Romeo und Julius von Remy ================================================================================ Eine erste winzigkleine Annäherung ---------------------------------- Romeo und Julius Kapitel 11 – Eine erste winzigkleine Annäherung Juan lag wach. Immer noch. Wäre Reno nur nicht so lautstark mit seinem 'Lover' heimgekommen, dann würde er jetzt noch schlafen oder vom Gestöhne wach werden. Das wäre auch keine bessere Situation. Langsam schweifte sein Blick nach rechts, wo sich der Blonde mehr oder weniger zusammengerollt hatte und schlief. Im Gegensatz zu Juan war er dazu in der Lage gewesen, als ob nichts dabei wäre, in ihrem Alter einfach so mit einem Jungen in einem Bett zu schlafen, wenn man selbst einer war. An das kleine andere Problem, das Juan hatte, wollte er gar nicht erst denken. So drehte er sich herum, damit er die Wand im Blick hatte und nicht am Ende noch auf dumme Gedanken kommen würde. Zu seinem Unglück zog er nur bei seinem Herumrollen Reno die Decke weg, der diese ruppig zurück zog, wodurch nun der Schwarzhaarige bibbernd ohne etwas Warmes sich etwas zusammenkauerte. Für seinen Schlaf wäre es auch nicht besser. Von draußen hörte der, dass wohl ein Auto gehalten hatte. Womöglich seine Mutter. Doch jetzt wollte er nicht mehr gehen, viel lieber würde er jetzt einfach hier bleiben. Sollte sie sich eben einmal richtig Sorgen um ihn machen. Möglicherweise auch eine Vermisstenanzeige aufgeben. Ihm war es egal. Langsam rollte er sich auf den Rücken und setzte sich schließlich auf. Bestialisch zitterte er, doch Reno noch einmal die Decke wegziehen, wollte er nicht. Zaghaft blickte er zu dem Blonden hinüber, bei dem es so schien, als ob ihm wollig warm wäre. Vielleicht sollte er sich ja selbst einfach an den Blonden kuscheln? Es wäre das Einfachste, was er tun könnte, und dann wäre ihm sogar auch warm. Vorsichtig legte sich Juan neben den anderen und kroch mit zurück unter die Decke. Ganz zaghaft kuschelte er sich an den Kleineren und legte die Arme um ihn. Bis morgen früh würde schon niemand etwas davon mitbekommen, und dann könnte er immer noch sagen, dass es normal war, dass er sich im Schlaf an jemanden schmiegte. Doch zu seinem Unglück machten sich seine Finger selbstständig und wanderten an Reno hinunter, der sich nur leicht hin und her wandte. Für ihn war es wohl nur ein Traum, dahingegen für Juan purer Ernst. Zärtlich glitt er über die Shorts des anderen, als dieser sich abrupt zu ihm herumdrehte. „Finger weg!“, maulte dieser mehr oder weniger im Halbschlaf. Stocksteif blieb der Schwarzhaarige liegen und wartete auf die nächste Reaktion des Kleineren, von dem aber nichts mehr kam. War er wieder in seine süßen Träume versunken? Womöglich würde er dann sogar vergessen, was die letzten paar Sekunden passiert war. Langsam löste sich der Größere wieder von Reno und rollte sich auf die andere Seite – dieses Mal ohne die Decke mitzuziehen. Die ganze Nacht über schlief er nicht gerade gut. Immer wieder wachte er auf und meinte sich erneut an den anderen ranzumachen, doch es war jedes Mal nicht so. „Du solltest langsam wieder heim“, meinte Reno, als sie am nächsten Morgen zusammen am Frühstückstisch saßen. Juan hatte sich nur eine Tasse Kaffee gegönnt, da er so gar nicht richtig wach werden wollte. Mehr Schlaf wäre gut gewesen, und eigentlich würde er jetzt noch viel lieber im Bett liegen. „Hm... Ich geh gleich“, murmelte er zur Antwort und richtete sich schon im nächsten Moment auf. Selbst noch etwas verschlafen blickte nun Reno auch auf, etwas wirkte er, als ob er einen Kater hätte. Dadurch, dass er am Abend zuvor getrunken hatte, wäre es kein Wunder gewesen. „Kopfschmerzen?“, wollte Juan deswegen einfach einmal wissen und erhielt nur ein knappes Nicken zur Antwort. Dadurch zog der Größere für einen Moment die Mundwinkel hoch, so fies wollte er jedoch nicht sein und jetzt über das Leiden des Kleineren lachen. „Leg dich doch noch etwas hin, ich find' schon alleine raus.“ Gerade als Juan auf den Hacken kehrt machen wollte, stand auch Reno auf und hielt ihn auf, indem er ihn am Arm festhielt. „Du hast mich gestern Nacht im Bett befummelt“, hauchte der Blonde dem anderen ins Ohr, der nur schlagartig geräuschvoll schluckte. Hatte er es also doch nicht vergessen, so wie er es erhofft hatte? Juan wagte es nicht, etwas zu antworten, doch da begann Reno auf einmal zu kichern. „Das hast du doch jetzt nicht etwa geglaubt?