt nochmal! Was hat er dir getan?“ „Was er mir getan hat? Was hast du mir getan? Mein Leben lang wurde ich gedemütigt, verletzt und geschlagen. Wie Dreck behandelt.“ Ihre Augen wurden eiskalt, alle Liebe war fort. „Nichts davon war so schlimm, wie das, was du mir angetan hast.“ Alle Farbe wich aus seinem Gesicht. „Bitte, kannst du mir denn nicht…“ „Nein, das kann ich nicht.“ Selten hatte etwas so weh getan, wie ihre harten, kalte Worte. Die abweisenden Augen. All die Wärme fehlte. Er hatte sie verloren. „Nein, bitte, Anjaani…“ „Eigentlich lautet mein Name Aurora. Jeder, dem ich etwas bedeute, weiß das.“ „A-aber, Anjaani, du bist…“ „Genau, ich bin Anjaani. Eine Fremde. Und das werde ich immer sein.“ Kapitel 26: Starke Frauen ------------------------- Yuichi Yamada hatte sich seit dem Tod seiner Eltern nicht so sehr darauf gefreut, nach Hause zu kommen, wie heute Abend. Der Grund? Er hatte endlich ein Zuhause. Sein Zuhause war bei Yuki. Sie hatte es sich zur Aufgabe genommen, seine Nahrungsumstellung zu bewachen und die Wohnung komplett auf den Kopf gestellt. Und heute bereitete sie das Abendessen zu. Die Vorfreude war riesig, als er die Tür öffnete. „Frau, ich bin da! Was gibt’s zu essen?“ Yuki lächelte ihn vom Herd aus an. „Das wolltest du schon immer sagen.“ Er schmiegte sich an sie. Ja, er war Daheim. „Ich hab so Hunger.“ „Hey, lass das. Ich bin nur das Dessert“, kicherte sie. „Dann nehme ich das zuerst.“ „Du verdirbst dir nur den Magen. Komm jetzt, ich will nicht, dass es kalt wird. Ich hab Hunger.“ Und hungrig war sie alles andere als nachgiebig. „Ich zieh mich zuerst um. Ich hasse Hemden.“ Ohne Hintergedanken begann er sein Hemd aufzuknöpfen, bemerkte nicht, dass er plötzlich Yukis komplette Aufmerksamkeit hatte. „Meine Güte!“ „Was ist?“ Er blickte auf und erstarrte als er den Ausdruck in Yukis gelbbraunen Augen sah. Brennende Lust. Sie befeuchtete sich die Lippen mit der Zunge. „Verdammt, lass das“, hauchte sie, ohne den Blick von seinem Oberkörper zu nehmen. Ihre Berührung war elektrisierend und der Platz in seiner Hose deutlich zu eng. „Du weißt doch, wie ich nackt aussehe“, raunte er heiser, genoss ihre Hände, die seine Muskeln liebkosten. „Aber ich steh total auf Männer mit offenem Hemd“, schnurrte sie und presste sich an ihn. „Und du bist definitiv der schönste!“ Und ihre Lippen überwältigten ihn, raubten ihm jeden Willen. Wie eine Raubkatze fiel sie über ihn her. Berauscht presste er sie mit seinem Körper gegen die Wand, ekstatisch rieb ihre Haut gegen seine. Du lieber Himmel, sie schlug ein wie eine Bombe! Dass sie den Verstand verlor, raubte ihm seinen und er ließ sich von ihrem reißenden Feuer verbrennen. „Verdammt, Yuichi!“, stöhnte sie. „Vergiss das Embargo!“ Und wie er das vergaß. Doch das Schicksal hasste ihn, den plötzlich knurrte Yukis Magen laut und deutlich auf. Und die Lust in ihren Augen verschwand. Yuki war hungrig im Ausnahmezustand. „Oh nein“, jammerte er. „Nicht jetzt!“ „Doch, jetzt!“ Sie drückte ihn weg. „Fast geschafft, Yamada. Aber nur fast. Schau nicht so, du hast doch Hunger.“ „Auf dich!“ „Ich will erst etwas essen.“ „Und dann?“ „Nein.“ Yuichi seufzte ergeben. Fast. Aber daran war nichts zu machen. Yuki war hungrig unerträglich und er wollte sie wild und willig. Aber jetzt wusste er, womit er sie garantiert rum bekam. Einfach nur das Hemd nicht zuknöpfen. Hätte er das früher gewusst! Hastig zog er sich ein T-Shirt über und setzte sich zu ihr. Sie hatte sich aber wirklich Mühe gegeben und es war köstlich! „Oh, dafür, dass du gekocht hast, schmeckt es gut.“ „Dafür, dass du bekocht wurdest, putzt du die Küche“, lächelte sie. „Du musst das letzte Wort haben, Süße?“ „Ich hab‘s im Mund, du in der Hose.“ Sie lachte herrlich dreckig, als er sich am Bissen verschluckte. Niemand konnte Yuki die Stirn bieten. „Woher hast du dein dreckiges Mundwerk“, grinste er zurück. Sie lehnte die Stirn gegen seine. „Weißt du, ich hatte dich als Vorbild.“ „Zum Glück hast du dir nicht meine Kochkünste abgeschaut. So fühlt sich das an, was ich mir immer gewünscht habe.“ „Bekocht zu werden?“ „Nein, ein normales Leben mit der Liebe meines Leben.“ „Pfui, hör mit dem Kitsch auf!“ „Gib‘ s zu, du liebst es.“ „Und wie. Halt jetzt die Klappe und iss!“ Noch mehr liebte sie sein leises, triumphales Lachen. „Dessert“, fragte er nach dem Essen und mit diesem spitzbübischen Grinsen, das sie so liebte. „Wenn wir die Küche sauber haben. Ich hasse Unordnung!“ Selbst putzen und spülen machte Spaß mit ihr. „Zufrieden?“, schloss er sie in seine Arme, als alles blitzeblank war. „Ja, je sauberer die Flächen hier sind, desto mehr Platz haben wir für das Dessert.“ Sein Mund wurde wässrig. „Also kann ich jetzt naschen?“ Sie entwand sich ihm geschickt und reichte ihm einen Apfel. „Ist das dein ernst?“ „Du kannst auch eine Banane haben“, lächelte sie fies. „Yui-kun, dir ist der Ernst der Lage gar nicht bewusst. Kein Zucker, kein Fleisch, kein Alkohol.“ Sein Kopf fuhr hoch. „Kein Rotwein?“ „Nein.“ Oh. Das hatte er nicht bedacht. Er konnte nicht ohne Rotwein. Es war jeden Abend zwar nur ein wenig, aber er brauchte es. Erschüttert ließ er sich auf seinen Stuhl fallen. „Trink Wasser.“ Sie meinte es ernst, denn sie füllte ein Glas mit popeligem, stinkgewöhnlichem Leitungswasser. „Heute bist du besonders witzig.“ Sie wusste, wie schwer es ihm fiel und sie nahm es sich zur Aufgabe, es ihm leichter zu machen. „Hast du Durst?“ „Ähm…ja…“ Was war denn jetzt los? Er kannte diesen Gesichtsausdruck. „Gut, ich weiß wie Wasser besonders süß schmeckt.“ Ehe er sich versah, schwang sie sich auf seinen Schoß. „Hände brav da unten lassen“, verlangte sie, doch ihre Pupillen weiteten sich und auch ihr Atem wurde schneller. „Was hast du vor?“, flüsterte er und er wusste wie scharf sie sein Flüstern machte. Ohne die Augen von seinen zu nehmen, nahm sie ein Schluck Wasser. Ihre vollen Lippen glänzten feucht und er krallte die Finger in ihren runden, festen Po. „Schönheit… Weißt du, wie heiß du mich gerade machst?“ Sie fuhr mit der Hand in sein Haar, zog sanft seinen Kopf nach hinten und senkte die Lippen auf seine. Kühl floss das Wasser von ihrem Mund in seinen. Zuckersüß und unwiderstehlich. Sein komplettes Blut verabschiedete sich südwärts. Nie hatte er etwas Süßeres getrunken. Ihre Augen glühten. „Mehr?“ So viel Verheißung in diesem einen einzigen Wort. Er konnte nur nicken. Sein Verstand war fort. Betört und berauscht von ihr, ließ er sich willenlos verführen. Dieselbe langsame, sinnliche Prozedur. Das kühle Wasser, ihre feuchten, heißen Lippen. Und jeder Kuss wurde unerträglicher. Bis der Durst gestillt war, aber die Lust ungebändigt brannte. „Mehr!“, verlangte er heiser Sacht sog er ihre Unterlippe zwischen seine Zähne, sie stöhnte leise auf. Und die Zurückhaltung brach zusammen. Sie umschlangen sich, verschlangen sich, aufgeheizt, gereizt von der sinnlichen Folter. „Himmel, Yuichi“, stöhnte sie auf, als seine Hände unter ihr Kleid und ihren erhitzten Körper hinauf glitten. „Selber schuld. Jetzt will ich Nachtisch!“ „Ja!“, krallte sie die Hände in sein Haar und stürzte ihn in das brennende Inferno ihrer Lust. Schrill läutete plötzlich ein Handy. „Wenn es Fifi ist, bringe ich ihn um“, knurrte Yuichi. „Es ist meins“, sagte Yuki schwer atmend. „Dann ist es egal.“ „Yui-kun, ich will es ausmachen!“ „Warum gehst du jetzt ran?“, beschwerte er sich. „Hey, Lukas, was ist los?“ Lukas? War das nicht der Deutsche, in dessen Karateschule sie arbeitete? „Jetzt? Nein, vergiss es!“ Er verstand kein einziges Wort Deutsch, doch er wusste, der Abend war gelaufen. „Ich weiß, ich bin dir was schuldig. Aber muss ich wirklich einspringen? Kannst du den Kurs nicht einfach absagen? Mann, du Halbdackel, ich will nicht! Hast richtig gehört, du alter Schwabe, du bist ein Halbdackel! Warum? Weil ich auch ein Privatleben habe und nicht springe, wenn du pfeifst!“ Ihre Stimme wurde immer wütender und lauter. „Ja, du gehörst nicht zu meinen Prioritäten. Heul halt! Okay, ich bin unterwegs, aber ich hasse dich. Bis gleich, Arschloch!“ „Nein“, schmollte Yuichi. Sie erhob sich von seinem Schoß, ehe er sie festhalten konnte und sammelte sich. Sie war richtig zornig. „Ein Kollege hat sich gerade krank gemeldet. Ich muss denn Kurs jetzt übernehmen“, war ihre zensierte Version. Mit funkelnden Augen und geschwollenen Lippen sah sie so hinreißend aus. „Yuichi, hörst du mir überhaupt zu?“ „Ja, mir passt nur nicht, was du da sagst. Wieso ruft er nicht eine deiner Schwestern an?“ „Yoko ist am Set und Yami geht mit Aryan aus. Ich geh mich schnell umziehen.“ „Nein, er steht auf dich!“ „Kannst du es ihm verdenken?“, grinste sie ihn an, während sie im Schlafzimmer verschwand. Überhaupt nicht. Aber er wollte sie jetzt nicht hergeben. Sie brachte ihn um Sinn und Verstand und ließ ihn dann so eiskalt fallen. Nein, nicht mit ihm! Dann musste er härtere Geschütze ausfahren. Wozu hatte sie denn eine Schwachstelle? Oh, diese Nacht würde ihm gehören. Sie hatte ihn viel zu sehr gereizt, ein Zurück gab es nicht mehr. Er wollte sie, alles andere war ihm völlig egal! Yuichi trat ohne anzuklopfen ins Schlafzimmer und lächelte Yuki an, die vorm Spiegel stand. Ihr Kleid hatte sie gegen eine Sporttop und eine sehr kurze Sporthose ausgetauscht. Und seine Hormone liefen wieder auf Hochtouren. Wie könnte der Karatelehrer da nicht schwach werden? „Was für ein schöner Anblick“, schwärmte er. „Ich liebe mein Spiegelbild!“ Sie stieß ihm den Ellenbogen in die Seite, doch er schnappte sich ihren Lippenstift, den sie gerade auftragen wollte. „Du gehst zum Training, wozu schminkst du deine Lippen?“ „Du bist nicht der einzige Mann, der vollgeschmierte Lippen nicht küssen mag“, erklärte sie. „Das ist ein Schutz und eine klare Ansage. Geschminkte Lippen sind ein eindeutiges Zeichen, dass Küsse nicht erwünscht sind.“ Er schlang die Arme fest um sie und schmiegte sich an ihren Rücken. „Und sind meine Küsse erwünscht?“ Er vergrub die Nase in ihrem Haar. Seine Fingen streiften das schützende Halstuch ab. „Warum trag ich bei dir wohl kei… nen?“ Ihre Stimme überschlug sich als sein heißer Atem ihren Nacken traf. Gänsehaut bildete sich auf ihren Armen. Verdammt sei Inuyasha, aber er hatte Recht! „Es tut mir wirklich leid, Liebling. Aber ich muss jetzt los.“ Er lockerte seinen Griff so weit, dass sie sich zu ihm umdrehen konnte, um in das strahlende Blau seiner Augen einzutauchen. Ihr Puls begann zu rasen, immer wenn er sie so ansah. „Nein hab ich gesagt. Schau nicht so!“ „Du hast mich bis aufs Äußerste gereizt. Ich will dich jetzt.“ „Vergiss es! So leicht bin ich nicht zu haben.“ Sie wirbelte herum, doch er packe sie und schmiegte das Gesicht in ihr seidiges Haar. „Bleib nur kurz“, flüsterte er. Nur, bis er etwas ausprobiert hatte. Sie wollte widersprechen, doch sein Atem an ihrem Nacken ließ sie wanken. Sanft lehnte er sein Gesicht an ihres, seine Lippen berührten ihren Hals kaum. Ihr Atem ging schneller, ihre Brust bebte. Hauchzart küsste er ihre rasende Halsschlagader. Yuki schloss die Augen und seufzte. Sie liebte das Gefühl seiner Lippen auf ihrer Haut. Wieso wehrte sie sich nicht? Es wird garantiert nicht bei diesen sanften Berührungen bleiben. Aber das war traumhaft! Als er nicht aufhörte, sie zu küssen, sacht wie ein Windhauch, öffnete sie die Augen. „Bitte, Liebling, nicht mein Hals. Bei dir fühlt es sich so schön an.“ „Du bist da sehr empfindlich“, streichelte der Hauch seiner Stimme ihre Haut. „Ja, ich hasse es, da berührt zu werden“, seufzte sie. „Es ist widerlich. Aber bei dir…“ „Ja?“ „Hey, du weißt, wie schön es ist! Du willst mich verführen!“ „Ja“, raunte er an ihrem Hals und biss zärtlich hinein. „Oh Gott!“, schrie sie auf. Blitze jagten durch ihren Körper, ihre Knie knickten ein. Heiß fuhr es ihm in die Lenden. Sie war dort empfindlicher, als er es zu träumen wagte. Himmel, ihr Hals war unendlich zart und duftete betörend. Wenn er jetzt nicht aufhörte, sie zu küssen... Doch ihr heiseres Stöhnen schaltete seinen Verstand aus. Und erst ihr Geschmack! „Nein! Yui-kun, nei- Himmel, ja!“ Yuichi verfiel in diesen Rausch. Lust war schlagartig zwischen den beiden ausgebrochen und drohte sie zu überwältigen. Mizu war nicht Herrin ihrer Sinne. Seine Lippen, seine Zähne und- oh Gott, seine Zunge- gaben ihr den Rest. Alles war vergessen, alles war egal. Er! Nur noch er! Sie drehte sich um, zog ihm mit einem kräftigen Ruck das Shirt aus und eroberte seine Lippen mit all der Gier, die in ihr erwacht war. Gemeinsam landeten sie auf dem Bett. Er presste sie fester an sich, gefangen in diesen Strudel aus Lust und Verlangen. Voll Begierde fielen sie übereinander her. Keuchend, stöhnend, seinen Namen schreiend, verlangte sie alles von ihm und es gab kein Zurück mehr. Endlich. Gott, endlich! Wäre da nicht eine kleine Sache. Das stete Hämmern an der Tür. „Nein“, knurrte er und richtete sich auf. „Das ist jetzt nicht wahr!“ Dieser Abend war verflucht! „Ignorier es!“ Yuki riss ihn wieder an sich. „Ich kann nicht mehr, ich will dich jetzt, Yuichi!“ „Ja, du bist mein!“ „Yuichi Yamada! Ich weiß, dass du da bist. Wir haben eine Termin!“ „Nein, Liebling! Fabien geht bestimmt gleich.“ Yukis Verlangen war sein Untergang. Selbst wenn er hätte widerstehen wollen, er konnte es nicht. „Yuichi! Komm jetzt endlich! Mach sofort auf, oder ich trete die Tür ein!“ „Fabien, ich reiß dir den Kopf ab!“, öffnete Yuichi brüllend die Türe. Sein Manager wich erschrocken zurück. „Wir müssen-“ „Ich weiß, was wir müssen! Verpiss dich!“ „Yui-kun, beruhige dich“, erschien Yuki neben ihm. Ihr überwältigter Verstand war wieder glasklar. Sie richtete sich gerade ihre zerzausten Haare und reichte Yuichi sein T-Shirt. Fabien ging ein Licht auf. „Oh, ich störe?“ Yuichis Blick hätte ihn töten können, doch Yuki zuliebe beherrschte er sich. „Nein, ich muss zum Karate. Und du, nimm deine Arbeit endlich ernst.“ Seine verfluchte Arbeit! Das hatte sie ihn völlig vergessen lassen. Er sah in ihr bezauberndes, gerötetes Gesicht und küsste ihre geschwollenen Lippen. „Ich will nicht gehen.“ „Ich will auch nicht, dass du gehst. Aber du musst. Und so lange lenke ich mich ab.“ „Ich beeile mich, Schönheit.“ „Ich warte auf dich, Liebling.“ „Du beeilst dich nicht“, korrigierte Fabien. „Wir haben genug zu tun.“ „Wenn dir dein Leben lieb ist, hältst du ab jetzt den Mund, Fabien! Und du fährst“, warf er ihm die Wagenschlüssel zu. „Ich? Pourquoi?“ „Weil ich sonst die Beifahrerseite gegen den nächsten Baum prallen lasse. Voilá pourquoi!“ „Ich danke dir vielmals für das Interview“, bedankte sich die Reporterin sehr herzlich bei Yuichi. Seine Gedanken waren aber wo anders und das schon das gesamte Interview über. Das war so eindeutig, ihre weiblichen Antennen spürten das. Der Kerl hatte seine atemberaubenden, meerblauen Augen kein einziges Mal auf ihren monströsen Vorbau gerichtet. Und dabei hatte sie extra wegen ihm keinen BH angezogen. Wenn sie nicht wüsste, dass er hetero war, würde sie es nicht glauben. Seine Freundin schien ihn wirklich in der Hand zu haben. Er hatte ihr die ganze Zeit ins Gesicht gesehen, jede ihrer Fragen freundlich und witzig beantwortet. Nicht eine winzige Spur von Nervosität oder Interesse, die jeder Kerl zeigte. Jeder Kerl, der ihre zur Schau gestellte Weiblichkeit wahrnahm. Dieser Kerl hier war anders und sie wollte ihn haben. Scheiß auf Treue, scheiß auf seine Beziehung! Er solle ihr gehören. Eine Nacht nur, aber diese harte Nuss würde sie knacken! Nur damit ihr nicht einer sagen konnte, dass ihr jemand widerstanden habe. Sie zog ihn dezent näher zu sich- Himmel, duftete er gut!- und senkte leicht die Wimpern. Er reagierte nicht, er berührte sie auch gar nicht. „Ich habe noch etwas Zeit, mein Lieber. Kennst du das neue französische Bistro gleich um die Ecke?“ „Nein, ist es denn gut?“ „Meine Schwester hat es kürzlich eröffnet“, schnurrte sie. „Jeder mit erlesenem Geschmack sollte es kennen.“ „Dann werde ich unbedingt mit Mizu mal hingehen. Sie hat eine Schwäche fürs Französische. Danke für den Tipp.“ Sie hielt ihn fest und senkte die Stimme zu einer samtigen Tonlage, die bisher jeden Mann scharf gemacht hatte. „Non, chéri, du verstehst nicht ganz. Der Laden gehört meiner Familie. Lass mich dich auf einen Drink einladen.“ Er lächelte freundlich. „Non, merci. Ich trinke keinen Alkohol.“ Ein letzter Versuch! „Du bist doch Mechaniker, mein Hübscher.“ „Das war eine Filmrolle“, korrigierte er nun etwas irritiert. „Aber du kennst dich mit Autos aus. Ich habe ein Problem mit meinem.“ Und sie hatte ihn an der Angel. „Was für ein Auto?“ „Ein blauer Mitsubishi.“ Er grinste in sich hinein. „Modell, Baujahr, Diesel oder Benziner? Vergiss es, wo liegt das Problem?“ Sie rückte näher an ihn ran. „Er fährt so schlecht an, bockt und piepst. Kannst du ihn dir bitte mal ansehen?“ „Blinkt ein Lämpchen auf dem… also hinter deinem Lenkrad wo der Geschwindigkeits- und der Drehzahlmesser sind?“ Er beugte sich näher zu ihr, sah ihr in die Augen. Kribbelnd heiß fuhr es ihr in den Nacken. Wie sein Atem duftete! „Ja, ein rotes Licht blinkt.“ Sie konzentrierte sich aufs Sprechen. „Wie sieht es aus?“ „Ein Kreis…“ Ihr Mund war trocken, ihr Puls begann zu rasen. Seine Stimme senkte sich zu einem erotischen Flüstern. „Ist ein Ausrufezeichen im Kreis?“ „Ja“, schlang sie siegessicher die Arme um seinen Nacken. „Du bist ein Genie, mein Held!“ Ehe sie ihn küssen konnte, löste er ihre Arme und unterdrückte nur schwer ein Lachen. „Lös einfach deine Handbremse und dein Auto fährt problemlos weiter. Meld dich, wenn du sie nicht lösen kannst. Au revoir.“ „Was hast du mit der Reporterin gemacht?“, entrüstete sich Fabien nur wenige Momente später im Auto. „Hast du sie grob abgewiesen?“ „Ich hab sie weder abgewiesen noch war ich grob. Sie hat Probleme mit ihrem Wagen. Sehr große Probleme.“ „Von wegen“, schüttelte Fabien fassungslos den Kopf. „Sie hat einen Vorwand gesucht!“ „Vorwand? Wofür?“ „Yuichi, bist du heute blind und blöd?“ „Pourqoui?“ „Yuki muss dich völlig benebelt haben.“ „Was hat das jetzt mit Yuki zu tun?“ „Das zu Beispiel!“, rief Fabien auf. „Du sprichst Französisch mit mir! Ich versuche dir seit 10 Jahren auch nur ein einziges Wort beizubringen und Yuki braucht keinen Monat und du trällerst wie ein gebürtiger Pariser.“ „Yuki ist eine gute Lehrerin. Und was hat das mit der Reporterin zu tun?“ „Die Reporterin hat den ganzen Abend schon verzweifelt versucht dich anzumachen. Du hast es nicht mal bemerkt. Normalerweise hättest du deine Augen nicht aus ihrem Ausschnitt kriegen können.“ „Du meinst diese Mutanten-Brüste? Die riesigen Dinger sind echt nicht mehr schön. Ich musste die ganze Zeit an eine zu lange nicht mehr gemelkte Kuh denken.“ Fabien musste die Augen mit Gewalt auf die Straße heften. „Du liebst Yuki.“ „Natürlich liebe ich Yuki. Was hat das eine mit dem anderen zu tun?“ „Weil es an Yuki liegt, dass ich dich Schwerenöter kaum wieder erkenne. Die Reporterin hatte einen Vorbau von der Größe einen Kapelle. Sie hat dich pausenlos angeflirtet und du hast nichts bemerkt. Seit du Yuki hast, scheinst du Frauen gar nicht mehr wahrzunehmen.“ „Warum auch? Niemand ist beachtenswert neben Yuki. Oder gefällt dir die Silikonbombe etwa besser?“ „Besser als Yuki? Niemals! Ich weiß doch selber, wie sehr sie einen verzaubern kann. Mich und dich.“ Das hatte sie. Yuichi sprang vor Ungeduld schon fast aus dem Wagen, bevor Fabien angehalten hatte. Doch die Wohnung war leer. Sie würde bald kommen. Solange würde er seine große Schwester anrufen, um sie mit großer Wahrscheinlichkeit zu trösten. Oder um wenigstens herauszufinden, was Inuyasha angestellt hatte.. „Na, Nee-chan, ich wollte nur wissen wie es dir geht?“ „Gut, Danke.“ Oh-oh. „Was hat Inuyasha angestellt?“ „Nichts.“ „Ich komme zu dir.“ „Nein, der Plagegeist kommt jetzt nicht her!“ „Er kann herkommen, wann immer er will!“ Yuichi legte auf und eilte zu seinem Wagen. Bevor er losfuhr, rief er noch Yuki an. „Ja, Liebling?“ Ihm gefiel nicht, dass sie völlig außer Puste war. Immerhin war er nicht der Grund. „Inuyasha hat anscheinend wieder Mist gebaut. Ich gehe Nee-chan trösten. Soll ich noch schnell auf dich warten?“ „Nein, ich komme nach. Bin jetzt erst fertig. Hatte nur noch einen kleinen Übungskampf mit Lukas. Ich dusche noch kurz und komm dann zu Aani. Aber wir halten uns nicht lange auf, ja?“ „Schönheit, nichts kann mich aufhalten.“ Lachend legte Yuki ihr Handy zurück in ihre Sporttasche. „Wer war das denn?“, wollte ihr Lehrer wissen. „Du kicherst wie ein verliebtes Schulmädchen.“ „Ich bin auch wie ein verliebtes Schulmädchen“, hauchte sie. „Das war mein Freund.“ „Dein was?“ „Mein Freund. Die Liebe meines Lebens.“ Lukas weiches Gesicht entgleiste ihm. Und Yuki erkannte zu spät ihren Fehler. Erst, als Lukas Faust in ihren Magen krachte. Inuyasha war seltsamerweise gar nicht wütend, Yuichi zu sehen. Er musste etwas wirklich Schlimmes angestellt haben, denn die Atmosphäre war so drückend, dass es der japanischen Frohnatur schon fast aufs Gemüt schlug. Inuyasha deutete nur in die Küche. Anjaani war anscheinend dabei, einen Jahresvorrat an Essen zu kochen. „Hast du Hunger, Chi-chan?“, fragte sie, ohne ihn anzusehen. Er griff nach ihren geschäftigen Händen. Erschöpft war sie und bitter enttäuscht. Mit stockendem Atem ließ sie sich in seine Arme ziehen. Es war traumhaft, ihr Körper an seinem und doch fehlte etwas. Etwas, was er nur bei Yuki fühlte. Ja, Anjaani war eindeutig wie eine Schwester. Das begriff auch sein Körper. „Wo kommen diese blauen Flecken her?“ „Von Zuma“, schluchzte sie, ohne ihn anzusehen. „Inuyasha hat ihm gesagt, dass…“ Ihre Stimme brach, doch Yuichi begriff. „Zuma raste vor Eifersucht.“ „Er hat wirklich damit angegeben, dich rumgekriegt zu haben?“ Sie nickte nur. Wütend trafen seine eisblauen Augen Inuyasha. „Hast du sie nicht mehr alle? Was hast du dir denn dabei gedacht?! Anscheinend gar nichts, wie immer!“ Inuyasha drehte sich beleidigt weg. „Und du machst dich über mich lustig?“, lachte er verächtlich auf. „Du mieser Verräter, ich bin mehr Mann als du!“ Er nutzte es aus, dass Inuyasha sich nicht traute auszurasten. „Du bist ein saublöder-“ „Hör auf, Chi-chan“, bat Anjaani müde. „Ich möchte nicht mehr darüber reden.“ Sie lehnte sich an seine Schulter. Er sah sich in der Küche um. „Was treibst du da eigentlich, Nee-chan?“ Sie nahm gerade einen Topf vom Herd. „Ich bereite dein Mittag- und Abendessen für Morgen vor. Außerdem noch einige Suppen, Brotaufstriche, und noch mehr, was man aufheben kann. Und weil ich weiß, wie sehr du Eiscreme liebst, mache ich grad eine, die du essen darfst.“ „Das ist alles für mich?“ Sie packte gerade das Eis in die Gefriertruhe. „Chi-chan, ich liebe dich. Es ist mir wirklich wichtig, dass es dir gut geht.“ Er riss sie an sein Herz und küsste gerührt ihren Scheitel. „Mademoiselle Luna, habe ich dir je gesagt, wie toll du bist? Du darfst dich niemals verändern, bleib so wundervoll, wie du bist! Sag mal, ist Sex eigentlich auch verboten?“ Sie blickte errötend zu ihm hoch, Inuyasha linste misstrauisch in die Küche. „Nein, ganz im Gegenteil. Je mehr, desto besser.“ Das überraschte beide Männer. „Schau nicht so“, beschwerte sie sich. „Ich weiß, wie gut das der Psyche tut. Die Glückshormone sind heilsam für den Körper. Ist das der Grund, warum du grad so glücklich bist?“ „Wie kommst du darauf?“ „Von deinem dämlichen Grinsen wird man ja geblendet“, knurrte Inuyasha. „Hai, Yuki ist der Grund. Nee-chan, du bist müde.“ „Ich bin ja schon fertig. Ich muss nur die Sachen für dich einpacken, damit du sie mitnehmen kannst. Und die Küche aufräumen.“ „Später, du ruhst dich jetzt aus.“ Er führte sie zum Sofa. Auf dem anderen hockte ein mürrischer Hundedämon. „Ich hatte nur eine anstrengende Auseinandersetzung mit Zuma“, seufzte sie. „Manchmal wünschte ich, ich könnte mich so gut wehren, wie die Drillinge.“ „Dann mach auch Kampfsport. Yuki ist gerade beim Karate. Und du hattest Recht“, sagte er zu Inuyasha, der mitansehen musste, wie er Anjaani den Arm um die Schulter legte und sie das Gesicht an seine Brust schmiegte. Aber verhindern konnte der Hanyou es nicht. Yuichi wusste das ganz genau. „Womit hatte er recht“, wunderte sich Anjaani. „Mit Yukis Hals. Ach, Nee-chan, es war so schön! Sie hat endlich losgelassen und sich mir anvertraut.“ Das war die Wortwahl, die Anjaani nicht abschreckte. „Und was hat euch gestört? Sonst säßest du jetzt garantiert nicht bei mir.“ „Fifi kam dazwischen. Ich hatte doch dieses Interview.“ „Er heißt Fabien“, tadelte sie sanft. „Und du bist bestimmt ausgerastet.“ „Etwas“, lächelte er. „Für den Fall der Fälle, dass er nochmal stört, Inuyasha, bringst du mir bei, wie man jemandem schnell und effektiv den Kopf abreißt?“ „Yuichi!“ „Der macht doch nur Spaß.“ „Nein, tut er nicht“, entsetzte sich Anjaani. „Das ist nicht lustig!“ „Und wo muss man treffen, damit der andere sofort bewusstlos wird?“ „Das kann ich dir genau zeigen. Also-“ „Chi-chan möchtest du einen Milchshake?“, unterbrach Anjaani das Männergespräch. „Ich darf Milch trinken?“ „Mandelmilch“, verbesserte sie und machte sich wieder in der Küche zu schaffen. „Inuyasha? Du willst Kuhmilch?“ Inuyasha nickte nur. Die Wärme in ihrer Stimme fehlte. Eine kalte Anjaani war pure Folter. „Kein Saajan?“, sah ihn Yuichi fragend an. „Daran siehst du, wie sauer sie ist“, seufzte er leise. „Und der Meister weiß keinen Rat?“ „Kommt Zeit, kommt Rat“, murmelte er geheimnisvoll. „Und beim Nervenzwerg hatte ich recht?“ „Natürlich hattest du recht. Sie ist viel empfindlicher, als ich dachte.“ „Du weißt, was ein Vampirbiss auslöst?“ Die Bernsteinaugen spickten vorsichtig zur Küche. „Einen Orgasmus“, nickte Yuichi ebenso leise. „Yukis Hals ist ganz genauso empfindlich. Nutz es im richtigen Moment aus. Jetzt wird sie sich dir garantiert nicht mehr verwehren.“ „Du hast es wohl nie schwer gehabt mit den Frauen, was?“ „Genauso wenig wie du.“ „Nein. Aber bei Aurora würde ich kläglich scheitern.“ „Weil sie in dir einen Bruder sieht.“ „Außer die Schwäche für dich, hat sie solch eine Schwachstelle?“ „Vergiss es!“ „Also weißt du es.“ „Sie tötet mich, wenn ich dir das sage!“ „Komm schon, ich verrat es nicht. Was ist ihre Schwachstelle?“ „Meine Brüste!“, knurrte Anjaani und knallte die Gläser auf den Tisch. Beide zuckten schuldbewusst zusammen. „Seid ihr jetzt endlich fertig?“ „Entschuldige, Nee-chan. Ich war nur neugierig.“ „Frag deinen Cousin, wenn du das unbedingt wissen willst. Er müsste genau im Bilde sein.“ Sie stürmte in die Küche zurück. „Oh, du hast ordentlich Mist gebaut!“ „Und wie. Ich vermisse schon fast die Nervensägen.“ „Yoko ist am Set. Wo sind eigentlich unser General und seine Prinzessin?“ „Aryan hat frei.“ Das sagte alles. „Wie willst du das bei Nee-chan jetzt wieder gut machen?“ „Das lass meine Sorge sein. Kümmere du dich um deine Freundin. Müsste sie nicht längst hier sein?“ „Eigentlich schon.“ „Ruf sie an, ich hab kein gutes Gefühl“, sagte Anjaani plötzlich. An ihr Telefon ging sie aber nicht ran. „Wenn sie fährt, geht sie nicht an ihr Handy, Nee-chan.“ „Nein, Chi-chan. Etwas ist nicht in Ordnung.“ „Sie hat nur noch etwas mit diesem Lukas trainiert.“ „Lukas? Oh nein, sie glaubt mir nicht, dass er es auf sie abgesehen hat. Chi-chan, der Kerl ist ein Ungetüm! Mist, ich hab ein mieses Gefühl!“ Yuichi ließ sich von Anjaanis Unruhe anstecken. „Aurora, hör bitte auf. Du machst mich nervös.“ „Yuichi, ihr ist etwas zugestoßen. Lukas hat ihr garantiert etwas angetan.“ Er wurde leichenblass. „Wie bitte? Du scherzt!“ „Ich scherze nicht. Geh sie abholen“, bat Anjaani. „Bitte, schnell! Und du, Inuyasha, begleitest ihn.“ „Beruhigt euch, sie kommt gerade“, sagte Inuyasha mit zuckenden Ohren. Yuichi fiel ein Stein vom Herzen und sein Gesicht erstrahlte. Endlich hörte er das Knacken eines Schlüssels im Schloss. Doch seine Freude verflog fast sofort. Außer Atem, zerzaust und nass betrat Yuki die Wohnung. Sie sah nicht aus, als würde es ihr gut gehen. Erleichterung trat in ihr Gesicht, als sie Yuichi entdeckte und brach auf dem Boden zusammen. Erschrocken sprang er auf, doch so schnell wie Iuyasha reagierte niemand. Er war bei ihr, bevor Yuichi blinzeln konnte. „Damn it, geht es dir gut?“ Er half ihr auf, doch sie schüttelte ihn ab. „Nein“, wehrte sich Yuki schwach. „Du siehst aus, als wärst du verprügelt worden!“ Übelkeit machte sich in Yuichis Magen breit. „Hey, Zwerg! Was ist passiert?“ „Ich will nicht… lass mich los.“ „Inuyasha, lass sie los“, sagte Anjaani. Inuyasha ignorierte das. „Du bist total geschwächt.“ „Fass mich nicht an!“ „Du kannst nicht einmal selber stehen!“ „Könnt ihr Kerle nie ein Nein verstehen?!“ Mit aller Kraft die sie noch besaß, rammte sie Inuyasha ihren Ellenbogen in den Magen und schleuderte ihn mit einem geschickten Griff zu Boden. „Pfoten weg, verdammt! Ich hab es satt, dass ihr immer an mir rumgrapschen müsst!“ „Schönheit“, trat Yuichi sanft an sie heran, unsicher, ob er nicht gleich neben Inuyasha landen würde. „Liebling!“ Sie warf sich in seine Arme, ihr ganzer Körper zitterte wie Espenlaub. Lieber Himmel, was war passiert? „Was ist passiert?“, erschienen Aryan und Yami in der Tür, beide schick angezogen und ausgehfertig. „Häschen“, erschrak Yami. „Yui-chan, was hat sie?“ „Sie hat Inuyasha umgenietet.“ Mehr wusste er nicht, er war selber ratlos und führte Yuki zum Sofa, doch sie klammerte sich an ihm fest. Er barg sie sicher in seiner Umarmung. Jetzt sah er die ganzen blauen Flecken, die ihre Schultern bedeckten. Aryan gebot den anderen, den Mund zu halten. „Sie muss erst zu sich kommen“, erklärte er. „Halt sie einfach nur fest, Chi-chan“, flüsterte Anjaani warm. „Sie redet von selber, wenn sie soweit ist.“ „Hey“, knurrte es vom Boden. „Sorgt sich niemand um mich?“ „Tu nicht so“, beschwerte sich Yami. „Du bist nur beleidigt, weil sie sich von dir nicht anfassen lässt.“ Diese Tatsache würde Yuichi unglaublich freuen, wenn die Situation nicht so ernst wäre. Etwas richtig Schlimmes musste passiert sein. Etwas, womit seine starke Freundin nicht zurecht kam und nun Schutz bei ihm suchte. Sanft legte er die Hand an ihr Gesicht und sie entspannte sich ganz und gar. „Hast du Schmerzen?“, erkundigte sich Yami. Jeder Knochen tat ihr weh, aber das würde sie niemals zugeben. „Lukas war heute ziemlich grob. Ich will von niemandem mehr angefasst werden“, murmelte sie leise. „Ich ertrage keine Berührung.“ Und klammerte sich fester an ihn. „Du wurdest gegen deinen Willen angefasst“, erkannte Aryan. „Vergewaltigt.“ „Was?!“ Erst blieb Yuichi das Herz stehen, dann überkam ihn siedend heiße Wut. „Mein Gott!“ Yami presste sich die Hände vor den Mund. Inuyasha fluchte erschrocken und Anjaani musste sich setzen. „Er hat es nicht zu Ende gebracht…“ Die Runde starrte sie sprachlos an. „Das zählt trotzdem als sexuelle Nötigung“, sagte Aryan ernst. „Wer?“, schaffte es Yuichi nur auszupressen. Seine Kiefer schmerzten vor Anspannung und unterdrücktem Zorn. Sie barg das Gesicht noch immer an seiner Brust. „Wir müssen uns ein neues Dojo suchen.“ „Lukas?“, entsetzte sich ihre Schwester. „Er ist stärker als du!“ „Sehr, sehr viel stärker“, murmelte sie im Schutz seiner Arme. „Er war sauer, als ich ihm sagte, dass ich einen Freund habe.“ „Ich hab dir gesagt, er steht auf dich“, meinte Yami. „Niemand steht auf mich, wenn er dich kennt“, widersprach Yuki und hob den Kopf. Ihre Lippen waren geschwollen und bluteten. „Gut, ich habe mich geirrt.“ Dann sah sie ihren Freund an, der mühsam um Fassung rang. „Nie hat es mich so geekelt, von einem Kerl berührt zu werden. Früher fand ich ihn attraktiv, aber seit du da bist, reizt mich kein einziger Mann mehr.“ Seine eisblauen Augen erwärmten sich ein wenig. „Es gab keine Zeugen“, vermutete Aryan. „Nein, er hat mir aufgelauert, als ich unter der Dusche war.“ Sie schüttelte sich bei der Erinnerung und Yuichi drückte sie wieder an sich. Sie schmiegte ihr Gesicht in seine Handfläche. „Die Einzelheiten kann ich euch ersparen, Yuichi würde nur ausrasten. Lukas Training war anstrengender als sonst, wahrscheinlich hatte er mich besonders erschöpfen wollen, damit ich mich nicht arg wehren kann. Sein Plan ging auf, ich war völlig ausgelaugt und er nutzte seine Chance in der Dusche. Leichter hätte er es wirklich nicht haben können. Ich war nackt und nass und bin schneller zu Boden gegangen, als ich überhaupt realisieren konnte, was gerade passierte.“ Sacht streichelte Yuichi über die Beule an ihrem Hinterkopf. „Sexuelle Nötigung und Körperverletzung“, knurrte er leise. Die reißende Wut in seinem Inneren lag ihm bitter auf der Zunge. „Du hast gesagt, er hat es nicht zu Ende gebracht“, brachte Anjaani zitternd hervor. Sie war bleich geworden, ihre Augen pechschwarz vor Abscheu. „Das heißt, dass ich nicht dasselbe erduldet hab, wie du“, erklärte Yuki etwas ruhiger. „Er hat es versucht, ist aber gescheitert. Ich war so verkrampft, dass er nicht eindringen konnte. Deshalb hat er ausgeholt, um fester zuzustoßen.“ Den Frauen war der Atem gestockt, Yuichi wurde übel. „Das war sein Fehler“, beendete sie die Geschichte. „Ich hab meine Sachen gepackt und bin geflohen. Der wird eine ganze Weile brauchen, bis die Schmerzen vergehen.“ „Apropos.“ Yuichi stechender Blick traf den General. „Warum heilst du sie nicht?“ „Weil sie von keinem Mann angefasst werden will“, gab sich Aryan einfühlsam wie immer. „Und diese Spuren von Gewalt werden ihr nützlich sein, wenn sie gegen ihn aussagt. Das werden wir gleich morgen erledigen.“ „Danke, Aryan-nii. Beruhige dich jetzt, Liebling. Er war nicht vor dir am Zug.“ Yuichi riss erbost die Augen auf. „Darum geht es doch nicht! Es geht darum, dass dir jemand gewaltsam und gegen deinen Willen zu nahe gekommen ist. Er hat dir weh getan! Wie kann man nur? Mir würde im Traum nicht einfallen, dich so zu erniedrigen und dir Schmerzen zuzufügen.“ „Ich weiß und das liebe ich so an dir.“ Yuichi blinzelte. Das Erlebnis musste sie völlig aufgewühlt haben. „Warst du nicht diejenige, die die bösen Jungs immer aufregend fand und die Guten langweilig?“, erinnerte sie Yami. „Öde Weicheier hast du sie immer genannt.“ „Das zählt nicht mehr. Ich habe einen neuen Maßstab: Niemand ist besser als Yuichi.“ „Ich bin da“, versprach er und verbarg die Freude über ihre liebevollen Worte nicht. „Und ich bring ihn um.“ Das schreckte Aryan auf, denn es war dem Japaner ernst. „Nein“, ermahnte er streng. „Schlag dir das sofort aus dem Kopf. Du bringst dich nur in Schwierigkeiten.“ „Soll ich etwa nichts tun?“ „Selbstjustiz ist strafbar.“ „Warum unternimmst du dann nichts?“, regte er sich auf. „So einfach ist das nicht. Es wird Aussage gegen Aussage stehen. Und sie hat keine Zeugen.“ Yuichis Augen wurden zu Schlitzen. „Das ist jetzt nicht dein ernst? Wenn es Yami und nicht Yuki passiert wäre, wärst du längst mit Fackel und Mistgabel losgestürmt!“ Alle mussten schmunzeln, besonders Aryan, denn das beschrieb ganz genau seine Reaktion. Er sah Yami an und sie nickte. „Schau sie dir an“, wies sie auf Yuki. „Das könnte ich sein. Nur würde ich in deinen Armen weinen.“ „Ich weine nicht“, beschwerte sich Yuki sofort. „Stimmt, es ist unmöglich, dich zum Weinen zu bringen. Bis auf damals, als-“ „Habt ihr Zwei nicht etwas vorgehabt“, unterbrach sie ihre jüngere Schwester. „Du bist wichtiger, Häschen“, entschied Yami. „Nii-san, ich will euch nicht den gemeinsamen Abend ruinieren.“ „Nein“, lächelte Aryan. „Yuichi hat Recht. Lukas Mooser kriegt seine gerechte Strafe. “ Er gab seiner Freundin noch einen Abschiedskuss und verschwand. „Oh, ich will jetzt nicht in Lukas Schuhen stecken“, grinste Yami. „Er hat Aryan seinen freien Abend versaut.“ „Der wird bestimmt zu sanft sein“, beschwerte sich Yuichi. „Klar, wird er das“, bestätigte Inuyasha. „Soll ich mich lieber um den Mistkerl kümmern?“ „Nein. Ich will es dem Arschloch heimzahlen. Lenke du solange Aryan ab.“ „Abgemacht. Ich zeig dir, wo Treffer mit der Faust am schlimmsten sind.“ „Danke, ich kenne mich da aus. Ich beeile mich, Schönheit.“ „Hört auf ihr zwei!“, mischte sich jetzt Anjaani ein. „Ihr setzt euch beide sofort wieder hin! Und dir, Yuichi, habe ich verboten, dich jemals wieder zu prügeln. Lasst Aryan machen. Er wird dafür sorgen, dass der Kerl gesteht. Häschen, hast du Hunger?“ Yuki löste sich leicht von Yuichi. „Mir ist der Appetit vergangen, aber ich will duschen.“ Anjaani nickte und führte sie ins Bad. „Ihr geht es wirklich mies“, bemerkte Inuyasha kurz drauf. „Ich höre Anjaani nicht schreien.“ „Auch unser Häschen hat ihre Grenzen“, klärte ihn Yami auf. „Seit Yui-chan da ist, ist sie völlig verweichlicht. Sie schaut andere Kerle nicht einmal mehr an. Neulich sind wir an einer Baustelle vorbeigelaufen. Und da war ein heißer Bauarbeiter, jung, muskulös und oben ohne. Das ist Mizus Sexphantasie Nummer eins! Was glaubt ihr, wie hat sie reagiert?“ „Ein junger, muskulöser Bauarbeiter? Ich glaube nicht, dass sie nicht reagiert hat?“, schüttelte Inuyasha ungläubig den Kopf. „Selbst ich hab hinschauen müssen. Yuki sah kurz hin, es ließ sie völlig kalt. Sie meinte nur, Yuichi sei Hobby-Heimwerker. Und ob sie ihm einen Schutzhelm zu Weihnachten schenken solle.“ Yuichi musste lachen. „Hat sie sich deswegen so für mein Werkzeug interessiert? Und gefragt, ob ich mit einem Presslufthammer umgehen kann?“ „Kannst du?“ „Natürlich, ich hab in den Ferien immer auf Baustellen gearbeitet. Sie war ganz seltsam, als sie das hörte.“ „Yui-chan, du merkst es nicht, aber sie idealisiert dich, sie ist völlig eingenommen von dir! Wenn sie nicht einmal ein scharfer Bauarbeiter interessiert! Wäre dies noch vor vier Wochen passiert, hätte sie Lukas Hören und Sehen ausgetrieben.“ „Marie!“, ertönte es aus dem Bad. „Hör auf so zu reden! Und bring mir bitte Kokosöl und dein Handy!“ „Ich mach das.“ „Setzt dich hin“, wies Inuyasha Yuichi zurecht. „Anjaani will ihre Verletzungen fotografieren. Das wird dich nur fertig machen.“ „Für wie schwach hältst du mich?“ „Ich weiß, wovon ich rede, den Anblick erträgst du nicht. Vor kurzem hat sich der böse Teil meiner Seele gelöst und Anjaani fast vergewaltigt und schwer verwundet. All diese Verletzungen, die ich ihr zugefügt habe… Mir wird immer noch schlecht.“ „Inuyasha hat recht“, murmelte Yami, die aus dem Bad kam. „Das solltest du nicht sehen. Das sieht nicht nach Training, sondern nach einer Prügelei aus. Er hat regelrecht an ihr gewütet. Zum Glück ist sie zäh.“ Yuichi sprang auf. „Du weißt, wo die Karate-Schule ist?“, fragte Inuyasha. Er nickte nur düster. All seine Erfahrung der illegalen Kämpfe im Untergrund kam wieder hoch. „Komm, beeil dich!“ „Ihr bleibt beide hier!“, schrie Anjaani zornig. „Benimm dich endlich, Inuyasha! Und du kümmerst dich um deine Freundin!“ „Ich schlafe heute lieber bei Yami“, sagte Yuki mit gesenktem Blick. Yuichi hob überrascht die Brauen. „Der macht mich wahnsinnig an, wenn er so ernst guckt. Ich ertrag das nicht!“ Ein Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit. Stimmt, das hatte er ganz vergessen. „Sollen wir nach Hause, Schönheit?“ „Ich will nur bei dir sein, Yui-kun.“ Sein Herz schien über zu quellen, als er sie an sich zog und Anjaani ein letztes glückseliges Lächeln zuwarf, wohl wissend, dass sie es richtig deutete. „Er wird ihre Bedürftigkeit so richtig genießen“, murmelte sie und sah dann Inuyasha eiskalt an. „Genießen, nicht ausnutzen.“ Und wie Yuichi das tat! Yuki beschwerte sich nicht einmal, als er sie aus dem Wagen hob und in die Wohnung trug. Sie schlang lediglich die Arme um seinen Hals und sog seinen Duft ein. Er setzte sie im Bad ab und reichte ihr ihre Zahnbürste. „Hab ich dir je gesagt, dass niemand so gut duftet wie du?“ Unglaublich, wie sich sein Französisch in so kurzer Zeit gebessert hatte! Er antwortete ihr fast schon fließend. „Ab und zu“, lächelte er sanft, als er sich die blendend weißen Zähne putzte. Sie schmiegte sich an seinen Oberarm. „Ja, aber dich nehme ich als Frau wahr. Und du bist unwiderstehlich. Du hast schon immer über deine Wirkung auf das andere Geschlecht gewusst.“ „Sag bloß. Und du nicht?“ „Aber es hat mir nie etwas bedeutet. Ich wollte nur für dich schön sein.“ Er sah sie an, etwas schimmerte in den blauen Augen, das ihr Herz zum Rasen brachte. „Ich hatte heute ein Interview mit einer hübschen, französischen Reporterin“, begann er. „Während du um deine Unschuld kämpfen musstest.“ „Unschuld?“ „Ja und du hast sie für mich verteidigt.“ „Also verliert man seine Unschuld nur an die Person, die man liebt?“ Das brachte ihn jetzt völlig aus dem Konzept. Sie hatte ihm gerade indirekt gesagt, dass sie ihn liebte. Zum ersten Mal hörte er das aus ihrem Mund. Yuki grinste schelmisch. „Und wie war sie?“ „Wie war wer?“ Oh, wie er ihr Lachen liebte! „Die hübsche, französische Reporterin.“ „Morgen Abend wird es ausgestrahlt. Sie hat anscheinend mit mir geflirtet.“ „Anscheinend?“ „Oui, ich hab das gar nicht gemerkt. Ich bin nicht drauf eingegangen. Und sie wollte, dass ich mir ihr Auto ansehe.“ „Das ist wohl die offensichtlichste Anmache! Was hatte denn das Auto?“ Er grinste breit. „Probleme beim Anfahren. Es zickt und piepst und was weiß ich.“ „Sag bloß, sie fuhr mit angezogener Handbremse? Ernsthaft?! Manchmal schäme ich mich für mein Geschlecht. Hatte wohl nichts zu bieten außer ihrem Aussehen.“ „Ich hatte nur an dich denken können. Als ich die Frau sah, ist mir ihre monströse Brust aufgefallen und ich fand sie viel zu groß und unästhetisch. Mein erster Gedanke war, dass dein Lächeln viel schöner ist, als ihres. Ich hab das Gefühl, ich nehme die Frauen als geschlechtlose Wesen wahr. Sie üben keinen Reiz mehr auf mich aus.“ Sie barg die Freude über seine Worte nicht. „Und ich dachte, nur mit mir stimme etwas nicht. Mir geht es ganz genau so. Ich sehe nur dich, Liebling. Wenn du mich berührst, ist das so wahr, es ist einfach richtig. Aber als Lukas…“ Sie unterdrückte ein Schaudern und sah ihm direkt in die funkelnden Saphiraugen. „Ich wäre lieber gestorben, als von ihm genommen zu werden.“ „Du gehörst mir, Schönheit.“ „Unglaublich, wie gut dein Französisch geworden ist!“ „Ich habe auch die beste Lehrerin.“ „Du bist perfekt, Yuichi. Niemand, der dir nicht etwas ähnelt, ist es wert, beachtet zu werden.“ Ihr herzhaftes Gähnen steckte ihn an. „Lass uns ins Bett gehen, Kleines.“ „Kannst du das denn nie ohne diese Zweideutigkeit in der Stimme sagen?“ Lachend schloss er die Türe ab. Als er das Schlafzimmer betrat, lag sie schon im Bett, erschöpft, verletzt, gedemütigt. Der sonst so kokette, herausfordernde Glanz fehlte in ihren ockerbraunen Augen. Scheu lag darin. Scheu und Hilflosigkeit. „Ich wünschte, ich wäre da gewesen“, flüsterte er, als er sich ein T-Shirt zum Schlafen überzog. Himmel, hatte er einen traumhaften Körper! Und diese heiße Tätowierung auf seinem linken Oberarm! „Ich wünschte, ich wäre nicht gegangen.“ „Wärst du auch nicht, wenn Fifi nicht aufgetaucht wäre.“ „Jetzt kennst du ja meine Schwachstelle.“ „Ich werde es mir merken.“ „Bitte, Yui-kun, warum ziehst du plötzlich etwas an?“ „Ich weiß nicht. Scheint mir unpassend, halb nackt zu sein, nachdem du fast vergewaltigt wurdet.“ „Zieh es aus, ich will dich spüren.“ Er sah sie an und streichelte liebevoll ihre Wange. „Ich tue alles, was du willst.“ „Ich will schlafen, bei dir. Nicht mit dir.“ „Ich weiß. Schönheit, du wurdest angefallen und verletzt. Meine Stimmung ist tot und Kilometer weit im Boden begraben.“ Er zog die Decke zurück und erstarrte. Sie trug nichts, außer einem hellblauen Spitzenslip. In sekundenschnelle hatte seine Stimmung sich frei gebuddelt. „Tot und begraben?“, neckte ihn Yuki. „Womit hab ich das verdient?“, fragte er nur. Ihre Haut an seiner war das Paradies! „Ich hab gesagt, ich will dich spüren. Richtig spüren“, seufzte sie. „Nur dich.“ „Du bist wunderschön. Du bist makellos! Bis auf das“, verdüsterte sich sein Gesichtsausdruck, als er die dunklen Flecken auf ihrer Haut entdeckte. „Ich hab doch gesagt, es war ein anstrengender Kampf. Er hat es wirklich drauf angelegt, mir weh zu tun. Bei dir hätte ich nichts gegen ein bisschen körperliche Dominanz. Aber nicht so!“ „Es ist eine Schande, dass man sich das Recht nimmt, Frauen zu misshandeln.“ „Was Aani passiert ist, war schlimmer. Sie wäre gestorben, wären wir nicht gekommen. Bei mir war es harmlos.“ „So harmlos war es nicht. Ich bewundere deine Stärke.“ „Ich bin nicht so leicht zum Weinen zu bringen. Das hat nichts mit Stärke, sondern mit Stolz zu tun.“ Sie schmiegte das Gesicht an seinen Hals, er genoss es voll Glückseligkeit. „Alle sagen, du hättest nie geweint, nicht einmal als ganz kleines Kind. Nur geschrien, nie seien Tränen gefallen. Ich hab dich nie weinen sehen. Mimi ab und zu und Mina ständig. Aber du hast selbst bei diesem traurigen Film nicht geweint.“ „Nur weil dir die Tränen kamen. Ich bin, was das angeht, nicht normal. Aber ein einziges Mal habe ich geweint“, gab sie zu und gähnte. „Es hat nichts gebracht.“ „Wann war das?“ Sie wollte schweigen, doch sie kam nicht gegen den Vampirfluch an. „Vor fünf Jahren. Als mein Bruder starb.“ Sein Kopf hob sich ruckartig. Voll Erstaunen und Schuld sah er sie an. Sie sah ihm offen in die Augen. „Warst du das Mädchen, dessen Einladung zu Geburtstag ich abgesagt hatte? Ihr Bruder war auch frisch verstorben.“ „Das war ich gewesen. Ein kleiner Versuch meines Bruders, mir einen Traum zu erfüllen. Im Grunde war es besser gewesen. Unter diesen Umständen hätte ich dich nicht kennen lernen wollen. Ich hab tagelang nur geweint, konnte nicht einmal in die Schule. Shiro war ja nicht da, der mich zwang. Der mir sagte, was ich machen muss und was nicht. Weinen hat rein gar nichts gebracht. Ich habe nie wieder geweint.“ „Hätte ich das gewusst...“ Mehr wusste er nicht zu sagen. Ihr Geständnis brachte ihn völlig durcheinander. „Was hätte es gebracht? Hätte ich vor deiner Wohnung lauern sollen und dich anflehen sollen? Die Tränen waren Erniedrigung genug. Nie wieder tue ich mir das an. Für niemanden auf der Welt!“ „Ich wünsche mir nicht zum ersten Mal, dich früher gekannt zu haben. Ich hätte dich trösten können, ich hätte für dich sorgen können.“ „Um mich muss sich keiner kümmern!“, wehrte sie automatisch ab. „Aber ich genieße deine Geborgenheit“, gab sie dann etwas sanfter zu. „Nur bei dir kann ich schwach sein.“ „Du bist nicht schwach.“ „Aber ich brauche dich. So sehr.“ „Ich bin für dich da“, murmelte er selig, als er sie fester in seine Arme zog. „Nimm dir morgen Abend frei.“ „Mache ich, aber wenn Fabien wieder auftaucht? Yuichis Augen verdunkelten sich. „Glaub mir, das traut er sich nicht.“ Yuichi schlief unruhig die ganze Nacht. Alpträume plagten ihn. Alpträume von Yuki, die gehetzt durch die menschenleere Nacht rannte. Etwas verfolgte sie, wollte ihr weh tun. Und es kam erbarmungslos näher, während ihr die Kräfte schwanden. Sie schrie nach Yuichi. Rief immer wieder verzweifelt seinen Namen. Doch niemand half ihr. Als sich der schattenhafte Verfolger plötzlich auf sie stürzte. Das nackte Grauen in ihren Augen, als sie unter dem Kerl verschwand. Yuichi riss die Augen auf. Starrte schwer atmend an die Decke seines Schlafzimmers. Sein Herz pochte hart gegen seine Rippen. Ein Traum, Gott sei Dank! Sein Atem wurde ruhiger und er nahm langsam Yukis Körper an seinem wahr. Ihr sanfter Atem, der seine Brust streichelte, ihr Bein um seine Hüfte geschlungen, die Hand in seinem Nacken. Sie klammerte sich wie ein Äffchen an ihn und er schloss kurz selig die Augen. Das war so ein traumhaftes Gefühl. Doch entspannt war ihr Körper nicht. Ihre Hüfte rotierte leicht und ihr Atem ging zwar leise, aber schnell. Sie träumte. Ein leises Seufzen, ein Zucken ihrer Hüfte und Yuichi wurde heiß. Ein erotischer Traum. Wenigstens schlief einer von ihnen schön. Was sie wohl träumte? Ob es von ihm handelte? Ein Stöhnen entwich ihr und sofort reagierte sein Körper drauf. „Yuichi…“ Er grinste. Sollte er ihren Traum wahr machen? Nein, nach dem gestrigen Ereignis, würde er ihre Wehrlosigkeit nicht ausnutzen. Sachte verlagerte er seine Position, um ihre leicht geöffneten Lippen küssen zu können. Sie reagierte sofort drauf, wild, heftig, heiß. Mon dieu! Mit Schwung wirbelte sie ihn herum und setzte sich auf. Von der Bewegung erwachte sie. Er starrte hoch zu ihr, dieser nackten Göttin, die ihn mit glühenden Augen taxierte. Gott, ihr Körper war anbetungswürdig! „Schön geträumt?“, raunte er sanft. „Fast so schön wie das aufwachen“, schnurrte sie. „Ich will aber nicht, dass es jetzt vorbei ist.“ Er riss sie an sich und die Lust explodierte ungezügelt. Doch das schrille Läuten an der Haustür ließ sie auseinanderschrecken. Yuki sprang sofort von ihm runter. „Aryan“, rief sie. „Ich mach das“, versicherte er, während sie im Bad verschwand. Schnell eine Hose und ein T-Shirt übergezogen und dem General eine deftige Beschwerde- oh! Es war die Polizei. Während Yuki sich hastig richtete, bekam sie mit, dass Aryan gestern zwar alles erledigt hatte, jedoch ihre Zeugenaussage benötigt wurde. Verdammt! Sobald es zwischen ihnen so heiß wurde, dass sie nicht mehr widerstehen konnte, kam etwas dazwischen. Der Traum war so scharf gewesen, doch nichts im Vergleich zur Realität. Die beiden Polizisten saßen mit einer dampfenden Tasse Tee am Esstisch, als sie eintrat. Yuichi trank lediglich ein Glas Wasser. Seine Augen funkelten so blau, dass sie den Blick abwenden musste. Sie begrüßte die Herren Polizisten, den jüngeren von beiden, dem Aussehen nach Europäer, sogar mit einer Umarmung. Hm, offensichtlich kannten sie sich. „Wir sind befreundet“, erklärte sie knapp und ließ sich dann noch einmal erzählen, was Aryan gestern erreicht hatte. „Zunächst einmal, hat Lukas Mooser Ihnen sexuelle Nötigung andrehen wollen.“ „Mir?“ Yuki tauschte einen entsetzten Blick mit Yuichi. „Haben Sie sich diesen Kerl mal angesehen? Er ist ein Zwei- Meter- Riese! Wie bitte soll ich ihn bedrohen oder nötigen können?“ Die Augen der Polizisten waren auf die dunklen Flecke an ihren Oberarmen gerichtet. „Machen Sie sich keine Sorgen, der General hat ihm ein Geständnis abgerungen. Er hat gestanden, Sie unter falschen Gründen in die Schule gelockt zu haben, absichtlich mit einem Kampf erschöpft zu haben, um sie danach zu vergewaltigen.“ „Nichts Neues“, lächelte Yuki sanft. Sie nahm das locker auf, während Yuichi schlecht wurde. „Es kommt schlimmer“, warnte der jüngere von beiden, der die hellgrünen Augen nicht von ihr lassen konnte. „Der General wollte wissen, was Herr Mooser getan hätte, wäre ihm die Vergewaltigung gelungen.“ Oh, daran hatte sie nicht gedacht. Mizus europäischer Polizisten-Freund zögerte kurz. „Herr Mooser gab zu, also er hätte…“ „Wohl oder übel hätte er mich danach umbringen müssen“, stellte sie nüchtern fest. Yuichi zuckte zusammen. Sie drückte beruhigend seine Hand. „Ja“, gab der junge Beamte leise zu. „Lukas Mooser hätte dich danach getötet. In der Schublade seines Schreibtisches fand der General unter anderem ein Beil.“ Ein… WAS?! Nun wurde Yuichi das ganze Ausmaß vom gestrigen Geschehen so richtig bewusst. Sein Magen krampfte sich zusammen, zum Glück hatte er noch nichts gegessen. Wenn er dran dachte, wie der Abend verlaufe wäre, hätte Yuki nicht solches Glück gehabt. Statt selig mit ihr im Arm einzuschlafen, hätte er sie im Leichenschauhaus identifizieren müssen. Falls ihre Leiche gefunden worden wäre… Erschüttert schloss er die Augen und drückte sie fest an sich, sie schlang die Arme um ihn. Die Polizisten schwiegen eine Weile, bis der ältere wieder das Wort ergriff. „Wir brauchen Ihre Aussage, Fräulein Hirashi. Den Großteil der Arbeit hat uns glücklicherweise der General abgenommen. Beantworten Sie uns einfach unsere Fragen und Sie sind uns los.“ „Natürlich“, nickte sie und sah dann ihren Freund an. „Liebling, geh du bitte vor zu Aani. Das wird dich nur aufregen.“ „Non“, war das Einzige, was er dazu sagte. Na schön, wenn er sich das antun wollte. „Wie lange kennen Sie Lukas Mooser?“ Sie überlegte kurz. „Wann war das gewesen, Sepp, in der Mittelstufe?“ Okay, sie waren offensichtlich Jugendfreunde. „Du warst 13“, antwortete der jüngere Polizist. „Das war nachdem du dich mit diesem Taro geprügelt hast. Und verloren hast.“ „Na hör mal, der war in deiner Klasse. Du bist drei Jahre älter als ich, Josef.“ Sie bemerkte den irritierten Blick des älteren Beamten und ignorierte Yuichi. „Ihr Kollege hat mich dazu gedrängt in einen Selbstverteidigungskurs zu gehen“, erklärte sie. „Sie und ihre Schwestern hatten es dringend nötig. Besonders Yami.“ Irrte Yuichi, oder flog eine Spur Wehmut über sein Gesicht, als er Yamis Namen aussprach? Aber warum sah er Yuki dann so seltsam an? „Dass sie sich für Lukas Moosers Karateschule entschieden hatten, habe ich nicht beeinflusst.“ „Also gehen Sie seit sieben Jahren in die Schule des Täters“, schlussfolgerte der Polizist. „Und seit zwei Jahren gebe ich selber Unterricht.“ „Hat Herr Mooser Sie je belästigt?“ „Nein, nicht dass ich es bemerkt hätte. Wissen Sie, normalerweise interessieren sich die Männer immer für meine jüngste Schwester.“ Das konnte Yuichi nun wirklich nicht bestätigen, als er bemerkte, wie dieser Josef seine Freundin ansah. Oder sah er Yamis Gesicht in Yukis? „Hat er sich bisher nie verdächtig verhalten?“ „Nein“, sagte Yuki wieder. „Aber meine Schwestern haben mir oft gesagt, er interessiere sich für mich. Und eine behauptete sogar, er könne mir gefährlich werden.“ „Aani-chan? Wann lernst du endlich auf ihr Gefühl zu hören?“, tadelte Josef sanft. „Weil er mir nie gefährlich vorkam.“ „Auch nicht, als er Sie gestern unter falschem Vorwand herlockte?“ „Nein. Am Kursende schlug er noch einen Trainingskampf vor. Das taten wir oft. Er war zwar etwas grober, aber nur so wird man stärker. Dann hat uns Yuichi mit einem Anruf unterbrochen. Als Lukas hörte, dass ich einen Freund habe, hat er sich plötzlich gewandelt. Er war auf einmal so still, eiskalt, als wäre er sauer. Ich hatte Angst, er schlägt mich bewusstlos. Das war kein Kampf mehr, ich war nur noch damit beschäftigt seine Schläge abzuwehren. Bis er es geschafft hatte, mich gegen die Wand zu drängen.“ Der Polizist schrieb eifrig mit. „Mit einem Schlag in den Magen zwang er mich in die Knie und küsste mich. Daher kommen auch meine aufgeplatzten Lippen. Zum Glück kann ich zubeißen, und er hat sich entschuldigt. Geschworen, mich nie wieder anzufassen. Aber das war zu viel. Ich habe ihm gesagt, dass ich kündigen werde und wir uns nie wieder sehen. Er war so bestürzt und ich so naiv zu glauben, dass es jetzt vorbei wäre. Deshalb bin ich noch duschen gegangen. In der Frauendusche versteht sich. Ich hatte Angst vor ihm und wollte nur noch schnell weg. Alles tat mir weh, ich war erschöpft. Ich habe wirklich nicht gedacht, dass er plötzlich in der Dusche steht. Ich war schutzlos und am Ende meiner Kräfte. Er hat sich auf mich geworfen. Mein Kopf ist hart auf die Fliesen geknallt, mir wurde schwarz vor Augen und sein Gewicht nahm mir die Luft. Das Wasser lief noch. Ich dachte, dass ich entweder ersticke oder ertrinke. Umso schwerer war es, sich gegen ihn zu wehren. Es geschah so schnell. Mit einer Hand schaffte er es meine beiden Handgelenke festzuhalten. Mit der anderen drückte er mir Mund und Nase zu. Ich war kurz davor das Bewusstsein zu verlieren. Ich weiß nicht ob es an der Todesangst lag, oder generell daran, dass ich nicht gerne nackt unter anderen Männern liege, aber mein kompletter Unterleib war völlig verkrampft. Er schaffte es nicht einzudringen.“ Sie sprach nüchtern, doch hier schloss sie kurz die Augen. „Ich hörte ihn noch fluchen, vor lauter Atemnot konnte ich nichts mehr sehen. Er schien sich seiner Sache sicher zu sein, denn er ließ mich los und plötzlich schien alles in Zeitlupe zu laufen. Mit den Händen hatte er meine Knie auseinander gezogen und ausgeholt. Das war meine Chance. Mit letzter Kraft schlug ich ihm zwischen die Beine. Was dann war weiß ich nicht mehr, ich war in Panik, mein Körper reagierte automatisch. Ich weiß nicht einmal mehr, wie ich mich angezogen habe. Alles passierte mechanisch. Ich kam erst wirklich zu mir, als ich bei meiner Freundin ankam, weil Yuichi dort war. Aryan wohnt in der Wohnung drunter. Er hat den Rest erledigt. Ich habe noch Fotos gemacht.“ „Die Fotos haben wir bereits“, bestätigte der jüngere leise und gab sich Mühe seinen Schock nicht zu zeigen. „Der General arbeitet gründlich.“ „Ich glaube, das war alles“, lächelte sie. Yuichi war sprachlos. Sie benahm sich, als wäre das keine große Sache. Yuki war immer eine Realistin gewesen, die sich nicht mit Vergangenem aufhielt. Dafür bewunderte er sie. „Gut“, sagte der ältere Polizist. „Ihre Aussage deckt sich mit der des Täters. Wenn wir Fragen haben, wenden wir uns an Sie. Josef, Sie haben fünf Minuten.“ Er verabschiedete sich, doch sein jüngerer Kollege ließ sich noch etwas Zeit. „Geht es dir gut, Yuki?“ „Warum sollte es mir nicht gut gehen?“ Er sah Yuichi an und dieser lächelte kopfschüttelnd. „Du bist eine starke Frau. Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist.“ Komisch, der Kerl benahm sich wie ein Bruder, warum sah er Yuki dann so seltsam an? „Wäre mir mehr passiert, hättest du mehr Arbeit“, lachte sie. „Die gewohnte Realistin. Yamada Yuichi? Ich bin Josef Schneider.“ Sie verbeugten sich. Irgendetwas an Yukis altem Freund erinnerte ihn an Aryan, obwohl äußerlich keinerlei Ähnlichkeit bestand. Bis auf die grünen Augen vielleicht. „Die Drei brauchten dringend jemanden, der sie aus jedem Schlamassel zog“, meinte Yuichi. Josef lachte, auf eine sehr ähnliche Art und Weise wie Aryan. „Ich war jahrelang ihr Kindermädchen. Aber es war schwerer, als es klingt. Der hier“, zeigte er auf Yuki, „hat es gar nicht gefallen, dass ich mich als ihr Beschützer aufspielte.“ „Sie ist ein großes Mädchen.“ „Mit mehr Glück als manch ein anderer hat. Deinem pragmatischen Verstand würde ein wenig weibliche Intuition nicht schaden. Ihr solltet wirklich öfter auf Aani hören.“ „Ich arbeite dran“, versprach Yuki grinsend und meinte es nicht ernst. „Jetzt sag, was dir auf der Zunge brennt.“ „Was?“, war Josef überrumpelt. „Weibliche Intuition. Oder gesunder Menschenverstand.“ „Hast mich erwischt. Wie geht es Yami?“ Oh, das war eindeutig. In dieser Frage lag so viel mehr. „Komm, Sepp, schau nach vorne“, verlangte Yuki. „Sie ist überglücklich.“ „Hat sie es wirklich geschafft?“ „Guten Morgen. Wer hat was geschafft?“ Aryan stand in der Tür. Josef sah ihn an, Yamis Traum. Er selber war nur ein Abklatsch gewesen. Er hatte das gewusst, aber nicht glauben wollen. „Vermutlich geht es um Yami.“ Josef zuckte zusammen, starrte seinen Widersacher an. „Es geht wie immer um sie“, lächelte er dann sanft. Aryan durchschaute sofort die Situation, sagte aber nichts. Yamis bevorzugter Typ war eindeutig. Josef Schneider war ihm vom Charakter sehr ähnlich. Ihr war das Äußere tatsächlich nur nebensächlich. „Wie geht es ihr?“ Solch Sehnsucht in vier kleinen Worten. „Sie wartet mit dem Frühstück auf uns. Ich bin nur kurz gekommen, um Yukis Verletzungen zu heilen.“ „Und Yami“, meinte Josef ernst. „Ist sie glücklich?“ In Aryans Augen änderte sich etwas. „Ja“, lächelte er. „Wir sind sehr glücklich.“ Josef lächelte auf diese sanfte Weise, die Yami an Männern so attraktiv fand. „Aani hat mir gesagt, dass ich nicht der richtige für sie bin, aber ich habe nicht auf sie gehört. Tja, wer könnte mit Ihnen mithalten, General? Ich wusste ganz genau, warum sie mich mochte, aber ich konnte sie nicht hergeben.“ Aryan lachte leise. „Das kenne ich viel zu gut.“ „So sehr sie es auch hasst, passen Sie bitte auf sie auf, General. Sie hat alles Glück der Welt verdient.“ Er verabschiedete sich etwas bedrückt. „Grüßt Yoko von mir. Ich hoffe, wir sehen uns nicht mehr beruflich.“ „Das hoffe ich innständig“, flüsterte Yuichi leise. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal einem Verflossenen begegne“, dachte Aryan laut. „Und Mitleid mit ihm empfinde.“ „Er wusste von Anfang an, dass sie keine Zukunft hatten, ab dem Moment, als Yami von dir im Radio hörte. Aki war zu 90% ist Traummann. Du aber zu 100%. Sei beruhigt, Aryan-nii, er ist der einzige Ex.“ „Beruhigt? Da laufen genug Kerle rum, die euch gefährlich werden können. Wie geht es dir?“ „Mir?“, wunderte sich Yuichi. „Yuki nimmt das gelassener auf als du.“ „Gewohnheit“, winkte Yuki ab. „Was passiert jetzt mit dem Karate-Dojo?“ „So einiges“, zwinkerte Aryan. „Aber darüber muss ich mit euch Dreien reden.“ Nachdem Aryan Yuki geheilt hatte. Gott sei Dank. Yuichi ertrug die Kratzer und Blutergüsse nicht mehr. Yuki selber schien es vergessen zu haben. Sie erzählte Yoko sorglos von Inuyashas jüngstem Verbrechen, als die Drei zu Anjaani fuhren. Beziehungsweise zu Aryans Wohnung, denn Anjaani war spurlos verschwunden. Und anscheinend hatte Yami rausgefunden, was Inuyasha verbrochen hatte, denn als sie die Wohnung betraten, saß er missmutig und mit blutender Nase am Esstisch, während Yami ihrem Ärger freie Luft machte. Sie beruhigte sich jedoch augenblicklich, als Aryan sie in seine Arme zog. „Verprügle mir Inuyasha nicht so oft“, mahnte er amüsiert. „Ich brauche ihn kampffähig.“ „Es macht überhaupt keinen Unterschied, ob ich sein Hirn zu Mus bearbeite oder nicht“, kicherte sie. „Wie geht’s dir?“ „Warum tun alle so, als wäre ich das Opfer“, beschwerte sich Yuichi. „Weil es dich mehr mitnimmt als sie“, erkannte Yami. „Wir sind das gewohnt. Als ich Aryan zum ersten Mal begegnet bin, wäre ich auch fast von einem Dämon vergewaltigt worden.“ „Und wie geht es diesem Drecksack?“, wandte Yuichi sich an Aryan. „Bekommt, was er verdient. Nur die Karate-Schule wird er nicht mehr leiten können.“ „Hast du dich auch etwa schon darum kümmern können?“, wunderte sich Yoko, als sie sich zum Frühstück setzten. „Seine Schwester übernimmt, wenn ihr sie dabei unterstützt.“ „Wow, Sanam, mit dir kann niemand mithalten.“ „Das hat dein Ex heute Morgen auch gesagt.“ „Josef?“ „Gibt es noch mehr?“ „Nicht dass ich wüsste. Wie geht es ihm?“ „Gebrochenes Herz.“ „Gebrochener Stolz. Er hat sich selber gequält, weil er mich nicht loslassen konnte. Apropos gebrochenes Herz. Wie willst du das bei Aani wieder gut machen?“ Geschickter Themenwechsel. Inuyasha verschränkte die Arme vor der Brust. „Das hatte ich dir ja sagen wollen, aber du Furie musstest mir erst eine knallen.“ „Entschuldige. Wird so langsam zu einem Hobby.“ „Jetzt mal im Ernst, Hanyou“, funkelte ihn Yoko an. „Selbst Aanis Güte hat Grenzen. Es muss ein Wunder geschehen, dass sie dir das verzeiht. Wo ist sie überhaupt?“ „Als ich vom Juwelier zurück kam, war sie verschwunden.“ „Juwelier?!“ Jeder der Drillinge reagierte anders. Yoko war vollkommen entzückt über den Gedanke, es könnte ein Verlobungsring sein, Yami interessierte sich neidisch für den Inhalt des kleinen Schmuckkästchens und Yuki war von dieser billigen Idee gar nicht begeistert. Sie fand es nicht romantisch, sondern lächerlich. „Zieh dich aus“, riet sie. „Du bist schöner, als jeder bescheuerte Ring.“ Sie ignorierte Yuichis wütenden Blick. „Das ist etwas Besonderes“, flüsterte Inuyasha geheimnisvoll und lächelte Yuki zärtlich an. Missbilligend registrierte Yuichi ihre geröteten Wangen. „Ich glaube trotzdem, dass du mehr Glück als Verstand brauchen wirst“, meinte Yami. „Vor allem weil es dir am Zweiten gehörig mangelt.“ „Mich wundert es echt, dass dir niemand mal eine gescheuert hat“, knurrte Inuyasha. „Das kam vor“, grinste Yami. „Aber ich schlage zurück. Probiere es ruhig aus.“ „Jetzt spuckst du große Töne, aber in Wirklichkeit versteckst du dich nur hinter Aryan.“ „Ich bin kein Feigling. Meine Kämpfe trage ich alleine aus.“ Inuyasha beugte sich zu ihr. „Feigling.“ Yami legte ihr Besteck hin, ihre Augen funkelten herausfordernd. „Gut, du und ich vor die Tür. Aryan hält sich raus.“ „Ganz bestimmt nicht“, widersprach Aryan und zog sie auf ihren Stuhl zurück. „Ich schlage weder Schwache, noch Unschuldige und schon gar keine Frauen. Aber du bist nichts von alldem, du Monster.“ „Abgemacht. Sobald Aryan außer Landes ist.“ „An Neumond. Dann ist es dir gegenüber fairer.“ „Vereinbaren die gerade eine Prügelei“, kam Yuichi nicht mehr so ganz mit. „Nein, tun sie nicht“, beharrte Aryan. „Und du hör auf. Du würdest keiner der Drillinge je etwas tun.“ „Aber nur weil Anjaani-“ Inuyashas Ohren zuckte, seine Mimik wurde angespannt. „Aurora ist gerade vorbeigelaufen, in ihre Wohnung hoch“, erklärte Aryan. Er deutete dem Hanyou mit den Augen, ihr zu folgen. „Viel Verstand“, rief ihm Yuichi noch hinterher. „Ihr bleibt alle drei hier“, lächelte Aryan die Schwestern an, die schon auf ihren Stühlen zitterten. Dies war jetzt eine Hürde, die Inuyasha ganz alleine meistern musste. Er war sich seiner sicher, nichts konnte schief gehen. Sie war schließlich eine Frau und er wusste ganz genau die weibliche Schwäche auszunutzen. Nun, er bedachte nicht, dass sie eine ganz besondere Frau war. Mit keiner anderen zu vergleichen. Inuyashas drückte die Finger fester um das kleine Schmuckkästchen und voll Zuversicht betrat er die Wohnung. Sie drehte sich zu ihm um, Melancholie in den Augen. Und Unsicherheit packte ihn. Warum nur war sie so schön? Wieso warf ihn ihre Ausstrahlung jedes Mal fast von den Füßen? „Wo warst du denn?“, fragte er so wenig vorwurfsvoll wie möglich. „Beim Notar“, antwortete sie. „Die letzten Formalitäten klären.“ „Wofür?“ „Für mein Testament.“ Etwas Eiskaltes krampfte seinen Magen zusammen. „Ich lasse doch die Drillinge nicht einfach so zurück.“ „Wie meinst du das?“ Angst stahl sich in seine Augen. Sie seufzte. „Inuyasha, es hat keinen Sinn mehr mit uns.“ Der Griff um das Döschen wurde fester. „Anjaani, ich möchte…“ „Ich möchte es jetzt beenden. Ich möchte dir deine Erinnerung zurückholen und dich in deine Zeit zurückschicken.“ Seine Finger lockerten sich. „W-was?!“ Hatte er sich verhört? Sie trat an ihn heran, abgrundtiefer Schmerz in den fast schwarzen Augen. „Lass mich rein in deinen Geist. Ich gebe dir alles zurück, was du verloren hast. Ich bin es dir schuldig.“ „Aber, wie willst du mich…?“ „Tessaiga“, erklärte sie müde. „Es hat die Macht ein Zeitfenster zu aktivieren. Jedenfalls behauptet Aryan das. Meine komplette Energie reicht dafür.“ Er war völlig vor den Kopf gestoßen und ließ das Schmuckkästchen los. „Du würdest das für mich tun?“ „Darauf ist es immer hinausgelaufen“, zuckte sie mit den Schultern. Er sah sie nur an. Sie hatte recht. Und dass er nachgab, zwang sie vor Schmerz fast in die Knie. Ihre Augen wurden golden. Sanft schmiegte sich ihr Geist an seinen, hauchfein war die Verbindung. „Eine Bedingung habe ich“, flüsterte sie. Er war zu überwältigt von der Schönheit ihrer Goldaugen. „Ich gebe dir deine Erinnerung wieder, aktiviere Tessaigas Macht und bevor du gehst, löst du dein Versprechen ein.“ Schlagartig wurde sein Verstand klar und eine eisige Welle schwappte über ihm zusammen. „Mach nur nicht zu viel Sauerei“, bat sie tonlos. „Es wäre den Drillingen gegenüber unfair, wenn sie hier noch sauber machen müssten.“ „Ich… kann nicht.“ Seine Stimme war brüchig. „Das ist die Bedingung“, lächelte sie müde. „Entscheide dich. Eine andere Möglichkeit bleibt dir nicht.“ „Bitte, Anjaani, hast du denn nichts…?“ „Das Zeitfenster zu öffnen wird mich alle Kraft kosten und ich werde das Bewusstsein verlieren. Schmerzloser geht es nicht mehr.“ „A-aber… Kann ich nicht gehen, ohne…?“ „Nein!“ Jetzt sammelte sich Wut in ihrem Bauch und Entschlossenheit trat in ihre Augen. „Du gehst und nimmst mein Leben dafür. Das hast du mir geschworen.“ „Anjaani, ich will aber nicht gehen. Ich habe einen so blöden Fehler gemacht. Und ich will es wieder gut machen.“ „Das kannst du nicht. Du hast mich verraten.“ „Ich habe nicht gewusst, dass es so schlimm ist.“ „Wie hast du denn dann gedacht, dass ich reagieren würde? Ich fühle mich missbraucht.“ Er schluckte schwer. Der Kloß in seinem Hals blieb. „Ich erinnere mich nicht an unsere Nacht, aber es gab mir ein gutes Gefühl, dass du meine Unschuld hast und nicht Raj. Und du? Du nutzt meine Schwäche aus. Bist du glücklich darüber, wie leicht du es mit mir hast? Gefällt dir der Gedanke, dass du alles von mir bekommen kannst? Und es dann auch noch in den Dreck ziehst?“ Himmel, was sollte er sagen? „Saajan, es ist schwer genug für mich, dass ich nichts freiwillig verschenken konnte. Weder meinen ersten Kuss noch mein erstes Mal. Keine Romantik, keine Liebe, nichts. Und dann musst du mich noch so bloßstellen. Danke.“ Sie schenkte ihm noch ein allesletztes Lächeln voller Liebe. „Aber jetzt ist es vorbei.“ Und ihr Geist stieß in seinen. „Nein, warte! Anjaani, mach das nicht!“ Er riss sie an sich, schlang die Arme um ihren schönen Körper und vergrub das Gesicht in ihren Locken. Anjaani Herz begann zu rasen, ihr Geist rutschte aus seinem heraus. „Es tut mir wirklich Leid, bitte verzeih mir. Ich will nicht, dass alles wegen diesem Ausrutscher zerstört ist. Ich will dir zeigen, wieviel du mir bedeutest. Du bist meine Sonne.“ Er zog das Schmuckkästchen heraus. „Was soll ich denn mit Schmuck-“ Ihre Stimme brach ab, als er es öffnete. Fassungslos starrte sie ihre Mondsteinsonne an, Tränen traten in ihre Augen. „Nein! Saajan! Nein, das ist nicht wahr!“ Ihr Knie gaben nach und sie sank auf den Boden. Er kniete sich zu ihr und wischte ihr die Tränen von den Wangen. „W-wie hast du…? W-wann hast du…?“ Ihre Stimme ging in Schluchzern unter. „Ich war hartnäckig“, sagte er sanft. Und diese Sanftheit war es, die sie schwach machte und dazu brachte, sich immer wieder neu in ihn zu verlieben. Ihr Finger zitterte am Schmuckstück. „Dreh es um.“ In das Gold waren drei kleine Worte eingraviert. Drei Worte, die alles sagten, ihr alles bedeuteten und unendlich viel Macht besaßen: Main yahaan hoon. „Und ich bleibe es auch. Verzeihst du mir?“ Sie stürzte sich auf ihn, überwältigte ihn mit ihrer grenzenlosen Freude. Ihre Körper schmiegte sich an seinen und er schloss berauscht die Augen. Stürmisch küsste sie sein Gesicht. „Saajan! Ich liebe dich über alles auf der Welt!“ Sie sahen sich an, ihre Augen drangen in seine. Ihre Herzen schlugen im Gleichtakt. „Wow, bleib in dieser Stimmung, Nee-chan! Ich gehe dir auch schnell Schmuck kaufen!“ Nur Aryan konnte Inuyasha daran hindern, Yuichi umzubringen. „Freust du dich wirklich so sehr über diese Kette, Nee-chan?“, fragte Yuichi. Sie nickte heftig. Solch Seligkeit hatten die Drillinge noch nie erlebt. Und Anjaanis übersprudelndes Glück war wie die Sonne. Sie wärmte und erhellte alles um sich herum. Jeder genoss ihre heilende Nähe. Und Inuyasha besonders, denn ihm gebührte all ihr Dank und ihre Freude. Stumm genoss er ihre Nähe und ihre Anhänglichkeit. Nur Yuichi verstand den Grund nicht. In seinen Augen waren das bloß ein Paar kleine weiße Steine, die ein wenig schimmerten. Für manche waren diese Steinchen vielleicht wunderschön, aber im Vergleich zu Anjaanis Schönheit, war die der Perlen ein Schatten im Wind. Völlig unauffällig. Doch Anjaani war anderer Meinung. „Hast du nicht mal gesagt, du hättest einen Sinn für Romantik“, warf ihm seine Freundin verständnislos vor. Die Drillinge waren nicht minder begeistert wie Anjaani und das nervte den Japaner etwas. Das letzte, was er wollte, war, dass Yuki Inuyasha bewunderte. Tat sie das absichtlich? Nun, er konnte sie auch eifersüchtig machen! Yuichi strich sich die schwarzen Haare aus dem Gesicht und seine weißen Zähne blitzten auf. Ein Lächeln, das Yuki so liebte. Aber es galt Anjaani. „Diese Kette ist nicht mal halb so schön, wie dein Hochzeitsgeschmeide und weitaus weniger wertvoll. Und selbst das ist Dreck im Schatten deiner Schönheit!“ Den letzten leisen Satz, hatte nur der blaue Drilling verstanden. Anjaani lächelte ihn zuckersüß an. „Aber mein Hochzeitsgeschmeide hat keine Bedeutung für mich. Du weißt, diese Kette symbolisiert den Wert meines Körpers. Das ist nicht gerade romantisch.“ „Und die Ironie der Geschichte ist, dass Rajesh so viel Geld ausgegeben hat, um deine Unschuld zu bekommen...“, begann Yuki. „Alles umsonst ausgegeben, wenn man bedenkt, dass er sie sich einfach genommen hat.“ „Und dabei alles verloren hat“, ergänzte Yuichi. „Das bezweifle ich“, lenkte Anjaani ein. „Er ist immerhin dabei ein gefeierter Schauspieler zu werden.“ „Ein winziger Lohn im Vergleich zu dir, Nee-chan.“ „Lass das Geschleime“, brummte Inuyasha. Da machte er Anjaani mit einem Geschenk glücklich und Yuichi erntete ihre Bewunderung. „Ich möchte dir auch was schenken, Nee-chan!“, rief Yuichi motiviert. „Hey!“, entrüstete sich Inuyasha. „Hör auf, mich in den Schatten zu drängen, du mieser Nachmacher!“ „Das tut niemand“, versicherte ihm Anjaani und schmiegte sich an seinen Arm. „Reg dich nicht auf, Saajan. Diese Kette wird immer das wertvollste sein, was ich besitze. Sie symbolisiert einen Traum, den du mir erfüllt hast.“ „Aber ich will dir trotzdem was schenken!“ Yuichi gab nicht nach. „Und ich weiß auch schon was. Mich!“ „Was?!“ Yuki sah ihn verwirrt an, Inuyasha begann vor Zorn zu beben. „Erkläre lieber schnell, was du damit meinst“, riet ihm Aryan. „Ich nehme mir heute frei und wir verbringen den Tag am See. Nur du und ich.“ „Das kannst du vergessen“, mischte sich Yami ein, wohl wissend, was gerade in Yuki vorging. „Wir kommen mit.“ „Habt ihr nicht zu tun? Ich komme auch mal ohne euch klar.“ „Schmink dir das ab. Nicht ohne uns.“ „Wirklich?“ Yuichi hielt ihr herausfordernd sein Handy hin. „Ruf im Büro an und sag, dass du heute nicht arbeitest. Du hast doch bestimmt die richtige Tonlage parat.“ Yami funkelte ihn zornig an. Er wusste, dass das unmöglich war. Sie hatte schon genug Probleme. „Komm, Nee-chan.“ „Du bleibst hier“, befahl Yuki. „Ich muss nicht ans Set“, grinste er seine Freundin an. „Ihr aber schon- Dann viel Spaß. Ich werde dich vermissen, Schönheit. Naja, vielleicht.“ „Nicht so schnell. Yuki und ich kommen mit“, stand Yoko ihrer Schwester bei. „Wir gehen alle zum See.“ Sie spürte Yukis Dank und drückte heimlich ihre Hand. Sie hielten zusammen, komme was wolle. „Ich mit drei halbnackten Frauen. Oui, damit kann ich leben.“ „Und du?“, fragte Anjaani Inuyasha. „Soll ich mit?“ Ihr Blick schien direkt aus ihrem Herzen zu sprechen. Niemals hätte er diesen Augen widersprechen können. „Dann mach dich bereit, Yuichi“, wies ihn Yuki an. Es klang wie eine Drohung. Und genau das war es auch. „Du hast keine Ahnung, was du dir da antust, Yamada“, schimpfte Inuyasha leise, als die Mädchen ausschwirrten, um sich für den See fertig zu machen. „Ich ertrage Aurora im Bikini“, versprach er. „Ich weiß, wie perfekt sie ist.“ „Er redet nicht von Aurora“, erklärte Aryan. „Du hast einen Drilling herausgefordert.“ „Welchen?“ „Tu nicht so blöd! Den blauen Zwerg, das weißt du genau!“ „Ich will sie nur etwas aus der Reserve locken.“ „Na, wenn du das mal nicht bereust“, seufzte Aryan. „Wie lange bist du schon abstinent?“ „Seit mehr als sechs Monaten. Warum?“ „Also länger, als du es gewöhnt bist. Selbst wir zwei mit unserer eisernen Selbstbeherrschung haben so unsere Probleme.“ Yuichis Lächeln schwand. Gott, was taten die Mädchen, dass selbst Aryan sich kaum beherrschen konnte? „Aurora ist die Schönheit in Person, aber sie ist unschuldig. Zu Inuyashas Glück:“ Statt zu protestieren, nickte Inuyasha dunkel. „Aber die Drei… Yuki wird es genießen dich aufs äußerste zu reizen und zu quälen. Wie soll ich es am besten ausdrücken? Die Drillinge sind seelenraubende Wesen, die wissen, wie sie Männer in den Wahnsinn treiben.