Twilight - Die Neuen von Pijara ================================================================================ Kapitel 20: Gefühle ------------------- Angel war zu perplex, um sofort zu reagieren. Mit einem ohrenbetäubenden Krachen stießen Jasper und Joe zusammen und flogen im hohen Bogen hinaus auf die Lichtung. Ein wildes Fauchen und Knurren hallte über die Lichtung hinweg und versiegte nach mehreren Kilometern zwischen den Bäumen des Waldes. Mit ungläubiger Miene beobachtete Angel, wie Jasper und Joe sich immer wieder ineinander verbissen. Zu Joes Pech war Jasper ihm an Erfahrung im Kampf meilenweit überlegen, so dass er bereits nach kurzer Zeit die Oberhand gewann und Joe immer weiter zurücktrieb. Erst als ein gut platzierter Schlag von Joe Jasper weit zurückschleuderte, erwachte Angel aus ihrer Trance und so schnell sie konnte, hetzte sie Joe hinterher, der bereits los stürmte, um seinem Gegner den Rest zu geben. „Joe, hör auf! Hör auf!“, schrie sie wütend und verzweifelt zugleich, doch der Vampir hörte nicht hin. Angel mobilisierte sämtliche Reserven und beschleunigte ihr Tempo, bis sie es tatsächlich schaffte, Joe zu überholen. Mehrere Meter vor ihm stoppte sie. Mit einem letzten Blick auf Jasper wirbelte sie herum, holte Schwung und trat Joe mit ganzer Kraft gegen die Brust. Ungebremst und überrascht von ihrer Aktion flog er mehrere Meter über die Lichtung, bevor er im Staub landete und mit wütender Miene zu ihr hinüber starrte. Seine Augen glühten gefährlich. „Krieg dich bloß wieder ein!“, fauchte Angel und stemmte die Hände in die Hüften. Joe rappelte sich auf – so schnell, dass sie sich sicher war, in der Zeit nicht ein einziges Mal geblinzelt zu haben. „Interessant zu sehen, wie gut du dich mit einem Onkel verstehst!“ Angel schnaubte und verschränkte gelangweilt die Arme vor der Brust. „Interessant zu sehen, wie eifersüchtig du bist!“, entgegnete sie und zuckte nicht einmal zusammen, als Jasper neben ihr auftauchte. Zahllose halbmondförmige Wunden bedeckten seine Arme und den oberen Teil seiner Brust und seine Augen schossen Blitze in Joes Richtung. „Sind dir die Sicherungen durchgebrannt oder was?“, knurrte er und knöpfte sich demonstrativ sein Shirt wieder zu. „Irgendeiner muss doch auf euch aufpassen. Und ich hatte ja offenbar Recht oder nicht?“, brummte Joe zurück. Angel verdrehte die Augen. „Mein Gott! Ist ja süß!“ Mit genervter Miene wandte sie sich an Jasper. „Geh mal ruhig! Das krieg ich schon allein hin.“ Jasper blickte sie zweifelnd an. „Ist das dein Ernst?“ „Glaub mir! Der frisst mir gleich aus der Hand.“ Jasper war noch immer nicht überzeugt. Doch als Angel ihm ihre Hände ins Kreuz drückte und ihn voran schob, gab er sich geschlagen und raste davon. Kaum war er außer Sicht, stürmte Angel vor und rammte Joe ihren Zeigefinger gegen die Brust. „Was sollte das werden, du aufgeblasener, an mangelnder Intelligenz leidender Irrer? Warum stürzt du dich auf Jasper, wie ein wild gewordener Tiger?“ „Das war das einzig Richtige, was ich tun konnte!“ „Ach! Hattest du Angst, er würde mich auffressen oder was?“ „Weiß du, hättest du mir früher erzählt, dass Jasper nicht dein Onkel sondern dein Lover ist, dann wäre…“ „Wie bitte? Sag mal, geht’s dir auch wirklich gut?“ „Ich hab mich nie besser gefühlt! Allerdings würde es mir besser gehen, wenn du mir die Möglichkeit gegeben hättest, Jasper seinen besten Kumpel in den …“ „Joe! Reiß dich endlich mal zusammen! Zwischen Jasper und mir ist absolut überhaupt gar nichts.