Dunkel von blockhead (»Licht, bitte.«) ================================================================================ Kapitel 11: Das Ende (Epilog) ----------------------------- »Das Ende (Epilog)« ›7. Dezember‹ Krankenhaus. Sakura spürte, wie sie immer ruhiger wurde. Das Licht der Neonröhren über ihr kam ihr inzwischen nicht mehr halb so beißend vor, wie noch vor wenigen Minuten und sie starrte einfach an die weiße Decke, zwischen die Lampen, weil sie die Augen nicht schließen wollte. Wollte nicht, dass der Schlaf Besitz von ihr ergriff. Eine seltsame Ruhe hatte sich in ihr ausgebreitet und selbst wenn sie sich hätte aufregen wollen, wäre sie momentan vermutlich nicht in der Lage dazu gewesen. Einfach, weil diese Ruhe sie betäubte. ›6. Dezember‹ Nachdem sie den Vergnügungspark verlassen hatten, hatte Sakuras Handy geklingelt. Ihr sehr nervöser Vater hatte ins Telefon gebellt, dass sie sofort ins Krankenhaus kommen solle, und Sakura war – selbstverständlich – sofort losgerannt und hatte Sasuke mit den Worten „Ich ruf dich an!!“ zurückgelassen. Jegliche Euphorie war wie weggeblasen gewesen und das einzige Gefühl, das geblieben war, war eine Mischung aus Angst und Adrenalin, dass sie zum schnelleren Rennen animierte Sakura hatte die Nacht vor dem OP-Bereich in einem Wartesaal verbracht und hatte die Zeit mit schlechten Zeitschriften totgeschlagen, bis man ihr mitteilte, ihre Mutter sei nun wieder in ihrem Zimmer. Hand in Hand wurden Sakura und ihr Vater von einer Schwester zum Zimmer geführt, obwohl sie den Weg auswendig beschreiben konnten, wenn jemand sie darum gebeten hätte. Jetzt standen sie, immer noch Hand in Hand, vor dem Bett und sahen der Frau ins Gesicht, die sie beide liebten. Die Haut wirkte in dem orangeroten Licht des späten Sonnenuntergangs wächsern und gräulich. Nach einigen Stunden streifte Sakura langsam die Hand ihres Vaters ab, erhob sich von den Stühlen, auf die sie sich gesetzt hatten, und ging um das Bett herum, an die Seite ihrer Mutter. Mit jedem Schritt schien sie erwachsener zu werden, wobei sich zeitgleich Träne um Träne ihren Weg über ihre Wangen bahnte. „Wach auf“, murmelte Sakura und fuhr über die Wangen ihrer Mutter, „Wach auf.“ Wie durch ein Wunder.. Wie durch ein Wunder schien es plötzlich so, als hätte sie geblinzelt. Sakura konnte es kaum glauben. Ihre Mutter war dabei die Augen zu öffnen. Die grünen Augen hatten an Farbe verloren, waren plötzlich wissend, aber nicht mehr lebhaft. Ein Stich durchfuhr die jüngere Haruno. Was sollte sie machen, wenn es bereits zu spät war? „Sa..kura… Ken..shin...“ Sowohl Sakura, als auch Kenshin, ihr Vater, traten näher an das Bett, beugten sich herunter, um die schwache, raue Stimme zu verstehen. „Was ist, Liebling?“, fragte Kenshin fürsorglich, gerührt, ängstlich und rückte noch näher an seine Frau heran. Kimeko Haruno tastete nach Händen, die sie greifen konnte. „Ich.. will.. nicht mehr. Kann.. nicht mehr..“ Sakura hätte sich vor Trauer und Schmerz und Hass auf das Leben am liebsten Übergeben, weil die aufsteigende Bitterkeit in ihrem Mund Übelkeit verursachte. Sie wollte schreien, um sich treten, weinen. Kenshin küsste Wange und Stirn seiner Frau. Tränen tropften auf sauberes Weiß und hinterließen dunkle Tropfen, Andenken, die verschwinden, aber niemals vergessen werden würden. „Alles, was du willst“, wisperte er heiser und Sakura begann zu weinen, laut und kindisch. Ihre Knie geben nach und sie musste sich unfreiwillig zu Boden sinken lassen. Sie drückte die Hand ihrer Mutter an ihre Wange und fragte sich, wieso das Leben scheiße war. Die Bettwäsche unter ihr war steif und unbequem – mehr als eine Nacht darauf würde sie wahrscheinlich ihren Rücken kosten. Die Matratze war nämlich ebenfalls nicht das Wahre. Wirklich fürchterlich. Wie hatte ihre Mutter das bloß ausgehalten? Hatte sie sich nachts herumgewälzt oder