“ „Und deine ist die Schlimmste“, brummte Inuyasha. „Und meine ist die Schlimmste“, bestätigte Aryan lächelnd. „Du hast keine Ahnung, was du dir da antust.“ Yuichi schluckte. „Und wenn Anjaani siehst, dass dich das nicht kalt lässt…“ Inuyashas Blick wurde eine Spur düsterer. „Was ist so schlimm dran? Das ist natürlich.“ „Für uns ja.“ Auch Aryan war ernst geworden. „Aber nicht für Aurora. Und deine Freundin wird alles dafür tun, dich nicht kalt zu lassen.“ Yami stellte sich gerade zu ihrem Freund. „Du kannst dich wirklich auf was gefasst machen“, drohte sie Yuichi. „Fordere nie eine von uns heraus, nicht wahr, Hündchen?“ Inuyasha drehte knurrend den Kopf weg. „Aani, nehmen wir die Yoga-Matten mit?“, tönte gerade Yukis Stimme durch die Wohnung. „Willst du am See trainieren?“ „Oh ja, ich hab wahnsinnige Lust drauf.“ Yuichi runzelte die Stirn. „Was ist an Yoga so schlimm?“ Aryan und Inuyasha tauschten einen Blick. „Du hast wohl noch nie gesehen, wie die vier trainieren.“ „Die wollen nur ihren Beckenboden trainieren“, kicherte Yami. „Mann, ich sollte auch mal wieder, meine Muskeln sind völlig schlaff.“ „Von wegen“, lachte Aryan. „Du willst mich umbringen.“ Yuichi sah Inuyasha fragend an, dieser grummelte. „Hast du Nervenzwerg genauso einen starken Beckenboden wie Anjaani?“ „Sehr stark“, nickte Aryan. „Oh weh“, seufzte Inuyasha. „Du erklärst es ihm nicht“, verbot Aryan mit einem Blick zum verwirrten Japaner. „Was ist so schlimm an Yoga und was hat es mit dem Beckenbodenmuskeln zu tun?“ Inuyasha schwieg auf Aryans Blick hin, aber Yami grinste teuflisch. „Gib mir deinen Finger“, verlangte sie. Er gehorchte unschuldig. „Allgemeines Prinzip, Yui-kun. Dein Zeigfinger ist dein…“ Anjaani bog grad beschäftigt um die Ecke. „Willie“, flüsterte sie leise und schloss die Hand um seinen Finger. „Meine Hand ist die Vagina. So ist es normal“, regulierte sie den Druck. „Aber ein trainierter Beckenboden kann sich sehr stark anspannen. So ungefähr.“ „Sag mal, musst du dabei mit Yukis Stimme sprechen“, beschwerte er sich. Ihm wurde unangenehm heiß. „Sadistische Gene“, grinste sie. „Aber so stark kenne ich das nicht.“ „Weil keine deiner bisherigen Frauen einen trainierten Beckenboden hatte. Aani ist es besonders wichtig, dort stark zu sein. Nicht wahr?“, lächelte sie den errötenden Inuyasha an. „Bin ich froh, dass du nicht mitkommst“, knurrte er. „Warum verbietest du mir zu reden und sie lässt du schwatzen?“, warf er Aryan vor. „Keiner hat gesagt, dass du mir auch gehorchen musst.“ „Und ein trainierter Beckenboden ist so stark?“, unterbrach Yuichi Inuyashas aufkommende Wut. „Je nachdem sind sie schwach, dass du sie kaum spürst“, bestätigte Inuyasha. „Oder sie sind so stark, dass sie dich fast schon zerquetschen.“ Yami sah ihn an mit diesem kecken Blick, der ihn bei Yuki so reizte. „Stell dir das vor…“ Sie schloss die Hand fest um seinen Finger und fing dann an im Rhythmus zu drücken. „Das passiert bei einem Höhepunkt. Yuki ist da nicht weniger trainiert als ich.“ „Sie ist ein Monster“, fauchte Yuichi leise, als Yami summend im Schlafzimmer verschwand. „Was du nicht sagst“, lächelte Aryan. Yuichis geweitete Augen starrten auf seinen Zeigefinger. „Ist es wirklich so arg?“ Beide Männer nickten. „Unbeschreiblich.“ „Ich weiß nicht, ob ich mich freuen soll oder nicht.“ „Ich wäre mir auch unsicher“, murmelte Aryan. „Du tust mir richtig leid. Und Yuki wird dich gehörig leiden lassen.“ „Verdammt, was hab ich getan. Hilf mir, Aryan.“ „Selber Schuld wenn du dich mit einem der Drillinge anlegst. Ich komme nicht mit. Und Inuyasha muss nachher auch weg.“ „Ich muss die nicht den ganzen Tag ertragen?“ „Nein. Sag Bescheid, wenn ich dich da rausholen soll.“ „Danke, General!“ „Darf ich auch auf Dämonenjagd gehen?“, wagte Yuichi den Versuch. „Klar, du darfst dich deiner Freundin stellen.“ Kapitel 27: Überwindung und Vergebung ------------------------------------- „Ich fühle mich, als würde ich in die Schlacht ziehen“, gestand Yuichi Inuyasha, als die beiden am See auf die Frauen warteten. Der Dämon seufzte. „So geht es mir jeden verdammten Tag. Meinst du, das ist für mich einfach? Und Anjaani ist heute ziemlich anhänglich.“ Yuichis Augen blitzen belustigt auf. „Hast du es nicht genau darauf angelegt?“ „Aber ich vergesse immer, wie stark ihre Wirkung auf mich ist.“ „Wer würde ihr schon widerstehen können“, stimmte ihm der Japaner zu. „Sei dem Himmel dankbar, dass sie nicht wie meine ist.“ „Das bin ich“, knurrte er. „Und wie ich das bin!“ „Tragen sie Badeanzug, oder Bikini?“, schweiften Yuichis Gedanken plötzlich ab. Inuyasha sah ihn an. „Verstehe, blöde Frage. Da sind sie. Oh, ich dachte, sie kommen schon ausgezogen“, bemängelte er die Sommerkleidchen der Mädchen. „Und du unterschätzt deine Freundin“, zischte der Hundedämon. „Sie lässt es sich nicht nehmen, sich vor dir auszuziehen.“ Yuki führte strahlend die Gruppe an. „Hallo, Hübscher! Hallo, Yuichi!“ „Sie rächt sich“, murmelte Inuyasha. „Bleib kühl.“ Dann wurde er von Anjaani in Beschlag genommen. Doch, dieser Tag versprach traumhaft zu werden. Jedenfalls für Inuyasha. „So kommst du zum Baden?“, wunderte sich Yuichi. „Dafür hat sich das Warten aber nicht gelohnt.“ „Ich dachte, du entkleidest mich“, hauchte sie und senkte die Wimpern. Er zog sie an sich. „Gerne“, streifte sein brennender Atem ihre Lippen und ein heißer Schauer durchlief Yukis Körper. „Aber hier könnten wir für Erregung öffentlichen Ärgernisses eingebuchtet werden.“ „Ich riskiere es“, meinte sie und biss zärtlich in seine Unterlippe. Die Reaktion seines Körpers war nicht zu verhindern. Mit einem bösen Funkeln in den Augen löste sie sich von ihm. „Viel Spaß beim Ausziehen.“ Dieses Biest! Ein Glück, dass er eine relativ stabile Hose aus festem Jeansstoff trug. So sehr er gelangweilt den Blick abwenden wollte, etwas Urwüchsiges in ihm musste Yuki anstarren. Verdammte Sch- was waren das für Bikinis? Nie hatte er einen Bikini gesehen, der einen Frauenkörper so perfekt betonte. Die langen Beine, die runden Hüften, der flache Bauch und diese vollen, prallen Brüste. „Wow, Kätzchen“, stieß er aus. Yoko sah ihn überrascht an. „Welcher Teufel hat das Ding entworfen?“ „Die Frage erübrigt sich“, deutete sie auf Yuki. „Du hast sie dir selber beantwortet.“ „Meine Fresse. Wenn du Zuma willst, musst du dich einfach nur ausziehen.“ Yoko hielt zu Yuki, sie ließ sich nicht drauf ein. „Wenn ich ihn in meinem Bett will, bekomme ich ihn auch“, warf sie ihr langes Haar zurück. „Sex ist nicht alles, Yui-kun“, bemerkte seine Freundin. „Es gibt Menschen, die reduzieren ihren Partner nicht- oh!“ Yuki wurde abgelenkt. Von einem halbnackten Hundedämon. Ihre Wangen röteten sich, nicht so stark wie Anjaanis, aber stark genug. „Hast du was sagen wollen?“, erkundigte Yuichi sich, schluckte den bitteren Geschmack der Eifersucht. „Ja… nein… keine Ahnung.“ Inuyasha hatte die Krallen ausgefahren. „Für den Fall, dass du dich genauso benimmst wie letztes Mal.“ „Du bist wirklich von dir überzeugt“, spottete Yuki. „Yuichi ist heißer als du.“ Yuichi stutzte überrascht. Sie strich seinen linken Oberarm entlang. „Ich liebe dieses Tattoo“, schnurrte sie. „Fast so sehr wie das andere.“ „Andere?“, wunderte sich Anjaani. „Wir kennen alle seine Unterwäsche-Fotos“, grinste Yoko. „Viel Platz, um ein zweites Tattoo zu verstecken, bleibt da nicht.“ Yukis Finger spielten mit dem Bund seiner Badehose. „Nein, nicht wirklich.“ „Wann hast du das eigentlich gesehen“, wunderte er sich und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr sie ihn reizte. „Ich habe es nicht ganz gesehen. Es ist klein. Wird völlig in den Schatten gedrängt. Dir würde so ein Ambigramm sicher auch stehen“, bemerkte sie zu Inuyasha. „Ein was?“ „Oh, hat das noch keiner erkannt? Auf Yui-kuns Oberarm ist mein Name gestochen. Als Ambigramm.“ Sie hatte es tatsächlich bemerkt. Klar, als Künstlerin hatte sie einen Blick dafür. Yuki Lisa, das war der Name seines allerliebsten Stofftieres gewesen. Der Name, den er Yuki bei ihrer Geburt gegeben hatte. Er hatte sich immer mit dem kleinen Säugling verbunden gefühlt gehabt. Und heute war ihm klar, warum. Sie waren füreinander bestimmt. „Tatsächlich“, begeisterte sich Yoko. „Yuki Lisa… schau, Inuyasha, ein Wort das sowohl von vorne als auch von hinten gelesen dasselbe ergibt. Das hätte ich nie bemerkt. Ist Yuki damit gemeint?“ „Ja und so hieß der blaue Stoffhase aus meiner Kindheit, nach dem ich sie genannt habe“, grinste er. „Ist das wirklich gestochen“, interessierte sich der Dämon. „Natürlich. So ein Weichei bin ich nicht.“ „Nein“, gab er zu. „Ich hab dich wirklich für schmächtiger gehalten. Du machst ja schon mir Konkurrenz.“ Yuichi runzelte die Stirn. „Warum bist du so freundlich?“ „Du wirst heute noch genug leiden“, lachte er. „Ich hab nur Mitleid mit dir.“ „Du meinst wegen denen?“, deutete er auf die zwei halbnackten Drillinge. „Das schaffe ich schon. Ich bin glücklich, so eine heiße Freundin zu haben.“ „Nein“, schüttelte Inuyasha den Kopf. „Ich spreche von ihr.“ Er zeigte auf Anjaani, die sich gerade ihr Kleid auszog. „Ach du heilige Scheiße“, entfuhr es Yuichi. „Das habe ich noch nie zuvor gesehen!“ „Ich auch nicht“, knurrte Inuyasha. „Und ich habe so einiges gesehen. Viel Spaß.“ „Saajan, gehst du?“ Inuyasha wollte sie nicht ansehen. „Ich muss weg.“ „Bitte bleib noch etwas. Mit dir ist es schöner.“ Und er konnte nicht anders, als ihrem Lächeln nachzugeben. „Und du machst dich über mich lustig“, spottete Yuichi. „Wow, ich muss Yuki tatsächlich lieben, wenn ich manchmal lieber sie, als Nee-chan anschaue.“ „Und wenn der Nervenzwerg das hört, bist du tot.“ „Sie hat es gehört“, sagte Yuki und beide Männer zuckten zusammen. Doch sie hielt ihm nur die Sonnencreme hin. „Du kriegst einen Sonnenbrand, Liebling.“ Wortlos nahm er ihr die Tube ab und cremte sich ein. Sie beobachtete ihn offen und versuchte nicht annähernd zu verstecken, dass ihr gefiel, was sie sah. Ihre Hände verrieben eine Spur übrig gebliebener Creme auf seiner Brust, ihre Lippen legten sich an sein Ohr. „Ich habe nicht die geringste Ahnung, warum du auf Inuyasha eifersüchtig bist.“ Was? „Er ist immerhin ein Krieger, der Vergleich ist unnötig.“ Na danke! „Hast deine Arbeit gut gemacht. Jetzt darfst du mich eincremen.“ „Non, merci. Ich bin nicht dein Hampelmann. Such dir einen anderen dafür.“ Ha, 1:0 für ihn! Sie lächelte. „Ok.“ Und mit wiegenden Hüften steuerte sie auf eine Gruppe gleichaltriger Kerle zu, denen fast die Augen ausfielen, als Yuki sie bat, ihr den Rücken einzucremen. „Du bist saublöd“, knurrte Inuyasha. „Das ist jetzt nicht ihr ernst“, entgeisterte sich Yuichi. Ok, 1:0 für sie! „Deine Schuld“, kicherte Yoko. Der Kerl, der Yuki den Rücken einreiben durfte, schien im siebten Himmel. Umso sprachloser war er, als sie sich bedankte und ihn ohne weitere Worte stehen ließ. Mit Herausforderung in den Augen steuerte sie auf Yuichi zu und warf ihm wortlos die Tube Sonnenschutz hin. Sie war wütend. Hilflos starrte er sie an, als sie sich auf ihrem Handtuch hinlegte und die Augen schloss. „Hast du eine Ahnung, was ich machen soll, Inuyasha?“ Der Hanyou riss seine Augen von Anjaani los. „Hör zuerst einmal auf, sie so anzustarren. Glaubst du, das merkt sie nicht, nur weil sie die Augen zu hat? Gehen wir ins Wasser, das kühlt dich ab.“ „Saajan?“ Inuyasha blieb ruckartig stehen. „Hilfst du mir, das Mittagessen herzurichten?“ „Geh alleine baden“, ließ er Yuichi im Stich. „Wir kommen mit!“ Yuki und Yoko ergriffen seine Hände und zogen ihn in den See. Verdammt, war das angenehm. Nicht kalt, aber kalt genug, dass sich Yukis Brustwarzen unter dem königsblauen Stoff… Verdammt! Konzentration! Heute Morgen, fast nackt in seinen Armen, dann auf ihm thronend… KONZENTRATION!!! Es war wahnsinnig schwer, denn ihr Körper berührte seinen ständig. Zufall war das bestimmt nicht. „Ich es eigentlich verwerflich, mit seiner Auftraggeberin zu baden?“, wandte er sich an Yoko. Sie steckte sich gerade das lange Haar hoch und der Rubintropfen über ihren Brüsten blitzte in der Sonne. „Eigentlich ist Yuki deine Auftraggeberin. Sie wollte dich als Romeo, nachdem sie Suichiro entlassen hatte.“ „Wieso eigentlich? Was hat er angestellt?“ Yuki wollte es verheimlichen, aber kam nicht gegen den Vampirfluch an. „Er hat seine Griffel nicht bei sich lassen können. War generell machohaft und verwöhnt. Ich bin keine Selbstbedienungstheke.“ „Sieht Tairo das nicht anders?“ „Unseren Tybald habe ich im Griff.“ Also stimmte es, dass Tairo auf Yuki scharf war! „Der glaubt immer noch, mit diesem Würstchen könnte er mir imponieren.“ Kichernd tauchte sie unter und schwamm davon. Yuichi war vor den Kopf gestoßen. „Welches Würstchen?“ Yoko grinste böse. „Ein Penis. Kennst du das?“ „Hat der Kerl sie angemacht?“, ging er nicht auf die Stichelei ein. Etwas in Yokos Augen veränderte sich. Plötzlich war sie kaum von Yuki zu unterscheiden. „Yui-chan, hör bitte auf, so ernst zu schauen. Das ist wirklich attraktiv.“ „So?“ „Das weißt du genau. Deine Augen funkeln wie blaue Edelsteine. Man könnte fast glauben, du seist ein ganzer Kerl.“ „Du hast meine Frage nicht beantwortet, Kätzchen.“ „Und lass es, Zuma nachzumachen“, fauchte sie und spritzte ihm Wasser ins Gesicht. Er grinste schelmisch. „Tairo macht Yuki pausenlos an“, gab sie zu. „Falls du es nicht bemerkt hast, ist die komplette männliche Filmcrew scharf auf sie. Meinst du, Yuki juckt das? Du allein bist ihr wichtig. Also hör auf, sie ständig mit deiner unbegründeten Eifersucht zu ärgern. Sie ist niemand, der still einsteckt.“ Ja, das hatte die Aktion mit der Sonnencreme eindeutig bewiesen. Mann, er war ihr wirklich nicht gewachsen. Yoko hatte Recht, seine Eifersucht war stets unbegründet. Es war lächerlich sich- Was trieben Inuyasha und Yuki da kaum zehn Meter entfernt?! Um die Zwei spritzte so viel Wasser, dass er kaum etwas erkennen konnte. „Hör auf damit“, schrie Yuki Inuyasha kichernd zu und versuchte sich erfolglos gegen seine Wasserschwälle zu wehren. „Das ist unfair, du bist ein Dämon. Yui-kun!“ „Und Zwei gegen einen ist fairer“, beschwerte sich Inuyasha lachend, als Yuichi seiner Freundin zu Hilfe kam. „Drei“, mischte sich Yoko kreischend ein. „Fester, Liebling“, feuerte ihn Yuki an, lachend, mit blitzenden Augen, nass und voll Freude. Sie war so wunderschön. Plötzlich zog er sie an sich und küsste sie und alles um sie herum war vergessen. Ihre warmen Körper im kalten Wasser, die heißen Lippen und die brennende Lust. Der ganze Rest existierte nicht mehr. Er zog sie fester an sich, um jeden Zentimeter ihres Körpers zu spüren. Sie krallte die Finger in sein Haar, schlang die Beine um seine Hüfte und sie verloren sich ineinander. „Yuki“, stöhnte er auf, weil ihre weibliche Glut unerträglich an seiner Männlichkeit rieb. „Liebling“, seufzte sie an seinem Mund. „Lass uns Heim fahren.“ „Non, hier und jetzt!“ Als Anjaani sie plötzlich vom Ufer aus rief, wurde ihnen bewusst, wo sie sich befanden. „Ich verlier den Verstand wegen dir, Schönheit“, raunte Yuichi schwer atmend. „Gut, dann geht es nicht nur mir so. Aber ich glaube, ich hab Hunger.“ „Und du hast dich lieber auf mich, als aufs Essen gestürzt?“ „Nichts schmeckt so gut wie du. Aber wir sollten gehen. Das hier holen wir später nach.“ „Zwei Minuten“, bat der Japaner grinsend. „Sonst erleidet Aurora noch einen Schock.“ „Aani beachtet dich gar nicht, wenn Inuyasha nackt neben ihr sitzt“, flüsterte Yuki und empört nahm er Platz. Gekränkt wandte er sich von ihr ab und sein Blick fiel leider auf Inuyashas Mittagessen. „Ich krieg Ziegenfutter“, meckerte er leise. „Probiere, bevor du dich beschwerst“, bat Anjaani und beugte sich zu ihm rüber. Heiliger Himmel, waren das Brüste! „Hab ganz vergessen, wieviel Mühe du dir für mich machst. Das ist wundervoll.“ „Sie oder ihre Glocken“, fragte Yuki spitz. „Beides super“, grinste er frech und ihre ockerbraunen Augen blitzten herausfordernd auf. „Genieß dein Essen, Liebling.“ „Warum klingt heute alles, was sie sagt, wie eine Drohung?“, fragte er den Hanyou. „Weil es eine Drohung ist. Genieß die Ruhe, solange du kannst.“ Die währte nicht lange. „Aani- Schatz, hast du Nachtisch eingepackt? „Nein, Häschen. Das wäre Chi-chan gegenüber unfair.“ „Hast du wenigstens Obst dabei? Ich hätte gerne eine Banane.“ „Nein“, reagierte Yuichi rechtzeitig und riss ihr die Banane aus der Hand. „Gib ihr etwas harmloseres, Nee-chan.“ „Ja, gib mir ein Stück Wassermelone“, lächelte sie sinnlich. „Ich hab‘s grad lieber richtig feucht und spritzig.“ Yoko lachte. „Heute bist du unmöglich. Yui-chan, du bist deinem Cousin unheimlich ähnlich. Er versucht sein Verlangen auch immer so krampfhaft zu verstecken. Man sieht es dir nicht an.“ „Und woher glaubst du es dann zu wissen?“ Haargenau den gleichen Satz hatte Zuma gesagt. „Deine Augen“, lächelte sie. „Sie sind…“ Yuichi hörte ihr nicht mehr zu, denn Yuki hatte sich mit Genuss ihrem Stück Wassermelone gewidmet. Mit vollem Genuss… Die Art, wie sie ihre schönen Lippen um das Fruchtfleisch schloss. Dran saugte, vor Genuss die Lider leicht senkte. Diese prallen, feuchten Lippen… Feucht vom blassroten Saft. Ein Tropfen wuchs in ihrem Mundwinkel. Mit Mühe hielt er sich zurück, sich nicht vorzubeugen und ihn einfach wegzulecken… Zu spät. Als dünnes Rinnsal floss er ihr Kinn hinab. Yuki lehnte den Kopf leicht nach hinten, damit der Tropfen ihren Hals entlang laufen konnte, über das Schlüsselbein, bis hinein zwischen… Chi-chan!“, drang plötzlich Anjaanis Stimme in sein Bewusstsein. Er sah sie irritiert an. „Was ist denn?“ „Ich habe dich etwas gefragt.“ „Ich hab dir aber nicht zugehört.“ „Offensichtlich“, lächelte sie warm. „Hast du Durst?“ Seine Kehle war wie ausgedorrt, sein Körper brannte regelrecht. „Ja, bitte. Gib mir Wasser.“ Jetzt runzelte sie die Stirn. „Warum sagst du das so entspannt? Sonst kannst du pures Wasser nicht leiden.“ Seine Augen waren wieder auf Yukis Körper gerichtet, vor allem auf ihre zarten Finger, die den Tropfen wegwischten. „Seit neuestem trinke ich am liebsten Wasser.“ Yukis glühende Augen schienen in seine zu dringen. Als einzige Frau gelang es ihr, ihn allein mit den Augen völlig aus der Fassung zu bringen. Die Hitze wurde schier unerträglich. „Das kommt doch nicht von irgendwoher?“, wunderte sich Yoko und als sie ihre Schwester ansah, breitete sich ein wissendes Grinsen in ihrem schönen Gesicht aus. „Ich habe mich immer gefragt, ob ihr gegenseitig eure Gedanken lesen könnt“, sprach Yuichi seinen einzig unschuldigen Gedanken aus. „Nein, wir ticken nur gleich“, sagten sie gleichzeitig. „Außerdem hat sie diese Methode von mir“, schnurrte Yoko samtig und ihre Wangen bekamen einen zarten Hauch Rosa. „Das war Teil von Zumas Krankenpflege, als er keinen Alkohol trinken durfte. Hat es gar nicht vermisst.“ „Weißt du, wovon sie reden?“, wunderte sich Anjaani und sah Inuyasha fragend an. Natürlich wusste er das! „Woher sollte er das wissen“, winkte Yoko ab. „Überschätz ihn nicht.“ Inuyashas Ego wuchs auf doppelte Größe an. „Das Wasser darf nie so lange im Mund bleiben, dass es warm werden kann. Je kälter das Getränk ist, desto aufregender. Sprudel ist noch besser als Wasser.“ „Irrtum eingesehen.“ Yukis Augen waren begeistert auf ihn gerichtet. „Ist dir nie der Gedanke gekommen, dass du dein wertvolles Wissen mit mehr Leuten, als nur mit Aryan teilen könntest?“ „Ließe sich damit Geld verdienen?“ „Mit Frauen verführen?“ Yuki riss die Augen auf. „Inuyasha, das wäre ein Millionengeschäft! Du weißt anscheinend nicht, wie viele Kerle es gibt, die nicht die geringste Ahnung haben. Die nicht einmal die grundlegendsten Kleinigkeiten beherrschen.“ „Aber du weißt es?“ Wut verkrampfte ihre Eingeweide. „Ja, ich hab Erfahrung, aber nicht so viel! Es tut mir leid, dass ich nur an Kerle geraten bin, für die ich rein gar nichts empfunden habe. Ich wünschte, du wärst mein Erster und Einziger! Was gäbe ich nicht dafür, die Vergangenheit ausradieren zu können. Nichts als Enttäuschung und Scham. Besonders wenn ich Yoko und Yami so schwärmen höre. Man könnte fast meinen, Sex hat mit Liebe zu tun.“ „Habe mit Liebe zu tun, nicht hat“, korrigierte Yoko sofort, bevor Yuichi antworten konnte. „Stimmt, Inuyashas Wissen ist eine Goldgrube. Ich überlege nur, ob wir ein Buch draus machen oder lieber Kurse und Seminare.“ „Wir machen gar nichts draus“, machte Inuyasha den Drillingen einen Strich durch die Rechnung. „Ich lasse mich von euch garantiert nicht benutzen. Außerdem kann man nicht alles verallgemeinern. Jede Frau ist anders. Und- Schluss jetzt!“, schrie er zornig auf, weil er drohte, den Drillingen in die Falle zu tappen. „Oh, fast“, bedauerte Yuki. „Sag mal, Aani, warum beschwerst du dich noch nicht?“ Anjaani war zum unzähligsten Male damit beschäftigt, ihr neues Schmuckstück zu begutachten. Ihre Augen glänzten mit der Mondsteinsonne um die Wette. „Redet ihr nur, ich höre gar nicht mehr zu.“ „Stört dich das an Inuyasha nicht?“ „Nichts stört mich an ihm. Er ist perfekt.“ „Was Schmuck bei Frauen auslösen kann“, murmelte Yuichi. „Selbst Aurora hat ihren Preis.“ „Preis wofür?“ Jetzt war Anjaani aufmerksam und legte ihre Kette beiseite. Und Yuichi duckte sich. Warum war sie wütend so unwiderstehlich? Langsam richtete sie sich auf. Yuichi sah sich um, Inuyasha hatte sich abgewandt und die Drillinge sahen ihn vorwurfsvoll an. „Inuyasha hat mir einen Traum erfüllt“, flüsterte sie bedrohlich. „Ein Traum, der mir nie wahr geworden wäre. Falls es dir entgangen ist, ist der einzige Schmuck, den ich besitze, das Fußkettchen für 300 Yen. Verzeih mir, dass ich so käuflich bin und mich für das bisschen Gold so hingebe.“ „Nee-chan, so hab ich das gar nicht…“ „Dann erklär mir, was du gemeint hast.“ Sie schritt bedrohlich auf ihn zu, er wich vor ihr zurück. Ihre Augen und generell ihr fast nackter Körper brachten ihn durcheinander. Er bemerkte gar nicht, dass seine Füße ins Wasser traten. „Nee-chan, ich weiß wirklich nicht…“ Unerwartet warf sie sich auf ihn und Wasser hüllte ihn ein. Sie hatte ihn tief in den See getrieben. Prustend tauchte er auf. Ihre Augen blitzen in der Sonne. „Denk nach, bevor du sprichst“, kicherte sie. „Renn“, knurrte er gespielt wütend. Sie kreischte auf, als er sie an der Taille packte und hoch hob. Hilflos strampelnd, mühsam ihr Lachen unterdrückend. „Lass mich los, Chi-chan. Hilfe!“ Seine Arme waren wie Schraubstöcke. Himmel, warum war er so stark? Sie blickte auf ihn herab. Sein Körper war genauso kräftig wie Inuyashas. Er war so männlich? Wieso war ihr das nie aufgefallen? „Überrascht?“, kommentierte er ihren hilflosen Versuch zu entkommen. Doch seine Arme begannen schon ganz leicht unter der Last ihres Gewichtes zu zittern. „Lass mich runter, Chi-chan“, giggelte sie. „Lass los. Inuyasha!“ Inuyasha war bereit, doch Yuki hielt ihn zurück. Denn Yuichis Augen waren unschuldig „Ich verrate dir ein Geheimnis, Nee-chan“, grinste er frech. „Ich bin ein Mann.“ „Seit wann? Hey!“, schrie sie, als er sie ins Wasser warf. Er kam auf sie zu, als sie auftauchte. „Geh weg“, kreischte sie und spritzte ihm Wasser ins Gesicht. „Du spielst unfair“, rief er und nahm den Kampf auf. „Unfair“, hustete sie Wasser, spritzte aber mutig zurück. „Du bist stärker und ich spiele unfair, wenn ich mich wehre?“ „Das ist nicht unfair. Das ist ein Naturgesetz, dass die Frau dem Mann unterlegen ist“, neckte er sie. Unerwartet tauchte sie plötzlich unter. Das Wasser war noch ganz aufgewühlt von der Schlacht, er sah sie nicht. Als etwas kräftig an deinen beiden Knöcheln zog und ihm den Boden unter den Füßen wegriss. „Na warte“, tauchte er wieder auf. Lachend nahm sie Reißaus. So stark und muskulös er war, sie war wahnsinnig schnell im Wasser. „Inuyasha“, rannte sie in die Arme des Hanyous. „Seit wann hast du denn Angst vor mir?“, grinste der Japaner und zog Yuki an sich. „Seit sie gemerkt hat, wie stark sie dir körperlich unterlegen ist“, lächelte Yuki. „Frauen gleichen das aber List und Verstand wieder aus“, grinste er. Er bemerkte Inuyashas Blick, deutete ihn korrekt und zog die Drillinge mit sich ins Wasser. „Aber mit euch Zwei kann ich es aufnehmen!“ „Ach wirklich?“ „Übertreibt es nicht“, rief Anjaani. „Wir haben erst gegessen.“ Vertraut lehnte sie den Kopf an Inuyashas Brust. „Gehst du nicht ins Wasser?“ Er schlang die Arme fester um sie, berauscht von ihrem Duft und dem Gefühl ihrer weichen Haut. „Nein, ich kann mit vollem Magen nicht ins Wasser.“ In Wirklichkeit wollte er sie kurz ganz alleine genießen. Es war so perfekt, wie ihre Kurven sich an seine Muskeln schmiegten. Ihre Finger streichelten sacht seinen Bizeps. „Umarmungen sind so schön, Saajan. Ich habe so oft davon geträumt, dass mich jemand im Arm hält.“ Dieser jemand war er, sie sprach es nur nicht aus. Sie hatte nie von einem anderen, als von ihm geträumt. „Dass dieser Verräter dir nicht einmal das geben konnte“, murmelte er fassungslos. Er konnte es nicht glauben. Dieser Raj war ein Schwächling und ein wahnsinniger Egoist. Warum geben, wenn man nichts dafür bekam? Alleine die Tatsache wie gut er Anjaani tat, war für Inuyasha Belohnung genug. „Nur, wenn er dafür meinen Körper bekam“, bestätigte sie seine Vermutung. „Siehst du, wie anders du bist? Ich werde mich nie wieder von einem Gesicht so täuschen lassen. Saajan, hast du eine Ahnung, wie glücklich ich heute bin?“ „Ja und ich kenne den Grund.“ Sie sah mit schimmernden Augen zu ihm hoch. „Ach, sag bloß.“ „Nein, es ist nicht die Kette an sich“, streichelte er ihr voll Zärtlichkeit das engelsgleiche Gesicht. „Sondern die Tatsache, dass du mir wichtig bist. Dass du mir so viel bedeutest, dass ich dir einen großen Traum erfülle. Es war nicht leicht. Aber du bist alles wert.“ Tränen traten in ihre Augen, sie schlang die Arme um seinen Nacken. Das Gefühl ihrer Brüste an seiner Haut wurde stärker. „Saajan, ich liebe dich. Und ich werde dir helfen, herauszufinden, wer Kagome ist. Ich darf dir nur nicht deine Erinnerung gewaltsam zurückgeben, das könnte deinem Gehirn schaden.“ „Was passiert danach?“ Gott, diese sanfte Stimme! „Das kommt auf die Situation an. Aber was auch immer kommt, ich bin an deiner Seite. Ich werde da sein, wenn du mich brauchst und ich werde dich loslassen, wenn du es wünschst. Ich tue alles, was dich glücklich macht. Ich habe mich mein Leben lang nicht so wohl gefühlt wie bei dir. Danke.“ Ihre Haut schmiegte sich an seine, die Hitze war kaum erträglich. Doch noch hatte Inuyasha sich im Griff. Aber nur, weil er wusste, was er sich damit verderben würde. Anjaani riesige Augen tauchten in seine, vergoldeten sich, ihre Wagen wurden rot, ihre Stimme sinnlich leise. Oh Gott! „Das fühlst sich so schön an, deine Haut an meiner.“ Ok, er hatte sich nicht im Griff. „Los, Saajan, nimm mich jetzt!“ Er zuckte zusammen und wandte sich grollend nach Yami um. „Lass den Mist, Giftzwerg!“ Ein Glück schrumpfte seine Erregung bei ihrem Erscheinen sofort in sich zusammen. „Schamloser kann man eine Person nicht ausnutzen, was, Flohteppich?“ Ein Knurren sammelte sich in seiner Kehle, seine Augen zuckten kurz suchend umher. „Aryan ist nicht bei mir, falls es das ist, was du befürchtest. Komm, Katze, stürz dich auf die Maus!“ „Ich bin ein Hund, VERDAMMT NOCH MAL, keine Katze!!!“ „Streitet bitte nicht.“ Anjaani nahm Inuyashas Gesicht in ihre Hände und lächelte in liebevoll an. „Bitte, Saajan.“ Natürlich gab er nach. So ungern er sich das eingestand, sie hatte ihn gezähmt. „Du hast heute früher Schluss?“, wandte sie sich dann an ihre Freundin, ließ Inuyasha los. Trotz der 35° Celsius Sommerhitze, überlief es ihn kurz kalt, als ihr Körper sich von seinem löste. „Du hast frei, Aani-Schatz, das heißt, dass heute Dienstag ist. Ich arbeite nur bis halb 3. Habt ihr noch etwas zu essen da?“ Sie grinste in den Picknickkorb hinein. „Ich sehe, Yui-chan hat Yuki anscheinend verboten, Bananen zu essen. Wie hat sie sich gerächt?“ „Wassermelone“, sagte Inuyasha. „Ich hätte ihn mehr leiden lassen, er hat viel zu viel Spaß“, bemerkte sie zum See hin, aus dem lautes Lachen und fröhliches Kreischen zu hören war. „Saajan, geh ins Wasser“, lächelte Anjaani. „Du hältst es doch hier kaum aus.“ Er war nicht einen Atemzug lang weg, wandte Anjaani sich mit ernstem Gesicht Yami zu. „Was ist los? Was bedrückt dich?“ Yami atmete zitternd durch. „Leg bitte die Hand an meinen Bauch. Und?“ „Was erwartest du?“ „Dass du mir sagst, er ist leer.“ „Selbst wenn er nicht leer wäre, könnte ich das nicht wissen, es ist zu früh. Was macht dich so sicher, dass du schwanger sein könntest?“ Yami rieb sich müde die Augen. „Mir ist immer schlecht nach dem Essen, ich kriege kaum etwas runter. Mein Kreislauf spinnt völlig und ich bin abends total erschöpft. Die gleichen Symptome, wie bei dir am Anfang.“ „Es geht vielen Menschen so, dass sie bei der Hitze nicht viel essen können.“ „Aani!“ Jetzt wurde Yamis Gesicht regelrecht panisch. „Meine Periode ist seit zwei Wochen über!“ Anjaani ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Du bist momentan im Stress. Das kann schon dafür sorgen, dass die Blutung ausbleibt.“ „Bist du dir sicher?“ „Mäuschen, Inuyasha hat deinen Eisprung gerochen. Du hast einfach eine Blutung ausgelassen. Dein Chef macht dich psychisch völlig fertig und das macht sich langsam körperlich bemerkbar. Du brauchst einfach nur Ruhe.“ „Ich bin nicht schwanger?“ „Nein“, bedauerte sie. „Warum redest du nicht mit Aryan drüber?“ „Weil er mir das gleiche gesagt hätte und die gleichen Schlussfolgerungen gezogen hätte und ich möchte nicht, dass er weiß, wie mies es mir gerade bei der Arbeit geht. Er müsste nur blinzeln, ich wäre alle meine Sorgen los. Und das will ich nicht. Ich bin für mein Glück verantwortlich.“ „Genieße die Ruhe, du wirst sie brauchen.“ Yami schwieg. War dies nicht der Moment, wo Anjaani normalerweise „Alles wird gut“ gesagt hätte? „Aani!“, schrie es plötzlich aus dem See. „Pfeif dein Haustier zurück!“ „Ich geb dir Haustier!“, knurrte Inuyasha und schaffte es, Yuki zu packen. „Yui-kun!“ „Jetzt trag mal deine Kämpfe selber aus“, grinste Yuichi fies. Sie schnappte empört nach Luft. Ein gewaltiger Fehler, den Inuyasha schmiss sie mit dem Schwung, den seine Dämonenkräfte zustande brachten, ins Wasser. Und sie atmete das Wasser ruckartig ein. Nein! Luft, sie brauchte dringend Luft! Das Wasser musste aus ihrer Lunge! Aber Inuyasha hielt sie unter Wasser fest. Panik stieg in ihr auf, ihre Lunge würde jeden Moment platzen. Yuichi! Gott, Hilfe, Yuichi! Schwindel erfasste sie. Allen gefror das Lächeln im Gesicht. „Yui-chan, hol sie hoch! Sie hat Wasser eingeatmet!“ Yuichi zerrte Inuyasha hoch, der mit einer hustenden und keuchenden Yuki auftauchte. Der Dämon fluchte erschrocken und eilte mit ihr auf dem Arm an den Strand. Yuki spuckte immer noch Wasser, hing aber kraftlos in seinen Armen. Trotz dem Schreck gefiel Yuichi der Anblick gar nicht. „Schönheit, geht es dir gut?“ Sie schlug seine Hände zurück, klammerte sich hustend an den Hundedämon, der sie sanft auf ihrem Handtuch absetzte. „Casse-toi“, brachte sie keuchend heraus, blanke Wut in den geröteten Augen. Verpiss dich! „Du hast sie immerhin im Stich gelassen“, erklärte Yoko unnötigerweise. „Zum Teufel nochmal, wieviel Wasser hast du geschluckt“, schimpfte Inuyasha, versuchte ihr den Rest aus der Luftröhre zu drücken, die Finger an ihrer Brust. Bitter schmeckte die Eifersucht auf Yuichis Zunge. Endlich schoss der letzte Wasserschwall aus ihrem Mund und sie sackte an Inuyashas Brust zusammen. „Es tut mir leid“, stammelte der Dämon. „Nicht deine Schuld“, raunte sie schwer atmend. „Ich hab eingeatmet, als ich unter Wasser ging. Nein, lasst mich jetzt in Ruhe“, wurde sie lauter, als Yuichi sich ihr wieder näherte. „Ich lebe noch, also Finger weg! Oh, Mäuschen, wann bist du eigentlich gekommen?“ Anjaani warf Yuichi einen beruhigenden Blick zu. Yuki war sauer. Seiner Meinung nach nicht ganz unbegründet, aber sie würde ihn jetzt nicht in ihre Nähe lassen, damit er sich entschuldigen konnte. „Lass sie“, bat Anjaani. „Keine Sorge, ich wollte den Tag sowieso mit dir verbringen. Kommst du mit mir ins Wasser?“ „Ein Wettschwimmen?“ „Ich bin ein guter Schwimmer, Nee-chan.“ Anjaani lächelte nur. „Hoffentlich macht sie ihn so richtig fertig“, zischte Yuki leise. „Jetzt sag mir mal ganz genau, was du heute gegen ihn hast.“ Ihre Schwestern konnten sich das nicht erklären. Yuki seufzte nur und schwieg. Zum Glück wirkte der Fluch nur bei Yuichi. „Ist das nicht eindeutig“, sagte Inuyasha stattdessen. „Der Nervenzwerg ist ausgehungert und hält seine Nähe kaum noch aus.“ „Wer hat dich eigentlich gefragt“, grollte sie. „Warum sträubst du dich eigentlich?“ „Das frag ich mich langsam auch.“ „Hör mir mal zu“, legte ihr Yoko zärtlich die Hand an die Wange. „Hab ich eine andere Wahl?“ „Sich der Person hinzugeben, die du liebst, gleicht dem Himmel auf Erden“, sah ihr Yoko unbeirrt in die Augen. „Es ist, als würdet ihr eins werden, so nah, so verbunden, ach, es gibt keine Worte dafür.“ „Nein, das musst du erlebt haben“, stimmte ihr Yami zu. „Und falls es dich beruhigt, mach ihn heiß.“ Wortlos sahen sich die Drillinge an und Inuyasha empfand tiefstes Mitleid für den armen Yuichi. Dieser kam gerade schmollend und tropfnass auf Yuki zu. Sie wich vor ihm zurück. „Wie war das Wettschwimmen?“ „Wie wohl? Nee-chan ist ein Tier unter Wasser.“ „Schwächling“, kommentierte Inuyasha. „Anjaani ist schneller als du?“ Yuichi drehte den Kopf weg. „Du Großmaul kommst nicht gegen sie an? Was für ein kleines Würstchen b-AUA!!!“ Yuki hatte ihn grob am empfindlichen Ohr gepackt. Er zappelte wimmernd herum. „Wie war das, Hanyou“, fragte sie ruhig. Sie hasste es, wenn Yuichi beleidigt wurde. „Au, au, au! Lass mich los! Aua!“ Yuki kniff fester zu und Inuyasha ging fast in die Knie. „Bist du schneller als Aani?“ „Au, NEIN. Lass mich jetzt los!“ „Yuichi ist kein Schwächling, dämlicher Halbling. Wenn du ihn noch einmal beleidigst, reiß ich dir dieses kleine, pelzige Ding ab.“ Sie ließ ihn los, stemmte die Hände in die Hüften. „Noch jemand, der mich aufregen will?“ „Nein, heute besser nicht“, lehnte Yuichi ab und wollte sie mit einem Grinsen an sich ziehen. Sie wich wieder zurück, doch diesem blauen Schimmern in seinen Augen, hatte sie noch nie widerstehen können. Ihr Handy ertönte plötzlich schrill. Sie rannte zu ihrer Tasche, ließ sich erleichtert auf ihr Handtuch sinken und erstarrte. Eine Nachricht… drei kleine Worte. Ihre Eingeweide verkrampften sich, eiskalt fuhr es ihr in die Knochen. Schwindel erfasste sie, das Mobiltelefon glitt ihr aus der Hand. „Was ist los?“, sorgte sich Yoko. „Nichts“, unterdrückte sie das panische Zittern, das sie überfallen wollte. Ablenkung. Sie brauchte Ablenkung. Dringend! Mit bebenden Fingern schaltete sie ihr Handy aus und verstaute es. „Schönheit, wer war das?“ Verdammter Fluch! „Ein lästiger Verehrer.“ Gelogen war das nicht. Aber sie musste es vergessen. Nicht dran denken, bis sie es nicht Aryan zeigen konnte. „Yuki.“ Sie beging den Fehler, ihm in diese blauen Juwelenaugen zu sehen. „Was hat er geschrieben?“ „Nur drei Worte. Und mein Name.“ Yuichi würde sich seinen Teil denken. Es gab schließlich nur diese Drei besonderen Worte. Anjaani trat gerade aus dem Wasser. „Aani, lass uns trainieren“, rief sie, verzweifelt nach Ablenkung suchend. „Von mir aus. Macht ihr Zwei mit, Saajan?“ „Nein, der Plagegeist auch nicht! Du wirst mir dankbar sein, Yamada. Geh jetzt ins Wasser!“ Doch Yuichis Blick verfing sich an Yukis Po, als sie die Yogamatten ausbreitete. Die Blicke, die Yoko und Yami in seine Richtung warfen, waren wirklich alles andere als beruhigend. Früh genug erfuhr er, warum. „Schau nicht hin“, riet ihm Inuyasha noch, bevor er ins Wasser flüchtete, doch es war zu spät. Zur sinnlich langsamen Musik bewegten sie sich, geschmeidig, betörend… Gott, diese Beine, der flache Bauch, die wippenden Brüste, ihr Hals, der sich nach hinten bog… musste sie die Schenkel so spreizen? Gebannt war er von Yuki und ihrem Körper, den aufreizenden Bewegungen. Mon dieu, dieser kleine, runde Po war perfekt! Hitze wallte ungebändigt in ihm auf. Verdammt, wie lange würde er diese Folter durchstehen?! Er beobachtete die Schweißtropfen, die zwischen ihren Büsten, in ihren Bauchnabel rannen, oder die, die an der Innenseite ihrer Schenkel hinabtropften… Seine Erregung fing schon schmerzhaft an zu Pochen. Er ballte die zitternden Hände in seinem Schoß. „Meine Güte, ist das heiß heute. Können wir jetzt bitte aufhören“, erlöste Anjaani ihn von seiner Folter. „Aani, Yuichi sitzt neben der Tasche mit den frischen Handtüchern“, raunte Yuki Anjaani zu mit einem fiesen Grinsen in seine Richtung. Dieses Biest! Sie wusste zu genau, dass er jetzt auf gar keinen Fall aufstehen dürfte. „Chi-chan, reichst du uns bitte ein Handtuch?“ „Was ist, los, Liebling? Kannst du nicht aufstehen? Ist dir was im Weg?“ „Geht in den See, statt die Handtücher zu verdrecken“, zischte Inuyasha tropfnass und schüttelte sich wie ein Hund. „Danke“, atmete Yuichi erleichtert aus, als er den Frauen hinterher sah. „Schau jetzt ja nicht, wie die sich sauber machen“, warnte Inuyasha. „Fünf Minuten hast du, deine Selbstbeherrschung aufzubauen. Fünf Minuten bevor die wieder raus kommen und von vorne anfangen.“ „Das schaff ich nicht den ganzen Tag.“ Yuichi schluckte. „Wie schaffst du das?“, wandte er sich verzweifelt an den Halbdämon. „Das ist schwerer als es aussieht. Wenn ich sie nicht berühre, ist alles ok. Denke an das Unerotischste, was du kennst und klammer dich fest an diesen Gedanken.“ „Ich habe mal meine Großeltern in flagranti erwischt. Auf dem Küchentisch.“ Inuyasha verzog angewidert das Gesicht. „Das wird wirken.“ „Verdammt, so viel nackte Weiblichkeit auf einem Haufen.“ „Du bist selber Schuld“, knurrte der Hund. „Und wie ich die Nervensägen kenne, wird es noch schlimmer.“ Er hatte kaum ausgeredet, da lief Yuki auf sie zu. Yuichis Augen hüpften im Takt ihrer Brüste. „Beherrsch dich“, flüsterte ihm Inuyasha zu. „Ich will Volleyball spielen“, flötete seine Freundin und bückte sich tief, um den Ball zu holen. Gott, dieser Hintern! Seine nackten Großeltern auf dem Küchentisch, seine nackten Großeltern auf… ja, das klappte wirklich gut. „Yui-kun, spiel mit mir.“ Inuyasha verdrehte die Augen. Sie war wirklich ein Monster. Yuichi tat ihm richtig leid. „Ich habe keine Lust. Spielt ihr ohne mich“, winkte Yuichi müde ab und unterdrückte ein täuschend echtes Gähnen. „Das wird dich munter machen, Chi-chan. Komm, bitte.“ Geblendet von Anjaanis Lächeln, gehorchten seine Füße ihm nicht mehr und Inuyasha stöhnte genervt auf. Er dankte dem Himmel, dass Anjaani ihre Ausstrahlung nicht bewusst einzusetzen wusste. „Ich spiele gegen Yuichi“, verlangte Yuki, Kampfeslust in den Augen. Sie warf den Ball herausfordernd in die Luft. Er stellte sich ihr entgegen. „Dein Fehler“, lächelte er. „Du darfst anfangen“, warf sie ihm den Ball zu. „Ladys first.“ „Hey“, riss ihm Yoko den Ball aus der Hand, als er ausholen wollte. „Wir spielen mit. Aani und ich bei unserer Hormonbombe hier. Katz und Maus“, deutete sie auf den Hund und Yami, „bei Yuki.“ „Für Yuki fällt dir kein passender Name ein“, hob Yuichi spöttisch die Brauen. „Natürlich“, entgegnete sie beleidigt. „Aber sie hat Krallen und ist nicht gerade zahm heute.“ „Warum muss ich mit der grünen Pest spielen“, maulte Inuyasha. Er wollte lieber Anjaani an seiner Seite. Yami lachte engelsrein. „Sie denkt nur an dein Wohlergehen. Ich würde auch lieber gegen dich spielen und dir denn Ball in die Fresse jagen.“ Ehe er reagieren konnte, hatte Yuichi aufgeschlagen. Er hatte Yuki überraschen wolle, doch sie hatte ihn die ganze Zeit beobachtet, regierte blitzschnell. Sie wirkte so zart, weiblich, aber ihr Körper war eine Maschine. Er war bestimmt nicht der einzige, der sie unterschätzte. So kurvig sie auch war, jetzt, da er die Augen von ihren Brüsten nahm, sah er auch ihre Muskeln. Nicht groß, aber deutlich definiert. Wenn sie ihre Arme anspannte, war ein Bizeps zu erkennen. Je nach Bewegung, nahm er sogar einen leichten Sixpack wahr. Und diese Schenkel, die sich so fest um seine Taille schlingen konnten… Mit voller Wucht traf der Ball seinen Brustkorb. Er taumelte zurück. Sie hatte Kraft. Und die Gabe ihn abzulenken, das war ihr Vorteil. Ihre Augen blitzen. Skrupellos war sie auch. „So abgelenkt wie du warst, hätte ich auch deine Nase brechen können“, raunte sie überlegen. „Ball her, Liebling, ich bin dran.“ „Und wir sind Deko“, zischte Yami unbeachtet. Sie wollte die Überraschung ebenfalls ausnutzen, aber Yuichi war vorgewarnt. Nie wieder Yuki unterschätzen. Er war vielleicht der Stärkere. Von Natur aus hatten Männer mehr Muskeln. Aber sie war schneller und erfahrener und um einiges skrupelloser als er. Der Ball traf ihn mit einiger Wucht, doch er schleuderte ihn zurück. Blendete alles aus, konzentrierte sich nur auf ihren Körper und den Ball. Sah an ihrer Körperhaltung- und Spannung, wie sie den Ball schlagen würde. Drängte seine Mitspieler vom Feld, ganz auf seine ebenbürtige, wunderschöne Gegnerin fixiert. Er liebte es, wie ihr Körper sich streckte, reckte, die wippenden Brüste, ihre geöffneten Lippen und der keuchende Atem. Schweißperlen auf ihrer makellosen Haut. Und ihre blitzenden Augen. Es war ein harter, fairer Kampf. Den letzten Ball erwischte er nicht, landete im Sand. Es herrschte Gleichstand und beide waren erschöpft. „Seid ihr jetzt fertig“, lachte Anjaani. Der Rest stand teilnahmslos am Rand. „Oder sollen wir weiter zusehen? Wer hat Hunger?“ „Ich!“, erwachte Inuyasha sofort zum Leben. „Ich muss mir zuerst den Dreck abwaschen“, summte Yuki. Sand bedeckte ihren verschwitzen Körper und ihr lockender Blick schweifte Yuichi. Er hob sie mit einem Ruck auf seine Arme. „Glaub mir, es wird noch dreckiger.“ Anjaani wandte das gerötete Gesicht ab, als er mit ihr ins Wasser stürmte. „Diesmal bleibst du hier, Saajan und störst nicht.“ Das würde ihm nicht einmal im Traum einfallen! Aber die beiden waren am Felsen, offen sichtbar für die Augen aller Badegäste. Und den Gesten nach schienen sie plötzlich zu streiten. „Also beim Felsen kommen mir ganz andere Gedanken“, lächelte Yoko. „Ganz bestimmt keine Zankerei.“ „Ich liebe diesen Felsen“, hauchte Yami mit verschleierten Augen. „War hier nicht dein erstes Mal“, erinnerte sich Yoko. Yami nickte. „Deswegen liebe ich diesen Felsen ja auch so.“ „Wie oft?“, grinste Yoko. „Am Felsen nur ein Mal.“ Bevor Anjaani unterbrechen konnte, rannten Yuichi und Yuki auf sie zu. Er schmollend, sie sauer. „Du bist aber enttäuschend schnell fertig“, höhnte Yoko Yuichi zu. „Du hast ja Erfahrung“, erwiderte Yuki bissig. „Aani, hast du gewusst, dass da hinten eine Höhle ist?“ „Ja, hinten im Felsgestein“, antwortete Anjaani. „Halb im See versunken. Aber ich habe mich nie rein getraut.“ Yoko und Yami sprangen auf. „Erkunden wir sie!“ „Danke, mein Freund der Feigling, hat Schiss.“ Yuichis Augen verengten sich und er griff nach Anjaanis Hand. „Vielleicht liegt es ja an meiner uncharmanten Begleitung? Komm, Aurora. Ich pass auf dich auf.“ „Viel Spaß“, wünschte Inuyasha. „Ich muss jetzt Arbeiten. Ich bin bald wieder da“, tröstete er Anjaani. „Lass sie nur bei mir.“ Yuichi schlang den Arm um Anjaanis nackte Schulter. „Ihr wird es bei mir gut gehen in dieser dunklen, engen Höhle.“ „Weiß du, wie leicht du zu manipulieren bist?“, lachte Yoko den Dämon aus, als sie zum Eingang schwammen. „Kein Dämon in der Nähe“, erschnupperte Inuyasha die Umgebung. Die mannshohe, halb im Wasser versunkene Öffnung täuschte. Der Rest der Höhle war über Wasser und bot einigen Platz. Durchbrüche in der Decke legten das Innere in düsteres Halbdunkel und kreierten eine geisterhafte Atmosphäre. Nichts war zu hören. Bis auf den Atem von sechs Menschen. Nicht gerade ein lauschiges, romantisches Fleckchen. „Das reicht. Gehen wir“, verlangte Anjaani. Sie hasste die Dunkelheit abgrundtief. „Komm, wir erkunden es“, verlangte Yuki und zog Yuichi hinterher. „Nee-chan“, wandte er sich verzweifelt nach ihr um. „Vergiss es, du Angsthase“, weigerte sich Anjaani, doch Yuichi erwischte ihren Arm und zog sie mit. „Saajan“, quiekte sie hilflos auf. „Das kann ja heiter werden“, seufzte Inuyasha. Yoko lachte. „Gehen wir lieber, sonst wird sie heute Nacht nicht schlafen können.“ „Yuichi kann düstere Orte doch auch nicht leiden“, lachte Yami. „Ich frage mich, wer von beiden schlimmer ist.“ „Was ist hier eigentlich so gruselig?“, wunderte sich Inuyasha, als er sich in der dunklen, staubigen Höhle umsah. „Deine Augen sind das einzig gruselige hier“, grinste ihn Yoko an und deutete nach vorne auf Yuichi und Anjaani, die unsicher Hand in Hand liefen und zitterten. „Ich habe aber trotzdem das Gefühl, das Yui-chan, Aanis Grauen vor deinen Augen ausnutzt.“ Inuyasha atmete knurrend aus. So sehr sich Anjaani fürchtete, die Angst vor Inuyashas glühenden Augen war größer. Sonst wäre sie längst an seiner Seite. Sie klammerte sich eng an Yuichi. „Glaubst du, hier wohnen Untote?“, flüsterte sie ängstlich. „Hoffentlich nicht!“, gab er leise zurück. „Kannst du nicht Geister sehen?“ „Geister und Untote sind nicht dasselbe.“ „Kommt, ihr Memmen“, knurrte Yuki und bog in einen engen Gang ein. „Hier geht es lang!“ Sie zuckte leicht zusammen, als sich ein Schwarm Fledermäuse von der Decke löste, doch Yuichi und Anjaani schrien ängstlich auf und klammerten sich aneinander. Yuichis Gewicht war aber zu schwer für Anjaani. „Chi-chan“, quiekte sie auf als er sie unter sich begrub. Er stützte sich sofort mit den Händen auf, grinste zu ihr herab und bewegte sich nicht von der Stelle. „So schlimm finde ich es hier nicht.“ „Chi-chan, du bist schwer. Geh runter.“ „Ich hab's bequem. Warum werden deine Augen golden?“ Das war eine Lüge, um Inuyasha zu ärgern und es wirkte. Kräftige Hände rissen ihn von Anjaani runter, doch es war Yuki, die vor Wut schäumte. „Wenn es dir so wichtig ist, stürz dich auf eine andere. Scheiß auf meine Gefühle, ich hab eh keine! Aber lass Aani in Ruhe!“ Noch im Gebrüll stürzte sie sich in die Fluten. Er war kurz überrumpelt, lief ihr dann aber hinterher, doch sie war schneller und reagierte nicht auf seine Rufe. Am Strand holte er sie endlich ein. „Ich will nicht reden!“, kam sie ihm zuvor. „Dann schrei auch nicht rum.“ Das hatte er sich nicht verkneifen können, doch sie verstand keinen Spaß. „Fein, du hörst kein Wort mehr von mir!“ Er schüttelte den Kopf. Nein, so würde er einen Streit nicht enden lassen. Er war erwachsen, jedenfalls die meiste Zeit. „Yuki“, wurde er jetzt ernst. Sie wich zurück. „Das geht so nicht weiter, dass wir uns den ganzen Tag bekämpfen.“ Sie starrte ihn nur an, ihre sich weitenden Pupillen war die einzige verräterische Reaktion ihres Körpers. „Das sagst du nur, weil du verlierst.“ Er schüttelte ganz sacht den Kopf, ohne die Augen von ihren zu nehmen. Eine Geste, die er sich vom Verführungsmeister persönlich abgeschaut hatte. Eine Geste, die Yuki nicht kalt ließ. Hitze stieg in ihre Wangen und mit Triumpf erkannte er, dass er sie schwächer machte, als Inuyasha es je könnte. Aber Yuki war ein ungeheurer Dickkopf. „Yuki, ich habe dich nicht kennen gelernt, um mit dir zu streiten.“ „Du bereust es, mich kennen gelernt zu haben?“ „Das hab ich nicht gesagt. Das ist unfair, mir jetzt jedes Wort herumzudrehen.“ „Dann sag, was du zu sagen hast.“ „Wegen Nee-chan…“ Yuki hob erwartungsvoll die Brauen. „Ja?“ „Ihre Augen sind nicht golden geworden.“ „Ach nee? Wie Aani auf dich reagiert ist mir egal. Was du sagst, denkst und fühlst ist mir wichtig! Ich hab gesehen, wie du auf sie reagiert hast!“ Oh-oh! „Ich hab gar nicht reagiert. Sie wär sonst in Panik geraten.“ „Als sie sich ausgezogen hat!“ Yukis Stimme wurde eisig kalt. „Meinst du, ich bin blind? Dir sind fast die Augen ausgesprungen. Ich hab dich gesehen, jedes Wort gehört. Ich stand direkt neben dir!“ Tatsächlich? Ups. „Nur weil ich schaue, heißt das nicht, dass sie mir besser gefällt als du.“ „Du lügst.“ Jetzt brach seine erste Maske und die offensichtliche Unsicherheit machte sie rasend. „Yuichi.“ In ihrem kalten Gesicht sammelte sich Wut. „Du hast Yoko bewundert. Was macht das auch schon, wir sehen gleich aus! Und Aani? Es ist lächerlich zu glauben, gegen sie gewinnen zu können. Selbst in deinen Augen.“ Er musste sich wehren, sonst würde ihre Wut ihn wie eine Lawine überrollen. „Warum bin ich wohl hier? Ich bin gekommen, um dich kennen zu lernen!“ „Wie schnell hat Yami dich anders überzeugen können? Wie lange hat sie gebraucht, dass ich dir völlig bedeutungslos wurde?“ Jetzt wurde auch er sauer. „Wie lange willst du mir das vorwerfen? Ich habe meinen Fehler bereut! Meine Gefühle sind echt. Ich liebe dich! Ich tue es.“ Ihre Augen weiteten sich. „Du zweifelst an meinen Gefühlen?!“ Yuichis Handy klingelte schrill. Dankbar dafür eilte er zu seiner Tasche. „Yuichi!“, war sie fassungslos. „Du haust jetzt nicht ab!“ „Fabien“, versuchte er einzulenken. „Ist wichtiger als ich?“ „Nein… ich…“ Er war hin und her gerissen und traf die falsche Entscheidung, als er abnahm. Er wich der Enttäuschung in Yukis Augen aus. „Fabien, was willst du?“ Dann erstarrte er. „Wie bitte was?!“ Das Entsetzten in seiner Stimme irritierte die anderen. Seine Augen waren schockgeweitet. „Natürlich nicht! Was denkst du von mir?!“, brüllte er seinen Manager an. „Yui-kun, was ist los?“, überwand Yuki ihren Trotz. Er zuckte vor ihrer Berührung zurück und wandte sich um. „Das ist nicht wahr, Fabien! Sie will mir nur eins auswischen. Warum? Weil ich sie abserviert habe! Ich hab ein Alibi. Das ist trotzdem ein Knick in meinem Image! Verdammt, Fabien, ich habe dieses Mädchen nicht einmal angesehen, geschweige denn in irgendeinem Hotelzimmer missbraucht!“ Entsetzt tauschten die Mädchen Blicke. Yuichi war unschuldig, natürlich! Aber es nahm ihn dennoch mit. Yuki würde ihm so gerne beistehen, wenn er ihre Hand nicht erneut abschütteln würde. Er bebte vor Zorn. „Wann soll ich zum Polizeirevier? Morgen! Verflucht nochmal, ich bin angeklagt vor Gericht! Ich weiß selber, dass ich unschuldig bin, aber so einen Scheiß kann ich nicht gebrauchen! Diese verfluchte Stadt! Tokio bringt mir nichts als Unglück!“ Yuki zuckte zusammen. Ihr Herz verkrampfte sich. Yuichi sprach in Wut schneller, als er dachte, das konnte sie ihm verzeihen. Wutschnaufend warf er sein Handy in die Tasche zurück. „Verdammte Scheiße! Nur Stress und Pech hier! Ich hätte nie herziehen dürfen! Das war der größte Fehler meines Lebens!“ Als er den Schock in Yukis Gesicht sah, wurde ihm bewusst, was er gesagt hatte. Sie war leichenblass geworden und ihre Augen begannen feucht zu schimmern. Einen Augenblick nur, dann verschwand jede Emotion. Ihre Stimme war nur ein Hauch: „Es tut mir leid, dass ich ein Fehler bin.“ Sie wirbelte herum, stürmte zu ihren Sachen. Packte hastig zusammen. „Halt!“, hielt ihn Inuyasha zurück. „Du hast schon genug Mist gelabert. Jetzt wirst du dir jedes Wort genau überlegen.“ „Was soll ich denn sagen?“ „Egal was, schlimmer kannst du es nicht mehr machen.“ Aber da hatte Inuyasha sich gewaltig geirrt! „Yuki, wo willst du hin?“ Sie marschierte mit den restlichen Frauen im Schlepptau zum Fiat der Drillinge. „Zu Aani“, sagte sie, ohne ihn anzusehen. „Du kannst gehen. Tut mir leid, dass ich dich bisher in dieser verfluchten Stadt aufgehalten habe.“ „Gut gemacht“, starrte Inuyasha dem grauen Auto hinterher. „Du hast es vollbracht, den steinernen Drilling zu verletzen. Niemand von uns hätte das so leicht geschafft. Und niemand außer dir wird das wieder gut machen können.“ „Und wie?“ „Bei deinem Dickkopf von Freundin hilft wahrscheinlich nur betteln.“ „Wer von euch hat was angestellt?“, begrüßte sie Aryan am Eingang zum Wohnhaus, erkannte dann die Wahrheit. „Oh Mann, du hast übertrieben.“ Yuichi wandte den Blick ab. „Wie hast du es bitte geschafft, Yuki zu verletzten?“ „Ich hab geredet, ohne nachzudenken. Keine Ahnung, was ich gesagt habe.“ „Sanam!“, ertönte plötzlich eine himmlisch schöne Stimme und Yami rannte die Treppe runter in Aryans Arme. „Sie kann dich garantiert daran erinnern, was du gesagt hast“, lachte Aryan, nachdem er seine Freundin gebührend begrüßt hatte. „Ernsthaft, Yui-kun, willst du die ganze Liste?“ Das Glück, das Aryan in ihr auslöste, wich dem rasenden Zorn, den Yuichi in ihr entfachte. „Zuerst einmal, ist dir nicht einmal aufgefallen, dass Yuki neben dir stand, als du Aani angegafft hast. Und dann auch noch Yoko, statt ihr ein Kompliment zu machen! Dann wirfst du ihr vor, dass sie dich nicht liebt!“ Yami bebte vor Zorn und Aryan hielt sie sicherheitshalber an den Schultern fest. „Langsam glaube ich, du bist blind und blöd! Yuki redet nicht gerne über ihre Gefühle, aber sie zeigt dir klar und deutlich, dass sie dich liebt! Handeln wiegt mehr als ein Wort. Deswegen bedeuten ihr Worte rein gar nichts. Aber du hast trotzdem geschafft, sie zu verletzen. Indem zu sagtest, dass dir Tokio nichts als Unglück bringen würde.“ Yuichi war eingeschüchtert. „Ja, Tokio, nicht…“ „Du hast deine Freundin als Unglück bezeichnet?!“ Aryan riss die Augen auf. „Nein, hab ich nicht!“ „Doch, indirekt schon. Yuki ist immer noch eine Frau und fühlt auch wie eine. Geht’s tatsächlich noch weiter?“ Yami schnaubte. „Ein normaler Mensch mit Verstand hätte jetzt seine dämliche Fresse gehalten. Aber nein!“ Sie räusperte sich: „Nur Stress und Pech hier. Ich hätte nie herziehen dürfen! Das war der größte Fehler meines Lebens!“ Es selbst zu sagen, hatte nicht so schlimm geklungen, wie es jetzt zu hören. Hatte er wirklich diesen Tonfall benutzt? „Du bezeichnest deine Freundin als Fehler.“ Aryan seufzte. „Dir hilft wahrscheinlich nur noch betteln.“ „Dir hilft nur noch ein Wunder!“ „A-aber, wie hast du Yami wieder versöhnt, als-“ „Vergleich dich nicht mit Aryan“, fiel ihm Yami sofort ins Wort. „Aryan hat eine Rolle gespielt, du Arschloch hast aber gesagt, was du dachtest. Das ist tausend Mal schlimmer! Und auf sowas hat sie all die Jahre gewartet?! Verdammt, Aryan, warum hältst du mich fest!“ „Wenn du ihn jetzt umbringst, hat er keine Kräfte mehr für Yuki.“ „Ich schwör dir, Yuichi, wenn du sie zum Weinen bringst, weide ich dich aus. Ein Zahn von dir für jede ihrer Tränen!“ Yuichi wurde bleich. „Ich bin ausgerastet“, versuchte er sich zu verteidigen. „Ich bin wegen angeblicher Vergewaltigung angezeigt worden!“ Aryan entglitt ein spöttisches Lachen. „Lächerlich. Wann soll das gewesen sein?“ „Letzten Sonntag.“ „Du warst mit uns unterwegs, du hast ein Alibi. Ich mach eine Zeugenaussage.“ Und Aryans Wort war Gold wert. Mehr noch. Es war Gesetz. „Wirklich? Du hast was gut bei mir.“ „Familie ist sich nichts schuldig“, zwinkerte Aryan. „Aber wenn du das mit Yuki noch schlimmer machst, werde ich Yami nicht mehr zurückhalten.“ „Schau mich nicht so an, ich werde dir garantiert nicht helfen“, zischte Yami. „Du kennst sie gut genug.“ „Aber ihr tickt gleich. Was soll ich tun?“ „Bereuen. Aber Yuki wird dich wahrscheinlich ignorieren. Sie hat kein einziges Wort mehr gesprochen.“ Yuichi sah Inuyasha an. „Ist das was Gutes?“ Die Bernsteinaugen weiteten sich. „Nein, das ist ganz und gar nicht gut. Das ist das Schlimmste! Sie denkt nach. Und sie wird die falschen Entscheidungen treffen.“ „Ganz genau“, stimmte ihm Yami zu. „Sie ist wie stumm. Sie redet nicht, sie reagiert auf nichts. Ich habe sie noch nie so erlebt. Wahrscheinlich erkennt sie gerade, dass ihre letzten 5 einsamen, lieblosen Jahre völlig umsonst gewesen waren.“ Merde! Er stürmte hoch in Anjaanis Wohnung, riss die Türe auf. Zwei von drei Frauen fuhren erschreckt zusammen. Yuki saß am Esstisch, kein Muskel zuckte. Er trat langsam näher. Anjaani legte Yuki die Hand auf die Schulter. Ihre gütigen braunen Augen ließen ihn verharren und sie schüttelte abwehrend den Kopf. War es so schlimm? Wie hätte er reagiert, wenn Yuki das zu ihm gesagt hätte? „Häschen, hast du Hunger?“ Yuki war wie versteinert. Allein das Heben und Senken ihres Brustkorbes verriet, dass sie lebte. „Yuki, ich möchte mit dir reden.“ Er schreckte zurück, als sie sich ruckartig aufrichtete. Ihre Augen waren glanzlos, trüb, sie schien durch ihn hindurchzusehen. Sie blinzelte nicht einmal. „Können wir bitte…?“ Sie ging an ihm vorbei, Richtung Bad. Er folgte ihr. „Yuki, bitte. Bleib stehen.“ Nein, er würde das jetzt regeln! „Yuki Lisa Higurashi, ignorier mich nicht!“ Er packte sie an den Schultern. Sie sah ihn an, ohne jede Gefühlsregung im Gesicht. Und mit einer blitzschnellen Bewegung hieb sie ihre Faust in eine Magengrübe. Scheiße! Er sackte zusammen, japsend nach Luft und die Badezimmertüre hinter ihm fiel krachend ins Schloss. Schnaufend richtete er sich auf. „Verdammt, hat die Kraft!“ Inuyasha schüttelte den Kopf. „Bei Gegnern die dir an Kraft überlegen sind, hilft nur eine gute Strategie.“ Yuichi funkelte ihn an, doch Inuyasha hatte das nicht spöttisch gemeint. Aryan stand ihm bei: „Frauen, wie die Drillinge, darfst du nie mit Muskelkraft begegnen.“ „Sonst verhauen sie dich.“ „Ja, er spricht aus Erfahrung.“ „Chi-chan. Lass sie in Ruhe. Halt einfach den Mund, bis sie nicht von selber etwas sagt. Noch ist sie nicht bereit, sich zu versöhnen. Aber sie wird sich versöhnen.“ Endlich ein brauchbarer Tipp. „Und damit nicht noch schlimmeres passiert, sag jetzt einfach gar nichts mehr“, bat ihn Aryan. Na super, er hatte riesen Mist gebaut, seine Beziehung stand womöglich auf dem Spiel und er musste alles tatenlos geschehen lassen. Der Tag hätte so schön sein können. Warum hatte es so enden müssen? Missmutig kaute er sein Essen. Ihm fehlte Yuki an seiner Seite, ihre linke Hand in seiner rechten. Doch sie saß an einem anderen Platz, flankiert von ihren Schwestern. Er bemerkte Anjaanis Blick und zwang sich zu einem Lächeln. „Es schmeckt gut“, versicherte er ihr. Es lag nicht an ihr, dass er keinen Appetit hatte. Immerhin aß er, Yuki hatte sich nicht einmal etwas auf den Teller gelegt. „Wann sollen wir bei der Polizei aussagen?“ Yuichi sah Yoko an, doch die aß gerade. Yami unterhielt sich leise mit Aryan. Erstaunt wandte er sich dann Yuki zu. „Kannst du unsere Stimmen nicht unterscheiden?“ Er öffnete den Mund, besann sich rechtzeitig eines Besseren. „Ich gehe morgen früh aufs Revier. Ich bin unschuldig.“ „Ich weiß.“ Doch sie lächelte nicht. „Hast du das ernst gemeint?“ Er atmete tief durch. „Nein, ich war nur sauer. Auf dich, auf mich, auf-“ „Auf mich?“ Wütend begannen ihre Augen zu funkeln. Das war besser, als diese Gefühlskälte. „Weil ich dich nicht ranlasse?“ „Weil du abweisend bist. Du grenzt mich aus, du lässt mich nicht an dein Innerstes ran. Du vertraust mir nicht.“ Sie sah ihn an, Überraschung war in ihre Augen getreten. Sie wusste nicht, dass er so empfand. Sie schob den Stuhl zurück, richtete sich auf. „Wohnzimmer.“ Anjaani nickte ihm zu. „Wir gehen besser mit, ich habe kein gutes Gefühl“, flüsterte Aryan. Sie setzten sich ihm gegenüber auf die Couch, ihre Schwestern an ihrer Seite. „Spielen wir „Sag die Wahrheit“. Ich kann dich sowieso nicht anlügen. Der Fluch wirkt noch.“ „Imme noch?“ „Versuchs. Stell mir eine Probefrage.“ Er musste, dass sie Fragen über ihr Liebesleben hasste. „Hattest du schon mal mit einer Frau Sex?“ Sie presste die Lippen zusammen. „Ja, und du?“ „Mit wie vielen?“, ging er nicht auf diese Spitze ein. „Zwei“, sagte sie ohne zu zögern. „Zwillinge.“ Alle Augen richteten sich auf die Drillinge und jetzt lachte Yuki. „Nicht mit meinen Schwestern! Was denkt ihr denn von mir?“ „Wenn ich dir das beantworte, kriege ich nur eine drauf“, brummte Inuyasha. „Wir beide spielen ein anderes Mal“, versprach Yuki düster. „Ich bin jetzt dran:“ Yuichi wappnete sich innerlich. „Für jede wahre Antwort, darf ich dir eine Frage stellen“, verlangte er. „Einverstanden, ich kann dich sowieso nicht anlügen. Warum warst du auf meinem Geburtstag?“ Er hatte gehofft, sie würde ihn das nie fragen. „Um Yami wieder zu sehen.“ Allein Yuki riss nicht entsetzt die Augen auf. Sie schwieg und ließ ihm Zeit sich zu erklären. „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass du besser wärst als sie.“, begann er. Sie starrte ihm unbewegt in die Augen. „Dich kennen lernen zu wollen, war nur ein Vorwand, Yami zu sehen. Und die Schuld, die ich gegenüber deinem Bruder empfand, weil ich damals deinen Geburtstag abgesagt hatte, endlich zu tilgen. Ich hatte gehofft, du wärst angenehm, ein netter Zeitvertreib, eine Ablenkung von Yami. Vielleicht ein unterhaltsamer Abend, eine schöne Nacht und dann wäre ich weg. Ich hatte vor, dich kennen zu lernen, vielleicht eine Nacht im Hotel und dann mit erledigten Pflichten zu gehen. Aber ich hatte nicht erwartet, dass du mich so treffen würdest. Dass ich mich unsterblich in dich verlieben würde. Was Yami in mir ausgelöst hatte, ist nichts im Vergleich zu meinen Gefühlen für dich.“ „Jetzt bist du an der Reihe“, war das einzige, was sie sagte. „Was hast du gedacht, als du mich gesehen hast?“ „Ich hab nichts gedacht. Innerlich drehte alles durch. Ich war überrumpelt. Nie habe ich auf einen Kerl so reagiert. Aber ich hatte Angst.“ „Vertraust du mir deshalb nicht?“ Sie nickte und er zuckte zurück. „Frag nicht, wenn du die Antwort nicht hören möchtest.“ „Also stimmt es?“ Seine Stimme war kalt, seine Augen hell vor Wut. „Ich habe Angst nur ein Ersatz zu sein.“ „Woher willst du denn wissen, was ich denke? Was ich fühle? Wer gibt dir das Recht, das zu bestimmen?“ Jetzt wurde sie auch laut. „Dann gib du mir nicht das Gefühl ersetzbar zu sein! Alles geht rasend schnell, du überrollst mich, ich kann kaum klar denken!“ „Weil du nicht jeden Mist analysieren musst! Du kannst auch einmal nach deinem Bauchgefühl gehen. Dich fallen lassen! Nur so können wir rausfinden, ob das hier das richtige ist!“ „Du weiß nicht, ob unsere Beziehung richtig ist?“ Er wollte widersprechen, doch sie ließ ihn nicht ausreden. „Und wann weißt du es? Wenn du mich rumgekriegt hast? Entscheiden kannst, ob ich dir langweilig werde? Doch nicht so gut wie Yami? Ist dir Sex so wichtig?“ Er sprang auf. „Nein, verdammt. Aber es tut weh, dass du nur mich abstößt!“ „Wie bitte?!“ Kreischend stellte sie sich ihm gegenüber. „Aber für alle anderen bin ich zu haben, oder was? Was muss ich zu Hölle nochmal tun, um dir zu beweisen, dass nur du mich interessierst?“ Stille machte sich bereit. Niemand wagte auch nur zu atmen. Bis auf Yuki und Yuichi, die sich atemlos geschrien hatten. Sie starrten sich an, wütend, bebend vor Zorn, aufgeladen und überreizt. „Gut“, raunte er leise. „Ich will die Wahrheit.“ Jetzt hätte er fragen können: Liebst du mich? Was bedeute ich dir? Bin ich der einzige? Aber keine dieser Fragen stellte er. Er ergriff ihre Hand, zog sie mit einem Ruck näher an sich. Sie sah ihn unbewegt an, ansonsten berührten sie sich nicht. Langsam neigte er das Gesicht tiefer zu ihr, die Augen blau wie Eiskristalle. „Jetzt will ich meine Antwort, Yuki. Mit wem würdest du lieber schlafen, mir oder Inuyasha?“ Sie zuckte mit keiner Wimper. „Mit dir.“ So wie sie es jede Nacht tat. Doch leider schien er ihre Gedanken lesen zu können. „Bien, ich stelle die Frage so, dass du dich nicht rausreden kannst. Mit wem hättest du lieber Sex? Mir oder Inuyasha?“ Alle Farbe wich ihr aus dem Gesicht, sie presste die Hände vor den Mund. Seine Augen blitzen auf. Langsam schloss er seine Finger um ihre und nahm ihr mit eiserner Kraft die Hände von den Lippen. Seine Stimme war ein einziges, bedrohliches Flüstern. „Wiederhole das.“ „Inuyasha.“ Yuki senkte den Blick, konnte ihm nicht in die Augen sehen. Er war fassungslos. „Und du machst mir ein schlechtes Gewissen? Du bist sauer, weil ich an deinen Gefühlen zweifle? Vielleicht, weil du eine dreckige Lügnerin bist!“ „Liebling, lass mich erklären…“ „Wie?“, grollte er. „Wie willst du dich da rausreden? Wie willst du das erklären? Ach, ich vergaß, du bist ja so unschuldig! Willst Liebe, Nähe, Zeit. Bist du einfach nur zu feige, mich abzuweisen? Oder bin ich die Reserve, weil Inuyasha dich nicht will? Macht es dir Spaß, mit mir zu spielen? Mich zum Narren zu halten? Dir macht es Spaß, mich zu verarschen! Mich zappeln zu lassen! Bringst es nicht über dich, aber für jeden anderen, die Beine breit machen. Du bist auch nicht besser als eine Schla-“ BATSCH!!! Der Schlag hallte laut in der Totenstille des Raumes. Yuichi starrte Anjaani an. Seine Wange färbte sich rot. Ihre Hand ballte sich langsam zur Faust. In ihren schwarzen Augen loderte eiskalte Wut. „Das nächste Mal werde ich nicht zuschlagen“, wisperte sie kalt. „Ich werde dich umbringen.“ Er war erstarrt vor Schreck. Der Schock über sich selbst. Was zum Teufel war in ihn gefahren?! „Yu-Yuki“, begann er, doch Anjaani breitete schützend die Arme aus. Sie schützte Yuki vor ihm… „Yuki, bitte…“ Doch sie sah ihn nicht an. Sie drehte sich weg. „Verschwinde“, befahl Anjaani. „Ich will dich nie wieder sehen.“ Ihre Augen glühten golden auf und die Tür öffnete sich mit Schwung. Yuichi ging. Anjaani starrte die Tür an, zitternd vor Zorn, der Rest war erstarrt. Inuyasha konnte es nicht fassen. Anjaani, die so sanfte Anjaani hatte ihren kleinen Bruder geschlagen und hinausgeworfen. Gott, der Nervenzwerg wird ausrasten! Er muss Anjaani beschützen! Doch Anjaani kannte die Drillinge besser als er. „Es tut mir leid“, flüsterte sie dem blauen Drilling zu. Yukis Schultern begannen zu zucken und er registrierte als erster das Unfassbare. Seine Nase roch Tränen. Die unerschütterliche, steinharte Yuki, die ihr Leben lang ein einziges Mal geweint hatte, brach in verzweifelten Tränen aus. „Eins, zwei“, zählte Yami leise. „Er hat nicht mehr als 32 Zähne“, flüsterte ihr Aryan zu. „Drei, vier...“ Yuki sah sie an, die letzte Träne fiel. „Fünf“, schloss Yami. „Seine Zähne für deine Tränen.“ Yuki sah Anjaani an, doch die sonst so sanftmütige Inderin war in Rage. „Wenn Yami nicht kassiert, werde ich es tun.“ Keine beruhigenden Worte von ihr, kein Trost, kein Versprechen, dass alles besser wird. Anjaanis Toleranz hatte eine Grenze. Und die war mit dem Wort „Schlampe“ erreicht. Inuyasha schauderte es und er erinnerte sich, wie sie sein böses Ich vernichtet hatte, nachdem er sie so genannt hatte. „Yuki.“ Aryan wischte ihr zärtlich die Tränenspuren von den bleichen Wangen. Die Tränen waren versiegt, doch sie zitterte. „Es tut weh, Nii-san“, hauchte sie kraftlos. „Warum tut es so weh?“ „Weil du ihn liebst.“ So einfach war das. „Läuft heute nicht sein Interview im Fernsehen?“ Yuki schüttelte nur den Kopf. „Schau es dir an“, bat Aryan. Sie ergriff seine Hand, als er den Fernseher einschaltete und ließ sie nicht mehr los. Yuichis Gesicht flackerte über den Bildschirm. Und der Schmerz stach heftiger zu. Seine wirren dunklen Haare, diese blitzenden Meeraugen und sein Lächeln, frech und spitzbübisch. Und seine klare Stimme, jung, weich, frisch. „Yuki“, sagte er gerade, blickte direkt in die Kamera. Yukis Herz blieb kurz stehen. „Und wer ist diese perfekte Frau?“, wollte die Moderatorin etwas pikiert wissen. Sie war jung, hübsch und- „Du meine Güte!“, entfuhr es den Drillingen beim Anblick ihres Vorbaus. „Unecht“, kommentierte Inuyasha nur. „Und Yamada schaut gar nicht hin. Er beachtet diese Milchkuh nicht einmal.“ „Meine Freundin“, beantwortete dieser Yuichi die Frage. Das schien der Moderatorin mit den Stahleutern nicht zu gefallen, doch sie hatte sich im nächsten Moment wieder im Griff und ihre Stimme war lockend, ihre Augen verheißungsvoll. Yuichi schien das wirklich nicht bemerkt zu haben. Sie versuchte es dezent in Lächerliche zu ziehen, doch Yuichi fiel nicht darauf herein. „Seit wann kennt ihr euch denn?“ „Hm, das ist eine Weile her“, lächelte er und es war so ein schönes Lächeln. So anders als dieses spöttische, vorwurfsvolle von vorhin. Er wartete aus die nächste Frage, doch dieses Thema war für die Moderatorin nicht beendet. Sie hoffte immer noch, ihm einen Strick daraus zu drehen. „Ein Monat“, lächelte sie kalt. „Zwei Monate?“ „Zwanzig Jahre.“ „Oh“, entglitt der Moderatorin das Gesicht. „Und seit wann ist es Liebe?“ Yuichis blaue Augen glitten in die Ferne. „Es war ein verregneter Dienstagmorgen am 26.Juli 1994“, begann er. Die Frau runzelte nur die Stirn, unterbrach ihn aber nicht. „Ich war vier Jahre alt und war sauer, weil mich meine Mutter gerade von meinen Legosteinen wegriss und mich ins Krankenhaus schleppte. Ihre beste Freundin hatte gerade entbunden. Ihr Sohn ging mit mir in die Vorschule, er war mein bester Freund. Als wir ankamen, herrschte Chaos. Mein Freund erklärte mir, dass es nicht ein Baby war, sondern gleich Drei. Und drei waren zwei zu viel. Die Mama weinte die ganze Zeit, wollte keines der schreienden Babys nehmen und mir war das zu viel, ich war den Tränen nahe. Dieses furchtbare Gekreische, schrill und fremd. In dem ganzen Chaos drückte mir irgendjemand eines der Drillinge in den Arm. Es war blutig, schleimig, zerknautscht, wirklich nicht hübsch und es schrie wie am Spieß. Ich war überfordert aber hab aus einem Instinkt heraus richtig gehandelt. Ich hab das verklebte Köpfchen gestreichelt und ihm zugeflüstert, dass ich jetzt da bin und alles gut wird.“ Auf Yuichis Gesicht erschien ein seliges Lächeln. „Sie hat quasi sofort aufgehört zu weinen und mich angesehen mit ihren braungelben Augen und ab da wusste ich, dass dieses Baby für mich geboren wurde und ich es immer lieben werde. Ich gab ihr ihren Namen, als Ausdruck meiner Gefühle. Ich liebe den Schnee über alles, er symbolisiert Freude für mich. So habe ich mich in Yuki verliebt.“ Darauf herrschte Totenstille, im Studio, so wie vorm Fernseher. Yuki lächelte, als die Moderatorin es als schönste Liebesgeschichte, die sie je gehört hatte betitelte. Sie wollte wissen, die es danach weiter ging. „Ich zog weg, als ich in die Schule musste“, seufzte Yuichi. „Im Hinterkopf habe ich die Kleine nie vergessen und mir geschworen, irgendwann zurück zu kommen, um sie kennen zu lernen. Es war Zufall, dass ich die Rolle in einem Werbespott annahm. Ich dachte gar nicht mehr an das Mädchen…“ „Wir alle wissen, wie diese Geschichte weitergeht“, schaltete Yuki entschlossen den Fernseher aus. „Reiner Zufall, kein Schicksal.“ „Es ist wirklich eine der schönsten Liebesgeschichten“, meinte Yoko. „Äußerlich betrachtet auf jeden Fall.“ „Aber hinter der schönsten Fassade versteckt sich der schlimmste Dreck“, murmelte Yuki traurig. Die Nacht war sternenklar. Doch die Totenstille verlieh ihr etwas Bedrohliches. Yuki wusste nicht, wie lange sie schon am Balkongeländer stand. Sie spürte nichts mehr. Nicht den Wind, nicht die Kälte, nicht die Wärme, keinen Hunger, keine Müdigkeit. Einzig und allein das stete Drücken in ihrer Brust. Das Bohren und Stechen, wo eigentlich das Pochen ihres Herzschlages sein sollte. Ihr Herz war bei ihm… und er hatte es in Stücke zerrissen. Hinter ihr öffnete sich die Balkontüre. „Ich war leise“, flüsterte Yuki. „Ich wollte dich nicht wecken.“ „Hast du nicht“, versicherte Inuyasha und stellte sich neben sie. „Du stehst seit Stunden hier. Die Sonne geht bald auf.“ Er sah sie an und sie erwiderte seinen Blick. „Deine Augen leuchten im Dunkeln.“ „Ich bin ein Dämon.“ „Aani hat bestimmt Angst.“ „Große Angst, aber sie gibt es nicht zu. Weil sie glaubt, sie würde mich damit kränken.“ „Aani ist so gutherzig Und ich bin ein Miststück.“ Sie barg ihr Gesicht in den Händen. „Hast du das wirklich ernst gemeint?“ „Dass ich lieber mit dir, als mit ihm Sex hätte?“ Sie seufzte. „Leider ja.“ „Ich verstehe dich“, murmelte er dann. „Wie könntest du?“ „Wir sind uns ähnlich, du und ich, deshalb verstehe ich, warum du so denkst. Aber du liegst falsch.“ „Du hast keine Ahnung“, stöhne sie. „Doch, du hast Angst.“ Erschrocken sah sie zu ihm hoch, du seinen glühenden Augen voller Verständnis. „Du hast Angst, dass es nicht anders ist. Dass danach wieder diese Leere da ist, diese Enttäuschung und die Scham.“ Yuki hatte es die Sprache verschlagen. „Ich spreche aus Erfahrung“, verriet er. „Aus sehr viel Erfahrung. Der Trieb ist stark, er muss befriedigt werden. Doch das Herz schreit nach mehr, nach so viel mehr. Und diese Sehnsucht wird nie gestillt. Danach ist diese Leere da, die Enttäuschung und die Gier wird größer. Du hast Angst, dass auch bei ihm die Erfüllung fehlt. Weil du glaubst, dass es die Erfüllung nicht gibt.“ Yuki war völlig überrumpelt. „Es war nie anders“, gab sie zu. „Weil du nie geliebt hast“, verriet er. „Eine Vereinigung in Lust ist nicht zu Vergleichen mit einer Vereinigung aus reiner Liebe. Dazwischen liegen Welten.“ „Bist du dir sicher?“ Hoffnung keimte in ihr auf. „Eine Person, die du bedingungslos liebst, stillt alle Sehnsüchte und hebt dich in den Himmel empor. Mit ihm wird es anders. So schön, wie du es dir nicht einmal erträumen kannst.“ „Und wenn es nicht so ist?“ „Es ist so.“ Davon war er fest überzeugt. „Hast du es je erlebt, Inuyasha?“ Er hob die Augen zu den Sternen und schwieg lange. Yuki wusste, was er ihr jetzt verriet, würde sie mit ins Grab nehmen. „Ja, ich habe es erlebt. Ein einziges Mal. Seitdem schreit mein Herz nach ihr.“ „Nach Kagome?“ Inuyasha schüttelte langsam den Kopf, das war Antwort genug. „Morgen redest du mit ihm.“ „Was soll ich ihm denn sagen?“ „Zum Beispiel, was Raj dir angetan hat.“ „Er weiß, dass mein erstes Mal nicht freiwillig war. Er weiß nur nicht, dass es mit Raj war.“ „Tu nicht so, als sei das das Schlimmste“, rügte er sie sanft. Und diese Sanftheit brachte sie dazu, sich ihm anzuvertrauen. „Ich weiß, was Raj in deiner Seele angestellt hat. Diese Wunden sind fast unheilbar. Aber Yamada könnte es hinkriegen. Vertrau dich ihm an. Dann wird der Drecksack einen Feind mehr haben.“ „Den juckt das doch nicht. Wenn Aryan erfährt, was er Yami angetan hat, dann erst hat er ein Problem.“ Geschickt hatte sie Inuyasha abgelenkt. „Ich dachte, er hätte euch zwei verwechselt?“ „Ja, aber es hatte seinen Grund, warum er Yami so erniedrigen wollte.“ „Sie hat ihm deutlich ihre Ablehnung gezeigt“, vermutete Inuyasha. „Und wie!“, lachte Yuki trocken. „Yami hat sich nie zurückgehalten. Sie hat ihm klar gesagt, was sie von seinem Verhalten hält. Raj kam mit solcher Respektlosigkeit nicht klar. Er hat ihr ins Gesicht geschlagen.“ „Was?“ Inuyasha riss die Augen auf. „Das ist ein größerer Mistkerl, als ich dachte.“ „Yami hat sich gewehrt und zurückgeschlagen. Aani hat ihm sogar mit der Polizei gedroht. Er hat Yami diese Demütigung nicht verziehen.“ „Er hat sie wirklich geschlagen“, entsetzte sich Inuyasha. „Nicht einmal ich würde euch das wirklich antun. Aryan bringt ihn um.“ „Und deswegen wird er das nicht erfahren. Yami hat es ihm heimgezahlt. Aber ich bleibe mit meiner Demütigung.“ „Yamada liebt dich“, seufzte Inuyasha. „Und zwar mehr, als dir bewusst ist. Ihm fehlt deine Bestätigung.“ „Meine was?“ „Du hast ihm nie direkt gesagt, dass du ihn liebst, nicht wahr?“ „Woher willst du das wissen?“, zischte sie abwehrend. „Weil wir beide uns wirklich ähnlich sind. Ich habe diese drei Worte noch nie benutzt. Und du auch nicht. Nicht einmal bei ihm.“ „Nein“, gab Yuki kleinlaut zu. „Nicht direkt.“ „Dann sag es ihm, klar und deutlich ins Gesicht. Auch wir müssen das ab und zu hören. Und ich bin mir sicher, diese drei kleinen Worte sind es, die er braucht.