Das Herz des Ozeans von Julchen-Beilschmidt (My Heart will go on) ================================================================================ Kapitel 1: Die Reise beginnt ---------------------------- Die Reise beginnt   1912...   In der Nähe von Asran, einer stolzen Stadt am Meer, lag das ebenfalls stolze Schiff des Landes vor Anker, die Lazalatin, das größte Schiff das jemals die Werften verlassen hatte. Es herrschte reges treiben am Hafen, denn an diesem Tag sollte die Jungfernfahrt des Schiffes beginnen. Die letzten Lebensmittel wurden unter Deck gebracht, Kutschen sowie Kisten wurden im Frachtraum des Schiffes verstaut. Die ersten Passagiere betraten schon das Schiff als zwei reich verzierte Kutschen sich dem Kai näherten. Sie blieben in der Nähe der Hafenkneipe stehen in der gerade zwei Freunde gegen zwei andere Männer Karten spielten. Zuerst zu den Herren in der Kneipe und was sie dort machten. Auf dem Tisch lagen knapp 300 Filar und dazu zwei Karten für das Schiff. Die vier spielten um die Fahrt zur Küste vor Klennar. Der eine der beiden Freunde sah sich nochmals seine Karten an bevor er einen kurzen Blick auf seinen gegenüber warf. Sein Name war Valnar, ein armer junger Mann der schon als Kind beide Elternteile verloren hatte. Sein Freund hieß Asmos, sein Leben war ähnlich wie das von seinem Freund verlaufen. Die beiden anderen waren ein so genannter Strife und ein junger Mann namens Ustra. Ustra fluchte etwas was Valnar und Asmos nicht verstehen konnten. Doch Strife gebot ihm Ruhe und sofort war es wieder leise.   “Valnar. Du bist blank. Du setzt alles was wir haben.” flüsterte Asmos ihm ins Ohr und zeigte dabei auf das Geld. Der Angesprochene zog kurz an seiner Zigarette und erwiderte nur: “Wenn du nichts hast dann kannst du auch nichts verlieren.” und pustete den Qualm in seine Richtung. Angewidert verzog Asmos das Gesicht. Wieder funkelte Ustra seinem Freund böse zu. Strife hatte die Fahrkarten ins Spiel gebracht um seinen Einsatz zu erhöhen.   Valnar sagte kurz: “Strife.” der ihm eine Karte gegen eine von ihm tauschte. Wieder sahen alle in ihre Karten. Dann legte Valnar noch eine Karte neben sich und nahm eine andere auf. Wieder konzentrierte sich der junge Mann auf sein Blatt. Asmos warf wieder einen beunruhigten Blick auf seinen Freund. “Also meine Herren. Der Augenblick der Wahrheit ist gekommen. Für zwei von uns beginnt ein neues leben. Asmos?” begann Valnar und sah seine Mitspieler der Reihe nach an. Asmos zeigte seine Karten. “Niente.“, sagte Valnar kurz auf spanisch. Sein Freund bestätigte die Aussage. “Ustra?”, auch er zeigte seine Karten. “Nichts. Strife?.” schon fast siegesgewiss zeigte er seine Karten. Ganz langsam legte er sie vor Valnar hin. “Oh, oh. Zwei Paare. Tut mir leid Asmos.” Valnar sah bekümmert in das Gesicht seines Freundes. Der konnte es nicht fassen. Laut schrie er Valnar an. “Du hast unser ganzes Geld gesetzt-” donnerte er fassungslos. “Tut mir Leid du wirst deine Mama für eine lange Zeit nicht sehen.” unterbrach Valnar seinen Freund und klopfte seine Karten zu einem kleinen Haufen. Verwirrt sah Asmos ihn an. “Denn wir fahren nach Klennar! Full House Männer!!” schrie Valnar auf und knallte mit dem Ellenbogen auf den Tisch. Beide brachen in Freudentaumel aus während