“ „Na wie gar nichts sah das aber nicht aus!“ „Könntest du deine Eifersucht mal wieder in den Griff bekommen?“ „Eifersucht? Ich?“ „Ja, Eifersucht! Soll ich es dir nochmal buchstabieren?“ „Ich bin doch nicht eifersüchtig!“ „Ach wirklich! Und deshalb prügelst du Jasper fast zu Tode, ja?“ „Oh, der Kleine kann mehr ab, als du denkst!“ „Der Kleine, mein lieber Joe, hat ein paar Jahre mehr auf dem Buckel als du! Und über Kurz oder Lang hätte er dir den Hintern versohlt! Und jetzt komm mal wieder auf den Boden und reg dich ab!“ „Stehst du auf ihn?“ Angel war von der Offenheit der Frage so verblüfft, dass sie einige Sekunden lang gar nichts mehr sagen konnte. Stattdessen blickte sie ihn mit einem frechen Grinsen an und antwortete gar nicht. Joe kniff die Augen zusammen. „Also doch!“ Noch immer antwortete sie nicht, was ihn in den Wahnsinn trieb. Aufgebracht ließ er seine Knochen knacken, wirbelte herum und wollte los stürmen. „Den mach ich …“ „Joe!“ Lachend packte sie ihn am Kragen und hielt ihn fest. „Jetzt sei doch nicht albern.“ Wütend fuhr er wieder herum, packte ihre Schultern und zog sie näher an sich. „Ist zwischen dir und Jasper was oder nicht?“ „Natürlich nicht!“ „Und warum dann der Kuss?“ „Mann, Joe! Hattest du noch nie ’n Ausfall gehabt? Das war … ein Ausrutscher, sonst nichts. Und jetzt spiel nicht den kleinen Jungen, der schmollt, weil er kein Eis bekommen hat.“ Sekundenlang starrte er sie nur an. „Und da ist wirklich nichts?“ Angel verdrehte die Augen und legte ihre Arme um seinen Nacken. „Komm her, du kleiner Vampirjunge.“, knurrte sie, zog ihn zu sich hinab und küsste ihn. Es war nur ein kurzer Kuss, aber sie legte alles in diesen einen Moment, um ihm klar zu machen, dass sie es ernst meinte. „Und? Endlich überzeugt?“, fragte sie, als sie sich schließlich von ihm gelöst hatte. Joe dachte kurz nach. „Noch nicht ganz. Ich brauch noch ein wenig mehr Überzeugung.“ Diesmal machte er den ersten Schritt, bis sie sich einige Sekunden später wieder voneinander lösten. Angel schmunzelte. „Damit dürfte die Sache doch hoffentlich geklärt sein.“ Joe schüttelte den Kopf. „Es heißt doch, dass alle guten Dinge drei sind.“ Angel grinste frech. „Wer sagt, dass es gut war?“ Der nächste Kuss dauerte wesentlich länger und endete auch nicht, als sie langsam zu Boden sanken. Edward richtete sich so plötzlich auf, dass Maya fast von der Couch flog. Überrascht blickte sie ihn an. Mit aufgerissenen Augen und steifer Haltung saß er da, ohne auch nur ein einziges Mal zu blinzeln. Sekunden später schüttelte er den Kopf, als wolle er etwas aus seinem Kopf vertreiben. „Alles in Ordnung?“, fragte sie behutsam und legte ihm ihre rechte Hand auf die Schulter. „Sicher … alles klar.“, brummte er, bevor er seine rechte Hand kurz und heftig mehrere Male gegen die Schläfe schlug. „Definitiv nicht, sonst würdest du dich nicht so benehmen.“ „Es ist alles in Ordnung.“, fauchte er und sprang auf. Mit wütendem Schritt stürmte er zum Fenster und riss es stürmisch auf. „Könntet ihr vielleicht ein wenig leiser sein!“, schrie er so laut, dass es wahrscheinlich noch in Kanada zu vernehmen gewesen war. Maya runzelte die Stirn und blickte dann Alice hilfesuchend an. „Sind seine Schaltkreise gerade durchgeschmort oder warum benimmt er sich so?“ Alice lächelte. „Es geht um Angel und Joe.“, war das Einzige, was sie sagte. „Oh.“, machte Maya lediglich, bevor sich ihre Augen vor Erstaunen weiteten. „Oh!