“ Yuki lächelte ihn voller Wärme an. Sie war wunderschön. „Jetzt verstehe ich, warum Aani dich nie mit Raj vergleicht. Du ähnelst ihm in keinster Weise. Danke, Inuyasha.“ Inuyasha errötete. „Ist gut jetzt mit dem Süßholzgeraspel. Verschwinde und geh schlafen. Du nervst mich.“ Yuki lachte leise. „Du hast recht, wir ähneln uns. Flohfänger.“ „Nervensäge.“ „Inuyasha. Sie hat Raj nie Saajan genannt. Kein einziges Mal.“ Inuyashas Miene wurde ernst. „Dieses Wort ist so viel wert.“ Was gäbe er nicht dafür, zu wissen, was es bedeutet. „Dieses Wort ist ihre ganze Welt. Ihr Grund zu leben.“ Sie drehte sich um, wollte sich zurückziehen und ihn mit der Ungewissheit stehen lassen. Doch dann hörte er es, leise aber deutlich: „Saajan bedeutet Geliebter.“ Und seine Augen richteten sich zum Mond, das Herz voll Sehnsucht nach seiner Erfüllung. „Anjaani…“ Ungeduldig streifte Zuma durch die Flure des Filmstudios, auf der Suche nach Yuki. Er brauchte Hilfe und anscheinend war der blaue Drilling die einzige, die wusste, wie der Hase läuft. Doch er konnte sie nicht finden, keiner wusste, wo sie war und Yoko ließ ihn nicht in ihre Nähe. Er wäre fast in jemanden reingerannt, der direkt auf der obersten Stufe der Treppe saß. Jemand dunkelhaariges, der bis auf Haar- und Augenfarbe sein Spiegelbild hätte sein können. Yuichi hockte zusammengesunken da, die Augen müde und er sah aus, als hätte er die Nacht nicht geschlafen. Auch wenn Zuma, dank Yoko, die Nacht nicht zum Schlafen gekommen war, war er den Tag darauf nie erschöpft gewesen, geschweige denn unzufrieden. Yuichi hier aber schien es nicht gut zu gehen. „Yamada, was treibst du hier?“ Er reagierte nicht. Konnte ihm auch egal sein. „Hey, Froschfresser! Wo ist Yuki?“ Jetzt zuckte sein Kopf hoch und Zuma hob erstaunt die Brauen. Dem Kerl da ging es anscheinend richtig dreckig. „Meine Oma war Französin. Kennst dich aber gut aus mit meiner Familiengeschichte. Kein Wunder, wir sind ja schließlich Halb-“ „Cousin! Wo ist Yuki?“, unterbrach ihn Zuma, da Yuichi dabei war, das Tabu zu brechen. „Sie ist nicht hier.“ „Verdammt, seit wann hat sie frei? Ich brauche Hilfe und deine Freundin ist die einzige, die mir helfen kann.“ „Meine Freundin.“ Yuichi gab ein trockenes Lachen von sich und Zuma schwante Übles. „Wer weiß, ob sie das noch ist.“ Mitleid lag ihm nicht, aber seinen „Cousin“ so zu sehen, erinnerte ihn schmerzlich an sich selber. Als die wichtigste Frau in seinem Leben ihn verlassen hatte. Ihn und seinen Vater. Er setzt sich zu ihm auf die Treppenstufe. „Haben beide Mist gebaut, was? Müssen eindeutig Vaters Gene sein.“ Yuichis Mundwinkel verzogen sich zu einem schwachen Lächeln. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass Zuma zugab, denselben Vater zu haben. Dass er ihn als seinen Halbbruder sah. „Was ich getan habe, kannst du nicht toppen.“ „Hast du sie betrogen?“ „Non.“ „Genötigt?“ Yuichi schnaubte. „Zu was denn bitte? Sie lässt sich nicht anfassen.“ „Sie hat dich noch nie rangelassen?!“ „Schrei es noch lauter rum! Sie will Liebe und hat Angst, dass es mir nur um Sex geht.“ „Sie muss dich wirklich lieben“, entfuhr es Zuma spontan. Jetzt zuckten Yuichis Augenbrauen in die Höhe. „Ich bin er einzige, der das so nicht gesehen hat.“ „Oft erkennt man sein Glück erst, wenn man es verliert.“ „Ich wusste nicht, dass du die Glückskeks-Sprüche verfasst.“ „Erfahrung, du Grünschnabel.“ „Ich nehm‘s mir zu Herzen, alter Sack.“ Beide grinsten sich an und zum ersten Mal spürte Zuma die Verbindung zu seinem Bruder, ließ sie zu. Schlimm war es nicht. Er schüttelte dieses Gefühl rasch ab. „Was auch immer du getan hast, klär das bitte, ohne Yuki geht hier alles drunter und drüber.“ „So leicht ist das nicht. Ich hab Mist gebaut und sie ist dickköpfig.“ „Wem sagst du das. Erzähl mir nichts von dickköpfigen Drillingen.“ „Aus meiner Erfahrung kann ich dir sagen, Akira, du wirst nie wieder eine wie Yoko finden.“ „Ich will sie auch nicht.“ Yuichi hob die Brauen. Er glaubte ihm ganz und gar nicht. „Das ist auch egal, sie interessiert sich nicht für mich.“ „Ich war bei ihrer Geburt dabei, ich bin tagtäglich mit ihr zusammen, ich weiß wie sie tickt. Und ich weiß, dass sie anders wäre, wenn du ihr egal wärst.“ „Sie hat kein Interesse“, war Zuma überzeugt. „Nein, sie flieht vor dir, weil du sie verletzt hast.“ „Und du? Deine ist nicht hier, weil sie vor dir flieht. Yuki ist nicht so gefühlsduselig und um einiges rationaler als Yoko. Wie hast du sie bitte verletzt?“ „Ich habe sie beinahe eine Schlampe genannt.“ „Oh.“ Sie starrten sich einfach nur an. „Hat sie dich betrogen?“ „Nein.“ „Hat sie mit anderen geflirtet?“ „Nein.“ „Was hat sie getan?“ „Im Grunde gar nichts.“ „Wieso hast du sie dann so beleidigt?“ „Eigentlich habe ich nichts gesagt. Nee-chan hat mir eine geknallt und mich rausgeworfen, bevor ich das Wort komplett aussprechen konnte.“ „Aurora hat dich geohrfeigt?“ „Und mit was für einer Wucht. Sie reagiert etwas empfindlich auf dieses Wort.“ Zuma schüttelte den Kopf. „War es das wert?“ „War es das bei dir wert?“ Sie blieben sich beide eine Antwort schuldig, doch sie war die gleiche. Nein. „Yuichi!“, ertönte es plötzlich barsch. Er sprang wie von der Wespe gestochen auf. „Das ist Yokos Stimme“, brummte Zuma. „Beruhige dich.“ Es war tatsächlich Yoko, nicht Yuki. „Mist lockt Fliegen an“, kommentierte sie das Zusammentreffen der Brüder. „Oder versöhnst du dich mit deinem Halbbruder?“ „Cousin!“ „Rede dir das weiter ein, irgendwann glaubst du es. Feierabend für heute, ich habe ein wichtiges Abendessen mit dem Produzenten und einigen Sponsoren. Du kommst mit, Yui-kun.“ „Verschwinde, Yoko, ich hab andere Sorgen.“ „Diskutier nicht mir ihr“, riet ihm Zuma noch leise. Doch Yoko setzte auf eine andere Taktik. Sie packte ihn am Kragen und riss ihn zu sich runter. Ihre Augen blitzten mörderisch. „Du Mistkerl hast genug Dreck am Stecken! Du tust brav, was ich dir sage, oder ich sorge dafür, dass dir das winzige Rest an Männlichkeit, das dir geblieben ist, zwischen meinen Krallen zerquetscht wird! Du kannst mir dankbar sein, dass ich Yami so beschäftigt halte. Du bist ihr fünf deiner Zähne schuldig. Und die wird sie einfordern!“ „Wie bitte?“ Er wurde bleich. „Das ist nicht wahr!“ „Fünf Tränen. Ich würde es nicht glauben, hätte ich es nicht mit eigenen Augen gesehen. Warum nur bist du das wert?“ Die Antwort würde sie nie hören, er wusste sie selber nicht. Er wusste nicht, was er wollte, aber er hatte keine Lust auf ein Abendessen mit all den eingebildeten Schnöseln. „Yuichi, tu wenigstens so, als ob du Spaß hättest“, knurrte Yoko ihm leise auf Französisch zu, damit die vier anderen Herrschaften sie nicht verstehen konnten. „Schauspieler, oder versteck dein Gemüt irgendwie anders. Ich gebe mir auch Mühe, dich anzulächeln, statt dir in die Fresse zu hauen.“ „Wir sind in dem Club, in dem Yuki arbeitet und ich soll lustig sein.“ „Wer sagt, dass sie Schicht hat? Außerdem wäre sie hinter der Bar, nicht im Restaurant.“ „Hast du sie denn heute gesehen?“ „Dein Französisch ist wirklich fantastisch geworden. Yuki ist eine grandiose Lehrerin.“ „Karina, hast du Yuki heute gesehen?“ „Non“, sagte Yoko jetzt ehrlich. „Sie war weg, als ich zum Frühstück kam. Aani ist für dieses Thema nicht ansprechbar. Sie ist stinksauer auf dich. Und jetzt konzentrier dich. Was bestellst du zu essen?“ „Nett, Yoko, du weißt, dass ich auf meine Ernährung achten soll!“ „Dann verhungere, wäre mir egal.“ Er sah sie beleidigt an. „Yuichi, kannst du dir überhaupt vorstellen, wie sehr du Yuki verletzt haben musst, wenn du sie tatsächlich zum Weinen bringst?“ Das waren ihre letzten Worte, denn sie wandte sich an die restlichen Leute am Tisch. Yokos Talent zu reden, verdankte er es, dass die Herrschaften so von ihr eingenommen waren, dass sie nicht auf ihn und seinen Trübsal achteten. Das war nicht Yuichis Tag. Er war erschöpft, todmüde und er vermisste Yuki wahnsinnig. Er hatte die ganze Nacht kein Auge zu gekriegt, aus lauter Angst, sie verloren zu haben. Wenn er mit ihr reden würde, sie sehen würde, um alles zu klären. Sie wieder im Arm halten könnte, ihren karamellsüßen Duft einatmen könnte. Eine Chance nur, ein winziges Zeichen… Er hatte nicht mitgekriegt, dass der Kellner längst die Bestellungen aufgenommen hatte. Umso überraschter war er, als das Essen kam. Wie vom Donner gerührt starrte er auf seinen Teller. Das war doch das, was Yuki vorgekocht und eingepackt hatte? Wie zum Himmel, kam das hierher?! Ehe er fragen konnte, war der Kellner verschwunden. „Sieh mal einer an“, flüsterte Yoko. „Ich habe dir Suppe bestellt, nicht das hier. Da scheinst du jemandem aber wichtig zu sein.“ „Du hast gesagt, sie arbeitet heute nicht!“ „Mit keinem Wort habe ich das behauptet. Iss. Ich sorge dafür, dass der Abend schnell vorüber geht. Du weißt ganz genau wie ich, dass dies ein Zeichen war. Das ist deine zweite Chance. Eine andere bekommst du nicht.“ Wenn dieser Abend schnell vorüber war, dann wollte er nicht wissen, wie lange es sonst gedauert hätte. Kurz nach Mitternacht brachte er Yoko nach Hause, um dann voller Ungeduld zurück zu rasen. Es war jetzt nicht wichtig, was er sagen würde. Er wollte sie einfach nur sehen, wissen, dass sie ihn nicht aufgegeben hatte. Sie war ihm so nah. Hoffentlich war sie noch da! Doch der Türsteher versperrte ihm den Weg. Nein! Das ist jetzt nicht wahr! „Keine Chance, mein Süßer. Schau mich nicht so an, als ob du mir den Kopf abreißen würdest. Vergiss es, zuckersüße Blicke bringen auch nichts.“ Das war ihm neu. Er war sicher, dass Fuji ihm nicht widerstehen konnte. Jedenfalls hatte der Sicherheitsmann sein Interesse an ihm immer offenkundig gezeigt. Yuichi beging aber nicht den Fehler zu glauben, dass Homosexuelle nicht körperlich kräftig waren. Zudem dieser Homosexuelle hier ihn um einen Kopf überragte und seine Muskeln kaum in die Jacke passten. „Yuki ist da drin“, bestätigte er seinen Verdacht. Warum sonst würde Fuji ihn so vorwurfsvoll ansehen? „Wer sagt das?“ „Sie hat mir mein Abendessen serviert. Ich bin ihr wichtig. Sie ist noch da.“ Fuji nickte düster. „Und genau deswegen kommst du da nicht rein.“ „Hat sie es dir erzählt?“ Fuji knurrte. Niemand käme auf die Idee, dass dieser bedrohliche Riese vom anderen Ufer war. „Nein, aber im Vergleich zu euch hirnamputierten, unsensiblen Heteros, achte ich auf die Gefühle meiner Mitmenschen. Yuki lacht nicht, sie lächelt nicht einmal. Sie arbeitet seit fünf Jahren hier und es ist das erste Mal, dass ich sie so fertig erlebe. Sie ist so eine starke Frau. Und so intelligent. Aber dumm genug, sich von dir runterziehen zu lassen.“ „Bitte, Fuji, ich muss es wieder gut machen. Ich habe einen großen Fehler gemacht.“ Fujis Miene wurde eine Spur weicher. Seine Schwärmerei für Yuichi war ein großer Vorteil. „Nein, heute nicht. Du weißt, ich steh auf dich, aber dass du meiner kleinen Yuki das Herz brichst, verzeihe ich dir nicht.“ Da klingelte sein Handy. „Ja, Häschen?“ Es war Yuki! Wusste sie, dass er zu ihr wollte? „Wie bitte! Johnny?“ Johnny? „Jon Sung ist gerade rein gekommen? Dein kranker Stalker, der Hausverbot hat? Der ist bei dir? Ich muss ihn übersehen haben! Wie? Keine Ahnung“, warf er Yuichi einen strafenden Blick zu und schwieg kurz. „Blonde Haare? Ja vielleicht habe ich ihn deswegen nicht erkannt. Nein, mich hat niemand abgelenkt. Bedrängt er dich wieder? Ich kümmere mich sofort um ihn.“ „Ich tu das“, verlangte Yuichi. „Ich lass dich nicht in meinem Club wüten!“ „Ich werde mich benehmen. Ich will dem Kerl nur klar machen, dass ich der Mann an Yukis Seite bin. Bitte Fuji. Du hast was gut bei mir.“ „Okay, sei lieb. Und wenn du Yuki noch ein Mal verletzt, kriegst du es mit mir zu tun. Und ich werde nicht zärtlich sein.“ Nie im Leben würde er das riskieren! Die Bar war leer als er kam, bis auf drei Proleten in Yukis Alter. Der mit den schlecht blondierten Haaren musste dieser Johnny sein. Er machte sich gerade auf zu den Toiletten. Mann, sah der dämlich aus in dieser fünf Nummern zu großen Hose! Yuichi stellte sich neben ihn ans nächste Pissoir. „Wo ist denn die süße Barkeeperin?“, wollte er wissen. Johnny zuckte mit den Schultern. „Kein Plan, Mann. Ist weggegangen, als die mich sah.“ Yuichi konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Scheinst ja eine tolle Wirkung auf Frauen zu haben.“ „Oh, du bist Franzose? Du klingst so französisch.“ Wie bitte?! Hatte er ernsthaft einen französischen Akzent? Er sprach in letzter Zeit hauptsächlich diese Sprache… „Ich spreche viel französisch.“ „Also bist du Franzose. Blond und blaue Augen?“ „Blond selten. Blaue Augen öfter.“ Was war das für ein Vollidiot? Neben den schlecht blondierten Haaren trug er auch noch extrem grelle, blaue Kontaktlinsen. „Solche Typen wie dich mag die Barkeeperin“, sagte er plötzlich. „Die ist meine Freundin.“ „Wer, die alte Rothaarige?“ „Nein, ey, die Chinesin mit den rotbraunen Haaren.“ Chinesin? Der Idiot hatte offensichtlich keine Ahnung von ihr. „Ist sie nicht Halbjapanerin?“ „Halb?“ Gott, dieser debile Depp! „Ja, nur eine halbe Asiatin“, sagte er klar und deutlich. „Ihre Mutter ist Deutsche und ihr Vater Japaner. Also ist sie Halbjapanerin.“ „Halb, das geht echt? Ach, hat die darum nicht so Schlitzaugen? Woher kennst denn du sie so gut?“ „Ich bin Stammkunde bei ihr.“ „Oh, hast die Alte auch geknallt? Willkommen im Club, Mann. Letzte Woche durfte ich sie auch rannehmen.“ Na, der litt ja unter enormem Realitätsverlust. „Irgendwie scheine ich deine Freundin aber besser zu kennen, als du selber.“ „Naja…“ Er kratzte sich etwas beschämt am Kopf. „Noch ist die nicht meine Freundin. Aber ich krieg die schon rum.“ Yuichi vertuschte sein amüsiertes Grinsen hinter einem täuschend echten, neugierigen Gesichtsausdruck. „Und wie siehst dein Plan aus?“ „Die sagte, am Sankt Nimmerleinstag ist sie meine Freundin, wenn ich blond bin und blaue Augen hab, und einen französischen Aktion, ne Akt… Akt..?“ „Akzent?“ „Genau das. So wie du redest.“ Jetzt konnte der echte blauäugige Franzose sein Lachen nicht mehr zurückhalten. „Wann ist denn der Sankt-Nimmerleins-Tag?“ „Nächste Woche“, war er überzeugt. „Aber ich hab dieses Japanisch mit Französisch nicht drauf. Wie machst du das? Bei dir klingt das echt nicht so schwul wie bei den anderen.“ „Welchen anderen?“ „Die Franzosen- Männer. Ihr seid noch alle schwul.“ Wenn Yuichi diese Intelligenzbestie bisher amüsant fand, so hasste er ihn jetzt. „Danke, ich gebe mir Mühe, nicht so schwul zu klingen.“ „Oh, keine Sorge, Mann, ich hab nix gegen Schwuchteln. Ich verrat‘s auch keinem.“ Sarkasmus-resistent war der auch. Dann erhaschte Jon einen Blick, bevor Yuichi den Hosenladen wieder schloss. Und diese hirnlosen Schwanzvergleiche waren ihm zuwider. „Oh Mann, Alter. Der ist groß.“ Außer, er gewann. „Schade, dass du ‘ne Tunte bist. Du wärst echt Yukis Typ.“ Yuichi sparte sich die Mühe, ihm den Unterschied zwischen einer Tunte und einem Homosexuellen zu erklären. Er überlegte eher, dieses Grammatik-Genie in Yokos Klauen zu übergeben. „Sag bloß. Und sie mag dich nicht? Wie kommt das denn?“ „Ich glaub, die macht sich über mich lustig. Glaub, die verarscht mich voll oft. Will nur nicht zugeben, dass die heiß auf mich ist. Mann, ey, du glaubst nicht, wie geil unsere Nacht war!“ „Ja, sie ist eine kleine Wildkatze.“ „Die könnte jeden Schwuchtel bekehren. Die ist so heiß, aber das weißt du ja.“ Yuichi legte den Kopf schief, während er sich die Hände wusch. „Und die Brüste?“ „Was is‘n damit?“ „Die sind nicht echt. Voll mit Silikon. Stört dich das nicht?“ „Nö, steh voll drauf.“ Yuichi würde seinen geliebten VW Polo drauf verwetten, dass dieses Großmaul nie eine Frauenbrust je berührt hatte. Geschweige denn Yukis. „Aber ihre Schultern sind etwas haarig und dieser riesige Leberfleck an ihrem Schlüsselbein. Echt widerlich!“ „Darüber steh ich. Schlimm fand ich‘s nicht Ich bin ein Mann, ich ertrag das.“ Okay, dieser Armleuchter war Yuki nie näher als am Bartresen gewesen. „Ihre Schicht ist gleich vorbei, dann schlepp ich sie ab. Hab extra meine Jungs dabei.“ Von wegen! „Lass mich dir einen Tipp geben: Vergiss die Kleine. Sie hat einen Freund.“ „Was? Woher weißt du das?“ „Ich kenne ihn.“ Mit großen Augen drehte Jon sich um und stürmte zur Bar. Was war denn jetzt los? Yuki war mittlerweile wieder zurück und bediente seine „Jungs“. Ihr Anblick versetzte ihm einen Stich und die Sehnsucht nach ihr wurde zur grausamen Folter. Aus seiner dunklen Ecke war Yuichi nah genug dran, ohne selber entdeckt zu werden. Jon schlug mit der Faust auf den Tresen. „Seit wann hast du einen Freund?“, schrie er. Yuki sah ihn desinteressiert an. „Seit ich es dir jeden Mal sage. Hast es endlich begriffen. Glückwunsch. Als Preis kriegst ‘nen Penis von mir.“ Johnny war sich nicht sicher, ob das gerade eine Beleidigung gewesen war. „Ey, ich hab ‘nen Schwanz!“ „Schön, solange du ihn wenigstens finden kannst.“ Er starrte seine Freunde wütend an, die ein Lachen nicht unterdrücken konnten. „Seit wann hast du ‘nen Freund?“ „Seit 20 Jahren.“ Oh, das war wirklich schön zu hören. „Hör mal zu, „Johnny“, ich hab es langsam satt. Ich will dich nicht, verschwinde endlich. Lieber reiße ich mir die Eierstöcke raus, als dir auch nur zu nahe zu kommen!“ „War letztes Mal aber ‘n bisschen anders. Erinnerst du dich an unsere heiße Nacht?“ Jetzt musste Yuki lachen. „Als du so besoffen warst, dass ich dich schweren Fettklops zum Auto tragen musste? Meinst du diese paar Sekunden, als ich dich angeschnallt habe? Dann warst du aber echt schnell gewesen, mein Lieber, alle Achtung.“ So debil Johnny auch war, diese Beleidigung begriff er. Und seine Freundlichkeit hatte jäh ein Ende. Er regierte schneller, als Yuki, weil sie damit nicht gerechnet hatte. Plötzlich stand er vor ihr, griff nach ihren Schultern. „Und ich hab es satt, nett zu sein. Du kapierst es nur auf die harte Tour.“ Der zweite ergriff ihre Ellenbogen von hinten, der dritte schlug ihr das Handy aus der Hand. Johnny beugte sich zu ihr. Ihr wurde schlecht von seinem Atem. „Ich sage mal, du bist jetzt brav, dann bin ich es auch.“ Yukis Lage war aussichtslos. „Bitte, Jon, ich hab die ganze Nacht nicht geschlafen. Ich bin völlig fertig und hab keine Kraft dafür. Lass mich einfach los und dann reden wir.“ „Nein, du verarscht ihn seit Monaten! Und jetzt hast plötzlich ‘nen Freund, Schlampe? Blond, blaue Augen und französisch, gell? ‘Ne widerliche Schwuchtel.“ Ein Ruck ging durch ihren Körper. Ehe Yuichi eingreifen konnte, ging der Kerl, der ihn beleidigt hatte, zu Boden. Einen Fuß stemmte sie auf seinen Schritt, trat ein wenig fester drauf. Der Kerl wimmerte vor Schmerz. Yuki war außer sich vor Wut. „Erstens: Man ist nicht automatisch schwul, wenn man Franzose ist! Wie dumm seid ihr eigentlich?! Zweitens: Er ist nicht blond und nicht französisch, er ist perfekt! Und Drittens: Wenn du jämmerlicher Wurm ihn noch ein Mal beleidigst, verlierst du dieses winzige Bisschen, dass dich zum Mann macht! Und jetzt verschwindet!“ Doch es lief anders. „Nein!“ Johnny packte sie, presste sie gegen den Tresen. Sie schrie auf vor Schmerz. „Geht Heim, Jungs. Ich übernehme hier.“ Yuki stemmte sich gegen ihn. Aber es war zwecklos. Sie war ausgelaugt. „Lass den Scheiß! Runter von mir, du Ekel!“ „Pech, ich will dich!“ „Nur über meine Leiche!“ „Wer will dir helfen?“ „Ich.“ Plötzlich wurde Johnny von ihr fortgerissen. Yukis Herzschlag überschlug sich. Yuichi. Groß, stark, schön und unheimlich wütend. Gegen Yuichi hatte Jon nicht die geringste Chance. Er packte ihn am Kragen, hob ihn locker 20 Zentimeter in die Höhe und presste ihn gegen die Säule. Yuichis Fingerknöchel an seiner Kehle erschwerten Johnny das Atmen erheblich. „Wer bist du?“, ächzte er nur. „Ihr Freund, du grenzdebiler Schlappschwanz.“ Yuichi drückte fester zu. Seine Augen waren eisblau vor Zorn. „Wenn ich dich noch ein Mal in ihrer Nähe sehe, dann werde ich dir die Luftröhre rausreißen. Hast du mich verstanden?“ Johnny nickte nur hastig, sein Gesicht war mittlerweile blau angelaufen. „Da hast du ihn“, reichte er ihn Fuji weiter. „Ich war lieb.“ „Du hast Feierabend“, sagte der Sicherheitsmann zu Yuki. „Geh Heim, ich rede mit dem Chef.“ Und sie waren allein. Yuki sah ihn an. Unergründlich ihr Gesichtsausdruck, aber dass sie gerade von drei Kerlen bedrängt und bedroht worden war, schien sie nicht mitzunehmen. Er hatte erwartet, dass sie sich ihm jetzt wenigstens in die Arme warf. Yuki war nie ein weinerliches Prinzesschen gewesen. Statt sich für die Rettung zu bedanken, sagte sie nur: „Was machst du hier?“ „Ich wollte mich für das Essen bedanken.“ „Du bist mir wichtig. Kaum zu glauben, nicht wahr?“ „Yuki, wir müssen reden. Ganz dringend. Komm bitte mit mir nach Hause.“ „D‘accord.“ Oh, dass sie sofort nachgeben würde, hatte er nicht erwartet. „Yuichi, ich hab kein Auto, bis zu Aani dauert es zu Fuß eine Stunde. Und ich bin viel zu erschöpft, um zu laufen.“ Wie immer der praktische Denker. Sie ergriff aber nicht seine Hand, als er sie ihr hinstreckte, sondern marschierte voran zu seinem Wagen. Yuichi seufzte. Er wollte ihre Haut spüren, nur ihre Hand. Er sehnte sich so verzweifelt nach ihrer Nähe. Wie hatte er es denn sein Leben lang ohne sie ausgehalten? Yuki ging es garantiert nicht anders, sie würde es aber niemals zugeben. Erst als er den Wagen startete und losfuhr, öffnete sie plötzlich den Mund. „Merci beaucoup.“ Er warf ihr einen kurzen Blick zu. Sie hatte sich zurückgelehnt und die Augen geschlossen. „Ich hoffe, das reicht aus, dass ich diese Intelligenzbestie nie wieder sehe.“ „Also ich verstehe echt nicht, warum du ihn nicht magst“, lächelte Yuichi sanft. „Ich fand ihn reizend.“ „Nervenreizend.“ „Hab ich doch gesagt.“ „Mit ihm kann man kein normales Gespräch führen. Unterbelichtet und ein grässlicher Sinn für Humor. Ein Alptraum für jede Frau mit Geschmack.“ „Aber diese neonblauen Augen. Traumhaft! Dass zumindest das nicht gewirkt hat?“ „Niemand hat schönere Augen als du“, wisperte sie leise und er war nicht sicher, ob sie genau das gesagt hatte. „Wenn er wieder kommt, mach ich meine Drohung wahr.“ „Yuichi, erinnre mich nicht dran“, flehte sie. „Wieso?“ „Hat du eine Ahnung, wie unglaublich sexy du warst?“ Yuichi achtete nur mit Mühe auf den Straßenverkehr. „So stark, überlegen, männlich. Dieser stille Krieger, nicht dieser gewalttätige Prolet. Ich hasse Kerle, die sofort brüllen und zuschlagen. Aber du, das war heldenhaft. Ich bin richtig schwach geworden.“ „Dein Held in schimmernder Rüstung?“ „Oui. Und wenn du das Yoko sagst, reiße ich dir die Luftröhre raus.“ Wieder zuckte sie vor seiner Berührung zurück, als er ihr aus dem Auto helfen wollte. „Nur deine Hand“, bat er. „Erst, wenn wir geredet haben.“ „Hast du Hunger?“ „Non.“ Das was vor ihr lag, verdarb ihr den Appetit. „Willst du dich nicht einmal setzen?“, fragte er, als sie mitten im Wohnzimmer stehen blieb. „Dann schlaf ich ein. Ich bin todmüde.“ „Ich auch“, gestand er. „Ich hab nicht schlafen können ohne dich. Ich hatte Angst, dich verloren zu haben. Es tut mir wahnsinnig Leid, Yuki. Ich hasse mich selber dafür.“ Sie sah ihn an. „Yuki, ich war Zeit meines Lebens unglücklich. Eine Puppe. Ich lebe erst wieder, seit du bei mir bist. Dich zu verlieren ist das Schlimmste, was mir passieren kann. Du weißt, dass ich spreche, bevor ich nachdenke. Ich hab mich da reingesteigert. Ich halte dich nicht für eine Schlampe. Ich begreife selber nicht, wie ich all die Dinge zu dir sagen konnte.“ Schmerz stahl sich in ihre schönen Augen. „Einige Dinge kann ich dir nicht vorwerfen. Aber ich verschließe mich nicht absichtlich vor dir. Vor vier Jahren ist etwas passiert, das mich in Grund und Boden gedemütigt hat. Ich kann es nicht überwinden und es gerade dir zu erzählen ist furchtbar für mich. Ich will nicht abweisend sein, aber ich habe Angst.“ „Wovor?“ Er trat näher an sie ran. „Mich dir voll und ganz hinzugeben. Ich habe es ernst gemeint, was ich sagte und ich schäme mich dafür.“ „Aber warum? Du liebst mich, nicht Inuyasha.“ Dass er davon überzeugt war, tat so unendlich gut. Sie schlang die Arme um seine Brust und er drückte sie an sich. Gott, wie er sie vermisst hatte. Endlich! Diese Anschmiegsamkeit! Niemand fühlte sich so weich und doch straff an wie Yuki. Dieser Duft! Keine Frau roch wie sie. Süß und spritzig, wie eine Mischung aus Karamell und Zitrone. Er versank in dem Wohlgefühl, das nur sie ihm bereitete. „Sex bedeutet mir nichts“, murmelte sie in seinen Armen. „Danach fühle ich mich dreckig, missbraucht und die Enttäuschung ist gewaltig. Diese Enttäuschung würde mir bei Inuyasha nichts ausmachen, aber bei dir. Wenn es genauso wäre wie bisher, das würde ich nicht verkraften.“ Er drückte sie fester an sich. „Wieso glaubt du das? Fühlst du nicht anders bei mir?“ „Ja und deswegen ist die Angst auch so groß.“ „Ich verstehe nur nicht, was dich so verletzt hat.“ Sie atmete zitternd durch. Und er führte sie zum Sofa. „Ich erzähle dir eine Geschichte. Es war einmal ein junger Mann, der wurde schon zwei Jahre von seiner Freundin hingehalten.“ „Von dir?“ Sie sah ihn verärgert an. „Natürlich nicht! Ich hab dir doch gesagt, dass ich nie eine Beziehung hatte. Ich hab auf dich gewartet. Aani war die Freundin:“ „Also redest du von Raj? Und was hat er mit deinem ersten Mal zu tun?“ „Raj war sowieso ein Macho und ließ gerne den Boss raus hängen. Das haben wir gehasst. Die arme Aani. Yami aber hat sich mit ihrer Abneigung nicht zurückhalten wollen. So vor Anjaani entmannt zu werden, war Raj zu viel. Er schlug zu.“ „Was?!“ Yuichi riss die Augen auf. „Wen hat er geschlagen? Aurora oder Yami?“ „Yami. Und was hat sie gemacht?“ „Natürlich zurückgeschlagen!“ „Und wie. Sie demütigte ihn noch mehr. Aani drohte ihm sogar mit der Polizei. So bloßgestellt zu werden, von einer Frau so respektlos behandelt zu werden, hat er Yami nie verziehen. Er wollte sich an ihr rächen. Sein Plan war, dass sie sich in ihn verliebt, er sie daraufhin entjungfert und dann wie eine heiße Kartoffel fallen lässt.“ „Das ist ein… dieses miese…“ Yuichi fehlten die Worte. „Yami hasste ihn aber. Doch eines Abends in der Disco witterte er seine Chance. Sie war angetrunken, litt an gebrochenem Herzen und er sorgte dafür, dass sie sich fast besinnungslos betrank. Nur fast, damit sie noch mitbekam, was er ihr antat. Zwei Fehler hatte er begangen. Es war so viel Alkohol, dass sie sich an nichts mehr erinnerte.“ Yukis Stimme brach ab. Ihre Hände zitterten. „Und der zweite Fehler?“ Sie sah ihn an, die Augen feucht, doch keine Träne fiel. Ihre Stimme war schwach vor Schmerz. Noch ehe er entschied, ihr das nicht anzutun, sprach sie weiter. „Er verwechselte Grün und Blau.“ Es dauerte eine Weile, bis er die Information richtig interpretiert hatte. „Das warst DU?“ Er war zutiefst erschüttert. „Er hat… Es war Raj, der dir das angetan hat?“ Yuki schloss beschämt die Augen, ihr Zittern wurde stärker. Und da wurde Yuichi bewusst, wie schwer ihr das fiel. „Ich erinnere mich an rein gar nichts. Ich weiß nichts. Ich bin in einem Hotelzimmer aufgewacht, alles schmerzte. Das Laken war voller Blut. Nicht einmal vorsichtig war er gewesen. Ich hatte mich für dich aufheben wollen, das war mir so wichtig gewesen. Doch das war nicht das Schlimmste.“ „Wie hat er reagiert, als er bemerkte, dass du nicht Yami bist?“ Yuichi schwante Übles. „Das kannst du dir denken. Ich kann froh sein, dass er mir vor lauter Zorn keine reingehauen hat. Er ist vollkommen ausgerastet. Total enttäuscht. Ich bin frisch verkatert und nackt in einer fremden Umgebung aufgewacht, wusste nicht, was passiert war und dann ist er ausgerastet, weil er mich nicht gewollt hatte. Was wollte er denn mit mir? Er wollte den einzig brauchbaren Drilling von uns: Yami. Mit mir war nichts anzufangen. Müll hat er mich genannt. Alles umsonst. Hat mich aus dem Bett gezerrt, geschrien, ich solle verschwinden und ist dann fluchend abgehauen. Ich blieb mit der Rechnung für das Hotelzimmer. Mein Monatslohn war nicht da, ich musste meinen Vater anrufen. Und ihm erklären, warum er mir ein Zimmer zahlen musste. Er hat nur gesagt, für Huren zahle er nie wieder und mich allein gelassen.“ Yuichi war total entsetzt und zutiefst erschüttert. Mit solch einer heftigen Geschichte hatte er nicht gerechnet. „Wo allein gelassen?“, war das einzige, was er herausbrachte. „Na, im Hotel. Ich musste schauen, wie ich Heim kam. Zum Glück war es nicht so weit. Aber zwei Stunden Laufen mit schmerzendem Unterleib ist eine Tortur. Mal abgesehen davon, wie ich mich gefühlt habe. Wie Dreck.“ Ihre Stimme wurde leiser, sie schloss die Augen. „Dass Aani mir keinen einzigen Vorwurf gemacht hat, war das einzige, was mich nicht den Verstand verlieren ließ. Aber das änderte nichts an dem was ich war, wertloser Abschaum. Ich habe mich gehasst. Diese Demütigung, diese bodenlose Erniedrigung. Deiner war ich nicht mehr würdig. Yuichi, ich kann nicht mehr“, bat sie leise. „Es war schlimm genug, dass es mich noch heute quält. Jetzt verstehst du, was mit mir nicht stimmt.“ Er schwieg, innerlich völlig erschüttert. Das erklärte Alles! Und Schmerz erfasste ihn. Schmerz, Mitleid und endlose Wut. Das wäre niemals passiert, wenn er bei ihr gewesen wäre… oder wenn er nicht auf dem roten Teppich mit einer anderen Frau an seiner Seite aufgetaucht wäre… Lange schwiegen sie, eng verschlugen, weil Yuichi das Ganze auf sich wirken lassen musste. Und je mehr er sich in das kleine, verletzte Mädchen hineinfühlte, desto größer wurde der Wunsch, Raj umzubringen. „Jetzt verstehe ich, warum du vor Yami Minderwertigkeitskomplexe hast.“ Und warum es so schlimm war, dass er sie geküsst hatte. „In meinen Augen, bist du zu gut für mich. Du weißt, dass du für mich der wichtigste und bewundernswerteste Mensch der Welt bist, Schönheit?“ „Ja. Du hast es mir oft genug gezeigt.“ „Dieser schwarze Fleck in deiner Seele“, erinnerte er sich. „Hast du Angst, ich könnte ihn nicht ausradieren?“ „Panische Angst. Und gerade weil du mir das wichtigste auf der Welt bist, wäre es besonders schlimm.“ „Würde es dir etwas bringen, wenn ich diesen Abschaum finde und ihm alles heimzahle?“ „Raj wird büßen, wenn Aryan erfährt, dass er Yami geschlagen hat.“ „Das ist kein Vergleich zu dem, was er dir angetan hat! Sollte er diese Stadt jemals wieder betreten, dann kann er um sein Leben rennen.“ Yuichi wusste nicht, wie schnell sich seine Drohung erfüllen würde. „Du findest mich wirklich nicht widerlich?“ Erschrocken nahm er ihr Gesicht in seine Hände, abgrundtiefe Qual lag in ihren Augen. Es tat ihm so weh, sie so zu sehen. Er wollte diese Honigaugen mit Freude füllen, Glück und Liebe. „Die Frage meinst du wirklich ernst. Yuki, ich liebe dich seit du geboren bist. Ich hasse mich selber dafür, weil ich quasi der Anstoß dazu war. Aber eines verspreche ich dir, mein Herz, ich werde jede Spur von ihm beseitigen.“ Und endlich, endlich durfte er sie küssen. Nicht einmal der Himmel war so schön. „Ich habe Hoffnung“, murmelte sie an seinen Lippen. Ihre Pupillen waren geweitet vor Erregung, aber er beherrschte sich. Jetzt war definitiv nicht der richtige Moment. Nicht nach all dem Schmerz, den er ihr zugefügt hatte. Doch das war ihr nicht mehr wichtig. „Ich liebe dich, Yuki. Du bist das Beste, was mir je passieren konnte.“ Mit diesen Worten nahm er ihr all die Last der Vergangenheit und ließ sie das gestrige vergessen. „Ich will nur dich, Liebling. Dich allein. Ich bin süchtig nach deiner Nähe. Selbst eine winzige Berührung ist das Paradies. Ich glaube, bei dir gibt es die Scham und die Leere nicht. Ich glaube, du bist meine Erfüllung.“ „Ich glaube es nicht, mein Herz, ich weiß es.“ „A jamais?“ „Oui, a jamais!“ Kapitel 28: Wochenende in Peking -------------------------------- Hallo, nur eine kleine Ankündigung (falls es jemanden interessiert ;)) Aani und Inu bleiben die Hauptcharaktere der Geschichte, obwohl sich dieses Kapitel hauptsächlich mit Yuki und Yuichi beschäftigt. Das wird sich wieder ändern, versprochen. Auch muss die Sache Yoko-Zuma-Romeo ins Rollen kommen, DAMIT es zwischen Aani und Inu weiter gehen kann. Denn Zuma steht den beiden noch im Weg. Der muss liebevoll beseitigt werden. Und möglichst nicht durch Inus Klauen. Viel Spaß beim Lesen! :-* - - - Wärme hüllte Körper und Geist ein, Wärme und Ruhe. Dieses Gefühl von Geborgenheit, das sie sonst nur in ihren Träumen erlebte. In ihren Träumen von Yuichi. Wie viele einsame Nächte schon hatte nur der Gedanke an ihn ihr den Schlaf gebracht? Sein Körper an ihren gekuschelt, die Arme fest und sie geschlungen, der kräftige Herzschlag unter ihrer Wange und seine großen, starken Hände, die ihr zärtlich das Gesicht streichelten. Wie sie dieses Gefühl liebte! Yuki seufzte im Halbschlaf. In einer fernen Ecke ihres Bewusstseins, wusste sie, dass sie bald erwachen würde und versuchte das Kommende hinauszuzögern, dass Yuichi verblasste und sie wieder alleine und voll unerfüllter Sehnsüchte aufwachte. Ihr Verstand tauchte immer höher, doch das Gefühl der streichelnden Hände blieb. Er ist doch zurückgekehrt", flüsterte es in ihrem Kopf. "Er ist doch endlich bei mir." "Yuichi?", kam es ihr leise über die Lippen. "Ich bin hier", flüsterte seine Stimme zurück. So nah, dass sein süßer Atem ihre Stirn liebkoste. Und ihr Herz jubilierte. Wenn sie jetzt die Augen öffnete, würde sie dann in seine sehen? Ihre Lider flatterten und ein Gesicht erschien. Dieses wunderschöne Gesicht, fremd, vertraut und geliebt. Seine Augen funkelten in einem solch intensiven Königsblau, wie sie es nie zuvor bei einem anderen Menschen gesehen hatte. Silbergraue und helle Strahlen in den unterschiedlichsten Blaunuancen durchzogen die Iris wie ein Sternenregen und gaben seinen Augen die Illusion von geschliffenen Brillanten. Nie im Leben hatte sie jemand schöneren als ihn gesehen. Und er gehörte ihr! Diese plötzliche Erkenntnis überkam sie wie ein warmer Sommerregen und einem Impuls nachgebend schlang sie die Arme um seinen Hals und zog ihn eng an sich, an ihr Herz. Yuichi, erst über ihre spontane Reaktion überrascht, umschlang sie dann, schmiegte seinen fast nackten Körper an ihren. "Es gibt nichts schöneres, als deine Haut an meiner", raunte er, Seligkeit in der Stimme. "All die Zeit habe ich mir immer vorgestellt, wie es wäre dich zu spüren und es war nicht mal ansatzweise so schön." "Wirklich?" Ihre Stimme klang so ehrlich überrascht, dass er sich auf den Ellenbogen abstützte, um sie ansehen zu können. Sie begann zu lachen und ihm wurde zum unzähligsten Male bewusst, wie schön sie war. "Es verging kein Tag, an dem ich nicht an dich dachte", gestand er. "Vor allem der Tag deiner Geburt. Ich stellte mir immer vor, wie du jetzt aussehen müsstest. Aber in meiner Vorstellung warst du nicht so schön, wie du wirklich bist." "Und du wolltest mich nicht, weil Mimi besser ist", neckte sie ihn. "Weil ich nicht wusste, dass die Wahrheit meine Phantasie um so vieles übertrifft. Ich hatte Angst vor der Enttäuschung." "Wir sind füreinander bestimmt", lächelte sie liebevoll und fuhr ihm durch die wirren Strähnen. "Ich habe immer fest daran geglaubt." "Du hast das Interview gesehen." "Ich war neugierig", sagte sie den für ihn so typischen Satz im selben unschuldigen Tonfall. Er lachte leise, presste sich enger an sie. "Hast du je an mich gedacht?" "Ich glaube, ich habe nie aufgehört an dich zu denken", antwortete sie jetzt ehrlich. "Shiro hielt dich lebendig in meinem Kopf. Er versprach, dass du ich dich irgendwann kennen lernen würde. Ich glaubte fest daran. Du warst immer in meinem Hinterkopf, unauffällig, aber präsent, bis die Nacht kam." "Oh, schmutzige Gedanken?", grinste er. "Nein", lachte sie jetzt auf. "Ich war unschuldig und an richtigem Sex noch nicht interessiert. Erst Raj hatte mich verdorben und mir meine kindliche Unschuld genommen." Sie sagte es ohne Schmerz, ohne jegliches negative Gefühl. Trotzdem, würde er Raj dafür büßen lassen. "Ich habe vor allem nachts an dich gedacht", sagte sie, um ihn von seinen düsteren Gedanken abzulenken. Sein Gesicht war ernst und das machte sie schwach. Sein stahlharter Körper auf ihrem… Er sah sie an, Neugierde in den Augen. Er fragte nicht nach, wollte, dass sie es ihm freiwillig erzählte und sie bedankte sich dafür mit einem kurzen, aber honigsüßen Kuss. Kurz, damit es nicht ausartete. Seine Pupillen waren geweitet, als sie ihn wieder ansah. "Nachts war ich allein und meine Gedanken schwirrten herum. Gedanken an dich und schmerzende Sehnsucht. Ich konnte oft nicht schlafen, weil ich mich so einsam fühlte." "Wenn ich mich einsam fühlte, habe ich mir vorgestellt, du lägst in meinen Armen. Dann konnte ich einschlafen." "Ich auch", nickte sie. "Wenn ich mir vorstellte, dass du neben mir lagst, die Hand auf meinem Gesicht. Ich mir deine Wärme vorstellte, deine Nähe, dann erst konnte ich einschlafen. Es war das einzige, das half. Und bis ich dich nicht kennen gelernt habe, bin ich jede Nacht so eingeschlafen. Ich hasste Nähe und lange Umarmungen, geschweige denn Gekuschel, weil es mir immer deutlich machte, dass ich eine Phantasiegestalt ersehne. Nur deine Nähe ist richtig schön. Du bist meine Geborgenheit." "Und du meine." Liebevoll verschmolzen ihre Lippen. Wieder, immer wieder, sehnsüchtig, zärtlich, sanft. Sacht reibende Körper, liebkosende Hände, Empfindungen, unbekannt und traumhaft schön. Keiner von beiden hatte je gewusst wie schön es war, sich in einander zu verlieren, ohne körperlich zu verschmelzen, nur bittersüße, zehrende Sehnsucht, kein reißendes, loderndes Verlangen. Aber eine andere Bewegung, eine intensivere Berührung und die Lust würde wie ein brodelnder Vulkan ausbrechen. Es reichte ein winziger Kuss auf ihren zarten, unbedeckten Hals… Aber Yuichi genoss diese Zärtlichkeit. Es war etwas völlig Neues, das er mit ihr gemeinsam entdeckt hatte. Und er liebte es. Bis Yukis Magen aufknurrte. Sie deutete sein kurzes Zögern korrekt. "Ich will lieber hier frühstücken", wisperte sie an seinen Lippen. "Nur du und ich." "Yami wird mich umbringen", grauste es ihm. "Nein. Nur fünf deiner Zähne ausschlagen." Was ihn schlagartig an etwas erinnerte und Schmerz stand plötzlich in seinem Gesicht. Schmerz und unendliche Schuld. "Hast du wirklich geweint?" Sie senkte den Blick, schämte sich. "Es tat so weh", hauchte sie leise. "Du bist mir das Wertvollste, Liebling. Nur du kannst mich verletzen, weil dir mein Herz gehört." "Und ich werde es hüten", schwor er. "Wenn Yami mich nicht ausweidet." "Wird sie nicht, ich beschütze dich. Aber Aani wirst du dich selber stellen müssen." "Meinst du, ich kriege das hin?" "Ja. Und falls nicht, haben wir uns." "Würdest du Aurora für mich aufgeben?" Ihr Gesicht wurde ernst. "Ich würde ohne zu zögern alles für dich aufgeben. Du bist mein Leben und ohne dich ist es wertlos." "Wo ist dieser wertlose Drecksack", knurrte Yami leise, als sie das Studiogelände betrat, zielsicher Yuichis Garderobe ansteuerte. "Heute hältst du mich nicht auf, Karina!" "Du rührst ihn nicht an", verbot Yoko. "Nicht, bis die Dreharbeiten nicht zu Ende sind." Yami hörte ihr nicht zu. Wirres, dunkles Haar hatte sie abgelenkt. Yuichi bog um die Ecke, im Arm ihre selige Schwester. Zorn flammte lodernd hell in ihr auf und sie schritt auf ihn zu, die Faust geballt. Yuichi erschrak, doch du spät, sie holte aus. Er konnte nur noch die Augen zusammenpressen. Blitzschnell hatte Yuki sie vor ihn geschoben und Yamis Schlag abgewehrt. Die Wucht von Yamis Angriff drückte Yuki fest gegen Yuichi. Doch sie schaffte es, die Wütende zurück zu drücken. Weg von ihrem Opfer. "Lass mich zu ihm", verlangte Yami. "Dann musst du zuerst an mir vorbei kommen!" Yami holte erneut zum Angriff aus, Yuki blockte, schlug selber zu. Schlitzschnelle Abfolgen an Hieben und Schlägen. Man konnte es kaum mit den Augen verfolgen. Begeisterte Crewmitglieder hatten sich um die kämpfenden Schwestern versammelt. Was am Anfang lediglich ein Abwehren und Vorbeikommen war, artete zum ernsthaften Kampf aus. Yami versuchte, an Yuki vorbeizukommen, aber Yuki blockierte, griff selber an. Und so trieb sie ihre Schwester weg von Yuichi. Er hatte keine der Drillinge ernsthaft kämpfen sehen, umso sprachloser war er jetzt. Meine Güte, er würde sich nie mit Yuki anlegen! "Man, das kann ewig dauern", seufzte Yoko neben ihm. "Mach doch einem Karate-Film", riet Yuichi. "Du hast bestes Material." "Ein anderes Mal, wir müssen die beiden trennen. Sie sind sich ebenbürtig und der Kampf wird erst enden, wenn beide erschöpft umkippen. Los, hilf mir!" "Ich geh da nicht dazwischen", wehrte Yuichi ab. Er wusste sich zu prügeln, blindes, zorniges Losschlagen. Im Untergrund hatte er auf seine Kraft gesetzt und das hatte ihm geholfen. Kraft und unendliche Wut. Hier ging es aber um Technik, um Strategie. Er würde wahrscheinlich binnen Sekunden auf dem Rücken landen. Yukis Faust hatte er schon mal zu spüren gekommen und das Erlebnis wollte er nicht wiederholen. Sein Magen erinnerte sich mit einem unangenehmen Ziehen dran. Aber er musste Yuki doch da raus holen! Yuki geriet ins Trudeln, fiel, landete im Spagat. Mon dieu Ihre Reflexe waren unglaublich schnell. Sie schaffte es, Yami von den Füßen zu reißen, doch Yami war ebenso flink. "Sie kämpfen nicht richtig", beruhigte ihn Yoko. "Dafür ist der Flur zu eng." Nicht richtig? Das sah wahnsinnig gefährlich aus! Wenn das hier nur Spaß war, wie hatte dann Yukis Kampf mit dem Karate-Lehrer ausgesehen? "Wie willst du das jetzt beenden, Yoko?" "Schwachstellen ausnutzen", zwinkerte sie ihm zu. "Hat Yuki eine?" "Nein, aber Yami." Und dann rief sie überrascht: "Oh, hallo, Aryan!" Yamis Kopf zuckte hoch und Yuki nutzte ihre Unachtsamkeit aus. Sie nagelte sie der Länge nach am Boden fest. Triumphierend saß sie auf ihr, drückte ihr die Handgelenke in den weichen Teppichboden. Beide grinsten sich an. "Unfair", beschwerte sich Yami außer Atem. "Nein, ein dummer Fehler", verbesserte sie Yuki. Sie richtete sich auf, half ihrer Schwester hoch. Beide hatten gerötete Wangen, ihre Augen funkelten. "Jetzt weißt du, was nächstes Mal auf dich zukommt", zwinkerte Yami Yuichi zu. "Es gibt kein nächstes Mal", versprach er, beeindruckt von ihrer Darbietung. Yuki drückte sich mit ihrem Körper an seinen, Verlangen loderte heiß in ihren gelbbraunen Augen. Ihr Puls an ihrem verlockenden Hals raste. "Und wenn", flüsterte sie ihm zu. "Wirst du dich nur von mir flachlegen lassen." Hitze wallte in ihm auf, als ihre Lippen ihn überwältigten. Nichts war so heiß wie Yuki, so süß, betören und gefährlich. Er verlor sich in ihr und vergaß alles um sich rum. "Romeo", beschwerte sich Yokos Stimme. "Falsche Julia!" "Nein", raunte er. "Ganz genau die richtige." "Yuki", ertönte plötzlich eine bekannte, kalte Stimme. Yoko zog sich augenblicklich zurück und Yuki wandte sich widerwillig dem Störenfried zu. "Akira, du störst", erklärte ihm Yuichi. "Ich tu, wofür ich bezahlt werde. Yuki, ich brauche deine Hilfe." Yuki seufzte. "Kriegt du eigentlich nichts ohne mich hin, Zumalein?" Er blinzelte kurz. Warum nur irritierte es ihn so, dass sie dieselbe Stimme hatte wie Yoko? Er räusperte sich, weil die Turteltauben sich wieder einander gewidmet hatten. "Mittagspause", versprach sie Yuichi. "Nur du und ich auf dem Dach." "Und Nachtisch?" Sie grinste. "Vielleicht heute Abend, wenn du es geschafft hast, Aani zu versöhnen." "Aber hast du nicht Nachtschicht?" "Deshalb müssen wir uns beeilen. Morgen fliegst du nach Peking." "Wir", beharrte er. "Yuichi…" "Yuki, ich habe keine Zeit", verlor Zuma seine Geduld. "Ist gut", riss sie sich von ihrem schmollenden Freund los. "Was hat das kleine Goldlöckchen für ein Problem?" "Wenn ich's mir recht überlege, mache ich's doch lieber alleine." "Das bezweifle ich nicht", lächelte sie hämisch. "Aber glaube mir, zu zweit ist es besser." Zuma kniff die Lippen zusammen, er ging nicht auf die Doppeldeutigkeit ein. Zumal sich Yuki wieder Yuichi zugewandt hatte. "Bis nachher, Liebling." "Warte, wer macht mir die Maske?" "Sakura? Ich bin nicht für die Maske zuständig." "Mir wärst du lieber." "Nur, damit du noch ein bisschen rumgrapschen kannst." "Yuichi!", regte sich Yoko hinter ihm auf. Er zuckte zusammen. "Beweg dich, oder ich prügle dich vor die Kamera!" Lachend schritt Yuki davon. "Seit wann kuscht er vor ihr?", interessierte sich Zuma. Yuki drehte sich mit blitzenden Augen zu ihm um. Sie war so schön. So schön wie Yoko. "Er hat gesehen, was es bedeutet, dass wir den schwarzen Gürtel haben. Jede von uns hat schon mehrere Meisterschaften gewonnen." "Jetzt muss ich mich wohl hüten." "Leider nicht. Ich hätte dir längt die Visage eingeschlagen, würdest du Yuichi nicht so ähnlich sehen." "Ich sehe ihm gar nicht ähnlich!" Sie lachte auf. "Red dir das nur ein. Ihr seid Spiegelbilder! Schau her." Sie waren in Yokos Büro angekommen. Yuki beugte sich über ein Blatt Papier, der Bleistift flog nur so hinüber. Zuma staunte, wie sie in sekundenschnelle sein Gesicht im Dreiviertelprofil hinzauberte, originalgetreu, als hätte sie es abfotografiert. Himmel, das war ja der Wahnsinn! "Ich", sagte er nur knapp. "Und jetzt?" Sie änderte die Schattierung der Augen, färbte die Haare dunkler, ließ mit einigen wenigen Strichen, die Haare wirr erscheinen. Er kniff die Lippen zusammen. Kein Zweifel, das war Yamada. Er würde es nur nicht zugeben. "Für Cousins seht ihr euch überraschend ähnlich", sprach Yuki lauernd. "Das kann vorkommen", meinte er knapp. "Himmel, bringt es dich um, zuzugeben, dass er dein Bruder ist?" Zuma versteifte sich. "Yuichi kann rein gar nichts für die Fehler eures Vaters!" "Ich büße dafür." "Dann sieh zu, dass du nicht dieselben machst." "Bist du fertig?" "Wenn du mir keinen Grund lieferst, von vorne anzufangen." "Dich reizt es mehr, mich zu verprügeln, als Yamada. Nach dem, wie er dich behandelt hat?" "Liebe? Kennst du das?" War das der Grund, warum Yoko ihn mied? Er bedeutete ihr gar nichts? "Du bist Yoko gleichgültig", lächelte Yuki mild "Mit ihrem Vampir-Romeo hat sie allerbeste Ablenkung." Sie setzte sich hinter den Schreibtisch, das Gesicht ernst. "So, zurück zur Arbeit, was willst du jetzt von mir?" Aber jetzt war Zumas Aufmerksamkeit am Ende. Der menschliche Romeo jedoch war bester Laune. Bis der Feierabend gekommen war. "Wie soll ich mich Nee-chan gegenüber benehmen?", war er hilflos. "Improvisier. Das ist doch dein Beruf", war Yokos wenig hilfreicher Tipp. Anjaani erwartete sie schon an der Türe, aus der Wohnung drang ein köstlicher Duft. Doch ihre gütigen, golden schimmernden Augen verhärteten sich, als sie Yuichi entdeckte. Und ehe er etwas sagen konnte, flog die Türe zu. Allein und verdutzt stand er vor der Wohnung. "Aani, lass ihn bitte rein", hörte er Yukis Stimme hinter der Tür. "Nein", sagte Anjaani kalt. Das passte aber ganz und gar nicht zu ihr. "Kann ich bitte reinkommen?", fragte Yuichi vorsichtig. "Ich habe einen Schlüssel, Nee-chan." "Wag es, wenn du lebensmüde bist", grollte Anjaani. "Wie lange soll ich denn vor deiner Tür stehen?" "Dein ganzes Leben, von mir aus!" "Ich friere, mir tun die Beine weh und ich hab Durst." Das weckte normalerweise Anjaanis Mutterinstinkt. Diesmal aber nicht. "Wie bitte frierst du im August?!" "Bitte, Nee-chan, ich habe mich entschuldigt", versuchte er es weiter. Anjaani riss die Tür auf, ließ ihn zusammenzucken. "Nein, hast du nicht." "Doch, habe ich. Yuki hat dir verziehen." Er blickte hilfesuchen zu Aryan, der neben Anjaani trat. "Aber Aurora nicht", erklärte er sanft. "Bitte, Onee-chan hör mir zu…" "Komm, Aani", baten die Drillinge. "Lass ihn bitte rein." "Er kann auch da draußen sagen, was er sagen möchte", brummte Inuyasha aus der Küche. Anjaani schnaubte. "Gut, dann versuche es jetzt mal." "Du musst mir aber versprechen, mir zu verzeihen, wenn ich mich gut entschuldige", verlangte er, während er ihr in die Küche folgte. "Nein, wenn du dich ehrlich entschuldigst. Mal sehen, ob du schneller rennen kannst als ich." Sie setzte sich neben Inuyasha an den Esstisch. [i"Dazu wird es nicht kommen", dachte er. "Ich kann ein Mädchen genauso gut verzaubern, wie verärgern." Langsam setzte er sich ihr gegenüber. Yuki drückte unterstützend seine Hand. "Leg los, du Charmeur", flüsterte sie ihm zu. Er schaute sie tief an, ihre Augen gaben ihm immer unheimlich viel Energie. In seinen saphirblauen Augen glomm ein warmer Schein und seine Stimme wurde butterweich, als er sich an die Verärgerte wandte. "Ich hätte das wirklich nicht sagen sollen und ich bereue es zutiefst. Ich habe wirklich geredet ohne nachzudenken. Ich hätte sie nie, niemals direkt so genannt, das musst du mir glauben. Ich war nur gestresst, übermüdet und frustriert. Ich liebe Yuki und ich verzehre mich so sehr nach ihr. Manchmal habe ich das Gefühl, sie will mich nicht. Geben wir es doch zu, ich bin nicht gut genug für sie, nicht neben so jemanden wie Inuyasha." "Das ist Schwachsinn, begreif das endlich!" "Yuki konnte mir verzeihen, obwohl ich sie nicht verdiene. Und jetzt bin ich dabei, dich zu verlieren. Dich, Nee-chan, meine Familie. Dich, die ich mit der bedingungslosen Liebe eines Kindes liebe. Seit dem ich dich habe, fühle ich mich nicht mehr wie ein verlassener, einsamer Junge. Du bist meine Schwester, meine Familie, Aurora. " "Und du bist einfach ein unmöglicher Schleimer, Yuichi." "Bringt es was?" Sie lächelte lieblich. "Mach weiter." "Oh, okay, weiter im Text! Ich hasse es, wenn du sauer auf mich bist, weil deine Meinung mir so viel bedeutet. Aber vor allem, weil ich es mag, wenn du fröhlich bist, wenn ich dich glücklich mache. Ich fühle mich dann so wertvoll. Das ist ein so schönes Gefühl." Er wusste, er hatte Anjaanis Nerv getroffen, er sah es ihr an. Inuyasha rollte mit den Augen. "Und ich liebe dich, du bist meine Schwester, dir kann ich blind vertrauen, weil ich weiß, wie viel ich dir bedeute. Weil du alles für mich geben würdest. Und ich würde alles dafür geben, dass du mich wieder lieb hast." Er stand auf und trat näher an sie ran. Anjaani erhob sich, als sie seine feucht schimmernden Augen sah. Inuyasha fauchte. Also jetzt übertreibt er! "Bitte verzeih mir, Nee-chan", flüsterte er. "Bitte lass mich wieder dein kleiner Chi-chan sein." Anjaani umarmte ihn und selig schlang er die Arme um ihren schönen Körper. "Mir ist schlecht!" Inuyasha wandte sich grollend ab. "Dir ist echt nichts zu peinlich, oder?", kommentierte Yami. "Du weißt genau, wie Aani auf das Thema wertlos zu sprechen ist." Anjaani, seinen Kopf streichelnd, den er auf ihrer Schulter ruhen hatte, lächelte warmherzig. "Das waren wahre Worte. Aber die Tränen waren wirklich übertrieben. Ich habe dir schon lange verziehen, Chi-chan. Ich wollte nur, das du einsiehst, wie respektlos das war." "Hab ich", nickte er heftig. "Moment, du warst gar nicht mehr böse?" "Nein, ich liebe dich immer. Ich habe sogar für dich gekocht." "Und warum habe ich mich dann grade zum Affen gemacht?" "Du warst vorgestern ein viel größerer Affe", lachte sie. "Schau nicht so, Chi-chan. Dafür kriegst du als Nachtisch Eis." "Oh, ich habe dich lieb Nee-chan!" Er hob sie hoch und wirbelte sie herum. "Ich dich auch und ich habe dich wahnsinnig vermisst!" "Ich auch, mir hat meine Familie gefehlt." "Dabei war es so schön ruhig ohne dich", brummte Inuyasha. Yuki sah ihn spöttisch an und er erwiderte ihren Blick. Niemand wusste, dass Inuyasha Yuki den Mut gegeben hatte, um ihre Beziehung zu kämpfen. Er schüttelte drohend den Kopf und sie nickte versichernd. "Warst du nicht auch am Set heute", fragte Aryan seine Freundin plötzlich. Sie hatte den Kopf gegen seine Schulter gelehnt, rührte ihr Essen kaum an. "Du meinst, weil Yui-chan noch alle seine Zähne hat? Yuki hat ihn verteidigt." "Und wer hat gewonnen?" "Ich", warf sich Yuki stolz in die Brust. "Eigentlich herrscht Gleichstand", begehrte Yami jetzt auf. "Du hast nur mit einem billigen Trick gewonnen!" "Es ist eine Schwäche, sich vom Umfeld ablenken zu lassen. Oder von einem hübschen Mann." "Welcher Mann hat dich denn abgelenkt?", interessierte sich Aryan. In seiner Stimme klang nur harmlose Neugier, aber Yami spürte da mehr. "Ein atemberaubender Mann, wie ich ihm nie zuvor begegnet bin", lächelte sie und ihre Augen nahmen einen schwärmerischen Ausdruck an. Sie sagte die Wahrheit, das spürte er und es gefiel ihm gar nicht. Sie nahm seine Hand und er unterdrückte gerade noch den Impuls sie ihr wegzuziehen. "Ich habe ihn beschützt, jetzt sind wir quitt", lächelte Yuki. "Wieso, was ist dir passiert?", wunderten sich die Frauen. "Hab sie gestern vor einem aufdringlichen Vollidioten gerettet", erklärte Yuichi und sah dann Yoko an. "Dieses unterbelichtete Großmaul hätte ich am liebsten bei dir für einige Grammatik-Lektionen abgegeben." "Redest du von Jon Sung? Hat er nicht Hausverbot im Club?" "Davon hat er anscheinend nichts mitbekommen." "Und du konntest dich gegen ihn nicht wehren? Das glaub ich nicht. Du hast schon Dämonen vermöbelt", schüttelte Yami ungläubig den Kopf. "Da wird doch der dämliche Johnny kein Problem sein." "Es war nach Mitternacht", verteidigte sich Yuki. "Ich hatte die Nacht davor nicht geschlafen und hatte weder Nerven noch Kräfte für ihn. Außerdem hat er zwei seiner Faultier-Freunde angeschleppt." "Und Yuichi?" "Hat ihn von mir runtergerissen, ihn an die große Säule gedrückt, nur mit den Fingerknöcheln. Johnny baumelte locker fünfzig Zentimeter in der Luft. Plötzlich war er ein jämmerliches Häuflein und Yuichi war einfach nur ruhig, überlegen und, ach-" Yuki seufzte, ganz in der Erinnerung versunken. "Klingt ganz genau nach diesem Helden-Kitsch, den du sonst so verabscheust?", lächelte Anjaani sanft. "Mit dem Unterschied, dass es echt war", meinte Yuki jetzt ernst. "Keine Ahnung, was sonst passiert wäre." "Ich sag dir, was nicht passieren wird", grinste Yuichi düster. "Dass dir dieser schmierige Drecksack je wieder zu nahe kommt." "Yui-chan, du wirkst gerade ziemlich cool", lächelte Yami. "Selbst du wirst mal erwachsen." "Wie hättest du denn reagiert, wenn du mitansiehst wie ein unterbelichteter Möchtegern dabei ist, deine Freundin zu missbrauchen? Ich habe mich beherrscht. Aber Raj, wenn ich dem begegne, jage ich ihn zum Teufel." "Raj gehört mir", meldete sich jetzt Inuyasha. "Wer sagt, dass du ein Anrecht auf ihn hast?" "Weil das, was er Anjaani angetan hat, schlimmer war. Ich verstehe dich, aber er gehört mir. Wehe, du kommst mir zuvor." "Nein, ausgeschlossen. Er muss dafür büßen. Das wirst du mir nicht vorenthalten!" Inuyasha gab nach. "Also gut, wir teilen ihn uns. Wie stellst du dir das vor?" "Töten darfst du ihn zum Schluss, aber ich werde ihn vorher leiden lassen." Sie besiegelten es mit einem Handschlag. "Macht mal langsam", verdarb ihnen Aryan die Pläne. "Niemand tötet oder foltert hier irgendwen, verstanden?" "Spielverderber", brummte Yuichi. "Musst gerade du sagen", warf Inuyasha Aryan vor. "Was er deiner Freundin- AUA!" Er schrie auf, als Yami ihm ihre Gabel in den Handrücken jagte. "Er hat mir nichts getan", betonte sie. "Er hat mich mit Yuki verwechselt, verstanden? Dass er es auf mich abgesehen hatte, ist nicht meine Schuld." Aryan runzelte die Stirn, äußerte sich aber nicht weiter dazu. Auch hielt er sich raus, als Yami und Inuyasha zu streiten anfingen. Anjaani sah ihn an, tauschte mit den Drillingen einen Blick. Sie wussten nur zu gut, womit sich Aryan gerade plagte, obwohl er sich nichts ansehen ließ. Eifersucht. Warum klärte Yami das nicht auf? "Hey, Katz und Maus, könnt ihr euren Ehekrieg mal beiseitelegen?", verlangte Yoko. "Das ist kein Ehekrieg!", regte sich Inuyasha auf. "Die versprüht mehr Gift und Galle als jede Ehefrau." "Schlappschwanz!" "Wen nennst du hier einen Schlappschwanz, Pestbeule?!" "Ihr streitet wie zwei Liebende", kicherte Anjaani und alle starrten sie überrascht an. "Wenn ihr beiden euch nicht so mögen würdet, würdet ihr auch nicht ständig zanken." Yami verzog das Gesicht. "Das einzige Gefühl, das ich bei dem habe, ist Lust." Aryan zog die Brauen hoch, Inuyasha verschluckte sich am Essen. "Lust ihm eine reinzuhauen", ergänzte Yami grinsend. "Mir reicht's", hustete Inuyasha. "Du kommst mit." Yami stieß einen überraschten Laut aus, als Inuyasha ihr Handgelenk packte, sie von ihrem Stuhl riss und hinter sich herzerrte. "Nicht hier drin, draußen ist mehr Platz", bat sie leise, schaffte es nicht, ihm ihre Hand zu entziehen. Sie beachtete den Schmerz nicht. "Inuyasha, nicht in der Wohnung!" "Wie du willst." Inuyasha öffnete die Balkontür. Und panisch bäumte sie sich auf. "Nein, Inuyasha! Bitte übers Treppenhaus, bitte! Ich habe Höhenangst!" Inuyasha riss sie an sich, setzte zum Sprung an. Mimis Herz blieb stehen. "Lass sie los", erklang plötzlich Aryans ruhige Stimme direkt hinter ihnen. Inuyasha grummelte und ließ von Yami ab. Diese rieb sich hinter dem Rücken ihr schmerzendes Handgelenk. "Setz dich wieder hin, Inuyasha." Aryan sprach ruhig, doch niemand hätte sich getraut sich ihm zu widersetzen. "Warum mischst du dich ein?" Inuyasha plumpste aufs Sofa "Willst du es wissen?" Ein zartes Lächeln legte sich um seine Lippen, seine Augen leuchteten herausfordernd. "Weil ich keine Lust habe, meinen besten Kämpfer zu töten." Inuyasha drehte beleidigt den Kopf weg. Aryan schob sich hinter Yami und in ihrem Rücken schlossen sich seine Finger zärtlich um ihr lädiertes Handgelenk. Sie spürte den warmen, heilenden Energiestrom und seufzte. Blieb ihm denn rein gar nichts verborgen? "Ich weiß, dass du stark bist, Prinzessin", erklang seine versöhnliche Stimme in ihrem Kopf. "Aber du bist erschöpft und er in Bestform." "Trotzdem ist es nicht nötig, dass du wegen jedem blauen Fleck so ein Theater machst." Er hob ihr Gesicht an und grinste. "Die meisten Flecken hast du von mir." Yami sah ihn keck an, eine Erwiderung im Kopf, als Anjaani sie in ihrem stummen Gespräch unterbrach. "Hey, ihr beiden. Möchtet ihr Nachtisch?" "Wenn der Nachtisch "Aryan" heißt", antwortete sie spontan. "Nein, Eiscreme." "Was man auch perfekt mit Aryan kombinieren könnte", verschleierten sich Yamis Augen. "Zügel deine Gedanken", bat sie Aryan leise. Tief versteckt in seinen Augen, loderte Begehren auf. "Yuki?", stupste Yuichi seine Freundin an, die sich eng an ihn gedrückt hatte, damit Anjaani auf dem Sofa noch Platz bekam, ihre Augen aber in die Ferne schweifen ließ. "Ich stelle mir nur gerade vor", hauchte sie ganz leise. "Kaltes Eis auf warmer Haut…" "Deine oder meine", raunte er in ihr Ohr. "An meinem Hals hinablaufend und deine Zunge…" Hitze erfasste ihn, der Gedanke war quälend süß. Aber unrealistisch. "Ich darf kein Eis essen", beschwerte er sich bitter. Anjaani stellte aber auch ihm eine volle Schüssel hin, mit leckerer himbeerroter Eiscreme. "Die darfst du essen." Das ließ er sich nicht zwei Mal sagen! "Man, war das gut! Aber ich dachte, ich darf sowas nicht." "Chi-chan, du tust es mir zuliebe und ich sorge dafür, dass dir nichts fehlt. Ich will dich nicht verlieren, der Tag gestern war schon schlimm." Er war ehrlich gerührt. "Du hast mir auch gefehlt. "Ich habe erst gemerkt, wie wertvoll du für mich bist, als du so sauer auf mich warst." "Chi-chan, du bist so süß!" Inuyasha hasste es, wenn sie den Kerl knuddelte, aber er sagte nichts. Es war harmlos. Yuichi seufzte nur. "Oui... ich bin süß. Ich will aber nicht süß sein, Aurora!" Er packte plötzlich ihre Hände, zog sie dicht zu sich. Sein Blick wurde verlangend, seine Stimme rauer und tiefer. "Ich will männlich sein, unwiderstehlich..." "Hast du sie nicht mehr alle!", brüllten Inuyasha und Yuki. Und bevor der Hanyou ihn auch nur berühren könnte, ließ er Anjaani los und begann zu lachen. "Beruhigt euch, ich habe doch nur Spaß gemacht." "Sag das meiner Faust, du Lustmolch!" Yuki zitterte vor Zorn. "Fass Aani nie wieder so an! Schau, was du mit ihr gemacht hast!" Anjaanis Gesicht war rot, doch ihre Augen waren nicht golden. "Habe ich dich überrascht, Onee-chan?", grinste er. "Oder angemacht?" "Nein, nur überrascht", gestand sie. "Tut mir leid, Chi-chan. Ich weiß doch, dass du ein Mann bist. Aber ich fühle mich wohler bei dir, wenn ich dich als meinen kleinen Bruder sehe." Yuichi senkte enttäuscht den dunklen Lockenkopf. "Habe ich dich wirklich nicht angemacht?" "Nein, ihre Augen sind nicht golden geworden", erklärte Yami. "Mach dir nichts draus, sie werden auch nicht golden, wenn Aryan ihr zu nahe kommt." "Was in deinen Augen wohl an ein Wunder grenzt", lachte Aryan. "Das ist mir egal!" Yuichi sprang auf. "Ab heute werde ich versuchen, dich anzumachen! Du wirst dich unsterblich in mich verlieben! Ich alleine werde dein ein und alles sein! Ich werde dich umgarnen, dir den Kopf verdrehen, dich willenlos machen, bis du - AUA!" Wimmernd kugelte er sich zusammen, der Kopf schmerzte von Inuyashas Schlag. "Wenn du nicht deine dreckigen Finger bei dir lässt, schmeiß ich dich aus dem Fenster, du verdorbenes Balg!" "Yuki, er schlägt mich!", heulte Yuichi. Yukis Blick war eisig. "Lass es, Inuyasha. Mach dir an ihm nicht die Hände dreckig. Das ist er nicht wert!" Wütend stand sie auf und stampfte in die Küche, dicht gefolgt von Anjaani. Verdattert blickte er ihr nach. "Du bist zu weit gegangen", tadelte ihn Aryan sanft. "A-aber ich habe doch nur Spaß gemacht...", verteidigte er sich kleinlaut. "Auch, wenn es Spaß war, du verletzt ihre Gefühle. Du weißt doch, dass Aurora ihr wunder Punkt ist." "Wir können nicht mit ihr mithalten, Yui-chan", erklärte ihm Yoko. "Aani ist die einzige, gegen die wir nicht ankommen. Yuki wirkt zwar so selbstbewusst, aber sie hat panische Angst, dich an sie zu verlieren." "D'accort." Mit entschlossenem Blick stürmte er in die Küche. "Egal, wie kindisch er sich manchmal benimmt. Er sieht seine Fehler ein und begleicht sie sofort", sagte Yami. "Damit ist er reifer als du, Inuyasha." Anjaani verließ die Küche sofort, als Yuichi eintrat. "Was willst du, Yamada?", knurrte Yuki, ohne ihn anzusehen. "Woher weißt du, dass ich es bin?", wunderte er sich. "Ich fühle es. Mein Herz freut sich immer, wenn du in der Nähe bist." "Mehr, als wenn Inuyasha in deiner Nähe ist?" Sie drehte sich zu ihm um. Die Wut in ihren glühenden Augen wich der Verwunderung. "Wie meinst du das denn?" "Ich bin eifersüchtig auf Inuyasha", sagte er gerade heraus. "Ich weiß, dass du scharf auf ihn warst. Er ist männlicher als ich, er ist mir in allem überlegen. Manchmal habe ich Angst, du könntest in seiner Nähe schwach werden. Ich habe Angst, dass er der perfekte Mann in deinen Augen sein könnte. Aber ich wusste nicht, dass du dasselbe mit Aurora fühlst." "Weil sie so perfekt ist! Ich weiß es, bis du nicht gekommen bist, habe ich sie geliebt." "Wir passen perfekt zusammen", lächelte er frech. "Ich gebe zu, Aurora ist die schönste Frau der Welt, aber ich habe nur geschwisterliche Gefühle für sie. Ich flirte nur mit ihr, um Inuyasha zu ärgern. Weil ich es hasse, dass er männlicher ist als ich, weil ich es hasse, dass er so viel besser ist als ich, weil ich es hasse, nicht gut genug für dich zu sein!" Yuichis Stimme war grob geworden. Er zitterte leicht. "Du bist der einzige", flüsterte sie. "Ich habe nicht die geringsten Gefühle für Inuyasha, er ist nichts im Vergleich zu dir. Ich will ihm nur auf den Zeiger gehen. Mehr habe ich nie gewollt." "Nichts im Vergleich zu mir?" Yuichis Augen wurden sanft. Langsam kam er auf sie zu. "Schau mich nicht so an", bat sie errötend. "Nicht mit diesen Augen..." "Mit welchen Augen?", raunte er samtweich. "Bitte, Yuichi, du hast keine Ahnung, wie unwiderstehlich du bist." Zärtlich strich er über ihre Wange, ihr Schlüsselbein hinab. Yukis Atem wurde schneller. "Doch, ich weiß es... Sind meine Augen schöner als Inuyashas?" Sein Atem brannte an ihren Lippen. Sie blickte tief in seine sprühenden, metallenen Augen, die sich vor Verlangen dunkler färbten. "Wer?", hauchte sie. "Niemand ist besser als du. Niemals!" Sie vergrub die Finger in seinem Haar, zog ihn an ihre begierigen Lippen. Der Kuss ließ ihn entflammen. Völlig überwältigt, drückte er sie fest an sich, berauscht von dem Zauber ihres Kusses. Er wusste, er konnte ihr nicht länger widerstehen. Und das, was beide all die Zeit zurückgehalten hatte, war durch das Feuer der Begierde restlos verbrannt worden. "Yuichi!", keuchte sie leise, als er sie auf das Spülbecken hob und seine Leidenschaft ihn überwältigte. "Ich will dich, mein Herz", raunte er an ihrem Nacken. "Jetzt und hier! Ich will dich spüren!" "Oh Gott, ja!" "Oh Gott, nein", jammerte Anjaani und vergrub das brennende Gesicht in ihren Händen. "Unternimm schnell was", riet ihr Aryan. "Du weißt, wie das sonst enden wird." "Was ist denn jetzt wieder los", wunderten sich Yoko und Yami. "Was fühlt ihr zwei wieder?" "Na ja... Yuki und Yuichi..." Anjaani stotterte. Aryan brachte es auf den Punkt: "Die beiden haben sich versöhnt. Wäre der Fernseher nicht so laut, würdet ihr hören, was da los ist." Yoko griff reflexartig zur Fernbedienung, um den Ton auszustellen, doch Inuyashas Reaktion war schneller. "Halte sie auf, Aani", grinste Yami. "Sonst wird deine Küche entjungfert." "Was?!", brüllte Inuyasha und sprang auf. "Diese perversen-" "Inuyasha, bitte..." Anjaani griff nach seinem Arm. "Sag mal, spinnst du? Du weißt genau, was die zwei da treiben und willst sie nicht aufhalten? In deiner Küche! Wo du kochst!" "Wo ich koche?", wiederholte sie und wurde dann wütend. "Yuki Lisa Higurashi", schrie sie so laut, dass Inuyasha sich die Ohren zuhalten musste. "Raus aus meiner Küche! Ich koche dort!" Die Tür öffnete sich ein wenig und die verwuschelten Köpfe der beiden Sünder erschienen. "Och, Mann...", maulten beide. "Geht Heim", grollte sie. "Aber nicht an meinem Herd!" "Am Spülbecken", korrigierten sie. "Das ist mir egal!" "A-aber Aani! Weißt du, wie lange-" "Was ist die oberste Hausregel?" "Kein Gefummel an Aani", murrte Yuki missmutig. "Das ist die Extra-Klausel für dich", zischte die Inderin. "Die normale oberste Hausregel!" "Schon gut. Kein Sex in Aanis Wohnung." "Genau! Anderswo könnt ihr machen, was ihr wollt! Aber nicht hier! Geht Heim und tobt euch aus!" "Gehen wir, Liebling. Du kannst dich auf was gefasst machen", grinste sie ihn anzüglich an. Im selben Augenblick klingelten alle drei Handys der anwesenden Männer. Inuyasha und Aryan mussten auf Dämonenjagd und auf Yuichi wartete sein Manager. Einige Dinge mussten noch geregelt werden, bevor er morgen nach Peking flog. Seine Wohltätigkeitsveranstaltung hatte er ganz vergessen gehabt. "Irgendwann bringe ich Fifi um", schwor er sich. "Der hat einen eingebauten Detektor uns zu stören." "Wie lange brauchst du?" "Zwei Stunden bestimmt, zut alors!" "Nein! Ich muss zur Nachtschicht. Dann sehen wir uns erst morgen früh." "Non, komm mit nach Peking", bat er seine Freundin. "Damit die Welt weiß, wem ich gehöre." "Yuichi", seufzte sie. "Ein ganzes Wochenende nur du und ich in einer Luxussuite." Er schmiegte sich mit lockender Stimme an sie. "Du weißt, der Hollywood-Star kommt in den Club…" "Die Benefizgala findet im chinesischen Kunstmuseum statt." "Im NAMOC?!" "Genau da." "Mein Gott", hauchte sie. "Dort sind Werke von Qi Baishi ausgestellt." Sie wankte. Sie wankte stark. Würde ihr Herz endlich über ihr Pflichtgefühl siegen? "Die ganze Nacht im Kunstmuseum. S'il te plaît." Sein Flüstern und das Schimmern seiner Augen hätten sie fast schwach gemacht. Oh, wie leicht wäre es nachzugeben! Einfach tun, was sie wollte und nicht, was man von ihr erwartete. Einmal nicht auf den Verstand hören… "Also?" "Oui…" "Oui?" "Non… Ich will, oh und wie ich will! Aber ich kann nicht. Yuichi, ich bin dann meinen Job los. Ich kann sonst die Miete nicht bezahlen." Und schmollend zog er hab. Kaum schloss sich die Tür hinter ihm, sackte sie jammernd zusammen. "Oh, Gott, ich will ihn! Ich halt' s nicht mehr aus!" "Ich wunder mich eh, wie du so lange standhaft bleibst", seufzte Yami. "Aryan hat mir keinen richtigen Kuss gegeben." "Er hat es eilig, Mäuschen. Und er ist eifersüchtig. Wieso sagst du ihm nicht, dass er es war, der dich abgelenkt hat?" Warum? Weil sie es liebte ihn zu reizen, ihn schwach zu machen. Er war ihr Schwachpunkt und sie der seine. Gemütlich saß sie auf Aryans riesiger Couch gekuschelt, ihre Akustikgitarre im Arm und probte die ersten Akkorde eines Liedes, das sie für Yokos Film komponiert hatte. Ihre Gedanken waren dabei bei Aryan. Aryan wäre noch vor Mitternacht bei ihr, weil er den Gedanken an einen anderen Mann nicht ertragen konnte. Besitzansprüche waren ihm fremd. Er war eifersüchtig und sie freute sich darauf sich mit ihm zu versöhnen. Der Gedanke ließ sie lächeln. Im selben Moment blickte sie auf und der Schreck entlockte dem Instrument einige dissonante Töne. Aryan stand vor ihr, groß, mächtig, mit golden funkelnden Augen. Gott im Himmel! "Woran denkst du?" "Dass du aber schnell wieder zurück bist." Es war noch nicht mal 23 Uhr. "Nein", trat er langsam auf sie zu und der Zauber seiner Augen raubte ihr den Atem. "Ich will wissen, was dich zum Lächeln gebracht hat." Langsam legte sie die Gitarre beiseite, stand auf, bot ihm die Stirn. "An den Mann heute Morgen. Wegen dem ich den Kampf gegen Yuki verloren habe." "Was fasziniert dich so an ihm?" Es war keine Wut, nur reine, ehrliche Neugier und eine Spur Eifersucht. "Alles", antwortete sie ebenso ehrlich. "Ich bin noch nie jemandem wie ihm begegnet." Sie sah nicht einmal, wie es geschah, als er ihre Hand ergriff, sie an sich riss. An seinen stahlharten Körper. Himmel, sein Duft! In seinen Augen loderte das Verlangen und raubte ihr sämtliche Kraft zur Gegenwehr. Seine Lippen berührten ihre, prickelnd, brennend heiß. "Wer ist er?" Sie blinzelte. "Kaun?" Wer? Er überwältigte ihre Lippen, fordern, heiß, hart. Und ihre Knie gaben nach. "Wer ist er?", verlangte er nach Atem ringend. Yamis Körper brannte, in ihrem Kopf drehte sich alles. Ihre Hände fuhren unter seine Kleidung, über die empfindliche Stelle unterhalb seiner Rippen. Aryan seufzte leise. Zog sich die Sachen aus, damit sie sich an seinem Körper weiden konnte. "Sag es mir." Blitzschnell riss er den Reißverschluss ihres Kleides hinunter und sie stand vor ihm, nur noch in Unterwäsche. "Ich sage es dir nicht freiwillig." Und mit Schwung stieß sie ihn von sich, brachte mit einem schnellen Sprung das Sofa zwischen sie. Aryans Augen loderten. "Das wird kein fairer Kampf", flüsterte er. "Nicht heute." Gänsehaut bildete sich über ihre Haut, er registrierte ihre erregten Brustwarzen. "Gut so, ich will nicht, dass du verlierst." Es dauerte keinen Herzschlag, als er sich auf sie stürzte, sie unter sich begrub und ihre Handgelenke neben ihrem Kopf in den Teppichboden drückte. Keuchend lag sie unter ihm, überwältigt von seinem Verlangen. "Sag es mir", knurrte er leise. Sie bäumte sich auf, ihre Haut rieb an seiner. Oh Himmel! Gierig, fast schon strafend presste er die Lippen auf ihre. "Naa!" "Sag es mir!" Seine Zähne grüben sich in ihren Hals. "Niemals", schrie sie ekstatisch auf. Blitze jagten durch ihren Unterleib. Die Lust war unerträglich, überwältigend. "Yami", stöhnte er leise. Seine Lippen fuhren über ihre Haut, zogen eine brennende Spur über ihre Brüste. "Sanam, ich will dich!" Sie schlang die Beine um seine Hüfte, presste ihn an sich. Aryan selber hielt sich kaum noch im Zaum. "Sag mir erst, wer er ist. Wer hat dich ablenken können?" "Du", keuchte sie laut, als er sich über ihre sensiblen Brüste hermachte. "Du", bäumte sie sich ihm entgegen, der süßen Folter seines Mundes. "Yo-Yoko hat- Gott, Aryan!