“ Geradezu erleichtert atmete der Schwarzhaarige auf, während der andere an ihm vorbei tapste. Leicht massierte er sich dabei die Schläfe, weswegen Juan leicht den Kopf zur Seite neigte und meinte: „Tut es sehr weh?“ Vorsichtig schob er die Hand des Kleineren weg und massierte ihn selbst an der Stelle. „Es geht...“, murmelte Reno und löste sich dann doch von dem Größeren, bevor er noch hinzufügte: „Du solltest wirklich langsam heim. Deine Ma macht sich wahrscheinlich Sorgen, und ich geh wohl wirklich wieder ins Bett...“ Nur wenige Minuten später stand Juan vor seinem eigenen Heim und klingelte. Noch im gleichen Augenblick riss seine Mutter die Tür auf, als ob sie dahinter gestanden und nur darauf gewartet hätte, dass er nach Hause käme. „Himmel, Juan.“ - Sie schlang die Arme um ihn. - „Wo warst du denn?“ Sie ließ ihn überhaupt keine Zeit um zu antworten, sondern schleifte ihn gleich in die Küche und lief im nächsten Moment sofort ans Telefon. Wahrscheinlich hatte sie eine Vermisstenanzeige aufgegeben und musste das jetzt wieder rückgängig machen. Jetzt war er ja wieder zu Hause. Sicher hatte sie die ganze Nacht nicht richtig geschlafen, weil sie sich wirklich um ihn sorgte, aber jetzt war er ja wieder da und es ging ihm gut. Alles war wie immer. „Mam!“ Immer noch stand er in der Küche. Keinen Zentimeter hatte er sich bewegt, auch nicht, als seine Mutter den Kopf zur Tür hereinsteckte. „Was ist denn, Spatz?“, wollte sie wissen und ein Lächeln lag auf ihren Lippen, das, das sie ihm zu Liebe immer auflegte. „Weißt du, wo hier in der Nähe eine Disco ist?“ Leicht neigte er den Kopf zur Seite und setzte seinen zuckersüßen Gesichtsausdruck auf, so musste sie ja antworten. „Äh... Ich glaube in der Stadt, mit dem Auto brauchst du keine Viertelstunde... Angeblich gibt es sogar einen Schwulenclub.“ - Kurz lachte sie auf, als ob das besonders witzig wäre. - „Aber da willst du ja nicht hin...“ Selbst lachte er auch kurz trocken und meinte dann: „Weißt du, wo genau? Vielleicht zieh ich heute Abend mal ein wenig um die Häuser.“ Bevor sie fragte, sagte er ihr lieber gleich, was er wollte. So ging es jetzt schon einmal schneller. „Leider nicht, Spatz. Aber frag' doch deinen Freund von nebenan... Wie hieß er nochmal?“ Ein sanftes Lächeln lag auf ihren Lippen bei dieser Frage. Bis jetzt hatte sie noch nie nach seinem Namen gefragt, also konnte sie ihn doch gar nicht kennen. „Reno...“, erwiderte er nur knapp und schlurfte schließlich in sein Zimmer hinauf und machte es sich dort auf dem Fensterbrett gemütlich. Zaghaft schweifte sein Blick zu Reno hinüber, der es sich am selben Platz, nur in seinem Zimmer bequem gemacht hatte. Scheinbar bemerkte er den Schwarzhaarigen auch nicht, was aber daran lag, dass er wohl schlief. Juan seufzte und war richtig glücklich darüber, dass zwei Fenster zwischen ihnen lagen, damit der andere ihn nicht hören konnte. Aber was hätte es Reno auch interessiert, wenn er solche traurigen Laute von sich gab, immerhin kannten sie sich nicht einmal richtig. Der Schwarzhaarige senkte den Kopf, bevor er die Finger an die kalte Glasscheibe legte und ein eisiger Schauer ihn durchzuckte. Doch nur einen Moment später wandte er sich vom Fenster ab und stand auf, um zu seinem Bett zu schlurfen. Eine abgrundtiefe Leere breitete sich in ihm aus, und er wusste nichts, damit sie weg ging. Er schlang die Arme um den Körper, nachdem er geradezu erschöpft auf sein Bett gesunken war. Noch im selben Moment betrat seine Mutter den Raum und sah ihn eine Sekunde besorgt an, bevor sie zu ihm ging und sich auf die Bettkante setzte. „Was ist denn los? Bedrückt dich etwas?“ Langsam schüttelte Juan den Kopf. Gar nichts war los, alles okay, das hätte er viel zu gerne zu ihr gesagt. Nur kam es ihm nicht über die Lippen. Sie würde ja ohnehin nicht richtig zuhören und wahrscheinlich sogar noch meinen, dass alles gut werden würde. Wie immer eben. Alles – egal was – wurde schon wieder gut. „Ach komm schon, was stimmt denn nicht? Haben sie dir in der Schule etwas getan?