Ustra die Hände zu Fäusten ballte. Dann packte er Valnar wütend am Kragen. Er zischte wütend etwas unverständliches. Valnar schloss die Augen, in der Erwartung gleich geschlagen zu werden, doch stattdessen schlug Ustra seinen Freund zu Boden. Valnar sowie Asmos mussten grinsen. Der junge Mann drehte sich zu seinem Freund um und umarmte ihn stürmisch. “Ich fahre nach Hause!” jubelte Valnar. Plötzlich ertönte der Wirt Debor am Tresen: “Nein, Junge. Die Lazalatin wird nach Klennar ablegen in fünf Minuten.” daraufhin lachte er und zeigte hinter sich auf die Uhr. Es war genau fünf Minuten vor zwölf. Erschrocken sahen sich die beiden Freunde an und schnappten sich alles Hab und gut und verschwanden aus der Kneipe. Sie liefen so schnell wie ihre Beine sie tragen konnten in Richtung der Stege, die sie in eine neue Heimat bringen würden.   Währenddessen bei den Kutschen. Der Kutscher sprang vom Bock und öffnete die Tür. Eine junge Frau streckte nach ihm die Hand aus damit er ihr half herauszukommen. Zuerst sah man nur den breitkrempigen schwarzen Hut doch dann sah man das stolze Gesicht einer Frau mit welligen roten Haaren. Aus der anderen Kutsche kamen gerade ihre Mutter und ein junger Mann heraus. Dieser lächelte. “Ich frage mich was sie alle für ein Gewese machen.” sagte die junge Frau hochnäsig. “Sie sieht nicht viel größer aus als die Endeavour.” dabei drehte sie sich zu dem jungen Mann, der hinter ihr stand um. “Du magst vielleicht über andere Dinge spotten Alaine, aber nicht über die Lazalatin. Sie ist um einhundert Fuß größer als sie Endeavour.” antwortete er freundlich zu ihr. “Und viel luxuriöser.” fügte er noch hinzu, da er den übertriebenen Geschmack seiner Verlobten zu gut kannte. “Es ist nicht einfach eure Tochter zu beeindrucken Aysha.” meinte er zu ihrer Mutter und half ihr aus der Kutsche. Auch diese lächelte amüsiert. “Das ist das Schiff von dem es heißt es sei unsinkbar?” fragte sie interessiert. “Es ist unsinkbar. Gott selbst könnte es nicht versenken.” antwortete er. Ein Mitarbeiter kam auf den Mann zu und meinte das Gepäck müsste ins Schiff gebracht werden. “Ja. Wenden Sie sich an meinen Kammermeister.” sagte er und verwies schon auf den älteren Herren der an den Kutschen stand. Ein schwarzhaariger düsterer Mann. Es war Mr. Abraxas Lovejoy.   Mit einem letzten Blick auf die Uhr empfahl er den beiden Frauen an Bord zu gehen. Alaine ging neben ihrem Verlobten, Asgar Hawkley, der junge, elegante Mann. Ihre Mutter ging voraus zu dem Mitarbeitern der White Starline Company um die Namen einzutragen. Alaine trug es mit Fassung und wahrte ihr wohlerzogenes Wesen. Es hatte einen Grund das sie sich so kühl und abweisend verhielt. Es war so zu sagen ihre Pflicht auf dieses Schiff zu gehen und in ihre Heimat zurückzugehen. Ihre Familie war seit dem Tod ihres Vaters ohne festes Einkommen und es war nun Alaines Pflicht geworden, einen wohlhabenen Mann zu finden, der eine gute Partie abgab, damit ihre Familie nicht ihr Gesicht verlor. Asgar war alles was sich eine Mutter für ihre Tochter wünschen könnte. Wohlhabend, gebildet, aus gutem Haus- kurz: ein Traum der damaligen Zeit. Und das er der Mann war, den Aysha sich für ihre Tochter wünschte, es aber nicht auf Gegenseitigkeit beruhte, stand in keinem Verhältnis. Sie