- dich gerufen. Ich dachte DU wärst da!" "Ich?", raunte er an ihrem Ohrläppchen. "Natürlich, du! Immer nur du!" Und dann zerbarst Aryans Zurückhaltung in der heißen Glut ihrer beiden Lust. "Ich möchte auch mal so selig zum Frühstück erscheinen", kicherte Yuki über Yami und Aryan. "Wo ist eigentlich Yui-kun? Ich dachte, er wäre hier." "Er hat bestimmt verschlafen, weil du nicht bei ihm warst", erklärte Anjaani. "Hast du keinen Hunger, Häschen?" "Ich bin ausgehungert, Aani. Gib mir bitte von dem, was Yami bekommen hat." Yami lugte zwischen Aryans Armen hervor. "Das sind einige Zentimeter zu viel für dich." Yukis Augen wurden groß und ehe sie den Mund öffnen konnte, sagte Yami: "Nein!" "So groß wie Inuyashas?" "Woher soll ich wissen, wie groß Inuyashas ist? Ich hatte damals nicht hingesehen." "Das sind fast genau 27 Zentimeter." "27? Bist du dir wirklich sicher?", erstaunte sich Yoko. "Hundert Prozent", nickte Yuki. "Der Hanyou gewinnt." "Wer gewinnt was?" Yuichi und Inuyasha betraten gleichzeitig die Wohnung. "Du hast nicht gepackt", bemerkte er, als er Yuki ansah. "Weil ich nicht mit dir fliege. Und zu deiner vorherigen Frage. Es geht hier darum, wer den größten Willie hat." Anjaani, die Inuyasha gerade begrüßte, drehte beschämt den Kopf weg. "Schmeiß sie raus, Saajan, wenn sie übertreiben", bat sie. "Liebend gern", knurrte er jetzt schon genervt. Yuichi zog seine Freundin an sich. "Dann kann ich dir aber den Sieger nennen." Er wollte sie küssen, doch sie musste losprusten. "Du größer als Inuyasha? Träum weiter!" "Hey, bisher hat sich noch keine beschwert", maulte er beleidigt. "Weil keine bisher unseren Dämon kannte", zwinkerte sie. Yuichis Laune bewegte sich steil gegen den Nullpunkt. "27 Zentimeter sind auch kaum zu toppen", flüsterte sie ihm zu. "Woher weißt du das?" Diese Antwort blieb sie ihm schuldig. "Warum regst du dich so auf, Liebling?" "Weil du mich mit Inuyasha vergleichst", knurrte er leise. "Und du keine Ahnung hast. Ich bin nicht klein." "Aber garantiert nichts im Vergleich zu Inuyasha." Er presste die Lippen zusammen. "Schmoll nicht, Liebling, du bist bestimmt auch nicht schlecht." "Nicht schlecht? Hör auf, oder ich gehe." Langsam machte sich Wut in seinem Gesicht breit. "Jetzt reg dich nicht auf", versuchte sie ihn zu versöhnen. "Du bist doch mein süßer Kleiner." "Bien, dann geh doch zu Inuyasha. Tschüss!" Mit diesen Worten packte er seine Reisetasche und verschwand. Mizu schaute ihm verdutzt hinterher. "Was hat er denn für ein Problem?" "Was genau hast du zu ihm gesagt?", wollte Anjaani wissen. "Die Wahrheit. Dass er sich nun mal nicht mit Inuyasha messen kann." "Worin?", war Inuyasha überrascht. "Darin, wer den größten Willie besitzt." Die Augen des Hanyous wurden riesig. "Du vergleichst ihn mit mir? Du sagst ihm das direkt ins Gesicht? Und ich dachte, ich wäre unsensibel!" "Er ist nun mal kleiner als du. Wo ist sein Problem?" Inuyasha starrte sie fassungslos an. "Seins? Ich glaube du hast jetzt eines!" "Saajan, warte!", rief Anjaani, als er die Tür aufriss und rannte zu ihm, um ihm zuzuflüstern: "Hol ihn nicht zurück. Er soll fliegen." "Was? Aber, ich kann doch nicht…" "Sollst du auch nicht, er muss fliegen. Rede nur mit ihm und mach ihm klar, dass du kein Konkurrent bist." "Mache ich. Bis gleich, Anjaani!" "Wo willst du eigentlich hin?", wunderten sich die Drillinge. "Ich muss mit Yamada reden. Einer muss sich ja um diese seltsame Beziehung kümmern!" Krachend fiel die Türe hinter Inuyasha ins Schloss. Doch er schaffte es nicht sofort zum Flughafen. Ein kleines Dämonenproblem, dass ihn eine halbe Stunde kostete, raubte ihm die Zeit. Hoffentlich war Yuichi noch nicht abgeflogen. Seine Nase erschnupperte ihn in einer Lounge der ersten Klasse. Yuichi saß missmutig am Bartresen und nippte an einem Glas Wasser. Er sah auf, sein königsblauer Blick wurde sofort abweisend. "Wen haben wir denn da?", grüßte er giftig. "Monsieur 27-Zentimeter." Inuyasha blieb verwundert stehen. "27 Zentimeter? Wer sagt das?" "Meine Freundin. Ich frage mich, woher sie das weiß!" "Sie hat wirklich ein gutes Augenmaß", murmelte er. "Woher weiß sie das?" Es wäre besser, das Yuichi nicht auf die Nase zu binden. "Ist das wichtig? Sie liebt nur dich." "Nett von dir. Was willst du?" So schlechte Laune war man von ihm aber mal gar nicht gewohnt. "Ich will mit dir reden. Ich möchte nicht der Grund für deine Probleme sein." Er setzte sich an die Bar. Sie sahen sich an und der abweisende Ausdruck in Yuichis Gesicht wurde weicher. "Hattest du je Probleme mit Frauen?" "Ich glaube, ja. Wer hat die nicht? Sobald Gefühle im Spiel sind, wird man verletzlich. Und Probleme sind vorprogrammiert." Yuichi rieb sich erschöpft die Stirn. "Nein. Es liegt an mir. Ich übertreibe." "Das tust du nicht", widersprach der Dämon entschieden. Yuichi sah ihn überrascht an. "Mach du dich über die Größe ihrer Brüste lustig und dann wirst du ein richtiges Drama erleben." "Also übertreibe ich nicht?" "Nein", stand für den Hanyou fest. "Eine Partnerschaft ist gleichwertig, also soll sie auch büßen, wenn sie mal Mist baut. Und Anjaani sagte, du sollst fliegen." Das glaubte er nicht. "Will sie nicht, dass wir uns aussprechen?" "Nein, vertraue ihr einfach. Flieg nach China." "Und solange kümmerst du dich um Yuki?" "Sie interessiert sich nicht für mich! Das hat sie noch nie!" Yuichi gab ein trockenes Lachen von sich. "Ich gegen dich. Wer gewinnt wohl in ihren Augen?" Inuyasha stöhnte genervt auf. "Du hast keinen Grund Minderwertigkeitskomplexe zu haben, besonders nicht vor deiner Freundin! Ich sage es dir ein einziges Mal und wenn du es je wieder erwähnst, reiße ich dir die Stimmbänder raus. Hör zu, du bist nicht das Weichei, das ich dir immer vorwerfe. Hättest du meine Erfahrung, wärst du mir eine gefährliche Konkurrenz." "Ja klar." "Du hast alles, was sich Frauen wünschen, mit meiner Anleitung könntest du der beste Verführer dieses Jahrhunderts werden." "Nein, danke", winkte er ab. "Ich komme nicht einmal mit der Frau klar, die ich liebe." "Weil du ihr nicht stand hältst, aus Angst sie zu unterdrücken. Dabei braucht dieser dominante Nervenzwerg ab und zu einen überlegenen Mann." "Wie du sagst, ich bin kein Macho." "Aryan eigentlich auch nicht. Aber…" "Aber?" Yuichis Ärger wandelte sich langsam in Neugier. "Aryan redet nicht viel", begann Inuyasha. "Aber der grüne Zwerg hält ihm stand. Und das heißt einiges. Die Drillinge sind sehr eigenständig und dominant. Sie brauchen jemanden, der ihnen das Wasser reichen kann. Und sanft musst du wirklich nicht sein. Yuki ist hart im Nehmen und genau das braucht sie, das hast du bestimmt schon gemerkt. Du musst sie nicht unterdrücken, aber einige kleine Tricks, die ihr den Atem rauben, können nicht schaden." Jetzt war Yuichi ganz Ohr. "Du hast Glück mit einer so großen Schwachstelle wie ihrem Hals. Aber es gibt noch mehr Mittel, sie verrückt zu machen. Und diese wirken bei jeder Frau." "Hast du nicht einmal gesagt, man kann nicht verallgemeinern?" "Aber bestimmte Sachen wirken ohne Ausnahme bei jeder. Der blaue Zwerg ist völlig verrückt nach dir. Du gibst nur zu schnell auf und sorgst gar nicht dafür, dass sie den Verstand verliert." "Das kam oft vor", gab Yuichi zu. "Aber immer kam jemand dazwischen. Außerdem verliere ich vor ihr den Verstand." "Ich sage dir, wie dir das nicht passiert. Jedenfalls nicht so schnell." Inuyasha hatte längst Yuichis ungeteilte Aufmerksamkeit. "Yuki wurde etwas mit Gewalt genommen, was sie für dich aufbewahren wollte", begann Inuyaha. "Du redest von ihrer Unschuld." "Blitzmerker! Sie leidet drunter, dass ihr erstes Mal nicht freiwillig war. Aber du wirst ihr dieses Mal schenken. Du wirst Raj aus ihrer Seele ausradieren und sie als deine markieren. Du wirst sie überwältigen und völlig um den Verstand bringen. Sie wird nie wieder jemand anderen als nur dich ansehen wollen." "Das klingt viel zu gut, um echt zu sein." "Es ist echt. Ich verrate dir einige Tricks. Hör mir gut zu…" Sie steckten die Köpfe zusammen und für Yuichi eröffneten sich ganz neue ungeahnte Möglichkeiten. Yuki sprang auf, als sich die Türe öffnete. "Wo ist Yuichi?" Inuyasha sah sie stirnrunzelnd an. "Im Flugzeug. Wo sollte er denn sonst sein?" "Aber, ich dachte… Du hast doch mit ihm geredet." "Nö", sagte Inuyasha schlicht. "Er hat mir nicht zugehört und ist jetzt weg. Hast ordentlich Mist gebaut, Nervenzwerg." Yuki sah Anjaani hilflos an. "Habe ich ihn so verletzt?" "Stell es dir anders herum vor", sagte Anjaani. "Meine Brüste sind etwas größer als deine. Würde es dich verletzen, wenn er sich darüber lustig gemacht hätte?" "Was soll ich jetzt tun?", seufzte Yuki. "Er ist außer Landes." "Das", sah sie Anjaani auffordernd an. "Weißt nur du. Setze Prioritäten und steh dazu." Entschlossenheit trat in Yukis Augen. Sie drückte Anjaani einen Kuss auf die Wange. "Bis Montag", verabschiedete sie sich. Drei Stunden später verließ sie den Flughafen in China, schwach, mit den Nerven am Ende. Oh, das war eine Tortur gewesen! Aber sie hatte sie überlebt. Und auf wackeligen Knien suchte sie ein Taxi, um zu Yuichis Hotel zu fahren. "Fabien", hauchte sie in ihr Handy. Ihr leerer Magen war immer noch in Aufruhr. "Wo ist Yuichi?" "In seiner Suite in Peking. Warum?" "Nenn mir den Aufzugcode zur Suite. Ich möchte ihn überraschen." Erfrischt trat Yuichi aus seiner Dusche. In seiner Wohnung, die ihm aber plötzlich fremd war. Er fühlte sich allein, zum ersten Mal in seinem Leben hasste er diese Einsamkeit. Machte Yuki allein sein Zuhause aus? Das Klingeln des Aufzugs verriet ihm, dass Fabien schon da war. Er kannte als einziger den Code. "Ich bin im Schlafzimmer, Fifi", rief er und drehte sich zu der Person um, die hinter ihm stand. Und erstarrte vor Schreck. Es war nicht Fabien, sondern- träumte er? "Yuki?!" Er war doch in China und nicht in Japan… oder? Yuki hatte den Mund geöffnet und angesetzt etwas zu sagen, doch sein Anblick ließ sie verstummen. Nur ein Handtuch um die Hüften gewickelt, ließ dieses Bild brennende Hitze in ihr aufwallen. Hatte sie je etwas so Heißes gesehen? Er trat auf sie zu, völlig irritiert und so wahnsinnig attraktiv. "Ich bin hier, um-", setzte sie an, doch plötzlich rutschte sein Handtuch. Im wahnsinnig schnellen Reflex packte sie seine Hände, damit er das Tuch nicht festhalten konnte. Nackt stand er vor ihr. Sie blickte zu ihm auf, die Augen riesig, funkelnd vor Begeisterung. "Du meine Güte", raunte ihre bebende Stimme und sie befeuchtete ihre Lippen. Schlagartig erwachte die Lust in ihm und Yuki entwich ein anerkennender Pfiff. "Scheiß auf den lächerlichen Hanyou, das gehört mir!" Sie stieß ihn auf das Bett, brennende Gier in den Augen und stürzte sich auf ihn. "Oh mein Gott!", entfuhr es ihm, als ihre heißen Lippen sich über seine empfindlichste Stelle hermachten und Yuichi in den Himmel katapultierten. Dieses Wochenende würde das schönste seines Lebens werden. "Alles in Ordnung mein Herz", sorgte sich Yuichi am frühen Montagmorgen. Seit sie in das Flugzeug gestiegen waren, hatte sie nichts mehr gesagt. Yuki atmete tief durch, gottfroh, endlich wieder Daheim zu sein. Mit zitternden Beinen stieg sie die Treppe hoch, ihrem Frühstück entgegen. "Heute war es nicht so schlimm wie am Freitag", lächelte sie ihn an. Sie sprach leise, da ihre Stimme leicht angeschlagen war. "Für dich vielleicht nicht", grinste er gequält und schüttelte die Arme. "Ich hab immer noch kein Blut in den Fingern." "Tu nicht so, du hast es doch genossen, den Helden zu spielen." "Oui", zog er sie an sich. "Wir können jedes Wochenende nach Peking fliegen, wenn du dich wie ein kleines, verängstigtes Mädchen an mich klammerst." "Wenn du das herumerzählst, mach ich dich zu einem kleinen, verängstigten Mädchen", drohte sie an seinen Lippen. Er starrte ihr in die Augen, seine Pupillen weiteten sich. "Süße, hier?" "Vor Aanis Wohnung?" "Sie hat es uns in der Wohnung verboten, nicht davor." "Ich bin wund, Monsieur! Du hast dich genug an mir ausgetobt." Ihre Stimme bebte leicht. Die Erinnerungen waren noch zu lebendig. "Ich habe getobt? Mademoiselle 'at mich wie ein Raubtier ausgeweidet." "Mademoiselle?", runzelte sie die Stirn. Er glättete ihre Stirn mit Küssen. Gott, war es ein schönes Gefühl, seine Lippen auf ihrer Haut. "Wäre dir Madame lieber? Madame Yamada?" Sie errötete leicht, doch er hielt sie fest an sich gedrückt. "Um ehrlich zu sein, sehe ich mich so", gestand sie leise. Seine Augen begannen zu strahlen. "Gott, Yuki, ich liebe dich so sehr!" "Yuichi", stöhnte sie leise, als sein Kuss intensiver wurde. Zu intensiv. "Wenn ich aufhöre, endet unser Traum", raunte er an ihren verlockenden Lippen. Sie seufzte. "Ich will nicht wieder in die Realität zurück. Das Wochenende war so schön, nur mit dir." "Vermisst du niemanden?" "Nein. Du bist alles, was ich brauche." Er war überwältigt und für einen Moment sprachlos. Sie kicherte. "Süßholzraspeln ist gar nicht so schwer. Aber jetzt ist Schluss damit. Ich zeige dir lieber, wie sehr ich dich liebe." Sie schlang die Arme um seinen Nacken. "Aber sag es mir bitte noch ein Mal." Die Wohnungstür flog auf und ließ sie zusammenzucken. "Boah, ich halt das nicht mehr aus!", fauchte ein schwarzhaariges Ebenbild von Yuki. "Reinkommen, setzen, erzählen!" "Guten Morgen, Yoko", grinsten beide. "Beeilung!" "Wir nehmen uns mehr Zeit füreinander", flüsterte Yuichi Yuki noch zu, bevor sie von den Frauen eingenommen wurden. "Wir müssen wohl gar nicht fragen, wie es euch geht?", lachte Aryan, als er sie sah. "Wieso?" "Ihr Zwei strahlt wie ein Weihnachtsbaum", lachte Anjaani, erschrak dann, als sie Yuki umarmte. "Warum bist du-" Sie stockte mitten in der Frage, weil sie begriff und wurde tomatenrot. Die Schwestern sahen Yuki fragend an. "Ich bin nur etwas wund. Aani, das Wochenende war lang." "Und heiser offensichtlich auch", bemerkte Yami. "Also bitte! Wenn Aryan dich heiser kriegt, wäre es echt jämmerlich, wenn Yuichi das nicht bei mir schafft!" "Schon gut", murmelte Anjaani. "Frühstückt jetzt bitte." "Ich gehe mal davon aus, dass ihr nicht viel von Peking gesehen habt", grinste Yoko. "Stimmt, wir waren ja in Peking", erinnerte sich Yuichi. "Habt ihr die Wohnung überhaupt verlassen?", lächelte Yami. Doch ihr Gesicht war eine Spur zu hart. Neid? "Erzählt die zensierte Version", befahl Inuyasha. "Ich will aber den schönen Teil wissen", widersprach ihm Yoko. "Nein", sagte Yuki. "Was nein?!" "Ich erzähle nichts Schmutziges." "Wie bitte?!" Sie schmiegte sich an den hungrigen Yuichi. "Meine Privatsphäre. Versucht es gar nicht erst. Kommt dir das bekannt vor?", fragte sie Yami. "Weißt du noch, wie du dich benommen hattest?", erinnerte sie Yami. "Du warst eine nervöse Furie." "Und jetzt zahle ich es dir Heim!" "Ich gebe ihr drei Minuten", grinste Yami. "Ich ihr zwei." Yuki schürzte die Lippen. "Und ich schaffe fünf!" Inuyasha verdrehte die Augen. "Sag mir wenigstens wie lange du gebraucht hast, ihn zu versöhnen", zwinkerte Yoko. "Keine Sekunde", lachte Yuki. "Überzeugende Argumente", begriff Yami. "Gottesanbeter?" "Gottesanbeter", nickte sie. "Was ist der Gottesanbeter?", kam Yuichi nicht mit. Inuyasha starrte demonstrativ auf sein Essen, aber Aryan lachte los. "Was war deine erste Reaktion auf ihre "Versöhnung"?", half er Yuichi auf die Sprünge. Versöhnung? Sie hatte sich auf ihn gestürzt… und er begriff. "Oh mein Gott." Dann grinste er Yuki an. "Du kleines Biest. Ist Gottesanbeter der gängige Begriff oder habt ihr die Urheberrechte dafür?" "Was ist der Gottesanbeter?", kam Anjaani nicht mit, sah Inuyasha an. Doch der schüttelte nur hektisch den Kopf. "Warum weißt du es dann?" Auf einmal schien sich all sein Blut in seinem Kopf zu sammeln. "Aurora, es hat mit Sex zu tun", klärte Aryan sie auf. "Er kann sich denken, worum es sich handelt." "Oh Gott, lasst es bitte! Aber sagt mir wie die Gala war", bat Anjaani. "Häschen, du sahst so traumhaft aus!" Die beiden tauschten Blicke. "Gibt's schon Bilder im Internet?" "Ja, überall wird von dem Traumpaar Chinas berichtet. Ich bin so stolz", umarmte Yoko Yuki. "Du hast gehörig Eindruck geschunden. Und dein Kleid!" "Darf ich es anprobieren?", begeisterte sich Anjaani. "Natürlich, Schätzchen. Ich habe an dich gedacht, als ich es gekauft habe." "Etwa von deinem Geld?", warf ihr Yuichi vor. "Natürlich von meinem! Du darfst zahlen, wenn du auch mitkommst!" "Habt ihr getanzt?", unterbrach Anjaani die beiden. Ihre Augen begannen zu leuchten. "Oui, Yuki wollte aber nicht." "Wieso wolltest du nicht? Spinnst du?!" Anjaani war fassungslos. "Sag's ihr, Onee-chan. Auf einer einsamen, mit Fackeln beleuchteten Terrasse. Um uns duftender Jasmin, über uns der Sternenhimmel. Und sie war bockig." "Ganz im Ernst, hast du einen Schaden?" Hier war die Grenze für Anjaanis Verständnis. "Ich würde alles für so einen Moment tun!" "Du unterrichtest Tanz", erinnerte sie Yoko. "Du kannst diese Momente immer wieder mit Zuma erleben." "Tue ich aber nicht", knurrte Anjaani. "Ich liebe Zuma nicht. Musik, Tanz, Sternenhimmel und der Mann den man liebt. Das ist der Himmel auf Erden. Du kannst erleben, wofür ich sterben würde! Was stimmt mit dir nicht?!" "Das ist Yuichis Version", grinste Yuki. "Erzähl ihr meine", forderte sie ihren Freund auf. Der schien plötzlich taub und stumm zu sein. "Er hat Mist gebaut", erriet Yami. "Wie kannst du denn jetzt noch Mist bauen?", wunderte sich Anjaani. "Dank ihm dachten alle, ich sei eine Prostituierte." "Das war ein Versehen", widersprach er kleinlaut und schrumpfte unter den bösen Blicken der Frauen. "Ich habe mich nur nicht klar genug ausgedrückt." "Wie kommt man überhaupt drauf?", war Anjaani ratlos. "Ich kann es mir denken", sagte Inuyasha zu ihr. "Ich nicht." "Dann schau dir den blauen Zwerg an", wies der Hundedämon sie an. "Sie ist zu perfekt, um echt-" Er schloss abrupt den Mund, alle starrten ihn mit großen Augen an. "I-ich… ähm, ich meine…" "Ja?", lächelte Yuki erwartungsvoll und beugte sich vor. Inuyasha fing sich schnell wieder. "Ihr seid die sprichwörtlichen Wölfe im Schafspelz", erklärte er. "Jeder Mann, der euren Charakter nicht kennt, wird sich von euren äußerlichen Vorzügen blenden lassen." "Du irrst dich, Flohpelz", summte Yami zart. "Wir sind nur gegenüber egoistischen, selbstüberzeugten Arschlöchern wie dir unausstehlich. Zu Leuten, die ich mag, bin ich freundlich." "Aber du findest uns attraktiv", ließ sich Yoko nicht beirren. "Ich bin nicht blind", grollte Inuyasha. "Aber blöd auch nicht. Ich weiß, dass der blaue Zwerg stolz, unantastbar und bis zum Tod treu ist. Ich verstehe trotzdem, warum man dachte, dass Yamada sie gekauft hat." "Ich glaube, dass ist das netteste, was du mir je gesagt hast", war Yuki gerührt. "Ich begreife immer noch nicht", war Anjaani verwirrt. "Sie erfüllen das Klischee nicht, dass die Leute Asiatinnen andichten", erklärte Inuyasha sanft. Es war immer wieder erstaunlich mitanzusehen, wie sich seine abweisende Haltung änderte, wenn er mit Anjaani sprach. "Das offensichtlichste wären die großen…" Dann fiel ihm ein, worüber er da mit Anjaani sprach. "Die Drei haben von Natur aus große Brüste", ergriff Aryan das Wort. "Dem Klischee nach haben Asiatinnen aber kleine und diese müssten unecht sein." "Sind sie aber nicht", widersprach Yuichi freudig. "Das weiß ich auch. Yuki erfüllt auch andere Klischees nicht. Ihre Augen sind hell, die Haare nicht schwarz. Sie ist nicht nur wunderschön, sondern auch witzig, klug und stark. Sie ist perfekt. Genauso wie du", beteuerte er Yami schnell. "Das kann nicht echt sein." "Und sie arbeitet in einer Bar", warf Inuyasha noch ein. "Eine Bar in Tokyo. Das werden die Leute sofort mit dem Rotlichtviertel in Verbindung bringen. Du kannst so oft du willst sagen, dass du in Shibuya arbeitest, es wird dir niemand glauben. " "Genau zusammengefasst. Yuichi hat's nicht hinbekommen, die Gerüchte zu verneinen. Deshalb wollte ich nicht mit ihm tanzen." "Vielleicht blieb keine Zeit dazu?", versuchte Anjaani ihn zu verteidigen. "Stimmt, mit vollem Mund kann man nicht reden", knirschte Yuki. "Das Essen hat ja auch den ganzen Abend gedauert." "Wovon du nix mitgekriegt hast." Yuichis blaue Augen blitzten auf. "Du warst beschäftigt." "Und du beleidigt wie ein Kleinkind." "War ich nicht." "Du hast geschmollt. Und warst eifersüchtig. Eifersucht ist nicht sexy." "Auf wen warst du denn bitte eifersüchtig", wunderte sich Yoko. "Du sahst atemberaubend aus im Smoking. Da war niemand, der dir auch nur annähernd Konkurrenz machen konnte." "Er hat ein Drama veranstaltet, weil ich Fréderic Montmarte kennengelernt habe." "Dein großes Idol, der französiche Meisterarchitekt?", fragte Aryan. "Wie war er?" "Enttäuschend, ernüchternd. Ich dachte, mir würde ein Traum in Erfüllung gehen, wie Yami, als sie dich kennen lernte. Weit gefehlt." "Und warum warst du eifersüchtig?", wunderte sich Anjaani. "Onee-chan, sie war völlig aus dem Häuschen, als sie ihn kennengelernt hat." "Dann wollte sie nix von ihm", versicherte ihm Yami. "Yuki spinnt nicht rum, wenn ein Kerl sie interessiert. Das ist nicht unsere Art." "Nein, gar nicht deine Art", grinste Yuki. "Du warst so unnahbar und reif, Aryan ist an deiner kühlen Art fast erfroren." Yami errötete, der Rest begann zu lachen.. "Meine Güte", zischte sie. "Wer würde bei Aryan denn nicht durchdrehen? Aber Yuki ist nicht so. Wenn sie von jemanden begeistert war wie ein kleines Mädchen, dann interessiert derjenige sie nicht. Und ganz im Ernst, du bist der zweittollste Mann der Welt…" "Was bin ich?" "Wenn Aryan nicht wäre, wärst du sogar der tollste. Yui-kun, du bist ein Traum, aber du musst immer einen Grund für ein Drama finden." "Drei Worte, Küken." Der geschmeichelte Yuichi zählte an den Fingern ab. "Blond, blauäugig, Franzose." "Oh, Yukis Trio. Verstehe", nickte Yami. "Schade, dass du das leider gar nicht erfüllst." "Ich bin nicht blond und nur meine Großmutter war Französin." "Und dennoch liebt sie nur dich, Chi-chan." "Das weiß ich doch." "Dann müsstest du such wissen, dass diese drei Punkte Schwachsinn sind. Yuki hat nur einen Punkt, der erfüllt sein muss", erklärte ihm Anjaani. "Einen einzigen: Yuichi." "Das habe ich auch begriffen", versicherte er. "Und jetzt erzählt endlich, wie Peking war", hielt Yami ihre Ungeduld nicht mehr im Zaum. "Groß", sagten beide. Yami knurrte genervt. "Details bitte! Wo wart ihr, was habt ihr gemacht, gesehen, erlebt? Meine Güte, ihr wart woanders als hier!" "Von meinem Appartement aus kann man den Sommerpalast sehen." "Und wart ihr dort? Museen, Theater, die Große Mauer? Was habt ihr unternommen?" Yuichi und Yuki tauschten einen Blick. "Bist du etwa neidisch?" "Nein, ich will nur wissen, wie es außerhalb Tokios ist. Ich interessiere mich nur für eure Reise." "Du bist neidisch!" "Nein, ich bin nicht neidisch! Worauf denn bitte? Hört auf so einen Schwachsinn zu reden!" "Mariechen wird immer wütend, wenn sie lügt", grinste Yuichi erfahren. "Und Mariechen wird dir in die Fresse hauen, wenn sie wütend ist!" "Warst du schon mal Hand in Hand laufen an einem Lotusblütensee?", schwärmte er fies. "Wir können dem Küken auch die Fotos zeigen." "Ich hasse es, wenn du mich Küken nennst! Habt ihr denn Fotos?" "Non, wir hätten welche gemacht, wenn wir gewusst hätten, wie eifersüchtig du bist." "Ich bin NICHT eifersüchtig! Ich würde auch gerne einmal reisen. Etwas erleben." "Zum Beispiel Indien?" Yamis Gesicht wurde düster. "Yuichi, ich liebe dich. Aber noch mehr, wenn ich dir die Eier abreiße! Sobald ich sie gefunden habe." "Ich verspreche dir, nächstes Mal nehmen wir dich mit, eifersüchtiges Küken." "ICH BIN NICHT EIFERSÜCHTIG!!!" "Deine Eifersucht rieche ich Kilometerweit", bestätigte Inuyasha. "Du riechst meinen Eisprung, du riechst meine Gefühle. Irgendwie konzentrierst du deine Sinne sehr intensiv auf mich!" "Ich kann nichts gegen Tatsachen", wehrte er sich und richtete sich auf. "Dann versteck deinen Neid besser, er verpestet mir die Nase." Sie packte seinen Kragen. "Ich kann sie dir auch brechen, dann riechst du gar nichts mehr!" Aryan zog Yami sanft, aber unentrinnbar an sich, sie entspannte sich. "Es ist genug", warnte er Inuyasha und Yuichi. "Sonst lasse ich sie auf euch los, wenn ihr sie noch weiter reizt." "Sag mal bin ich dein Kampfhund?", lachte sie leise. "Nein, natürlich nicht", versicherte er. "Kampfhunde gehorchen besser." "Ich gehorche niemandem." "Gut so", lächelte Aryan zärtlich. "Ich will eine ebenbürtige Freundin, keine untergebene." "Lässt du dich nie unterwerfen?", wunderte sich Yoko. "Das ist wieder etwas anderes", grinste Aryan. "Körperliche Unterwerfung hat nichts mit geistiger zu tun", stimmte Yami zu, sah Yuki an. "Du bist unsere Domina. Hast du es endlich mal zugelassen?" "Was?" "Körperlich unterlegen zu sein." "Non", sagte Yuichi. "Aber sowas von", widersprach Yuki. "Heißt unterlegen sein für dich, dass ich bewegungslos wie eine Tote unter dir liege und keinen Muskel rühre?" "Nein, aber dass ich die Oberhand habe und nicht den Verstand verliere." "Das kannst du vergessen", versicherte Aryan. "Selbst wenn sie dir unterliegt, verlierst du den Verstand. Das ist Liebe. Willst du es denn anders?" "Nein. Niemals wieder." "Aani, was denkst du?", wandte Yuki sich an die Inderin, die auffällig still war. Anjaani errötete. "Ich frage mich, ob ich die einzige bin, für die es nicht schön war. So wie ihr das erzählt, ist es traumhaft." "Das ist es", bestätigte Yuichi. "Aber nur mit der Person, die du liebst." "Und wenn sie dabei nicht so grob ist, dass sie dich fast umbringt", fügte Yuki hinzu. "Raj ist stark. Es ist so, wenn man übernatürlich stark ist." "Pah, so ein Unsinn", entfuhr es Inuyasha ungewollt. "Hat der Drecksack das behauptet?" "Ja", hauchte sie beschämt. "Ich habe nie einer Frau weh getan", grollte Inuyasha. Und er ist nicht zärtlich. "Das ist wahr, Aurora", stand ihm Aryan bei. "Ich bin auch etwas stärker als der Durchschnittsmann." "Das ist stark untertrieben", behauptete Yami. "Aber selbst wenn Aryan die Beherrschung verliert und sich nicht mehr unter Kontrolle hat", wurde ihre Stimme schmachtend, "verletzt er mich nie." "Du bist auch hart im Nehmen", murmelte Aryan und nur Yami sah das Glühen in seinen Augen. "Aber du hast recht. Normalerweise tötet man den Partner nicht fast dabei." "Der Verräter liebte dich nicht, Anjaani", betonte Inuyasha. "Sonst hätte er dir nicht weh getan. Hattest du Schmerzen, als-" Er unterbrach sich plötzlich, weil ihm seine Frage bewusst wurde. "Als?", grinsten die Drillinge. Er schwieg eisern. Anjaani dachte nach. Sie war wund gewesen zwischen den Beinen, was aber nicht schlimm gewesen war, so im Nachhinein betrachtet. All die roten Flecken an ihrem Körper… "Hast du Flecken?", fragte sie plötzlich Yuki. "Er hat mich nicht geschlagen, Aani!", entsetzte sich der Drilling. "Nein, i-ich meine… so rote kleine Flecken…" "Ich glaube, sie meint Knutschflecke", lachte Yuichi. "Unterm Halstuch", grinste Yuki. "Und sonst an Körperstellen, die gut bedeckt sind. Ich glaube, ich muss dir mal erklären, woher die kommen. "Verschon mich damit!" Anjaani schien einem Kollaps nahe. "Ich weiß, woher die kommen!" "Gott, Aani", lachte Yami, lehnte sich gegen Aryans Brust und schlang die Arme um seinen Nacken. "Es gibt nichts Herrlicheres. Und gerade an solch empfindliche Stellen, wie Yukis Hals. Das ist kaum erträglich." "Das ist gar nicht erträglich", verbesserte Yuki. "Bist du da wirklich so sensibel?", interessierte sich Yoko. "Ja", hauchte Yuki begeistert. "Ich habe es selbst nicht gewusst." "Du hast es nicht gewusst?", wunderte sich Yuichi. "Woher auch? Ich habe nie jemanden an meinen Hals gelassen. Außerdem ist es sehr unwahrscheinlich, dass man am Hals so sensibel ist, dass man fast mühelos kommt." "Kommt? Wohin?" Die Drillinge starrten Anjaani an und brachen in Gelächter aus. "So geübt bist du wohl nicht", kicherte Yoko Inuyasha zu. Seine glutfarbenen Augen verengten sich, aber er schwieg stur. "Aanilein, hast du nie einen Orgasmus erlebt? Einen Höhepunkt? Wirklich nicht?" "Was ist das überhaupt?" "Bitte", sah Inuyasha Aryan flehend an, das Ganze endlich zu beenden "Es ist nicht meine Schuld, sondern deine, wenn sie das nicht kennt." Inuyasha schnappte nach Luft. "Sie erinnert sich an nichts! Natürlich war sie- Schluss jetzt!" Diese Worte kannten die Drillinge nicht. "Ich erklär' s ihr!", entschied Yuki. "Warum du?", empörten sich die anderen beiden. "Weil ich diejenige bin, für die das neu ist. Mein Mann ist normal und er wurde nicht vom Begattungskönig unterrichtet." Inuyasha knurrte leise, Yuichi wandte den Blick ab. "Oder?", hackte Yuki nach. "Ist es wirklich schön?" Anjaani glaubte es nicht. "Es ist traumhaft. Aani, ich erkläre dir mal den Unterschied zwischen Raj und einem Mann, den du liebst." Doch sie wechselte plötzlich ins Hindi. Inuyasha war erleichtert, Yuichi bitter enttäuscht. "Ich höre nicht zu und ich übersetze nicht", sagte Aryan, als Yuichi sich an ihn wenden wollte. Er verfluchte sich, dass er diese Sprache nicht verstand. Denn die Frauen hatten sich mit leuchtenden Augen um Yuki versammelt. Selbst Anjaani hörte zu. "Was erzählt sie, dass es Onee-chan nicht abschreckt?" "Ich höre nicht zu", wiederholte Aryan, war auf sein Handy konzentriert. "Du wirst es merken, wenn die Frage aller Fragen kommt", brummte Inuyasha. Anjaani hörte gebannt Yuki zu. So wie sie es erzählte glich es einem Traum und nicht dem Alptraum, den sie erlebt hatte. Sie sprach von Verbundenheit, seelischer Verschmelzung, einer Explosion. "Als würde dein Körper unter Strom stehen", erklärte Yuki. "Wie elektrische Wellen, die über dich herschwappen. Kennst du das, wenn dein Unterleib sich zusammenzieht, dieser süße Schmerz?" Anjaani nickte beschämt. Lust, ja das kannte sie. Das Gefühl, das Inuyashas Stimme, seine Berührungen in ihr auslösten. "Es ist nicht erträglich, du hältst es kaum aus und es ist wie ein Rausch. Bis es so unerträglich wird, dass du schier explodierst, in Millionen Funken zerberstest. Es katapultiert dich in den Himmel hinauf und es ist das schönste Gefühl der Welt. Unerträglich schön. Man kann es nicht beschreiben." "Du hast es ziemlich gut beschrieben, finde ich", lobte Yoko. "Ja, es ist ganz genau so", stimmte Yami zu. "Aber, tut es nicht weh, wenn… naja, Raj war groß…" "Raj war nicht groß", widersprach Yuki. "Yuichi ist viel größer." "Echt? Wie groß ist sein Teil?" "Und da war die Frage", brummte Inuyasha. "Welche Frage?" "Über deine Größe." "Du verstehst Hindi?" "Nein, Gott sei Dank! Aber ich weiß, wie die Nervensägen klingen, wenn sie fragen." Yukis Antwort ließ ihre Schwestern kurz verstummen. Ein begeistertes "Oh" erklang. Yuichi begann unruhig zu zappeln. "Aryan?" "Ich höre wirklich nicht zu." "Mann, Aryan!" "Nein." "Was heißt…?" Er versuchte genau Yukis Antwort wieder zu geben. "Oh, sie reden über deine Größe", ließ sich Aryan von seinem Handy ablenken. "Nebenbei, du hast ein Talent dafür, Worte in einer Fremdsprache korrekt nachzusprechen." "Was hat sie ihnen jetzt geantwortet?" "Dass du über dem Durchschnitt bist", übersetzte Aryan. "Bist du jetzt zufrieden?" "Ein Körperteil von mir ist definitiv französisch. Und die Franzosen haben theoretisch den größten." "Und praktisch wir Inder ", grinste Aryan leise. "Beide falsch", wisperte Inuyasha, drauf bedacht, dass die Frauen von diesem Gespräch nichts mitbekamen. "Die Afrikaner sind ganz vorne. Angeführt von einem Hundedämon." "Angeber." Yuichis Gesicht verdüsterte sich quasi sofort. "Was kümmert es dich", flüsterte ihm Inuyasha zu. "Du bist doch nicht unzufrieden mit dir. Und die Nervensäge offensichtlich auch nicht. Das ist, was zählt. Außerdem ist die Technik wichtiger als die Größe." "Würde ich mit so 'ner Keule auch behaupten!" "Wenn Anjaani dich hört!", zischte Inuyasha. "Aurora beachtet euch nicht", bemerkte Aryan. "Sie ist von Yuki eingenommen." Inuyasha beobachtete Anjaanis stumme Begeisterung, die Augen, die bei jedem von Yukis schwärmerischen Worten aufleuchteten. "Aryan. Was reden die?" Aryan seufzte. "Eigentlich müsstest du sie verstehen. Ich bin beschäftigt, falls euch das nicht aufgefallen ist. Ich höre bei solchen Frauengesprächen nicht zu." "Dich interessiert es nur nicht, weil es um mich geht", grinste Yuichi. "Genau", grinste Aryan zurück. "Aber was erzählt ihr gerade der verdorbene, unromantische Zwerg, dass es Anjaani so begeistert?" "Wenn ihr mich dann in Ruhe lässt." Die Inderin hing ihr quasi an den Lippen. Aryan blickte auf und als hätte er sie gerufen, sah ihn Yami an. Inuyasha und Yuichi tauschten einen Blick. Sie waren sich mittlerweile sicher, dass die beiden über Gedanken miteinander kommunizieren konnten. "Du müsstest wissen, was Yuki erzählt", sagte sie dann zum Japaner. "Du warst immerhin dabei." "Marie! Was 'at sie über mich gesagt?" "Sie hat nicht gesagt, wie groß du bist", beruhigte sie ihn. "Nur, dass du über dem Durchschnitt bist. Und der Durchschnitt ist um die 14 cm." "Dann bin ich weit über dem Durchschnitt." "Die Franzosen glauben alle, dass sie den größten Penis haben", grinste Yami. "Praktisch sind es die Inder." Aryan lachte. "Und Hundedämonen haben gar keinen." Inuyasha knurrte. "Jetzt lass mich in Ruhe, ich will meiner Schwester zuhören!" Dann wandte sie sich wieder der Frauengruppe zu. Yuichi verfluchte seine Neugier. Sie konnte manchmal richtig zur Plage werden. "Yuki erzählt ihnen, wie es für sie war. Und ganz offensichtlich hast du ihre bisherige Sichtweise komplett auf den Kopf gestellt. Bist du jetzt zufrieden?" Ja, das war er. "Aani, ich wusste wirklich nicht, dass es so sein kann. Es war der Himmel auf Erden", schloss Yuki ihren Bericht. Trotz allem konnte Anjaani nicht glauben, dass es ohne Schmerzen ging. "Er hat deine Narben verheilen lassen", bemerkte sie und warf Yuichi einen dankbaren Blick voller Liebe zu. Er runzelte die Stirn. "Es war die Erfüllung. Er hat mir das erste Mal geschenkt, das ich eigentlich hätte bekommen sollen", hauchte Yuki. "Oh." Anjaani war entzückt. "Es war quasi auch mein erstes Mal. So liebevoll, so zärtlich, jede Berührung war voll Liebe und Hingabe. Alles, was davor war, hat er ausradiert. Er hat mir gezeigt, wie es ist, geliebt zu werden." "War er wirklich so vorsichtig?", raunte ihr Yoko zu. "Quatsch", kicherte Yuki. "Liebevoll ja, aber nicht vorsichtig. Wir sind übereinander hergefallen wie die Karnickel." Das hörte Anjaani nicht mehr. Sie hatte sich Yuichi zugewandt, die Augen golden, der Blick voller Dankbarkeit. Er riss die Augen auf. "Warum hat sie goldene Augen?", fragte er den Hanyou. "Weil du wundervoll bist", kam Anjaani Inuyashas bissiger Antwort zuvor. Sie legte ihm die Arme um die Schultern, ihre Berührung war immer wie ein Sonnenstrahl. "Danke." Und diese aufrichtige Dankbarkeit sprach tief aus ihrem Herzen, erfüllte ihn wie eine warme Woge goldenen Lichtes. "Ich beneide Yuki. Sie verdient das Beste und das bist du." Yuichi drückte sie an sich, gerührt, geehrt, glücklich. "Ich liebe sie, Nee-chan. Das wünsche ich dir auch." "Ich mir ebenso", flüsterte sie. "Ist es so, wie sie es erleben?", fragte sie Aryan. Er war immer noch der einzige, mit denen sie einigermaßen über sexuelle Dinge reden konnte. Aryan lächelte sanft. Seine sonst so undurchdringlichen Augen schienen bis in seine Seele zu leuchten. "Haan", nickte er. "Hai yeh pyaar." "Dann wünsche ich mir das auch", flüsterte sie leise. "Das wirst du auch bekommen." Jetzt erlosch das goldene Strahlen plötzlich. "Mir ist es nicht bestimmt. Umso schöner ist es, sich an eurem Glück erfreuen zu können." Inuyasha wandte das Gesicht ab. Wie gerne wäre er ihre Erfüllung. Wie gerne würde er ihr all das zurückgeben, was er von ihr bekam. Es schien so leicht, das Glück war so nah. Aber es war schwer, weil es verboten war. Etwas riss ihn aus seinem Trübsinn. Ihr Gesicht, das sich an seine Schulter schmiegte. Sie sah ihn an, mit diesen Augen, schöner als das Leben. Die Mondsteinsonne schimmerte über ihren Brüsten. Instinktiv legte er den Arm um sie, zog sie fest an sich. Ihr Körper an seinem fühlte sich einfach richtig an, wie konnte das dann falsch sein? "Ich bekomme mehr, als ich je zu träumen gewagt habe", versicherte sie ihm. "Ich bin glücklich, dich zu haben. Egal, was das Schicksal mit uns vorhat, du allein hast mich wertvoll gemacht." Und sie war ein nichts gewesen. Inuyasha schloss die Augen, weil er wusste, wie sie auf den Ausdruck darin reagieren würde. Wie sehr er sich wünschte, sie lieben zu dürfen. Aber mehr als das war es nicht. Ein Wunsch. Einfach nur ein Wunsch. "Yuki-Häschen", unterbrach Anjaani plötzlich das rege Gespräch der Drillinge. "Es ist Zeit, du musst los." "Wohin?", wunderte sich Yuichi. Niemand war mit seinem Frühstück fertig. "Ich muss in die Bar", verabschiedete sie ihn mit einem zuckersüßen Kuss. "Warum?", fragte er erst, als sie schon zur Tür hinaus war. Jetzt wurden die heiteren Drillings-Gesichter ernst. "Wahrscheinlich um ihren Job betteln. Wobei ich bezweifle, dass sie betteln wird." Und Yuichis Magen verkrampfte sich. Er sah Anjaani an, doch die wandte den Blick ab. Und jetzt ergriff ihn Panik. "Tut mir leid, Chi-chan. Ich habe gar kein gutes Gefühl." Kapitel 29: Anjaani und Schreibtische ------------------------------------- Yuichi starrte Anjaani an, als würde ihr Lächeln seinen Fehler wieder gut machen können. Doch das tat es nicht. Das Brennen von Yukis Kuss hinterließ plötzlich einen bitteren Beigeschmack auf seinen Lippen. Daran, dass ihre Arbeit auf dem Spiel stand, hatte er nicht mehr gedacht. Die letzten Tage waren ein Traum gewesen und nun musste sich Yuki wieder mit der Realität konfrontieren. "Du brauchst keine Schuldgefühle zu haben", versicherte ihm Anjaani. "Es war Yukis Entscheidung und sie wird dazu stehen." "Sie muss jetzt gerade biegen, was ich verbrochen habe." "Daran hättest du auch früher denken können", bemerkte Yami spitz. "Aber dafür ist es jetzt zu spät. Sie behält ihren Job, oder sie ist ihn los. Sie wusste um das Risiko." Ein schlechtes Gewissen nagte dennoch an ihm. Auch am Set ließ es keine Ruhe. Es ließ auch nicht von ihm ab, solange er Romeo war. Zum Glück bemerkte niemand sein inneres Wirrwarr. Weder seine Julia, noch die sonst so pingelige Regisseurin. Am Rande der Szene nahm er Fabien wahr, neben ihm ein rötliches Schimmern. Haare! Yuki sprach mit seinem Manager, ernst, wütend. Und Fabien… schloss sie plötzlich in seine Arme. "Pause, Yoko", rief er mitten in der Szene. Yoko bemerkte, was seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Sie nickte widerstrebend, doch verständnisvoll. Dem Gesichtsausdruck nach war Fabien aber besorgt. Er besaß jedoch genug gesunden Menschenverstand, Yuki sofort loszulassen. Sie selber hatte die Arme vor der Brust verschränkt und Fabiens Umarmung nicht erwidert. Sie wandte sich Yuichi zu und umschlang ihn mit den Armen. Er musste kein Hellseher sein, um zu wissen, was sie bedrückte. "Du bist gefeuert." So viel Schuld lag in seiner Stimme, dass Yuki sie mit einem honigsüßen Kuss verjagte. "Nein, bin ich nicht. Ich- Zuma!" Der Choreograph blieb überrascht stehen. "Ich muss mit dir reden. Kommst du bitte mit mir ins Büro?" "Ist es wegen den Bildern?" "Welchen Bildern?", wollte Yuichi wissen. "Sie malt Aktportraits von mir", knurrte Zuma sarkastisch. "Später, Liebling", versicherte Yuki und zog Zuma mit sich mit. "Bitte, ich muss in Ruhe mit dir reden." "Du hast sie gehört, Yuichi", sagte Yoko. "Ab zurück an deinen Posten." "Sie sind alleine in einem Raum." "Und?" "Mit Schreibtisch." Yoko biss sich auf die Unterlippe. "Yuichi, lass den Blödsinn. Ich möchte die Szene jetzt im Kasten haben." Yuichis Gesicht war todernst. "Er ist ausgehungert und sie sieht aus wie du. Kann Zuma Schreibtischen widerstehen?" Yoko stöhnte genervt auf. "Du bist die Pest!" Überrascht sahen Yuki und Zuma auf, als die beiden ins Büro traten. "Du bist ein Trottel", sagten die Schwestern gleichzeitig zum Romeo. "Aber er sitzt auf dem Schreibtisch", triumphierte Yuichi. Zuma verdrehte die Augen und reichte Yuki sein Handy. Sie notierte sich eine Nummer daraus auf einem Zettel. "Er ist gut", versicherte Zuma. "Und bezahlbar. Wozu brauchst du ihn überhaupt?" "Wen?" "Meinen Anwalt." "Warum nimmst du nicht meinen?", beschwerte sich Yuichi. "Weil mir der zu teuer ist." "Ich kann doch-" "Wirst du aber nicht!" "Mann, warum lässt du mich nie bezahlen?" "Sei doch froh, dass du kein Prinzesschen hast, das sich bedienen lässt", riet ihm Zuma. "Ja, weil er das Prinzesschen ist." "Ruhe", rief Yoko, als Yuichi wütend Luft holte. "Yuki will ihren Chef verklagen und keiner von euch beiden sorgt sich, warum das so ist." Beide Männer sahen sie schuldbewusst an. "Du", funkelte sie Yuichi an. "Mach dir lieber mal Gedanken darüber, was ihr Chef angestellt hat, dass sie ihm das Gericht an den Hals hetzen will!" Yuki atmete durch. Erst jetzt bemerkte Yuichi, dass sie vor Wut kochte. Er zog sie in seine Arme und sie begann sich zu entspannen. "Er hat mich nicht gefeuert, obwohl ich mit dir in Peking war, statt zu arbeiten." "Unter welcher Bedingung?", hakte Yoko nach. "Der Hollywood-Star kommt dieses Wochenende wieder, angeblich nur wegen mir. Mit Bedingungen." "Du meinst Entschädigung", schwante Yoko Übles. "Was für eine Entschädigung?" Yuichi war verwirrt. Yuki presste die Lippen zusammen und wandte das Gesicht ab. "Kätzchen, übersetz das mal." "Sie ist die Entschädigung", schüttelte Yoko den Kopf. "Sie soll sich prostituieren." Die beiden Brüder waren erstarrt. "Genau, mein Chef erpresst mich. Entweder Kündigung oder, wie hat er es ausgedrückt? Oder ich bin dem Kerl gefügig." "Das ist ein schlechter Scherz!", entfuhr es den Halbbrüdern gleichzeitig. "Schön wäre es", seufzte sie niedergeschlagen. "Die Arbeit da macht mir wirklich Spaß und ich brauche das Geld. Aber das lasse ich mir nicht bieten. Yui-kun, dir wird der Kiefer schmerzen, wenn du weiter so mit den Zähnen knirscht." Yuichi zwang sich, sich zu beruhigen. "Ich erledige das", entschied Yoko. "Ich werde mit ihm reden." "Du gehst nirgends wohin ohne mich", knurrte Yuichi. "Nein, ich kann mit keinem verhandeln, den du vorher bewusstlos prügelst. Ich schaffe das allein. Es gab niemanden, den ich bisher nicht umstimmen konnte." "Dann komme ich mit dir", bot sich Zuma an. Sie lächelte kalt. "Nein danke, du wärst mir nur im Weg. Yuki, dreh die Szene bitte fertig. Danach kümmerst du dich um die Kampfszene. Zuma, hol Inuyasha her und probt mit Yuichi, damit er sich abreagieren kann. In zwei Stunden bin ich wieder da. Wenn nicht, schaut bitte nach mir." Sie stürmte hinaus, ehe sie jemand aufhalten konnte. "Ihr lasst zu, dass sie da alleine hingeht?", beschwerte sich Zuma. "Hast du es nicht auch zugelassen?", spottete Yuichi. "Sie kriegt das hin", winkte Yuki ab. "Du unterschätzt Yokos Argumente." "Oui, sie wird ihn in Grund und Boden reden", lächelte Yuichi stolz. "Im Überreden ist mein Kätzchen einsame Spitze." "Zuma, konzentrier dich auf deine Arbeit", rügte Yuki scharf. Er zuckte kaum merklich zusammen. Seine Augen blitzten silbern, als er sie ansah. "Ich wäre auch gerne so entspannt wie du, wenn ich meine Schwester losschicke, die Drecksarbeit für mich zu erledigen." "Eine Hand wäscht die andere", ließ sich Yuki nicht kränken. "Sie hilft mir mit ihrem Talent, ich ihr mit meinem." "Sie ist immer noch nicht zurück!" "Die zwei Stunden sind auch noch nicht rum!" "Faule Ausrede!" "Dann fahr du da hin, wenn du dir solche Sorgen machst! Ich traue Yoko zu, es zu schaffen. Ich weiß, was sie drauf hat." "Ich nicht?", zischte er leise. "Nein, du hast nicht die geringste Ahnung, was du an ihr hast. Und das macht dich in meinen Augen zu einem der blödesten Menschen, die ich kenne." Sie starrten sich beide voll unverhohlenem Zorn an und Inuyasha stellte sich demonstrativ an Yukis Seite. Zuma presste die Zähne zusammen. "Du musst nicht den Wachhund spielen. Ich bin nicht so niveaulos, auf Frauen loszugehen." "Ich beschütze sie nicht, ich halte sie zurück", knurrte Inuyasha amüsiert. "Das kleine Biest hier macht dich fertig." "No, gracias. An jemandem wie dir mache ich mir nicht die Hände schmutzig." "Du sprichst mir aus der Seele", zischte Zuma auf Spanisch zurück. "Das ist unter meinem Niveau." "Oho, ich wusste nicht, dass man noch tiefer sinken kann." "Yoko", beschwerte sich Yuichi laut. "Ihr redet die ganze Zeit spanisch. Wenn du ihn schon beleidigst, tu es in einer Sprache, die ich verstehe!" "Nimm jede Sprache die du willst, der Inhalt bleibt gleich. Du bist blind. Siehst nicht, wer dir gut tut. Aber lässt dich auf Kagome ein. Das werde ich nie verstehen." "Das musst du auch nicht verstehen." Yuki wirbelte herum und starrte ihre Schwester an. Yoko lächelte kühl. "Was er tut und was nicht, ist seine Angelegenheit. Das geht weder dich noch mich etwas an." "Wie war es?", kam Yuichi seiner Freundin zuvor und jetzt grinste Yoko breit. "Du hast deinen Job noch. Du musst dir um nichts Gedanken machen. Und dem Hollywood-Star wurde abgesagt." "Wirklich?" Vier Augenpaare wurden kugelrund. Ein goldenes, ein silbernes, ein blaues und ein ockerbraunes. "Wirklich. Ich habe mir die Zunge wund gequasselt und mein Bedarf am gesprochenen Wort ist für heute gedeckt. Ich brauche jetzt Stille." Yuki fiel Yoko um den Hals. "Oh, Kätzchen! Danke, danke, danke! Wie hast du das geschafft?" "Später. Ich will jetzt wirklich nicht reden. Ich bin im Büro." "Wie zum Teufel hat sie das geschafft?", starrte ihr Yuichi hinterher. "Ich habe noch nie erlebt, dass sie freiwillig die Klappe hält", wunderte sich Inuyasha. "Mit ihr stimmt was nicht!" "Seltsam", sorgte sich auch Yuki. "Ob es ihr gut geht?" Das würde Zuma herausfinden. Yoko war aber nicht in ihrem Büro. Er fand sie in der kleinen Küche. Sie zuckte zusammen, doch er hatte gesehen, was sie vor ihm zu verstecken versuchte. "Du brauchst Eisbeutel für deine Zunge?" Yoko blieb ihn eine Antwort schuldig und er merkte, dass ihm das fehlte. Ihre spitzzüngige Schlagfertigkeit. Die verbalen Auseinandersetzungen mit ihr, die sie meistens gewann. "Bist du verletzt?" "Geh arbeiten." Er packte ihre Hand. Damit hatte sie nicht gerechnet und sie zuckte vor seiner Berührung zurück. Ihre Wangen röteten sich, ihre Pupillen weiteten sich. Er reizte sie. So wie sie ihn… Yoko schloss kurz die Augen. "Du erinnerst mich an Romeo", summte sie leise. Das war wie ein Schlag in den Magen. Grob inspizierte er ihre rechte Hand. Die Fingerknöchel waren leicht geschwollen und dunkler gefärbt. Augenblicklich lockerte sich sein Griff. Ihm war körperliche Gewalt zuwider. "Du hast nur geredet?", runzelte er die Stirn. "Schlagkräftige Argumente", lächelte sie. "Ich musste mich gegen seine persönliche Leibgarde wehren. Nur fünf Mann. Aber dann war ihr Chef bereit zuzuhören." "Du gegen fünf?" "Ja, oder hast du geglaubt, meine Medaillen wären nur Dekoration? Ich bin stärker, als ich aussehe. Einer von denen war nur unerwartet schwer gepanzert. Kaum der Rede wert." Kaum der Rede wert… "Wo bist du noch verletzt?" "Ein wenig an den Rippen angeknackst." Jetzt bemerkte er, dass sie schwerer atmete. "Ich bringe dich ins Krankenhaus." Sie versuchte, seine Hand abzuschütteln. "Blödsinn! Ich bin nicht aus Zucker." Aber sie schmeckte wie Karamell… "Yoko, du hast Schmerzen. Das sieht mir nicht nach einer Kleinigkeit aus." "Ich überlebe es. Erinnerst du dich noch, ich bin hart im Nehmen?" Ihre Blicke trafen sich und da war wieder dieser elektrische Sog zwischen ihnen. "Eine gegen fünf. Du hast es wirklich alleine geschafft." Es war diese schmeichelnde Tonlage, die sie früher stets schwach gemacht hatte. Früher. "Du hast mich immer unterschätzt. Leider merkst du zu spät, was ich drauf habe. Romeo ist nicht blind dafür." "Was willst du von einem verdammten Dämon!", entfuhr es ihm unkontrolliert. Seine beherrschte, distanzierte Maske begann zu bröckeln. Sie lächelte ihn an, kalt, gefühllos. "Er gibt mir etwas, was ich von dir nie bekommen werde." "Und er ist besser als ich?" Sie zögerte kaum einen halben Atemzug. Zu lange. "Viel besser." "Du lügst, Yoko." "Und meine Schwester? Sie hat dich zufrieden gestellt?" Ihr gefühlloses Lächeln wurde düster. "Wohl kaum. Du, Akira, bist der einzige, der sich hier als Gehörnter fühlt. Weil du als einziger etwas verloren hast. Ich bin über dich hinweg. Du hast keine Macht über mich." Seine Augen wurden dunkler. Sie wusste, sie beging einen Fehler, ihn dermaßen herauszufordern, aber sie liebte das Risiko. "Aber du über mich?" Seine Stimme war ein einziges, dunkles Versprechen. Er trat näher an sie heran, beugte sich zu ihr. Sie hob ihm die vollen, dunkelroten Lippen entgegen, er spürte ihren Atem, heiß, unwiderstehlich. Sie flüsterte nur ein Wort: "Si." Sanft, schon fast zärtlich legten sich seine Lippen auf ihre. Sie schloss die Augen nicht, ihre gelbbraune Iris war wunderschön. Sie reagierte nicht auf ihn. Er riss sie an sich, vertiefte den Kuss und zog ihre empfindliche Unterlippe zwischen seine Zähne. Das wäre ihr Untergang. War er aber nicht. Keine noch so winzige Reaktion. Er war wie vor den Kopf gestoßen. Sein Herz hämmerte, sein Blut rauschte. Er war völlig berauscht von ihrer Süße. Sie aber blieb eiskalt. "Fertig? Du quetscht mir die Rippen." Sie öffnete die Türe, drehte sich noch einmal um. "Das Ende der Ball- Choreo solltest du noch umändern. Ich brauche mehr Leidenschaft. Das konntest du doch mal besser." Und die Tür fiel hinter ihr ins Schloss. Ein boshaftes Lächeln umspielte ihre Lippen. Erst als sie in ihrem Büro war, in Sicherheit, gaben ihre Knie nach. Yuki und Inuyasha, über einige Dokumente gebeugt, blickten erstaunt auf. Yokos Puls an ihrem Hals raste, ihre Wangen waren gerötet, ihre geschwollenen Lippen bebten. Sie fürchtete, das Herz wurde ihr jeden Moment durch die schmerzenden Rippen brechen. "Zuma." Ihre Schwester musste nicht einmal raten. "Du wärst stolz auf mich", atmete Yoko tief durch. "Ich habe mir nichts anmerken lassen, er sich schon." "Was hat er denn gemacht?" "Offensichtlich ihre Schwachstelle ausnutzen wollen", erriet Inuyasha und musterte sie mit seinem Kennerblick. "Ganz genau." Ihre Augen verschleierten sich. "Meine Unterlippe zwischen seinen Zähnen… was mach ich bloß, mir ist so heiß!" "Ganz toll, er wird toben und ich muss wieder den Fußabtreter für euch Plagen spielen", grollte Inuyasha. "Ich schau, dass er seine Laune nicht an Yamada auslässt. Und du sieh zu, dass der rote Zwerg wieder abkühlt." "Hey, Meister, hast du auch einen Tipp wie ich das anstellen soll?" "Keine Ahnung. Lass dir was einfallen." "Na super", knurrte Yuki unzufrieden. "Gereizte Schwachstellen kann man nicht abkühlen! Was mach ich jetzt mit dir?" Yoko konzentrierte sich auf ihre Atmung. "Ich krieg das in den Griff. Lass mir nur ein bisschen Zeit." "Und rennst den ganzen Tag mit einem unerträglichen Kribbeln zwischen den Beinen rum? Siehst du Romeo heute?" "Sobald ich das Büro verlasse." Etwas blitzte in Yukis Augen auf. Etwas noch nie Gesehenes. "Dein Romeo, nicht meiner!" Eifersucht. Yoko war so verblüfft, dass sie die brennende Lust in ihrem Unterleib völlig vergaß. "Beruhig dich, ich steh nicht auf Yuichi." "Wieso, was stimmt nicht mit ihm?" Yoko hielt ein Lachen zurück, denn mit Yuki war nicht zu spaßen, wenn sie diesen abwehrenden Gesichtsausdruck auflegte. "Yuki Lisa Higurashi, bist du das? Sag mal, entwickelst du gerade menschliche, romantische Gefühle?" Yuki seufzte theatralisch auf. "Bei Yuichi geht mir jede Vernunft und Rationalität flöten", gestand sie. "Siehst du denn nicht, wie perfekt er ist?" Yoko registrierte ein blaues Augenpaar in der Türe, reagierte aber nicht darauf, damit Yuki nicht abgelenkt wurde. Yuichi war in der Tür erstarrt. Er hatte nur seinen Namen gehört, verstand kein Wort Deutsch. Wenn Yuki jetzt ins Japanische wechseln würde, wäre das zu verdächtig. Aber die Sprache der Träumer und Verliebten weckte kein Misstrauen. "Perfekt gibt es nicht", sinnierte sie auf Französisch. "Und Yuichi ist nicht perfekt." "Perfekt liegt im Auge des Betrachters", widersprach Yuki leise. "Und Yuichi… keiner ist wie er. Das musst du zugeben." "Er hat ein wirklich schönes Äußeres, das ist wahr. Da spielt er in der obersten Riege." Sie ließ sich lange genug Zeit, dass Yuki widersprechen konnte. "Es gibt kein Aber! Nicht bei ihm. Yuichi hat Ausstrahlung, Charakter, Charisma. Das unterscheidet ihn von all den hübschen Dumpfbeuteln!" "Was ist ein Dumpfbeutel?" "Hübsche Kerle, die sonst nichts zu bieten haben! Yuichi hat mehr Charisma als all die Kerle am Set zusammen, ja, inklusive Zuma. Tut mir leid, was auch immer du in ihm gesehen hast, ist sehe es nicht. Ich sehe nur ein Gesicht, das einem wundervollen Menschen leider viel zu ähnlich sieht. Aber charakterlich liegen Welten dazwischen. Ein Hauch mehr von Yuichi und Zuma wäre toll. Aber niemand ist wie Yuichi." "Albern, unzuverlässig, unberechenbar…" "Humorvoll, unbeschwert und spontan nenne ich es. Das sind keine Fehler, Karina. Nicht aus meiner Sichtweise. Ich verstehe nicht, wie man in seiner Nähe kein Herzrasen bekommt." "Ich bin ihm genauso nah und auch vertraut. Ich liebe ihn auch, aber wie einen Bruder." "Aber bei mir ist es anders." Yuki senkte leicht die Wimpern. "Es ist ungewöhnlich, aber vom ersten Augenblick an bin ich völlig durchgedreht. Zwischen uns war schon immer etwas Besonderes. Ich glaube…" "Es sind nur Worte", munterte Yoko sie sanft auf. "Sag es einfach. Du brichst dir keinen Zacken von der Krone." "Es sind eben nur Worte", erklärte Yuki. "Sie sind schnell gesagt. Handeln wiegt soviel mehr als ein Wort. Ich will ihm lieber zeigen, was er mir bedeutet." "Hast du das denn nicht? Yuki, ich war dein Leben lang bei dir, wo er weg war. Ich habe gesehen, wie der Scherz mit deinen Gefühlen größer wurde. Deine Verzweiflung, deine blinde Treue, deine Angst, dass er nie kommen wird. Und am schlimmsten war deine Einsamkeit. Ich weiß, so sehr wir Drei verbunden sind, du würdest alles für ihn aufgeben. Jederzeit und ohne zu zögern. Warum?" "Weil er alles ist. Ich brauche nur ihn. Ich bin unvollständig ohne ihn. Seit er da ist, habe ich gemerkt, wie… wie… ach, verflucht", zischte sie leise und ballte die Fäuste. "Ich bin abhängig von ihm!" Abhängigkeit war gleichzusetzen mit Verderben. "So", grinste Yuki jetzt. "Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Du bist abgekühlt und Yuichi hatte sein Süßholzgeraspel. Zufrieden, Liebling?" "Sei einmal berechenbar, Schönheit", zog er sie lachend in seine Arme. "Fliehst du vor Zuma?", fragte ihn Yoko. "Oui, hast du ihn so aufgeregt? Der ist weg. Hoffentlich kriegt Onee-chan das nicht ab." Er hätte Anjaani warnen sollen, denn seine Befürchtung bewahrheitete sich. "Zuma?", klopfte sie kurz vor Feierabend an seine Tür. "Hast du kurz Zeit?" "Komm schon rein", grummelte er leise. Er saß am Rand seines Schreibtisches. Warum nochmal hatte er die ideale Größe? Wofür eigentlich? Sie begriff es einfach nicht. "Was ist los, Aurora?", wunderte er sich über ihre plötzliche Gedankenversunkenheit. "Woran denkst du?" "An Yoko." Seine Augen wurden steinhart. Ihm selber ging es nicht anders. Er schaffte es nicht, dieses verfluchte, gelbäugige, karamellduftige Biest aus seinen Gedanken zu vertreiben. "Yoko hat erst vor kurzem gesagt, dein Tisch sei perfekt." "Perfekt?" Ihm schwante etwas und sein Interesse war geweckt. "Sie sagte, er habe die perfekte Höhe", plapperte Anjaani unschuldig. "Ich verstehe aber nicht wofür? Sie hat es so schwärmerisch gesagt, mir aber nichts erklären wollen." Schwärmerisch? "Wann war das?" "Letzte Woche, glaube ich. Sie war richtig begeistert. Aber warum? Was ist an deinem Schreibtisch so toll?" "Soll ich es dir erklären?" Das Verlangen, das ihn seit Yokos brutaler Abfuhr quälte, brodelte an die Oberfläche, dunkel, gierig, heiß. "Erklären, nicht zeigen", runzelte sie die Stirn, so naiv ihm zu trauen. Er nahm ihre Hand und wieder zuckte sie vor seiner Wärme zurück. So kalt er war, sein Körper war warm, nein eher heiß, muskulös, männlich… Was um Himmels Willen dachte sie da?! Er zog sie an seinen Körper, so eng und vertraut. Warum gefiel ihr seine Nähe? "Zuma, lass das", sagte sie klar und deutlich. Es wäre ein Nein, hätten ihre Augen sich nicht leicht vergoldet. "Es ist wie Tanzen", raunte er und schmiegte die Wange an ihre. Seine Lippen begannen ihren Hals zu streicheln. Es war ein Gefühl, wie ein leichter elektrischer Schlag. Ihr Atem stockte. "Aber der Rhythmus ist nicht vorgeschrieben, Schöne. Den bestimmen ganz alleine wir…" Ehe sie sich versah, hob er sie auf den Schreibtisch. Seine Hüfte drückte sich an ihre. Die perfekte Höhe… "Nein!" Das Grauen packte sie, als sie begriff. Ihr Herz krampfte sich zusammen, doch unter ihrer Haut brannte es. Verdammt nochmal, sie wollte es nicht! "Wehr dich", flüsterte er. "Aber dein Körper will mich." "Nein, ich liebe…" "Den Dämon?" Spott leuchtete in seinen Augen auf. Er rückte von ihr ab. Anjaanis Knie zitterten. "Ja, den Dämon!" "Und warum wirst du dann bei mir schwach?" Sie stieß ihn zur Seite, schritt erbost zur Tür, doch er erwischte sie am Ellenbogen, riss sie an sich. Seine Lippen an ihrem Ohrläppchen. "Er will dich nicht mehr, er hatte dich nämlich schon." Sie erstarrte, schockgeweitet waren ihre Augen. "Er hat dich schon benutzt, er ist fertig mit dir." Mit Tränen in den Augen floh sie aus seinem Büro, an Yokos Filmset. Blind rannte sie in die Aufnahme hinein. Vor ihr stand plötzlich ein muskulöser Adonis mit atemberaubenden Augen. Sie erkannte ihn auf den ersten Blick nicht. Dann änderte sich etwas bei diesem wunderschönen Mann und er zog sie mit sich, an den Rand der Szene. "Yuichi?" Sie war kurz verblüfft. Vom Rennen war sie völlig außer Atem. "Hast du mich tatsächlich nicht erkannt?" "Du warst… nicht wie du", versuchte sie zu erklären. "Du warst wie… naja ich vermute mal wie Romeo." "Dann muss ich gut sein, wenn du mich nicht erkennst. Gefalle ich dir?" Sie blickte an ihm herab, ehrliche Bewunderung in den Augen. Seine Kleidung war mehr als nur schmeichelhaft, die Farben einfach perfekt. "Yuichi… ich weiß, wie gut du aussiehst… aber das… meine Güte… Ich kann mich nicht sattsehen. Ich könnte glatt schwach… werden… Oh nein! Nicht auch noch… bei dir…" Ihre Stimme brach. "Hey, Onee-chan, warum weinst du?" Er rückte Anjaanis Schleier zurecht, zog sie fester an sich. Was für ein himmelweiter Unterschied zwischen ihm und Zuma bestand! "Du siehst wirklich toll aus…" "Sag mir bitte, was dich bedrückt." Jetzt begann er sich zu sorgen. "Gefällt dir Yuichi?", hörte sie Yukis Stimme. "Und wie", grinste Yuichi breit. "Endlich haben sich ihre Augen vergoldet. Nur ganz leicht", fügte er hastig hinzu. "Warum machst du meinen Freund an?" Anjaani schluchzte auf und warf sich ihrem Häschen an den Hals. Yuki suchte Antworten in Yuichis Augen, doch er wusste selber nicht, was mit Anjaani los war. "Entschuldige, Aani, ich weiß doch, dass du ihn nie-" "Mein Unterleib hat sich zusammengezogen", hauchte sie beschämt. "Jetzt bei Yuichi?!" Und weg war ihre Ruhe. "Nein, keine Sorge, Yuki-Hase. Aber es ist passiert und es war genauso wie du es beschrieben hast." Yuichi runzelte stumm die Stirn. "Lust", erklärte Yuki. "Sie hat Lust empfunden." "Aber das ist doch gar nicht schlimm", vertuschte Yuichi ein Lachen, denn Anjaani machte das offensichtlich zu schaffen. "Es hat aber nichts mit Inuyasha zu tun", traf Yuki den Nagel auf den Kopf. "Zuma hat seine Laune an dir ausgelassen", trat Yoko seufzend zum Trio. "Oh, Aani, das tut mir leid, ich bin Schuld dran!" Anjaani konnte Yoko nicht in die Augen sehen. "Ich habe mich gefragt, warum sein Schreibtisch die perfekte Höhe hat. Ich musste plötzlich daran denken, als ich in seinem Büro war." "Sag bloß, er hat es dir gesagt?" "Gezeigt." Das Wort war kaum verständlich. "Aber er hat mir nichts getan. Mich nur angesehen und meinen Hals berührt." "Mit den Lippen?" Keine Spur von Vorwurf in Yokos Stimme, nur reine Neugier. Sie nickte gequält. "Und da war dieses Gefühl da, ich konnte nichts dagegen machen." "Gott, Aani", prustete Yuki laut los. "Ich wäre froh, wenn ich nur ein Ziehen im Unterleib spüren würde, wenn man meinen Hals küsst." "Den Eindruck habe ich nicht", grinste Yuichi. "Aber bei Yuki ist es viel heftiger. Was du empfunden hast, war völlig normal." "Wirklich?" "Schätzchen, es gibt nun einmal Körperteile, die sind empfindlicher. Es muss rein gar nichts mit Lust zu tun haben." "Bei jedem?" "Aani", seufzte Yoko und legte ihre Lehrerinnen-Mimik auf. "Der Hals ist eine erogene Zone. Klar, reagiert dein Körper, wenn er da berührt wird. Das ist völlig normal. Hat dein Herz das gewollt?" "Nein", gestand sie. "Dann musst du dir auch keinen Vorwurf machen." "Er hat gesagt, Inuyasha wolle mich nicht, weil er mich schon hatte. Er sei fertig mit mir." "Autsch", kommentierte Yuki und sah dann Yoko vorwurfsvoll an. "Gut gemacht, bravo." Yoko schüttelte den Kopf. "Zuma war schon immer einmalig darin, verbal zuzuschlagen. Er wollte dich nur verletzten. Ich habe ihn heute erbost und er musste an dir Rache üben. Tut mir leid, Aanilein." "Rede doch einfach mit unserem Casanova drüber", riet Yuichi. "Wenn er dir sagt, dass das normal ist, wirst du ihm garantiert glauben." Anjaani riss empört die Augen auf. "Ja, klar! Du, Saajan, ist es normal, dass mir heiß wird, wenn Zuma mich küsst?!" "Was zur Hölle!", brüllte Inuyasha hinter ihr. "Wann hat der Grapscher dich geküsst?!" Kreischend fuhr Anjaani zusammen, griff sich ans Herz. Yami lachte fies. "Marie", erzürnte sich Anjaani. "Das ist echt nicht witzig!" "Du hättest dein Gesicht aber mal sehen sollen", amüsierte sich Yuichi. "Entschuldige, Aani, ich konnte mich nicht beherrschen", lachte Yami, nun mit ihrer eigenen Stimme. "Nanu, was ist dir über die Leber gelaufen, Aurora?", wunderte sich Aryan, als er zum Abendessen kam. "Deine Freundin!", funkelte sie Yami an. "Dafür hafte ich nicht", erklärte er gespielt ernst. "Was treibst du für Unsinn, Süße?" "Keinen, wofür du Schadensbegrenzung leisten musst. Hallo, Sanam." Sie barg sich in seiner Umarmung und verschmolz an seinen Lippen, in seiner Wärme. "Hey, ihr habt eine eigene Wohnung dafür!", beschwerte sich die Inderin. Aryan sah Yami überrascht an, doch sie zuckte nur unschuldig mit den Schultern. "Wie hast du Aurora denn so erzürnt?" "Hoffentlich sagt sie es dir", atmete Inuyasha erleichtert aus. "Ich platze vor Neugier!" "Ich weiß es, ich weiß es", trällerte Yuichi. Inuyasha grummelte nur. Yuichi hatte Yuki auf dem Schoß und diese funkelte den weißhaarigen Dämon warnend an. "Sag's ihm, Mäuschen", nickte Yuki. "Ich habe Inuyashas Stimme missbraucht", grinste Yami. "Sie hat sich von dem Schreck noch nicht erholt." "Ich finde, das sagt alles", erkannte Aryan. "Mehr müssen wir nicht wissen. Yoko ist am Set und ich vermute, der Alpha-Vampir wird dort auftauchen. Inuyasha, halte dich bereit, falls etwas schief läuft." Und schon war das Thema gewechselt. "Was könnte denn schief laufen?", sorgte sich Anjaani und vergaß ihren Ärger. "Im gängigsten Fall, dass er ungeduldig wird, seine Prinzipien über Bord wirft und sich ihr aufdrängt. Aber das ist nur eine Sicherheitsmaßnahme, Kleines", beruhigte er sie. "Yoko macht ihre Arbeit vorbildlich." "Wäre Zuma nicht", verdrehte Yuki die Augen. "Ganz im Gegenteil." Aryans Augen funkelten. "So muss Romeo sich anstrengen. Die Gefahr besteht, dass sie ihm weggenommen werden könnte. Umso feierlicher wäre sein Sieg." "Was wäre der Sieg?", grinste Yami. "Ein Kuss oder sogar eine Nacht?" Aryan schüttelte den Kopf. "Weder noch. Der krönende Sieg wäre ein Biss." Yuki durchfuhr ein Schauer. Yuichi, der dies deutlich gespürt hatte, drückte sie an sich. "Wie wahr", flüsterte er in ihr Ohr. "Ein Biss ist die Krönung." Hitze stieg in Yukis Wangen. Sündige Erinnerungen erwachten. Ein Biss brachte sie binnen weniger Momente zum Gipfel. Himmel, sich in ihm zu verlieren, während er sich in ihr verlor… Ein Vampirbiss löste einen Orgasmus aus. Das war eine Tatsache, die sie nun ohne Zögern glaubte, denn Yuichis Mund an ihrem Hals oder Nacken löste genau das gleiche aus. "Ihr beiden habt auch eine eigene Wohnung", bemerkte Anjaani spitz und riss Yuki aus ihren Träumen. "Unschuldig", bekannten sich beide. "Lisas Energie brennt plötzlich. Geht Heim oder beherrscht euch." "Meine Güte, Nee-chan, bist du neidisch oder seit wann gönnst du uns nicht etwas Verliebtsein?", wunderte sich Yuichi. Anjaani knickte ein. "Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was los ist. Entschuldigt." "Hat Zuma dich geärgert", wurde Inuyasha misstrauisch. "Oder ist er dir gegen deinen Willen nahe gekommen?" Verdammt! "Nein", antwortete sie ehrlich. "Nicht gegen ihren Willen", lachte Yami. "Das ist ja ihr Problem." "Dein Chef ist wieder da", grollte Anjaani. "Oder warum versuchst du deine Laune an mir aufzubessern?" "Ich hätte gerne deinen Chef", zischte Yami zurück. "Ich wüsste mit ihm umzugehen. Dein Fehler ist, dass du dich von ihm einschüchtern lässt. Zuma ist umgänglich, du musst nur wissen, wie du mit ihm umzuspringen hast." "Ich bin nicht du", wehrte sich Anjaani. "Yoko hat ihn gezähmt. Ich habe nicht das Glück, wie sie auszusehen. Ich habe das Pech, dass er mich hasst. Abgrundtief hasst." "Weißt du denn immer noch nicht warum", sorgte sich Yuki. "Nein", seufzte sie niedergeschlagen. "Es ist nicht seine Schuld. Es war schon immer so, dass man mich verabscheut hat. Wenn ich nur wüsste, was ich falsch mache." "Du gibst du viel", erklärte Inuyasha. "Du bist selbstlos und die Leute nutzen dich aus. Sie sind es nicht gewohnt, wenn du dir mal nicht ein Bein für sie abreißt." "Du übertreibst", war ihr einziger Kommentar. "Was ist mit dieser alten Schulkameradin, die dich ständig anruft mit ihren Problemen? Sie war ausgerastet, weil du keine Zeit hattest und später zurückrufen wolltest. Sie sind abhängig von deiner Hilfe und viel zu verwöhnt. Dass du eigene Bedürfnisse hast, sieht keiner." "Am wenigsten du", sagte Aryan. Inuyashas Kopf fuhr zu ihm herum. "Was zur Hölle soll das heißen?!" "Ein Beispiel nur. Dein Fleischkonsum. Du weißt ganz genau, wie sehr es sie quält, rohes Fleisch auch nur anzusehen und trotzdem kannst du nicht drauf verzichten. Nicht einen einzigen Tag." "A-aber… für mich macht sie es doch gerne…" "Und da wären wir wieder bei deinem Argument. Du bist verwöhnt. Gerade du nimmst Aurora als viel zu selbstverständlich." "Nimm das zurück!" "Nein." Die Atmosphäre war angespannt. Das Knurren in Inuyashas Kehle wuchs und Aryan starrte ihn an, beunruhigend ruhig. "Oh-oh", flüsterte Yuichi. "Meint ihr, sie gehen aufeinander los?" "Nein", lächelte jetzt Aryan. "Dafür hat er viel zu große Angst vor Yami." "Schluss jetzt", beendete Anjaani das Ganze und nahm Inuyasha in Schutz. "Inuyasha ist mein Leben. Für ihn würde ich tagtäglich durch die Hölle gehen, wenn es ihn glücklich machen würde. Nii-san, du weißt doch ganz genau, was er mir bedeutet, das darfst du ihm nicht vorwerfen. Jedem, aber nicht ihm. Und jetzt esst, damit Chi-chan und mein Häschen endlich Heim können." Yuichi und Yuki grinsten sich an. "Unser neuer Schreibtisch ist gekommen." "Hat er die richtige Höhe?", lachte Yami. "Ganz genau die richtige", hauchte Yuki. "Wir müssen ihn nur noch aufbauen." "Super, unnötige Verzögerung." "Non", schmunzelte Yuichi. "Ich nenne es Vorspiel." "Yuichi ist ein geübter Handwerker. Er ist gründlich und sehr schnell." "Beim Vorspiel?" "Willst du mich ärgern", drohte Yuichi Yami. "Ich will endlich, dass ihr von Peking erzählt", regte sich Yami auf. "Wie war eure Reise?" "Das geht nicht", winkte Yuichi ab. "Das ist nicht jugendfrei." "Und wenn wir beide verreisen, Prinzessin?" "Was?", wirbelte sie zu Aryan herum. "Sollen wir zwei verreisen?" "Du?" "Genau, mit dir zusammen." "Wohin?", war sie baff und starrte ihren Freund ungläubig an. "Das ist dir überlassen. Aber ich habe an Indien gedacht." "Wann?" "Nächste Woche. Da hast du doch Urlaubstage genommen." "Warum?" "Weil ich mir Zeit mit dir wünsche." "Wirklich?" "Kriegst du auch mal wieder mehr als nur ein Wort raus", lachte er. Sie musterte ihn genauer. "Töte ihn", sagte sie trocken zu Inuyasha. "Was?!" Dem Hundedämon blieb fast der Bissen im Hals stecken. "Das ist doch nicht Aryan. Bring den Dämon da um und dann suchen wir den richtigen Aryan." Aryans Blick wurde zärtlich. "Ist das so unwahrscheinlich, dass ich mir eine Woche frei nehme?" "Ja", antwortete der komplette Tisch. "Es ist nicht unmöglich. Ich hatte noch nie Urlaub, warum jetzt nicht damit anfangen? Jeder Dämonenjäger hat Urlaub, wieso ich nicht?" "Weil du die Welt von dir abhängig gemacht hast", antwortete Yami sanft. Ein Tonfall, der selbst beim steinharten Aryan Gänsehaut auslöste. "Willst du gar nicht mit mir weg?" "Ich will mir keine Hoffnungen machen", erwiderte sie nüchtern. "Urlaub heißt für mich nonstop zusammen zu sein. In meinen Augen gäbe es nichts Schöneres. Das wäre mein größter Wunsch." "Und den möchte ich dir erfüllen", versprach Aryan. "Eine Woche auf Suraj." "Ist das deine eigene Insel?" Yamis Augen wurden riesig. "Nein", lachte Aryan. "Es ist ein kleiner, recht unbekannter Inselstaat im Süden Indiens. Vor fünf Jahren verhalf ich ihnen aus der Gefangenschaft der saudi-arabischen Regierung. Ich bin gern gesehener Gast beim Sultan." "Du bist quasi der Nationalheld?" "Ja, so sehen sie mich." Aryan selbst hasste es, verehrt zu werden. Allein das Wort Held war ihm zuwider. Diese Bescheidenheit war nur eine von unzähligen Eigenschaften, die Yami an ihm so liebte. Sie zog ihn am Kragen zu sich, seine Stirn berührte die ihre. Heiß, kribbelnd das Gefühl. Seine funkelnden Augen lösten Schwindel in ihr aus, Hitze, Begehren und unendliche Freude. Das war auf jeden Fall der echte Aryan. "Wir zwei fahren in den Urlaub? Du und ich? Allein?" "Fliegen." "Können wir nicht etwas nehmen, das sich an Land bewegt?" "Hoch über den Wolken mit mir" , raunte seine schöne Stimme in ihrem Kopf. "Dem Himmel fast so nah wie in deinen Armen." "Lange?" "Lange genug" , waren die verheißungsvollen Worte. "Was ist jetzt los?", wunderte sich Yuichi über die wechselnde Mimik der beiden. "Er hat ihr wahrscheinlich eine "lange Aufzugfahrt" versprochen", erriet Yuki. Ja, daran erinnerte sich Yuichi gerne. An den Aufzug… "Und weg ist Yuichi", lachte Yuki. "Genau wie Yami." Yuichis Gesicht spiegelte seine seligen Erinnerungen wider, doch Yamis strahlte wie die Sonne persönlich, ihre Augen funkelten wie Edelsteine und all die Müdigkeit und der Stress, die sie die letzten Tage im Griff hatten, waren wie weggeweht. Zum ersten Mal seit Tagen aß sie mehr als nur ein paar Bissen. Sie summte sogar vor sich hin. Der Zauber ihrer Stimme verbreitete Glückseligkeit im Raum. "Willst du gar nicht wissen, wohin wir genau verreisen", freute Aryan sich über ihre gute Laune. "Mir ist völlig egal, wo ich hinfliege. Du bist da! Ich verbringe Zeit mit dir!" Ihre Augen leuchteten, wie er noch nie Augen leuchten gesehen hatte. Sie war so wunderschön. Hatte er je eine schönere Frau gesehen? Nein, entschied sein Herz. Und sie gehörte ihm. "Für immer", flüsterte Yami leise. "Wo fliegt ihr hin?", interessierte sich Anjaani. "Wir anderen können keine Gedanken lesen." "Doch, du schon, wenn du dich anstrengst", korrigierte Aryan. "Das ist aber eine Sache des Kopfes, nicht des Herzens wie bei euch beiden." "Also stimmt es", platzte es aus Inuyasha heraus und er starrte Yuichi an. "Hatten wir doch recht!" "Du bist ein Blitzmerker, Flohteppich, weißt du das?", neckte ihn Yuki. "Einige Bedingungen müssen erfüllt sein, damit das mühelos funktioniert", erklärte Anjaani. "Ein Partner muss sehr feinfühlig sein, sonst könnte jeder Gedanken lesen. Dazu müssen sie füreinander bestimmt sein. Die Herzen müssen im gleichen Takt schlagen-" "Wieso können Yuki und ich es dann nicht?", wunderte sich Yuichi. "Weil man sich nicht nur seelisch, sondern auch körperlich einigen muss", erklärte Aryan. "Aber davor müssen nicht nur die Gefühle, sondern auch der Körper rein gewesen sein. Herz und Körper müssen quasi jungfräulich sein. Yami hat immer nur mich geliebt und ich habe vor ihr nie jemanden geliebt. Und unangerührt waren wir beide." "Heißt das, wer zusammen die Barriere der Jungfräulichkeit überwindet, trennt auch die Barriere der Seelen?", übersetzte Yuki. "Wenn man für einander bestimmt ist, ja." "Man darf also nur diese eine Person, die für dich bestimmt ist, je geliebt haben?" "Das tun wir", motzte Yuichi. "Nur mit dieser Person geschlafen haben?" Er brummte. "Wir könnten das, wenn Yuichi mir die Unschuld genommen hätte?" "Vielleicht, wenn er davor auch jungfräulich gewesen wäre." "Und wenn Aryan nicht so feinfühlig wäre, könnten wir das auch nicht." "Siehst du, es liegt nicht an mir, Schönheit! Wenn das die Bedingungen sind, schafft das keiner!" "Es ist sehr selten", gab Aryan zu. "Die schwierigste Bedingung ist wohl, die Person zu finden, für die man geboren wurde. Ein Herz, das mit deinem im selben Takt schlägt." "Ihr seid füreinander bestimmt", tröstete Anjaani den Japaner. "Das mit dem Gedankenlesen wäre schon cool", schmollte Yuichi. "Also komm", schnaubte Yami. "Wenn sich zwei wortlos verstehen, dann seid das eindeutig ihr beiden! Wie oft kommuniziert ihr nur mit den Augen? Ein Blick reicht oft aus und ihr wisst, wie der andere fühlt und sogar was er denkt. Ihr seid das perfekteste Team, das ich kenne." "Stimmt", sah Yuichi ein und schmiegte das Gesicht an Yukis. Sie schlang die Arme um seinen Nacken. "Ich spüre, dass du genauso ungeduldig bist wie ich, Schönheit." "Ich fürchte nur, ich kann nicht warten, bis der Schreibtisch sicher steht." "Regelt das daheim", verlangte Anjaani ungeduldig. "Ich will wissen, wo Aryan und Yami hinfliegen. Nii-san, ich platze vor Neugier!" "Ja, du müsstest irgendetwas Spektakuläres geplant haben", lächelte Yuki. "Eine Woche einsames Strandparadies", gab Aryan endlich preis. "Am zweiten Abend steht ein wichtiges Staatsbankett wegen dem Friedensvertrag an. Wir residieren im Palast des Sultans." "Oh." Die Augen der Frauen wurden riesig. "Heißt Staatsbankett etwa Ball?" "Ein rauschender Ball", bestätigte er Anjaanis Hoffnung. Anjaani strahlte und klatschte begeistert in die Hände. "Er nimmt den Nervenzwerg mit, nicht dich", erinnerte Inuyasha sie. "Ich weiß", lachte sie. "Ich freue mich für Yami, ich freue mich so sehr!" "Wow", wusste Yami nicht, wie sie darauf reagieren sollte. "Wenn du etwas machst, dann richtig." "Oh, du hast noch keine Ahnung." In Aryans Augen schimmerte etwas geheimnisvolles, etwas verheißungsvolles, das ihr Herz verrückt spielen ließ. "Wir fliegen Sonntag los. Montagmorgen sind wir da. Unser Urlaub." Was noch alles auf sie zukommen würde, konnte sie sich im Leben nicht vorstellen! "Beeil dich mit dem Essen", forderte sie ihn plötzlich auf. "Warte, Mäuschen, willst du keinen Nachtisch?" "Ich hole mir mein Dessert schon noch." Sie sah Aryan an und seine Augen begannen golden zu funkeln. Aryan schob seinen Teller beiseite. "Danke für das Essen, Kleines." Die zwei waren schneller verschwunden, als Anjaani blinzeln konnte. "Aani", nahm Yuki ihre Hand. "Irgendwann wirst du das auch verstehen." "Jetzt verschwindet endlich", grinste sie. Das ließen sie sich nicht zweimal sagen. "So still?", wunderte sich Yuichi im Wagen. "Fahr einfach", sagte sie nur. "Warum das denn?", tat er ahnungslos. "Man könnte fast meinen, du kannst es nicht erwarten, nach Hause zu kommen." Sie lehnte sich im Sitz zurück, schloss die Augen. Endlich allein und sie konnte ihre Gefühle zeigen. Sie war völlig ausgelaugt. Sein Grinsen verblasste. "Yuki, was ist los?" "Yui-kun, mein Tag war anstrengend, ich will einfach nur noch in die Badewanne." Oh. Er vergaß, dass sie den ganzen Tag auf Zack war. Ohne seine Yuki würde am Set rein gar nichts laufen. Sie leistete die Arbeit von drei Personen. Zeit, sie etwas zu verwöhnen. "Ein Schaumbad und danach eine Massage?" Yuki seufzte voll Wonne. "Oh, Yuichi, du bist der beste! Gibst du mir kurz dein Handy? Ich möchte jemandem schnell etwas schreiben." "Klar", reichte er ihr sein Mobiltelefon ohne zu Zögern. "Was ist eigentlich mit deinem?" "Akku ist leer." Die Drillinge waren wahre Meister im Lügen, doch Yuichis Kindergärtner-Antennen schlugen Alarm. "Yuki." Sie schwieg. Also log sie tatsächlich. Jetzt würde man sehen, wie gut er sie kannte. "Ich habe es schon lange nicht mehr in deiner Hand gesehen", überlegte er laut. "Ich war das Wochenende mit dir beschäftigt", erinnerte sie ihn, als sie, daheim angekommen, aus dem Auto stieg. "Ich hatte keinen Kopf frei. Und", schmiegte sie sich an ihn. "Lass uns jetzt bitte wieder miteinander beschäftigt sein." "Du lenkst mich ab. Was ist los?" Nichts wäre ihm momentan lieber, als sich in ihr zu verlieren, aber seine Alarmglocken schrillten laut. "Yuki, was stimmt nicht?" "Warum sollte etwas nicht stimmen?" Sie floh schon fast in die Wohnung. Nein, er würde nicht aufgeben! "Seit du am See diese ominöse Nachricht bekommen hast, fasst du dein Telefon nicht mehr freiwillig an. Was für eine Nachricht war das?" "Ich erinnere mich nicht mehr." "Lüge." Sie merkte erst, dass sie in der Falle saß, als sie mit dem Rücken gegen die Wand gedrängt wurde. Er schloss die Finger sanft um ihre Handgelenke, drückte sie gegen die Tür. Sein Körper an ihren gepresst. Und diese dunkelblauen, glühenden Augen. Noch nie hatte sie Bedrängnis als so erregend empfunden. "Hör auf, Yuichi." Ihr Atem wurde schneller. Ihm so ausgeliefert zu sein, machte sie wahnsinnig an. "Warum?", raunte er Millimeter über ihren bebenden Lippen. Er hielt sich kaum noch im Zaum. "Weil du mich grade unerträglich scharf machst." "Was stand in der Nachricht? Sag es mir, dann können wir hier endlich weiter machen." Sie gab nach. "Eine Drohung, falls du es genau wissen willst, von einer anonymen Nummer. Ich werde Aryan bitten, sich darum zu kümmern." "Warum droht dir jemand?" "Weil er vielleicht nicht einsehen will, dass ich nur dich liebe. Du hast es mich vergessen lassen, Liebling. Und jetzt will ich bitte nur an dich denken." Seine heißen, samtigen Lippen überwältigten ihren Verstand und sie ließ sich willenlos verführen. "Lass mich vergessen…" "Oui", knurrte er erregt. "Du wirst keine Chance haben, irgendwas zu denken!" Anjaani schloss hinter Yuichi und Yuki die Türe und setzte sich seufzend an den Tisch. "Ich habe gedacht, es würde weh tun", gestand sie und sah Inuyasha an. Er war ihr noch geblieben. "Wenn alle dich verlassen?", flüsterte er. "Und mich vergessen, ja. Aber das tut es nicht." Er legte stirnrunzelnd den Kopf schief. "Ich brauche nur dich." Aber er würde nicht ewig bleiben. "Dafür gibt es deinen Schwur", erinnerte sie ihn. "Saajan, du tust mir einen Gefallen", versicherte sie, als er dementsprechend reagierte. "Im Himmel wartet jemand auf mich, der mich liebt. Der mich liebt, wie man nur lieben kann." Oh. Aber solange er bei ihr war, konnte er das Beste draus machen. Ihre Anwesenheit genießen, zum Beispiel. Oder sie glücklich machen. "Du, Anjaani? Gehst du mit mir in den Garten?" "Natürlich, warum?" "Ich habe mir gedacht, wir holen uns unseren Nachtisch direkt vom Kirschbaum. Und danach noch Baden im See." Sie erhob