“, rief sie noch einmal, als ihr klar wurde, was Alice meinte. Wütend blickte sie Edward an. „Das ist kein Telefonsex, Edward! Also lass die beiden in Ruhe!“, fauchte sie und verschränkte erwartungsvoll die Arme vor der Brust. Empört blickte der Vampir sie an. „Weil es ja auch so eine Freude ist, den beiden dabei zuzuhören.“, knirschte er und schlug das Fenster zu. Ein ohrenbetäubendes Splittern erklang, als Jasper, der wie ein Irrer aus dem Wald gestürmt kam, ungebremst gegen das Fenster krachte und Tausende von Glassplittern sich in alle Richtungen verteilten. Offenbar hatte der Vampir vorgehabt, durch das geöffnete Fenster ins Wohnzimmer zu springen, allerdings nicht mit Edwards Vorhaben, das Fenster wieder zu schließen, gerechnet. Wie ein begossener Pudel stand er inmitten der zahllosen Glasscherben und funkelte Edward an. „Dankeschön! Ein einfaches Nein hätte auch gereicht, dann wäre ich durch die Tür gekommen.“ Maya schlug die Hand vor den Mund, um ihr Kichern zu verbergen, während Alice aufsprang und immer noch lächelnd auf ihn zuging. „Wir beide müssten uns mal unterhalten, mein lieber Jasper!“, säuselte sie mit ihrer angenehmen Singsangstimme, in der ein merkwürdiger Unterton mitschwang, den Maya nicht identifizieren konnte. Überrascht beobachtete sie, wie Alice ihren Vampirpartner am Kragen packte und aus dem Zimmer schleifte. Doch offenbar war Maya nicht die einzige, die von Alice‘ Gefühlsumschwung überrascht war. Esme und Carlisle blickten ihr verwirrt hinterher, während Emmett sich mit breitem Grinsen die Hände rieb. „Ihr macht Feuer und ich sammle Jaspers Einzelteile ein.“, lachte er, was Esme mit einem scharfen Emmett quittierte. „Wieso? Was ist denn los?“, fragte Maya beunruhigt. Edward schüttelte jedoch den Kopf. „Das ist eine Sache zwischen Joe, Angel und Jasper! Das muss dich nicht interessieren.“ „Aber wenn Alice kurz davor ist, Jasper …“ „Maya! Es wird schon alles gut gehen, vertrau mir!“, bat er und blickte, ohne eine Antwort abzuwarten, nach draußen. Einen Moment lang wirkte er vollkommen abwesend, bis er sich ihr wieder zuwandte. „Würdest du mit mir kommen?“, fragte er und streckte ihr seinen Arm entgegen. Maya blinzelte überrascht. Ein seltsames Funkeln hatte von Edwards Augen Besitz ergriffen, weshalb sie nur zögernd nach seiner Hand griff und sich von ihm aus dem Zimmer und aus dem Haus geleiten ließ. Schweigend folgten sie einem breiten Pfad, der sich wie ein Flussbrett durch den Wald schlängelte. Maya fiel auf, dass sie sich in entgegengesetzter Richtung zu Joe und Angel fortbewegten und grübelte hastig, was Edward vorhaben konnte. „Du kommst sowieso nicht drauf. Also zerbrich dir nicht dein Köpfchen.“, lachte Edward, der ihre verwirrten Gedanken offenbar gelesen hatte. Wütend blickte sie ihn an. „Weißt du, so gern ich dich auch habe, dein Gedankenlesen geht mir tierisch auf den Wecker.“ „Ich weiß! Aber du bist so süß, wenn du dich aufregst.“ Maya blieb stehen und entzog ihre Hand seinem Griff. Edward fuhr überrascht herum. „Was ist?“ „Ich finde das einfach nicht gerecht. Ich meine, selbst wenn ich in der Lage wäre, deine Zeit stillstehen zu lassen, würde ich es niemals tun. Genauso solltest du also auch nicht versuchen, meine Gedanken zu lesen.“ Edward legte den Kopf und grinste. „Sie sind aber so unglaublich interessant.“ Maya verdrehte die Augen. „Ich finde das Paarungsritual von Elefanten auch interessant, aber ich muss nicht unbedingt life dabei sein.“, zischte sie wütend und verschränkte zum Nachdruck ihrer Worte die Arme vor der Brust. Edward hob eine Augenbraue. „Warum plötzlich so schnippisch?