empfand es als Pflicht, mehr jedoch auch nicht. Alaine war gut erzogen worden, doch mit Tugenden, die eine gewisse Eigenwilligkeit zuließ. Für ihre Familie würde sie dieses Bündnis eingehen. Sie würde wohlhabend bleiben, sich nicht Sorgen machen müssen, morgen am Hungertuch zu betteln. Aber ihr Herz sagte ihr immer wieder, das dies nicht die Erfüllung ihrer Träume war. Heute hätte man gesagt, Alaine sei im falschen Jahrhundert geboren worden. Doch im Jahr 1912 war die Rolle der Frau, auch einer wohlhabenden, eine ganz andere als heute. In ihrem Inneren hätte sie am liebsten laut geschrien. Wäre fort gelaufen, aber die Liebe zu ihrer Mutter, war stärker als jenes Verlangen. Und so betrat sie das Schiff und trat ein in die vornehme erste Klasse der Lazalatin.   Valnar und Asmos rannten wie der Blitz durch die Menschenmassen. Das Schiff hatte sich schon etwas von der Hafenmauer entfernt als sie über die Brücke liefen, die sie von der Lazalatin trennte. Die Matrosen musterten sie argwöhnisch, ließen die beiden jedoch ins Schiff. “Wir sind die beiden besten Glücksschweine der Welt, weißt du das?” freute sich Valnar und lief weiter ins innere des Schiffes. Man hörte ein lautes Nebelhorn und die Lazalatin legte ab. Tausende Menschen wanken zu ihnen empor und wünschten der Lazalatin eine ruhige Fahrt. Auch Valnar und Asmos waren an Deck und verabschiedeten sich von Asran, obwohl sie niemanden kannten.   Langsam glitt das Schiff durch den Kai hinaus ins weite Meer. Die beiden jungen Leute gingen unter Deck in die Räume der dritten Klasse. Viele fremde Völker trafen sie, besonders Leute aus Thessa, Tradan oder auch Uruya, die in Klennar eine blühende Zukunft sahen. Nur Valnar kannte diesen Ort wie seine Westentasche. Aufgewachsen in Limm, einige Meilen von Klennar entfernt und ausgewandert nach Asran als er seiner Eltern verloren hatte. Und nun kehrte er voller Hoffnung wieder zurück als ein Mann, dem alle Tore offen standen.   Als sie in ihrer Kabine G60 ankamen waren darin zwei Männer die nach Strife fragten. Sie stellten sich vor und bezogen ihre Kojen. Es gab einen kleinen Zoff unter den Freunden weil Asmos unbedingt oben schlafen wollte aber der wurde schnell beigelegt, da Valnar am liebsten immer die untere Koje von Doppelstockbetten bezog.   In den oberen Klassen besah sich Asgar mit einem Diener das Promenadendeck, während Alaine mit ihrer Zofe Bilder einer Künstlerin aus Shannar auspackte. Der hölzerne rote Vorraum aus Mahagoni mit seinem riesigen Kamin, ebenfalls aus Mahagoni wirkte auf sie zu erdrückend. Angestellte brachten scharenweise Koffer in die Suiten während Abraxas Lovejoy diese Sache managte. “Ach nicht schon wieder diese Fingerzeichnungen… die waren die reinste Geldverschwendung.” meckerte Asgar der gerade ins Vorzimmer kam. Er nippte an seinem Brandy. “Der unterschied zwischen Asgars Kunstgeschmack und meinem ist, dass ich welchen habe.” konterte sie geschickt und sah ihrem Verlobten nicht in die Augen. Sie setzte ein Bild auf den Boden und lehnte es gegen ein Sofa. “Diese Bilder sind einzigartig. Es ist als befände man sich in einem Traum.” murmelte die Rothaarige als sie eines der Gemälde genauer besah. “Es hat Wahrheit, aber keine Logik.” fügte sie noch hinzu. Ihre Zofe fragte nach dem Namen des Künstlers, doch kannte Alaine den Namen nicht genau und musste raten. Alleding erwähnte sie genau den richtigen Namen. Asgar amüsierte sich darüber. “Na wenigstens waren sie billig.” meinte er hinzu als Alaine gerade ein Bild in ihr Schlafzimmer brachte.   