sich. "Balkon oder Treppenhaus?" Er lachte nur. Und sie stürmte voran, über das Balkongeländer und sprang. Inuyasha erwischte sie im Fall, sie presste sich lachend an ihn. "Anjaani, verdammt! Dein Vertrauen in mich könnte dich noch Kopf und Kragen kosten!" "Wieso? Wirst du alt und eingerostet?" "Ich gebe dir gleich einge-" Ihre Lippen schmiegten sich an seinen Hals. Ihr Atem schien seine Haut zu verbrennen. Schwindel und dieses unerträgliche, zuckersüße Brennen erfassten ihn. Tat sie das absichtlich? "Was machst du da?", raunte er. "Stört dich das?" Sie sah ihn an. Er war längst im Garten gelandet, doch keiner dachte daran, den anderen los zu lassen. Es störte ihn nicht im Geringsten. Nein, es wunderte ihn eher, dass er da sensibel war. "Der Hals ist eine eher empfindliche Stelle", sagte er. Sie errötete leicht, ihre dunklen Augen schimmerten golden. So atemberaubend schön. "Eine e- erogene Zone?" "Ja", wurde er jetzt misstrauisch. "Wieso?" "Ist der Hals bei jeder Frau empfindlicher?" Und langsam dämmerte es ihm. Aber er blieb ruhig, denn es erfreute ihn, dass sie sich in der Angelegenheit ihm öffnete. "Ich kann nicht verallgemeinern, aber bei den meisten ist es eine erogene Zone. Die Haut ist dünn und gut durchblutet." "Zuma hat mich berührt", gab sie seufzend zu und jetzt ließ sie ihn los. "Ich wusste nicht, dass es so arg ist und leider…" Er sah die Qual in ihren Augen. "Es hat dir gefallen." Kein Groll, kein Vorwurf, nur die pure Erkenntnis. "Ich bin ans Set gerannt. Chi-chan meinte, meine Reaktion sei normal. Ich will nicht, dass es normal ist, dass mir Zumas Berührungen gefallen. Plötzlich warst du hinter mir, wütend. Ich habe mich so erschreckt. Aber es war nur Yami. Ich will nicht, dass du mich für eine Schlampe hältst. Es kann doch nicht normal sein, dass der Körper so reagiert. Irgendwie kann ich's nicht glauben." Er setzte sich ins Gras, direkt neben den riesigen Himbeerbusch. "Und wenn ich es dir bestätige, glaubst du es?" Weil er eine männliche Schlampe ist. Sie sah in seine Glutaugen. "Warum solltest du mich anlügen?" Nein, weil sie ihm bedingungslos vertraut. "Was hat der Grapscher denn genau gemacht?" Er ließ sie nicht aus den Augen, während er sich die süßen, roten Himbeeren zwischen die Lippe schob. "Ich habe ihn gefragt, wofür sein Tisch die richtige Größe hat." Inuyashas Augen wurden kugelrund und sie wurde noch roter. "Jetzt weiß ich es." Seine Ruhe war verflogen. Er fletschte die Zähne. "Er hat mir nichts getan", beruhigte sie und zwang sich, die Augen von seinen Reißzähnen zu nehmen. "Aber er hat meinen Hals berührt… und…" "Berührt oder geküsst?" Sie senkte die Augen und er zwang sich durchzuatmen. "Berührungen mit den Lippen sind intensiver als mit den Fingern. Es ist normal, dass dein Körper darauf reagiert." "Nicht arg", gab sie zu. "Aber zu arg, dafür, dass ich nichts für ihn empfinde." "Hat nur dein Körper darauf reagiert?" Ihn rührte ihr Vertrauen, das sie ihm schenkte. "Ja, aber reicht das nicht?" "Nein", sagte er entschieden. "Dass der Körper reagiert ist normal. Ein Ziehen im Unterleib, warme Schauer, erhöhter Puls, schnellere Atmung, rasendes Herz, Hitze, Schwindel, schwitzige Haut…" Goldene Augen. Sie setzte sich neben ihn. "Das hatte ich alles nicht", wunderte sie sich. "Nur das Ziehen da unten und Schauer." Sie strahlte plötzlich. "Kalte Schauer." Und seine Augen wurden sanft. "Ganz normale körperliche Reaktionen." Er steckte ihr prompt eine Beere in den Mund. "Also hör auf, dir den Kopf darüber zu zerbrechen." "Ist der Hals die einzige erogene Zone?" Sie sah ihn voller Unschuld an und diese Unschuld war so verdammt anziehend. Sein Puls begann sich zu erhöhen. Verdammt, all die beschriebenen Reaktionen hatte er pausenlos bei ihr. Es war schon völlig normal für ihn. "Nein, es gibt viele. Sie können bei jedem anders sein. Manche sind da empfindlicher, andere gar nicht." "So wie meine Brüste?" Über weibliche Körperteile zu reden, machte ihr rein gar nichts aus. "Eine erogene Zone", nickte er und die Erinnerung trieb Hitze in ihm hoch. "Du wärst überrascht, wo man alles empfindlich sein kann. Von den Ohren, über die Handflächen bis zu den Füßen. Ich bin am empfindlichsten an den Ohren." "Aber dich beruhigt es, wenn ich dich kraule." Er errötete leicht, es war so süß. "Das habe ich vorhin gemeint mit dem Unterschied zwischen Händen und Lippen." Ein Schauer überkam sie. Wenn sie sich vorstellte, dass er ihren Hals küsste. Seine Lippen, der heiße Atem. Sie senkte die goldenen Augen. Ja, ein himmelweiter Unterschied zu seinen Fingern. Und der Gedanke, seine weichen, zarten Ohren mit den Lippen zu streicheln… Was war nur los mit ihr? "Anjaani, nicht alles, was für den Körper angenehm ist, ist verwerflich." Er legte den Arm um ihre Schulter, drückte sie an sich und sie schmiegte sich genüsslich in den roten Stoff seiner Kleidung. "Du hast nie Zärtlichkeit erfahren, deshalb weißt du nicht, wo die Grenze ist." Wenn er sich vorstellte, dass sie nie umarmt wurde, getröstet, geküsst… wie konnte man nur diesen vollen, roten Lippen widerstehen? Sie sah ihn an, ihr Gesicht Zentimeter von seinem entfernt. Ihre Augen glühten satt golden. Er war zwar nicht feinfühlig, aber wonach eine Frau sich sehnte, wusste er zu gut. Und diese Frau hier, die Erfüllung all seiner geheimen Sehnsüchte, wünschte sich einen Kuss. Es wäre so leicht, so einfach, aber der einfache Weg war oft auch der verbotene. Das Gold ihrer Augen schrumpfte langsam, doch die Liebe darin blieb. "Komm, Saajan, wer zuerst auf dem Kirschbaum ist." Er grinste herausfordernd. "Gegen mich ein Wettklettern?" Sie sprang lachend auf. "Wer zuerst auf dem höchsten Ast ist." Sie war wirklich flink, wenn sie keinen Sari trug. Er hängte sich neben sie an den Ast. "Das ist unfair, du wiegst nur die Hälfte von mir." "Keine Ausreden, Spielverderber." Sie zog sich an ihm hoch, erklomm geschickt den Baum, sprang von einem Ast zum anderen. Er folgte ihr. War sie so mutig, weil sie den Tod nicht fürchtete, oder weil er bei ihr war? "Bleib hier, Anjaani", bat er. "Ich kann nicht weiter hoch." Sie war fast an der Spitze der Baumkrone. Die Äste schwankten beträchtlich unter ihr. "Hast du Angst?" Das Sonnenlicht hüllte ihren Kopf ein wie ein goldener Schleier. "Ich bin schwerer als du. Muskeln wiegen mehr als Fett." Sie schwang sich zu ihm herunter, ein warmes Lächeln um den Mund. "Niemand kann so perfekt sein wie du, Mister." Und steckte ihm lachend eine dunkelrote Kirsche in den Mund. "Sollen wir morgen zum Optiker, Saajan?" Er runzelte sie Stirn, den Mund voller Kirschen. "Einen Sehtest machen. Du bist wohl blind geworden", kicherte sie. "Oder waren die Frauen in deiner Zeit dünner?" "Kam auf den Wohlstand an", überlegte er. "Reichere Leute waren definitiv dicker. Aber unter den Dämoninnen war keine füllig." "Stimmt ja, ich vergaß", trällerte sie. "Dämoninnen sind perfekt." Sie strahlte ihn herzlich an. Die Mondsteinsonne schimmerte um ihren Hals. Er beobachtete sie aus dem Augenwinkel. Er hatte ihr gesagt, dass er keine schönere Frau als sie kannte. Die Worte hatte sie sich anscheinend gut eingeprägt. "Du weißt doch, dass du keine Kröte bist", schmatze er. "Ja, ich bin immerhin ein Molch", giggelte sie. "Anjaani, ich glaube, dass selbst in dir ein wenig Eitelkeit steckt", neckte er sie. Das überraschte sie jetzt. Sie schminkte sich nicht, sie stylte sich nicht, sie versuchte nie, ihre Vorzüge zu betonen. Alles an ihr war natürlich. "Würdest du an deinem Körper arbeiten, wenn du nicht eitel wärst?" "Gerade eben war ich noch fett", erinnerte sie ihn. "Solange du noch nicht rollst anstatt zu laufen." Sie schmiegte sich lachend an ihn. "Ich arbeite nicht an meinem Körper, ich halte ihn gesund. Sonst könnte ich das hier nicht." "Nein, Anjaani!" Sie sprang vom Baum, erwischte einen Ast des Apfelbaumes und schwang sich rüber. Grinsend warf sie ihm einen Apfel zu. "Unterschätze mich nicht, Mister." Mit einem Sprung landete er neben ihr. "Seit dieser Mistkerl von böser Seite dich angegriffen hat, bin ich etwas sensibel", gestand er. "Ich habe ihn aber erledigt", erinnerte sie ihn. "Und Aryan trainiert mich. Ich zweig es dir." Sie ergriff seine Hand, die gerade einen Apfel vom Baum schnitt. Seine messerscharfen Krallen wurden augenblicklich stumpf, als sie ihn berührte. "Was ist das denn?" "Das ist ein Reflex, damit ich dich nicht verletzen kann." "Seit wann denn?" "Seit du wegen diesen Dingern fast verblutet wärst. Sie werden automatisch ungefährlich, wenn du mich berührst." Sie sah ihn an. "Es ist eine seelische Blockade. Möchtest du, dass ich sie löse?" "Nein. Der Reflex ist nur bei dir aktiv. Was wolltest du mir denn zeigen?" "Ein Schutzschild, den Aryan mir antrainiert hat. Du kannst mich nicht verletzen, wenn es aktiviert ist." Ihre Augen zuckten auf seinen Mund. Doch da sie sich nicht vergoldeten, erkannte Inuyasha, was sie im Sinn hatte. Seine Zähne blitzten zwischen seinen Lippen hervor. "Nein!" Er rückte sofort von ihr weg. "Die sind genauso gefährlich wie meine Krallen." Aber er hatte sie unterschätzt. Ihre Augen blitzen golden auf und plötzlich waren seine Muskeln wie aus Stein. Er konnte sich nicht bewegen, war erstarrt. So sehr er es versuchte, er konnte sich keinen Zentimeter rühren. "Schließ die Augen", riet sie. Und sobald er sie nicht mehr sah, kehrte die Macht über seinen Körper zurück. "Aryan arbeitet dran. Aber ich werde besser. Du musst dir nicht solche Sorgen um mich machen. Ich habe schon einiges überstanden." "Damit willst du mir sagen, dass du mich nicht brauchst", knurrte er mürrisch. Es passte ihm gar nicht, dass er sich gegen sie nicht wehren konnte. "Stimmt, ich habe es ja auch ohne dich geschafft", lächelte sie traurig. "Aber weißt du, was der Unterschied ist?" Sie lehnte sich an ihn. "Ich bin glücklich." Er schmiegte seinen Kopf an ihren. Warum war es falsch, wenn es sich so richtig anfühlte? "Ist es für dich so neu wie für mich?", murmelte sie selig. "Nein, ich kenne es", antwortete er. "Aber ich habe es bisher nicht gemocht." Oder zumindest nicht erkannt, wie schön Zärtlichkeit war. "Bist du denn nie so mit diesem Verräter dagesessen?" "Kaum zu glauben, nicht wahr?", seufzte sie. "Aber ich war es nicht gewohnt. Die Drillinge sagten immer, das sei unnormal. Ich weiß wie herzlich sie mit ihrem Bruder umgegangen waren, wie viel Liebe und Zuneigung er ihnen gegeben hatte. Und ich habe es mir so sehr gewünscht. Raj hatte Bedingungen." Keine Berührung ohne Folgen. "Dieser verdammte Egoist! Warum hast du ihn nicht büßen lassen?" Sie richtete die Augen direkt auf seine und eiskalt durchfuhr es ihn. Zum ersten Mal sah er ein Quäntchen davon, was sie hinter ihrer Mauer versperrte. Dieses Quäntchen reichte aus, um ihn voll und ganz davon zu überzeugen, dass sie qualvoll verenden würde, könne sie die Mauer nicht mehr aufrecht halten. "Saajan, er ist vergleichsweise das harmloseste, was mir widerfahren ist. Aber ich kann ihn vergessen, im Vergleich zu anderem…" Sie brach ab, Reue im Blick "Wirst du es mir je verraten?", flüsterte er mit dieser Zärtlichkeit, die ihm ihr Herz sicherte. Doch ihre Augen wurden hart. "Wirst du mich fangen können? Wirst du stark genug sein, mich zu tragen?" "Ja", antwortete er ohne zu Zögern. "Dann tanz mit mir." Es war diese eine, alles sagende Reaktion, das kurze Abwenden seines Kopfes. Instinktiv, reflexartig. Er bereute es sofort, doch es war zu spät. Sie starrte ihn an, schien ihn mit ihren Augen röntgen zu können. Ihre Stimme trifte vor blanker Enttäuschung. "Das war deine Antwort, Inuyasha. Und solange sie nein lautet, hast du kein recht hinter die Mauer zu blicken." Und sie sprang, fort von ihm, in die Tiefen ihrer Einsamkeit. Seufzend beendete Yoko ihr Telefongespräch. Es wäre zu viel verlangt, dass Anjaani einmal Glück in ihrem Leben hatte. Dabei war ihr Glück so nah, dass sie es berühren konnte. "Meine Ewigkeit für deine Gedanken." "Mein Gedanken für die ewige Stille", erwiderte sie, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie sah ihn an und erkannte gerade noch die Bewunderung, die Romeo hastig aus seinen Sturmwolkenaugen verbannte. Es imponierte ihn, dass sie sich nicht erschrecken oder überraschen ließ. "Du bist doch alleine hier." Er deute auf die Szene eines rauschenden, romantischen Balls. Die drückende Enge ihres Büros hatte Yoko nicht ertragen, meinte sie doch überall den Blick eines gewissen silbergrauen Augenpaares zu spüren. "Ich war alleine hier." Der Vorwurf klang deutlich aus ihrer samtenen, katzenhaften Stimme. "Du bist nicht erfreut, mich zu sehen?", rutschte es ihm heraus. Yoko legte den dicken Stapel Dokumente beiseite und rieb sich die Schläfen. "Ich zerfließe innerlich vor Glück." "Glück? Du kommst mir nicht gerade glücklich vor." Nicht eine Spur von Spott in seiner Stimme, reine Erkenntnis. "Wie kann ich dich glücklich machen?" "Bring mich hier weg." Es war eine spontane Antwort, unüberlegt, ehrlich. Er überlegte keine Sekunde. "Ich bringe dich in meine Welt." "Für immer?!" "Für heute Nacht", lachte er. "Kommst du mit?" Ohne zu Zögern reichte sie ihm die Hand. Er zog sie an sich. Es war warm und angenehm, fast wie bei Yuichi. "Vertraust du mir?" "Das werden wir sehen", lächelte sie ihn an. "Wo möchtest du hin?" "In deinem Schatten gehüllt zu den Sternen." "Ihr Wunsch ist mir Befehl, Señorita. Erlebe mit mir den Zauber der Nacht." Weit entfernt von allem Gewöhnlichen und Sterblichen tauchten sie ein in die Welt der Nacht. Er trug sie fort von den Lichtern der Stadt, fort von dem Lauten, dem Geschäftigen, hinein in des Mondes Stille. An seiner Hand ließ sie alles hinter sich und gab sich der Magie des Mondes hin. Yoko betrachtete den silbernen Zauber um sich, all die seltsamen Wesen, die in Mondlicht getaucht, den magischen, fremden Melodien verfallen waren. "Ein sehr starker Zauber", flüsterte sie. "Stark genug, dich in die Knie zu zwingen, Señorita?" Sie sah ihn an, das Mondlicht funkelte in seinen Augen. "Für heute Nacht." Und sie versanken gemeinsam im Zauber der Nacht. Zeit existierte nicht, Schwere existierte nicht. Nur Leichtigkeit. Es war wie in ihren Träumen, wie in ihren romantischsten, wildesten Phantasien. Wäre so ihr Leben mit ihm? "Bin ich der einzige Mensch hier", fragte sie Romeo nach Jahren, wie es schien. Er vergrub die Lippen in ihrem Haar. "Die einzige Sterbliche, ja." "Dann sind wohl die, die mich so ansehen, deine Artgenossen." Romeo hatte nur Augen für sie. "Wie sehen sie dich denn an?" "Hungrig." Er lachte leise auf, fröhlich, sinnlich und etwas düster. Eine unwiderstehliche Mischung. Yokos Herzschlag erhöhte sich dramatisch, als sie ihm in die Augen sah und den Blick nicht abzuwenden schaffte. "Du bist ein besonderer Leckerbissen. Aber du gehörst mir." "Nur dir." Was redete sie da? Und warum schlang sie die Arme um seinen Nacken? Sie war diesem Zauber so lange erlegen, dass er sie überwältigte. Sie gab sich ganz diesem Traum hin und erlaubte Romeo die Kontrolle. "Diese Welt ist schöner als in meinen Vorstellungen", flüsterte sie, Millimeter von seinen erwartungsvollen Lippen entfernt. Seine Pupillen waren so geweitet, dass sie fast die komplette Iris bedeckten. "Der Traum ist nicht vorbei", raunte er. "Gib dich mir hin und lass mich dich ins Paradies geleiten." Alles in ihr schrie ja und Romeo sah sich als sicheren Gewinner. Doch sie blockte seinen Kuss ab. "Noch nicht", sprach sie nüchtern. "Ich will weg von hier. Bring mich zurück in meine Welt." Er hatte gar nicht damit gerechnet und war völlig vor den Kopf gestoßen. Hoffentlich hatte sie ihr Glück nicht überstrapaziert. Dass Inuyasha in rettender Nähe war, tröstete sie ungemein. Denn trotz seiner sanften Art, spürte sie Gefahr in Romeo. "Ich unterschätze dich immer wieder", erkannte er verblüfft. "Ich mag es nicht, wenn man mich manipuliert", sagte sie nun lauter und wandte sich abrupt von ihm ab. Es tat weh, diesen Ort zu verlassen. Vom Traum zurück in die Wirklichkeit. Was gäbe sie dafür, alles hinter sich lassen zu können. Doch sie hatte schon als Kind verstanden, dass Träume nur in ihrem Kopf existieren. "Yoko!", rief es hinter ihr. "Ja, was ist?" "Geh nicht", bat er. "Ich möchte, dass du bei mir bleibst." "Und weißt du, was ich möchte? Dass du meinen Gefühlen die Möglichkeit gibst, sich alleine zu entwickeln. Wie soll ich dir so trauen?" Er sah sie hilflos an. Verschiedene Gefühle kämpften in ihm, man sah es in seinen Gesichtszügen. "Ich wollte dir nur meine Welt zeigen." "Hör auf, meinen Willen unterwerfen zu wollen. Ich bin und werde nicht dein Eigentum sein. Akzeptiere das." "Keine Tricks mehr. Versprochen." "Danke. Bringst du mich Heim?" Er versteckte die Unsicherheit, die ihn packte und beugte sich ihrem Willen. "Wie fliegt ihr?", murmelte sie im Schutz seines Schattens. "Mit dem Mondlicht. Es gibt uns die Kraft dazu. Verrate es niemandem." "Ist es denn so geheim?" "Niemand außer einem Vampir darf es wissen. Es ist heilig." Er setzte sie auf ihrem Balkon ab "Du solltest die Türe schließen", bemerkte er vorwurfsvoll. "In der Nacht lauern Gefahren." "Größere als du?" "Unwahrscheinlich." Sie trat einen Schritt zurück, um ihn besser betrachten zu können, den Ursprung ihrer geheimsten, dunkelsten Phantasie. "Ist es jetzt vorbei?" Anscheinend war ihm die Frage ungewollt entschlüpft, denn er schien sie zu bereuen, als er die Hand in sein blondes Haar fahren ließ. Dann fügte er noch, um Missverständnisse auszuschließen, hinzu: "Dieser Abend, meine ich." "Ich weiß, ich erwecke nicht den Eindruck, Romeo. Aber das war bisher der schönste Tag meines Lebens." Zumindest einer der schönsten. Seine Augen glühten auf, er barg seine Freude kaum. "Also habe ich dich glücklich gemacht, Señorita?" "Überglücklich", strahlte sie. "Bist du denn glücklich, Romeo?" Sie wandte sich um, trat zurück in ihre Wohnung. Es war eine stumme Einladung, ihr zu folgen. Und er nahm sie wortlos und dankbar an. Doch er schloss die Türe. "Mir steht die Welt offen, die Unendlichkeit des Seins. Und doch berührt mich nur dieser Moment. Dieser Abend mit dir." "Ich sage dir warum." Sie sah ihn nicht an, als sie eine Weinflasche entkorkte. "Zeit mit mir ist kostbar, weil sie endlich ist." "Sie könnte unendlich sein." "Und macht unendliche Zeit glücklich?" "Es kommt darauf an, mit wem man diese Zeit verbringt." Jetzt hob sie die ockergelben Augen zu seinem Gesicht. "Mich reizt die Unendlichkeit nicht. Auch ein Glas?" Er lächelte dunkel. "Die rote Flüssigkeit, die ich bevorzuge, ist eine andere." Sie hielt seinem Blick stand, seine Pupillen weiteten sich. "Vermutlich direkt von der Quelle. Ich kann dir nicht geben, was du begehrst, aber ich kann damit dienen." Sie drückte ihm ein Glas in die Hand, halbvoll mit dem klaren, bordeauxfarbenem Rebensaft. "Es ist fast körperwarm. Ich wette, so bevorzugst du es." Er betrachtete sie intensiv über den Rand seines Glases. Sie erwiderte seinen Blick. Er schaffte es nicht, dass sie die Lider senkte. Diese Frau war bemerkenswert, einzigartig. "Können Vampire Gedanken lesen?", fragte sie plötzlich. "Nur bei Menschen, die sich durchschauen lassen. Verrate mir, warum du unglücklich bist. Jemand so einzigartiges wie du." Er hatte nicht erwartet, dass sie sich geschmeichelt zeigte, doch diese Reaktion verblüffte ihn. Sie lachte verächtlich auf. Bitterkeit trat in ihre Augen. "Einzigartig? Das ist das letzte Adjektiv, das auf mich zutrifft!" "Ich verstehe nicht", war er irritiert. "Eine Frau mit deiner Stärke, deiner Intelligenz, deiner Schönheit. Mir ist niemand begegnet, der wie du ist." "Mir schon, gleich zwei. Ich bin ein eineiiger Drilling." Eine neue Überraschung, die ihm kurz die Stimme raubte. "Hier habe ich Fotos." Sie holte ihr Handy aus der Handtasche, setzte sich damit auf das Sofa. Er ließ sich neben sie nieder. Der Abend verlief nicht, wie er ihn sich ausgemalt hatte und doch wollte er es nicht anders. "Oh", entfuhr es ihm, als er ein Bild ihrer Schwestern sah. "Das sind Kopien von dir. Unfassbar, dich gibt es drei Mal." "Ich bin die Mittlere", lächelte sie. "Dein Haar ist eigentlich rotbraun." Ohne darüber nachzudenken fuhr er durch ihr schwarzes, schimmerndes Haar. "Eine seltene Farbe für jemanden deiner Abstammung." "Was gefällt dir besser?" Wärme stahl sich in ihre Augen. Augen, die für eine Japanerin noch ungewöhnlicher waren. Sie blätterte weiter. "Welche bist du? Hoffentlich die Rote." "Natürlich die Rote." "Ausgezeichneter Farbgeschmack, Señorita Yoko." Sie lachte. Fröhlicher als sonst. Sie war tatsächlich glücklich. "Da haben wir wohl etwas gemeinsam." Er beugte sich neugierig näher. "Wer ist das?" Sie sah ihn an. Plötzlich wurde ihnen bewusst, wie nah sie sich waren. Und wieder stieß sie ihn völlig vor den Kopf. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter. Ihr Haar roch betörend nach Jasmin. Er hatte Mühe seine Gedanken zu sortieren. "Wer ist der Japaner mit…" "Mit den Saphiraugen. Du hast ihn in meinem Herzen gesehen, aber falsche Schlüsse gezogen." Und sie erzählte ihm von Yuichi. Von ihren Schwestern und wie neidisch sie auf die Liebe zwischen Yuki und Yuichi war. Wie sehr sie sich auch nach dem Glück von Yami sehnte. Nur Aryans Name blieb ungesagt. Noch nie in seinem Leben hatte Romeo sich so mit einer Frau unterhalten und noch nie in seinem langen Leben hatte es ihn tatsächlich interessiert. "Wissen deine Schwestern von mir?", entfuhr es ihm plötzlich. "Glaubst du, die hören mich, von ihrem Platz aus den Siebten Himmel? Ihnen reichte dein Name und sie konnten mich nicht ernst nehmen." "Ist es denn etwas ernstes zwischen uns?", fragte er sie leise. Yoko blinzelte, ihre Wangen röteten sich. Abrupt stand sie auf, lief zur Weinflasche. Dieses Verhalten ließ sein Herz rasen. Es gab ihm die Sicherheit, die er brauchte, deshalb beließ er es dabei. "Wer ist der Blonde, der deinem Bruder so ähnlich sieht?" Das war die falsche Frage. Wut blitzte in ihren Augen auf, das Weinglas zerbarst in ihrer Hand. Der unwiderstehliche Geruch von Blut drang in seine Nase. "Yoko, du blutest!" Besorgt eilte er zu ihr, doch unwirsch wusch sie sich die Hand und wickelte sie in ein Stofftuch. Er hatte für diesen Abend tatsächlich Zuma aus ihren Gedanken vertrieben. "Das Thema ist tabu." Es gefiel ihm nicht, wie kalt ihre Stimme klang. Das war also der Mann, der ihr das Herz gebrochen hatte. "Es ist tabu, wenn er dir noch etwas bedeutet." Yoko starrte ihn an, verblüfft. Dann gab sie nach. "Sie haben denselben Vater, sind sich im Charakter aber gar nicht ähnlich. Er ist kalt und gleichgültig. Ich bedeute ihm nichts, niemandem bedeute ich etwas. Weil ich der unbedeutende Drilling bin. " "Du bist nicht unbedeutend." Sie riss die Augen auf. "Ich spreche sehr gut Französisch, Señorita. Warum glaubst du, bist du weniger wert als deine Schwestern?" "Begegne ihnen, dann weißt du es. Du kennst Yukis Talent nicht… und Yami… Gott, Yami muss nur den Mund aufmachen! Sie hat eine Stimme, der Tod würde vor ihr niederknien. Ein Wort von ihr und ich verliere d-" Sie verstummte schlagartig. Er trat an sie heran und sie ließ sich in seine Arme ziehen, warm, geborgen. Sie hatte Vampire immer mit Härte und Kälte assoziiert. Sein Herz raste, sie spürte es unter ihren Fingern. "Du verlierst mich?", hauchte er überwältigt. Sie antwortete nicht, doch sie schlang die Arme um ihn. Romeo war wie gelähmt. Gefangen im Moment. Und zum ersten Mal in seinem Dasein wünschte er sich die Unendlichkeit. "Ich will dich kennenlernen", hauchte sie in seinen Armen. "Und ich will, dass du mich kennst." "Was ist das?", murmelte er. "Das was ich fühle… es ist so warm. Du bringst mein Herz zum zerspringen, nur durch eine Umarmung." "Ich wusste nicht, dass Vampire einen Puls haben." Jetzt lachte er laut auf. "Ich habe sogar ein Spiegelbild! Hölle, ich muss dich aufklären! Hast du Zeit?" Sie sah zu ihm hoch. Er war etwas größer als Zu- als Yuichi, aber ein wenig keiner als Aryan. "Die ganze Nacht. Oder schläfst du nicht?" Wieder lachte er. "Ich schlafe, weniger als Menschen, aber ich brauche Schlaf." "Dringend, wenn ich mit dir fertig bin." Denn er unterschätzte Yokos Fragen-Bombardement. Der Morgen graute, als Romeo erwachte. Wann war er eingeschlafen? Wie kam es, dass er so gut geschlafen hatte? Und wo befand er sich? Irritiert sah er sich um. Yoko? Träumte er? Engelsgleich lag sie neben ihm. Sie waren tatsächlich nebeneinander eingeschlafen. Wieder erfasste ihn diese zärtliche Sehnsucht. Er hatte nicht erreicht, was er erreichen wollte und doch wusste er, er hatte gewonnen. Liebevoll hauchte er ihr einen sanften Kuss auf die Stirn und verschwand im Silberschein des Morgennebels. Und Yoko lächelte still. Yuichi erwachte früher als sonst. Die Nacht hatte er geschlafen wie ein Stein. Yuki hatte ihn bis zum geht nicht mehr erschöpft. Dieser wunderbare Sinn seines Lebens, der friedlich neben ihm lag. Er verschwand nur kurz im Bad, um danach wieder in das Paradies zu versinken, dass ihm Yuki eröffnet hatte. Doch sein Blick fiel plötzlich auf ihre Handtasche. Ihr Handy ragte raus. Wenn sein Verstand gegen seine Neugier kämpfte, siegte immer haushoch seine Neugier. Doch ihr Handy war ausgeschaltet und durch ein Passwort geschützt. Was für eine Zahlenkombination würde sie nehmen? Ihr eigenes Geburtsdatum garantiert nicht. Sie liebte Zahlen, liebte die Logik dahinter. Was war das wichtigste in Yukis Leben? Einen Versuch war es wert. Er gab die Zahlen 0603 ein. Sein Geburtsdatum. Der 6.März. Leider falsch. Aber Yuki liebte die Vollkommenheit, die Vollständigkeit. Er gab sein komplettes Geburtsdatum ein: 06031990. Um mit einem vertrauten Geräusch leuchtete das Gerät auf. Wärme erfüllte ihn. Sein geliebtes Häschen! Nur kurz nachsehen, dann würde er sie sofort wieder in seine Arme schließen. Sie hatte viele Nachrichten, von ihm unbekannten Kerlen. Einige nach ihrem Zusammenkommen und viele davor. Zweifellos alles Anmachen und Avancen. Und steinhart wehrte sie alle ab. Ausnahmslos. Als ihm die Nachricht ins Auge sprang, die er suchte. Eine unterdrückte Nummer… Es waren tatsächlich drei kleine Worte und ihr Name. Er ließ die deutschen Worte von seinem Handy übersetzen und eiskalt überkam es ihn. Seine Eingeweide schrumpften zusammen. Jetzt verstand er ihre Reaktion auf diese Nachricht. Es war blanke Angst gewesen. Eine Nachricht von Lukas: Du bist tot, Häsle. Der Kerl, der versucht hatte, sie zu töten, schickte ihr eine Morddrohung. Der Kerl, den Aryan anscheinend hinter Gitter gebracht hatte, lauerte dort draußen… lauerte darauf es zu beenden. Er wollte sie töten. Yuki war in Lebensgefahr. Kapitel 30: hart und unnachgiebig --------------------------------- Eine Unruhe quälte Yami Higurashi und schien ihr schier die Eingeweide zu zerfressen. Eine Unruhe, wie sie sie noch nie in ihrem Leben verspürt hatte. Sie war verkrampft, nervös und so langsam kam die Angst hinzu. Sie sah Aryan an und Kälte erfasste sie. Aryan hatte den Blick auf die Straße gerichtet, tief in eigenen Gedanken versunken. Normalerweise hätte er sofort bemerkt, was mit ihr nicht stimmte, doch er schien keinen Atemzug für sie verschwenden zu wollen. Aryan war nicht angespannt, nicht nervös, Yami neben ihm schien ihm nur völlig egal zu sein. Er war auch nicht unfreundlich, nein, aber die Wärme fehlte, diese Zärtlichkeit, die ihr zeigte, dass sie für ihn etwas Besonderes war. Er schien abgelenkt, war kühl, abweisend. Sie war heute Morgen in einem leeren Bett aufgewacht, beim Frühstück glänzte er auch durch Abwesenheit. Als er endlich erschienen war, hatte er ihr keinen Kuss gegeben, keine Berührung, nicht einmal ein richtiger Blick. Was war nur los? Jetzt saß sie neben ihm im Fiat der Drillinge und hatte nicht die geringste Ahnung, wo sie hinfuhren. Er war wortkarg und sie hatte keine Lust, gegen eine Wand zu reden. Sie hoffte nur inständig, dass er eine Überraschung geplant hatte. Das würde sein Verhalten erklären. Doch ihr Magen schmerzte, als würde er gerade von Säure zerfressen werden. Etwas stimmte nicht und es machte ihr wahnsinnige Angst. Und die Panik brach schlagartig aus, als sie erkannte, wo Aryan ihren Wagen parkte. Nein! Oh nein! Bitte lass es nicht das sein, was sie vermutete! Stocksteif waren ihre Gelenke, als er darauf wartete, dass sie ebenfalls ausstieg. Sie stellte sich neben ihn und er machte keine Anstalten, ihre Hand zu nehmen. Nie war er ihr so fremd vorgekommen. Sie sah noch einmal nach. Es war sein Gesicht, seine grünen Augen, doch all die Liebe fehlte. "Dein Gepäck ist schon in deinem alten Zimmer", sprach er endlich und deutete auf das Haus ihrer Eltern. Wie bitte? Hatte sie sich verhört? Er sah sie an. Er sah sie an, als sehe er irgendeine Frau. Sie war so entsetzt, dass sie kein Wort herausbrachte. Warum brachte er sie hierher? "Ich muss für zwei Wochen weg." Es waren fremde Worte. Sie verstand sie nicht. "Warum? Warum muss ich dann hierher?" Ihre Kehle war wie zugeschnürt, sie presste die Frage mit Mühe heraus. Sie spürte das unangenehme Brennen von Tränen in ihren Augen. "Unser Urlaub fällt aus, weil…" Sie hörte ihm nicht mehr zu, sah, wie sich sein Mund bewegte, doch in ihren Ohren rauschte es laut. Und die Erkenntnis schlug ein wie ein Blitz, zerriss ihr Inneres grausam. Es zwang sie vor Schmerz fast nieder. Aryan sah sie nicht an. Sie ging Retour. Er gab sie zurück. Er wollte sie nicht mehr. "Warum schickst du mich zu ihnen zurück?" Die Eiseskälte lähmte sie. "Weil ich dich nicht mehr will." Klar, nüchtern, als wäre es eine Nebensächlichkeit. Und es zertrümmerte Yamis Welt. Jetzt hielt sie dem Schmerz nicht mehr stand, er zwang sie in die Knie. Verzweifelt streckte sie die Hand nach ihm aus. Er war so nah und doch unerreichbar. "Du bist nicht, was ich mir gewünscht hatte", erklärte er entschuldigend. "Und jetzt wirfst du mich weg?" Schluchzer erschütterten ihre Worte. Ihr Herz zerfetzte, sie bekam kaum noch Luft. "Entschuldige", zuckte er mit den Achseln. "Ich fühle mich bei ihr wohler." "Aber sie… sie sieht nur einen Bruder in dir… und… u-und…" Der Schmerz raubte ihr beinahe den Verstand. "Sie ist besser als du. Sie ist der bessere Mensch." So einfach war das. "Nein!", schrie sie, als er sich abwandte. "Warum bringst du mich zurück, wie eine kaputte Ware? Sie wollen mich doch nicht!" Ein letzter Blick traf sie, voll Gleichgültigkeit. "Sie wollen dich auch nicht. Niemand will dich. Mach dir mal Gedanken, warum das so ist." Er wandte sich ab, stieg in das Auto und sie sah zu, wie er fortfuhr. Aryan war weg. Es schüttelte sie so stark, dass sie aus dem Alptraum erwachte. In Tränen aufgelöst lag Yami zusammengekrümmt in ihrem Bett. Instinktiv tastete ihre Hand neben sich. Leere. Allein. Kein Aryan. Er hatte sie tatsächlich verlassen. Sie schrie auf, versuchte ihren Schmerz im Kissen zu ersticken. Der Schmerz tobte und zerriss ihre Brust und sie meinte, es keine Sekunde länger auszuhalten. "Yami! Mein Gott, was ist los?" Starke Hände griffen nach ihr. Wärme versuchte den Schmerz, das Grauen zu vertreiben. "Inuyasha… Inuyasha, ich… i-ich…" "Inuyasha?", fragte die Stimme verständnislos. "Verwechselst du mich jetzt wirklich mit ihm?" "A- Aryan?" Er war da?! Mit einem Ruck richtete sie sich auf. Aryans Augen wurden besorgt. "Du lieber Himmel, mein Herz, was ist denn mit dir los?" "W-weg… du warst weg…" "Ich hatte Durst. Ich war nur kurz in der Küche." Das war zu viel. Yami brach in erneuten Tränen zusammen. Er barg sie in seinen Armen. Gott, er war da! Seine Nähe, seine Stärke, sein Duft, seine Wärme, seine Haut… oh Gott! Oh Gott im Himmel! Aryan! Sacht tastete Aryans Geist an ihren und sie öffnete sich, schwach und gebrochen. Sie wusste, er sah sich ihren Alptraum an, der sie so tief entsetzt hatte. Und plötzlich schämte sie sich. Es war lächerlich im Vergleich zu dem, was er träumte. Aryan sah das aber nicht so. "Das ist ja furchtbar." Seine Stimme klang gequält. Er drückte sie fester an sich. "Das würde ich niemals tun, Prinzessin. Das wird niemals geschehen. Ich liebe dich doch über alles." "A- Aani", schniefte sie leise. "Ist sie der bessere Mensch?" "Das weiß ich nicht, das kann ich dir nicht sagen." Sie verkrampfte sich. "Also doch… sie ist besser für dich." "Nein, das ist nicht wahr", widersprach er entschieden. "Für mich bist du die Beste. Du bist perfekt. Glaubst du, ich bin so blöd und gebe dich jemals auf? Es war ein schrecklicher Traum, aber du weißt, dass er niemals wahr wird." "Aani hat gesagt…" "Ich weiß, was sie gesagt hat." Und tief im Inneren versteckte er seine eigene Angst. "Ich liebe dich", flüsterte er und legte sich mit ihr zurück ins Bett. Sie klammerte sich an ihn, das Gesicht fest an sein Herz gepresst. "Ich habe auch Angst, dich zu verlieren, sehr große Angst. Liebe macht verwundbar, aber auch stark." "I- ich bin nicht stark", stotterte sie leise. "Ich habe solche Angst vor einem Leben ohne dich." "Ich auch", gab er zu. "Ich hatte nie solche Angst vor etwas. Aber ich kann dir meine Schwäche zeigen, damit du mich stark machst." "Zusammen stark", murmelte sie. "Weil wir alleine nicht mehr vollständig sind." "Und Aanis Vorhersehung?" "Wir sind stärker als das Schicksal." "Was ist denn hier passiert?", wunderte sich Yoko, als sie in die Frühstücksrunde blickte. Statt dem üblichen Gekuschel, Geturtel und Gekicher empfing sie drückende Stille. "Es kann doch nicht sein, dass ich die einzig fröhliche hier bin?" Niemand beachtete sie. "Dass Inuyasha Mist baut, ist schon die Regel", fuhr sie fort und deutete dann auf ihre ältere Schwester. "Aber was ist mit Bonnie und Clyde los?" "Ich warte auf Aryan", antwortete Yuichi knapp und kühl. Yoko hob die Brauen. In diesem Gemütszustand war er kaum von seinem älteren Halbbruder zu unterscheiden. "Wieso? Soll er euren Schreibtisch fertig bauen?" "Nein", knurrte er genervt. "Er soll seine Arbeit tun und dafür sorgen, dass der Bastard, der Yuki töten will, keine Gelegenheit dazu hat!" Yoko sah Yuki auffordernd an. "Er hat in meinem Handy rumgeschnüffelt. Eigentlich müsste ich sauer sein." Yuichis Gesicht war ungewohnt finster. "Du brauchst ein besseres Passwort." "Er hat dein Passwort geknackt?" "War sehr schwer. Welches ist dein Passwort, Yoko?" Mit dieser Laune gefiel er Yoko gar nicht. "Mein Passwort sind die Ziffern aus Zumas Geburtsdatum", antwortete der rote Drilling und grinste dann. "Wirklich? Oh, welch unerwartete Gefühlsduselei von unserer Mademoiselle Steinhart." "Den Fehler mache ich nicht mehr. Ich habe es schon in sein Sterbedatum geändert." "Das wird dir nix nützen, wenn er dich vorher umbringt!" "Wer denn? Warum sagst du mir nicht, was los ist?" "Nachher, Yoko. Ich will zuerst mit Aryan reden." Yoko winkte unwirsch an. "Es bringt dich nicht um, es mir schnell zu verraten." Yuichi verschränkte die Arme vor der Brust und schwieg eisern. Bemerkenswert, wie viel der sonst so guten Stimmung in der Truppe, allein ihm zu verdanken war. Die Tür öffnete sich endlich, doch auch von Aryan schien sich Ausgelassenheit und Frohsinn fern zu halten. Yami schmiegte sich bedrückt an ihn. "Heute herrscht wohl eitel Sonnenschein", bemerkte der General kurz, fixierte dann Anjaani und setzte sich an seinen Platz, ohne sie, wie vorher üblich, zu umarmen. "Aurora, wir müssen uns unterhalten." "Non, erst müssen wir uns unterhalten." Aryan wandte sich ihm überrascht zu. "Wo steckt Lukas Mooser zu Zeit?" Yuichi kam gleich auf den Punkt. "In Haft. Wieso?" "Wie kann er Yuki dann Morddrohungen schicken?" Alle wandten sich ihm erschrocken zu. "Ich versichere dir, er persönlich wäre dazu nicht in der Lage." "Dann ist das hier wohl nur ein schlechter Scherz?" Er reichte ihm Yukis Handy und Aryan runzelte die Stirn. Yoko und Yami beugten sich über das Display. "Ja, das ist von Lukas. Er hat sie als einziger Häsle genannt." "Die Nachricht ist eine Woche alt, wieso hast du mir nichts gesagt?" Yuki war wie Yami, sie gab nicht klein bei, ließ sich nicht verunsichern und erst recht keine Schuldgefühle einreden. "Weil ich es verdrängt habe", sagte sie ihm offen und ehrlich ins Gesicht. "Wir waren am See und ich wollte mir den Tag nicht ruinieren. Danach hatte ich genug Ärger und Chaos mit Yuichi und über das Wochenende hatte ich anderes im Kopf. Ist es den ernst?" "Es ist eine direkte Morddrohung", stellte Aryan klar und unbewusst drückte er Yamis Hand. "Ich glaube, dass es nur ein schlechter Scherz ist, denn Lukas ist weggesperrt und das wird sich in nächster Zeit nicht ändern." "Bist du dir sicher?" "Niemand trotzt meinem Befehl." Das glaubte man ihm blind. "Kann er auch nicht auf Bewährung freikommen?", wunderte sich Anjaani. "Hat er wirklich keine Chance? Du bist doch sonst nicht so eiskalt." Jetzt seufzte Aryan und lehnte sich zurück. "Ich habe in seinem Gedächtnis gesehen, was sich ereignet hat. Was sich vor mir abgespielt hat, war eigentlich nichts Fremdes für mich, brutale Gewaltausübung an einer unschuldigen Frau." "Aber ich war nicht von Yami zu unterscheiden", erkannte Yuki. "Nein, rein gar nicht", gab Aryan zu. "Als hätte er das Yami angetan. Als hätte sie unter ihm um ihr Leben gekämpft… Das hat es bedeutend schlimmer gemacht. Ihr könnt sicher gehen, dass Lukas aus dem Verkehr gezogen ist. Er ist nicht einmal in diesem Land." "Du hast ihn ausquartiert?" "Ich hätte ihm lieber die Seele aus dem Leib gerissen", sah Aryan Yuichi an. "Du kannst so froh sein, nicht gesehen zu haben, was er mit Yuki gemacht hat. Einen winzigen Moment lang habe ich es bereut, dass ich dir nicht die Rache an ihm gegönnt habe. Aber dafür hat er nicht einmal einen Prozess bekommen. Ich wollte nicht, dass Yuki ihm noch einmal in die Augen sehen muss. Und ich wollte ihn weit weg von euch haben. Reicht dir das als Antwort?" "Und woher kommt dann diese SMS?" "Von ihm. Ich vermute mal, bevor man ihm alle Habseligkeiten entwendet hat. Yuki ist sicher, mach dir keine Sorgen. Wie lief es mit Romeo?" Yuichi missfiel es, so abrupt abserviert zu werden, doch er wollte sich nicht mit Aryan anlegen. Yoko dafür, die jetzt an der Reihe war, erstrahlte. Heute hatte sie mal die gute Laune. "Er hat mir den Zauber der Nacht gezeigt. Es war schöner als jeder Traum." "Offensichtlich", schnaufte Inuyasha. "Er hat sich bei Morgengrauen aus deiner Wohnung geschlichen." Alle Augenpaare wurden kugelrund. "Du hast doch nicht jetzt schon die Beine breit gemacht?!", entsetzten sich ihre Schwestern. Yoko kniff wütend die Augen zusammen. "Natürlich nicht! Wir sind einfach eingeschlafen. Die Nacht war lang." "Habt ihr euch unterhalten?", fragte Inuyasha. "Er hat mir tausend Fragen über mich gestellt", bestätigte sie. "Das ist etwas Gutes?", vermutete Yuichi daraufhin. "Das ist etwas sehr Gutes. Gut gemacht, Nervenzwerg." "Meinst du, er zappelt noch?", fragte Aryan Inuyasha. "Nein, der zappelt nicht mehr. Der ist rettungslos ins Netz gegangen." Er sah Yoko ernst an. "Wenn er heute Abend wieder kommt, um dir von sich zu erzählen, kannst du todsicher gehen, dass du gewonnen hast." "Wie soll ich mich denn weiter verhalten?" "Ganz genau so, wie bisher. Ändere nichts an deiner Taktik, das wird er merken. Offensichtlich mag er dich wirklich so, wie du bist." "Danke, Inuyasha, ich habe schon auf den Blumenstrauß gewartet." Inuyasha lächelte sie an, aber warm, sanft. Yoko schoss Röte in die Wangen, sie blinzelte hektisch. "Was machst du da? Inu…, lass das." "Was?" "Du Weiberheld." Und an ihrer Stimme hörte er, dass sie ihn an der Nase herumführte. "Du bist wirklich gut", lobte er. "Ich habe doch gesagt, ihr Nervensägen wärt perfekt einem Mann die Seele zur rauben, durchtrieben, verdorben und falsch." "Das hast du gut erkannt", lächelte Yoko kalt. "Einen besseren Berater als dich, kann es da nicht geben. Wer ist wohl geeigneter, als jemand, dessen Lebensinhalt darin besteht, hoffnungsvolle Frauen auszunutzen und gebrochen liegen zu lassen?" Die Stimmung änderte sich schlagartig. So kalt Yokos Ausstrahlung gerade war, so heiß brannte Inuyashas Wut. "Was weißt du über mich? Rein gar nichts!" "Ich weiß, was ich sehe", gab sie ungerührt zurück. Während Yuki sich raushielt, war Yami aber auf ihrer Seite. "Was du mit Aani machst ist nichts anderes als ausnutzen, benutzen und verletzen." Eine winzige Spur Unsicherheit flog über sein Gesicht. Er zitterte vor Zorn, war aber sprachlos in seiner Hilflosigkeit. Er hatte dem nichts entgegenzusetzen. "Gut", knurrte er. "Ich gehe. Dann bleibt ihr hier und macht sie glücklich." "Setzt dich wieder hin, Blödmann", warf Yuki überraschend zu seiner Verteidigung ein. "Er ist der einzige Grund, dass Aani lieber lebt, als tot ist. Er macht sie glücklicher, als wir das je könnten. Als wärt ihr beiden perfekt!" Sie deutete auf Yami. "Wie viele gebrochene Herzen hast du zu verschulden? Und du spielst mit den Hoffnungen, Träumen und der Zukunft eines blind verliebten Vampirs." Aller Augen waren auf Yuki gerichtet. "Niemand versucht sich in seine Lage zu versetzen. Natürlich ist er ein unsensibler Arsch, aber kein Mensch ist makellos!" "Außer-", setzte Yami an. "Nicht einmal Aryan!", widersprach Yuki hart. "Niemand ist makellos! Es gibt für dich persönlich den perfekten Gegenpart, ja, aber auch nur, weil du die Fehler akzeptierst. Yuichi akzeptiert all meine Macken und Aani liebt Inuyasha mit all seinen Stärken und Schwächen. Lasst ihn endlich in Ruhe! Mir geht es wirklich auf den Geist. Hört auf ihm vorzuwerfen, dass er keine romantischen Gefühle für Aani hat. Das ist nicht fair! Außerdem will Aani nicht, dass er geht, seht das endlich ein! Du willst doch gar nicht gehen, oder?" Er war verdattert und brauchte kurz, um zu antworten "Nein, natürlich nicht. Das weißt du doch. Anjaani ist meine beste Freundin." Anjaani erstrahlte. "Sie ist mir wichtig und ich brauche sie", fixierte er die Schwestern hart. "Mischt euch nicht ein, solange Anjaani mich bei sich haben will. Ich gehe, wenn sie es verlangt." "Irgendwann wird es auch ihr reichen, dass du nur nimmst, aber nie gibst", drohte Yami. Inuyasha erhob sich von seinem Platz. "Du hast nur Angst, weil Aryan bald die Nase voll von dir haben wird!" Es geschah so schnell, dass nicht einmal der General einschreiten konnte. Yamis Stuhl flog krachend um. Gleichzeitig das unverkennbare Geräusch von brechenden Knochen und Inuyashas Schmerzensschrei. "Saajan!" Anjaani stürzte zu ihm. Blut tropfte zwischen seinen Fingern hindurch aus seiner Nase. Yami setzte sich wieder und aß arglos ihr Frühstück weiter. Yuichi rückte seinen Stuhl sicherheitshalber ein Stück weg von ihr. "Das war ein Volltreffer", murmelte Anjaani, während sie sich des Verletzten annahm. "Halt still, Saajan, ich lass den Bruch zusammenwachsen." Er selber funkelte den jüngsten Drilling böse an, während Anjaani ihm das Blut aus dem Gesicht wischte. "Scheiße, tat das weh", knurrte er unwirsch. "Du hättest die Klappe halten sollen", gluckste Yuki. Die Drillinge waren amüsiert. "Es bringt gar nichts, dich zu verteidigen. Aber sei froh, dass sie mit links zugeschlagen hat." "Beim nächsten Mal schlage ich mit rechts zu", versicherte Yami lieblich lächelnd. "Schau mich nicht an", wehrte Aryan ernst ab, als Inuyashas Blick ihn traf. "Das ist eine Sache zwischen euch. Du musst damit rechnen, dass sie dir weh tun wird, wenn du sie verletzt. Das ging tief unter die Gürtellinie." "Die war nicht netter", maulte er. "Sie war netter, als ich es gewesen wäre", versicherte ihm Aryan. Seine Stimme war zwar immer noch ruhig, doch jetzt merkten alle an seinen Augen, dass er wütend war. Inuyasha überkam eine Gänsehaut. "Sei froh, dass sie schneller reagiert hat als ich. Und lass ab jetzt bitte die Kommentare über unsere Beziehung." Inuyashas Körper spannte sich an. Anjaanis Hände schmiegten sich um seinen Oberarm. Es war eine stumme Bitte nachzugeben und niemals wäre er dem nachgegangen… Aber es war Anjaani. Hatte sie ihn gezähmt? "Physisch unterlegen", sagte Aryan zu ihm. "Aber in Wahrheit haben sie die Macht." Auch Yuichi schien seine Gedanken erraten zu haben. "Das ist eine Tatsache mit der wir leben müssen. Mit ihnen sind wir nur stärker." "Und glücklicher." "Wer ist physisch unterlegen?", plusterten sich die Drillinge auf. Yuichi rollte mit den Augen. "Habt ihr auch den Rest mitbekommen?" "Du hältst dich wirklich für den Stärkeren?" Etwas in Yukis Stimme riet definitiv dazu zu verneinen. Die Drillinge hatten sich drohend von ihren Stühlen erhoben. "Körperlich bin nun mal-" Aryans hastiges Kopfschütteln brachte ihn dazu, sich zu unterbrechen und er geriet ins Schwitzen, denn Wut machte sich in allen drei Gesichtern breit. "Ich… ähm…" Inuyasha schien auch keinen Rat zu haben. "Ich… ich hab doch nix gesagt. Ähm… Aryan! Aryan hat gesagt, ihr seid körperlich schwächer." Aryan zuckte zusammen. "Anatomisch gesehen-" "Was?!" Der arme Aryan wurde eingekesselt, wusste nicht, wohin er schauen konnte. "Ich meine nur, dass der Männerkörper dem Frauenkörper überlegen ist und-" "Du fühlst dich mir überlegen?", zischte Yami mit einer Stimme, dass sich Aryans Nackenhaare aufstellten. "Überlegenheit ist Ansichtssache…" Selbst der General wurde nervös. "Du meinst eine Sache der Perspektive", korrigierte ihn Yoko grob. "Welcher Perspektive?" Yamis Stimme schien aus den schlimmsten, düstersten Alpträumen zu stammen. Anjaani presste sich unbewusst an Inuyasha. "Also lügst du mich an, wenn du von Gleichwertigkeit sprichst? Du bist der Starke, ich die Schwache." Aryan hielt den Mund. Er würde sich nur noch mehr in den Schlamassel reiten. Aber keine Antwort war auch eine Antwort. "Worin bist du mir überlegen?" "Prinzessin, bitte, ich möchte nicht streiten." "Ich gebe nicht nach, bis ich nicht eine Antwort bekomme." Er seufzte laut. "Ich bin standhafter und lasse mich nicht so leicht erweichen. Aber du…" "Yoko-Neko, soll ich heute deinen Spanischkurs übernehmen, oder nicht", würgte sie ihr Gedankengespräch ab. "Wäre es gut, wenn Romeo ihr begegnet?", wandte Yoko sich an den Hunde-Hanyou. "Was? Nein", mischte Aryan sich ein. "Doch, dann wissen wir, ob er sich nur von deiner Erscheinung blenden lässt." "Ich werde ihn schon nicht anmachen", versicherte Yami. "Weil du ihm nicht begegnen wirst, Prinzessin." "Er sitzt immer ganz hinten. Du wirst ihn sofort erkennen. Halte dich nicht zu lange auf. Ich brauche dich bis 13 Uhr am Set." Aryan wurde komplett ignoriert. "Bis 12", widersprach Yami. "Ich habe nebenher auch einen richtigen Job. Muss ich mich umziehen?" Etwas trat in die Augen der Drillinge. "Wie rennt ihr denn in der Schule rum?", meldete sich jetzt Yuichi misstrauisch. "Der Situation entsprechend", summte Yuki. "Unsere Kurse sind sehr gut besucht." "Ich weiß, wie ihr an eurem Geburtstag angezogen wart." Wer würde das je vergessen können! "In der Schule sind sie vergleichsweise wie Nonnen angezogen", lächelte Anjaani und das beruhigte sowohl Yuichi als auch Aryan. Anjaani hatte aber auch keine Ahnung von männlichen, sexuellen Fantasien und wie reizvoll eine Lehrerin sein konnte. "Ich geh mich umziehen", erhob sich Yami von ihrem Platz. "Bis heute Abend, mein Starker", drückte sie Aryan einen schnellen Kuss auf die Stirn und verschwand. Yuki hinterher, doch diese verabschiedete sich viel herzlicher von ihrem Freund. "Ich habe ein schlechtes Gefühl", murmelte Aryan den Schwestern nach. "Ich an deiner Stelle hätte Angst." "Sehr hilfreich", beschwerte sich der General beim Japaner. Aber was auch kommen würde, dem war er gewachsen. Hatte er geglaubt. Aryan schloss kurz darauf die Wohnungstür, ein Notfall trieb ihn jetzt zur Eile und er stürmte das Treppenhaus hinunter. "Sanam?", säuselte es an seiner Wohnung. Er stoppte abrupt. "Sanam, komm zu mir." Diese Stimme war sein sicherer Untergang. "Prinzessin, ich habe es leider ei…lig… ich…" Die Worte erstarben ihm auf der Zunge, als er sie ansah. Wie sie da in der Türe lehnte, die Augen lockend, der kurvige Körper einladend. So zog sie sich für die Sprachkurse an? Sein Körper reagierte augenblicklich auf diesen Anblick. Er war verboten und er sprach alle seine Sinne an. Das sexuelle Sinnbild einer Lehrerin. Von den hohen Schuhen, über die enge Bluse bis zu den hochgesteckten Haaren. Sein Verstand war wie ausgelöscht. "Ich brauche deine Hilfe, Sanam", raunte sie. "Aber, ich muss…" "Komm schnell rein." Aryan trotzte sämtlichen Flüchen, Zaubern, Verwünschungen. Tag für Tag. Doch dieser Magie war er unterlegen. "Yuki…", begann er. "Wartet im Auto auf mich", hauchte sie und zog ihn mit sich. Er konnte die Augen nicht von ihr nehmen, nicht einmal blinzeln. Sie bugsierte ihn zum Sessel, setzte einen Fuß auf seinem Schenkel ab und raffte ihren knielangen, sehr engen Rock. Unterm Rock blitzte die schwarze Spitze ihrer Strümpfe hervor. Aryan schluckte. "Ich kann den Strumpf nicht einhaken, er steckt fest. Danach kannst du gehen." Die Hitze war kaum auszuhalten, seine Hand zitterte sogar leicht, als er ihren Schenkel hinaufstrich, um den Strumpf festzuhaken. Seine Finger kribbelten an dem Stück nackter, seidiger Haut. Yami unterdrückte ein Seufzen. Ihr Atem verschnellerte sich. Ihre hellen Augen glühten unter den halb geöffneten Lidern. "Die andere Seite bitte auch." Aryan war wehrlos. Er verbrannte innerlich und konnte rein gar nichts dagegen machen. Aber er musste doch los. Sie nahm seine Hand. "Der Haken ist weiter oben." Wie ein Blitz durchfuhr es ihn. Sie trug keine Unterwäsche. "Du schwitzt, Sanam", flüsterte sie. "Ist dir heiß?" Ihr betörender Körper schmiegte sich an seinen. "Du hast auch definitiv zu viel an." Und ihre Lippen gaben ihm den Rest. Verbrannten ihn und er hatte keine Kraft zu widerstehen. Ihr heißer Mund an seinen Bauchmuskeln und… tiefer. "Oh mein Gott!", keuchte er laut auf. Der Gottesanbeter war das sichere Verderben jedes Mannes. Und Yami war gnadenlos. Er bäumte sich auf. Doch die urwüchsigen Laute, die er hervorbrachte, waren alles andere als ein Protest. "Wehr dich, starker Mann", quälte ihn ihr Mund. Er konnte es nicht. Er war verloren. Und sie war die einzige Erlösung. "Bitte", stöhnte er, riss sie an sich, an seine gierigen Lippen. Gott, sie war der Himmel! Das Paradies! "Du bettelst, Liebster?" Sie drückte sich fester an ihn. Ihre Glut rieb am ihm. Aryan presste die Zähne zusammen. Ja verdammt, er bettelte! "Der Starke bettelt", raunte sie in sein Ohr, senkte sie Hüfte auf ihn herab, Millimeter davor, mit ihm zu verschmelzen. "Aber die Schwache hat leider keine Zeit." Was?! Ehe er reagieren konnte, hatte sie sich erhoben und war verschwunden. Wie mit Eiswasser begossen, blieb er zurück. "Alles ok?", sorgte sich Yuki, die im Auto auf sie wartete. "Du siehst aus, als würdest du gleich verbrennen." "Mir geht es gut. " Doch sie würde lange brauchen, ihren Körper unter Kontrolle zu bringen. Eine Tatsache jedoch war es wert, es nicht zu Ende gebracht zu haben. "Aryan wir nie wieder behaupten, dass ich die Schwache bin." "Beherrsch dich mal, du Schwächling", beschwerte sich Yoko. "Du kommst auch mal eine Stunde ohne Yuki aus." "Ich will aber nicht", jammerte Yuichi. "Herrgott, was ist denn heute mit euch allen los!" "Wie sich die Angestellten benehmen, sagt viel über deren Vorgesetzten aus, findest du nicht?" Yoko wandte sich Zuma zu und als sie ihn ansah, fiel der genervte Ausdruck aus ihrem Gesicht. Sie lächelte. Warm, lieblich. Seit einer Ewigkeit. Sie wirkte gelöst und glücklich. "Deshalb wollte ich ja auch dich dabeihaben. Auf dich kann ich mich wenigstens verlassen. Dankeschön." Zuma starrte ihr hinterher. Was, bitteschön, war das eben gewesen? Yuichi war es, der seinen Gedanken laut aussprach. "Sie hat mit dir abgeschlossen." Sie hat… was?! "Da gibt es nichts zum Abschließen!" Yuichis Stirn hob sich spöttisch. Sie waren genau auf Augenhöhe. "Ich erkenne, wenn die Drillinge lügen. Da kannst du mir erst recht nichts vormachen. Amateur." "Weil du mich so gut kennst!" "Non, aber ich kenne mein kleines Kätzchen. Sie hat dich losgelassen und ist endlich wieder glücklich. Was vielleicht daran liegen mag, dass ein gewisser Vampir die ganze letzte Nacht bei ihr gewesen war." "Geh endlich an deine Arbeit!" Yuichi lachte sich ins Fäustchen. Der Tag verlief besser, als er begonnen hatte. Fröhlich zog er sich in seiner Garderobe um, wurde zu Romeo. Mit einer gewissen Änderung. So oft hatte er sich eine Perücke aufgesetzt, dass er die Hilfe einer Maskenbildnerin nicht brauchte. Neugierig kramte er in der Kiste herum, die er aus der Maske mitgenommen hatte. Yoko wollte braune Haare für die Szene, in der Romeo sich verkleidete. Also musste eine Perücke her. Hm, wie würde er wohl als Rothaariger aussehen? Doch dann stach ihm etwas ins Auge. Etwas seidiges, goldblondes. Der Schnitt glich haargenau der Frisur seines Halbbruders. Ein breites Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. Doch Zumas Augen waren nicht blau. Das zerstörte das Gesamtbild. Er brauchte grau getönte Kontaktlinsen. Die fand er auch. Yuki würde das nicht gefallen, sie liebte seine Augen. Aber wie würde Yoko darauf reagieren? Wenn er jetzt nur noch an seiner Mimik arbeitete, ernst, streng, kalt… Ihn selber überlief ein Schauer, als er in den Spiegel sah. Er wusste zwar, dass er nach seinem leiblichen Vater kam… aber diese Ähnlichkeit zu seinem Halbbruder war richtig unheimlich. Jetzt verstand er, wie die Drillinge sich fühlen mussten. Er starrte sein Spiegelbild an. Das hätte Zuma sein können. Nur, dass Zumas Augen ein bisschen heller waren. Aber nur ein wenig. Stark genug, dass es seiner eigenen Freundin auffallen würde? Er selber konnte kaum glauben, dass das nicht Zuma war. Yuki jedoch hatte einen sehr ausgeprägten Sinn für Farben. Und das Romeo-Kostüm würde ihn sofort verraten. Wie passend, dass er heute zufällig ein rotes T-Shirt angezogen hatte, genau wie sein Bruder. Showtime! "Zuma-sama", wurde er im Flur sofort von einem Assistenten angesprochen. "Ja", erwiderte er knapp, auf Zumas kühle, beherrschte Art. "Yuki ist gerade gekommen." "Aus der Volkshochschule?" "Oh ja. Ich sollte dringend mein Französisch verbessern..." Yuichi hob eine Augenbraue. "Ähm… ja, sie sucht Sie. Ich soll Sie sofort zu ihr schicken, wenn ich Sie sehe." Ihm gefielen weder Tonfall noch Gesichtsausdruck des Kerls, wenn er von Yuki sprach. "Und wo finde ich sie?" "In der Maske. Jedenfalls war sie da gerade noch." Mit einem knappen Nicken stolzierte er an ihm vorbei. Seinen Bruder zu spielen war wirklich nicht schwer. Er konnte seine Stimme auf fast dieselbe Tonlage verstellen, auch der geschmeidige Gang war kein Problem. Mal sehen, wie Yuki reagieren würde. Yuki würde den Unterschied nicht bemerken, wenn er ihr nicht in die Augen sah. Zuma selber mied Yukis Augen. Vermutlich weil sie ihn nicht kalt ließ mit ihrer enormen Ähnlichkeit zu Yoko. Sie war tatsächlich in der Maske. Und hatte sich anscheinend gerade umgezogen, weil sie sich die Haare aus dem Ausschnitt ihres hübschen hellblauen Kleides zog, als er eintrat. "Guten Morgen, Zuma", richtete sie sich auf und blinzelte kurz, als sie ihn ansah. Oh nein, sie hatte ihn doch nicht etwa schon erkannt? "Alles in Ordnung?", runzelte er verwirrt die Stirn. "Ich habe gehört, wir hätten was zu besprechen." Einen winzigen, halben Atemzug lang zögerte sie. "Ja, ich brauche nicht lange", lächelte sie. "Setz dich, ich habe ein Anliegen, das dir vielleicht etwas unangenehm sein könnte." Er setzte sich und seine Verwirrung wuchs, als sie wortlos die Türe abschloss. "Und was soll das bitte werden?" Der Schlüssel verschwand in ihrem prallen Ausschnitt. "Ich schneide dir nur den Fluchtweg ab." Ihre Stimme war weicher geworden, fast schon sinnlich. Sie trat an ihn heran, blickte auf ihn herab. Er durfte nicht zeigen, dass sie sein Blut in Wallung brachte. Warum war sie so verführerisch? Was hatte sie vor? "Sag, was du zu sagen hast." Er war Zuma. Und Zuma hätte so abweisend reagiert, Yuichi nämlich hätte sich längst auf sie gestürzt. "Yoko spielt mit dem Gedanken, dir mehr zu bieten, als die Rolle des Choreographen." "Aha." "Was hältst du davon, das Double von Yuichi zu sein?" Was? Wie bitte? "Yoko scheint vergessen zu haben, dass ich nicht ihr Laufbursche bin und noch einem richtigen Beruf nebenher nachgehe. Außerdem, warum sollte ich Yamadas Hampelmann spielen?" Ja, er war wirklich gut als sein Bruder. "Das warum versteht sich von selbst. Eure Gesichter…" Er schnaubte und Yuki lachte auf, weich und sinnlich. Merde, sein Blut kochte! "Ihr habt die gleichen Gesichtszüge, den Altersunterschied sieht man kaum. Und scheinbar stimmen eure Maße auch überein." Ihr Kennerblick glitt an ihm hinab, blieb kurz an einer bestimmten Stelle ruhen. "Naja, fast." Was sollte das denn bitte bedeuten?! "Ich verstehe, warum Yoko so an dir hängt, trotz deines miesen Charakters." Yuichi hatte es die Sprache verschlagen. Machte sie ihn etwa gerade als Zuma an? "Ganz als Romeo können wir dich nicht besetzen, dafür hat Yui-kun eine zu schöne Stimme. Aber du wärst ein authentischeres Double als das Jetzige. Du wärst perfekt." Sie trat näher an ihn ran, griff nach seinem Kragen und zog ihn hoch. In ihren Augen brannte das Feuer und schürte seines nur noch mehr. Ihre Hand fuhr in den Ausschnitt seines Hemdes, seine Brustmuskeln entlang. "Du bist beherrschter als Yuichi, professioneller…" Seine grauen Augen weiteten sich. Halt, was ging hier vor? Yuki hatte nun definitiv etwas lockendes, unwiderstehliches und es machte ihn schwach. Er wurde ganz starr, als sie die Arme um seinen Nacken schlang und sich an ihn presste. Ihre Stimme fuhr ihm direkt in den Unterleib. "Du bist reifer als er und irgendwie macht mich das heiß." Das Feuer ihres Kusses überrumpelte ihn. Heißkalt überkam es ihn. Was zur Hölle tat sie da?! Er wollte sie weg schieben, doch sie umklammerte ihn und ihr Kuss wurde so intensiv, dass es ihn um den Verstand brachte. Und dann dachte er an nichts mehr und versank in diesem Strudel der reißenden Lust. Er drückte sie auf den Tisch, ihre Beine umschlangen seine Hüfte. Beide waren überwältigt. Sie bäumte sich keuchend auf, als seine Finger in ihrer glühenden Hitze verschwanden. Heiß, feucht und so eng… Seine Lippen an ihrer zarten Haut… Gott, diese weichen, prallen Brüste! Ihr heiseres Stöhnen war sein Untergang. "Yuki… oh!" Ihre Hand verschwand in seiner Hose. Oh, Himmel! "Jetzt", verlangte sie glühend. "Alles, was du willst", schwor er. "Ja bitte, Zuma!" Er erstarrte zu Eis. Brutal ins Hier und Jetzt zurückgeworfen. Yuki lag willig unter ihm, voll Verlangen und er war einfach nur entsetzt. Sprachlos vor Erschütterung starrte er sie an. "Du wirst es bereuen, wenn du dich mit mir anlegst, Yamada", flüsterte sie drohend. Er blinzelte, versuchte seinen Atem unter Kontrolle zu bringen. "Vergessen, wer du bist?" "Du hast mich erkannt?!" Sie knurrte zornig. "Wie kommst du überhaupt drauf, dass du mich täuschen könntest?" "Wie hast du mich erkannt?" Sollte er jetzt enttäuscht oder erleichtert sein? Definitiv mehr erleichtert! Sie schob ihn von sich und baute sich mit leicht zitternden Knien vor ihm auf. Ihre Stimme war so kalt wie ihr Gesichtsausdruck. Sie war unheimlich wütend. "Yuichi, ich kenne dein Gesicht in und auswendig! Und ich kenne die feinen Unterschiede zu deinem Bruder. Übrigens ist das nicht mal annähernd Zumas Augenfarbe. Und wenn du wirklich er sein willst, müssen wir deiner Haut einen warmen Unterton verpassen", erklärte sie und griff nach dem getönten Puder. "Du hast einen kühlen, rosanen Hautton, während Zumas eher warm und gelblich ist. Und der echte Zuma starrt mir nie auf die Brüste!" "Und jetzt die Antwort, die ich hören möchte", befahl er beleidigt. "Was? Was willst du hören? Dass mein Herz in seiner Nähe nicht verrücktspielt", grollte sie, ohne ihn anzusehen, während sie etwas grob seinen Teint korrigierte. "Au! Willst du Zuma wirklich als mein Double?" "Blödsinn! Zuma ist kein Stuntman, du Genie! Ich musste schnell improvisieren. Bist du nicht Schauspieler? Dann müsstest du das kennen." "Du bist die geborene Schauspielerin. Schlau, gerissen, wunderschön…" Er legte die Hände an ihren straffen, runden Po und zog sie zu sich. "… und so wahnsinnig scharf!" "Nimm die Finger da weg", zischte sie und drückte sein Gesicht fort, ehe seine Lippen sich auf ihr Schlüsselbein senken konnten. "Frau Lehrerin, ich bin ein wissbegieriger Schüler, willst du mit der Lektion nicht weitermachen?" Und wie sie das wollte! Sie schlug seine Hände weg. "Nein, als Strafe, dass du mich so reinlegen wolltest", schimpfte sie und drückte ihm die Puderquaste fester als nötig ins Gesicht. "Ich dachte wir sind ein Team und du hintergehst mich so eiskalt! Das wirst du büßen! So, jetzt bist du der ideale Zuma. Mal sehen, wie du Yoko gefällst." "Ich liebe dich", versuchte er sie zu versöhnen. "Du bist so perfekt." "Nur, weil ich für deinen Unsinn zu haben bin. Weil ich zu dir halte, statt dir in den Rücken zu fallen! Aber falls Yoko ausrastet, verschwinde ich." "Verschwindest du dann mit mir in die Garderobe?" Egal wie sauer sie gerade war, sie brannte nach ihm. "Träum weiter. Geh jetzt Yoko reinlegen." "Und danach?" "Finger weg, du Verräter!" "Ich wollte dich nicht verraten." "Hast du aber. Ich traue dir nicht mehr. Jetzt verarsch jemand anderen als mich und ich schau, dass der echte Zuma nicht dazwischen kommt." "Zu spät", erschrak Yuichi, als sie vor dem Tanzraum auf seinen Halbbruder trafen. Der war für einen Moment sprachlos. "Was soll das bitte werden?", deutete er auf seinen Doppelgänger. "Heute ist die Szene, in der sich Romeo verkleidet", erklärte Yuki schnell. "Dass du dabei rauskommst, war Zufall." "Mir gefällt das nicht", zischte Zuma. "Ich mag es auch nicht, mich so verschandeln zu lassen", erwiderte Yuichi im selben kalten Tonfall. "Aber was tut man nicht alles für den Job." Zuma überging das. "Steht im Script, dass du deine Augenfarbe änderst?" "Non", grinste er jetzt frech. "Ich will nur Yoko überraschen. Bin gespannt, ob sie es merkt." "Wie bitte?" Jetzt zeigte Zuma seine Wut. "Du Plagegeist willst ihr nicht ernsthaft vormachen, dass du ich bist?! Sie bringt dich um!" "Bist du nicht neugierig, ob sie uns voneinander unterscheiden kann? Ah!", bemerkte er gerade Yami. Diese blieb stehen und starrte misstrauisch vom einen zum anderen. Yuichi hielt den Mund, denn Yamis ausgeprägtes Gehör würde die feinen Nuancen zwischen ihren Stimmen unterscheiden können. Ihr Blick heftete sich sofort auf die linken Oberarme der beiden, doch Yuichis Tätowierung war überschminkt worden. "Ich habe keine Ahnung, wer der echte Zuma ist", gab sie zu, richtete die Augen aber auf ihren Bruder. "Was treibst du da für Unsinn, Yui-chan?" Yuichi war überrascht. "Ich habe geraten. Yuki ist wütend und zwar auf dich. Du hast sie reinlegen wollen, du Verräter!" "Ich bin kein Verräter", verzweifelte er langsam. "Man hintergeht den Partner nicht! Kann der echte Zuma jetzt bitte mit mir kommen? Und du Verräter verarsch Yoko bitte nicht." "Yuki beschützt mich." "Ganz bestimmt nicht", widersprach Yuki eisig. "Danach bringst du mir Zuma wieder. Ich muss meine Choreo üben. Ich warte im Tanzraum auf dich." "Wehe, du benimmst dich nicht", knurrte ihm Zuma noch zu, als er Yami folgte. Doch Yoko kam Yuichi gerade entgegen, als Zuma um die Ecke gebogen war. Yami hielt den Choreographen zurück. "Wer weiß, was er tut, wenn sie ihn für mich hält", erboste er sich leise. "Nichts tut er, sie ist seine kleine Schwester. Auch Yuichi hat seine Grenze", flüsterte sie. "Bist du wirklich nicht neugierig, ob sie ihn erkennt?" Doch, das war er und lauschte gebannt. "Yuki, ich brauche-", rief Yoko und brach ab, als sie Zuma hinter ihrer Schwester entdeckte. Sie blieb kurz stehen. "Zuma, Yami sucht dich, du-" Sie unterbrach sich erneut und stemmte die Hände in die Hüfte. "Nicht witzig, Yuichi! Wo ist Zuma? Er sollte im Tanzraum sein und du längst vor der Kamera!" "Nicht witzig, Yoko. Ich habe keine Lust auf diesen Kinderkram", beschwerte sich Yuichi kühl. "Mumpitz! Du bist nicht Zuma." Aber eine Spur Unsicherheit flog über ihr Gesicht. "Wirklich?" Er ergriff ihre Hand. "Was willst du als Beweis?" "Lass jetzt endlich diesen Schwachsinn", herrschte ihn der echte Zuma an und stieß ihn von Yoko weg. Der mittlere Drilling blickte abwechselnd von einem zum anderen. "Diese Ähnlichkeit ist richtig gruselig, ihr seid gar nicht voneinander zu unterscheiden", murmelte Yoko und lobte ihre Schwester: "Du hast wirklich ganze Arbeit geleistet, Häschen. Aber ich wollte braune Haare, keinen Zuma-Klon." "Willst du mich auf den Arm nehmen", zischte Yuichi. "Als ob dieser Amateur mir auch nur ansatzweise ähnelt." "Wen nennst du hier einen Amateur?", funkelte der eine Zuma zornig. "Den, der sich auch angesprochen fühlt", funkelte der andere Zuma zurück. "Ich glaub immer noch, dass du nicht Zuma bist", wies Yoko auf Yuichi. "Es ist aber nur so ein Gefühl. Weißt du es, Mäuschen?" "Jap", grinste Yami. "Sie haben ganz unterschiedliche Stimmen. Ich bin gespannt, ob du es rausfindest, ohne zu sehen, wer von beiden wirklich spanisch spricht." "Yuichi spricht kein spanisch", zeigte sie auf den verkleideten Franzosen. "Vale", erwiderte der sarkastisch. "Esta bien, Yoko, muy gracioso." Alle starrten ihn überrascht an, nur der echte Zuma rollte die Augen. "Das ist das einzige, was er kann", knurrte er. "Das sage ich immer zu ihm!" "Ich habe die Nase voll", beschwerte sich Yoko. "Yuichi, zieh dich sofort um. Ich kann beweisen, dass du es bist, ohne dass du ein Wort sagen musst." "Ach wirklich? Beweise es, Kätzchen." "Hör endlich auf mich nachzumachen!" Sie warf unerwartet einen Stift in seine Richtung. Reflexartig fing Yuichi ihn. Mit der linken Hand. "Da hast du deinen Beweis!" "Das ist gemein, Yoko. Ich hab reagieren müssen, bevor ich nachdenken konnte." Yuichi war Linkshänder, Zuma hingegen nicht. Er tat so gut wie nichts mit der linken Hand. Fast nichts… verbotene Erinnerungen wollten sich in Yokos Gedächtnis schleichen. "Du bist wirklich begabt, Yui-chan, aber ich kenne den echten Zuma viel zu gut." "Zufrieden?", wollte Zuma von seinem Bruder wissen. "Du schaust nicht einmal halb so arrogant wie er. Du musst an deiner gefühlskalten Erscheinung arbeiten." "Nett, Yoko, herzlichen Dank!" Yoko schenkte ihm nur ein liebliches Lächeln. "Da, du hast sie nicht hereinlegen können", meinte Yuki. "Wir beenden den Scheiß jetzt! Der steht mir bis hier!" "Ich bin derselben Meinung", nickte Yoko. "Das sieht albern aus. Ab in die Maske. Ich will dunklere Haare und diese Augen sind furchtbar. Und wenn du mich das nächste Mal versuchst hereinzulegen, sorg ich dafür, dass du ihm nicht mehr ähnelst." Sie wirbelte herum und schritt davon. "War ich nicht überzeugend genug?" "Für Yoko anscheinend nicht", bestätigte Yami. "Ich frag mich aber auch, wie sie ihn erkannt hat", überlegte der echte Zuma. Es konnte doch nicht sein, dass sie ihn wirklich so gut kannte! "Einen Profi kannst du nicht täuschen", erklärte Yuki boshaft. "Würde ich mir die Haare schwarz färben, könntest du uns nicht mehr auseinander halten, oder?" "Du, Schönheit", meldete sich Yuichi. "Was bedeutet der spanische Satz eigentlich, den ich gesagt habe?" Sie starrten ihn alle an und Yami seufzte kichernd. "Du hast wirklich mehr Glück als Verstand." "Und das nächste Mal bringe ich dir einen Satz bei, für den Yoko dich umbringen wird, wenn du ihn sagst." "Nein, dafür sorge ich schon", versicherte Yuki düster. "Und jetzt beeilt euch. Ich habe keine Lust mehr auf diesen Mist!" "Warte, Schönheit, wo willst du hin?" Die drehte sich um und stemmte die Hände in die Hüfte. Zuma war überrascht. Sie war tatsächlich stinksauer. "Ich gehe arbeiten, würde dir nicht schaden! Ich habe genug zu tun und du hast mich aufgehalten. Beeil dich, Marie, ich brauche den echten Zuma auch noch. Und du, Suppenkasper, geh in die Maske und mach endlich, wofür man dich bezahlt!" "Oh- oh", sah ihr Yami hinterher. "Du kannst dich auf eine einsame Nacht gefasst machen." "Ich hab doch nur ein bisschen Spaß gemacht. Außerdem hat sie mich verarscht. Sie hat so getan, als erkenne sie mich nicht." Yamis Blick war alles andere als verständnisvoll. "Wer hatte die Absicht sie hereinzulegen? Ihr seid ein Team, Yui-chan. Es ist ihr wichtig, dass ihr zusammen haltet und gemeinsam Unfug anstellt. Wenn du dich plötzlich gegen sie richtest ist das Hochverrat." Sie schritt voran. "Ich warte auf dich, Zuma. Der echte Zuma." "Ich hab nicht soweit gedacht. Was mache ich jetzt?" "Warum fragst du mich?", wunderte sich Zuma, der ansetzte, Yami zu folgen. "Weil du dich mit zickenden Drillingen auskennst." "Ja und ich bin so erfolgreich darin, sie zu versöhnen." "Wie hast du denn Yoko sonst versöhnt?" "Wie wohl? Aber das wird nicht klappen. Yuki ist gekränkt, nicht einfach nur sauer." "Oui, sie bringt mich um. Merde!" "Nutz doch ihre Schwachstelle aus. Ihr Hals ist sehr empfindlich." Yuichis Kopf fuhr hoch, seine Augen verengten sich, die Hände ballten sich zu Fäusten. "Woher weißt du das?!" Zuma hob abwehrend die Hände. "Beruhig dich. Ich habe ihr nie etwas getan. Es war damals, als sie Unterricht bei mir hatte. Ich habe sie zufällig berührt." Er deutete auf drei feine, dünne Narben, die von seinem Halsansatz sein Schlüsselbein hinab liefen. Fingernägel. Sehr scharfe Fingernägel. "Ihre Reaktion ließ mich darauf schließen, dass sie empfindlich ist." Jetzt wurde Yuichis Gesicht weicher. Sie hatte wirklich nie jemanden an ihren Hals gelassen. Nur ihn. Weil sie ihn liebte, ihm vertraute. "Hast recht. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sensibel sie da ist. Und dann spannen sich ihre Muskeln an. So eng…" "Dass sie einen zerquetschen", murmelte Zuma gedankenversunken. Darin war Yoko unschlagbar gewesen. Ihre süße, heiße Enge, die ihn jedes Mal in den Wahnsinn getrieben hatte. Wie vorteilhaft es war, dass ein Beckenboden so gut trainiert war, hatte er erst durch sie erfahren. "Tja, bei dir wird das wohl Erinnerung bleiben", grinste Yuichi böse. Zuma erwiderte seinen Blick. "Wie's aussieht wird es dir nicht anders ergehen." "Lach du! Bald ist Mittagspause. Mal sehen, wer unzufrieden weiter arbeitet." "Sehr zufrieden siehst du mir aber nicht aus", lächelte Zuma am Set. "Bist du jetzt ernsthaft so lange geblieben, um mir das zu sagen?" Ganz offensichtlich war Yuichis Annäherungsversuch gescheitert. "Nein, ich warte auf Yami. Ich habe ihr versprochen, sie bei der Arbeit abzusetzen." "Aber dafür musst du in die komplett andere Richtung fahren." Yuichis Gesicht erhellte sich etwas. "Yami hat schon immer bekommen, was sie wollte." Ihre Stimme war ein Segen für sie, ein Fluch für andere. Wenn der General ihr nicht gewachsen war, war Zuma es erst recht nicht. "Na, Wuschelkopf", hörte Yuichi diesen magischen, betörenden Klang. "Keinen Erfolg gehabt?" "Keine Chance, Yuki ist sauer", seufzte Yuichi. "Tröste dich. Meine Rache an Aryan war grausam." "Muss ich dich deswegen fahren?" "Unter anderem. Er glaubt wirklich, der Überlegene zu sein." "Oh- oh", entfuhr es den Brüdern. Yami Lächeln war diabolisch. "Überzeugung zunichte gemacht." "Aber er lebt noch?" "Ja, am Leben ist er." "Will ich wirklich wissen, was du dem Armen angetan hast?" "Wehrlos verführt. Gottesanbeter." "Du kennst den Gottesanbeter?", raunte Yuichi Zuma zu. "Erinnre mich bloß nicht dran", zischte dieser zurück. "Und mitten im Gottesanbeter eiskalt sitzen gelassen." "Du bist der Teufel!", kommentierten beide entsetzt. "Dann beschwer dich bloß nicht über Yuki, sonst bringe ich sie noch auf Ideen. Können wir los, Zuma?" "Auf was für Ideen soll sie mich nicht bringen?" Yuki stand hinter Yuichi. Dieser fuhr erschrocken zusammen. "Nichts… ich... Oh, die Zeit! Ich muss arbeiten!" Yuki schnappte seinen Ärmel. "Eiskalt fallen gelassen im Gottesanbeter? Keine Sorge, so bestialisch bin ich nicht. Noch nicht." Er schloss sie in seine Arme. "Du kannst mir gerne die Bestie in dir zeigen, Schönheit." Sie riss seine Lippen an ihre, voll Feuer, voll Gier, bis ihm schwindelig wurde. Lust ließ ihre Augen glühen, ihren Körper zittern. Er war verloren, ließ sich willenlos verbrennen. "Du willst die Bestie in mir?", raunte sie atemlos an seinen Lippen. Ihre Stimme voll Lust glich Yamis sehr. Sie stieß ihn von sich, dass er einige Schritte zurückstolperte. "Geh verdammt nochmal endlich an die Arbeit!" Und benommen blieb er zurück. Es machte Spaß, einen Mann auf diese Art fertig zu machen. Darin waren sich die drei Schwestern einig. Yami jedoch wusste, dass Aryan das nicht so auf sich sitzen lassen würde. Sie war sich nur nicht sicher, ob sie Aryans Feierabend erwarten oder fürchten sollte. Yuki dagegen dachte sich nichts, doch sie würde von ihren Freund schon noch überrascht werden. Sie brannte. Und wie sie brannte. Jedoch nagte sein Verrat an ihr. So schwer es auch war, diese Nacht würde sie ihn nicht an sich ranlassen. Er hatte sich gegen sie gewendet, da war sie sehr empfindlich. Sie war unglaublich wütend auf ihn. Doch leider, leider mischte sich in diese Wut auch Sehnsucht. Und das schürte den Zorn. Und größerer Zorn führte zu noch größerer Sehnsucht. "Ich bin nicht normal", seufzte sie leise. "Du bist eine Frau", sagte Yoko, als sei das eine logische Erklärung. "Aber das ist völlig sinnfrei!" "Nein, das ist gängig." "Gängig? Du meinst normal, oder?" "Ja, aber das hast du schon benutzt und mir widerstreben Wiederholungen." Yuki verbiss sich einen Kommentar. "Mit dir ist alles in Ordnung", tröstete sie Yoko. "Im Vergleich zu Yami benimmst du dich noch völlig nüchtern." "Yuichi ist eingebildet genug, der muss nicht auch noch von mir so angeschmachtet werden! Die Frauen drehen heute schon genug durch." "Besonders Naoko." "Kein Wunder, bei der Szene, die du jetzt drehen willst." "Du wolltest ihn als Romeo", ermahnte sie Yoko. "Und dir war auch bewusst, dass eine Sexszene gedreht wird. Sag mir sofort, wenn du das nicht erträgst." "Ich bin kein unreifes, eifersüchtiges Prinzesschen!", fuhr Yuki auf. "Von mir aus kann er machen, was er will. Die Szene wird das einzige sexähnliche, was er heute erleben wird!" Yoko grinste in sich hinein. Sie war da anderer Überzeugung. "Warum kümmerst du dich dann nicht um seine Maske?" Yuki verdrehte die Augen. "Das ist eigentlich nicht mein Aufgabenbereich." "Und jetzt die Wahrheit." "Er hat nichts an. Deine Make-Up- Tussen lecken sich gerade alle zehn Finger nach ihm. Ich hab's nicht mal durch die Tür durch geschafft." Das aufgeregte Getuschel, Gekichere und Gewusel um Yuichi herum war Yuki sichtlich zuwider. Er war oben rum unbekleidet und trug hautfarbene Shorts. Sein Tattoo am linken Oberarm, das sie so liebte, war mit Make-Up kaschiert worden. Romeos Arm zierte nun mal kein "Yuki"- Schriftzug. "Yuki hat sich um mich gekümmert", beteiligte sich Naoko am Gespräch der Schwestern. "Keine Maskenbildnerin hat mich auch nur beachtet." Sie wirkte verloren. Und sie vergrub sich in dem übergroßen Bademantel als suche sie Schutz. "Frierst du?", wunderte sich Yuki. "Ich… ähm… nein…" Naoko war sonst auch nicht auf den Mund gefallen. Sie war nervös. "Ich werde dich schon heiß machen, Julia", zwinkerte ihr Romeo zu. Ein fast nackter Romeo. Naoko wich instinktiv vor ihm zurück. Ihre offensichtliche Unruhe steigerte sich. "Ich…" Sie holte tief Luft. "Ich habe noch nie eine Erotikszene gedreht." Die Schwestern bekamen Mitleid, denn sie spürten ihre Angst. "Es ist keine Erotikszene", widersprach Yoko sanft. "Sondern eine Liebesszene. Keine komplette Nacktheit, nichts Pornografisches." "Ich verspreche nichts", sagte Yuichi und trieb Naokos Unsicherheit an die Spitze. "Aber ich verspreche, dass es dir gefallen wird." "Lass uns allein", befahl Yuki. "Du bist keine große Hilfe. Kneifst du?", fragte sie Naoko dann direkt. "Was? Nein!", geriet diese leicht in Panik. "Ich kann dir diese Szene nicht abnehmen", sagte Yuki bestimmt, aber freundlich. "Ich bin nur dein Double, sonst könnte ich auch gleich deine Rolle übernehmen." "Es ist nur… so etwas Intimes vor so vielen Leuten. Es ist nicht echt, aber trotzdem…" "Ich verstehe dein Problem nicht", gestand Yuichi. Dass sein unbekleideter Anblick sie noch nervöser machte, schien er nicht zu bemerken. "Julia ist auch verklemmt und unerfahren. Du machst nix falsch." "Und Romeo ist ein eingebildeter, triebgesteuerter Idiot. Du musst nicht einmal schauspielern", knurrte Yuki. "Und jetzt lass uns allein!" "Nur kurz. Ich muss Julia gleich vernaschen." Naoko lief puterrot an. Und Yuki versuchte ihren Zorn zu bändigen. Sie waren nicht allein und ungefähr 30 weitere Personen waren in unmittelbarer Nähe. Yuki zog sie in eine einsame Ecke. Plötzlich hatte sie keine Konkurrentin mehr vor sich, sondern ein Opfer. "Er ist ein Großmaul, er ärgert dich nur." "Er ist dein Freund", meinte sie etwas kleinlaut und Yuki musste lachen. "Das fällt dir früh auf. Wegen mir musst du kein schlechtes Gewissen haben. Dir gehört Romeo und mir Yuichi. Ich verrate dir etwas: Ich war es, die ihn als Romeo engagiert hat." Naokos Augen wurden groß. "Schau ihn dir doch an. Wer wäre besser geeignet? Er macht jede Frau schwach." "Auch dich?" "Oh, besonders mich", zwinkerte Yuki. "Aber er ist rücksichtsvoll. Keine Angst, er wird auf deine Gefühle Rücksicht nehmen. Er wird dich nicht bloßstellen." "Ich habe trotzdem Angst", flüsterte Naoko ihr leise zu. "Ich bin nicht so gut darin wie du." "Worin?" "Im Umgang mit ihm. Ihr seid so vertraut, so perfekt. Ich glaube, du wärst eine viel bessere Julia." "Aber du bist die Julia", betonte Yuki. "Nicht ich. Mir fehlt dieses süße, engelshafte, was du besitzt. Du musst dich nicht mit mir messen." Die Anspannung fiel sichtbar von Naoko ab. "Er hätte lieber dich als mich", bedauerte sie dann. "Aber das wäre keine frische, neu entdeckte Liebe", lachte Yuki munter. "Romeo und Julia müssen sich noch entdecken, kennenlernen. Es ist alles unbekannt und unschuldig. Naja, bis jetzt jedenfalls." "Also meinst du, ich kann das?" Yuki strich ihr aufmunternd durch die rotbraunen Haare. "Du bist die perfekte Julia. Mach weiter wie bisher und halte dich ans Drehbuch. Du musst nichts improvisieren. Bedenke, dass Julia völlig unerfahren ist und keine Ahnung hat, was sie erwartet." "Aber Yuichi… ich meine Romeo, er hat Ahnung." "Ich schreite ein, sobald er von der ursprünglichen Szene abweichen sollte." "Wirklich?" "Versprochen." Oh, darauf konnte sie wetten. "Aber er ist zu attraktiv." "Wem sagst du das", seufzte Yuki. "Aber du darfst dich von ihm nicht unterkriegen lassen. Du musst ihm die Stirn bieten. Er ist Romeo, weiß du, was das auch bedeutet?" "Dass er ungeduldig ist", raunte Yuichi hinter Naoko und ließ diese zusammenzucken. "Nein", schenkte Yuki ihm nicht einen Blick. "Romeo betet Julia an. Sie ist eine Himmelsgestalt für ihn. Er trägt sie auf Händen und sie kann ihm blind vertrauen." "Und sie wird es genießen." Die Sorge, die Yuki Naoko genommen hatte, ließ Yuichi wieder in ihr erwachen. Er küsste ihre Hand. "Lass mich nicht warten, Julia, ich werde dich in den Siebten Himmel heben." Naoko schluckte nervös. Yuichi zog sie mit sich, alle warteten schon. "Können wir jetzt endlich beginnen?" Naoko sah sich nach Yuki um. "Mir müssen geduldig sein mit unserer schüchternen Jungfrau", grinste Yuichi einem der Kameramänner zu. "Wenn du dich nicht beeilst, werde ich auch noch zu einer." "Wir sind bereit", versicherte Yuki und drückte Julias Hand. Die Männer waren sofort anders, wenn sie anwesend war. "Es wird schön, das garantiere ich dir, Naoko. Er weiß, was er tut", versicherte sie und entlockte Yuichi ein selbstzufriedenes Grinsen. "Sei aber nicht enttäuscht. Dafür dauert es nicht lange." Yuichis Grinsen erstarb, Lachen machte sich breit. "Danke, Yuki", hauchte Naoko ihr zu. Und ein letzter, warnender, allessagender Blick galt ihrem Freund, bevor er zu Romeo wurde. "Das ist traumhaft", begeisterte sich Yoko, als die Szene im Kasten war. Naoko umarmte ihre Chefin, sprudelnd vor Erleichterung. "Du warst perfekt, Naoko! Besser, als ich es mir erträumt hatte." Naoko errötete vor Freude. "Dankeschön! Das habe ich nur Yuki zu verdanken." Yuki war auf die Aufnahme konzentriert und winkte nur unwirsch ab. Erlöst und glücklich verschwand Naoko in der Garderobe. "Du hast dich vorbildlich verhalten", lobte die Regisseurin. "Was hast du denn erwartet?", giftete die Regieassistentin leise. "Dass ich wie eine eifersüchtige Natter zuschnappe? Ich bin kein pubertäres Prinzesschen." "Aha?" "An wem er seine Finger hat interessiert mich einen Dreck!" "Seine Finger und seinen Mund und…" "Karina!" "Du brennst", flüsterte sie ihr zu. "Verdammt nochmal und wie!" "Irgendwann lerne ich deutsch", vernahmen sie eine leise Stimme. Yuki blickte auf und Yuichi zuckte vor dem Ausdruck in ihren Augen zurück. Wut, Eifersucht… und Begierde. Er selber brannte heißer denn je für sie. "Schönheit, Maske", verlangte er fast lautlos. "Oder willst du mich den Blicken derer weiterhin aussetzen?" Das offensichtliche Schmachten der weiblichen Mitarbeiter machte sie innerlich rasend. Er folgte ihr grinsend als sie vorausstürmte, in die Privatsphäre seiner Kabine. Sie stand ihm gegenüber, herausfordernd. Wer würde diesen Kampf gewinnen? "Zieh dich an, worauf wartest du noch?" "Ich will dich", sagte er klipp und klar. Seine Augen funkelten wie Juwelen. "Du hattest deinen Spaß!" "Das war Arbeit, kein- du bist eifersüchtig!" Yukis Augen erdolchten ihn. "Zieh dich an und lass mich in Ruhe. Wir sehen uns bei Aani." "Non, jetzt will ich dich." "Du kannst mich mal!" "Genau das habe ich vor." "Wehe! Ich will nicht!" "Ich glaube dir nicht." "Das ist mir völlig egal! Ich habe jetzt Feierabend, was du machst, interessiert mich- he!" Er ergriff ihr Handgelenk und zog sie an sich. "Nein! Yuichi… oh…" Ihre Stimme brach sich in einem Stöhnen, als er ihren Nacken küsste. Schwach war ihre Gegenwehr und er glühte. Einige Atemzüge… und beide würden lichterloh brennen. "Yuki, ich liebe dich. Niemand macht mich so heiß wie du", quälte sein Atem ihre empfindliche Haut. "Vergiss es…" Sie schmolz unter seinen Lippen dahin, doch noch wehrte sich ihr Trotzkopf. Warum zum Teufel war ihr Hals unbedeckt? "Du hast keine Chance", flüsterte er erregt. "Da kannst du wütend sein, soviel du magst, du willst mich." Sie spürte seine Zähne an ihrem Hals. Nein! Oh Gott, nein! "Yuki!", schrie jemand draußen im Flur. Sie zuckte zusammen, wehrte sich sofort gegen ihn. Und sprang schon fast von ihm, ihr Atem rauschte. Sie hielt sich den sensiblen Hals. "Yuki, bist du hier drin?", hämmerte es laut an die Türe. "Ja, bin ich." "Nein, ist sie nicht!" Die Türe öffnete sich nur einen Spalt breit. "Yuki, wir haben ein Problem", murmelte einer der Techniker. "Sie kommt nach", wies Yuichi ihn ungeduldig an. "Nein, warte auf mich", warf sie hastig ein. "Pech gehabt, du Verräter", flüsterte sie ihm zu. "Keine Chance heute. Und zieh dich endlich an!" "Du hast auch wirklich kein Glück", wartete Yoko draußen auf ihn. Er brummte nur unwirsch. "Wo ist sie?" "Es gibt Probleme, Yuki wird das regeln." "Ist das nicht dein Film? Warum muss sie die Drecksarbeit für dich erledigen?" Yoko rückte unbewusst ein Stück von ihm weg. Er war so anziehend, wenn er ernst war. "Du hast sie wütend gemacht", wehrte sie ab. "Gib mir nicht die Schuld dafür, dass du sie nicht verführen kannst. Lass uns gehen." "Nicht ohne Yuki." Sie sah nicht einmal auf, als er sie rief. "Ich habe jetzt keine Zeit", winkte sie ab, umringt von mindestens sieben Kerlen. "Wir haben wirklich ein Problem", sah ihn einer der Kerle entschuldigend an. Er wirkte aber nicht unbedingt enttäuscht darüber. "Sag Aani, sie soll mit dem Abendessen nicht auf mich warten." Und damit hatte sich das erledigt. "Mann, mein Charme wirkt nicht", klagte er dann Anjaani sein Leid. "Hier hilft dir kein Charme", kam es von Inuyasha. "Was dann?" Der Hanyou schwieg. Er konnte es nicht vor Anjaani aussprechen. "Du sollst sie überwältigen und sie gnadenlos verführen", stöhnte Anjaani genervt. "Das ist es, was er sich nicht traut zu sagen." Inuyasha sah sie mit kugelrunden Augen an. "Das wäre zumindest deine Art." Er blies empört die Backen auf, konnte aber nicht widersprechen, weil sie recht hatte. "Hör mal Chi-chan. Yuki ist kein Zimperlieschen, ein bisschen Dominanz und Grobheit deinerseits schaden ihr nicht." "Woher weißt du das?", waren Yami und Yoko baff. "Ich kenne euch gut genug", war die trockene Antwort und doch röteten sich ihre Wangen leicht vor Scham. "Yuki ist gekränkt und doch ist sie…" "… scharf auf dich", half Yami aus. "… genau. Du musst sie überwältigen. Sie… unter- unterwerfen." Aber man sah ihr an, dass der Gedanke abschreckend für sie war. "Sie kann sich wehren, Onee-chan", reizte Yuichi sie noch mehr. "Aber sie wird sich nicht trauen, dir weh zu tun. H- halt einfach ihre, Handgelenke… weißt du, halt die Handgelenke fest… und die Knie… ähm… du kannst…" "Oui? Was mach ich, wenn sie mich treten will?" "Ähm… also du musst… ähm… dein B- Bein zwischen ihre…" "Schluss jetzt, Yamada", erlöste Inuyasha sie. "Hör auf, Anjaani. Er weiß, wie er das machen muss." "Schade, Nee-chan war so putzig als Beraterin im Frauen-Verführen." "Ich versuche offener in solchen Dingen zu werden. Aryan hilft mir dabei." "Apropos." Inuyasha sah Yami an. Sie stützte desinteressiert das Kinn auf ihre Hand. "Was ist mit ihm?" "Das will ich von dir wissen. Was hast du ihm angetan?" "Was soll ich ihm schon angetan haben? Meinem starken, überlegenen Mann?" "Aryan benimmt sich nicht normal. Er ist unkonzentriert und ungeduldig." Ein böses Grinsen machte sich auf Yamis schönem Gesicht breit. "Ich habe ihn nur in seine Schranken gewiesen. Ihm gezeigt, dass er machtlos ist gegen mich." "Was hast du getan?", wunderte sich Anjaani. "Das willst du garantiert nicht wissen." Unbewusst leckte sie sich die Lippen. "Du weißt, dass er das nicht auf sich sitzen lassen wird", warnte sie der Dämon. "Das will ich doch hoffen." Wie gerufen flog die Haustüre auf. Aryan betrat den Raum. Heiß kribbelte es Yamis Wirbelsäule hinauf. "Hallo, Nii-san." "Hallo, mein Starker." Er sah Yami an. Sein Blick war so intensiv, dass sie nach Luft schnappte. Anjaani war ebenfalls eingeschüchtert. "M- möchtest du etwas…" "Danke, heute nicht." Der Klang seiner Stimme ließ die drei Frauen erröten. Ohne weitere Worte packte er Yamis Hand und zog sie mit sich fort. Anjaani starrte ihnen hinterher. So hatte sie Aryan noch nie erlebt. So überlegen, so anziehend, so männlich… "Wie du, Saajan", hauchte sie. "Da siehst du, wie du es machen musst, Yamada", war Inuyasha als einziger unberührt. "Sei unnachgiebig." Unnachgiebig… Also ihr seinen Willen aufzwingen, dominant sein, hart, böse. Yuki hatte eine Schwäche für starke, überlegene Kerle. Sie mochte die bösen Buben. Nun, den konnte sie haben. "Komm jetzt Heim", verlangte er am Telefon. "Das sagt sich so leicht", widersprach Yuki. "Ich bin hier nicht fertig." "Wie lange brauchst du denn noch?" "Das kann ich nicht sagen. Warte nicht auf mich." "Yuki, es ist schon nach 21 Uhr. Wie lange willst du da denn noch bleiben?" "Das meine ich nicht", wurde ihre Stimme plötzlich kalt. "Ich lasse mich von dir heute nicht mehr anfassen." "Immer noch nicht? Sicher, dass du mich nicht vermisst?" Sie zögerte zu lange. "Ich bin wütend, du hast mich verraten." "Und wenn ich mich entschuldige?" "Yuichi", seufzte sie genervt. "Du hast mich hintergangen, ich bin wütend auf dich. Lass mich jetzt bitte in Ruhe." "Und wenn ich das nicht will?" "Was willst du tun?", lachte sie. "Mich zwingen? Wenn du es so nötig hast, du besitzt zwei gesunde Hände." Und sie legte auf. Yuichi grinste. Sie traute ihm also nicht zu, dass er sie unterwarf? Er war der Stärkere, aber er war nun mal nicht grob und unnachgiebig. Sie traute ihm den harten, bösen Kerl nicht zu. Hatte sie ihm nicht in Peking gesagt, dass nur er sie dominieren dürfte? Dann würde sie jetzt ihr blaues Wunder erleben! Er brannte mit jeder Minute mehr. Aber sie kam nicht nach Hause. Es war schon 23 Uhr, da hielt er es nicht mehr aus. Das Filmstudio war unheimlich, so verlassen. Er hasste düstere Orte! "Yuki!" "Yuichi?" Er folgte ihrer Stimme, hinein in Yokos Büro. Sie war umringt von sechs Kerlen und jeder sah schuldbewusst auf, als Yuichi das Büro betrat. Sie rückten sofort ein Stück von ihr ab. Wie zum Teufel hat er sie mit so vielen Männern alleine lassen können? Mit nichts an, als diesem kurzen, hellblauen Sommerkleid. "Bist du fertig?" Seine Stimme klang fest und sie blickte auf. Ihre Wangen röteten sich leicht, ihre vollen Lippen öffneten sich etwas. Ihre Pupillen weiteten sich. Ihr Körper verriet sie. Sie wurde schwach, wenn er so war. "Ich bin hier, um dich abzuholen." Es war die Ernsthaftigkeit an ihm, die sie schlucken ließ. Sie erhob sich, ging um den Tisch herum, um ihn wieder aus dem Raum zu drängen. "Entschuldige, ich komme noch nicht weg." Er rührte sich keinen Millimeter, stand unrückbar wie ein Felsen. Sie mied es, ihn zu berühren, unerträgliches Verlangen glühte in ihren Augen auf. Er reizte sie anscheinend bis aufs Äußerste. Und sie konnte seinem intensiven Blick nicht ausweichen. Er böse, harte Kerl machte sich anscheinend wahnsinnig, das verstärkte Yuichi in seinem Vorhaben. "Hast du was gegessen?" Er blickte auffordernd zu den anwesenden Männern. "Wir haben uns etwas liefern lassen", bestätigte ein Techniker. "Bien. Leute, Feierabend. Ich nehme meine Freundin mit." "Wa-?" Ehe Yuki reagieren konnte, hatte er sie gepackt, über seine breite Schulter geworfen und aus dem Büro getragen. Ihr imponierte die Entführung gar nicht. "Ich bin kein Kartoffelsack, lass mich runter!" "Geht nicht, ich entführe dich gerade." "Yuichi, sofort!" "Was willst du tun, Frau Lehrerin? Mich bestrafen?" Er verfrachtete sie auf den Beifahrersitz. Sie starrte ihn an, Wut in den Augen. Wut und Lust. Das Verlangen nach ihr drohte, ihm den Verstand zu benebeln. "Fügst du dich?" "Spinnst du?! Außerdem ist dein Polo nicht romantisch. Ein schwarzer Hengst wäre angemessener." "Kurzfristig war kein Pferd aufzutreiben. Den Hengst aber kannst du haben." Mit einem dunklen, sinnlichen Lächeln drückte er das Gaspedal durch. Sie zitterte vor Vorfreude. Nein! Nein, heute blieb sie standhaft! "Ich schlafe nicht mit Verrätern", stellte sie klar. "Ich habe nicht vor, dich schlafen zu lassen." "Yuichi, wehe du fasst mich an!" Er hielt den Wagen an. "Was dann?" Sie zuckte vor ihm weg. "Lass das!" "Was?" Seine Augen schienen zu glühen. "Du hast mich gereizt, mich den ganzen Tag gequält. Jetzt wirst du die Konsequenzen tragen." Ihr Atem wurde schneller, ein eindeutiges Zeichen, dass sie ihn wollte. "Steig aus dem Auto." Sie verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. So leicht machte sie es ihm nicht. Er ließ sich aber nicht beirren und seine Unnachgiebigkeit war aufregend. Wie weit konnte er die harte Tour durchziehen? Er öffnete ihre Tür und ehe sie sich versah, löste er ihren Gurt. Sein Duft war schwindelerregend. Frisch, warm, männlich… "Kommst du freiwillig?" Es war keine Frage, keine Aufforderung. Es war ein Versprechen. "Niemals." "Die Antwort, auf die ich gehofft habe." "Himmel, Yuichi, dass dich mein Gewicht nicht erschöpft!" Mühelos trug er sie bis in die Wohnung hoch. "Ich bin voll Energie, dank dir, Frau Lehrerin." "Die kannst du woanders loswerden!" Kaum war sie auf den Füßen, presste er sie gegen die Wand. "Yuichi, zur Hölle nochmal! Ich werde nicht-" Seine heißen, fordernden Lippen überwältigten sie, sein Körper passte sich nahtlos ihrem an. Gott, diese Hitze! Wut explodierte in Lust. Überwältigende, alles verzehrende Lust. "Yuichi, hör jetzt auf!" "Non." Sie versuchte ihm ihre Hände zu entziehen, doch sein Griff war eisern. Mühelos hatte er die kleine Rangelei im Griff. Er drückte die Lippen an ihrem Hals. Diese kleine Explosion raubte ihr so sehr den Verstand, dass er sich ihres Kleides entledigen konnte. Nein, was machte er mit ihr?! Stopp! "Yuichi, ich werde mich wehren!" "Tu das." Yuki riss die Augen auf, ihr Atem stockte kurz. Dunkel schimmerten seine Augen, die Lippen Millimeter über ihren. "Du gehörst jetzt mir!" Ungeduldig riss er sich das Shirt vom Leib. "Und ich mache mit dir, was ich will." Seine Lust nahm ihr den Willen, die Kraft. Heiß und wild reizte seine Zunge ihre empfindsamen Brüste und sie war verloren. Die Gier nach ihm brannte lodernd in ihr. Stöhnend gab sie sich ihm hin. "Lass mich sofort- Gott! - sofort los!", keuchte sie. "Yuichi, hör auf! Bitte!" "Flehen bringt dir nichts. Du hast mich aufgeheizt und dann hingehalten." Seine Augen waren dunkel wie schimmernde Saphire und doch glühten sie. "Du hast mit mir gespielt. Jetzt spiele ich mit dir." Seine rechte Hand packte ihre Handgelenke, drückte sie über ihren Kopf an die Wand. Ihre Brüste hoben sich seinen Lippen entgegen. Sie bäumte sich auf, wehrlos, gefangen und es raubte ihr Sinn und Verstand. "Mon… dieu! Du bist ein böser Junge!" "Oui, sehr böse." Sein Mund fiel über ihren Hals her. Ekstatisch aufschreiend wand sie sich an ihm, doch sein Körper presste sich fest an ihren. Funken tanzten vor ihren Augen. Heiße Wellen spülten über sie hinweg, ihr Körper verbrannte. Nein, nicht seine Zähne! Nicht- oh! "Yuichi!" "Oui, schrei nach mir!" "Himmel, oh Himmel! " Seine linke Hand zerriss ihr Höschen, quälte ihren sensibelsten Punkt und seine Finger verschwanden in ihrer glühenden, weiblichen Hitze. Schreiend warf sie den Kopf zurück, verlor sich in der reißenden Lust, im harten, schnellen Rhythmus seiner Finger, seiner Zunge und Lippen an ihrer Schwachstelle. "Tisch", wimmerte sie, ihrer Sinne beraubt, verbrennend in seiner Begierde. Sie hielt es nicht mehr aus, war dem Gipfel so nah. Er wusste das. "Yuichi, bitte… bitte- oh Gott!" Er blieb unnachgiebig. "Non", knurrte er erregt. "Ich bin nicht fertig mit dir." Und seine Zähne vergruben sich in ihrem Hals. Sie zerbarst in seiner Hitze. "Das ist aber ein ganz anderes Bild als gestern", freute sich Anjaani beim Frühstück. "Findest du? Ist mir nicht aufgefallen", lächelte Yoko ironisch. "Ist doch alles wie sonst." So trüb die Laune der beiden Pärchen gestern auch noch gewesen war, so strahlend war sie heute. Man konnte nicht sagen, wer heller leuchtete vor Seligkeit, Yami und Aryan oder Yuki und Yuichi. "Ich finde das toll", lachte Anjaani. "So gefällt es mir am besten." "Du weißt schon den Grund dafür", wandte Yami ihre funkelnden Augen von Aryan zu ihr. "Liebe", antwortete Anjaani, doch sie errötete leicht. "Reine, unschuldige Liebe." "Unschuldig", prustete Yuki leise. "Lass ihr die Illusion", grinste Aryan. "Sie weiß, was lief", lachte Yuichi laut. "Sie hat mir immerhin gesagt, was ich zu tun habe." Yuki runzelte die Stirn. "Du redest von Aani." "Dieselbe, die mir sagte, dass ich dir gegenüber grob und dominant sein soll." Anjaanis Gesicht wurde dunkelrot. "Dir habe ich das zu verdanken?" "N- nein, ich… er wollte… Inuyasha..." "Sie hat ihm nur geraten, was Inuyasha in solch einer Situation getan hätte", erklärte Yoko. "Das waren gute Tipps", schmunzelte Yuichi, bevor Anjaani sich wehren konnte. "Das hättest du hören sollen. Halt ihre Handgelenke fest, Chi-chan, damit sie sich nicht wehren kann. Drück sie gegen die Wand, und schieb dein Bein zwischen-" "Das habe ich gar nicht gesagt!", schrie Anjaani panisch. "Eigentlich schon", widersprach Yami. "Inuyasha hat dich ganz schön verdorben." "Nicht mal annähernd so sehr, wie du mich", zog Aryan sie fester in seine Arme. Und schon waren Yami und Aryan wieder in ihre eigene Welt abgetaucht. "Nee-chan, kannst du mir bitte einen Gefallen tun?", lenkte Yuichi ab. Ehe Anjaani antworten konnte, stöhnte Yuki genervt auf. "Wirklich? Warum bist du so empfindlich?" "Weil ich das Gefühl habe, dich verletzt zu haben. Nee-chan, kannst du sie bitte heilen?" "Wieso? Was hast du denn…?" Sie unterbrach sich, als sie Yukis Hand ergriff. "Verdammt, was hast du mit ihr gemacht?!" Er zog schuldbewusst den Kopf ein. Und Anjaani wurde zornig. Richtig zornig. "Wie grob warst du denn bitte zu ihr? Hast du völlig den Verstand verloren?!" "Ich habe es", summte Yuki selig. "Beruhige dich, Aani. Ich fand's richtig toll." "Toll? Was ist bitte so toll dran, verletzt zu werden?! Wer bitte tut das seinem Partner an?!" "Aryan", lächelte Yami sanft. "Wie bitte?", fiel Anjaani aus allen Wolken. "Das war unnötig", tadelte Aryan seine Freundin. "Sie bekommt noch ein verdrehtes Bild von mir." "Es stimmt?", entsetzte sie sich. "Aryan hat sich auch nicht immer unter Kontrolle", schwärmte Yami. "Ich mag es gar nicht, mit Samthandschuhen angefasst zu werden." "Aurora, entspann dich. Das hat rein gar nichts mit der Gewalt zu tun, die du erlebt hast." "Ich bin übrigens auch voller Kratzer und Bisse", lachte Yuichi. "Und Küken ist zu Aryan bestimmt nicht sanfter." "Ganz und gar nicht", grinste der General. Anjaani war erschüttert, die Augen fast schwarz, das Gesicht bleich. "Nein, es klappt nicht", kommentierte Yoko ihren Zustand. "Aani kann daran nicht Positives abgewinnen." "Das kommt, wenn sie es selber erlebt." "Ich habe es erlebt!", erinnerte die Inderin entsetzt. "Das ist nicht dasselbe. Weißt du…" "Lasst es! Sie ist nicht bereit für euren Schweinkram", mischte sich Inuyasha ein. Er nahm ihre Hand und sie sah ihn an. Inuyasha konnte keine Gedanken lesen, aber was sie ihn fragen wollte, war ihr deutlich ansehen. Seine samtweißen Ohren zuckten. "Ich habe nie eine Frau verletzt", war das einzige, was er leise zu ihr sagte. "Yuki-Hase, du hast kaum etwas gegessen", versuchte Anjaani das Thema zu wechseln. Yuichi schmiegte sein Gesicht an das deiner Freundin. "Hast du keinen Hunger? Die Nacht war lang, du hast kaum geschlafen." "Wieso?", sorgte sich Anjaani. "Hast du so viel Arbeit?" "Nein", sahen Yuichis königsblauen Augen sie direkt an. "Er hat mich nicht schlafen lassen." "Das klingt wie ein Vorwurf", zog er seine Liebste an sich. "Nein, wie eine Aufforderung", hauchte sie an seinen Lippen. "Ich kotz gleich", grummelte Inuyasha leise. "Armes Hündchen ist eifersüchtig", summte Yoko. "Nein, nur untervögelt", berichtigte Yuki. "WIE BITTE?!" "War ich nicht deutlich genug?", wunderte sich Yuki arglos. "Jetzt werde ich mal deutlich!", brüllte Inuyasha und schlug mit der Faust auf den Tisch, dass die Gläser klapperten. "Aani, du musst den armen Ausgehungerten mal ranlassen." "Halt endlich dein Schandmaul!" "Sex entspannt, du bist viel zu aggressiv." Er beugte sich rüber und packte Yukis Schulter. "Du kannst gleich was Aggressives erleben!" "Loslassen." Inuyasha erstarrte überrascht und stierte Yuichi an. Noch nie hatte er ihn so wütend gesehen. Die Augen des Japaners waren hellblau, seine Stimme eisig kalt, als er gefährlich ruhig wiederholte: "Loslassen." Der Dämon war sprachlos und er sah ihn deutlich, den brutalen Schläger. Der Alptraum jedes illegalen Kämpfers im Tokioter Untergrund. Le mal bleu, der blaue Schmerz. Yuichis dunkle Vergangenheit. Inuyasha setzte sich abrupt hin, so hatte er Anjaanis kleinen Bruder nie erlebt. Jetzt richtete sich dieser auf, bedrohlich und zornig. Das Schwarz seines Haares ließ seine Augen noch kälter und heller erscheinen. "Fass sie noch einmal an und das wird das letzte Mal gewesen sein, dass du eine Frau berührt hast. Wenn du Yuki noch einmal bedrohst, werde ich zu deinem persönlichen Alptraum." Dann änderte sich etwas in seinen Augen. "Das ist meine Freundin, suche dir eine eigene." "Was willst du tun, er hat doch zugegeben, dass er mich perfekt findet", kicherte Yuki. "Dann hättest du schneller sein sollen", tadelte Yuichi. "Jetzt ist sie vergeben, also Finger weg von ihr." "Nimm's ihm nicht übel, er ist verzweifelt." "Haltet endlich eure Klappen!", grollte Inuyasha. Die beiden sahen sich verliebt an. "Gemeinsam ist es schöner", gestand Yuichi. "Ich will nur noch mit dir zusammen andere ärgern." "Inuyasha…" Anjaani hatte zaghaft die Stimme erhoben. Er wandte sich von den turtelnden Pärchen ab. Sie war peinlich berührt. "Was willst du sagen?", wurde seine Stimme sanft. "Tust du das wegen mir?" "Was?" Sie konnte ihn nicht ansehen und schien auch nicht zu wissen, wie sie das, was sie sagen wollte, in Worte fassen sollte. "Brauchen männliche Dämonen das nicht?" "Ich verstehe kein Wort, Anjaani!" Sie suchte Aryans Blick, doch der kuschelte mit seiner Freundin und war ganz von ihr eingenommen. "Aber ich verstehe, was sie will", erbarmte sich Yoko. "Aani, ob Mensch oder Dämon. Er ist ein Mann. Und Sex ist bei ihnen ein Grundbedürfnis, wie Schlafen oder Essen." "Was?! Was redest du da für einen Blödsinn!" "Vielleicht überspanne ich den Bogen etwas, aber keiner hält so eine lange Abstinenz aus. Bei Männern ist es anders als bei Frauen. Und gerade Dämonen haben diesen Jagdtrieb. Den zu unterdrücken ist gegen ihre Natur." "Also hältst du dich mir zuliebe zurück", stotterte sie. "Wegen mir verzichtest du und unterdrückst deine Instinkte." "Weniger Instinkte, sondern mehr Triebe", korrigierte Yoko. "Ich unterdrücke nichts", knurrte Inuyasha den roten Drilling drohend an. "Anjaani, hör auf dir um mich irgendwelche Sorgen zu machen." "Saajan, ich weiß, dass ich nicht normal bin. Mich schreckt ab, was für dich… für euch völlig natürlich ist. Ich will dir das nicht missgönnen." Er seufzte auf und sah sie intensiv an. Ihre Augen vergoldeten sich schlagartig. "Ich verzichte nicht, glaub mir das." "Du tust es schon wieder", flötete der rote Drilling. Er sah sie an. "Sie verführen. Es ist dir angeboren, du merkst es nicht einmal, so sehr gehört es zu deiner Persönlichkeit." Inuyasha knurrte genervt. "Was willst du eigentlich damit erreichen? Anjaani ein schlechtes Gewissen einreden? Wozu? Damit sie was tut?" Yoko zuckte schuldbewusst zusammen, Inuyasha sah sie vorwurfsvoll an. "Damit sie sich nimmt, was du gerade nicht bekommst? Hör auf, ihr einzureden, dass sie nicht normal ist. Zu Lust gehört nun einmal die Liebe und es ist nicht falsch beides zusammen zu wollen." Beide Frauen starrten ihn an. Yoko senkte den Blick. "Was gäbe ich dafür, dass Zuma so denkt." "Dann kämpfe um ihn." "Wieso ich, Inuyasha? Wieso immer nur ich?" "Weil du die Stärkere bist." "Ich… aber…" Sein Kompliment überrumpelte sie. "Der Film… und Romeo…" "Faule Ausreden. Wovor hast du Angst?" "Vor dem selben wie du", antwortete sie flüsternd. "Auf die Schnauze zu fliegen, weil ich dieses Glück nicht wert bin." "Apropos Romeo", mischte sich unerwartet Aryan ein. "Hast du ihn gestern getroffen?" "Nein, er war nicht da." "Ich habe damit nichts zu tun", wehrte Yami sofort ab. "Er war nicht im Kurs, ich bin ihm nicht begegnet." "Romeo ist mir auch gerade völlig egal", winkte Yoko unwirsch ab. "Ich habe andere Probleme. Die dich betreffen, kleine Schwester!" "Schön für dich." Yami teilte sich mit Aryan ein Stück Apfel. "Marie!" "Ich höre dir zu…" "Von wegen. Yami Marie Higurashi!" Yami wandte sich ihr widerwillig zu. "Ich hole dich ja nur ungern von deiner Wolke herunter… Yami!", schrie Yoko, weil Yami ihre Aufmerksamkeit wieder Aryan gewidmet hatte. "Du schuldest mir noch ein Lied." "Ich singe es jetzt, welches willst du hören?" Yoko stöhnte genervt auf. "Für den Film! Mir fehlt das Lied für Julias Sterbeszene. Wo ist meine verzweifelte Melodie?" "Mir fehlt die Inspiration", sagte Yami geradeheraus. "Wie bitte? Ich brauche diese Szene! Marie, ich will ein Lied, das die Dramatik der Sterbeszene wiedergibt. Ein todtrauriges, völlig verzweifeltes, hoffnungsloses Lied. Es soll erschüttern, tief treffen und Julias Qualen spiegeln. Und dir fehlt die Inspiration?!" "Das sind starke negative Inspirationen. Ich muss sowas auch fühlen, wenn die Melodie authentisch werden soll." Sie sah Aryan an. "Ich bin momentan zu glücklich, um solch ein Lied zu komponieren." "Dein ernst? Wirklich? Sag mir, dass das ein Scherz ist!" "Vorsicht, zickige Chefin", warnte Yuichi. Yoko schlug mit der Faust auf den Tisch. "Wofür bezahle ich euch eigentlich? Ich habe einen Film zu drehen! Ich brauche die passende Musik dazu und einen Hauptdarsteller, der nicht der Regieassistentin hinterherdackelt, wie ein devoter Hund!" "Letzte Nacht war ich nicht devot." "Nein", schnurrte Yuki und schlang die Arme um seinen Nacken. "Ganz und gar nicht." Yoko schlug verzweifelt die Hände vors Gesicht. Das hatte keinen Sinn. Und eine andere Tatsache traf sie härter denn je. Sie war eifersüchtig. Eifersüchtig auf das, was ihre Schwestern hatten. Es zerfraß sie innerlich. Es raubte ihr die Ruhe und den Schlaf. Sie hätte ihn nicht gehen lassen dürfen. Er hatte sich gegen Kagome entschieden, aber sie hatte ihn abgewiesen. "Kämpfe um ihn." Yoko sah in Anjaanis Augen. In diese Augen voller Güte, Verständnis und Hoffnung. Die Mondsteinsonne funkelte um ihren Hals. Yoko blickte herab auf ihr eigenes Dekolletee, betrachtete liebevoll den kleinen Rubintropfen. Er bedeutete ihr alles, weil er ein Symbol war. Ein Symbol, dass sie Zuma etwas bedeutete. Solange sie es nicht schaffte, sich von diesem Edelstein zu lösen, solange schaffte sie es auch nicht Zuma loszulassen. "Warum kannst du nicht einfach Romeo eine Chance geben?", riss ihre jüngere Schwester sie aus ihren Gedanken. Yoko sah sie genervt an. "Du tust so, als wäre es ein Kinderspiel, sich mal schnell in jemanden zu verlieben. Einfach loslassen, alle Gefühle, alle Erinnerungen zu vergessen." "Liebe ist eine Entscheidung", sagte Yami schlicht. Yoko erstarrte. "Du bestimmst, wen du liebst. Wenn du stark genug bist, kannst du dich um entscheiden. Du musst es nur intensiv und aufrichtig wollen." Yoko öffnete den Mund, um zu widersprechen, denn diese Aussage widersprach allem, woran sie glaubte. Aber war es so? War man wirklich hilflos einer Naturlaune ausgeliefert, die bestimmte, in wen man sich verliebte? Wenn sie daran dachte, warum sie Zuma liebte, was sie an ihm liebte… ja, sie hatte sich dazu entschieden ihn zu lieben. "Ist sie kaputt, oder warum sagt sie nichts?", wunderte sich Yuichi. "Ihr fallen keine Gegenargumente ein", lächelte Yuki. "Liebe ist eine Entscheidung", stärkte Anjaani Yami den Rücken. "Und es ist Arbeit. Wenn man sich dafür entscheidet, muss man auch zu seiner Entscheidung stehen und mit den Konsequenzen leben. Wer nicht hart genug daran arbeitet, steht auch nicht voll zu seiner Entscheidung und es fällt leicht, seine Meinung zu ändern. Liebe ist eine Entscheidung, die auf Respekt, Vertrauen, Willenskraft und Hingabe basiert. Sonst stürzt diese ganze Konstruktion zusammen." "Hingabe in Form von Unterwerfung?", war Yuki irritiert. "Nein", blieb Anjaani ernst. "Hingabe in Form von Anpassung. Zwei Liebende passen sich immer aneinander an, wachsen miteinander, ändern sich miteinander. Wenn einer sich weiterentwickelt und der andere stehen bleibt, passen sie irgendwann nicht mehr zueinander. Wenn man bereit ist, etwas zu ändern, um miteinander weiterzukommen, hat die Liebe bestand. Sie entwickelt sich stets weiter und die neuen Wege, die sich einem öffnen, muss man gemeinsam beschreiten." "Die Erfahrung lehrt uns, dass Liebe nicht darin besteht, dass man einander ansieht, sondern dass man gemeinsam in gleicher Richtung blickt", murmelte Yoko. "Das ist eines meiner liebsten Zitate." "Zitate sind heiße Luft", brummte die eiserne Realistin. "Ich will Beweise sehen. Fakten, nicht Worte." "Du bist das beste Beispiel", lächelte Anjaani sie an. "Ihr Zwei, Chi-chan und du, seid das allerschönste Beispiel für Liebe. Ihr habt euch dafür entschieden und nichts hat an eurer Entscheidung etwas ändern können. Weder Raum noch Zeit. Ihr bildet eine Einheit, ein unbesiegbares Team. Ihr passt euch aneinander an, ohne eure Einzigartigkeit zu verlieren. Chi-chan zum Beispiel interessiert sich nur wegen dir für Malerei und Baukunst." "Ich fand es immer langweilig", gab Yuichi zu. "Aber es ist ein bedeutender Teil von Yukis Wesen und deswegen interessiert es mich irgendwie." "Seht ihr? Und du, Häschen. Du rauchst nicht mehr, du rührst keinen Tropfen Alkohol an und hätte man dich vor wenigen Wochen nicht noch mit Gemüse jagen können? Jetzt willst du Zucker nicht einmal mehr ansehen und hilfst mir immer beim Kochen." "Wegen Yuichi. Ich muss ihn unterstützen. Er hält das alleine niemals durch", behauptete Yuki. "Ich kann ihn doch nicht im Stich lassen. Es ist…" Sie stutzte und sah ihn an. "Es ist ein Weg, den wir zusammen gehen. Eine gemeinsame Weiterentwicklung. Weil ich entschieden habe, dich zu lieben und zu dieser Entscheidung stehe." "Und ihr seid glücklich mit eurer Veränderung, ihr bereut es nicht." "Yuki ist alles wert", stellte Yuichi klar. "Glückwunsch, wir wussten ja noch gar nicht wie schön eure Beziehung ist", grollte Yoko, nun deutlich eifersüchtig. "Deine wäre auch schön, wenn du daran arbeiten würdest", meinte Yuki steinhart. "Statt um den Kerl zu kämpfen und ihm zu zeigen, was er dir bedeutet, benimmst du dich wie ein beleidigtes-" "Wage es nicht!", fauchte Yoko und sprang auf. "Du warst schon immer der Wahrheit abgeneigt", ätzte Yuki verständnislos und stellte sich ihr entgegen. "Aber ob du es hören willst oder nicht, du verhältst dich wie ein beleidigtes-" "Lisa!" Yoko stieß sie gegen die Schulter. Yuki schlug ihre Hand weg. "Du bist ein Prinzesschen!" Yoko sog scharf die Luft ein. Und Yuichi seufzte stumm. Das letzte Mal, als dieses Wort gefallen war, hatten sich die Schwestern geprügelt, das wusste er. Ihm grauste es dazwischen gehen zu müssen. "Sagt mal, wer würde heute gewinnen?", interessierte sich Yami. Sie hatte denselben Gedanken gehabt, wie Yuichi. "Hä?" Inuyasha kam nicht mehr mit. "Prinzesschen", klärte sie ihn auf. "Ist für uns fast so schlimm wie Schlampe für Aani. Das letzte Mal, als Yoko Yuki so genannt hatte, hatten Aani und ich dazwischen gehen müssen." "Wir waren acht gewesen", sagte Anjaani. "Und ich kam mit einem blauen Auge davon. Ich bin mir sicher, dass ich es heute nicht überleben werde." Yuki und Yoko funkelten sich an. Wer von beiden war die stärkere? "Ich bin stärker", war Yuki überzeugt. "Ich bin nämlich nicht das Prinzesschen hier." Yokos Schlag kam genauso schnell, wie Yuki ihn abblockte. Yuichi zuckte erschrocken zusammen. Auch die andere Faust fing Yuki auf. Die Schwestern standen Auge in Auge, umkreisten sich wie Raubtiere. Jede versuchte, die andere niederzudrücken, zu überwältigen. Vergebens. Sie waren gleich stark. "Nächsten Monat ist wieder ein Karate- Turnier", zischte Yoko herausfordernd. "An dem ich aber teilnehme", widersprach Yami. "Ich bin an der Reihe." "Ihr werdet nicht gegeneinander antreten", verbot Anjaani jetzt. "Das lässt sich nicht verhindern. Bis zum bitteren Ende." "Bis zum bitteren Ende." "Es reicht!", grollte Inuyasha und riss die Streithühner mühelos auseinander. "Das geht mir jetzt auf die Nerven! Ihr beide seid genau gleich stark. Und nun ist Schluss damit! Du", funkelte er jetzt den roten Drilling an. "Komm mit deiner Eifersucht klar oder suche dir einen Mann. Ich habe dir schon einmal gesagt, dass er dich liebt. Die einzige, die dieser Beziehung im Weg steht, bist du. Und jetzt hör auf, hier schlechte Laune zu verbreiten!" "Schlechte Laune?" Yoko rollte die Augen. Die beiden Paare waren wieder in ihrer eigenen Welt. "Ich glaube kaum, dass ich denen die Laune verdorben habe." "Aber mir. Und du regelst das mit Zuma oder ich tue das!" "Nachdem das Alpha90-Projekt abgeschlossen ist", bemerkte Aryan mit Nachdruck. "Ach, du bist ja auch noch da", lächelte Yoko ihn spöttisch an. "Und Romeo auch. Du hast ihm den Kopf verdreht, jetzt kannst du ihn nicht einfach fallen lassen. Das wäre nicht fair." Yoko seufzte. "Also gut. Ich finde heraus, ob er etwas mit dem Aufruhr der Dämonen zu tun hat und mache dann Schluss mit ihm." "Na, siehst du. So leicht ist das", ermunterte sie ihre ältere Schwester. "Ich verstehe nicht, wieso du es dir so kompliziert machst." Und Yoko schwor sich, ab jetzt immer den direkten, einfachen Weg zu gehen. Sie beendete gerade ein nervenaufreibendes Telefonat mit einem der Produzenten und sehnte sich nach ihrem verdienten Feierabend. "Was ist los?" Zuma öffnete schwungvoll die Türe zu ihrem Büro. Sie war zu müde, um sich zu erschrecken. "Geht es dir gut?", bemerkte er, wenn auch etwas kühl. "Ich habe Yuki gebeten, dich zu mir zu schicken", sagte sie und rieb sich die Augen. Zuma hob die Brauen. "Deshalb bin ich hier. Und da du Wiederholungen so verabscheust, repetiere ich meine Frage nicht." Sie musste unwillkürlich lächeln. Eigentlich war Akira Zuma stets rücksichtsvoll ihr gegenüber gewesen. "Du bekommst eine Gehaltserhöhung", sagte sie dafür klipp und klar. "Was?", war er jetzt etwas irritiert. Er war es nicht gewohnt, dass sie so schnell auf den Punkt kam. "Für das, was du hier leistest, wirst du eindeutig zu schlecht bezahlt. Du verbringst Stunden mit Yuichi, ohne ihm eine reinzuhauen." "Er macht es mir auch wirklich nicht leicht, Yoko", warf er wütend ein. "Immer, wenn ich mit ihm tanzen muss, versucht er mir an den Hintern zu fassen." Yoko kicherte leise. "Klingt lustiger als es ist", warf er ihr vor, doch der Schalk schimmerte silbern in seinen Augen. "Und immer wieder vergisst er absichtlich, dass er führen muss. Nur damit ich ihm sage, dass er jetzt der Mann ist und ich die Frau." Jetzt lachte sie laut, gelöst und fröhlich. Er lächelte. Oh, wie sie diesen Zuma liebte! "Das sind eindeutig bessere Gründe für einen höheren Lohn", gluckste sie. "Aber ich will, dass du weißt, dass ich ohne dich aufgeschmissen wäre. Noch hast du nebenher einen richtigen Beruf. Ich habe mit einigen Leuten verhandelt. Du bekommst höheren Lohn." Yoko schob ihm einige Unterlagen zu, doch Zuma beachtete das nicht. Er sah ihr unverwandt in die Augen und Yokos Herz begann schneller zu schlagen. Was gäbe sie jetzt dafür, in seinen Armen zu versinken, an seinen Lippen… "Ich brauche das nicht, Yoko." "Ich will dich damit auch nicht beleidigen. Aber ich gebe dir nicht das, was du verdienst." Etwas in seinen Augen veränderte sich. Beiden war die Zweideutigkeit dieses Satzes bewusst. Mit einer schnellen Bewegung zerriss er die Dokumente und warf die Fetzen in den Papierkorb. "Ist das alles?" Sie erwiderte seinen Blick und er konnte ihre Augen lesen wie ein Buch. Sehnsucht, Begehren, Einsamkeit. Oder war dies sein Spiegel? "Ich will nicht mehr so weitermachen, Akira." Sie richtete sich unverwandt auf und wankte leicht. Reflexartig machte er ein paar Schritte auf sie zu. "Dir geht es nicht gut." "Ich bin nur erschöpft", winkte sie ab. "Wie denn auch nicht, wenn man jede Nacht von einem Vampir ausgesaugt wird!" Es war ihm entschlüpft, ehe er es hatte verhindern können. Er bereute es bitter. Doch Yoko sah ihn nur gequält an. "Ich bin nicht intim mit ihm geworden", flüsterte sie. Und das warf Zuma jetzt aus der Bahn. Sie hatte nicht mit ihm geschlafen? "Ich schlafe doch nicht mit jedem, der mir über den Weg läuft!" "Das habe ich nicht behauptet. Er ist doch genau das, was du immer wolltest." "Gerade du weißt doch überhaupt nicht, was ich will", sagte sich sachlich. "Romeo weiß es. Und dennoch hat er mich nie angerührt." "Man muss niemanden berühren, um ihn zu beißen", blieb er trotzig. "Herrgott, er hat mich nicht gebissen", verdrehte sie die Augen. "Ich habe ihm nicht einmal einen Kuss geschenkt. Zuma, weißt du denn, was ein Biss bewirkt?" Einen Orgasmus. Er presste die Lippen zusammen. "Mich von ihm beißen zu lassen, hieße, mich ihm vollkommen zu unterwerfen", belehrte sie ihn. "Ein Biss bricht den eigenen Willen und macht dich zur Marionette des Vampirs. Das will ich nicht. Ich lasse mich von niemanden beherrschen. Niemand darf mich dominieren. Ich habe in niemanden so großes Vertrauen. Mit einer Ausnahme", fügte sie leise hinzu. Seine Augen wurden groß. Er. Nur ihm schenkte sie genug Vertrauen. "Yoko." Er trat dich an sie heran, sie hob den Blick. Verlangen glühte in ihren Augen auf. Sie wollte, dass er sie in seine Arme zog. Der Drang, sie an sein Herz zu reißen, ihren Duft einzuatmen, schmerzte schon körperlich, doch aus irgendeinem, ihm unerklärlichen Grund, rührte er sich nicht. "Ich möchte mit dir reden." "Reden", war er jetzt irritiert. "Du redest die ganze Zeit." Und sie überwand sich. "Ich möchte über uns reden, denn so kann es nicht weitergehen. Du fehlst mir." Der letzte Satz war so leise gewesen, dass er ihn gerade noch verstehen konnte. "Ich will keine Beziehung", stellte er klipp und klar fest. Sie atmete tief durch. "Das weiß ich und ich akzeptiere das. Können wir reden?" "Hier oder sollen wir zu mir fahren?" Es klang kälter und distanzierter, als er es beabsichtigt hatte. Schließlich überwand sie sich und machte den ersten Schritt. "Bei dir. Hier fühle ich mich unwohl." "Seit wann fühlst du dich in einem Büro unwohl?" Sie lächelte sinnlich. "Mit diesem hier verbinde ich nicht so schöne Erinnerungen wie mit deinem." Er streckte die Arme aus, wollte sie an sich ziehen, sie endlich wieder spüren, doch sie wich zurück. "Warte. Nicht jetzt", seufzte sie. "Ich habe etwas Wichtiges zu erledigen, das mir noch im Weg steht." Und er verwettete seine Goldmedaillen, dass dieses Wichtige Romeo hieß. "Nimmst du dir bitte morgen Zeit für mich?" Er lächelte sie an. "Ich hole dich dann ab." "Aber ich schlafe nicht mit dir." "Das sagst du jedes Mal." Sie erwiderte sein Lächeln. "Ich mag es nun mal, wenn du mich… eines besseren belehrst." Sacht schob sie sich an ihm vorbei, zur Tür, ohne ihn zu berühren, doch ihr ehrliches, warmes Lächeln löste ein kribbelndes, wohliges Gefühl in ihm aus. Beinahe hätte er die Arme ausgestreckt, um sie an sich zu ziehen. "Danke, Akira. Bis Morgen." Bis Morgen. Er merkte nicht, dass er erleichtert ausatmete. Es war vorbei. Er hatte seine Yoko wieder. Nein, er hatte seine Affäre wieder. Es war eine sexuelle Beziehung. Sie war die einzige, die seinen Ansprüchen genügte, deshalb hatte er sie vermisst. Seine Durststrecke war rum. Er hatte nicht sie vermisst, sondern dass sie ihm gab, was er brauchte. Zuma lächelte und verdrängte wieder gekonnt die Wahrheit. Yoko kam zurück, er hatte gewonnen. Zuma würde denken, er habe gewonnen, dessen war sich Yoko sicher. Und es war ihr auch egal. Er liebte sie und irgendwie würde sie es hinbekommen, dass er dies erkannte. Der erste Schritt war getan, jetzt gab es kein Zurück. Die Nachtluft war lau und sie spürte, sie war nicht allein. Sie atmete noch einmal tief durch und straffte die Schultern. "Du wirst dir abgewöhnen müssen, mich heimlich zu beobachten." "Verzeihung", trat er aus dem Schatten. "Ich ergötze mich nur so gerne an deinem Anblick. Was ist los, Yoko?" Yoko. Romeo kannte ihren vollen Vornamen nicht und das war gut so. Sie wollte nicht, dass er sie manipulieren konnte. "Ich will wissen, wie ehrlich du es mit mir meinst", sagte sie geradeheraus und erwiderte seinen Blick. Romeo war es mittlerweile gewöhnt, dass er sie weder beherrschen, noch unterwerfen konnte. "Du bist die Frau, die ich liebe. Ich will die Ewigkeit mit dir verbringen." "Ich möchte die Ewigkeit aber mit jemanden verbringen, den ich kenne", stellte sie klar. "Ich will keine Geheimnisse. Ich will alles über dich wissen." "Und wenn es dich abschreckt", flüsterte er. "Wenn ich dich dadurch verliere?" "Das Risiko wirst du eingehen müssen. Das ist deine einzige Chance, mich zu bekommen." Er sah sie einige Atemzüge lang nur an mit diesen dunkelgrauen Sturmwolkenaugen. War sie zu forsch gewesen? Zu voreilig? Hatte sie alles verspielt? Er schloss kurz die Augen. "Einverstanden." Wie bitte? Er nahm ihre Hand. "Ich zeige dir alles. Das könnte eine Weile dauern. Ich gebe dir den Tag, alles auf dich wirken zu lassen. Aber morgen Nacht will ich meine Antwort." "Muss ich Angst haben?", fragte sie. "Nein, jemand wie du nicht." "Yoko", murmelte Zuma im Halbschlaf. "Bei dir, guapo", flüsterte es neben ihm. Zuma drehte sich um, tastete nach ihr und zog sie an sich, schmiegte sich an ihren Rücken, atmete genüsslich den Duft ihres Haares ein. Ihre nackte Haut war warm und zart wie ein Rosenblütenblatt. Er hatte das so vermisst. Seine Finger verschränkten sich mit ihren. "Ich möchte die ganze Nacht so schlafen", seufzte sie. "Nur diese Nacht? Du schläfst ab jetzt jede Nacht bei mir." "Warum?", hauchte sie und drückte ihre weichen Lippen an seine Wange. "Ist es schöner mit mir?" "So viel schöner", gestand er. "Verlasse mich nie, Kätzchen. Ich brauche dich." "Wie schade", wand sie sich aus seinem Griff und verließ das Bett. "Ein Jammer, dass du dir das nur im Traum eingestehen kannst." Zuma riss die Augen auf. "Warte, Yoko!" Er sah sich im mondbeschienenen Zimmer um. Sie war weg. Eben war sie doch noch da gewesen! "Yoko!" Er stürmte durch den Raum. Das Bad war leer, alles dunkel. "Kätzchen, wo bist du?" Frustriert raufte er sich die Haare. Wo war sie denn so plötzlich hin? Hektisch knipste er das Licht im Schlafzimmer an und jetzt, da die Schlaftrunkenheit ihn verließ, sah er es. Sie war nicht da gewesen. Er hatte alles geträumt. Erschüttert sank er auf das Bett. Ihre Bettseite war unangetastet, das Kissen unberührt. Leer. Ohne Yoko. Wie in Trance berührten er seine Wange. Es hatte sich so echt angefühlt, so wahr. Das Bett… ihr Kissen… es roch nicht nach ihr. Ihr Duft war schon lange aus seiner Wohnung verflogen. Es war so warm gewesen, so schön, traumhaft… ein Traum. Er war immer noch allein, ohne sie. Die Enttäuschung war niederdrückend. Er wollte sie bei sich haben, ihre Arme um seinen Hals, den Kopf auf seiner Brust. Zuma ballte die Fäuste. Aber sie war nicht hier. Warum sollte sie? Er war alt genug, sich von keiner Frau dermaßen manipulieren zu lassen. Er war nicht von Yoko abhängig! Er würde sich von ihr nicht zum Narren halten lassen. Er würde nicht zulassen, dass die Sehnsucht nach ihr ihn zerfraß, dass sie ihn umgarnte, verzauberte und dann fallen ließ, wenn sie mit ihm fertig war. Nein, er würde nicht zulassen, dass Yoko mit ihm spielte! Niemals! Und plötzlich packte ihn ohnmächtige Wut. Kapitel 31: entfesselte Gefühle ------------------------------- "Wo ist denn Zuma?", fragte Yoko erwartungsvoll in die Runde. "Er ist noch nicht aufgetaucht", erwiderte Yuki gähnend. "Ich habe damit nichts zu tun", schreckte Yuichi von ihrer Schulter auf. "Yoko-Neko, er kommt doch heute auch nicht. Er arbeitet ja nicht einmal in der Tanzschule." "Woher weißt du das denn?" Yuichi lehnte sich wieder dösend an Yuki. "Weil ich mich heute zum Mittagessen mit ihm treffe, wegen den Gemälden, die ich ihm male. Das weißt du doch, Kätzchen. Warum sollte er hier sein?" Ja, warum sollte er? Aber sie hatte so gehofft, ihn früher zu sehen. Hatte so gehofft, dass er vor Sehnsucht genauso verging wie sie. Aber immerhin würde er sie später abholen. Doch sie musste ihn sofort sehen! "Er wollte mich heute Abend abholen, aber ich brauche ihn jetzt. Ich will die Choreographie mit dir früher drehen." Yuki setzte den erwarteten abwehrenden Gesichtsausdruck auf. "Und ich will nicht, dass du meine Zeitpläne durcheinanderbringst. Montag war für meine Choreographie eingeplant." "Montag ist zu spät." "Ich bekomme das hin. Zuma reizt mich ungefähr so viel wie ein schlammbedeckter Kieselstein." Sie begann Yuichis wirre Locken zu kraulen. Er brummte wohlig. "Obwohl er so attraktiv ist?" "In deinen Augen vielleicht. Ich hasse es, mit ihm zu tanzen. Er ist immer so grob und ich muss mich fügen." "Ich dachte, dir mache Unterwerfung nichts mehr aus." Yuki sah sie stechend an. "Nur bei Yuichi. Von deinem Tanzkasper mag ich es nicht, angefasst zu werden, geschweige denn bevormundet!" "Yuki, die Zeit rennt. Dein wievielter Tag ist heute?" Yuki wurde plötzlich nervös. "Mein 25ster. Du hast recht, das Risiko ist zu hoch. Selbst bei diesem Idioten. Einverstanden, ich rufe ihn an." Yuichi verstand nur Bahnhof, wie so oft, wenn die Schwestern so geheimnisvoll sprachen. Es war ihm auch egal. Er war müde und Yuki so herrlich anschmiegsam. "Du hast dich als Double angeboten. Und diesen Tanz kriegt Naoko nun mal nicht hin." "Ich habe mich nur angeboten, weil du zu geizig warst!" "Als ob Zuma gerne mit dir arbeitet. Aber er gibt sich professionell und erledigt seinen Job vorbildlich." "Ne, Yoko, du irrst dich. Er ist nicht unzufrieden, mich im Arm halten zu müssen. Ganz und gar nicht." "Was soll das jetzt bedeuten?", horchte Yuichi auf, seine Müdigkeit war verschwunden. Yuki grinste. "Ich rufe ihn an." "Schönheit." Doch Yuki hatte sich schon mit dem Handy am Ohr abgewandt. Und sie zuckte plötzlich zusammen." "Guten Morgen, Zuma", flötete sie überschwänglich. "Deine Laune ist ja mal wieder blendend!" Yoko runzelte die Stirn. Was war denn jetzt los? "Ich bin nicht Yoko, du musst mich nicht so anfauchen. Ist gut jetzt, beruhige dich. Ich komme gleich auf den Punkt. Hast du Zeit? Könntest du herkommen? Yoko möchte unsere Choreographie vorschieben. Wir sollen früher proben." Zuma brüllte so laut ins Telefon, dass Yoko ihn problemlos verstand. "Yoko möchte? Ach, wirklich?! Es ist mir scheißegal, was Yoko möchte! Ich bin nicht ihr Hampelmann!" Yuki blieb unbeeindruckt. "Hast du mir nicht zugehört? Ich habe extra gefragt, ob du Zeit hättest!" "NEIN!" "Das war laut und deutlich", spottete Yuki. "Unprofessioneller, unzuverlässiger Sack!" Sie legte auf und lächelte Yoko erschöpft an. "Ich glaube, er kommt nicht." "Was war denn los?", war Yoko ratlos. "Er ist sauer auf dich", vermutete Yuichi. "Aber ich habe nichts getan. Gestern war er noch so freundlich und bereit für einen Neuanfang. Ich verstehe das wirklich nicht." "Den Arsch solltest du absägen", schnaubte Yuki. "Ich will aber nur ihn. Liebe, das verstehst du nicht." Yuki hob die Brauen. "Nein, tut mir leid, ich habe keine Gefühle. Such dir einen der ihm ähnelt, nur viel netter ist." Yoko rieb sich die Oberlippe, ihre gelbbraunen Augen flogen zu Yuichi. "Ihn habe ich nicht gemeint", stellte Yuki augenblicklich klar. "Er ähnelt ihm", lächelte Yoko. "Nur von den Gesichtszügen her!" "Genau das hast du doch angesprochen. Und er ist viel netter." "Redet nicht über mich, als wäre ich nicht hier!" Die Schwestern ignorierten ihn. "Die beiden sind nicht vergleichbar", regte Yuki sich auf. Sie hasste Vergleiche zwischen Yuichi und irgendeinem Mann. Weil es kein Grund zu vergleichen gab. Ihr Freund war einsame Spitze. "Sie kommen beide nach ihrem Vater, aber mehr haben er und Zuma nicht gemeinsam! Yuichi ist einzigartig! Und ich warne dich nur ein Mal. Versuche nicht, Zuma in Yuichi zu finden. Fass ihn an und du wirst es bitter bereuen. Ich habe nicht mein ganzes beschissenes Leben gewartet, um ihn an dich zu verlieren!" "Das war klar und deutlich", lächelte Yoko. "Du bist genau die kämpferische Julia, die ich bei Naoko sehen möchte." Yuki seufzte und lehnte sich an Yuichis Brust. Oh, war sie müde! "Kannst du auch mal an was anderes, als an diesen Film denken?" "Wieso spielst du nicht die Julia? Du wärst perfekt." "Pas vrai?", begeisterte sich Yuichi. "Ich bin dafür!" "Das glaube ich dir sofort", grummelte Yuki. Er riss sie auf die Beine. "Wir drehen am besten die Hochzeitsnacht neu, die ist am wichtigsten. Komm, wir proben in der Garderobe!" "Wärst du nur immer so pflichtbewusst", flehte Yoko. "Aber irgendwie hast du recht." "Wie bitte?!" Yuki versuchte Yuichi von sich zu drücken. "Hört mit dem Blödsinn auf! Karina, ich reiße mir für dich genug den Arsch auf. Mal davon abgesehen, dass dieser Film fertig werden muss." "Ich habe dich gebeten, Julia zu spielen. Du wolltest lieber meine Assistentin sein." "Wenn Yuichi von Anfang an den Romeo gemimt hätte, wäre ich Julia gewesen." "Wirklich?" Er strahlte sie an und er hatte so atemberaubend schöne Augen. "Wirklich. Du hast mir zu viel Spaß mit Naoko." Endlich schaffte sie es, sich von ihm zu lösen. "Lasst den Unsinn und geht an die Arbeit. Liebling, in deiner Tasche ist eine Flasche Grüntee, damit du wacher wirst. Ich bin bei Inuyasha, solange dieser Hampelmann hier nicht aufkreuzt!" "Ist sie eifersüchtig?", sah ihr Yuichi mit schimmernden Augen hinterher. Er hatte wirklich schöne Augen. Andere als Zuma, aber genauso schöne. "Was denkst du, Kätzchen?" "Dass Yuki so unbeschreibliches Glück mit dir hat", seufzte sie. "Ich würde alles geben für einen Partner wie dich." "Ja klar", rollte er die Augen. "Wie war das gewesen? Ein Gesicht wie meins." "Yuichi", lächelte sie sanft. "Ist dir bewusst, wie toll du bist? Ich rede nicht von deiner Optik und du Angeber weißt genau, wie gut du aussiehst." Er wurde ernst. "Ich verdiene mein Geld mit meinem Aussehen. Mehr habe ich nicht zu bieten." "Du willst dich jetzt in meinen Komplimenten suhlen", lachte sie. "Aber du weißt wirklich nicht, wie besonders zu bist… Hör jetzt endlich mit den Gegähne auf! Du machst mich kirre! Du bist selbstlos. Du brauchst keine Komplexe zu haben. Denn du bist zuverlässig, ehrlich, fröhlich, lustig, verbreitest Freude. Ich habe keine Zeit, die Liste weiterzuführen." "Mir gefällt das", schmunzelte er. "Warum ist nicht jeder wie du?" "Weil es mich nur einmal gibt. Genau wie dich." Ihre Augen begannen zu funkeln. "Genau das meine ich. Du bist einmalig. Ich bin so froh, dich zu haben. Du gibst mir nicht das Gefühl, schlechter zu sein als Yuki oder Yami." "Jetzt willst du dich in meinen Komplimenten suhlen." Yoko lachte und er ergriff ihre Hand. "Zuma wird erkennen, wie toll du bist. Ich habe ihm schon gesagt, dass er nie eine Bessere als dich finden wird. Aber mich wirst du immer haben." "Danke. Und jetzt arbeiten wir weiter", erhob Yoko sich. "Sonst denkt Yuki wirklich, dass ich mich an dich ranmache. Und dann bin ich erledigt." "Seit wann machst du dich denn an Yuichi ran?", erschien Yami. "Er ist nun mal toll. Glauben will er es nur nicht." Yami verdrehte die Augen. "Eingebildet wie ein Pfau, plagt sich aber mit Komplexen. Wenn Aryan nicht wäre, wäre ich so neidisch auf Yukis Glück." "Wow. Eine Beleidigung und ein Kompliment im selben Satz. Das bekommt nur mein Küken hin." Yami strahlte ihn an. "Ich liebe es, wenn du so lachst. Warum steht ihr hier eigentlich tatenlos rum? Sollte Yuki nicht mit Zuma proben?" "Er weigert sich zu kommen", seufzte Yoko. "Ich habe keine Ahnung, warum er schlecht gelaunt ist." "Soll ich das erledigen?" "Ich bin mir nicht sicher, ob du ihn nicht noch wütender machst." Yami runzelte die Stirn. "Die Szene sollte aber so schnell wie möglich abgedreht sein. Yuki wird bald nicht zu gebrauchen sein. Wir müssen das so schnell es geht erledigen." "Ich weiß", jammerte Yoko. "Ich befürchte sogar, dass es schon morgen losgehen könnte und du bist die Woche drauf weg." "Ja, mein Urlaub mit Aryan…" "Was geht morgen los? Warum wird Yuki nicht zu gebrauchen sein?" Beide blickten ihn gleichzeitig an, beide mit demselben Gesichtsausdruck: Mitleid. "Yuki ist im 26. Tag ihres Zyklus." Er gähnte nur. "Als ob ihm das etwas sagt", tadelte Yami. "Yukis Zyklus dauert 28 Tage. In drei Tagen bekommt sie ihre Blutung." "Das hoffe ich doch, sonst bringt sie mich um." Die Schwestern tauschten einen genervten Blick. "Sie steht direkt vor ihrer PMS!" "Oh." Yoko rieb sich die Stirn. "Yuki sperrt sich während ihrer PMS immer Daheim ein. Ich will sie so wirklich nicht auf Zuma oder irgendeinen anderes männliches Individuum loslassen." Sie deutete den Ausdruck in Yuichis Gesicht korrekt. "Ich weiß, dass sie dich niemals betrügen würde, aber sie ist unzurechnungsfähig während ihrer PMS. Komplett ihren Hormonen ausgesetzt. Sie kann nicht kontrollieren, was sie tut. Egal, was sie anstellt, sie würde es in ihren normalen Geisteszustand niemals tun." "Dann haben wir keine Wahl." Yuichi zückte sein Handy. "Onee-chan, ich brauche deine Hilfe." Die Schwestern neigten neugierig den Kopf. "Hat Yuki schon ihre PMS", sorgte sich Anjaani. "Nein, das kann nicht sein, du klingst viel zu munter." Yami und Yoko kicherten. "Nein, mir geht es gut. Aber wir müssen eine Szene erledigen, bevor Yuki ausfällt." "Und du ausfällst", ergänzte Anjaani. "Wieso ich?" Darauf ging sie nicht ein. "Lass mich raten. Ihr braucht Zuma, er weigert sich aber." "Du bist gut im Raten, Onee-chan." "Er ist in seinem Büro, obwohl er heute nicht arbeitet und er hat richtig üble Laune. Aber ich kümmre mich darum. In 15 Minuten ist er bei euch." "Arigatou gozeimasu! Ich wusste, auf dich ist verlass." "Und Yuichi…" Ihre Stimme klang plötzlich unsicher. "Ja, ich hör zu." "Hör auf mich, wenn ich dir sage, dass, was auch immer Yuki während ihrer PMS anstellt, es rein gar nichts mit dir oder ihren Gefühlen für dich zu tun hat. Bitte nimm ihr nichts übel." Yuichi starrte sein Telefon und dann die Drillinge an. "Also so langsam bekomme ich Angst." Anjaani sammelte sich, bevor sie in Zumas Büro trat. Wie sollte sie ihn überreden, Yoko zu helfen? Ihre gewohnte Art funktionierte nicht. Weil er sich ihr überlegen fühlte und es problemlos schaffte, sie einzuschüchtern. Zuma konnte Yoko für gewöhnlich aber keine Bitte ausschlagen. Woran lag das? An ihrem Selbstbewusstsein? Daran, dass sie sich ihrer Weiblichkeit bewusst war und damit umzugehen wusste? Anjaani war schön, zumindest wenn sie den anderen Glauben schenken konnte. Inuyasha hatte gesagt, er müsse jedes Mal um seinen Verstand fürchten, wenn sie bei ihm war. Gut, dann würde sie mal Zuma um den Verstand bringen. Anjaani straffte die Schultern. "Seit wann klopfst du denn ni-", begann Zuma, brach aber mitten im Satz ab. Anjaani stand in der Tür gelehnt, strahlte eine Kühnheit aus, die ihm bisher völlig fremd gewesen war. Ihre Augen blitzten auffordernd. "Ich möchte etwas mit dir bereden", sagte sie samtig, doch fest. Sie, wie sie da in ihrer puren Weiblichkeit dastand, war eine einzige Aufforderung. Sein Hals war plötzlich ganz trocken. Er räusperte sich. "Um was geht es?" "Um dich", raunte sie, senkte leicht die dichten Wimpern. "Ich bin enttäuscht von dir." "Was? Wieso?" War das Anjaani? Sie glitt in den Raum, verführerisch, stark und so unwiderstehlich. Ihm drohte jetzt schon der Verstand zu schwinden. "Ich habe mehr von dir erwartet." Er blickte zu ihr auf, sie starrte auf ihn herab. "Wenn es um Yoko geht…" "Das tut es tatsächlich." Wut packte ihn. "Hör zu, Aurora, halte dich da raus. Ich lasse nicht mit mir spielen! Ich springe nicht, sobald Yoko pfeift!" "Schlappschwanz." Die Kinnlade fiel ihm herunter. "Wie bitte?!" Überheblich sah sie zu ihm hinab. Sein Blut begann zu brodeln. Die Augen unter den dichten Wimpern schien golden zu glühen. "Du weißt, dass Yoko dich braucht und ohne dich nicht zurecht kommt. Weil nur du solch eine geniale Choreographie hinbekommst. Statt ihr zu zeigen, wer der Boss ist, verkriechst du dich wie ein Wurm und spielst das trotzige Kleinkind. Schwache Leistung, Zuma. Ich habe mehr von dir erwartet." "Ich verkrieche mich nicht", raunte er, die Augen funkelten silbern. Sie ergriff seine Hand und zog ihn aus seinem Stuhl. Ihre Hände legten sich auf seine Brust. Sein Verstand wurde noch nebeliger. "Dann geh jetzt und bringe Yuki ihre Choreo bei. Sei ein Mann." "Ich bin ein Mann." "Beweise es." "Das tue ich. Dir und ganz besonders Yoko!" Er stürmte aus seinem Büro, Anjaani blickte ihm nach. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Es klappte tatsächlich! Ob es bei Inuyasha auch so leicht war? "Inuyasha, du machst es mir zu leicht!" "Soll ich dich verprügeln, oder was?", motzte dieser Yuki an. "Du machst nicht richtig. Du bist nur halbherzig bei der Sache!" Inuyasha duckte sich vor ihrer Faust. Ihren Tritt fing er ab. "Warum bist du heute so eine Memme?" Er wich ihrem Fausthagel aus. "Du bringst mich nur um, wenn ich es dir sage." Der Schlag in den Magen war ein Volltreffer. "Au! Du hältst dich nicht an die Choreo! Hey! Nicht meine Haare!" "Und du bist ein Schlappschwanz!" "Ein was?!" Er packte ihre schmale Taille, hob sie federleicht in die Lüfte. "Hey, lass den Scheiß!" "Nenn mich noch mal so und ich schmeiße dich hoch." Er wusste um ihre panische Höhenangst. Yuki blickte plötzlich an ihm vorbei. "Liebling!", rief sie erleichtert. Inuyasha ließ sie hastig runter. Doch kein Yuichi weit und breit. Dafür war er jetzt aber ungeschützt und Yuki, hinterhältig und skrupellos, nutzte seine Unachtsamkeit. Sie nagelte ihn am Boden fest. Er stöhnte leise vor Überraschung und Schmerz. "Verloren", flüsterte sie. Er sah zu ihr hoch. Der Jäger in ihm drohte zu erwachen. Was er bei Anjaani nicht im Zaum halten konnte, klappte bei Yuki zum Glück gut. Würde er Anjaani nicht begehren, wären seine Sinne nicht alle auf sie fixiert, hätte Yuki jetzt ein Problem… "Genau sowas habe ich verhindern wollen", knurrte er zu ihr hoch. "Du hast bald deine PMS, Nervenzwerg." Sie war überrascht und hockte sich auf seinen Bauch. "Woher weißt du das?" "Ich rieche die Veränderung deiner Hormone", meinte er etwas beschämt. "Du riechst genauso, als wärst du fruchtbar." Sie unterdrückte mühsam ein Gähnen. "Sag mal, wie habt ihr zu deiner Zeit eigentlich verhütet?" "Ist das dein Ernst?! Du sprichst mit mir über Verhütung, während du auf mir sitzt?! Geh jetzt runter! Yamada sollte uns so nicht erwischen." "Wovor hast du mehr Angst?", lächelte sie sinnlich. "Vor Yuichi oder mir während meiner PMS?" Er schubste sie von sich runter. "Vor dir, du Monster! Sowas wie dich habe ich noch nie erlebt." "Es ist erst so, seit Raj mir die Unschuld genommen hat", seufzte sie leise. Er starrte sie überrascht an. "Das war davor nicht so." "Also ist es was psychisches?" "Vermutlich. Ich glaube eine Abwehrreaktion." "Dein Kopf versucht diese Demütigung zu verarbeiten, zu vergessen. Nicht jede Frau reagiert gleich auf eine Vergewaltigung." "Mich hat immer gestört, dass mein Kopf nicht darüber hinweg kam", knurrte Yuki. "Das liegt daran, dass du Yamada liebst und das Gefühl hattest, ihn betrogen zu haben. Hat er dir denn nicht geholfen?" "Doch", strahle sie ihn an. "Ich habe es überwunden. Du hattest vollkommen recht." "Die Erfüllung?" "Ja", hauchte sie glücklich. "Das freut mich", meinte er sanft. "Dass Rajs Spuren wenigstens von dir verschwunden sind." "Rajs Spuren?" Yuichi betrat gerade den Trainingsraum, zog Yuki sofort an sich. "Du hast mich von ihm erlöst", erklärte Yuki und schlang die Arme um ihn. Er war so gemütlich. Einfach nur die Augen zumachen und sich von seinem Duft… "Was wollte ich jetzt?" Yuichi hatte Mühe, die Augen wieder zu öffnen. Einfach nur an sie schmiegen und einschlafen… "Ah ja, Yoko braucht Inuyasha." "Und dann schickt sie dich? Ihren Hauptdarsteller, obwohl sie genug Assistenten hat?" Yuichi zögerte zu lange. "Der eifersüchtige Kerl wollte schauen, was wir beide hier treiben!", lachte Yuki. "Gut, dass der nicht zwei Minuten früher gekommen ist", murmelte Inuyasha. "Was?! Warum?" "Der rote Zwerg braucht mich", grinste Inuyasha und war verschwunden. Er erschnupperte Yokos Fährte in ihrem Büro. "Hey, Nervensäge, was ist los?" Sie sah auf, ein bittender Ausdruck in dem sonst so überlegenen, stolzen Gesicht. "Ich brauche deine Hilfe. Ich benötige den Verführer." Er hob sofort abwehrend die Hände. "Stopp! Vergiss es! Ich werde nicht mit dir-" "Was denkst du denn von mir?!", fauchte sie. "Ich brauche deinen Erfahrungsschatz, du Hohlbirne! Ich habe ein Problem mit einer Szene. Sie stimmt einfach nicht. Der Text ist zu platt, er hat keinen Zauber." Sie hielt ihm das Drehbuch hin. "Romeo muss etwas sagen, dass in einem Satz seine Gefühle ausdrückt, ohne zu lang zu sein, zu abgedroschen. Ein einziger Satz, der jede Frau schwach machen würde." Er studierte den Text. "Ich verstehe dein Problem. Von dem Gesülze wird einem übel!" Sie holte Luft. "Willst du meine Hilfe oder nicht?" "Sag, wie hast du Frauen verzaubert? Mal angesehen von deiner legendären Einfühlsamkeit und deinem unnachahmlichen Charme." "Den Mist tue mich mir nicht an!" "Bitte, Inuyasha, ich brauche deine Hilfe. Ich will kein seitenlanges Gesülze. Ein Satz nur, der alles sagt und völlig verzaubert." "Wehe, du erzählst es Anjaani!" "Ich schwöre es." "Der Satz macht nur die Hälfte aus. Wichtig ist die Stimmlage und der Gesichtsausdruck." "Bitte, Meister. Sag mir, was ich hinschreiben soll." "Warum tue ich mir das an?", stöhnte er leise. "Weil du Aani keine Bitte abschlagen kannst. Und weil ich ihr petze, wenn du mir nicht hilfst." Inuyasha knurrte. "Du bist die Pest." "Ich weiß was ich will und wie ich es bekomme. Diese Welt ist nichts für Schwache." Inuyasha sah sie an, überrascht. "Du bist eine der stärksten Frauen, denen ich je begegnet bin." "Was?", blinzelte sie. Er rückte näher. Das leuchtende Mondweiß seiner Haare verstärkte die gleißende Glut seiner Augen. Oh, und wie er duftete! Auch Yoko ließ Inuyashas sinnliche, animalische Aura nicht unberührt. "Du bist sehr stark…" Sein weiches, tiefes Raunen war eine Stimmlage, die augenblicklich jede weibliche Libido in Flammen aufgehen ließ. "Stark, schlau… schön." Hitze schoss ihr in die Wangen. Ihre Knie wurden weich. "Wunderschön", flüsterte sein sinnlicher Mund. Der muskulöse Körper so nah, sein Duft. Die glimmenden Augen… sanft… voll Verehrung… voll Liebe. "Sehe ich dich an…" Er strich ehrfurchtsvoll über ihr Gesicht. "Ich fühle mich dem Himmel nah." Ihr Herz setzte aus. "Oh, Inuyasha!" Sie warf sich an seinen Hals. Das war er, das war der Satz! "Gern geschehen", flüsterte er lachend. "Ich will euch ja nicht stören…" Eine eiskalte Stimme sprach von der Tür. Erschrocken wand sich Yoko in Inuyashas Armen zu Zuma um. Seine Augen blitzten Silbern, kalte Wut im schönen Gesicht. Bewusst, in welcher Situation er sie erwischt hatte, befreite sie sich vom Hanyou. "Ich dachte, es interessiere dich vielleicht, Yoko, dass ich hier bin." "Akira, ich…" "Offensichtlich nicht." "Warte", rief sie, als er sich abwandte. "Nein. Dir viel Spaß weiterhin." "Einen Moment!", donnerte jetzt Inuyashas Bariton-Stimme. "Es ist nicht so, wie es scheint!" "Es ist seltsamerweise nie so wie es scheint. Man landet auch rein zufällig in den Armen eines Dämons, der sich vor weiblichen Verehrerinnen kaum retten kann." "Das war eine Umarmung aus Dankbarkeit! Hätte ich das gewusst, hätte ich die Nervensäge abgewehrt. Ich habe ihr bei dem Text geholfen. Sie wollte einen bestimmten Satz. Mehr nicht. Ich würde diese widerliche Pestbeule nie freiwillig anfassen! Pfui, Teufel! Du hast keinen Grund, dich aufzuregen, du willst sie ja selber auch nicht!" Und erst jetzt begriff er seine harten Worte, als er in Yokos erschrockenes Gesicht starrte. Erschrocken und zutiefst verletzt. "Yoko", hob Inuyasha an. "Ist gut. Das ist nichts, was ich nicht längst weiß. Zuma, Yuki wartet auf dich." Sie stürmte aus dem Büro und schwer seufzend folge Inuyasha ihr. Dann stöhnte er auf, als Yuichi um die Ecke bot. "Akira Zuma? Bist das wirklich du?" Zuma verdrehte die Augen. "Aurora bat mich, herzukommen." "Und du hörst auch immer brav auf sie?" "Nein." Zuma schüttelte den Kopf. "Mit ihr stimmt etwas nicht." "Mit Onee-chan? Heute Morgen war sie noch normal." "Sie war ganz anders. So fordernd, selbstbewusst. Sie hat mich doch tatsächlich einen Schlappschwanz genannt." Inuyasha fiel die Kinnlade herunter. Er hatte nicht gedacht, dass sie das Wort Schwanz überhaupt in den Mund nehmen würde. "Benutzt Nee-chan das Wort Schwanz überhaupt?", interessierte sich Yuichi. "Kommt auf den Kontext an", erwiderte Inuyasha immer noch verblüfft. "Aber Schlappschwanz? Fordernd? Anjaani?" "Wenn du es genau wissen willst", sprach Zuma ihn kalt an. "Sie hat ihre Ausstrahlung bewusst eingesetzt, um zu bekommen, was sie wollte. So habe ich sie nie erlebt." Zuma wandte sich um und verschwand. Inuyasha glaubte es nicht. "Anjaani…?" "Ist sie so, wenn sie angetrunken ist?" "Verdammt, ja! Aber ich glaube nicht, dass sie…" "Bestimmt nicht. Ich habe sie gebeten, Zuma herzuschicken, weil er sich geweigert hat herzukommen. Sie muss auf eine andere Taktik gesetzt haben." "Sie muss ihre Weiblichkeit eingesetzt haben…" "Und sie hat bekommen, was sie wollte", grinste der Japaner. "Bin gespannt, ob sie das jetzt auch bei dir versuchen wird." Inuyasha blieb ruckartig stehen. "Oh nein…" "Yuichi", erwartete Yoko ihn an der Szene. "Kommst du jetzt bitte vor die Kamera? Was ist mit dem Arschloch los?" "Er freut sich auf heute Abend. Nee-chan hat erkannt, dass sie eine Frau ist." Yoko runzelte sie Stirn, ging aber nicht weiterhin darauf ein. Sie hatte andere Prioritäten. Sie musste die Szene fertig drehen und dann dringend mit Zuma reden. Sie hatte nicht mal Cut geschrien, war sie doch schon fast abgehauen. "Was ist passiert? Wohin so eilig?" Yuichi blockierte den Weg. "Ich halte es nicht aus. Ich muss mit Zuma reden." "Ich glaube, dass solltest du an einem ruhigen Ort zu einer anderen Zeit tun. Aber offensichtlich ist er wütend auf dich." "Was ist nur los?", seufzte sie verzweifelt. "Ich muss mit ihm reden. Ohne dich!", stieß sie Yuichi zurück. "Du wirst nur eifersüchtig, wenn du Yuki mit ihm siehst." Er verschränkte die Arme vor der Brust. "Das war ein Eigentor, Kätzchen." Doch harmonisch schien es zwischen Yuki und Zuma nicht zuzugehen. Die Tür zum Proberaum war geschlossen und doch schallten zwei streitende Stimmen laut und deutlich durch die Wand. Leider auf spanisch. "Ich glaube es geht langsam los", flüsterte Yoko. "Yukis PMS." Yuichi sah sie erschrocken an. "Sie erträgt Berührungen dann kaum. Zuma darf sie kaum anfassen." "Yuki, was ist los mit dir", verzweifelte Zuma, als sie ein Gähnen abschüttelte. Yoko öffnete leise die Türe. Die beiden standen sich herausfordernd gegenüber. Zuma riss Yuki an sich. "Los, noch einmal!" Er hob sie ohne Vorwarnung hoch. Federleicht. Sie stützte sich an seinen Schultern, riss die Beine senkrecht in die Luft. Vollführte einen Spagat, bevor sie sich mit Schwung herunterließ, die Beine um Zumas Hüfte schlang, den Oberkörper fallen ließ. "Ich schaff' s nicht", ächzte Yuki. Zuma riss sie sofort hoch. Yuichi gefiel der Anblick aber überhaupt nicht. Yuki in Zumas Armen, die Beine fest um ihn geschlungen. "Was ist denn los, Häschen?" Yoko betrat den Raum und registrierte sofort, dass Zumas Augen noch kälter wurden. "Sie bekommt die einfachsten Figuren nicht mehr hin." Aber er sah dabei den blauen Drilling vorwurfsvoll an. "Das merke ich auch. Warum bist du heute so ungelenkig?" "Müde", korrigierte sie. "Ich bin müde. Der da hat mich fast die ganze Nacht wach gehalten." Yoko funkelte Yuichi an, der gerade versuchte ein Gähnen zu verstecken. "Sie hat mich geweckt", wehrte er ab. "Sie hat angefangen." "Yuichi, ich brauche euch beide arbeitsfähig!" "Kätzchen, hier kannst du mir vorschreiben, wie ich Sex haben soll, aber Daheim nicht. Da ist Yuki der Boss." "Wenn euer Liebesleben sich auf den Film auswirkt, hast du ein Problem mit mir!" "Was willst du tun?", lächelte er. "Es mir verbieten?" "Dich kastrieren, wenn es sein muss!" Seine Augen funkelten königsblau. "Eifersüchtig." "Was?" Sie zuckte vor ihm zurück. "Du bist eifersüchtig." "Worauf denn bitte schön?!" Yokos Stimme wurde immer höher. "Wie lange hat dich schon niemand mehr angefasst?" Yoko ballte die Fäuste, rasende Wut in ihrem Gesicht. Yuki verpasste ihrem Freund einen Klaps auf den Hinterkopf. "Halt die Klappe, oder letzte Nacht wird wirklich deine letzte gewesen sein." "Ich kann doch nichts für eine untervögelte Chef-" Yokos Knie traf seinen Magen. Er sackte stöhnend zusammen. Sie wollte sich auf ihn stürzen, doch Yuki stieß sie weg. "Halt sie fest!", rief sie Zuma zu. Der reagierte automatisch und ergriff Yokos Schultern. "Er muss mich nicht vor ihr schützen", japste Yuichi, kreidebleich im Gesicht. "Verdammt, Yuichi, sie bringt dich um", schnaubte Yuki. "Yoko ist meisterhaft im Bodenkampf, mir sogar überlegen. Du bist erledigt, sobald sie dich auf dem Boden hat. Und genau das hat sie gerade vorgehabt. Also halt jetzt deine Klappe. Und du beruhige dich!" "Ich hätte da mal eine Frage", wandte sich Zuma an den roten Drilling. Yoko bebte vor Zorn, doch ihr Gesicht glättete sich, als sie ihn ansah. "Warum darfst du ihn verprügeln, aber ich nie?" "Bitte!", grollte sie. "Nur zu, bediene dich." "Jetzt reicht es", verlangte Yuki mit der gleichen wütenden Stimme. "Finger weg von Yuichi. Das gibt bestimmt blaue Flecken. Ist das zu fassen! Wir müssen immer noch eine Szene unbekleidet drehen!" "Merci, dass du dich so um mich sorgst", stöhnte Yuichi. "Du bist selber Schuld, wenn du meine untervögelte Schwester reizt." "Lisa, provozier mich nicht. Ich bin heute fitter als du." Yuki stellte sich ihr entgegen. "Blödsinn! Du kannst nichts, was ich nicht auch kann." "Doch deine Choreographie." "Beweise es!" "Ich habe es nicht nötig. Trainier bitte weiter, ich will die Szenen mit dem Double im Kasten haben." "Prinzesschen." Niemand reagierte schnell genug, auch nicht Yuki. Und niemand sah so richtig, wie Yoko ihrer älteren Schwester den Boden unter den Füßen nahm, sie unter sich begrub. Den Brüdern stockte hörbar der Atem. Yuki war nicht blöd, ehe Yoko reagieren könnte, griff sie nach ihrer geliebten Diamantkette, die ihr aus dem Ausschnitt gerutscht war. "Nein!", schrie Yoko. Yuki nutzte die Schwäche aus. Sie legte ihre Beine in Yokos Magen, presste sie hoch. Yoko griff nach Yukis Füßen, stemmte sich in einen perfekten Handstand. Yuki drückte die Beine mit einem Ruck durch, um Yoko von sich zu schleudern. Diese stieß sich ab und mit dem doppelten Schwung vollführte sie einen Salto in der Luft und landete in perfekter Eleganz auf den Füßen, geschmeidig wie eine Katze. Mit Schwung sprang Yuki neben sie. Die Brüder standen sprachlos daneben. "Von wegen fitter als ich", warf Yuki ihrer jüngeren Schwester vor. "Du hast mir die Kette vom Hals reißen wollen", war diese entsetzt. "Das war unfair." "Ich habe deine Schwachstelle ausgenutzt", war Yuki unberührt. "Was du auch hättest machen können, aber ich war schneller, Prinze-" "Stopp!", mischte sich Yuichi endlich ein und riss Yuki an sich. "Hier wird niemand niemanden mehr reizen! Irgendwann werde ich es nicht überleben, wenn ich dazwischen gehe." Er rieb sich demonstrativ den Magen und sah beide Schwestern rügend an. "Das Wort Prinzesschen ist ab jetzt verboten, verstanden?" "Verstanden", erwiderten beide brav. "Könnte ich jetzt bitte weiter arbeiten?", meldete sich Zuma. Yoko sah ihn an, die Augen flehend. "Ich muss mit dir reden." "Worüber?", verschränkte er die Arme vor der Brust. "Das weißt du genau." "Es gibt nichts zu reden. Kannst du mich jetzt bitte meine Arbeit machen lassen?" "Akira, bitte. Ich-" "Wenn das alles war, Yoko." Er zog Yuki aus Yuichis Armen. "Schließ die Tür." "Ich muss mich mit einem der Geldgeber treffen", gab Yoko klein bei. "Ich bin kurz weg. Yuichi, übe bitte mit Inuyasha die Kampfszene. Und danach muss ich reden, Zuma." "Weißt du, was mir aufgefallen ist?" Desinteressiert klang seine Stimme. Er konzentrierte sich auf Yukis Übungen. "Du redest hier am