hatte der Tropf das verhindert? Hatte sie sich daran gewöhnt oder hatte sie selbst nach den vielen Tagen und Wochen, die sie hier verbracht hatte, schlaflos dagelegen? Konnte man sich überhaupt an steife Laken und kratzende Bezüge gewöhnen? Die Gedanken der Rosahaarigen liefen vor und zurück, von hinten nach vorne, drehten sich im Kreis und überschlugen sich – meistens und eigentlich um ein und dasselbe Thema. Die Stille war dabei nicht hilfreich. Sie legte sich um Sakura wie eine Decke und schnitt sie von der realen Welt ab, um sie in eine Welt zu locken, in der alles bedeutsamer war, weil es geräuschlos passierte. Außerdem verursachte sie dieses Rauschen im Kopf, dieses Drücken auf den Ohren, dieses stetig dumpfe Brummen. Sie hatte bisher eigentlich nichts von dem begriffen, was passiert war. Sie und ihr Verstand hatten sich verschlossen und trotzig angesehen und beide auf stur geschaltet. Sie akzeptierte nicht, was ihr Verstand sagen wollte und er weigerte sich noch dazu, das, was sie sah, wahrzunehmen. Und dabei war so viel gar nicht passiert, nur das, was von vornherein klar gewesen war, vielleicht auch unvermeidbar gewesen war. Unumgänglich. Nötig. Voraussehbar. Die Tage waren zusammengeschmolzen, Schlafen und Wach sein waren in einem Wirbel aus Farben, Gedanken und Erinnerungen zusammengelaufen und manchmal wusste sie selbst nicht, was wann passiert war, sodass sie sich plötzlich am Küchentisch wiederfand, obwohl sie eben noch in ihrem Bett gelegen hatte. ›8. Dezember‹ Immer noch Krankenhaus. „Sakura.“ Sasuke sah fast schon zögerlich auf seine rosahaarige Freundin hinunter, die in dem ehemaligen Bett ihrer Mutter lag und an die Decke starrte. Fragil, zerbrechlich wirkte. „Was tust du da?“ Sie sah ihn an, rang sich zu einem Lächeln durch, sah wieder an die Decke. „Nachdenken“, hauchte sie und er unterdrückte den Drang, sich zu schütteln. Er konnte und würde niemals verstehen, wieso sich Menschen von Trauer herunterziehen ließen, für eine Zeit zu seelenlosen Puppen wurden, die, wenn sie etwas sagten, hohl und leer und dumm klangen. Er wollte nicht, dass sie Freudensprünge machte, aber sie durfte sich nicht gehen lassen. „Komm darunter“, verlangte er mit der Autorität eines wütenden Menschen und Sakura setzte sich langsam auf. Ihre Haare standen am Hinterkopf etwas ab und sie sah ihn an. Und zwar auf diese „Sakura-weise“, wissend und warm und trotzdem anklagend. „Meine Mutter ist gestorben“, sagte sie und es klang so vorwurfsvoll, dass er den Kopf eingezogen hätte, wenn er nicht Sasuke Uchiha wäre. „Ich weiß. Aber du kannst dich nicht so hängen lassen.. Wann hast du das letzte Mal mit Naruto geredet? Er macht sich Sorgen.“ Sakura sprang förmlich vom Bett und schubste ihn. Tränen standen in ihren Augen. „Glaubst du, mir macht das Spaß?“, schrie sie ihn an und sah so aus, als wolle sie am liebsten eine Vase oder etwas Anderes zerbrechliches nach ihm werfen, „Das ganze ist gerade mal zwei Tage her! Lass mich doch einfach trauern, verdammt!“ Die Haruno verstummte abrupt und griff mit geradezu mechanischen Bewegungen nach ihrer Tasche, die halb unterm Bett stand. „Zwei Tage“, murmelte sie und sah Sasuke an, der sie, wie versteinert, ebenfalls anstarrte. „Zwei Tage sind nicht genug“, sagte er plötzlich herrisch und sie zuckte bei seinem Ton zusammen, als hätte er sie zu grob angepackt, „Aber deswegen darfst du dich nicht so runterziehen lassen. Ich weiß, wie es ist, wenn Menschen sterben, aber deine Mutter hat es jetzt besser.“ Natürlich war dieser Satz ein Klischee. Natürlich brach er ein Tabu, wenn er es ihr ins Gesicht schleuderte, mit dieser kalten, unverständlichen Wut für alle, die unter der Last von Trauer zusammenbrachen. Natürlich machte sie die Wahrheit noch wütender. „Besser wäre es gewesen, wenn sie gar nicht erst krank geworden wäre!