“ „Weil es mich einfach wahnsinnig macht. Ich meine … ich kann ja nicht mal an irgendetwas Erotisches denken, ohne dass es dir gleich auf die Nase gebunden wird.“ Obwohl Maya beinah schrie vor Wut, schaffte sie es nicht, Edward aus dem Gleichgewicht zu bringen. Noch immer grinste er breit. Die Hände in die Hosentaschen geschoben, kam er auf Maya zu, bis er nur noch wenige Zentimeter von ihr entfernt war. Herausfordernd blickte er auf sie herab, während Maya mit Mühe und Not versuchte, ihre wütende Miene beizubehalten. „Du willst also an erotische Dinge denken, ja?“ „Das … war doch nur so ein blödes Beispiel!“, stotterte sie. Innerlich schalt sie sich dafür, dass ihre Fassade bereits zu bröckeln begann. Warum nur war es so schwer, Edward zu widerstehen? „Das ist Tatsache, daran musst du dich gewöhnen.“, beantwortete er ihre Gedanken, was sie fast an den Rand des Wahnsinns brachte. „Du sollst das lassen!“, zischte sie nochmals. Edward lächelte schief. „Gut, dann lass ich es! Kommen wir lieber nochmal auf die Sache mit den erotischen Gedanken zurück.“, flüsterte er. Maya konnte nicht verhindern, dass ein Lächeln über ihre Lippen glitt und der leichte Hauch von Röte sich auf ihre Wangen legte. „Das hat überhaupt nichts mit dir zu tun.“, entgegnete sie in dem vergeblichen Versuch, ihm eine Abfuhr zu erteilen. Edward schnaubte. „Sicher.“ Seine Fingerspitzen glitten unter ihr Kinn. „Da hab ich aber in letzter Zeit ganz andere Dinge von dir gehört.“ Langsam hob er ihr Kinn ein wenig an, beugte sich selbst leicht herab. „Alles nur vorgespielt.“, flüsterte Maya mit zittriger Stimme. „Aber natürlich.“, murmelte er, bevor er eine Sekunde später seine Lippen auf ihre legte. Im selben Moment merkte sie schon, wie sie den Boden unter den Füßen verlor. Ihre Knie glichen der Beschaffenheit von rohen Eiern, so wacklig war sie plötzlich auf den Beinen. Und hätte Edward sie nicht ganz fest umschlungen, wäre sie wahrscheinlich ihn Ohnmacht gefallen. Doch allein die Tatsache, dass sie so fest gegen seine steinharte Brust gedrückt wurde, hielt sie bei Bewusstsein. Und spätestens als Edward ihr Shirt immer höher schob, wurde ihr klar, wo dieser Kuss enden würde. Angel setzte sich auf und rieb sich ächzend den Nacken. „Das war ja mit Abstand die blödeste Idee, die man haben kann.“, knurrte sie und ließ mehrere Male ihren Kopf kreisen, bis sie das Gefühl hatte, sich wieder bewegen zu können. Joe grinste. „Na also so schlecht fand ich es nicht.“, entgegnete er und zog sie wieder zu sich hinab. Angel lächelte kurz zuckersüß, ehe sie sich wieder aufrichtete. „Jetzt wo du es sagst. Ich fand die Baumwurzel auch nicht schlecht, die mir den Nacken verbeult hat.“ Joes Grinsen wurde breiter, während er sich aufsetzte und sich ihr immer mehr näherte. „Von dem ganzen anderen Rest abgesehen, ja?“ Jetzt war es an Angel, breit zu grinsen. „Also als Highlight würde ich das jetzt nicht bezeichnen. Da hatte ich schon bessere Akrobaten.“ „Wie beschämend! Dann hast du dich also nicht für mich aufgespart?“ Angel verdrehte die Augen. „Ist das jetzt immer so? Dass du nach jeder Nummer an übersteigertem Selbstwertgefühl leidest?“ „Wenn du danach immer zickig sein darfst?“ „Zickig? Ich?“ „Ja, zickig! Soll ich es dir buchstabieren?“ Angel wusste einen Moment lang nicht, was sie entgegnen sollte, weshalb sie kurzerhand auf die Beine sprang und nach ihren Klamotten griff. Kaum fertig angezogen, wirbelte sie herum und funkelte ihn an. „Wer hat überhaupt jemals behauptet, dass es ein nächstes Mal geben wird?