meisten. Wie wäre es, wenn du mal arbeiten würdest?" "Was ist denn mit dem roten Zwerg los?", wollte Inuyasha von Yuichi wissen. "Wieso? Die ist doch immer wegen irgendwas beleidigt." Inuyasha ließ das Schwert sinken. "Yamada." "Sorgst du dich etwa um sie? Oh, wie süß! Der kleine Saajan-!" "Yamada!" "Schon gut! Sie wollte mit Zuma neu beginnen. Er war einverstanden und hat ihr Hoffnungen gemacht. Aber heute ist er wie ausgewechselt, meidet sie und ist offensichtlich wütend auf sie." "Warum?" "Tja, das ist die Frage." "Was hat der Kerl nur für ein Problem? Der liebt den Nervenzwerg offensichtlich. Warum macht er es sich so schwer?" "Onee-chan", sagte Yuichi und Inuyasha sah ihn mit großen Augen an. "Nee-chan meint, erst wenn er seine Rache an ihr hatte, wäre er frei Yoko zu lieben." "Und wie soll diese Rache aussehen?" Yuichis Augen wurden ernst. "Wie würdest du dich an Aurora rächen? So unschuldig wie sie ist?" Inuyasha wurde übel. "Indem ich ihr diese Unschuld nehme." "Sei froh, dass sie dich liebt. Wer weiß, was Zuma sonst längst mit ihr angestellt hätte." Inuyasha ließ sich nicht provozieren, er ging in die Offensive. "Dasselbe, was er gerade mit deiner Freundin anstellt?" Volltreffer! "Halt, Plagegeist! Hier geblieben!" "Ich hol mir nur meinen Tee", war Yuichi schon zu Tür hinaus. "Sie sind nicht einmal da! Sie sind doch zusammen Mittagessen wegen den Gemälden!" "Ich schau nur nach, ob sie zurück sind." Er rannte fast in jemanden hinein. Yoko sah zu ihm hoch, kämpfte mit den Tränen. Und sofort drückte Yuichi sie an sich, sie schmiegte das Gesicht an seine Brust "Er hat mich aus dem Raum geworfen, weil ich ihn störe", murmelte sie leise. "Was habe ich nur falsch gemacht?" "Sieh es positiv. Jetzt wissen wir wenigstens, dass er nicht schwanger ist." "Was?!" "Na, ganz offensichtlich hat er seine Tage." Sie konnte ihr Kichern nicht unterdrücken. "Du bist unmöglich. Und das liebe ich." Inuyasha trat zu ihnen, das Gesicht ernst. "Er ist wütend auf dich." "Aber warum?", verzweifelte sie. "Ich verstehe es nicht!" "Hat er dich gestern vielleicht irgendwo gesehen?", vermutete der Hundedämon. "Vielleicht mit Romeo?" "Unmöglich", schüttete sie den Kopf. "Ich bin Romeo seit…" Sie sah kurz zu Yuichi. "Seit der Wahrheit bin ich ihm nicht mehr begegnet. Und er weiß auch, dass das Gezeigte mich erschüttert hat. Das hat aber mit Zuma nichts zu tun. Am Abend noch einigten wir uns auf einen Neubeginn und jetzt... Was ist bloß los?" "Warum siehst du mich an?", wehrte Yuichi ab. "Ich bin nicht er und ich kenne ihn auch nicht so gut wie du." "Nein, wenn du es wissen willst, frag den blauen Zwerg. Sie ist ihm vom Charakter viel ähnlicher als Yamada. Deswegen arbeiten sie auch so gut zusammen." "Das war jetzt nicht nötig", beschwerte sich Yuichi. "Yuki sagt, er sei verwirrt." "Das liegt in der Natur des Mannes." "Nein, er sei verwirrt, weil ich Dinge in ihm hervorrufe, die er anscheinend nicht wolle. Ich stelle sein Weltbild auf den Kopf." "Der Jäger wird gezähmt", sinnierte Inuyasha. "Da könnte was dran sein." "Zuma will sich absolut nicht binden. Aber du bringst ihn dazu all die Dinge zu wollen, denen er sonst abschwört. Treue zum Beispiel. Frag Inuyasha, ihm passiert gerade dasselbe mit Nee-chan." "Das war wirklich nicht nötig", knurrte Inuyasha. Aber es war die Wahrheit und deshalb verstand der Dämon Zumas Verhalten auch so gut. "Zeig ihm, dass du für ihn die richtige bist und nicht Anjaani", lenkte er ein. "Nicht jetzt!", packte er ihren Ellenbogen. "Du überrollst ihn, lass ihm Zeit. Er kommt von selber, wenn er soweit ist. Aber dann gibst du ihm keine Chance, die Flucht zu ergreifen." "Du solltest wirklich Kurse geben." "Das ist die Theorie", seufzte er. "Die Praxis ist um einiges komplizierter." "Bist du jetzt zufrieden?", keuchte Yuki. Zuma wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Bin ich. Gut gemacht. Die Theorie ist immer leichter als die Praxis. Du lernst schnell." Yuki sah ihn an, ehrliche Freude in den strahlend warmen Augen. "Du bist wirklich ein guter Lehrer, so ungern ich das zugebe." Zuma lachte leise. "Und du bist eine gute Schülerin. "Geh duschen und ich sage Yoko Bescheid, dass wir für den Dreh bereit sind." Yoko war ihm aber einen Schritt voraus. Das Set war bereit, sie drehten schon die Szenen, bevor das Double einspringen musste. Yoko wandte sich vom Geschehen vor der Kamera ab. Sie blinzelte kurz, als sie ihn sah. Die hellen Haare zerzaust, das schwarze ärmellose Muskelshirt mehr betonend, als verdeckend und die muskulöse Brust glänzend vor Schweiß. "Wo ist Yuki?" Ihre Stimme klang neutral, aber er sah in ihren Augen, dass seine Erscheinung sie aufwühlte. "Sie duscht gerade." "Yoko-Neko, irgendwas stimmt nicht mit deinen Assist-" Yuichi brach mitten im Wort ab und grinste seinen Bruder an. "Ach deswegen! Aki-chan, du lenkst die weiblichen Arbeitskräfte ab." Sämtliche Frauen starrten Zuma an. "Bedeck deine Hühnerbrust. Wir müssen arbeiten." Zuma lächelte böse. "Hühnerbrust? Seltsam, deine Freundin schien da ganz anderer Ansicht zu sein." Und quasi sofort verdunkelte sich Yuichis Gesicht. "Wo ist sie?", fragte er ernst. "Unter der Dusche. Ich habe die Arme ganz erschöpft…" "Zumalein", fiel ihm Yoko besorgt ins Wort. "Reize ihn bitte nicht. Du wirst es bereuen." "Ich habe keine Angst vor dem Großmaul." "Gut", raunte Yuichi, das sonst unschuldige Gesicht finster und bedrohlich. "Du hast es drauf ankommen lassen." "Schluss jetzt", zischte Yoko. "Zuma, kennst du den blauen Schmerz? Le mal bleu?" "Der berüchtigste Kämpfer im japanischen Untergrund? Wer kennt den nicht?" "Darf ich ihn dir vorstellen?" "Das ist nicht wahr", rief er ungläubig aus und senkte die Stimme, da die Kamera immer noch lief. "Das glaube ich nicht. Dieses Weichei?" Yuichi lächelte dunkel, die blauen Augen glühten unheilvoll. "Weichei? So viele haben diesen Fehler gemacht und das geglaubt. Ich habe sie alle eines besseren belehrt." Jetzt stand Zuma die Unsicherheit ins Gesicht geschrieben. "Aber es heißt, le mal bleu sei tot." "Nein, sagen wir mal so, er schläft friedlich." Yuichi lächelte überlegen. "Aber er kann jeder Zeit aufgeweckt werden." "Yuichi, lass den Blödsinn", bat Yoko. "Ich mag es nicht, wenn du so bist. Du machst mir Angst." Zuma konnte es nicht glauben. Sein dämlicher kleiner Brüder? Sein alberner Suppenkasper von Bruder mit dem unschuldigen Gesicht eines Engels war einer der gefürchtetsten Straßenkämpfer Japans? Instinktiv fiel sein Blick auf Yuichis Hände. Sehnig, grob, definitiv Hände, die schwere Arbeit gewohnt waren. Und jetzt, wo er genauer hinsah, auch voller Narben. Sein nervtötender, kindischer Bruder war der Wolf im Schafspelz! "Ich weiß nichts über dich", erkannte Zuma. Rein gar nichts über Yuichis Vergangenheit. "Weil es dich nicht interessiert hat", meinte Yuichi ernst. "Du hast in mir nur den Bastard deines Vaters gesehen. Jemand, der dein Leben zerstört hat. Wie es mir ging, als eheloses Kind, das kümmerte dich nicht. Ich platze in deine Familie hinein. Aber wo ist meine Familie geblieben? Meine Mutter? Mein Vater, der die Stärke hatte, einen Bastard als Sohn zu lieben? Meine große Schwester, die am goldenen Schuss gestorben ist? Was mich in die finsteren Abgründe der Unterwelt getrieben hat? Alles egal. Ich bin nur jemand, der egoistisch in dein Leben geplatzt ist. Rücksichtslos eine Familie sucht, die ich in dir und deinem Vater wiederfinden wollte." Zuma war sprachlos. Und plötzlich sah er seinen Bruder anders. Zumas Familie war zerrissen worden, doch ihm war der Vater geblieben. Yuichi hatte alles verloren und ein wenig Wärme bei seinem Erzeuger gesucht. Ein kleiner Funke in der düsteren, brutalen Welt des Vollweisen. Yuichi war kein Schuldiger, sondern ein Opfer. Ein größeres Opfer als er selbst es war. "Entschuldige", sagte Zuma nur und sah in das Gesicht seines Bruders. "Es ist nur. Du bist so sorglos, so…" "Glücklich? Weil ich mein Glück gefunden habe. Und Yuki werde ich nicht verlieren. An nichts und niemanden." "Wenn sie hier endlich auftaucht", schnaubte Yoko. "Sie muss sich ja auch noch umziehen", meinte Zuma noch mitgenommen von Yuichis Vergangenheit. "Kann sie ihre Choreo?" "Wäre ich so erledigt, wenn sie es nicht könnte", erwiderte er kühl und wandte sich ab. "Cut!", schrie Yoko plötzlich. "Naoko, hinter die Kamera. Du bist fertig. Yuki, bist du bereit?" "Bin ich", rief Yuki. "Ach deswegen sind die Weiber so aus dem Häuschen", lachte sie und sah Zuma an. "Wieso rennst du hier so rum?" Sie tupfte ihm mit einem Handtuch den Schweiß von der Brust. "Ich bin genauso angezogen, wie vorhin auch", bemerkte er. "Ja, aber mich interessiert auch nicht, wie du rumläufst", betonte sie und legte ihm das Handtuch um die breiten Schultern. Wie sie ihm ohne nervös zu werden, so nahe kommen konnte, war für Yoko ein Rätsel. Besonders, weil er so göttlich duftete, wenn er verschwitzt war. "Du siehst toll aus", bemerkte Yoko. Yuki drehte sich um die eigene Achse. "Mein erstes Mal in Rosa. Wie wirke ich?" "Mädchenhaft. Das bist nicht du", meinte Zuma. "Süß und unschuldig, wie Yoko siehst du aus. Passt gar nicht zu dir", stimmte Yuichi seinem Halbbruder zu. "Schwarze Spitze, das ist besser." "Ich wusste, dass du das sagen wirst. Warte ab, es wird dir gefallen, wenn es nachher dreckig und zerrissen ist. Auf, lasst uns drehen!" "Moment, du bist nicht fertig", hielt sie Zuma zurück. "Du siehst nicht aus wie Julia." "Wie bitte?" "Frag deinen Freund. Dem wird das sofort aufgefallen sein." "Deine Brüste sind zu groß. Julia hat kleinere. Warum fällt dir das eigentlich auf", wandte Yuichi sich an seinen Bruder. Zuma zuckte leicht zusammen, war sein Respekt vor seinem kleinen Bruder nun deutlich größer. "Eine objektive Sicht auf die Details. Ihr Körperbau muss mit Nadines übereinstimmen." "Wir müssen sie verkleinern", entschied Yoko. "Gute Idee", spottete Yuki. "Und wo soll ich mit denen hin?" "Wir binden sie so ab, dass sie wie ein natürliches B-Körbchen aussehen." "Karina, mir schmerzen die Brüste", klagte Yuki auf deutsch. "Ich stehe kurz vor meiner PMS, die Dinger sind extrem druckempfindlich." "Tut mir leid", entschuldigte sich Yoko. "Da musst du durch. Ich helfe dir. Ich mache das ständig." "Dir die Brüste abbinden?", warf Tybald unüberlegt ein. "Du kennst doch einen der Produzenten, Herrn Gyoshi?" "Der perverse alte Sack", warfen zwei Lichtassistenten gleichzeitig ein und Yoko lachte engelsrein. Zuma liebte dieses Lachen. "Leider ja. Das muss ich machen, wenn ich mich mit ihm treffe. Zu meiner eigenen Sicherheit und damit er sich auf die Arbeit konzentrieren kann." Die Brüder sahen sich an. "Hast du das gewusst?", fragte Zuma Yuichi, während Yoko sich um Yuki kümmerte. "Dass sie sich vor dem Drecksack hüten muss? Du etwa?" "Nein." "Ich auch nicht. Yoko kämpft immer alleine an der Front. Aber jetzt weiß ich Bescheid. Einer mehr auf meiner Liste." "Immerhin können sie sich verteidigen." "Gott sei Dank", murmelte Yuichi ernst. "Sonst lägen alle Drei längst vergewaltigt und tot in einer Ecke." "Mal den Teufel nicht an die Wand." "Wirklich? Weißt du, was Yuki erst vor kurzem passiert ist? Dass sie fast von ihrem Chef in der Kampfsportschule vergewaltigt und zerstückelt wurde?" Zuma wurde sichtlich bleich. "Ist das dein ernst?" "Über sowas scherze ich nicht. Und der war nur ein Mensch. Yoko hat einen Vampir an der Backe kleben." Zumas Augen wurden groß. "Sie hat Romeo abserviert", flüsterte Yuichi. "Ich mache mir Sorgen um sie, weil er das nicht sonderlich gut aufnimmt. Deshalb ist auch Inuyasha immer in ihrer Nähe." "Hey, ihr Tratschtanten!", ließ Yokos Stimme sie auseinanderzucken. "Yuichi, du musst dich bereit halten. Zuma, ich brauche dich an meiner Seite." Der Choreograph trat zu ihr, sie saß nie, immer stand sie. Und sie blickte zu ihm hoch, Stolz in den Augen. "Bin gespannt, was du geleistet hast." Zuma jedoch konnte sich nicht auf die Geschehnisse vor der Kamera konzentrieren, so sehr er es auch versuchte. Er lief zwar um die Szene rum, beobachtete, korrigierte, wenn nötig, aber seine Gedanken waren bei Yoko. Diese blutjunge und so unabhängige, starke Frau. Sie war nicht zu erschüttern. Egal, wie sehr er sie verletzte, sie hielt zu ihm. Sie würde ihr Kind nicht im Stich lassen… Halt, Moment! Wohin gingen seine Gedanken? Warum verglich er Yoko mit seiner Mutter? Sie war nicht besser als jede andere Frau. Sie war anders, aber nicht besser. Schlau war sie und ausgesprochen schön. Eine Kämpfernatur, unerschütterlich und gerissen. Sie spielte mit ihm. Sie wusste, wie sie ihn in ihr Netz locken konnte. Aber er ließ sich nicht auf ihr Spielchen ein. Obwohl die Verlockung groß war. Seine Augen waren gefangen von ihrem Anblick. Ihr schönes, konzentriertes Gesicht. Die vor Begeisterung funkelnden Augen. Sie war gebannt von der Szene, eingenommen von der Spannung. Und immer, wenn sie etwas zu spannend fand, zog sie die Unterlippe zwischen ihre Zähne. So wie jetzt. Diese volle, saftige Lippe. Wie er es liebte, sie zwischen seine Zähne zu ziehen. Und vor allem liebte er es, wie sie darauf reagierte. Diese Wildheit, die ungezügelte Lust, die nur Yoko besaß. Wenn sie sich fallen ließ, sich ganz ihrem Verlangen hingab. Wenn sie sich ineinander verloren… beide ihrer Sinne nicht mehr mächtig. Wenn sie ihn biss. Ihre Zähne sich in seine Schulter gruben. Kurz vor dem Gipfel, wenn Yoko es nicht mehr aushielt. Wenn sie sich kurz vor der Explosion aufbäumte, hemmungslos ihre Zähne in seine Haut schlug und dann in der Hitze zerbarst. Es machte ihn wahnsinnig. Der letzte Bissabdruck war lange schon verheilt, doch er glaubte, ihn immer noch zu spüren. Ohne sich darüber bewusst zu sein, rieb er sich den Nacken. "Was ist los?", wunderte sich Yuki, gerade mit ihrem Take fertig. "Hast du Nackenschmerzen?" "Ich…" Er ließ sofort die Hand fallen. "Ich bin solch ein Gewicht wie deines nicht gewohnt." "Verstand wiegt schwer", lächelte sie schlagfertig. "Deswegen wundere ich mich ja auch nicht über dein geringes Körpergewicht." Zuma presste die Zähne zusammen und wandte den Blick ab, sah direkt in Yuichis grinsendes Gesicht. "Was?", wurde dieser angefaucht. Seine weißen Zähne blitzten, die königsblauen Augen funkelten schelmisch. Wortlos schob er den Ausschnitt seines Shirts beiseite, enthüllte seine Schulter. Rosafarbene Abdrücke zierten seine Haut. Bisse. Leidenschaftliche Bisse. Yuichis Lächeln sagte alles. "Man vermisst es erst, wenn man es verloren hat, nicht wahr?" Zuma wirbelte auf den Absatz herum und stürmte davon. "Was war denn jetzt los? Yuichi, was hast du jetzt wieder angestellt?" "Nichts", zuckte er unschuldig die Schultern. "Yoko und du seid euch anscheinend sehr ähnlich." Zuma schäumte vor Wut. Auch die eiskalte Dusche konnte sein Gemüt nicht beruhigen. Er ließ sich von Yoko dermaßen um den Verstand bringen, dass er es selbst nicht einmal merkte. Schluss jetzt! Er würde sich von dieser manipulativen Schlange nicht mehr zum Deppen machen lassen! Er hatte die Nase gestrichen voll! Noch mit feuchten Haaren zog er sich an, packte seine Tasche und stürmte Richtung seines Porsches. "Akira!" Er machte sich nicht mal die Mühe, sich nach ihr umzudrehen, geschweige denn, seine Geschwindigkeit zu drosseln. "Zuma, wo willst du hin?" Sie begann zu rennen, um aufzuholen. "Ich bin hier fertig" sagte er nur. "Aber, was…? Was ist mit uns?" "Was soll mit uns sein?" Er war an seinem Wagen angekommen und stieg ein. Yoko blieb ratlos neben der Türe stehen. "Ich dachte, du und ich… Wir…" Zum ersten Mal erlebte er, dass sie mit den Worten rang. "Wir wollten doch von vorne beginnen." "Ich habe es mir anders überlegt", sagte er und warf ihr einen eisigen Blick zu. Sie war total verdattert. "A- aber warum?" "Ich brauche keinen Grund. Und du musst nicht so geschockt tun. Du hast genug Verehrer, die freiwillig nach deiner Pfeife tanzen." "Was soll das denn so plötzlich?", ließ sie sich nicht beirren. "Was ist passiert, dass du so plötzlich deine Meinung änderst?" "Ich lasse nicht zu, dass solch eine falsche Schlange mit mir spielt." Sie war kurz sprachlos und er startete den Wagen. Yoko zuckte zusammen, als der Motor aufheulte. "Nein!", schrie sie zornig und stellte sich ihm in den Weg. "Du haust jetzt nicht ab!" "Aus dem Weg, Higurashi!" "Erst, wenn wir geredet haben. Ich will eine vernünftige Erklärung." "Ich bin fertig mit dir. Geh mir aus dem Weg." "Eher wirst du mich überfahren müssen." Er sah sie an, Hass in den Augen. Kalter, stechender Hass. "Keine so schlechte Idee", überlegte er mit kalter Stimme. "Dann wäre ich diese Last los." Es traf sie wie ein Faustschlag in den Magen. Sie taumelte zurück, ihr Körper schien plötzlich Tonnen zu wiegen. Und sie hörte, wie sein Auto davonbrauste. Tränen verschleierten ihr Sichtfeld. Schluchzer begannen sie zu schütteln. Eine Last. Sie war nichts weiter als eine Last für den Mann, den sie liebte. Ihr Herz stach. Wie oft konnte es brechen, bevor es aufhörte zu schlagen? Sie hörte Schritte hinter sich im Kies. Nein, sie wollte von niemanden so gesehen werden! Weinend und am Boden zerstört. Doch jemand stand hinter ihr, feste, warme Finger legten sich sacht auf ihre Schultern. Ihr Bruder war immer bei ihr. Bei ihm konnte sie schwach sein. Sie wirbelte schluchzend herum, vergrub das Gesicht an seiner Brust. Starke Arme schlangen sich schützend um ihre Schultern. Tröstende Hände streichelten ihren Rücken. So fest, so sicher, so geborgen. Aber… das war nicht Yuichis Duft… rauchig, zuckersüß. Nach süßem Feuer! Sie hob das Gesicht und blickte in glühende Augen aus Bernstein. Inuyasha. Sie starrte ihn an und er… Er wischte ihr liebevoll die Tränen von den Wangen. Kein Dämon, kein Raubtier, kein Verführer… ihr Bruder. Ihr großer Bruder, der nicht Zumas Ebenbild war. "Hat er dir weh getan, Kleines?" "Kein Kratzer", hauchte sie schwach. "Es gibt nicht nur körperliche Schmerzen." Er zog sie fester an sich. So warm, so sicher. Er war wie eine Festung. Nun verstand sie, warum sich Anjaani selbst in allergrößter Todesgefahr sicher bei ihm fühlte. Und auch Yoko hatte das Gefühl, würde um sie herum die Welt einstürzen, in Inuyashas Armen könne ihr nix geschehen. "Was machst du?", erschrak sie, als er sie hochhob. "Dich an einen sicheren Ort bringen, bis du dich beruhigt hast", murmelte er mit seiner samtenen Stimme und sprang mühelos auf das Dach des Gebäudes. "Du willst doch nicht, dass irgendjemand seine Chefin so sieht." Ihre Augen waren zu verquollen von Tränen, als dass sie lächeln konnte. Anjaani hatte recht. Er war tatsächlich rücksichtsvoll und einfühlsam. Als er sie losließ, gaben ihre zitternden Knie nach. Unglaublich, wie sehr einen ein paar Tränen schwächen konnten. Sie kauerte zusammen und vergrub das Gesicht zwischen ihren Knien. Er saß neben ihr und legte ihr wortlos den Arm um die Schulter. "Was ist passiert, Kätzchen?", fragte er, als sie wieder in der Lage war zu reden. "Widerliche Pestbeule meint das Hündchen wohl." Ihr Zynismus war ein gutes Zeichen. "Ich bin nicht derjenige, wegen dem du weinst." "Ich wollte mich nur aussprechen", begann sie stockend. "Nur wissen, warum er es sich anders überlegt hat." "Weißt du es jetzt?" "Er hat mit dem Gedanken gespielt, mich zu überfahren. Dann wäre er seine Last los." "Und ich dachte, ich sei unsensibel", schnaubte Inuyasha. "Ich sei nur eine falsche Schlange, die mit ihm spiele." "Weil er uns in einer Umarmung erwischt hat?" "Er hat mit meiner Schwester geschlafen!" "Hat er gewusst, dass sie deine Schwester ist?" Er zuckte zusammen, weil sie losbrüllte. "Das ist doch völlig egal! Was macht das für einen Unterschied?! Er schläft mit meiner Schwester und wirft mir Falschheit vor! Ich habe Romeo nicht einmal geküsst!" "Nicht einmal ein Kuss und trotzdem ist er so besessen von dir? Du bist wirklich gut." "Sag das Zuma." "Nein, du musst ihn davon überzeugen." Sie kuschelte sich an ihn. Es war so selbstverständlich. "Inuyasha, er arbeitet mit Aani zusammen." "Das ist das große Problem. Anjaani ist aber viel zu unschuldig, sie legt es nicht darauf an, ihn zu verführen. Du wirst das tun." Sie schüttelte entschieden den Kopf. "Ich will eine Beziehung, keine Affäre." "Ich meine damit, dass es Zeit wird in die Offensive zu gehen. Mach mit ihm, was du mit Romeo gemacht hast." Ihre braungelben Augen weiteten sich, seine schienen glühende Funken zu sprühen. "Zeig ihm deutlich, was er verpasst, ohne dich an ihn ranzuschmeißen. Bring ihn um den Verstand, sodass er nicht einmal an Anjaani denken kann, selbst wenn sie in seiner Nähe ist." Endlich stahl sich ein Lächeln auf Yokos Gesicht. "Du bist ein Genie!" "Ich weiß", grinste er zurück. "Frauen zu verführen ist nicht schwer, Männer zu verführen ein Wimpernschlag. Und du dürftest gar kein Problem damit haben. Setz deine Reize ein, Körper, Augen, Stimme. Du hast genug Auswahl." "Aber ich bin nicht so schön wie Aani." Das war niemand. "Aber dein Glück ist, dass Anjaani nicht bewusst mit ihren Reizen umgeht." "Bis jetzt." Er schluckte hörbar, Nervosität schlich sich in seine Gesichtszüge. "Ist das der Grund, warum du noch nicht daheim bist?" Er schauderte leicht. "Aani ist in der Tanzschule, wo… wo…" Sie begann zu stocken, ihre Augen füllten sich mit Entsetzen. "Wo Zuma gerade hinfährt!" Sie sprang auf und zog ihn auf die Beine. "Was will er denn dort?" "Er fährt zu ihr. Er ist wütend und wird sich abreagieren wollen. Und Aani, sie wird ihm garantiert die Stirn bieten. Los!" Ohne weitere Worte warf Inuyasha sie auf seinen Rücken und sprang vom Dach. "Zuma? Was machst du hier?" Anjaani trat gerade aus dem Proberaum, kaum bekleidet, als er in die Schule stürmte, wütender denn je. Und ihr Anblick machte ihn rasend. Gab es eine Frau, die Männer nicht verrückt machen wollte?! "Verschwinde, Aurora!" Sie folgte ihm durch den riesigen, verlassenen Tanzsaal. "Was ist denn los?" "Lass mich in Ruhe!" "Erst, wenn du mir gesagt hast, was los ist!" "Zieh Leine, oder du bereust es!" Sie packte seinen Arm. "So behandelst du deine Partnerin nicht." Er wirbelte herum. "Willst du wissen, wie ich meine Partnerin behandle?" Ehe sie es verhindern konnte, packte er ihre Oberarme, presste sie gegen die Wand. Sein Körper fest an ihrem, das Knie zwischen ihren Beinen. "Soll ich dich so behandeln? Gefällt dir das besser?" Seine brennender Atem streichelte ihren Hals, die überempfindliche Haut. Sie keuchte auf. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, Hitze floss durch ihre Adern. Er hob den Blick, seine Lippen Millimeter von ihrem Gesicht entfernt. Die Augen ein einziger silberner Funkenregen. Sie hatte keine Chance sich zu wehren. "Ist es das, was du willst?" Seine heißen Lippen senkten sich auf ihre pochende Halsschlagader. Seine Zähne schabten über die zarte Haut, ließen Blitze durch ihren Körper jagen. Sie erschauderte bei seiner Berührung, das Schlüsselbein hinab, tiefer… "Ich gebe dir, was du willst." "Nein", rief sie schrill, doch er riss sie fest an sich, blickte tief in ihre Augen. Goldene Augen. "Finger weg von Anjaani!" Plötzlich stand Inuyasha neben ihr. Er packte Zuma am Kragen und hob ihn hoch, als wäre er leicht wie eine Feder und warf ihn zu Boden. "Ich bring dich um!", grollte er, Mordlust in den Augen. Er holte aus. Zuma hatte nur noch Zeit die Augen zu schließen. Es war vorbei. "Nein!", schrie Yokos Stimme und barst in einem Schmerzensschrei. Inuyasha brüllte erschrocken auf. Zuma riss die Augen auf, starrte auf Yokos Rücken. Irgendwie hatte sie es geschafft, sich vor ihn zu werfen. Im allerletzten Moment. Er war sicher gewesen, jetzt sterben zu müssen. "Was soll der Scheiß, Nervenzwerg!" Inuyasha tobte vor Wut und ballte seine blutige Hand zur Faust. Blutig?! "Verdammt noch mal, hast du sie nicht mehr alle?! Ich hätte dich umbringen können!" Yoko breitete schützend die Arme aus und dann bemerkte Zuma es, das Blut, das neben ihn auf den Boden tropfte. Inuyasha hatte Yoko verletzt. "Lass ihn in Ruhe", verlangte Yoko ruhig, aber sehr schwer atmend. Kaum zu ertragender Schmerz lag in ihrer Stimme. "Er grapscht Anjaani an und dir macht das nix aus?! Geh mir aus dem Weg!" "Nur über meine Leiche." "Du würdest dich für diesen Drecksack opfern?!" Yoko funkelte ihn an. Und langsam beruhigte sich Inuyashas Atem, seine Zornesfalten glätteten sich. Die Blutlache auf dem Boden wuchs zu einer beachtlichen Größe heran. Zuma jedoch war immer noch wie erstarrt. Sie hatte ihm das Leben gerettet, der Dämon hätte ihn zerfetzt. "Kätzchen", war Inuyashas Stimme plötzlich sanft, doch ein leichtes Knurren blieb in seiner Kehle. "Es tut mir leid." "Was? Dass du Zuma töten wolltest?" "Nein, dass ich dich verletzt habe." "Die paar Kratzer." Doch das Zittern ihres Körpers wurde noch stärker. Sie schien Mühe zu haben, sich auf den Beinen zu halten. "Yoko", trat Anjaani zu ihr und wurde schlagartig bleich, als sie die Wunde sah, die Zuma verborgen blieb. "Heiliger Himmel! Ist das…?" Ihr wurde übel. "Knochen, Aani. Die Wunde ist etwas tief." "Verdammt, Inuyasha! Du hättest ihr den Kopf absäbeln können!" Inuyasha wandte beschämt den Blick ab. "Ich tu mein bestes, Yoko-Neko, aber diese Verletzung ist heftig." "Stopp wenigstens die Blutung. Ich rufe Aryan her", verlangte Inuyasha. Anjaani schwankte. "Ich kann nicht mehr", hauchte sie angestrengt, außer Atem. Inuyasha hob sie auf seine Arme, sie war kaum bei Bewusstsein. "Entschuldige… Yoko…" "Wenigstens blutet es nicht mehr. Ihr zwei geht jetzt Heim", befahl Yoko. "Und Inuyasha, in Zukunft kommst du nicht mehr her. Sonst überlebt es einer von uns beiden nicht." Die Tür schlug hinter dem Dämon zu und Yoko schwankte plötzlich, ging in die Knie, schluchzend vor Schmerzen. "Kätzchen!" Zuma stürzte zu ihr. Sie war leichenblass, ihre Lippen zitterten, ihr ganzer Körper schüttelte sich vor Qualen. Riesige, tiefe Risse zogen sich quer von ihrem Hals bis zum Ansatz ihrer Brust. Schneeweiße Rippen schimmerten durch das rote Fleisch. Heiliger Himmel! Übelkeit bemächtigte sich seiner. "Lass mich los", fauchte sie und sein Schock wandelte sich in Wut. "Verdammte Scheiße! Was sollte denn dieser Blödsinn! Hast du den Verstand verloren?!" "Herz", wimmerte sie. "Nicht Verstand." "Tu das nie wieder! Hast du mich verstanden?!" Ihre Augen wurde kalt. Sie riss sich aus seinen Armen. "Verdammt, ich habe verhindert, dass dein Kopf hier durch den Saal rollt. Ein einfaches Danke würde genügen, du undankbarer Arsch!" "Ich habe dich nicht darum gebeten!" "Entschuldige, dass ich meinen Hals für dich hingehalten habe! Entschuldige, dass ich so eine falsche Schlange bin, die nur mit dir spielt! Das hast du nicht verdient!" "Yoko!" Plötzlich stand der General im Raum. "Alles in Ordnung?" "Onii-san! Hilf mir!" Aryan zog sie sanft an sich, wischte ihr die Tränen von den bleichen Wangen. "Ich bin hier. Inuyasha hat mir gesagt, was er getan hat. Du lieber Himmel, das sieht furchtbar aus", inspizierte Aryan ihre Verletzung. "Und es tut weh." "Mach schnell, ich ertrage es nicht mehr." "Gleich ist es vorbei." Ihre Haut verheilte unter Aryans golden glühenden Händen und Yoko sackte erschöpft zusammen. "Du hast Glück gehabt. Normalerweise überlebt niemand Inuyashas Klauen. Geht es dir gut?", war die Frage an den Japaner gerichtet. Dieser nickte nur. "Darf ich fragen, was das ganze hier sollte?" "Nein", antwortete Yoko. "Bring mich bitte ans Set." Aryan legte den Arm um ihre Schulter. "Und war es das wert?" Yoko atmete zitternd aus, schmiegte sich an den General. "Das ist es immer wert, sein Leben für ein wertvolleres zu geben." Und ohne Zuma noch einen letzten Blick zuzuwerfen, war sie weg. Er blieb mit gemischten Gefühlen zurück. Entsetzen, Demütigung, Wut und heillose Verwirrung. Währenddessen jagte ein junger Dämon über die Dächer Tokios wie ein roter Blitz. Das lange, schneeweiße Haar flatterte wie eine Flagge im Wind. In seinen Armen hielt er eine bewusstlose Frau. So schien es zumindest. "Inuyasha, halt da unten kurz an. Ich brauche dringend Pilze." Der Hundedämon starrte sie an. "Ich dachte, du bist bewusstlos!" "Warum sollte ich bewusstlos sein", starrte Anjaani verwirrt zurück. Sie sprang aus seinem sicheren Griff, als er vor dem Supermarkt landete, putzmunter und fröhlich. Er war völlig verdattert. "Aber die Heilung… Ich dachte, das hätte dich überanstrengt." "Natürlich nicht. Yoko hat mir zu verstehen gegeben, dass sie das nicht wollte. Zuma sollte sehen, was sie bereit war für ihn zu opfern." Inuyasha war zu perplex, um sich an all den Blicken zu stören, die Anjaani in ihrem knappen schwarzen Kleid galten. "Das war alles ein Scherz?" Jetzt wurde ihr Blick ernst. "Dass du ihr den Brustkorb aufgeschlitzt hast war kein Scherz." "Sie hat sich vor meine Krallen geworfen!" Anjaani stemmte die Arme in die Hüfte, verärgert, mit golden blitzenden Augen. Oh nein… "Du hast Zuma töten wollen!" "Und du weißt ganz genau warum!" "Ich habe mich nicht gewehrt", flüsterte sie, doch für ihn laut und deutlich hörbar. Völlig überrumpelt konnte er nicht reagieren. Das nutzte sie aus und lief mit den Pilzen zur Kasse. Unterwegs an der frischen Luft, bekam er den Mund wieder auf. "Und warum hast du dich nicht gewehrt?" Keine Wut, kein Vorwurf. Er war nur neugierig. Sie seufzte und mied seinen Blick. "Kannst du dir das nicht denken? Zuma ist mir vertraut, ich bin seine Nähe gewohnt. Und es war… schön. Nicht annähernd so schön wie bei dir", setzte sie sofort nach. "Aber es fehlt mir. Nähe. Jemandem nah sein. Geborgen. Vertraut. Sicher." Ihre sorglose Stimmung war gekippt. Jetzt war sie deprimiert. "Ich schäme mich, dass ich das will. Einfach nur eine Berührung. Eine Hand, die meine hält. Mehr nicht." Automatisch glitt sein Blick zu ihrer Hand, doch sie hatte den Einkauf fest umschlungen. "Ich wünsche mir die Nähe eines Mannes." Er starrte sie an. "Aber keiner kann mir nah sein, ohne dass er mehr will. Warum ist das so?" "Weil ein Mann sich nicht mit weniger zufrieden geben kann", gab er bedauernd zu. "Es sei denn, es ist dein Bruder oder Vater." "Ich habe zwei Brüder." "Aber die Nervensägen haben ein Problem damit, wenn du ihnen nahe kommst." "Erkennst du das Dilemma?" Das tat er. "Und ich?", fragte er leise. "Wenn ich dir nahe bin?" Sie sah ihn an und ihre Augen vergoldeten sich augenblicklich. Das war klarer als jedes Wort. Wenn er ihr nahe war, drohte sie den Verstand zu verlieren. Es war zu riskant. Es passierte zu schnell und zu häufig, dass sie mehr wollte, als nur seine Nähe. Das Handy riss sie aus ihrer Melancholie. "Oh nein", murmelte sie. Yuichi rief an. "Er wird toben, weil du Yoko verletzt hast." Sie nahm den Anruf an und hielt das Telefon sicherheitshalber etwas weg vom Ohr. "Ist Inuyasha bei dir?!" "Chi-chan, beruhige dich." "Ich beruhige mich, wenn ich ihn eigenhändig in der Luft zerrissen habe!" Anjaani atmete tief durch und sah den Dämon vorwurfsvoll an. "Ich habe keine Angst vor ihm", betonte Inuyasha. "Das werde ich ändern!", tobte es aus dem Handy. "Neumond ist Morgen. Wenn ich dich in die Finger kriege, wirst du nie wieder in der Lage sein, eines meiner Mädchen auch nur anzusehen!" "Chi-chan, es ist alles in Ordnung. Es ist nichts passiert." "NICHTS PASSIERT?!" Sie hatte Yuichi noch nie so brüllen hören. "Dass Yoko blutüberströmt und mit zerfetzter Kleidung von Aryan hergebracht wurde, ist nichts?! Ich habe die Narben gesehen, Aurora", fuhr er ruhiger fort, doch nicht minder zornig. "Obwohl Aryan sie geheilt hat, sind feine Narben geblieben." "Es war eine große Verletzung", gab Anjaani zu. "Man sah die Rippen." Einen Atemzug lang herrschte Stille. "Und warum verteidigst du ihn", flüsterte Yuichi dann bedrohlich. "Ich verteidige ihn nicht. Seine Krallen sind nun mal gefährlich…" "Seine Krallen haben nichts in Yokos Nähe zu suchen! Lass mich raten? Zuma hat sich an dich rangemacht. Das ist kein Grund, ihn umzubringen, geschweige denn meine Schwester zu zerstückeln!" "Yuichi, jetzt ist doch alles in Ordnung, ich bitte dich…" "Bitte so viel zu willst. Er ist erledigt, wenn er mir unter die Augen kommt!" Anjaani starrte seufzend ihr Mobiltelefon an. "Ich glaube, wir müssen dich verstecken", sagte sie dann zu Inuyasha. "Was?!" "Mit Yuichi ist nicht zu spaßen, wenn es um seine Liebsten geht. Du hast keine Ahnung, wie er ist, wenn er wirklich wütend ist. Und in wenigen Stunden bist du menschlich. Meide ihn, bis er sich beruhigt hat." "Aber, wegen dem bisschen…" "Inuyasha", zischte sie ihn wütend an. "Du hättest fast Yoko getötet! Das ist keine Kleinigkeit! Sie hätte auch weniger Glück haben können und ihr Kopf wäre abgetrennt. Das kann nicht einmal Aryan heilen. Du hast riesigen Mist gebaut. Und ich verlange, dass das nie wieder passiert." "Versprochen", sagte er kleinlaut. "Egal, was Zuma anstellt", betonte sie ernst. "Egal, was er mir antut, wie nah er mir kommt, das rechtfertigt keinen Mord." "Nein, tut es nicht", erschien plötzlich Aryan hinter ihnen. Sein Gesicht war so ernst wie Anjaanis. Er hatte exakt den gleichen Ausdruck in den smaragdgrünen Augen. "Yuichi tobt wie ein wilder Stier. Und das zurecht." "Ich… ich war so wütend…", versuchte Inuyasha sich zu erklären. "Das ist keine Entschuldigung", blieb Aryan hart. "Du bist außer Kontrolle geraten! Und das kannst du nicht einmal mit Tessaigas Fehlen entschuldigen. Das kannst du gar nicht entschuldigen. Fasse nie wieder eine der Drillinge an!" "Nie wieder", schwor er geknickt. "Aber-" "Aber?" Aryan baute sich wütend vor ihm auf. "Inuyasha, das war dein erster und letzter Fehler. Ich warne dich nur dieses eine Mal. Was, wenn du Yoko getötet hättest?" "Ich…" Quälende Schuld in den Bernsteinaugen. "Was, wenn du nicht sie erwischt hättest, sondern Aurora?" Inuyasha zuckte zusammen, voller Entsetzen sah er Anjaani an. Oh Gott! Was, wenn er…? Erschüttert starrte er seine Klauen an. Plötzlich ekelte er sich vor diesen Dingern. "Daran denkst du das nächste Mal vorher", entschied Aryan sanfter. "Inuyasha, du arbeitest heute nicht mehr. Deine Klauen haben jetzt Pause. Wenn was ist, rufst du mich." "Aryan, ich habe es doch eingesehen!" "Du hast mich gehört. Jetzt hast du genug Zeit, an deinem Gewissen zu arbeiten. Fang gleich an, bevor Yuichi dich in die Mangel nimmt." Inuyasha ballte die Fäuste. "Und du verbietest mir, mich zu wehren?!" "Ganz genau", lächelte Aryan. "Hoffe mal, dass du nicht menschlich wirst, bevor er sich beruhigt hat." "Was meinst du, wann beruhigt er sich?", flüsterte Yoko hinter der Kamera. "Mir gefällt er so", schwärmte Yuki. Sie betrachtete ihren Freund in der Kampfszene gegen Tybald. Yoko hatte Yuichis rasende Wut ausgenutzt und er konnte sich jetzt in der Szene abreagieren. Er wirkte wahnsinnig authentisch. Man musste nur aufpassen, dass er seinen Drehpartnern nicht tatsächlich weh tat. Seit die Regisseurin zurück war, war der Hauptdarsteller ausgerastet. Aryan und die Drillinge hatten ihn bändigen müssen. "Ich finde ihn unheimlich so." "Du hättest dich auch umziehen können, dann hätte er gar nicht mitgekriegt, was dir passiert ist. Er ist empfindlich, wenn uns jemand weh tut. Und zu Inuyashas Pech ist bald Neumond. Yuichi wird sich nicht beruhigt haben, bis er Inuyasha nicht ein bisschen weh getan hat." Yuki seufzte und genoss den Anblick des Romeos in vollen Zügen. Yoko war das nicht geheuer. Sie hatte ihren großen Bruder nie so dermaßen zornig gesehen. Selbst Yami war von ihm eingeschüchtert gewesen. Und dabei hatte Yoko nur einen egoistischen Gedanken. Hoffentlich hatte Zuma endlich erkannt, dass er ihr wichtig war. "Ganz im Ernst, was findest du so toll daran?", zeigte sich Yami wenig begeistert. "Wütend ist er absolut gruselig. Wenn Aryan so drauf wäre, hätte ich sofort das Weite gesucht." "Ich mag das Rohe und Brutale", gestand Yuki und ihre Schwestern sahen sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Aber eigentlich nur an Yuichi. Ich finde das so unglaublich sexy." "Vorausgesetzt er ist nicht auf dich wütend", fügte Yami hinzu. "Oder wegen mir." "Ich will nicht wissen, was passiert wäre, wenn du unter Inuyashas Klauen geraten wärst." "Ich kann es dir sagen", knurrte Yuichi leise. Seine Augen blitzten eisig blau. "Aber davon hättest du dann nächtelang Alpträume." "Yuichi!", zischte Yoko empört. "Vor die Kamera mit dir!" "Arbeite, statt zu quasseln, dann würdest du auch mitbekommen, dass Yuki mit mir vor die Kamera muss." Er streckte die Hand nach ihr aus. Doch Yuki zuckte vor ihm zurück und schüttelte leicht den Kopf. Sie wollte ihm jetzt nicht nah sein. Das Wissen darüber nahm seinen Augen etwas ihrer Kälte. "Yoko, ich will jetzt wirklich nicht…" Yuichi packte ihr Handgelenk und zog sie mit sich. Die Berührung war wie ein elektrischer Schlag und ihr gesamter Körper stand unter Strom. Er sah sie an. Seine Augen waren immer noch hell; das waren sie immer, wenn er wütend war. Doch jetzt funkelte noch etwas anderes drin. Lust. Yukis Herzschlag blieb stehen. Yuichi wusste ganz genau, wie sie auf ihn reagierte, wenn er solche Laune hatte. Ein Glück, hatte sie keinen Text, sie war ja nur das Double. Doch seine Nähe, seine Berührung und oh Gott, sein Duft… Ein himmelweiter Unterschied diese Choreo mit ihm zu machen, statt mit Zuma. Egal, wo er seine Hände hinlegte, es jagte Schauer über ihren Körper. "Ein Glück, hast du keinen Text", raunte er ihr zu, bevor er sie in die nächste Figur hochhob. Und er selber brannte unerträglich heiß. Die Wut schürte seine Lust. Die Wut und Yuki so zu berühren. Und besonders die Tatsache, wie wahnsinnig er sie gerade machte. Und nur er wusste, dass sie gerade vor unerträglichem Verlangen verging. Das verstärkte die Leidenschaft in dieser Szene enorm. Das und die Tatsache, dass er gegen Tybald um sie kämpfte. Die Leidenschaft war packend, dramatisch, Yoko war hellauf begeistert. Es war ein ganz anderer Romeo, der hier um seine Julia kämpfte, als noch vor wenigen Stunden mit Naoko gedreht wurde. "Yoko", flüsterte Yamis Stimme. "Yuichi ist zu arg bei der Sache. Wenn das so weiter geht, ist Tybald wirklich Geschichte." "Ich brauche es auch authentisch. Keine Sorge, Yuki hält ihn in Schach." "Yuki? Die ist doch gerade blind vor Geilheit. Karina, tu jetzt was!" "Cut!", schrie Yoko. Romeo blickte auf, mitten aus dem Geschehen herausgerissen. Tybald lag getötet unter ihm. "Ey, ich bin gerade mitten drin", motzte Yuichi. "Die Tötung haben wir schon abgedreht. Da brauchen wir kein Double." "Hast du gehört?", ächzte der Erdolchte. "Geh jetzt bitte runter von mir." "Tote beschweren sich nicht", knurrte Yuichi. "Wie oft willst du mich eigentlich noch umbringen?" "Liebling." Yuki zog ihn hoch. "Yoko möchte die eine Szene noch einmal drehen." "Welche?", flüsterte er. Gänsehaut zog über ihre Arme, ihre Pupillen waren unnatürlich geweitet. Doch ihre Stimme verriet nichts von dem Feuer, das in ihr brannte. "Die Kussszene." Die Szene, bevor Tybald sich einmischt und Mercutio tötet, die erotische… Yuichi sah Yoko herausfordernd an. "Die haben wir abgedreht mit Naoko." "Ich möchte aber sehen, wie sie mit Yuki wirkt", winkte Yoko ab und der Sadismus schimmerte in ihren Augen. "Yoko, dieses Brustband macht mich fertig", widersprach Yuki. "Und Yuichi ist auch müde. Du hast die Szene doch schon." "Aber nicht vollständig." "Weil ich ihn nicht küssen muss", wurde jetzt Yuki sauer. "Lass es für heute gut sein. Ich will zum Abendessen und Inuyasha ausweiden." "Konzentriert deine Wut auf die Szene", ließ Yoko nicht nach. "Du willst mich fertig machen", zischte Yuki ihr auf französisch zu. "Mir geht es nur um Yuichis Laune", verteidigte sich Yoko. "Dann kann er die Szene ja mit Naoko wiederholen." "Fein!" Sie packte ihren Romeo am Kragen. "Geben wir ihr, was sie will." Seine Augen verdunkelten sich etwas. "Bist du bereit", hauchte er, Wut in den Augen. Wut und glühendes Verlangen. Sie starrte ihn an und er bemerkte die pochende Ader an ihrem lockenden Hals. "Yuki", rief Yoko noch, bevor die Kamera lief. "Übertreib nicht. Julia ist unschuldig." Das überhörte Yuki. Die Musik setzte ein, die leidenschaftliche, dramatische Melodie. Ein wilder Rhythmus, der zwei Körper wild vereinte. Es loderte auf und dann brannte es. Yuki und Yuichi mitten drin im Inferno. Seine Hände, die sie packten, sie an seinen stahlharten Körper pressten, ihre festen Schenkel, die sich um seine Hüfte schlangen. Das Reiben von Haut an Haut. Die rasselnden Atem, die rasenden Herzschläge. Romeos Zorn, seine Leidenschaft und die glühenden Augen. "Makellose Haut", knurrte er leise. "Wenn ich auch nur einen kleinen Kratzer an dir sehe, ist er tot." Sie wirbelte weg, doch er erwischte ihren Arm, riss sie zurück. Seine Hand, die ihren Kopf packte. Ihre Brust, die an seiner bebte und dann diese Lippen, die ihre erbarmungslos in Besitz nahmen, bevor Tybald sie auseinanderreißen würde… "Cut!", schrie jemand. Das Blut rauschte so laut in ihren Ohren, es war ihnen auch völlig egal. "CUT!", dröhnte Yokos Stimme. "Was ist?!", knurrte Yuichi sie an. "Das war's, du bist fertig." "Bin ich nicht!" "Mit der Szene schon. Wäre schön, wenn du dich etwas beruhigen würdest. Ich brauche dich noch für eine ruhigere Szene." "Ich kann mich nicht beruhigen! Die drehen wir morgen." "Yoko", meldete sich Yuki. Ihr Atem ging schwer, sie wirkte erschöpft. "Yuichis Tattoo ist zu sehen. Ich muss es kaschieren." Yoko seufzte. "10 Minuten." Yuki packte Yuichis Hand und zerrte ihn hinter sich her, geradewegs an der Maske vorbei. "Das ist der Weg zu meiner Garderobe." Er hatte Mühe die Erregung in seiner Stimme zu zügeln. "Ich weiß", erwiderte sie knapp. Er glaubte sich verhört zu haben. Doch sie zerrte ihn regelrecht in seine Kabine. Mit einem leisen Klick war die Tür zugesperrt. Sie presste sich gegen die Tür, die Augen geschlossen, ihr Brustkorb hob und senkte sich ruckartig. "Nimm mir die Bandage ab", bat sie leise. "Meine Brüste schmerzen von dem Druck." Langsam, quälend langsam, streifte er ihr die mittlerweile zerrissenen rosa Stoffe von den Schultern. Jede Berührung seiner Finger war wie ein Schlag und erhöhte ihren Puls. Ihr wurde immer schwindeliger. "Yuichi…" Sie konnte kaum atmen. "Hör auf, meine Schwäche zu genießen." "Ich genieße nur, was mein ist!" Er packte ihr Gesicht, grob, die Augen brutal und voller Lust. Und etwas in ihr brach zusammen. Ihr Verstand verbrannte in der Explosion, die er auslöste. Sie stürzte sich auf ihn, wahnsinnig vor Verlangen. Und seine Wut barst in Lust. Sie fielen übereinander her wie Tiere. Es war wie ein Sturm der alles mitriss. "Yuichi!", keuchte sie an seinen Lippen. "Kein Vorspiel! Bitte!" "Dieu, Yuki!" Er verlor den Verstand. Verbrannte mit ihr. Die Lust riss sie mit, heftig, erschütternd, gnadenlos. Wild, zügellos und ohne jegliches Erbarmen. Anjaani erschrak, als die Tür aufging und sprang automatisch vor Inuyasha. Yuichi aber schien bester Laune, eine selige Yuki im Arm, während Yoko äußerst miesepetrig wirkte. "Süß, Nee-chan. Jetzt hab ich keine Chance." Lachend packte er sie an der Taille und hob sie aus dem Weg. Nun stand nix mehr zwischen ihm und dem Mensch gewordenen Halbdämon. Doch er gab Anjaani einen Kuss auf die Stirn und setzte sich auf seinen Platz, zog Yuki auf den Stuhl neben sich. "Chi-chan, alles okay?" "Täusch dich nicht, ich bin sauer. Onee-chan, wie das hier duftet!" Inuyasha war aber immer noch auf der Hut. Er wandte sich dem roten Drilling zu seiner Linken zu. "Kätzchen", sagte er. "Wie geht es dir?" "Weswegen?", erwiderte sie patzig. "Wegen dem kleinen Kratzer?" "Was ist los?" Anjaani tischte auf. "Warum bist du so wütend, Yoko-Neko?" Aryan erschien im selben Moment. "Yami muss länger arbeiten", sagte er und stutzte dann. "Inuyasha lebt noch und Yuichi ist bester Laune?" "Aber Yoko nicht." "10 Minuten", grollte diese Yuki an. "Ich habe dir 10 Minuten gegeben, um sein Tattoo zu kaschieren und ihr habt fast eine Stunde gebraucht!" "Es hat eine Weile gedauert, bis wir wieder soweit erholt waren, dass wir laufen konnten", zuckte Yuki unschuldig die Achseln. Anjaani runzelte die Stirn. "Ich bin mir nicht sicher, ob ich wissen will, worum es hier geht." "Ich hab mich abreagieren können", erklärte der Japaner. "In der Garderobe." Er beugte sich zu Inuyasha. Dieser zuckte leicht zusammen. "Danke meiner Freundin", lächelte Yuichi düster. "Sonst wärst du jetzt nicht mehr am Leben." Inuyashas dunkle Augen blitzten. "Danke mir. Sonst hättest du nicht bekommen, was du immer wolltest." "Eigentlich hatte ich es mir anders vorgestellt. Ich hatte sie verführen wollen, nicht umgekehrt." Yuki legte ihr Besteck ab. "Ist das eine Beschwerde?" "Dieu! Nein! Auf gar keinen Fall! Ich liebe das, diese Bestie in dir." Sie lachte leise. "Meine PMS beginnt langsam, die Bestie ist gerade noch im Halbschlaf. Und außerdem machst du mich wahnsinnig, wenn du wütend bist." "Warum?" Er sah sie so unschuldig an. "Weil ich dir vertraue, keine Ahnung. Schau nicht so süß, das macht mich an." "Irgendwie mache ich dich immer an." Sie lächelte. "Richtig erkannt." Er zog sie auf seinen Schoß und sie schlang die Arme um seinen Hals. "Nicht in meiner Wohnung", beschwerte sich Anjaani. "Entschuldige, Schätzchen. Meine Hormone." "Jaja, deine Hormone. Chi-chan, ich hätte schwören können, dass du ausrastest." "Bin ich auch." "Aber jetzt wirkst du wie die Glückseligkeit in Person." "Ich wurde abgelenkt", antwortete er grinsend. "Muss mich von einem Angriff erholen." "Ein Angriff?" "Mich hat ein wildes Raubhäschen angegriffen." "Du wirkst auch völlig ausgelaugt." Anjaani strich ihm durch die Haare, was er so liebte und als sie die Hand an seine Schulter legte, stutzte sie. "Was…? Was ist das?" Mit einem Rück riss sie ihm das T-Shirt über den Kopf. "Oh, du meine Güte! Was ist mit dir passiert?!" "Nee-chan, wenn du mir die Kleider vom Leib reißen willst…" "Yuichi! Was sind das für Verletzungen?" Anjaani war von Grund auf erschüttert. Yuichis Schultern, Brust und Rücken zierten lauter rosa Kratzer, Bisse und Abdrücke. "Ich hab doch gesagt, mich hat ein Raubhäschen angegriffen", lächelte er. "Warst du tollwütig, oder was?", warf die entsetzte Anjaani Yuki vor. "So in etwa", meinte Yuki ungerührt. "Mich macht er an, wenn er so wütend ist." "Beruhige dich, Nee-chan. Mich stört das nicht. Ganz im Gegenteil." "Das ist doch nicht normal!", schrie sie. "Das sind Verletzungen!" "Das geht wieder weg, Aurora", versuchte Aryan zu schlichten. "Das tut zur Hölle nochmal weh!" Aryan war der einzige, der sich von ihr nicht eingeschüchtert zeigte. Er hatte sogar den Mut, nach ihrer bebenden Faust zu greifen. "Nein, Kleines, das hat nichts mit den Verletzungen zu tun, die dir Raj zugefügt hat." Er überlegte kurz. "Wie soll ich ihr das sagen?" Yoko übernahm das für ihn. "Im Lustrausch ist man nicht so schmerzempfindlich. Viele Menschen mögen es dann sogar, wenn es etwas grober wird." Anjaani starrte sie mit ihren dunklen Augen ungläubig an. "Es stimmt", nickte Aryan. "Aber du kannst es nicht nachvollziehen, wenn du es nicht erlebst." "Das ist abartig", flüsterte sie. "Nein. Nicht wenn du diese Person liebst, ihr vertraust. Und dich quasi in der Leidenschaft verlierst." "Du hast das auch!", erschrak sie. Aryan lachte. "Mehr als du zählen kannst. Aurora, es ist schön. Es ist normal." Anjaani setzte sich hin und schloss die Augen. "Ich bin diejenige, die nicht normal ist. Es tut mir leid. Aber ich hatte ein Mal S-Sex. Und diese Verletzungen hätten mich fast umgebracht. Dass der andere sich nicht beherrschen kann, das habe ich nun mal nicht als schön erlebt." "Solche Gewaltaktionen hinterlassen nun einmal Spuren, Aurora. Du verarbeitest dein Trauma bemerkenswert gut." Sie sah ihn skeptisch an. Inuyasha nickte zustimmend. "Frauen, die so was erlebt haben, sind seelisch am Ende. Im besten Fall können sie nur sehr schwer wieder Nähe aufbauen. Aber du bist sehr stark." "Ich?", blieb sie skeptisch. "Yuki ist viel stärker. Sie wurde auch brutal vergewaltigt…" "Und spurlos ging es nicht an mir vorbei", sagte Yuki ernst. "Ich bin nicht stärker, ich habe es nur anders verarbeitet. Bevor Yuichi nicht kam, habe ich Berührungen kaum ertragen. Dass ich während meiner PMS so durchdrehe, ist nichts weiter als eine Traumabewältigung." Anjaani sah sie an. Alle sahen Yuki an. "Und trotzdem hast du so ein blindes Vertrauen in Yuichi. Du hast keine Angst, dass er dir wehtun könnte…" "Aani, das sind keine Schmerzen. Und warum sollte er mir weh tun? Er liebt mich. Es ist, wie du gesagt hast: blindes Vertrauen. Das kennst du. Der da", deutete sie auf Inuyasha, der unschuldig aufsah. "Du hast oft genug erlebt, wie gefährlich er ist, sogar am eigenen Leib. Und dennoch fürchtest du dich weder vor seinen Krallen, noch vor diesen Zähnen. Du magst es sogar-" "Schluss!", rief Anjaani plötzlich wütend. "Aani, ich wollte nur-" "Ich will es aber nicht hören!" Yuki hatte eine Grenze überschritten. Zornig sprang Anjaani auf. "Hör sofort auf! Das Thema ist beendet! Kein weiteres Wort mehr! Yuichi, zieh dich wieder an!" "Du hast mich doch ausgezogen..." Sie warf ihm das Shirt gegen den Kopf. "Zieh dich an und esst jetzt! Sofort!" Alle zuckten unter ihrem zornigen Blick zusammen. Das Essen verlief schweigend. Bis Anjaani seufzte. "Es tut mir leid." Die Gruppe sah sie an. "Ich bin erst am Anfang", erklärte sie mit Blick auf ihren Teller. "Dieses ganze gröbere und unkontrollierte, das ist eine höhere Stufe." "Und du hattest nicht einmal das vorsichtige und zärtliche", begriff Yuichi. "Du musst erst einmal normale Berührungen bekommen, überhaupt Zärtlichkeit und Nähe, bevor du zum nächsten Schritt kommst." "Danke, dass du das verstehst. Und danke, dass du mir Inuyasha heil gelassen hast." "Nur dieses eine Mal", versicherte Yuichi düster. Inuyasha wandte den Kopf ab. "Es tut mir wirklich leid", sagte er und hob seine Hand. Gewöhnlich, ungefährlich, ohne Krallen. "Ich gewöhne mir an, dass meine Krallen stumpf werden, wenn eine der Drillinge mich berührt. Wie bei Anjaani. Versprochen." "Danke, Saajan." Anjaani nahm seine Hand und schmiegte sich an seinen Arm. Sein Gesicht entspannte sich sofort, wenn sie ihn so ansah. "Bitte versprich mir, nie wieder zu versuchen, meinen Arbeitgeber umzubringen. Bitte." "Das ist ein blödes Versprechen." Er schmollte. Es war unfassbar für Yoko. Wie konnte diese reißende Bestie plötzlich so harmlos sein? Sie wusste, wäre Anjaani nicht da gewesen, hätte sie Inuyashas Klauen nicht überlebt. Doch so süß, wie er Anjaani gerade ansah… "Nein, das ist mir ernst." Automatisch griff Anjaanis Hand an die Stelle, wo für gewöhnlich seine Ohren waren und kraulte sein schwarzes Haar. Inuyasha war im siebten Himmel. Wie hätte er je auch nur daran denken können, zu widersprechen, wenn sie ihn so ansah? Alles würde er tun, solange sie ihm den Kopf kraulte. Was gäbe er jetzt dafür, dass er seine Hundeohren hätte! Anjaani vergrub die Hand zärtlich in seinem Haar und lehnte die Stirn an seine Wange. Sie schienen die restlichen Anwesenden vergessen zu haben. "Versprich es mir, Saajan." "Warum?", maulte Inuyasha. "Dann habe ich keine Arbeit mehr und du musst dich von Karotten ernähren." Er zuckte erschrocken zusammen. "Was?! Okay, okay! Ich verspreche es!" "Du könntest statt Tänzerin auch als Dompteuse arbeiten", lächelte Yuki. Inuyasha sah sie stechend an. Ein Knurren schwoll in seiner Kehle an. "Ganz im Ernst", lachte Aryan. "Ich habe auch überlegt, sie als Dämonen-Zähmerin einzustellen." "Mach dich nicht über mich lustig!" "Inuyasha stellt seinen Willen hinter meinen", verteidigte ihn Anjaani. "Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Außerdem", zeigte sie auf ihre Brüder. "Wann habt ihr je widersprochen, wenn Yami oder Yuki euch um etwas gebeten haben?" Aryan seufzte. "Bei Yami endet mein freier Wille", gab er zu. "Wo bleibt sie eigentlich so lange?", wunderte sich Yuichi. "Sie muss wegen Yoko Überstunden machen", erklärte Yuki. "Wenn sie denn arbeiten würde", murrte Yoko angesäuert. "Ich brauche Julias Sterbemelodie dringend. Und sie? Sie ist zu glücklich, um das zu komponieren!" "Aber echt", stimmte Yuki in ihren Tonfall ein. "Glücklich sein! Wie kann sie nur?" Yokos Blick verdüsterte sich. "Darf ich dich daran erinnern, wie du die letzten 5 Jahre drauf gewesen bist?" Yuichi horchte auf. "Oh, woran mag das gelegen haben?" Yuki tat, als würde sie nachdenken. "Ah ja, es fällt mir wieder ein! Ich bin mein komplettes Leben lang unglücklich verliebt gewesen. Mein Bruder ist an meinem Geburtstag umgekommen und zu allem Überfluss hat man mir brutal die Unschuld genommen. Na, wenn das nicht Gründe zur Freude sind!" Die Schwestern starrten sich an. "Tut mir leid für deine Durststrecke. Dafür kann ich nichts und Yami auch nichts. Du bist die einzige, die etwas daran ändern kann." Yoko senkte den Blick. "Ich habe es doch versucht. Er will nicht einmal mit mir reden." "Du und deine Worte", verlor Yuki die Nerven. "Es wird Zeit für Taten! Pack ihn dir, verdreh ihm den Kopf, dass er an gar nichts anderes mehr denken kann, als an dich. Er ist total versessen auf dich. Ich merke wie er mich ansieht, wenn er dich in mir erkennt. Würde ich mich wie du benehmen, hätte er ein Problem." "Ach, echt?", hob Yuichi die Brauen. "Ja", lächelte sie ihn an. "Ein Problem mit dir." "Das hat er so oder so. Wegen ihm ist Yoko fast drauf gegangen. Das büßt er mir bitter." "Bitte nicht", mischte sich jetzt Aryan ein. "Ich bin bald eine komplette Woche weg. Ich habe keine Ruhe, wenn ich befürchten muss, dass ihr euch nicht benehmt." "Das ist nicht dein Problem", winkte Yuichi ab. "Aber deines, wenn du Yami ihren Urlaub vermasselst." Yuichi wurde sichtlich bleich und Inuyasha schüttelte den Kopf. "Ich bin hier der Dämon, aber die grüne Nervensäge ist definitiv am gefährlichsten." "Momentan nicht", sagte Anjaani. "Ihr geht es nicht gut." Aryan sah sie an und sie nahm die Hand des Generals. "Sie kämpft immer alleine an der Front. Aber auch ihr wird es mal zu viel. Aryan-nii, ich habe das Gefühl, sie braucht dich jetzt." Und weg war Aryan. Yoko starrte ihm verzweifelt hinterher. Er würde den Abend mit seiner Liebsten verbringen. Inuyasha bot ebenfalls keinen Schutz. Was blieb ihr noch für eine Wahl? "Yui-nii-san?" Yuichi drehte sich mit blau schimmernden Augen zu ihr um. Yokos Hand schlüpfte in seine. Sie sah ihn an mit ihren runden, unschuldigen Augen. "Ich wollte dich fragen, ob… Naja, Inuyasha ist jetzt menschlich und ich will nicht alleine in meiner Wohnung sein. Darf ich bei dir übernachten?" Er drückte sie brüderlich an sich. Sie hatte zwar dasselbe Gesicht und die gleiche Stimme, wie Yuki, aber sie war nicht Yuki. Sondern seine kleine Schwester. "Natürlich darfst du das. Ich beschütze dich vor Romeo." "Danke, Yui-chan. Hast du ein Nachthemd?" "Non, Yukis sind alle kaputt. Du kriegst was von mir." Er führte die Schwestern hinaus. "Aha, ihr gibst du was! Warum darf ich eigentlich nie was von dir anziehen?" "Weil ich dich nackt am liebsten habe", hörte Anjaani noch, bevor sie die Tür schloss. Und bekam einen Herzstillstand, als sie sich umdrehte und Inuyasha direkt hinter ihr stand. Das lautlose Anschleichen hatte wohl nichts mit seinem Dämonenblut zu tun. "Inuyasha! Lass das!" Doch in Inuyashas Gesicht hatten sich Schatten geschlichen. "Mein Handy…" Seine Augen waren dunkel, fast schwarz. "Aryan muss in den Dienst. Ein dringender Notfall." "Er hat andere Dämonenjäger, du bist nicht der einzige", lächelte sie und strich ihm durch die schwarzen Strähnen. "Aber du bist sein wertvollster Kämpfer. Fühl dich bitte nicht nutzlos." "Ich kann nichts machen", gab er zu. "Was bin ich wert, so schwach?" Er warf das wertlose Tessaiga gegen das Sofa. "Warum solltest du mit deinen Kräften wertvoller sein? Du bist immer noch Inuyasha. Das schönste auf der Welt." Und etwas in seinem Gesicht veränderte sich. Es ließ ihre Augen schlagartig golden werden und ihren Atem stocken, bevor er zu Rauschen begann. Nein, für Anjaani hatte er ich nicht verändert. "Lass uns raus gehen", bat sie atemlos. "Ich würde mir gerne die Sterne anschauen." "In den Park? Da würde ich auch gerne hin", gab er zu. Sie würde alles für ihn tun, doch was tat er für sie? Er war eindeutig nicht gut genug für sie. Warum liebte sie ihn? Sie hatte als Kind solche Erwartungen in ihn gehabt. Hatte er eine davon erfüllt? Und dennoch liebte sie ihn. Ohne Bedingungen. Gott, er war ihrer so unwürdig! "Woher kommen diese Schuldgefühle, Saajan?" Sie sah ihn an mit ihren tiefen, alles durchdringenden, warmen Augen. Und menschlich war er ihrem natürlichen Zauber noch hilfloser ausgeliefert. "Ich wünschte, ich könnte der sein, den du dir wünschst", sagte er, bevor er es verhindern konnte. Anjaani runzelte verwirrt die Stirn. "Du bist, was ich mir wünsche." Gut, sie hatte es falsch verstanden. Sie bezog seine Aussage auf seine Dämonenkräfte. "Saajan, niemand zwingt dich, meine Gefühle zu erwidern. Und ich erwarte es nicht, das würde ich niemals. Ich bin einfach nur glücklich, dass du bei mir bist." Okay, sie hatte es nicht falsch verstanden. "Saajan, willst du wirklich noch raus?", wechselte sie das Thema. "Du bist total erschöpft." Er wollte etwas mit ihr unternehmen. "Nur eine Stunde", verlangte er. "Ich will es genießen, gerade keine Verpflichtung zu haben. Lass uns irgendwo hingehen, wo es still ist. Menschliche Ohren sind ein Segen." "Ich frage mich wirklich, wie du das aushältst. Mich hat dein Gehört verrückt gemacht." Sie packte einige Sachen in ihren Rucksack und schloss die Haustüre. "Was für eine Abwechslung, mal das Treppenhaus zu nehmen!" "Was hast du eingepackt, Anjaani?" "Jetzt hättest du wohl gerne deine Dämonensinne?" "Kekse", riet er, konnte aber nichts erschnuppern. Er nahm ihr den Rucksack ab. "Lass ihn mir, Saajan, so kann ich doch nicht auf deinen Rücken- oh ups!" Er sah sie vorwurfsvoll an und sie reichte ihm den Rucksack. "Tut mir leid, du bist nun mal so selten menschlich. Ich-" Ihre Worte gingen in anzüglichen Bemerkungen einer Gruppe junger Männer unter. Sie hätte einen Sari anziehen sollen! Aber in Shorts hatte sie so viel Bewegungsfreiheit. Doch plötzlich bemerkte sie all die Blicke, die ihr galten und sie fühlte sich so ausgeliefert. "Warum immer ich? Was ist so besonders an mir?" Weil sie das schönste Lebewesen dieses Planeten war. Doch Inuyasha sagte nichts. Sein Blick fiel auf ihre Hand. Würde es sie stören, wenn er sie hielt? Sie hatte doch zugegeben, wie sehr sie sich das wünschte. Aryan hatte ständig den Arm um sie gelegt und darauf bildete sie sich auch nichts ein. "Inuyasha?" Er schreckte auf. "Dir schauen viel mehr Menschen nach, als mir", bemerkte sie. "Da! Die Frau ist völlig hingerissen. Ich kann sie verstehen. Inuyasha, sie ist wunderschön!" "Interessiert mich nicht." "Doch nicht wegen mir? Du darfst doch schauen, Saajan. Oder ist sie nicht dein Typ? Hast du einen bevorzugten Typ?" Jetzt ja. "Nein", sagte er. "Hast du denn ein Beuteschema?" Sie lachte. "Wirklich? Das fragst du noch?" "Hat dir denn nie ein Typ gefallen? Wenigstens kurz deine Aufmerksamkeit erregt?" "Da klingt so oberflächlich…" "Der erste Eindruck ist oberflächlich." "Mir gefallen sonnenfarbene Augen. Genau wie deine. Aber diese da, diese dunkeln Augen, die finde ich genauso schön. Du bist generell besonders." Sie strahlte ihn an. "Weißt du, wie gut du mit kurzen Haaren aussehen würdest? Ich habe so oft davon geträumt…" Ihr Atem versagte kurz, weil er ihre Hand ergriffen hatte. Sanft und fest verschränkten sich seine Finger mit ihren. Sie blickte auf ihre Hände, wie um sich zu vergewissern, das dies wirklich geschah, dann sah sie zu ihm hoch mit ihren unschuldigen, goldenen Augen, Überraschung und Freude im Gesicht. Es fühlte sich wirklich schön an, einfach nur richtig. "Wovon hast du oft geträumt?", wollte er ungerührt wissen. Sie musste kurz überlegen. Er spürte, wie seine Berührung sie aufwühlte. Ihm erging es nicht anders. Ihre Handfläche an seiner war wie mit elektrischer Energie geladen. "Ich träume oft von dir", lächelte sie. "Eigentlich fast ausschließlich. So alltägliche Dinge. Wie wir Geschirr spülen, gemeinsam kochen, oder spazieren gehen. Hand in Hand. Es ist wirklich schön. So viel schöner als bei Aryan oder Jérémy", flüsterte sie. "Aber du siehst anders aus. Du hast kurze Haare." "Seltsam. Genau wie Raj", bemerkte er kühl. "Nein, doch nicht so kurz!", rief sie aus. "Eher wie Aryan, nur weiß. Und sie kräuseln sich bei dir im Nacken." "Das wird nie passieren", betonte er. "Ich speichere Energie in meinen Haaren, das habe ich dir schon einmal erklärt." "Das war ja auch nur ein Traum", lachte Anjaani. "Träume erfüllen sich nicht immer. Aber manchmal. Danke." Stumm genoss sie das Händchenhalten. Der Himmel war pechschwarz, sternenklar. An Neumond fror Anjaani nicht wie üblich. Sie setzten sich auf den Steg am See, ließen die bloßen Füße im Wasser baumeln. Unter ihren das sanft plätschernde Nass, über ihnen das endlose Sternenmeer. Es war wie in einem Traum. Sonst empfand Anjaani die Dunkelheit nicht als solch eine Wonne. Aber in seiner Nähre war ihr Angst fremd. Sie rückte näher zu ihm, ohne ihn zu berühren. Das war auch nicht nötig. Seine Haut strahlte so eine intensive Wärme ab, dass sie genug abbekam. Und Inuyasha? Der war völlig entspannt. So in freier Wildbahn, ausgeliefert und schutzlos ohne seine Klauen, Ohren und Geruchssinn. Aber bei ihr fühlte er sich einfach wohl. Und er war sich sicher, sie würde Gefahr rechtzeitig spüren. So sehr vertraute er ihr. Und sie? Hasste sie nicht solch dunklen Nächte? "Geht es dir gut?", fragte er. Sie sah ihn an, sichtlich erleichtert, dass seine Augen nicht glühten. "Ich habe keine Angst im Dunkeln, wenn du bei mir bist." "Obwohl ich dich nicht beschützen kann?" "Was hat das damit zu tun? Es macht für mich keinen Unterschied, ob du ein Dämon oder ein Mensch bist. Ich fühle mich einfach immer wohl bei dir." Er hörte in ihrer Stimme, dass sie lächelte, ihr Gesicht sah er leider kaum. "Außerdem bist du immer noch um einiges stärker als ich. Und mir gefällt die Tatsache irgendwie, dass du mir gerade nicht himmelhoch überlegen bist." Er lachte leise. Wann war er ihr je überlegen gewesen? Sie hatte ihn doch vom ersten Moment an in der Hand gehabt. Und sie hatte die Macht über ihn. Ein Blick allein zähmte ihn. Wenn er doch nur ihr Gesicht sehen könnte. "Ich mache Licht, Saajan", sagte sie plötzlich. Sie hielt die geöffnete Handfläche flach gen Himmel. "Wie? Du machst Licht? Wovon re… dest… du..?" Ihre Handfläche begann in diesem bekannten, warmen, goldenen Licht zu glühen. Sie ballte die Faust und öffnete sie langsam. Aus ihrer Hand wuchs eine Kugel, die einen bezaubernden goldenen Schein verbreitete. Sie schwebte über ihren Köpfen. "Gebündelte Energie", erklärte Anjaani. "Je nach meiner Laune strahlt es heller oder schwächer. Und wenn ich negative Energie ausstrahle, erlischt sie. Ist ein süßer kleiner Trick, den mir Aryan beigebracht hat." Er war sprachlos und blickte in ihr wunderschönes Gesicht. Ihre Augen waren so golden wie der kleine schimmernde Ball über ihnen. "Eine kleine Sonne", murmelte er. Anjaani erleuchtete jede Dunkelheit. "Oh, das ist ein viel poetischerer Ausdruck." Aber sie hatte ihre Sonne direkt neben sich sitzen. "Mit unserer kleinen Sonne können wir besser essen, Saajan." "Essen?!" Er erwachte aus seiner Starre. Das Wasser spritzte, als er die Füße aus dem Wasser riss und sich zu ihr beugte. Sie zuckte zurück, fiel nach hinten auf ihre Ellenbogen. "Saajan, lass das! Du machst mich ganz…" Er war so nah über sie gebeugt und schlagartig erfasste sie brennende Hitze. "… feucht." Ihre Stimme versagte mit ihrem Atem, als sein Duft ein Kribbeln auslöste, das ihren ganzen Körper überfiel. Er sah an ihr vorbei zum Rucksack. "Was hast du eingepackt? Kekse? Kuchen? Oh, Waffeln wären jetzt gut! Anjaani?" Als sie nicht antwortete, sah er sie an. Und als er in ihre goldenen Augen sah, bemerkte er erst wie nah er ihr war, über sie gebeugt auf allen Vieren. Instinktiv stützte er sich auf die Ellenbogen ab, um ihr näher zu sein. Es war der Verführer in ihm. Der Dämon hätte sich jetzt auf sie gestürzt, denn das Hämmern ihres Herzens und das Rasen ihres Pulses hätten ihm den Rest gegeben. Sie lag unter ihm, die Hände an seiner Brust, keine Kraft, ihn wegzudrücken, wenige Zentimeter trennten ihre Lippen. Ihr Brustkorb hob sich ruckartig, füllte sich mit Luft. "Geh bitte runter von mir", hauchte sie mit schwacher Stimme. Ihre Unterlippe bebte vor Verlangen nach… "Du kriegst ja, was du willst." Er wusste, was er jetzt wollte. Es war das selbe, wonach ihre sprühenden Augen verlangten. Er konnte sich nicht erinnern, sich je dermaßen nach einem Kuss gesehnt zu haben. Ihre Hände glitten von ihm, neben ihren Kopf. Eine Unterwerfungsgeste. Endlich schaltete dich sein Verstand ein. Der einzige Teil an ihm, der ihn daran hinderte, sie auszunutzen. "Was hast du eingepackt?" Es kostete ihn all seine Selbstbeherrschung, sich aufzusetzen. Doch die unerträgliche Hitze blieb. Sie hatte sich von ihm abgewandt, ihrem Rucksack zu. Und doch wusste er, dass sich eine Hand über ihrem rasenden Herzen zusammenkrallte. Anjaani kramte etwas fahrig im Rucksack herum. Sie verging vor Hitze, ihre Haut kribbelte, ihr Brustkorb war zu eng zum Atmen und in ihrem Bauch und den südlicheren Regionen hatte sich ein Gefühl eingeschlichen, das noch nie jemand in ihr ausgelöst hatte. Zwischen ihren Beinen schien es zu pochen. Eine seltsame Hitze brannte, ein Ziehen, süßer Schmerz. Und dieses Gefühl, dieses Vergehen, machte sie verrückt. Sie wollte ihn! Er ließ sie vergehen, ohne sie überhaupt berührt zu haben. Sie holte einige Glasboxen heraus, auf ihre ruhige Atmung konzentriert. "Apfelmus", freute er sich, als sie die erste Box öffnete. Wäre heute kein Neumond, würden seine Ohren zucken. "Waffeln! Oh, Anjaani!" Er zog sie in eine heftige Umarmung. "Du bist die beste!" Er riss die dritte Dose auf und freute sich über die Himbeeren. Wenn sein Magen regierte, war er ungefährlich. "Wegen dir werde ich noch fett", beschwerte er sich mit vollem Mund. Sie lehnte sich gegen seinen Arm, spielte mit der kleinen Sonne. "So viel wie du dich bewegst, brauchst du Energie. Erschöpft dich denn irgend etwas?" Er sah sie an, der Widerschein der kleinen Sonne glühte in seinen Augen. Einmal war er erschöpft gewesen. In einer Neumondmacht wie dieser, Monate zuvor. Anjaani hatte ihn erschöpft. Sie hatte ihn überwältigt und ihm jedes Funkens Energie beraubt. Er verbot sich, daran zurückzudenken, denn sie würde das spüren. "Ich kann gar nicht erschöpft sein, wenn du dich so um mich kümmerst", sagte er stattdessen. Sie sah ihn an, nachdenklich. "Was? Was ist los?" "Manchmal habe ich Angst", gestand sie. "Vor mir?!" "Nein, natürlich nicht! Warum sollte ich? Aber… ich frage mich oft… ob du bei mir bist, weil du es musst, oder weil du es willst." Er sah sie verdattert an. Dachte sie, er war nur bei ihr, weil er keine andere Wahl hatte? "Hundedämonen sind keine Rudeltiere", erklärte sie. "Menschen schon und ich bin zur Hälte einer." "Oh", sie geriet etwas aus dem Konzept. "Aber du könntest frei sein, ungebunden. Eine eigene riesige Wohnung mit Köchin, Frauen so viel du willst…" "Ich will das aber nicht." Vor allem wollte er keine andere Frau. "Ich bin nicht bei dir, weil ich mich verpflichtet fühle, oder weil ich sonst ein schlechtes Gewissen hätte." "Aber die Drillinge und Yuichi und… oh…" Der Ausdruck seiner braunen Augen überwältige sie. "Ich war einmal alleine gewesen", erinnerte er sie. "Ich war frei gewesen, ungebunden, wie du sagtest. Und es war nicht schön gewesen. Ich hatte dich vermisst. Anjaani, ich freue mich jeden Tag darauf nach Hause zu kommen." Sie war überwältigt. "Ich bin nur bei dir, weil ich es möchte. Weil du meine beste Freundin bist. Ich will nicht mehr alleine sein. Ich weiß nicht einmal mehr, wann das gewesen war, dass ich gegangen bin." "Der 7. April", sagte sie. "Führst du Buch?" "Nein", kicherte sie. "Es war mein Geburtstag gewesen. Deshalb weiß ich es." Ihm fiel die Waffel aus der Hand. "DEIN GEBURTSTAG?!", schrie er. "Ja. Meinen 20sten Geburtstag werde ich nie vergessen. Jetzt beruhige dich. Was hätte es geändert, wenn du das gewusst hättest?" Er war entsetzt. Er hatte ihr den schlimmsten Geburtstag bereitet, den man sich vorstellen konnte! "Saajan, es war ein Tag wie jeder andere auch." Sie griff tröstend nach seiner Schulter. "Ich war immer alleine an meinem Geburtstag. Die Drillinge machten mir den Tag schön. Doch abends war ich allein." "Dieser… dieser Verräter hat nicht mit dir gefeiert?!" "Er meinte es sei Geschenk genug, dass wir wie ein verheiratetes Paar zusammen lebten, ohne dass ich meine Pflichten als Ehefrau erfüllen müsste", sagte sie, als verstünde sich das von selbst. Inuyasha war entsetzt. Er war nicht besser als Raj. Ganz im Gegenteil. Er war schlimmer! "Saajan, du bist bei mir. Glücklicher kann ich nicht sein." Sie legte die Hand an seine Wange, zog ihn zu sich. Und intuitiv küsste er sie. Es war ein so sachter Kuss auf die Wange, dass er vorbei war, bevor sie ihn spüren konnte. Doch er änderte etwas. Sie sahen sich an, seine Augen glühten, ihre Lippen bebten. Das Prickeln erfasste sie gnadenlos. Und alles war ihr egal. Sie wollte es und sie würde es sich holen! Sie vergrub die Hände in seinem Haar und überwältigte seine Lippen. Ein Blitz schien in Funken zu explodieren. Ein raues Stöhnen entwich ihm, als sein Verstand von diesem Blitz ausgelöscht wurde. Er riss sie an sich, fest an seine Brust und Körper und Seelen verschmolzen. Inuyashas verlangender Kuss ließ ein flammendes Inferno ausbrechen, entflammte ihre Haut, ihr Blut und ließ ihr ganzes Sein auflodern. Ihre Lippen öffneten sich seinem brennenden Mund und Inuyasha verlor seine Beherrschung. Die Lust brach aus wie ein Vulkan, verheerend, alles zerstörend, alles vernichtend, bis auf die gleißende Begierde. Sie explodierte in Anjaanis ganzem Sein. Und in dem Moment zerbarst die Sonnenkugel. Inuyasha wurde von ihr fort gerissen, das Licht war so grell, das es schmerzte. Verzweifelt rieb er sich die Augen. Er konnte rein gar nichts sehen. Sein Herz schlug wie ein Presslufthammer, sein Blut rauschte laut in seinen Ohren und er sammelte seine Stimme. "Anjaani!" Sie reagierte nicht und Panik erfasste ihn. "Anjaani!" Er berührte ihre Hand. Langsam besserte sich sein Sichtfeld. Er zog sie an sich, mit dem letzten Rest an Kraft, den er besaß. Sein Körper zitterte, noch mitgenommen von der ungezügelten Lust, die zwischen ihnen ausgebrochen war. Anjaani stöhnte vor Schmerz. "Inuyasha?" Sie riss die sprühend goldenen Augen auf, doch ihre Pupillen waren zusammengezogen und winzig. "Inuyasha! Ich sehe nichts!" "Alles ist gut, die Sonne hat dich geblendet." "Ich muss zu Aryan", rief sie. "Bitte, ruf Aryan!" "Beruhige dich. Das wird bestimmt gleich wieder." Sein Blut war in Aufruhr, er schaffte es nicht, sich zu entspannen. In ihm tobte das Feuer. "Du verstehst nicht! Mit mir stimmt etwas nicht!" Hilflos und blind blickte sie um sich, ihr Körper bebte noch von den Nachwirkungen seines Kusses. "Inuyasha, mir ist plötzlich so heiß!" "Anjaani, mir auch. Das ist normal." Ihm war selber unerträglich warm. "Das ist nicht normal! Ruf Aryan! Wir reden miteinander und plötzlich fühle ich mich so!" "Was, reden?! Erinnerst du dich nicht?" "Woran?" Sie hatte Angst. "Inuyasha, mein Körper verbrennt. Mein Herz rast. Ich kriege keine Luft!" Sie rieb sich heftig über die Lippen. Ihre Lippen, die von seinem Kuss geschwollen waren. "Mein Mund brennt. Warum zieht mein Unterleib so? Was hat diese Kugel gemacht? Warum fühle ich mich so?" "Das wird bestimmt gleich wieder", seufzte er und schimpfte sich einen jämmerlichen Feigling. Er selber war innerlich ebenso in Aufruhr. "Ich weiß nur noch…" Sie errötete. "Du hast mir dieses Küsschen auf die Wange gegeben. Ich war so glücklich. Und dann ist es passiert…" "Anscheinend warst du etwas zu glücklich." Er mühte sich neutral zu klingen. "Sieh zu, dass das nicht mehr passiert." "Es tut mir so leid, Saajan. Ich mache dir nur Ärger." "Das habe ich so nicht gemeint." Sein schlechtes Gewissen schlug zu. Anjaani setzte sich in Bewegung, erschöpft und ausgelaugt. "Komm, stütz dich auf mich." "Bitte nicht, Saajan, du tust schon zu viel für mich. Und ich tue nichts für dich." Dies waren die Worte, die etwas in ihm auslösten und den letzten Rest Zweifel vernichteten. Inuyasha hatte einen Entschluss gefasst, an dem würde nichts rütteln können. Es war Zeit, ihr etwas zurückzugeben. Er war an der Reihe, ihr das Glück zurückzugeben, was er tagtäglich von ihr bekam. Und zwar so viel, dass es auch die Zeit überdauern würde, wenn er sie längst verlassen hatte. Yuki putzte sich gerade die Zähne, als ihr Handy klingelte. Yuichi richtete gerade Yokos Nachtlager, todmüde, mehr schlafend als wach. "Mach das Ding aus, s'il te plait. Heute Nacht will ich schlafen." Yoko reichte ihrer Schwester das Mobiltelefon. "Es ist Inuyasha." Yuki riss es an ihr Ohr. "Inuyasha! Was ist los? Ist mit Aani alles in Ordnung?" Sie runzelte die Stirn. "Und was ist dann los?" Ihr Körper spannte sich an. "Jetzt? Weißt du wieviel Uhr es ist? Was kann denn so wichtig sein, dass es nicht bis morgen warten kann?" "Warum ruft er Yuki an?", wunderte sich Yoko. "Das wüsste ich auch gerne. Schönheit, was ist los?" Yuki ignorierte ihn. "Inuyasha, das muss bis morgen warten. Himmel, Herrgott, ich treffe mich nicht mit dir!" Yuichi fiel fast über ein Kissen. "Inuyasha, leg dir wirklich ein Sexleben zu, du musst dringend Energie loswerden." Und ihr fiel beinahe das Handy aus der Hand. "Fast?! Was heißt fast?!" Yuki kreischte auf: "Ihr habt WAS getan?! Ernsthaft?!" Aufgeregt wuselten sie in die Küche und schlug die Türe hinter sich zu. Yoko und Yuichi blieben völlig konfus zurück. Kapitel 32: Prügelpartner ------------------------- "Endlich", stöhnte Yuichi auf, als sie am nächsten Morgen vor Anjaanis Wohnung ankamen. "Ich platze vor Neugier!" Yoko und Yuki sahen ihn an, beide denselben warnenden Ausdruck in den Augen. "Du bist ruhig. Kein Wort", drohte Yuki. "Er hat sich mir anvertraut, nicht dir. Ich werde jetzt garantiert nicht sein Vertrauen missbrauchen und mir in Ruhe anhören, was er zu sagen hat." "Außerdem soll Aani davon nichts mitbekommen. Benimm dich bitte Yui-kun." "Nee-chan war doch dabei, was auch immer er gestern mit ihr gemacht hat." "Und sie ist auch so offenherzig in solchen Dingen", spukte Yuki sarkastisch aus. "Besonders wenn es um sie geht." "Ich bin ja brav." Das bezweifelten die Schwestern. Überschwänglich betrat die blauäugige Frohnatur die kleine Küche. Anjaani stand gerade am Herd. "Na, Onee-chan. Wie geht es meinem bösen Mädchen heute?" Inuyashas Kopf wurde rot, Anjaani fiel der Kochlöffel aus der Hand und die Drillinge schlugen sich die Hände vors Gesicht. Yami, die halb schlafend auf Aryans Schoß saß, schreckte auf. "Was habe ich verpasst?" "Woher weißt du davon?", war Anjaani überrascht und deutete vorwurfsvoll auf den immer noch menschlichen Inuyasha. "Hast du es ihm erzählt?" "Ich sehe dir an, wie ungezogen du warst. Brauchst es gar nicht zu leugnen." Röte stieg in Anjaanis Wangen. "Ich hab das doch gar nicht gewollt, Chi-chan." "Das sagen sie alle", winkte er ab. Und sie schüttelte die dunklen Locken. "Wirklich. Ich habe