“ Wieder schüttelte er den Kopf, dieses Mal heftiger. Es gab nichts, worüber sie sich Sorgen machen müsste, und er wollte es ja auch gar nicht, dass sie es tat. „Du fühlst dich hier wohl noch nicht so recht wohl...“ Leise seufzte sie noch bei ihrer Aussage und nun begann auch er zu nicken. Meistens brauchte er recht lang, bis er sich einmal irgendwo eingelebt hatte, und häufig wollte dann sie gerade wieder umziehen. „Ich geh' etwas raus.“ Abrupt fuhr er hoch und ließ sie alleine sitzen, während er die Treppe nach unten lief, wo er sich seine Schuhe und Jacke anzog. Nur einen Augenblick später schlug ihm ein kalter Wind entgegen, doch der konnte ihn nicht abschrecken, dass er sich doch ins Freie wagte. Langsam schweifte sein Blick zu Renos trautem Heim, in dessen Einfahrt nun zwei Autos standen. Scheinbar waren die Eltern des Blonden zu Hause. Da vernahm Juan aber auch schon laute Stimmen und nur einen Moment später flog die Haustür ins Schloss und Reno stand zitternd auf der Veranda. Irgendetwas murmelte er vor sich hin, wobei er die Zähne zusammenbiss. Zaghaft trat er die wenigen Stufen herunter und stapfte über den schmalen Weg, bis zum Gehsteig, um noch weiter von Juan wegzugehen, da lief dieser dem Blonden aber schon hinterher und rief seinen Namen. Abrupt blieb der Kleinere stehen und wandte sich um. Etwas irritiert blickte er den anderen an, wahrscheinlich hatte er nicht erwartet, dass jetzt jemand draußen war. Das Wetter war grässlich und es sah sogar so aus, als ob es jeden Moment zu regnen beginnen wollte. „Was machst du denn hier?“, seufzte Reno und ließ auch schon den Kopf hängen, womöglich wollte er eher allein sein. „Ich... ich wollte dich fragen, ob ich vielleicht heute etwas mit euch um die Häuser ziehen könnte.“ Es dauerte eine Sekunde, bis dem Kleineren der beiden Jungen die Worte des anderen überhaupt richtig klar geworden waren, doch dann schüttelte er auch sofort den Kopf. „Heute nicht... Da bin ich mit... Na ja... wir gehen heute nicht ins Heten-Viertel...“ Anders wusste er es nicht zu erklären, nur verwirrte das Juan sogar noch mehr. Irritiert neigte er den Kopf leicht zur Seite und erwartete wohl eine etwas genauere Erläuterung. Genervt seufzte Reno und meinte dann eben: „Wir gehen in 'ne Schwulenbar...“ Das ließ dann Juan doch recht kalt. Was sollte jetzt daran so interessant sein? Es gab Dinge, die für ihn normal waren oder zumindest nicht großmächtig ungewöhnlich. „Kann ich mitkommen?“, fragte er deswegen und blickte den anderen fragend an, der aber auch schon den Kopf schüttelte. „Das ist wirklich nichts für eine Hete.“ Reno wandte sich leicht ab, als ihm schon ein kalter Wind ins Gesicht blies, abrupt hob er eine Hand, nur um sich davor etwas zu schützen. „Woher willst du denn wissen, ... dass ich eine bin?“, knurrte Juan nur und machte auf den Hacken kehrt. Jetzt wollte er zurück nach drinnen, hier war es ihm zu kalt und die Stimmung war auch eindeutig zu schlecht. „Juan!“, rief ihm da der Blonde jedoch hinterher, und sofort blieb er stehen, dann schüttelte er aber nur langsam den Kopf und ging zaghaft weiter. Sollte er doch rufen, was er wollte. Leider hatte er sich da geirrt, da er auf einmal am Arm gepackt wurde. „Was sollte das heißen, Juan? Bist du... schwul?“ Reno klang völlig verwirrt und es wäre wohl nötig, dass der Größere ihm antwortete, doch im ersten Moment brachte der überhaupt nichts über die Lippen. So recht wusste er aber auch nicht, was er sagen sollte, deswegen schüttelte er schließlich langsam den Kopf. „Aber du bist auch keine Hete. Was dann? Bi?“ Ganz langsam war der Kleinere ihm noch ein Stück näher gekommen, und nun schlag dessen Atem von hinten gegen seinen Hals. Juan wollte nicht nicken und sich damit outen. Bis jetzt hatte er es noch niemanden so recht sagen müssen und er wollte es auch erst recht niemanden erzählen, den er noch kaum kannte. „Dann war das also nur ein Spruch, damit wir dich mitnehmen... Und dann könntest du dich auch über uns lustig machen.“ Abrupt ließ Reno den anderen los und wandte sich ab, um in die andere Richtung davon zu gehen. Zaghaft drehte sich Juan um, nur damit er dem Blonden noch einen Moment hinterher sehen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)