“, keifte sie, halb schrill und halb weinend und versuchte sich einen Weg an ihm vorbei, raus aus der Enge des Zimmers, zu bahnen, doch er ließ sie nicht durch. Stattdessen packte er sie an den Armen und hielt sie fest. Unerbittlich starrte er sie an, ohne eine Spur Verständnis, Mitleid in den Augen. Sie war gezwungen zu zuhören. „Du kannst noch so oft sagen, dass es unfair ist. Ich weiß, dass es erst zwei Tage her ist. Ich verlange nicht, dass du mit Trauern aufhörst. Das du stoppst zu weinen.“ Der letzte Satz hatte ihn Überwindung gekostet. „Aber ich werde dich nicht in Selbstmitleid zerfließen lassen. Teil deine Trauer einfach.“ Stumm echote sie sein letztes Wort. „Einfach.“ Gar nichts war einfach. „So einfach ist es nicht“, spie sie ihm entgegen und erntete statt Kälte nun Gelassenheit, obwohl er immer noch wütend über die Situation war. Sie konnte dieses Zucken seines Kiefermuskels und das leichte Glühen seiner Augen sehen – eine Form von heißer Wut, Anspannung. „Ich will aber nicht teilen.. Ich kann euch doch nicht.. Ich will doch nicht..“ Jede Ausrede verlief ins Leere und mit jedem Versuch zog er sie näher zu sich, zwang sie in eine Umarmung, die besser war als jede Decke, jede Schmerztablette, jedes noch so nett gemeinte „Mein herzliches Beileid“ und besser als jeder Weinkrampf, durch den man seine Trauer loswerden könnte. »Manchmal reicht ein kleines Licht aus, um die dunkelste Welt zu erhellen. Nach und nach. Stückchen für Stückchen. Aber irgendwann kann man wieder die Hand vor Augen sehen und weitermachen.« Hand in Hand verließen sie das Krankenhaus, liefen schweigend nebeneinander her. Der schwarze Rock ihres Kleides umspielte ihre Beine und schwang bei jedem Schritt mit, den sie machte. Ihr Blick war den ganzen Weg lang förmlich an den Boden geschweißt und sie bemerkte, eigentlich nur nebenbei, dass seine ebenfalls schwarze Anzugshose teuer aussah. „Schwarz steht dir“, meinte sie plötzlich und er sah sie an, grinste. „Dir nicht. Macht dich blass und traurig.. Obwohl schwarze Kleider vielleicht sogar eine Ausnahme sind.“ Seit einer gefühlten Ewigkeit zierte ein Lächeln ihr Gesicht. „Ich liebe dich auch“, lächelte sie, ungewohnt glücklich und er öffnete die hohe Holztür der Kirche. Die Glocken läuteten, kündigten einen Trauergottesdienst an, den sie niemals vergessen würde. Sasukes Gesicht hatte das Grinsen verloren und sah ernst und vielleicht ein bisschen müde aus. Er legte seinen Arm um ihre Schultern und warf ihr einen Blick zu. Dann beugte er sich zu ihr und seine Lippen streiften ihre Wange. Obwohl sie keine Antwort bekommen hatte, drückte sie seine Hand und nickte. Nachdem der Gottesdienst fast zu Ende war und sein Arm sich nun fester um ihre Schultern geschlungen hatte, sagte er es auch. Mitten in der Kirche. Fast lautlos, nur geflüstert. Und vor dem Ende küsste er sie. Für Sakura gab es keinen schöneren Schmerz. ...........° Es ist so weit. Nach elf wundervollen Kapiteln mit, mehr oder weniger, Sternstunden und Tiefschlägen meines schriftstellerischen Könnens (?), ist »Dunkel« zu Ende, vorbei, aus.. Q___Q Ich hoffe jeder Leser konnte diese Fanfiction, die ich sehr liebe, wenigstens ein bisschen genießen und in irgendeiner Form mögen. (Und wenn nicht hoffe ich, er hat sie nicht als „Das Schlechteste, was er jemals gelesen hat“ betitelt.. x'D) Mein RIESENDANKEbussi gilt meinem Betahasi und allensämtlichjedem Kommentarschreiber, der sich Zeit, Lust und Laune genommen hat, um diese Geschichte zu kommentieren. (Also, wenn du, du Leser, jemals einen Kommentar hier geschrieben hast, dann fühl dich gedrückt. ♥) Natürlich dürfen sich auch genau (:P) 70 Favos und sowieso sämtliche Leser geherzt fühlen! Und jetzt hör ich auf sentimental zu labern und verkriech mich. 3': Vielleicht ließt man sich ja irgendwann mal wieder. Und DANKE II. :) mit Pippi in den Augen. ;3 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)