“, fauchte sie, was ihn überrascht dreinblicken ließ. „Wieso nicht?“ Angels Lächeln war breit und frech. „Mit so einer Pfeife kann ich einfach nichts anfangen, weißt du?“ „Pfeife?“ „Na, Schlappschwanz wäre auch noch eine Möglich…“ Joe schoss vor, packte ihren Hals und drückte sie gegen den nächstgelegenen Baum. Angel blieb die Luft weg und erschrocken starrte sie ihn an. „Ich kann dir auch ganz andere Facetten zeigen, meine Süße!“, säuselte er und ließ seine freie Hand über ihre Taille gleiten, immer tiefer, über ihre Oberschenkel und wieder höher. Angel schloss die Augen und sammelte sich innerlich. Doch er machte es ihr schwer, ihm zu widerstehen. Um einen klaren Kopf zu bekommen, rammte sie ihren Hinterkopf gegen die harte Rinde, krallte sich mit ihren Fingernägeln fest und unterdrückte das aufsteigende Gefühl, während er sie noch immer fest gepackt hielt. Joes Augen leuchteten beinah. „Vielleicht überzeugt dich das ja ein wenig!“ Angels Knoten platzte. Ohne weiter nachzudenken, ließ sie ihr Knie in die Höhe schnellen und traf ihn genau da, wo sie treffen wollte. Joe knickte ein – und begann zu lachen. Zweifelnd blickte sie auf ihn hinab. Sie musste zugeben, dass sie nicht ganz sicher war, ob Joe einfach nur den Verstand verloren oder ob sie ihm tatsächlich nicht so wehgetan hatte, wie beabsichtigt. Langsam kam er wieder auf die Beine – noch immer lachend. „Weißt du … Respekt! Du bist die Erste, die es geschafft hat, mir bei dieser Aktion zu widerstehen. Bisher haben sich die Frauen immer auf mich gestürzt, wenn ich das bei ihnen durchgezogen hab.“ Angel kniff die Augen zusammen. Sie wusste nicht warum, doch die Tatsache, dass das soeben Erlebte nicht ausschließlich ihr gegolten, sondern offenbar schon vielen Frauen vor ihr gedient hatte, machte sie wütend. „Tut mir wirklich leid, dass ich jetzt nicht in dein schäbiges Muster passe!“, fauchte sie, duckte sich unter seinem Arm hinweg und stapfte durch den Wald zum Haus der Cullens zurück. Joe blickte ihr überrascht nach. „Was ist denn jetzt schon wieder?“ „Frag deine anderen Frauen!“, schrie sie noch, bevor sie zwischen den Bäumen verschwand. Joe hob die Schultern. „Und welche von den vielen?“, murmelte er, bevor er nach seinem Shirt griff und es sich immer noch ratlos über den Kopf streifte. Mayas Kopf ruhte auf Edwards Brust, der ihr immer wieder über die Arme strich und zum Himmel emporblickte. Es war so lange her. Die Zeit mit Bella kam ihm so ewig zurückliegend vor, dass er sich nicht einmal mehr sicher war, ob er sie nur geträumt hatte oder ob sie Wirklichkeit gewesen war. Überrascht musste er feststellen, dass er – seit Maya ihm über den Weg gelaufen war – immer weniger an Bella dachte. Stattdessen löste das Mädchen, das jetzt in seinen Armen lag, die Bilder ihrer Vorgängerin immer mehr ab, bis kaum noch etwas übrig blieb, außer den Augenblicken, die er mit Maya allein genossen hatte. Zum wahrscheinlich hundertsten Mal fragte er sich, ob er sich nach Bellas Tod tatsächlich geschworen hatte, niemals wieder jemanden so nahe zu kommen. Hatte er wirklich vorgehabt, sich von den Wölfen zerfleischen zu lassen, um dem Schmerz endgültig zu entfliehen, der ihn seit ihrem Verschwinden beherrscht hatte? Maya regte sich und schlug die Augen auf. Schweigend sah er in ihre klaren grünblauen Augen und wusste in diesem Moment, zu wem er wirklich gehörte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)