nichts getan. Es ist einfach explodiert." Jetzt starrten sie alle an und Inuyasha vergrub das Gesicht in den Händen. "Anjaani, bitte", stöhnte er gequält. "Erklär denen, was du meinst." "Wie kann man das denn falsch verstehen?", war sie irritiert. "Es ist meine Schuld, dass es explodiert ist." Sie blickte in sprachlose Gesichter. "Aber sonst ist nichts passiert. Außer, dass ich danach völlig erledigt war. Ich habe geschlafen, als wäre ich im Koma gewesen." Inuyasha verzweifelte. "Anjaani, du machst es nur schlimmer!" "Müssen wir ihr jetzt gratulieren, oder nicht", war Yuichi sich unsicher und Anjaanis Lächeln verblasste. "Gratulieren? Dafür, dass ich mich nichtunter Kontrolle hatte? Das hätte nie passieren dürfen, ich war völlig unvorbereitet. Den armen Inuyasha hat's fast genauso stark erwischt wie mich." Inuyashas Gesicht hatte mittlerweile die Farbe vollreifer Himbeeren angenommen. "Das war allein meine Schuld. Ich war dumm und unvorsichtig. Aryan-nii wäre enttäuscht von mir." "Bin ich nicht", versicherte ihr Aryan beruhigend, die Wange an Yamis Scheitel geschmiegt. "Ich hätte dich vorwarnen sollen, aber mir selber ist das noch nie passiert." "Okay, jetzt weiß ich, dass wir sie falsch verstehen", grinste Yami. "Aani, wovon redest du?" "Von meiner kleinen Energiekugel", war Anjaani überrascht. Sie dachte, alle wüssten, wovon sie redete. "Sie hat uns gestern am See Licht gespendet, ist aber plötzlich explodiert. Was dachtet ihr denn, wovon ich rede?" Inuyasha stieß ein warnendes Knurren aus, als sich ein dreckiges Grinsen auf Yuichis Gesicht breit machte. "Ich ziehe die Frage zurück!", deutete sie Yuichis Mimik korrekt. "Du bist unmöglich! Weißt du das?" "Du bist diejenige, die gesagt hat…" "Schluss mit dem Scheiß! Das Thema ist beendet! Halt die Schnauze, Yamada!" Inuyashas Blick war eindringlich, doch Yuichi sah ihn herausfordernd an. "Was, wenn nicht?" "Dann schmeiße ich dich hier raus!" Yuichis Stimme war trügerisch sanft, aber seine Augen wurden heller. "Nur zu. Versuche es, solange du menschlich bist." Anjaani, Yuki und Yoko erstarrten in ihren Tätigkeiten und blickten den Japaner an. Den ernsten, überlegenen und plötzlich um einiges männlicheren Japaner. Inuyasha erhob sich. "Dich packe ich locker, Plagegeist!" Yuichi lächelte, seine Stimme wurde dunkler. Und die Selbstsicherheit, die er plötzlich ausstrahlte, war einschüchternd. "Ich zeige dir gerne, wie sehr du dich irrst. Los, trau dich." "Hinsetzen, beide", wies Yami sie unbeeindruckt zurecht. "Inuyasha, hör auf ihn zu reizen, du wirst das bitter bereuen. Und du!" Yuichi sah sie unschuldig an. "Du hast Prügelverbot, soweit ich das weiß." "Er hat angefangen", schmollte der Schauspieler. "Hab ich nicht", schmollte der Dämonenjäger. "Du lässt Inuyasha in Ruhe, solange er menschlich ist." "Meine Meinung!", nickte Inuyasha zustimmend. "Ich bin nämlich die einzige, die ihn verprügeln darf." "Genau! Warte, was?" "Wir wissen alle, wie brutal du sein kannst, beweisen musst du es nicht. Vor allem nicht jetzt an diesem Schwächling." "Hey!" "Ruhe, ich helfe dir nur. Du setzt dich wieder hin, Yuichi und hörst auf, so viel Testosteron zu versprühen. Yoko wird sonst den ganzen Tag nicht zu gebrauchen sein." Yuichi blickte sich irritiert um. Yoko starrte ihn an, ein Ausdruck in den Augen, den er absolut nicht deuten konnte. "Mach das noch mal", hauchte sie. "Testosteron versprühen?", war er verwirrt. "Das ist, wonach ich so verzweifelt suche", ließ sie sich nicht beirren. "Diese Stimmlage. Setzt sie nochmal ein." Er war überfordert. "Welche denn?" "Meinst du, wenn sein Tenor sich einem Bariton nähert?" Doch Yami wurde ratlos angesehen. "Es gibt fünf Stimmlagen. Die höchste ist Sopran, dann Alt, Tenor, Bariton und am tiefsten ist der Bass. Yuichi ist ein Tenor. Die beiden", deutete sie auf die Dämonenjäger, "sind Bariton. Wobei der Flohsack nahe einem Bass ist. Wenn Yuichis Stimme dunkler wird, nähert sie sich einem Bariton." "Taten, nicht Worte", verlangte Yuki kurz und knapp. Also räusperte sich Yami und tat, was Yuichi so hasste. Und sie tat es viel zu gut. "Das ist es!", begeisterte sich Yoko. "Fantastisch! Das klingt ja besser, als bei Yuichi." "Glückwunsch, Küken", strahlte Yuichi. "Du bist offiziell die männlichere Version von mir." "Blödsinn, du hast doch gerade auch so geredet! Das ist die Stimmlage, die du als Romeo nicht hinbekommst. Genau die habe ich immer gemeint!" "Das ist dieselbe Tonlage, die Zuma drauf hat, wenn er sich jemandem überlegen fühlt", begriff Anjaani. "Dann lass Akira den Romeo spielen, wenn er so viel besser ist", wandte sich Yuichi beleidigt seinem Frühstück zu. "Zuma singt aber nicht so schön wie du. Wir müssen dich nur etwas provozieren…" "Nein", widersprach Yuki. "Das halte ich nicht nochmal aus. Jetzt wissen wir ja, welche Stimme du willst. Oder Yami synchronisiert ihn." "Das ist eine tolle Idee!", rief Yuichi begeistert. "Lassen wir doch meine kleine Schwester für mich übernehmen, wenn ich nicht männlich genug bin. Es ist ja nicht so, dass mein Ego dadurch zertrümmert wird." "Keine Sorge, das wird gar nicht möglich sein", meinte Aryan sanft. "Yami ist die ganze Woche mit mir im Urlaub." Yuichi sah ihn an. "Das wird nicht passieren, wenn sie davor an Übermüdung stirbt. Vielleicht solltest du sie mal eine Nacht schlafen lassen." Yami lag mehr auf Aryans Schoß, als dass sie saß und hatte den Kopf an seine Schulter gelehnt, die schweren Augenlider nur halb offen. "Aryan war die ganze Nacht weg und ist erst vor einer Stunde gekommen. Ich habe auch die ganze Nacht gearbeitet", korrigierte sie gähnend. Hauptsächlich, um sich abzulenken, damit die Warterei auf Aryan sie nicht in den Wahnsinn trieb. "Meisterwerke komponieren sich nicht in 5 Minuten. Besonders nicht, wenn man so anspruchsvoll ist wie meine Schwester." Yoko war sprachlos. "Den Text solltest du dir aber noch einmal ansehen. Ich bin besser darin Gefühle in Melodien auszudrücken, statt in Worten." "Julias Sterbeszene?" Yoko glaubte es nicht. Yami begann eine Melodie leise zu summen, eine Melodie, die niemand je so gehört hatte. Sie traf ins Herz, war pure Verzweiflung, endlose Trauer, grenzenlose Liebe. Klang gewordener Verlust. Yoko und Anjaani standen die Tränen in den Augen, Yuki hatte sich unbewusst an Yuichi gedrückt. Alle waren sprachlos und traurig, mitgerissen. Inuyasha schüttelte seine Melancholie ab. "Das ist grob die Melodie", sagte Yami arglos. "Glaub mir, die Wirkung des Orchesters wird umwerfend sein. Selbst Yuki würde es zum Weinen bringen." "Sing es mir", bat Yoko mit stockender Stimme. "Nein", wehrte Yami entschieden ab. "Wenn du es von mir hörst, wird es dir nicht mehr gefallen, wenn Naoko es singt." "Wie hast du das vollbracht? Hast du nicht gesagt…" "Ich hatte nichts anderes zu tun. Jetzt hast du dein Stück. Nun muss ich während dem Urlaub kein schlechtes Gewissen haben." "Küken…" Yuichi nahm ihre Hand, Verzweiflung in den Augen. "So starke negative Emotionen… Das freut mich für Yoko, aber du Dickkopf hättest zu mir kommen sollen, statt dir alleine die Augen auszuheulen, solange du auf Aryan wartest." "Bist du bald fertig", knurrte sie leise. "Ich musste diese Melodie sowieso komponieren. Außerdem war Aryan nicht beruflich unterwegs." Alle sahen Aryan überrascht an. "Nein, ich habe keine Affäre", widersprach er sofort. "Dann weiß ich nicht, wo du dich die ganze Nacht rumgetrieben hast." "Ich glaube nicht, dass er dich betrügt, Küken", war Yuichi fest überzeugt. "Es ist zu dir zurückgekommen, alles andere ist egal. Ich zitiere meinen absoluten Lieblingsmenschen: Was war ist vorbei. Entscheidend ist das Jetzt und Heute." "Und von wem ist das Zitat?", wunderte sich Yuki. "Das sage ich nämlich auch immer." Er lächelte sie mit schimmernden Augen an. "Ganz genau." Sie sah ihn an, wie sonst Yoko schaute, wenn Worte sie bezauberten. "Sieh an", freute sich der rote Drilling. "Selbst Mademoiselle Steinhart kann sich für Liebesworte begeistern." Kampfeslust glitzerte in Yukis Augen. "Natürlich kann ich das, nur bin ich nicht so leicht zu begeistern wie du. Es macht einen Unterschied, ob Worte ehrlich und ohne Eigennutzen ausgesprochen werden oder nur aufwendig konstruiert werden, um jemanden rumzukriegen. Den Unterschied solltest du kennen." "Blödsinn, deine Hormone spielen nur verrückt, weil deine PMS langsam beginnt", widersprach Yami müde. "Was musst du denn eigentlich privat tun, dass es die ganze Nacht dauert?", wandte sie sich an Aryan. "Es hat nicht wirklich mit dem Urlaub zu tun", verriet er geheimnisvoll. "Es ist eine Überraschung für dich, die während unseres Urlaubs enthüllt wird. Gestern hat sich die Chance geboten und ich musste sie nutzen. Etwas streng geheimes." "Ein Tipp?", leuchteten Yokos Augen auf. "Bot sich die Chance hier in Japan?" "Nein, nicht einmal in derselben Zeitzone. Jetzt habt ihr Raum für Spekulationen." Anjaani öffnete als erste den Mund. "Außer dir", sagte Aryan mit blitzenden Augen. Er sah ihr an, dass sie den richtigen Gedanken hatte. Anjaani schloss den Mund, doch ihre Augen waren riesig. "Wirklich?", stammelte sie. "Oh du meine Güte!" "Aani!", riefen alle drei Frauen laut. Anjaani war völlig aus dem Häuschen. "Ich… oh Gott! Falls es das ist… ist es einoooh!" Ihre Worte gingen in einen begeisterten Quieken unter. "Das habe ich mir immer gewünscht!" "Ein Kind?!" Sie hatte die Drillinge auf eine falsche Fährte gelockt und so sehr diese auch diskutierten, sie kamen nicht auf des Rätsels Lösung. Aryan schwieg und Anjaani freute sich still. Was konnte Aryan für Yami bereit halten, das Anjaani in solche Verzückung versetzte? "Sagst du es mir?", wagte sich Inuyasha voran, als sie sich zur Zentrale aufmachten. Neumond war bald vorbei, er spürte das Kribbeln seines Dämonenblutes. "Dir was sagen?", tat Aryan ahnungslos. "Das ist es ja! Das weißt nur du!" "So soll es auch bleiben. Du verplapperst dich nur." Inuyasha blies die Backen auf. "Das stimmt doch gar- ja, ok… Aber Anjaani weiß es auch!" "Sie weiß es nicht, sie ahnt es nur. Dafür kann ich nichts. Kümmre du dich lieber um deine Sachen." "Aryan kann richtig gemein sein", beschwerte sich Yuichi während einer Drehpause. "Aani ist auch nicht besser", schnaubte Yoko. "Ich tippe auf etwas richtig widerwärtig Schnulziges", meinte Yuki. "Uns sind schon die denkbar schnulzigsten Dinge eingefallen." Den ganzen Morgen hatten sie schon die wildesten Vermutungen aufgestellt. Ihre Fantasie kam richtig in Fahrt. Aber auf die naheliegendste, simpelste und richtige Lösung waren sie einfach nicht gekommen. "Ich bin immer noch für das Unterwasser-Liebesnest." "Viel zu simpel", winkte Yoko ab. "Finde ich auch", ertönte plötzlich Yamis Engelsstimme. "Wenn Aryan etwas plant, dann wird es spektakulär." "Weißt du näheres?", wollte Yuichi aufgeregt wissen. "Eher ist Fort Knox zu knacken als Aryan", seufzte sie. "Habt ihr Vermutungen?" Yoko wurde ernst. "In Anbetracht dessen, dass es sich hier um Aryan handelt, gäbe es absolut keinen abwegigen Gedanken. Er könnte alles schaffen. Mein Favorit ist, dass er es geschafft hat, Sterne zu bewegen und jetzt bilden sie eine Konstellation, die wie dein Gesicht aussieht." "Und damit auch wie euers", widersprach Yami. "Oh." "Wir werden es bald erfahren", tröstete Yuichi die aufgeregten Schwestern. "Morgen Abend fliegt ihr weg." Die Aufregung war Yami deutlich anzusehen. "Ich weiß wirklich nicht mehr, ob ich mich freuen soll. Dieser Urlaub verspricht, mich fertig zu machen." Oh, wie sie Recht behalten würde! "Was machst du eigentlich hier?", wunderte sich Yuki. "Ich hab gehofft, Yuichi reinlegen zu können, dass er mich für dich hält, du uns erwischst und mir den Schädel brichst, damit ich in kein Flugzeug steigen muss." "Aryan kann das heilen", erklärte Yuki trocken. "Küken", legte ihr Yuichi die Hände auf die Schultern. "Ich sitze ständig in einem Flugzeug. Dir wird nichts passieren. Besonders nicht, wenn Aryan dabei ist. Weißt du was, ich fliege mit dir mit." Yami riss in gespieltem Entsetzen die Augen auf. "Ist schon gut, ich fliege ja. Du musst ja nicht gleich so gemein werden." "Und was machst du dann hier?" Sie hielt einen dicken Stapel Notenblätter hoch. "Ich bin hier, um Julias Sterbeszene mit dem Orchester einzustudieren. Ich kann das jetzt nicht unbeendet stehen lassen. Dann kannst du die Szene drehen, auch wenn ich weg bin." Yoko fiel ihrer Schwester um den Hals. "Mäuschen, du bist die beste! Danke!" "Ich rufe dich, wenn ich fertig bin." "Das ist kein Grund, sich so zu freuen", bemerkte Yuichi und starrte seiner jüngsten Schwester mit Schmerz in den Augen hinterher. "Stimmt. Hat sie nicht gesagt, sie sei zu glücklich, um sowas zu komponieren?", erinnerte sich Yuki. "Und urplötzlich liefert sie hier ein komplettes Orchesterstück ab?" "Dann kannst du dir vorstellen, wie sie sich gestern gefühlt haben muss…" "Was ist denn hier los?" Jemand fasste Yuki an die Schulter und im Reflex wirbelte sie herum. Inuyasha fing ihre Faust auf, zog sie instinktiv an sich. "Beruhige dich, ich bin's nur." "Dann erschreck mich nicht so, dummer Köter!", grollte sie und verpasste ihm mit der freien Hand eine Kopfnuss. "Au!" Er ließ sie los und rieb sich den Kopf. Sein Haar war immer noch schwarz. "Ich korrigiere mich", grinste Yuki. "Pfoten weg, dummer Mensch!" "Das war ein Reflex", verteidigte er sich. "Das mache ich immer, wenn meine Beute sich wehrt…" "Ich bin nicht deine Beute!" "Du weißt genau, was ich meinte!" "Was mich interessiert", mischte sich Yuichi ein. "Warum schleichst du dich überhaupt an sie ran?" "Ich habe mich nicht ran geschlichen. Yuki, können wir?" "Klar. Bis nachher, Liebling." Sie schulterte ihren kleinen Rucksack und gab Yuichi einen Kuss, doch Yoko hielt sie an der Hand zurück. "Inuyasha, warum nimmst du mir meine Rechte Hand weg?" "Ich… ähm…" Improvisation war nicht seine Stärke. "Ich habe ein Problem…" "Im Requisitenraum vielleicht", unterstützte ihn Yuki kichernd. "Genau… im Requisitenraum!" "Womit?", wollte Yoko wissen. "Ähm, das… ich habe keine Zeit. Ich muss es ihr zeigen!" Er ergriff ungeduldig Yukis Handgelenk. Yoko ließ ihn auflaufen. "Sag Shinta Bescheid, wenn du Hilfe brauchst, meine Regieassistentin hat wichtigeres zu tun." Ein Knurren entwich seiner Kehle. "Haltet euch da raus! Das geht nur sie und mich etwas an. Komm, Yuki, es ist gerade nicht so, dass ich dich einfach packen und mitnehmen kann!" "Oh, du kannst es versuchen", lächelte Yuichi trügerisch sanft. "Sie ärgern dich nur. Sie waren gestern dabei, als du angerufen hast. Kätzchen!" Yoko warf ihr die Autoschlüssel zu. "Ja, ja, das ist mir jetzt auch egal! Komm mit, bevor…" Yuki hob die Brauen und stemmte die Hände in die Hüften. "Bevor?" Er errötete. "Ich brauche einfach Hilfe und zwar deine. Und das bevor deine PMS anfängt." "Ich beeile mich, bin bald wieder da", lächelte sie und wandte sich im Gehen dem noch menschlichen Dämon zu. "Hast du Hunger?" "Ich verhungere", stöhnte Inuyasha. "Du?" "Dito. Lass uns am See etwas essen. Ich hab Waffeln dabei." "Oh, ich liebe Waffeln! Mit Himbeeren?" "Besser! Mit Blaubeeren!" Yuichi starrte seiner Freundin hinterher. "Sie ähneln sich tatsächlich", bemerkte Yoko. "Die beiden passen wirklich gut zusammen." Sie konnte mitansehen, wie die Farbe von Yuichis Augen immer heller wurde. "Yuichi!" Er sah Yoko an, die ihn wütend die Faust gegen die Brust schlug. "Aua!" "Dein Ernst, Yamada?!" "Aie! Arrête ça! Karina!" "Du bist jetzt nicht tatsächlich eifersüchtig? Nach allem, was ihr beiden durchgemacht habt? Yuki würde auch nicht durchdrehen, wenn du mit Aani in den Park gehen würdest." "Stimmt", beruhigte er sich. Es gab rein gar keinen logischen Grund unruhig zu sein. "Ich frage mich nur, was er von ihr will. Warum kann nur sie ihm helfen? Ich platze vor Neugier." "Hier wart ihr gestern?", fragte Yuki, als sie sich neben Inuyasha auf den Steg am See setzte. Die Badegäste, die sich in der Nähe aufgehalten hatten, waren bei seinem bösen Blick geflüchtet. Das Bedrohliche verließ ihn nicht mit seinen Kräften. "Mit Sternenhimmel und dieser kleinen Sonne und Waffeln", seufzte Inuyasha, als er sich von Yukis Proviant bediente. "Und was ist passiert? Du hast nur etwas von einem Kuss gesagt." "Sie hat mich geküsst", murmelte er. "Aani?!" "Nein, der Sandmann!" Sie blickte in sein errötetes Gesicht. "Aani ist doch sonst nicht so… fordernd." "Zu ihrer Verteidigung, ich habe angefangen." "Womit? Herrgott, Inuyasha! Ich will dir nicht alles aus der Nase ziehen. Erzähl einfach!" "Die Nacht, der Sternenhimmel, generell die ganze Atmosphäre", begann er. "Und Anjaani eben. Du weißt wie sie ist." "Liebevoll, gutherzig und einfach nur unwiderstehlich?" "Richtig. Wir waren uns so nah und sie ist so… voller Wärme. Ich hab einfach nicht anders können. Ich habe sie auf die Wange geküsst. Und sie…" "Sie wollte mehr", begriff Yuki. "Und sie hat sich genommen was sie wollte." "Das hat mich völlig überwältigt", gestand er. "Den Rest kannst du dir denken." "Ist dann diese Energiekugel explodiert?" "Genau, den Grund kannst du dir auch denken. Aber diese kleine Explosion hat ihr zugesetzt. Sie erinnert sich gar nicht an den Kuss." Yuki stöhnt genervt auf. "Das darf doch nicht wahr sein! War sie nicht in Aufruhr? Hat sie nicht wenigstens deine Gefühle erkannt?" "Sie dachte, ich sei wütend, weil meine Energie brannte", knurrte Inuyasha leise und warf einen Stein ins Wasser. "Die Anzeichen ihres Körpers hat sie völlig missverstanden und ist deswegen in Panik geraten. Sie wollte unbedingt zu Aryan." Jetzt lachte Yuki los. "Das hätte ich gerne gesehen! Hilf mir, Nii-san, mit mir stimmt etwas nicht", ahmte sie Anjaanis besorgte Stimme nach. "Mir ist ganz heiß und schwindelig und mein Bauch kribbelt und Inuyasha ist ganz sauer auf mich!" Jetzt lachte auch Inuyasha. "So ungefähr." "Und ich liege richtig, wenn ich rate, dass du nicht den Mut hattest, sie aufzuklären?" "Und wie hätte ich das machen sollen? Sie kennt das Gefühl von Lust doch gar nicht richtig. Und dann? Wie erkläre ich ihr, woher das Gefühl kommt? Es wäre eine ähnliche Situation, wie damals nach der Clubnacht." "Also hat sich nichts geändert." Yuki steckte sich seufzend einige Heidelbeeren in den Mund. "Ihr beiden seid verflucht, weißt du das? Das ist doch nicht mehr normal, das Schicksal hasst euch." "Das glaube ich langsam auch." Er atmete kurz durch. "Du weißt, dass ich irgendwann gehen werde?" Yuki sah ihn an, statt Protest fand er Verständnis in ihren braungelben Augen. Sie war derjenige Drilling, der ihn nicht für diese Entscheidung verurteilen würde. Rational und realistisch mit klarem Blick für das Offensichtliche. "Darauf läuft es hinaus, Inuyasha. Es scheint, als hättest du keine andere Wahl. Die Frage ist nur, ob Aani es überleben wird." Er wandte den Kopf ab, seine Schultern spannten sich an. "Wir wissen beide, dass du sie nicht töten wirst, so sehr sie auch drum flehen wird", sprach Yuki sanft weiter. "Und wir wissen auch beide, was du ihr damit antun wirst." Er vergrub das Gesicht in den Händen. "Ich tue ihr nur weh", murmelte er zwischen seine Finger hindurch. "Wenn ich gehe und wenn ich bleibe. Erinnerst du dich, als ich sie verlassen hatte?" Yuki lehnte sich zurück. "Wie könnte ich das vergessen! Diesen Geburtstag wird keine von uns jemals vergessen." Sie fing seinen Blick auf. "Hätte es etwas geändert, wenn du es gewusst hättest?" Das konnte er nicht sagen. "Ich bekomme so viel von ihr. Ich möchte ihr etwas zurückgeben." "Diese Kette, Inuyasha, sie liebt sie wirklich über alles." "Aber das ist nicht genug", schüttelte er entschieden den Kopf. "Ich möchte ihr etwas geben, das sie glücklich macht. Etwas, das sie selbst dann noch glücklich macht, wenn ich nicht mehr da bin." "Damit ihr Leben nach dir immer noch wertvoll ist. Ich vermute, hier komme ich ins Spiel." Er setzte sich gerade hin, seine Augen fest auf ihre gerichtet, leuchtend braun wie dunkler Bernstein, schon fast glühend. "Ich will ihr dieses Baumhaus schenken." Yuki zuckte mit keiner Wimper, doch sie brauchte einige Minuten, bis sie antwortete. "Das wird nicht einfach." "Bis zu ihrem nächsten Geburtstag." Er sah, wie es in Yukis Gehirn ratterte. Und dann sagte sie: "Komm nach dem Abendessen mit zu mir." "Ich will aber nicht, dass Yamada-" "Wir brauchen Yuichi!", würgte sie seinen Protest ab. "Du willst ihr kein Holzgestell bauen, Inuyasha, sondern ein voll funktionales, vermutlich autarkes und langlebiges Heim. Isoliert und mit Strom. Ohne dass Aryan es erfährt, weil es mit seiner Hilfe nicht mehr deine Leistung wäre." Inuyasha nickte, baff darüber, wie schnell sie die Lage erfasst hatte. "Mein Studium wird uns vermutlich nützlich sein, aber ich brauche Yuichi. Er war Elektriker und hat die Befugnis, Stromkabel zu legen und anzuschließen. Er ist auch ein sehr geschickter Handwerker. Inuyasha, er ist Gold wert in deinem Plan. Wir sparen uns dadurch viele Leute, die der Geheimhaltung schaden könnten." "Du hast ja recht. Also hilfst du mir?" Sie schnappte sich die letzte Waffel, reichte ihm aber mit einem Lächeln die Hälfte. "Wir versuchen es, so gut es geht. Du kannst dich auf mich verlassen." "Danke." "Für Aani", flüsterte sie und starrte auf das Wasser. "In der Hoffnung, dass es sie weiterleben lässt." Mit einem Sprung war sie auf den Beinen. "Lass uns zurück fahren. Wir müssen mit Yoko reden. Wir werden auch ihre Hilfe brauchen", beteuerte sie, bevor Inuyasha sich beschweren konnte. "Nur leider müssen wir es vor Yami geheim halten, sonst wird Aryan alles erfahren. Nenn es weibliche Intuition, aber irgendwas sagt mir, dass Aryan es nicht wissen darf." "Also gut", gab er nach, als sie seine Hand ergriff und ihn mit ungeahnter Kraft auf die Beine zog. "Wann fangen wir an?" "Heute Abend", überraschte sie ihn. "Wir müssen bis Mai fertig sein. Ich habe einen riesigen Ordner nur mit Skizzen von dem Baumhaus." "Du hast Baupläne da?!" "Von jedem winzigen Eckchen und alles nach Aanis Wünschen. Ich habe selber mal davon geträumt, ihr dieses Baumhaus zu bauen, wenn mein Studium-" Sie verstummte plötzlich und blickte sich um. "Hast du gerade geknurrt?" "Meine Kräfte kommen langsam wieder, aber ich habe nichts gemacht." "Deine Augen sehen heller aus", bemerkte sie. "Du bist auch menschlich sehr hübsch, weißt du das?" "Sag bloß deine PMS fängt an?!" "Beruhige dich, sie hat schon angefangen. Aber ich habe kein Verlangen nach- Da! Hörst du das? Hier ist jemand!" Er hörte nichts mehr. Im nächsten Moment traf ihn etwas mit solch einer Kraft, dass er weit ins Wasser geschleudert wurde. Die Wucht des Angriffes raubte ihm die Orientierung. YUKI! Grauen erfasste ihn, als er begriff. Ein Dämon war ihnen aufgelauert und hatte ihn erfolgreich beseitigt. Er versuchte sich im Wasser zu orientieren. So schnell er konnte, schwamm er an die Oberfläche. Panik machte sich breit. "Yuki!" Sie war verschwunden. Scheiße, gerade jetzt war er menschlich! Wer konnte sich so lautlos anschleichen und sie ohne ein Geräusch mitnehmen? Egal welcher Dämon, menschlich hatte er keine Chance! Er hievte sich aus dem Wasser. "YUKI!" "Inu-", hörte er ihren abgewürgten Schrei und folgte ihm. "Inuya- au! Lass mich los, du blöder Affe!" "Ich bin ein Hund, kein Affe", ertönte ein mächtiges Knurren und Inuyasha erstarrte. Ein Hundedämon! Oh verdammte Scheiße! Von allen Dämonen ausgerechnet so einer. Einer seiner eigenen Truppe. Wie lange würde er das Alpha-Männchen bleiben, wenn sie ihn in seiner menschlichen, verletzlichen Form sahen? Ein lautes schmerzhaftes Grollen ließ die Vögel in den Bäumen aufschrecken. Yuki wehrte sich offensichtlich. Stolz nahm neben der Sorge Platz in Inuyashas Brust. Er schickte ein Stoßgebet gen Himmel, dass der Neumond endlich vorbei sein möge. Seine Zähne waren immer noch stumpf, aber er spürte seine Kräfte langsam zurückkehren. Wie viel Zeit blieb ihm? Immerhin war der Wind auf seiner Seite. Er würde dem Hund nicht Inuyashas Geruch in die Nase wehen. So blieb ihm vielleicht die Chance unerkannt zu bleiben. "Lass mich endlich-" Yukis Stimme erstickte und endlich sah er sie. Der Hund, der sie mit seinem Körper zu Boden drückte, hielt ihr den Mund zu. "Du bist in Hitze, Süße. Wehr dich, ich steh drauf." "Runter von ihr, Drecksack!", brüllte Inuyasha und zog Tessaiga. Dämon hin oder her. Wenn Yuki etwas passierte, war ein Hundedämon im Vergleich zu Yuichi wirklich sein geringeres Problem. Der Youkai sah ihn an, Spott in den orangebraunen Augen. "Und was willst du gegen mich ausrichten, Mensch?" Doch er hatte nicht mit Yuki gerechnet. Die nutzte seine Unachtsamkeit aus. Der Dämon schrie auf, sie befreite sich von ihm, entkam um Haaresbreite den messerscharfen Krallen. Inuyasha ergriff ihre Hand und zerrte sie sofort hinter sich. "Alles ok?", murmelte der hastig, ließ den Gegner aber nicht aus den Augen. "Immer doch. Wäre trotzdem schön, wenn du wieder ein Dämon werden würdest." "Das kannst du laut sagen. Was hast du mit dem gemacht?" Der Youkai kam nur schwer auf die Beine. "Knie in die Eier und Ellenboden in den Solar Plexus." "Das war ein Fehler", knurrte der Dämon und fletschte die spitzen Zähne. "Eine Beute, die sich wehrt, ist nur umso reizvoller." "Lass die Finger von ihr!", verlangte Inuyasha mit all der Autorität, die ihm als Anführer gegeben war. "Euer Alpha hat euch verboten, die Frauen hier anzufassen." "Es kümmert mich nicht, was der Alpha sagt. Er ist nicht hier und sein lächerliches Jagdverbot ist mir scheißegal! Ich will diese Frau! Ihr Duft ist eine Einladung!" "Du setzt dich über diesen Befehl hinweg?", knurrte Inuyasha eiskalt. "Das ist dein Todesurteil!" Er schwang sein Schwert. Der Hund parierte in letzter Sekunde. Leider war er stärker und Tessaiga in diesem rostigen Zustand unbrauchbar. "Mutig für einen-" Er verstummte plötzlich und seine Augen weiteten sich, seine Nasenflügel bebten. "Du bist der Alpha!", entsetzte er sich. "Unser Halbblut- Anführer. Es ist Neumond!" Inuyashas Augen glühten vor Wut. Er setzte zum nächsten Angriff an. "Yuki, verschwinde!" Dann konzentrierte er sich auf den Kampf. Doch das Blatt wendete sich nach wenigen Hieben. Der Youkai war schneller und stärker. Statt anzugreifen, war Inuyasha bald nur noch damit beschäftigt abzuwehren. Es dauerte nicht lange und er verlor den Halt, stürzte und riss in letzter Sekunde das Schwert zur Abwehr hoch. Doch seine Kraft verließ ihn. Als die Schwertklinge seinen Kehlkopf berührte, brüllte sein Gegner auf und ließ von ihm ab. Yuki hatte ihn an den dunkelbraunen Haaren weggerissen, und sich unter den Klauen hinweggeduckt. Sie hieb ihm die Faust in den Magen. Der flinke Drilling agierte so schnell, dass Inuyasha nicht sah, wie sie den Dämon zu Fall brachte und ihn im Staub festnagelte. Sein Schwert flog im hohen Bogen davon. Sie holte zum K.o.-Schlag aus, doch der Dämon hatte bessere Reflexe. Im nächsten Moment wirbelte er herum. Sein Körper legte sich auf Yukis und drückte ihr die Luft aus der Lunge. "So macht das Spiel Spaß", knurrte er erregt. "Hey, ich bin dein Gegner!" Inuyashas Angriff zwang ihn, von Yuki abzulassen. Ein geschickter Tritt von ihr verhinderte, dass die Dämonenklauen Inuyasha erwischten. "Danke, Nervenzwerg." "Gerne, Flohsack." Sie standen Seite an Seite, bereit, als Team zu kämpfen. "Nur noch ein bisschen", murmelte sie. Auf Inuyashas Kopf erschienen schon die ersten hellen Strähnen. Noch wenige Minuten, dann war Neumond rum. So lange mussten sie überleben. "Ihr hattet euren Spaß", fauchte der Hunde-Youkai zornig. "Du bist tot, Alpha", spuckte er verächtlich aus. "Und du, kleine Amazone, du wirst meine Gespielin." "Schon einmal dran gedacht, mich zu fragen?", hob Yuki unerschrocken die Brauen. "Außerdem habe ich einen Mann." "Den ich gleich zerfetzen werde!" Yuki und Inuyasha sahen sich angewidert an. "Sehen wir aus wie ein Paar?", würgte sie. "Allein dafür stirbt er", versicherte er. Sie nickten sich zu und gleichzeitig griffen sie an. Inuyasha wehrte den Klauenhieb ab und Yuki rammte dem Hundedämon ihre Schulter in die Seite. Doch er war schnell und kickte Inuyasha von den Füßen. Yuki warf sich mit aller Kraft gegen ihn, als er ausholte, Inuyasha mit den Klauen den Brustkorb aufzuschlitzen. Inuyasha rollte auf die Füße, Yuki wich dem Hund aus. Strähnen hatten sich aus ihrer Frisur gelöst und diese bekam er in die Finger. Der blaue Drilling schrie auf. Fest vergrub der Dämon seine Finger in ihrem Haar und presste sie an sich. Inuyasha verharrte still in der Bewegung. "Oh, ich freue mich auf dich, kleine Amazone", keuchte er in ihr Ohr. "Weichei." Seine Lippen hatten sich gerade auf ihren Hals senken wollen. "Wie bitte?!" "Taub bist du auch noch", knurrte sie ihn an. Es war völlig verdattert und Inuyasha bewunderte ihren Mut. "Du nennst dich Youkai? Diese kleinen Krallen sind lächerlich!" Sie keuchte auf, als er fester an ihren Haaren zog, ließ sich aber nicht beirren. "Inuyashas Klauen sind schärfer." "Ich bin der Alpha", sagte Inuyasha, froh, Zeit schinden zu können. "Alphas sind immer die mächtigsten." "Du warst der Alpha!" Der Dämon stieß ein Grollen aus. "Deine Zeit ist vorbei! Um dich, meine kleine Wilde, kümmere ich mich gleich. Sobald er tot ist!" Er schleuderte sie von sich. "Yuki!" Inuyasha sah zu, wie sie hart auf dem Boden aufprallte. Diese Ablenkung kam ihm teuer zu stehen. Eine stählerne Faust traf seinen Magen. Er landete neben ihr im Sand. Der Schlag war gewaltig. Inuyasha taumelte am Rande seines Bewusstseins. Wie durch einen Nebelschleier bemerkte er, dass die junge Frau sich aufrichtete. Er erwischte ihre Hand. "Nein", ächzte er. "Gleich." Und sie begriff. Eiserne Finger schlossen sich um Inuyashas Kehle, hoben ihn auf die Füße. Er bekam keine Luft. Doch eine wohl bekannte Energie schoss ihm durch die Venen, sein Körper begann zu beben. Der Youkai triumphierte. "Und somit haben wir einen neuen Alpha." Inuyasha lächelte, seine Reißzähne blitzen auf. "Zu früh gefreut." Energie explodierte in einer Welle aus Hitze und mit einem Mal wurde sein Haar schneeweiß. Yuki erlebte Inuyasha zum ersten Mal in Aktion. Und ein wenig konnte sie Yamis Grauen vor ihm Verstehen. Aber nur ein wenig. So furchteinflößend diese Bestie auch war, so faszinierend war sie. Und dann waren sie da. Hundedämonen. Rund ein duzend weiterer Stammesangehöriger tauchten auf. Sie waren sprachlos, starrten ehrfurchtsvoll den Hanyou an und dann zu Yuki. Sie dachten, dass hier um sie gekämpft wurde, weshalb sie keiner von ihnen anrührte, obwohl sie ihren Blicken nach nichts lieber tun würden. Doch der Respekt vor dem Alpha war größer, als der Jagdtrieb. Inuyasha hatte den nun weit unterlegenen Gegner vor sich in den Dreck geworfen, blutend und am Ende. Erhaben sah er sich um. "Das", wies er auf den Dämon zu seinen Füßen, "passiert, wenn man sich meinem Befehl widersetzt." Und dann starb der Dämon mit einem schnellen Hieb seiner rechten Hand. Es geschah so schnell, dass Yuki nicht imstande war, die Augen abzuwenden. Wie gelähmt starrte sie auf den Dämonenkopf, der ihr vor die Füße rollte. Inuyasha packte den Kopf an den braunen Haaren und hob ihn in die Höhe. Die andere Hand legte er auf Yukis Schulter, drückte sie schützend an seinen Körper. Sie sah hoch in sein stolzes, erbarmungsloses Gesicht. Das Gesicht eines Alphas. "Das hier blüht jedem Verräter", sagte Inuyasha kalt. "Die Menschenfrauen sind tabu für euch. Und ganz besonders diese hier und ihre Drillingsschwestern. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?" "Verstanden, Alpha", ertönte er treu auch zwölf Mündern. "Entsorgt ihn", warf ihnen Inuyasha den Kopf des Enthaupteten zu und verließ mit Yuki im Arm den See. Schweigend fuhren sie zum Set zurück. Er beobachtete sie aus dem Augenwinkel, doch sie summte munter ein Liedchen, als wären sie auf einem Picknick gewesen. Erst, als er sie ins Studio begleitete, sprach sie. "Habe ich Blutspitzer auf der Kleidung?" "Das ist deine größte Sorge?", lockerte sich seine Zunge endlich. "Es wird deine größte Sorge sein, wenn Yuichi Blut an mir findet." Inuyasha musterte sie. "Nur etwas staubig, aber sonst kein einziger Kratzer. Wie das denn? Er hat dich doch auf den Boden geschleudert." "Ich habe mich abrollen können", zwinkerte sie. "Ist meine Spezialität." "Wow." "Wow? Du hättest dich sehen sollen! Deine Verwandlung war der Hammer! Diese Energie, die so heiß war, dass sie dich komplett getrocknet hat. Das war besser als im Film." "Freut mich, dass es dir gefallen hat", lachte er kopfschüttelnd. "Mir hat es gefallen, mit dir zu kämpfen. Du bist ein toller Prügelpartner. Hach, es war schön, mal gegen einen richtigen Gegner zu kämpfen. Aber was meinte er damit, ich sei in Hitze?" Inuyasha errötete. "Du riechst, als wärst du in Hitze, fruchtbar", erklärte er. "Es ist aber deine PMS. Merkst du nichts?" "Doch, ich fühle mich seltsam", gestand sie. "Ich bin richtig aufgekratzt und irgendwie total scharf auf Yuichi." "Du warst im Kampfesrausch. Das Adrenalin verstärkt deine PMS." Er hielt leichten Abstand zu ihr. "Ich tu dir nichts. Es wird grad immer schlimmer, dieser Hunger. Aber irgendwie denke ich nur an Yuichi." Sie versuchte die kribbelnde Hitze abzuschütteln. "Du hast absolut keine Angst gehabt", schüttelte Inuyasha den Kopf. "Warum?", wunderte sie sich. "Wegen diesen kleinen Kampf? Das war richtig erfrischend." "Was war erfrischend?", wunderte sich Yuichi, als er ihr entgegen kam. Sie wich instinktiv einige Schritte zurück. Ihr Hals schnürte sich zu, in ihrem Kopf rauschte das Blut und ihr Unterleib schien zu brennen, als sie ihm in die geliebten blauen Augen sah. Verdammt, ihn auch nur zu sehen, machte sie wahnsinnig! "Inuyasha und ich", lächelte sie und versuchte ihren Atem zu kontrollieren. "Wir sind ein gutes Team." Inuyasha lachte weich und dunkel. "Ja, das sollten wir wirklich öfter machen, Prügelpartner." "So bald es geht", leckte sie sich über die Lippen. Ihre Augen taxierten Yuichi glühend. "Inuyasha, hilf mir irgendwie." Inuyasha rollte die Augen. "Diesen Kampf trägst du alleine aus." "Aber ich werde verlieren...." Voll Verlangen in den Augen trat sie an ihren überrumpelten Freund. "Oh, Liebling…" "Kampf?", kam Yoko ihr in die Quere. "Was habt ihr zwei denn gemacht? Inuyasha, warum hast du Blut im Gesicht?" "Uns hat ein Hundedämon angegriffen, als Inuyasha noch menschlich war", erklärte Yuki und versuchte an ihrer Schwester vorbeizukommen. "Das war aufregender als jeder perverse Depp, der sich je an mich rangeschmissen hat." "Inuyasha, du hast als Mensch gegen einen Youkai gekämpft?", entsetzte sich Yoko. "Er hat den Nervenzwerg gewollt, weil er ihre PMS gerochen hat", winkte Inuyasha ab. "Sie hat mehr gegen ihn gekämpft, als ich." "Du hast ihn abgelenkt, damit ich mich befreien konnte." "Aber du hast ihn entwaffnet", rief er ihr in Erinnerung. "Und du hast ihn am Ende besiegt." "Was ich ohne dich nicht hingekriegt hätte" Yuichi und Yoko beobachteten sprachlos den untypisch vertrauten Dialog zwischen den beiden. "Einigen wir uns darauf, das wir ein gutes Team sind", beschloss Inuyasha. "Prügelpartner?" "Prügelpartner!" Sie stießen sacht die Köpfe gegeneinander und besiegelten ihren Pakt mit dieser Geste. "Was geht hier vor?", kam Yuichi absolut nicht mehr mit. "Ihr habt zusammen gegen einen Dämon gekämpft?" "Irgendein Vollidiot, der meinte, er dürfe mich anfassen, nur weil ich scharf auf Sex bin. Karina, du bist mir im Weg!" Yoko hinderte sie immer nicht daran, zu Yuichi zu gelangen. "Dich hat ein heißer Hundedämon angefasst und du hast dich gewehrt, obwohl du deine PMS hast?" "Ich wollte nicht angefasst werden, als hätte ich meine PMS gar nicht. Und er war nicht mal ansatzweise so heiß wie- oh, lass mich zu ihm!" "Anscheinend ist ihre Libido ausschließlich auf Yamada fixiert", erklärte Inuyasha dem völlig überraschten Romeo. "Ich habe gehofft, dass du Raj aus ihrer Seele vertreibt. Sonst hätten wir den Dämon nicht zusammen erledigen können." "Das war ein lustiger Kampf", hauchte Yuki. "Aber ich habe jetzt Lust auf jemand anderen. Geh endlich weg, Karina!" "Du bist echt nicht normal", amüsierte sich der Dämon. "Weißt du das?" Sie grinste. "Ich würde das schnellstmöglich wiederholen." "Au ja! Ich ruf dich, sobald es günstig ist." "Inuyasha, das wird Aryan nicht erlauben", erinnerte ihn Yoko und stieß dann Yuki von sich, die verzweifelt zu ihrem Freund wollte. "Du bist total von der Rolle, beruhige dich mal. Oh, verdammt! Yuki, deine Haut ist heiß, du brennst!" "Meine PMS", sagte Yuki unwirsch. "Und jetzt lass mich zu Yuichi!" "Yuki, wir sind mit dem Dreh heute nicht fertig… YUKI!" Yuki hatte sich in Yuichis Arme geworfen, die Beine um seine Hüfte geschlungen, die Hände in seinen Haaren vergraben und ihn voll Feuer an ihre Lippen gerissen. Yuichis Verstand war augenblicklich pulverisiert. Er versuchte sich von Yuki zu lösen, hatte aber keine Chance. "Yoko… Yuki, nicht", versuchte er seine Stimme ruhig zu halten, als Yuki prickelnde Küsse auf seinem Hals verteilte. "Was… was mache ich mit ihr?" Yuki schaffte es nicht, ihren Atem unter Kontrolle zu bringen. "Garderobe", war das einzig verständliche Wort, das sie herausbrachte, bevor sie ihn wild entschlossen aus dem Foyer bugsierte. Yoko stöhnte frustriert auf. "Das war's dann wohl." "Sie ist nur vom Kampf etwas aufgekratzt. Ihre PMS ist nicht so stark wie früher", beruhigte sie Inuyasha. "Stark genug, dass es meinen Hauptdarsteller lahm legt." "Ich meinte damit, dass sie nur auf einen Mann fixiert sein wird." "Das wird Yuichi unglaublich freuen." "Wenn er das überlebt." Yuichi hatte das Glück, oder auch Pech- das kam darauf an von welchem Standpunkt aus man es betrachtete- dass Yuki irgendwann Hunger bekam, da Inuyasha die meisten Waffeln am See gegessen hatte. "Chi-chan, geht es dir gut?", sorgte sich Anjaani, als sie das Abendessen auftischte. "Sehe ich aus, als würde es mir schlecht gehen", lächelte er matt und erschöpft, eine ungewohnt anhängliche Yuki auf dem Schoß. "Ich sterbe nur vor Hunger." "Du bist lebendiger, als ich erwartet habe", murmelte sie. "Häschen, Essen ist fertig." Die beiden stürzten sich auf ihre Portion. "Dass ich mal erlebe, dass Inuyaha völlig entspannt in Yukis Nähe ist, wenn sie PMS hat", kicherte Yoko. "Dass ich es mal erlebe, dass er sich neben sie setzt und sie freundlich begrüßt", warf Yami ein. "Aber ich vermute, gemeinsam Dämonen bekämpfen schweißt zusammen." "Ohne mich hätte er nicht überlebt", warf Yuki ein, als sie kurz vom Essen aufsah. "Ohne dich wären wir nicht angegriffen worden", erinnerte Inuyasha sie knurrend. "Wer wollte mit mir ungestört sein?" "Und wer wollte dafür unbedingt an den See?" "Was mich viel eher interessiert ist, seit wann gerade ihr Zwei zusammen etwas unternehmt", grinste Yami mit blitzenden Augen. Allein Yoko fiel eine passende Lüge schnell genug ein, um glaubwürdig zu klingen. "Der Trainingsraum war voll und die beiden mussten in Ruhe an Julias Kampfszene pfeilen. Yuki ist leicht ablenkbar während ihrer PMS." "Und ich hatte eine hervorragende Gelegenheit mich auszuprobieren. Es war besser als jeder Karate-Kampf. Keine Regeln, keine spezielle Technik…" "Einfaches Überleben. Ich sag doch, das macht Spaß", warf Inuyasha ein. "Das macht richtig Spaß. Ich freue mich auf eine Wiederholung." "Die wird es nicht geben", ließ Yuichi von seinem Mahl ab. Seine Augen funkelten und Yuki wurde schwach. "Lisa", erklang Anjaanis Stimme drohend, als sie Yuichi an sich ziehen wollte. Yuki schüttelte die aufkeimende Lust ab. "Es war nicht mein erster Kampf", rief sie ihm ins Gedächtnis. "Normalerweise bin ich kein Teamplayer." "Aber wir waren ein gutes Team", gab Inuyasha zu. "Es hat sein Gutes gehabt", sagte er beschwichtigend zum Japaner. Der bezweifelte dies stark. "Kein Hundedämon wird sich mir mehr widersetzten und niemand wird je einer der Drillinge zu nahe kommen." "Öffentliche Enthauptungen sind auch etwas einschüchternd. Das war ganz anders, als ich es je in einem Film gesehen habe." Yuichi fiel der Bissen von der Gabel. "Du hast gesehen, wie er jemandem den Kopf abgetrennt hat?! Er hat vor deinen Augen jemanden geköpft?!" "Es geschah so schnell", zuckte sie die Schultern. "Ich hab nicht wegschauen können. So schlimm war das nicht. Ich bin nicht so empfindlich." "Offensichtlich", schauderte es Yami. "Ich habe noch immer Alpträume von dem Kampf, den ich mitansehen musste." Yuichi lächelte Yuki liebevoll an. "Soll ich dich dafür bewundern, oder mir Sorgen machen? Du bist und bleibst eine Amazone." "Aber Amazonen sind männerfeindlich." "Du bist ja auch meine kleine Amazone." "Deine. Nur deine", versicherte sie. "Wie viele Frauen arbeiten eigentlich für den DSE?", wechselte sie abrupt das Thema, bevor Yuichi sie wieder schwach machen konnte. "In der Verwaltung hunderte", überlegte Inuyasha. "Im Einsatz nur die rote Nervensäge. Du wärst keine schlechte Kämpferin. Du darfst nur keine Angst haben, mehr als nur Schmerzen zuzufügen." "Aryan tötet ja auch nicht. Und ich habe echt Lust für den DSE zu arbeiten." "Wir arbeiten zusammen, du und ich. Das wird lustig." "Nein. Sie wird bestimmt nicht für den DSE arbeiten", sagte Yuichi entschieden. "Und garantiert nicht mit dir!" "Da hat immer noch Aryan das letzte Wort, Liebling." "Nein. Du wirst bestimmt nicht für den DSE arbeiten", sagte Aryan entschieden. Nur wenige Minuten später, als er endlich beim Abendessen erschien. "Und garantiert nicht mit diesem Berserker." "Hey, ich bin kein Berserker", schmollte Inuyasha. "Ich bin dein bester Kämpfer." "Und ohne mich hättest du heute deinen besten Kämpfer verloren." "Mein bester Kämpfer hätte dich nicht in solch eine Situation bringen dürfen", blieb Aryan hart. "Du solltest die Hundedämonen im Griff haben." "Ich habe sie im Griff", versicherte Inuyasha missmutig. "Mir wird sich keiner mehr widersetzen. Weibliche Kämpfer sind von Vorteil Aryan…" "Die Drillinge kommen nicht in Frage!" "Wir waren so ein perfektes Team. Sie ist weniger zimperlich als du." "Schlag dir das gemeinsame Kämpfen aus dem Kopf." "Aber du hättest Yuki sehen sollen…" "Nicht meine kleine Schwester!" "Du bist egoistisch!", warf ihm Inuyasha knurrend vor. "Und du rücksichtslos. Gut, ihr habt meinen Segen", gab er klein bei. "Wenn Yuichi dem zustimmt. Er hat das letzte Wort." Yuichi verschränkte die Arme vor der Brust, sein finsterer Gesichtsausdruck war Antwort genug. "Wer hätte gedacht, dass ihr euch gemeinsam prügeln müsst, um euch anzufreunden", freute sich Anjaani. "So ist das mit Männerfreundschaften", erklärte ihr Yuki. "Man misst einen Freund daran, wie gut er deinem Feind in die Fresse hauen kann." Inuyasha schlug seinen Kopf kameradschaftlich gegen ihren. "Du sagst es, blauer Zwerg!" "So, eines will ich jetzt klar stellen", sprach Aryan plötzlich autoritär. "Inuyasha! Yuki!" Beide sahen ihn schuldbewusst an. "Ihr benehmt euch. Keinen Blödsinn, solange ich im Urlaub bin. Ihr sucht euch nicht jemanden zum kämpfen. Habt ihr verstanden?" "Ja, General", sagten beide brav. "Ich meine es ernst. Schluss mit den Prügelpartnern! Morgen Mittag fliege ich weg. Ich will mir nicht ständig Sorgen wegen euch machen müssen. Fragt Yami, was mit euch passiert, wenn ich meinen Urlaub frühzeitig abbrechen muss." Yami lächelte engelsrein. "Die ewige Hölle wird ihnen wie ein kleiner Spaziergang vorkommen. Ihr seid fällig." "Apropos fällig." Yuki sah ihren Freund an, dem bei ihrem Blick alles Blut automatisch gen Süden wanderte. "Ich bin satt, Liebling." Eher er reagieren konnte, hatte sie seinen Arm gepackt und war mit ihm aus der Wohnung gestürmt. Inuyasha knirschte. Da war's dann wohl mit dem Pläne schmieden nachher. Solange sie so drauf war, konnte er das Baumhaus vergessen. Er wandte demonstrativ den Kopf ab, als er bemerkte wie Yoko ihn beobachtete. Ihr und ihrem scharfen Verstand entging nichts. Er wusste, er würde sich nachher auch vor ihr rechtfertigen müssen. Spätestens wenn er sie nach Hause begleitete. "Ich fasse es nicht, dass gerade so jemand wie Yuki tatsächlich glaubt, dieses Baumhaus bauen zu können", hauchte Yoko fassungslos, nachdem sie sich 10 Minuten lang darüber entsetzt hatte, dass er vorhatte Anjaani irgendwann zu verlassen. Zum zweiten Mal fuhr er heute im Auto der Drillinge mit, allerdings mit einer anderer Fahrerin. "Ich mache da nicht mit", wiederholte sie zum fünften Mal. "Ich werde bei diesem Abschiedsgeschenk nicht helfen! Das ist so eine Heuchelei! Was für eine Ironie! Du erfüllst ihr ihren größten Wunsch, kurz bevor du ihr das Herz brichst. Ihr Wunsch erfüllt sich, weil ihr Traum platzt! Das ist so absurd!" Inuyasha ließ die Anschuldigungen über sich ergehen. Er hatte schon gewusst, warum er die Blaue um Hilfe gebeten hatte und nicht die Rote. "Das ist für dich Anjaani", äffte sie seine Stimme so tief sie konnte nach. "Lebe deinen Traum, aber leider ohne mich. Tschüss! Schönes Restleben noch!" Inuyasha atmete erleichtert aus, als sie den Wagen anhielt. Er bereute es, mitgefahren zu sein. "Hör mal zu, Nervenzwerg." Yoko hörte ihn in ihrer Schimpftriade nicht. "Dieses scheiß Baumhaus wird ihre Grabstätte…" "Yoko!" "Ich bin nicht fertig mit dir! Hast du eigentlich auch mal daran gedacht, dass…?" Es gab nur einen effektiven Weg, Frauen zum Schweigen zu bringen. "Und wie zum Teufel sollen wir das vor Aani geheim halten? Wir können nicht einfach auf ihrem Land ein Haus bauen, ohne dass sie-" Inuyasha schlang den Arm um ihre Taille, riss sie an sich… ihre Augen weiteten sich, ihr Atem stockte… und er legte den Zeigefinger auf ihren Mund. Ihre weichen, warmen Lippen. "Sei jetzt endlich ruhig." Er beugte sich näher zu ihr, hörte, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte. "Zwing mich nicht, dich anders zum Schweigen zu bringen." Yokos Nacken begann zu prickeln. Sie meinte etwas in seinen Augen zu sehen. Feuer. Und sie liebte es, mit dem Feuer zu spielen. "Das traust du dich nicht, Hündchen", bewegten sich ihre samtigen Lippen unter seinem Finger. "Nimm die Hand da weg." "Ich lasse dich los, wenn du mir zuhörst", raunte seine Samtstimme. "Und ich verpetze alles Aani, wenn du nicht deine Hände von mir nimmst." "Ich tu dir ja nichts", grollte er und schloss ihre Wohnungstür auf. Es ein einfacher Ablauf, seit sie Romeo abgewiesen hatte. Inuyasha inspizierte kurz die Wohnung, kontrollierte die Fenster und sah auf dem Balkon nach. Niemand da. Nur der Wind und die tiefer sinkende Sonne. "Er ist in der Nähe", erschnupperte Inuyasha die Abendluft. "Nicht in Reichweite, aber er lauert da draußen." "Natürlich lauert er da draußen", lehnte Yoko sich über das Balkongeländer. "Er ist ein Geschöpf der Nacht." "Genauso wie diese Spinne da", deutete er auf das kleine Tier, dass sich eine Handbreit von Yokos Fingern sein Netzt webte. Der kommende Schrei war ohrenbetäubend. Im Reflex sprang sie an Inuyashas Brust, die Arme um seinen Kopf geklammert, die Beine fest um seine Taille geschlungen. "Mach sie weg! Mach sie weg! Mach sie weg!" Seine Ohren klingelten. "Beruhige dich! Und hör auf so zu zappeln! Bäh!" Ihre Haare hingen in seinem Mund. "Inuyasha! Mach das Viech weg!" Er drehte verzweifelt den Kopf in jede Richtung, doch ihr Haar war überall. Sie klammerte sich panisch an ihn, drückte sich höher, bis ihre Brüste sich gegen sein Gesicht pressten. Weiche, pralle, feste Brüste. Mit einem Schlag wurde ihm ihre Weiblichkeit bewusst, ihre zarte Haut, die Rundungen ihres Körpers. Und der Jäger, der schon so lange unbefriedigt blieb, drohte aus seinem Käfig zu brechen. Er packte sie fest an den Schultern. Sie sah ihn an, Tränen in den schönen, runden Augen. "Yoko, du beruhigst dich jetzt, oder ich muss dich ruhig stellen!" Sie erstarrte und an ihren sich rötenden Wangen, bemerkte er, dass auch sie sich ihrer Situation bewusst wurde. Sie löste die Beine, ließ sich von ihm auf die Füße stellen. "Hast du nicht behauptet, der Jäger in dir wird nicht gereizt?" "Du reizt den Mann in mir, wenn du mir deine Brüste ins Gesicht drückst", grollte er. "Du würdest bei mir schwach werden?!" "Nein! Aber du musst es nicht extra herausfordern!" Das tat Anjaani schon genug. Tag für Tag. "Wir sind wohl beide einsam", seufzte sie und schlang die Arme um ihre Schultern. Die Abendluft wurde kühler. Es war schon fast September. "Hilfst du mir jetzt beim Bau?" Sie schüttelte entschieden den Kopf. "Mal angenommen, dass man auf diesem Land bauen darf, dieses Baumhaus wird ein Schlag ins Gesicht. Du begibst dich auf Messers Schneide. Und ich lasse das nicht zu." "Hast du eine bessere Idee?" "Denk nach. Das wichtigste in ihrem Leben wird sie verlassen. Retten kann sie nur etwas anderes, das ihr mindestens genauso wichtig ist." Inuyashas Ohren zuckten ahnungslos. "Du wirst ausrasten…" "Sag es einfach." "Ein Kind." Sein Gesicht entgleiste. "Ein Kind von dir." Inuyasha war erstarrt und sein Gehirn arbeitet auf Hochtouren. Er wusste, wie sehr Anjaani Kinder liebte. Vielleicht sogar mehr als ihn. Und er wusste, dass dies ihr größter Wunsch war. Sie würde ewig unter dem Verlust ihres Embryos leiden. Und so langsam beschlich ihn auch eine Ahnung, was hinter ihrer Mauer weggesperrt war… "Etwas schlimmeres könnte ich ihr nicht antun", sagte er entschieden und Yoko schrumpfte unter seinem kalten Blick. "Ich schenke ihr eine Familie, um sie dann zu zerreißen?! Das wäre barbarisch! Hilf mir mit dem Baumhaus, oder lass es!" Dem Drilling fröstelte es. "Geh rein, du frierst", sagte er sanft. "Versteh mich doch", murmelte sie an der Balkontür. Er blieb mitten auf dem Geländer stehen, von dem er gerade springen wollte. "Es ist nicht so, dass ich dir nicht helfen will…" Sie seufzte schwer. "Es ist nur so, dass ich auf ein Happy End hoffe. Ich..." Sie rang mit den Worten, wandte dann beschämt den Blick ab. "Ich würde dich vermissen." Sie spürte plötzlich seine Nähe. Sein Finger, der sich sacht unter ihr Kinn legte, es anhob, damit sie ihm in die liebevoll glimmenden Augen sehen konnte. Seine Lippen drückten ihr einen Kuss auf die Stirn, dann war er im Sonnenuntergang verschwunden. "Endlich Zuhause", war Inuyashas erster Gedanke, als er auf Anjaanis Balkon landete. Wehmut erfasste ihn. Das hier war sein Zuhause, hier fühlte er sich zugehörig. Aber es war falsch, denn er gehörte nicht einmal in diese Zeit. Er würde das alles hier vermissen… er musste an Yokos Worte denken. Auch die Drillinge würden ihm fehlen, denn er hatte sie lieb gewonnen. Aber ein Happy End, wie Yoko es sich wünschte, würde es nicht geben. Er musste seine Beziehung zu Anjaani auf rein freundschaftlicher Ebene führen. Als er die Türe öffnete, wäre er gerade wieder rückwärts gestolpert. Der Duft, der die Wohnung erfüllte, haute ihn um. Und seine guten Vorsätze schwanden, als sein Geruchssinn seinen Verstand besiegte. Was er roch, ließ ihm das Wasser im Mund zusammen laufen. "Auf die Sekunde genau, Saajan", strahlte sie ihn vom Mixer aus an. Sie verteilte gerade frisch gemachte Eiscreme auf zwei Schüsseln. "Es ist gerade etwas abgekühlt, sodass du es essen kannst. Hast du Lust auf gebackene Himbeeren mit Streuseln, Saajan?" Saajan. Seit er wusste, was das bedeutete, war ihm dieser Spitzname heilig. Seine Augen leuchteten, und sein Bauch schien sich wie verrückt zu freuen. "Wann…?", begann er. "Solange du Yoko weggebracht hast." "Warum…?" "Weil ich mir sicher war, dir damit eine Freude zu machen." Wärme erfüllte ihn. Wieso machte sie es ihm so schwer? Wie konnte man sie denn nicht lieben? Ihm wurde bewusst, wie er sie ansah, als der Ring um ihre Pupille sich vergrößerte. "Inuyasha, das ist nur etwas zu essen. Schau mich nicht so an." "Wie?" Sein Blick verdunkelte sich, als er sich zu ihr beugte und ihre Knie wurden weich. "Bitte… ich mag das nicht…" Ihre Stimme strafte ihrer Worte Lügen. "Aha." Sie blinzelte und ihre goldenen Augen verschleierten sich. "Was genau hast du jetzt vor?" "Um ehrlich zu sein", wurde seine Stimme leiser. "Will ich meinen Nachtisch." "Dann hol ihn dir…" Oh... Oh nein! "Anjaani." Er schloss die Augen. "Du forderst mich heraus." "Ich weiß." Er riss die Augen auf, starrte in ihre, ein Lächeln auf den Lippen, einladend, sinnlich… verlangend. Oh verdammt! "Saajan", wisperte sie und betörend schmiegte sich ihr Arm um seinen Nacken. Seine Haut begann zu kribbeln. "Entfache kein Feuer, wenn du es nicht bändigen kannst." Ihr Blick verbrannte deinen Verstand zu Asche. "Denn ich habe es satt immer nur zu träumen." Es war dieser winzige Runzler auf seiner Stirn, den sie als Unsicherheit deutete. Inuyasha wollte sie nicht. Er hätte keine Gefühle dabei, wenn sie sich nahm, was sie begehrte. Nur simples sexuelles Verlangen. Mehr nicht. Aber sie wollte mehr. Inuyasha war völlig überwältigt. Willenlos und bereit sein Leben für nur eine Berührung zu geben. Scheiß auf seine Vergangenheit! Scheiß auf Kagome! Er sollte Anjaani gehören, mit ganzem Herzen! Für den Rest seines Lebens! Jetzt? Dies war der Moment, dieses verhängnisvolle kleine Stirnrunzeln. Ja, jetzt! Los, Dämon! Doch Anjaanis Augen wurden auf einen Schlag braun, sie nahm sofort die Hand von seiner Schulter. "Es tut mir leid", raunte sie. "Was?" Ihm war, als wäre er von einer Wolke gestürzt. "Ich wollte nicht, dass du dich unwohl fühlst. Ich habe vergessen, dass du dir deine… Mitspielerin selber aussuchst." In dem Moment, in dem sie sich abwandte, begriff er. Sie hatte seine instinktive Mimik falsch verstanden. Shit, nein! "Anjaani!" Anjaani war schon fast auf dem Balkon, um den Sonnenuntergang zu genießen. "Anjaani, du hast das falsch verstanden…" Sie drückte ihm seine Schüssel in die Hand, ohne die Augen vom brennenden Himmel zu nehmen. "Geht es Yoko gut?", fragte sie. "Ja, warum?" Wieso ging er jedes Mal auf ihren Themenwechsel ein? "Weil du nach ihr duftest. Zumindest glaube ich, dass es Yokos Duft ist." Er brauchte kurz, um zu antworten, weil der Geschmack der weichen Eiscreme kombiniert mit der fruchtigen Himbeere und den knusprigen Streuseln seine Sinne völlig durcheinander brachte. "Da war eine Spinne neben ihr…", begann er zu erklären. "Ehe ich reagieren konnte, hat sie versucht, mir auf den Kopf zu klettern. Und meine Ohren klingeln immer noch." "Sie sind unbesiegbare Amazonen", kicherte Anjaani und streckte die Finger nach einer kleinen Spinne aus, um sie zu streicheln. "Doch solch harmlose Lebewesen können sie bezwingen." "Jeder hat Schwächen", erklärte Inuyasha, mühsam beherrscht sich nicht die ganze Schüssel dieser Köstlichkeit in den Schlund zu kippen. "Auch ich. Das macht uns ja menschlich." Sie drehte sich zu ihm, ein überraschtes Schimmern in den schönen Augen. "Seit wann stört es dich nicht, menschlich zu sein?" "Ich wollte immer ein vollblütiger Dämon sein." Sein Lächeln wurde sanft. "Aber du hast mir gezeigt, dass ich perfekt bin, wie ich bin. Dank dir akzeptiere ich mich." Seine Worte zauberten einen lieblichen Hauch Rosa auf ihre Wangen. "D- du…" Ihre Stimme war schwach. "Du bist so schon stärker als jeder vollblütige Dämon." "Ein vollblütiger Alpha meiner Art ist unvorstellbar stark", widersprach er weich. "Hat er auch ein Herz, so wie du?" "Nein. Mitleid, Gerechtigkeit, Gnade. Das sind Gefühle, die mich stark machen. Ich möchte keine kalte Bestie sein. Der Hundedämon am See hätte Yuki rücksichtslos vergewaltigt und… das will ich mir gar nicht ausmalen", stöhnte er entsetzt und schüttelte den Kopf. "Ich war nie so. Ich war einfühlsam…" Sie kicherte. "Einfühlsamer als meine Artgenossen", bemerkte er. "Ich habe immer versucht die Schwachen und Unschuldigen zu beschützen. Und ich habe mir nie eine Frau mit Gewalt genommen, nie etwas getan, was sie nicht wollte…" "Und wenn sie verschüchtert, verunsichert und verschreckt war?" So wie sie selber? "Kaum vorstellbar, aber gerade für solche Frauen hatte ich ein Händchen. Ich glaube, genau deswegen war ich beim anderen Geschlecht so beliebt." "Und diese Bestätigung hat dir das Selbstvertrauen gegeben, dich zu der starken Persönlichkeit gemacht, die du bist." Er sah in ihre Augen, diese Augen voller Verständnis, voller Wärme. Ihre Augen, die jede Seele durchleuchten können. "Jämmerlich, oder?" "Warum? Weil du dich durch die Bewunderung anderer stärkst? Wie sollst du dich denn selber akzeptieren können, wenn du von deiner Außenwelt abgelehnt wirst? Die Kraft zur Selbstliebe muss auch von irgendwoher kommen. Und nebenbei", grinste sie schelmisch. "Es ist äußerst befriedigend, seine Konkurrenz dermaßen auszustechen." "Selbst wenn man damit konkurriert, wer die meisten Frauen verführt hat?" Sie blinzelte, errötete, doch sah ihn weiterhin an. "Hast du ihnen je weh getan?" "Nein", war die sofortige Antwort. "Hast du je etwas getan, was ihnen nicht gefallen hat?" "Natürlich nicht." "Hast du je eine Frau gezwungen? Sich ihr aufgedrängt? Egoistisch gehandelt?" Er runzelte angewidert die Stirn. "Niemals!" "Dann hast du nichts, was du dir vorwerfen musst", erwiderte sie. "Ich weiß, ich benehme mich unnormal, bin verklemmt, verstaubt, verschlossen, verständnislos und…" "Anjaani." Sie verstummte, als er liebevoll eine Hand an ihre Wange legte. Wärme breitete sich kribbelnd über ihre Wirbelsäule aus. "Du wurdest nie so behandelt, wie du es verdienst." Seine Stimme schien aus Samt zu sein. "Du hast nie Wärme und Geborgenheit erfahren, geschweige denn Liebe. Zu allem Überfluss hat dich der Mensch, dem du deine Zukunft anvertrauen wolltest, aufs brutalste misshandelt. Wie kann man einer Sache etwas Gutes abgewinnen, wenn man es als einen Alptraum erlebt hat?" Sie war erstarrt, wie gebannt von seiner liebevollen Stimme. Er nahm ihr ihre Schüssel aus der Hand, legte sie neben seine leere auf das Fenstersims und zog sie in seine Arme. Instinktiv umschlang sie seinen Rücken und ein wohliger Schauer durchrieselte sie. Seine Nähe war unglaublich schön. Und sein Duft Gefahr für ihre Sinne. Warum konnte sie nicht ewig hier stehen, in seinen Armen, an seinem Herzen? Hier mit ihm gemeinsam den Sonnenuntergang ansehen. Das war so schön. Träumte sie wieder? Aber die Gefühle, die sie überkamen waren so intensiv, so real. "Du bist nicht unnormal, Anjaani", summte seine Stimme in seinem Brustkorb. Er klang, als würde er ihre Nähe ebenso genießen. "Ich mag deine Unschuld, sie macht dich zu etwas ganz besonderem." "Ich…ich bin nicht unschuldig", flüsterte sie und vergrub das Gesicht in seiner Brust. "Ich könnte dir… nicht w- widerstehen." Er spürte die Röte in seinen Kopf schießen. "Das hat doch nichts mit Unschuld zu tun", versicherte er. "Außerdem gilt das doch nur für mich?" Sie nickte hastig, das Gesicht in den Falten seines T-Shirts vergraben. "Du bist so unvoreingenommen, verurteilst nie, wertest nie, akzeptierst jeden so wie er ist. Du siehst in jedem das Beste. Das meine ich mit unschuldig. Deine Seele ist so rein. Selbst, wenn du ein Liebesleben hättest, das ändert nichts an deinem schuldlosen Charakter." "Inuyasha?" "Was- Anjaani!" Entsetzt betrachtete er die Tränen, die ihr aus den Augen liefen. "Warum weinst du, was-" "Weißt du, wie gut das tut, so etwas zu hören?", weinte sie leise. "So ehrliche Worte? Etwas anderes, als nur, wie schön ich sei? Danke, Saajan." Sie vergrub sich wieder an seiner Brust, ehe er etwas erwidern konnte. "Jetzt ist mir klar, wie du eine verschüchterte, verschreckte, verunsicherte Frau verführen könntest. Danke für die kleine Demonstration." Ein Lachen entsprang seiner Kehle, wie eine sprudelnde Quelle und erfüllte seine komplette Brust. "Das war nicht meine Absicht, aber gern geschehen! Ich wollte dir bloß sagen, wie einzigartig du bist und warum ich so gerne bei dir bin." Ein weiterer wohliger Schauer erfasste ihren Körper und sie presste sich fester an ihn. "Saajan", murmelte sie selig. "Ich liebe es, was ein wenig Nachtisch mit deinem Benehmen anstellt." "Apropos", sein gierigen Augen wanderten zum Fenstersims. Ihre Schüssel war noch voll. "Isst du deinen denn nicht?" "Bediene dich", murmelte sie, das Gesicht gegen seinen Oberarm geschmiegt. "Dafür musst du mich loslassen…" Doch sie umschlang ihn nur fester. "Halt mich bitte noch etwas. Ich will jetzt nicht, dass du mich los lässt." Und warum zum Teufel sollte er dem Paradies entsagen? Als Antwort schmiegte er die Wange in ihr Haar und küsste ihren Scheitel, ohne zu realisieren, was er da tat. "Nochmal", summte ihre leise Stimme, ohne sich dieses Wortes wirklich bewusst zu sein. Sofort senkte Inuyasha die Lippen auf ihren Scheitel. Ein Laut wie ein leises Schnurren, entwich ihrer Kehle. Und er drückte noch einen Kuss auf ihr Haar. Sie hob leicht den Kopf, in Hoffnung auf mehr. Inuyashas Lippen wanderten über ihr Haar, platzierten warme Küsse auf ihre Locken und sie reckte sich ihm entgegen. Als seine Lippen ihre Stirn berührten, erschauderte sie und ein halb ersticktes Schnurren entkam ihren geöffneten Lippen. Inuyasha war verloren, ergab sich ihrem Zauber. Ein Kuss nach dem anderen. Es war wie ein Rausch. Sanft, warm und magisch. Er wanderte über ihre Augenbrauen, ihre Schläfe entlang. Sie seufzte und hob das Gesicht. Seine brennende Spur zogen sich über ihre Wangen bis zu ihrem Mundwinkel und verharrten dort. Ihr Atem stockte hörbar und ihre Augen öffneten sich flatternd. Sprühend golden. Seine dunklen Bernsteinaugen, seine Lippen an ihrer Haut, sein prickelnder Atem und er presste sie fest an sein Herz. "Anjaani, willst du das?", flüsterte er heiser, gab ihr eine letzte Chance zum Rückzug. "Ja." Und sie küsste ihn. In genau dem Moment ertönte ein wildes Hämmern gegen die Wohnungstür, so donnernd laut, dass die beiden erschrocken zusammenzuckten. "Was zur Hölle…?", setzte er an, mehr als nur wütend über diese Störung. Anjaani eilte wortlos zur Tür. Irgendetwas schlimmes musste passiert sein. Vor der Tür stand ein Mann, offensichtlich in heller Panik. Inuyasha kannte diesen Japaner nicht, er hatte ihn noch nie gesehen. "Aani! Schnell, ich brauche deine Hilfe!" Inuyasha stöhnte genervt auf. Nicht schon wieder! Garantiert hatte er Ärger mit seiner Frau oder Freundin und Anjaani musste wieder als seelischer Mülleimer herhalten. Sie tat ihm so leid. Doch Anjaani würde nie jemanden im Stich lassen, egal wie sehr es sie selber belastete. Und das liebte er an ihr. "Kenta, beruhige dich. Was ist passiert?", fragte Anjaani, im Türrahmen gelehnt, nicht bereit, den Störenfried rein zu lassen. "Es ist gerade ungünstig." Inuyasha stutzte. Hörte er schlecht?! Sie warf ihm einen kurzen Blick über die Schulter zu und er riss die Augen auf. Der Besuch störte sie mindestens so sehr wie ihn! Anjaani wollte jetzt bei ihm sein und sich um niemand anderen kümmern müssen! Er brachte sie dazu egoistisch zu sein. "Aani, es ist dringend! Tetsumi liegt in den Wehen. Wir müssen ins Krankenhaus!" "Und ich soll auf Mia aufpassen? Um die Uhrzeit?" "Bitte, Aani! Ich kann sie so kurzfristig nirgends unterbringen!" "Was ist mit Lena und Makoto?" "Sie mag ihre Großeltern nicht, das weißt du doch!" "Und ihre Tanten?" "Ich kann die Drillinge nicht erreichen. Mia liebt dich. Bitte, Aani, es ist eilig, warum hilfst du mir nicht?" Anjaani zuckte zusammen. Ja, warum half sie nicht? Was zum Teufel war in sie gefahren?! Da stand ein verzweifelter Ehemann, dessen Frau mit dem zweiten Kind in den Wehen lag und er bat sie, auf seine 4-Jährige aufzupassen. Wegen einem Kuss wollte sie ihm nicht helfen? Was hatte Inuyasha mit ihr angestellt, dass sie so ein eiskaltes Miststück war? Anjaani schüttelte das Brennen in ihrem Inneren ab und legte dem Schwager der Drillinge beruhigend die Hände auf die Schultern. "Entspanne dich, Teti wird nicht in den nächsten 10 Minuten gebären. Das geht auch bei dem zweiten Kind nicht so schnell. Wie lang sind die Abstände zwischen den Wehen?" "10 Minuten. Aber sie werden stärker!" "Ist Mia noch im Auto?" Er nickte hektisch. Und Anjaani nahm ihn liebevoll am Arm und zog ihn die Treppen hinunter. Inuyasha atmete tief durch. Das Brennen seines Blutes beruhigte sich so langsam. Anjaani hatte ihn geküsst. Sie hatte ihn verzaubert, verführt und verdammt! Sie waren verflucht. Das war doch nicht normal! Die Stimmung war perfekt, der Ort, die Zeit, nichts hätte stören können. Und dann das. Es war ein Zeichen. Ein Zeichen, dass es nicht sein sollte. Dass sie sich nicht nahe kommen durften. Das Schicksal hatte sie zusammen geführt, doch es arbeitete so verbissen gegen sie. Aber es fiel ihm schwer zu widerstehen, wenn sie… mitspielte. Würde sie nein sagen, ihn abweisen, dann hätte er kein Problem. Aber wenn sie ihn herausforderte, wie konnte er so widerstehen? Zeit nachzudenken blieb ihm keine, denn sie kam zurück mit einem kleinen Mädchen auf dem Arm. Und er erkannte die Nichte der Drillinge an der rotbraunen Farbe ihres geflochtenen Haars. Sie trug einen roten Schlafanzug mit kleinen Hunden drauf und hielt einen schneeweißen Stoffhund im Arm. Er konnte ahnen, was ihr Lieblingstier war. "Bist du müde, Mia, mein Schatz?", schmiegte sich Anjaani an das süße, puppenhafte Gesicht der Kleinen. Kinder standen ihr gut, das musste Inuyasha sich eingestehen. "Darf ich bei dir schlafen, Aani-chan?" "Natürlich. Und wenn du morgen aufwachst, hast du einen kleinen Bruder." Dann entdeckten die großen, dunkelbraunen Augen den Hundedämon und sie drückte sich enger an Anjaani, starrte aber auf seine Ohren. "Das ist Inuyasha", lächelte Anjaani und Inuyasha versuchte, nicht so furchteinflößend auszusehen. "Inuyasha wohnt bei mir. Er ist ein Hundedämon, ein ganz weißer Hund, dein Lieblingstier." "Beißt er mich?", hörte er das leise, verunsicherte Stimmchen. "An dir ist doch nichts dran", sagte Inuyasha. "Er beißt nicht, Mia", versicherte Anjaani und blitze ihn warnend an. "Er beschützt uns. Er kämpft gegen die bösen Dämonen, damit uns nichts passieren kann." "Tante Yami sagt, die gemeinen Jungs sind doof. Ich mag nur liebe Jungs." "Inuyasha ist der allerliebste. Er hat deine Tante Yami auch schon mal gerettet. Und Tante Yuki auch." Dass er Yoko aber fast geköpft hätte, verschwieg sie. Mia blieb skeptisch. "Aber Kago-san sagt, er tut Kinder beißen." "Deine Tante kennt ihn aber nicht. Was habe ich dir gesagt über Vorurteile? Weißt du das noch?" "Erst jemanden kennen und dann sagen, wie er ist." "Du bist so ein schlaues Mädchen! Willst du noch eine warme Bananenmilch, bevor wir schlafen gehen?" Der Hund und das Mädchen sahen sie begeistert an. Anjaani lachte und drückte Inuyasha einen Kuss auf die Wange. "Du kriegst auch eine, Saajan. Aber, Mia, dafür musst du von mir runter." "Ich will aber schmusen." "Mit Inuyasha kann man ganz toll schmusen. Geh doch solange zu ihm, ja?" Die kleine Mia zögerte etwas und auch Inuyasha war verunsichert. Sollte er jetzt die Kleine nehmen? Doch als er ihr die Arme entgegen streckte, beugte sie sich rüber zu ihm und schlang die dünnen Ärmchen um seinen Hals. Sie betrachtete ihn ganz genau. Die Lust, an seine Ohren zu greifen, sah man der Vierjährigen deutlich an, doch die Unsicherheit hielt sie zurück. Die Ähnlichkeit zu den Drillingen war nicht zu übersehen. Mia besaß die gleiche runde Augenform und die gleichen Schmolllippen. Mal abgesehen von den rotbrauen Haaren, die alle Higurashi-Töchter von Lena geerbt hatten. "Ich kriege morgen einen Bruder", sagte sie zu Inuyasha. "Ich weiß", antwortete er. "Mama macht ihn jetzt aus ihrem Bauch. Und Papa hilft ihr." "Das ist nett von ihm", sagte Inuyasha, weil ihm nichts besseres einfiel. "Er muss Mama helfen. Er hat das Baby auch gemacht. Gell, Aani-chan?" Inuyasha fiel fast die Kinnlade herunter. "Du hast sie aufgeklärt, Anjaani? Kleine, wie alt bist du?" Sie hielt ihm vier Finger hin. "Inuyasha, sie weiß das nötigste", ermahnte ihn Anjaani aus der Küche. "Aber nicht alles. Du hast keine Ahnung, wie viele Fragen sie stellt. Ich habe ihr das beigebracht, was sie wissen darf. Besser ich, als ihre drei Tanten. Komm, Mia, erklär Inuyasha mal, wie man Babys macht." Und die Vierjährige setzte Yokos berühmten belehrenden Gesichtsausdruck auf. "Mama und Papa haben sich ganz lieb, wenn sie ein Baby wollen. Papa macht dann ein bisschen von sich in Mamas Bauch und dann wächst ein Baby und kommt unten raus, wenn es fertig ist. Ein Baby ist Liebe. Gell, Aani-chan?" "Ganz genau", strahlte Anjaani. "Und du bist auch Liebe." "Hast du den da lieb?", fragte sie plötzlich. "Inuyasha?", war Anjaani am Mixer beschäftigt. "Ganz arg." "Macht er dir auch ein Baby?" Inuyasha hätte das kleine Mädchen fast fallen lassen. Er spürte das Blut in seinen Kopf schießen. "Nein, ich kriege kein Baby." "Du hast ihn doch lieb. Und du hast ihn geküsst." Inuyasha war überrumpelt. "Anjaani bekommt kein Baby." "Aber ihr habt euch lieb", beharrte die Kleine. "Sie küsst dich. Ein Kuss ist Liebe." "Ein Kuss ist keine Liebe", wurde er jetzt ungehalten. "Ich darf bei ihr wohnen. Nur weil man sich küsst, heißt es nicht, dass man sich gern hat." Anjaani wäre fast das volle Glas Bananenmilch aus der Hand gefallen. Sie nahm ihm die Kleine aus dem Arm, der Blick dunkel und anweisend. "Nicht?" "Natürlich nicht!" "Was erzählst du ihr für einen Blödsinn?!" "Das ist die Wahrheit! Hinter einem Kuss stecken nicht automatisch Gefühle." "Ach, nein?! Was bedeutet dir denn ein Kuss?" "Das Verlangen nach Nähe. Es muss nicht sofort Liebe sein." "Das ist falsch!", zischte sie ihn an. "Nein, das ist realistisch", korrigierte er. "Du erziehst die Kleine zu einem hoffnungslosen Träumer. Die Welt ist nicht so rosarot, wie du es ihr erzählst. Sie wird sich dem anderen Geschlecht mit absolut überzogenen Erwartungen nähern und dann bitter enttäuscht werden." "Warum? Weil Männer nur Lust wollen, keine Liebe?!" "Anjaani, du musst realistisch bleiben. Ein Kuss führt nicht sofort zum Traualtar." "Und wo führt er dann hin?", wurde sie laut. Sie hielt der trinkenden Mia die Ohren zu. "Ins Bett?!" "In der Regel. So ist es nun mal zwischen-" "Ist es so zwischen uns?", unterbrach sie ihn laut. "Hätte unser Kuss so geendet, wenn Mia nicht gekommen wäre?" Er ballte die Fäuste. "Schrei mich nicht so an. Du hast mich geküsst. Nicht umgekehrt. " "Weil ich dich liebe", schrie sie schon fast. "Weil es mir etwas bedeutet, dich zu berühren! Hätte ich gewusst, dass du nur Sex willst, hätte ich niemals angefangen!" "Wir sind Freunde, Anjaani, ich werde irgendwann gehen! Ich liebe dich nicht, nur weil ich deinen Kuss erwidere!" Und augenblicklich bereute er seine Worte. Anjaani sah ihn genauso entsetzt an, wie das Mädchen auf ihrem Arm. Im Gebrüll hatte er sein Gebiss entblößt. Mia starrte seine spitzen Zähne an, die langen Reißzähne. Sie zitterte und dann brach sie in ängstliches Geheule aus. "Oh nein", jammerte Anjaani und drückte das plärrende Kind an sich. "Mia, beruhige dich bitte. Hunde bellen manchmal. Er tut dir nichts. Nicht wahr, Inuyasha?" Inuyasha hielt sich die schmerzenden Ohren zu. "Jetzt sag doch was!" "Was soll ich sagen? Du hast mit dem Streiten angefangen!" Ihre Augen füllten sich mit Schmerz. Er hörte ihre leise Stimme über Mias Schluchzen hinweg. "Ich weiß, es ist immer meine Schuld. Das tut mir leid." Inuyasha war dankbar dafür, zu einem Einsatz gerufen zu werden. Das Geplärre der Göre war unerträglich. Fast so schlimm wie Anjaanis Enttäuschung. Er war wütend. Nicht über ihre Erwartungen an ihn, sondern über sein Mangel an Taktgefühl. Natürlich erhoffte sie sich mehr von einem Kuss, aber er konnte ihr nicht mehr geben. Warum war er so schwach? Sie war ihm doch wichtiger als sein Jagdtrieb? Seine Gedankenversunkenheit kam ihm teuer zu stehen. Beinahe. "Sei aufmerksam, oder du warst mein bester Kämpfer", beschwerte sich der Dämonenjäger sanft, der ihm gerade die Haut gerettet hatte. "Warum bist du hier?", wunderte sich Inuyasha. "Noch habe ich keinen Urlaub", bemerkte Aryan. "Den kannst du auch erst haben, wenn du mit der Arbeit aufhörst. Oder vertraust du mir nicht?" "Ich vertraue dir, wenn du bei der Sache bleibst." "Der Giftzwerg!", riss Inuyasha die Augen auf. "Sie hat es dir gebeichtet und jetzt ist alles abgeblasen!" "Was hat sie mir gebeichtet?" Und Inuyasha zuckte zusammen. Oh-oh. "Nichts." Doch Aryan erwischte ihn an den langen Haaren. Sein Nerv war getroffen, sobald es um Yami ging. "Hier geblieben!" "Ich bin unschuldig!" "Ich gehe auch nicht davon aus, dass du sie angerührt hast." "Was?! Sie würde mich umbringen!" "Interessant", lächelte Aryan. "Dass dir das Argument zuerst einfällt. Und ich dachte, du wärest derjenige, der sie nicht anfassen will." "Das will ich auch nicht!", brüllte Inuyasha. "Dann erklär mir mal, was sie mir beichten sollte." "Nichts, was mit mir zu tun hat!" "Und warum bist du so unkonzentriert?" "Das hat nichts mit dem Drilling zu tun, sondern mit Anjaani. Wir haben gestritten." Doch Aryan ging nicht auf diese Ablenkung ein. "Da ihr beiden nicht gerade die besten Freunde seid, wundere ich mich darüber, was Yami mir verheimlicht, aber dir anvertraut. Und vorallem warum?" Es war sinnlos, Aryan zu belügen. "Sie hat extreme Panik in ein Flugzeug zu steigen. Sie hat mir nichts gesagt, aber ich erkenne Angst, wenn ich sie rieche. Und Yami ist einem Nervenzusammenbruch nahe." "Mir wäre fast lieber, du hättest sie angefasst", seufzte Aryan. "Dieser kleine Dickkopf. In meiner Nähe unterdrückte sie ihre Gefühle." "In deiner Nähe empfindet sie nun mal mehr Glück, als Angst." "Was mache ich jetzt?" "Blas bloß nicht den Urlaub ab! Das wird sie mir nie verzeihen", entsetzte sich Inuyasha. "Kannst du ihr nicht sagen, dass ihr in deiner Nähe nichts passieren kann? Dir würde sie alles glauben." "Dafür ist es zu spät", bedauerte der General. "Ich hab ihr gesagt, dass auch ich keinen Absturz überleben kann." "Spinnst du?! Warum sagst du ihr das?" "Weil es die Wahrheit ist. Warum sollte ich die anlügen?" "Aryan, hab ich dir denn nichts über die Frauen beigebracht?! Die Wahrheit bringt dir nichts, wenn sie ihnen nicht passt! Du sagt ihnen immer nur das, was sie hören wollen! Nur so kommt man mit ihnen klar." Aryan warf ihm einen amüsierten Blick zu, bevor er sich wieder ins Kampfgetümmel stürzte. "Was würde ich jetzt dafür geben, dass Aurora das gehört hätte." "Das würde es auch nicht schlimmer machen" murmelte Inuyasha leise, vergaß, wie gut Aryans Gehör wirklich war. Aryan wehrte einen Dämon ab, während er Inuyasha direkt in die Augen sah. "Was hast du angestellt?" "Nichts, sie hat mich geküsst…" "Wie hast du es ruiniert?" "Ihr gesagt, dass ich nichts für sie empfinde, nur weil ich mitspiele", fasste er kurz zusammen. Aryan blieb abrupt stehen. "Ist das dein ernst?" "Hast du nie eine geküsst, ohne sie gleich unsterblich zu lieben?" "Nein", sagte Aryan. "Ich fühle mit dem Herzen und denke mit dem Kopf, im Gegensatz zu dir. Du brauchst wohl offensichtlich nur ein bestimmtes Körperteil für beides." "Mann, Aryan!" Inuyasha schlug nebenher einen Dämon nieder. "Das hilft mir nicht! Sie ist total gekränkt und ich weiß nicht, wie ich es wieder gut machen soll." "Inuyasha, wir sind mitten im Einsatz, verschieb deine Probleme auf später." "Kannst du mich denn gar nicht verstehen? Hilf mir bitte." Aryan schüttelte den Kopf, bevor er weitere Befehle an seine Truppe erteilte. "Tut mir leid, das verstehe ich nicht. Ich kann dir nicht helfen. Aber es gibt jemanden, mit dem du immer reden kannst, weil sie dir ähnelt. Weil sie dich versteht. Sowohl dich, als auch Aurora." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)