Sie umfuhren das Land und legten kurz in Thessa an um eine gewisse Mrs. Brown an Bord zu bringen. Ihr Mann war in Esrik auf Öl gestoßen und war, wie es Alaines Mutter nannte “Neureich”. Alle nannten sie Nyria. Aber in die Geschichte würde sie eingehen als “die unsinkbare Nyria Brown”. Sie trug selbst ihre Koffer an Deck. Sie sagte die Bediensteten seien zu langsam für den Geschmack einer resoluten Frau wie sie. Am nächsten Nachmittag fuhren sie Richtung Norden. Vor ihnen war die unendliche Weite des Meeres.   Gerade kam der Kapitän, Vincent Smith aus dem Steuerraum und sah hinaus auf die Weite. Neben ihm war sein erster Offizier, ein gewisser Morlon Murdoc. Er befahl, die Turbinen volle Kraft zu geben. Morlon lächelte und ging in den Steuerraum. “Volle Kraft, Mr Moody.” befahl er und stellte die Geschwindigkeit an einem verstellbaren Rad auf volle Kraft. Als die Nachricht unten angekommen wurde mehr Kohle in den Brenneröfen verbrannt um den Wasserdruck zu erhöhen. Die Turbinen drehten sich nach einigen Momenten doppelt so schnell. Als die Rückmeldung kam ging Morlon lächelnd zurück zu dem Kapitän und teilte ihm die Geschwindigkeit von fünf Knoten mit. Zufrieden legte der alte Kapitän seine Hände an die Rehling und sah hinaus auf das Meer. Kapitel 2: Auf hoher See ------------------------ Auf hoher See   Valnar und Asmos rannten zum Bug des Schiffes um zu sehen wie sich das Wasser an den Schiffswänden brach. Wie ein gewaltiges Schwert durchschnitt es den Ozean. Das Wasser schäumte richtig als es gegen die Eisenwände traf. Sie mussten sich dafür etwas nach vorn beugen aber was sie sahen, war atemberaubend. “Hey, sieh mal da unten, da unten!” rief Valnar aus und zeigte auf die Wasseroberfläche. Vereinzelnd zeigte sich die Rückenfinne von Delfinen aus dem Wasser. Es wurden immer mehr die sich vor dem Schiff versammelten. Es sah wohl so aus als ob die Meeressäuger mit der Lazalatin um die Wette schwimmen wollten. Und mit einem mal tauchte ein Delfin noch tiefer, aber nur um Schwung zu holen und dann in die Höhe zu springen. Knappe zehn Meter von der Spitze des Schiffes entfernt sprang er immer wieder empor. Beide jubelten über dieses Kunststück. Valnar stellte sich auf die Taubefestigungen und hielt sich an den Drahtseilen fest die die Säule mit dem Krähennest hinter ihnen festhielt. Er schaute in die Ferne, auf das glitzernde Wasser. “Man kann da vorne schon das Kap von Klennar sehen… ganz klein natürlich.” sagte Asmos und hob seine linke Hand um den Abstand von seinem Daumen und Zeigefinger zu messen. Er hatte sie eng aneinander gepresst, was verdeutlichte dass noch nicht einmal der winzigste Streifen von Land zu sehen war. Mr. Smith sah vom Steuerraum aus in auf das Wasser und trank eine Tasse schwarzen Tee, den er immer zu trinken pflegte wenn es kurz vor dem Mittag war. Natürlich sah er die beiden jungen Männer vorn am Schiff und lächelte über die Freude der beiden. In dem Moment riss Valnar seine Arme von sich weg um frei wie der Vogel zu sein und schrie: “ICH BIN DER KÖNIG DER WELT!!!!” beide jubilierten um die Wette und ließen den kühlen Wind durch ihre Kleidung flattern. Später in der ersten Klasse gab es den vier Uhr Tee. Dazu spielten die Schiffsmusikanten ruhige Musik zu Begleitung. An einem Tisch saßen Jinnai Ismay mit Aaron Andrews zusammen mit den wohlhabenen Damen und Herren der ersten Klasse. “Sie ist das größte bewegliche Objekt das Menschen je schufen. Das größte aller Zeiten.” lobte Mr. Jinnai Ismay sich selbst. Aber er wollte natürlich nicht seinen Kollegen vergessen. “Unser Chef- Konstrukteur Mr. Andrews hat sie vom Kiel aufwärts erschaffen.” Aaron Andrews genierte sich ziemlich. “Nun, ich habe sie zwar zusammen gebaut, aber die Idee kam von Mr. Ismay.” Der nickte nur. “Ihm schwebte ein Schiff von solcher Kraft und Größe und so luxuriöser Ausstattung vor dass seine Überlegenheit niemals in Frage gesellt werden durfte. Und hier ist es. Durch Willenskraft zu solider Wirklichkeit geworden.” erklärte er. Die Kellner kamen um ihre Bestellungen für das Mittagessen aufzunehmen. Aysha, sowie Asgar, Alaine und Nyria Brown hörten höflich sich die Lobpreisungen der beiden Männer an. Gelegentlich nickten sie zu den Aussagen der Konstrukteure. Alaine hielt es jedoch für angebrachter sich eine Zigarette anzuzünden, sehr zum Ärgernis ihrer Mutter. “Du weißt ich mag das nicht, Alaine.” zischelte sie, doch bekam sie nur den stinkenden Qualm der Zigarette um die Nase geweht. Asgar handelte da konsequenter. Er zog die Zigarette aus der Zigarettenspitze und zerdrückte sie im Aschenbecher. Alaine kniff die Lippen zusammen um nicht wieder in Wut um ihren Verlobten auszubrechen. Der Kellner kam zu dem jungen Paar. Asgar bestellte für beide, ohne Alaine zu fragen Lammfilet, die englische Variante mit Minzsoße. Als der Kellner vorbeiging versicherte Asgar sich noch einmal bei seiner zukünftigen ob sie denn auch wirklich Lamm mochte. Die junge Frau setzte ein gekünsteltes Lächeln auf und nickte kurz. Nyria sah sofort dass es zwischen den beiden nicht die harmonische Zusammenstellung war und fragte nur vorlaut: “Und? Werden sie ihr das Fleisch auch klein schneiden, Asgar?” sie kicherte bei den verwirrten Gesicht ihres Gegenübers. “Wer kam eigentlich auf den Namen, Lazalatin? Waren sie das Jinnai?” fragte sie weiter. “Ja, ganz recht, ich wollte damit die reine Größe zum Ausdruck bringen. Und Größe bedeutet, Stabilität, Luxus und vor allem: Stärke.” Alaine war seinen Ausführungen aufmerksam gefolgt. Sie überlegte kurz, was sie fragen wollte, entschloss sich dann für eine etwas provokante Frage. “Haben Sie schon mal von Dr. Freud gehört, Mr. Ismay?” alle verharrten in ihrem Tun. Worauf wollte die rothaarige hinaus? Alaine sprach weiter, da Mr. Ismay nicht antwortete. “Was er über die männliche Besessenheit was Größe bemerkt hat dürfte Sie interessieren.” Alle mussten sich zurückhalten um nicht laut loszulachen, vor allem Mr. Andrews und Nyria Brown. Ihre Mutter fand das überhaupt nicht lustig und wollte wissen wie sie es wagen konnte so etwas zu sagen. Aber Alaine stand schon vom Tisch auf, entschuldigte sich und ging nach draußen. Mr. Ismay stand ebenfalls, der Höflichkeit geschuldet, auch auf. Sofort entschuldigte sich Aysha für ihr benehmen als Alaine den Tisch verlassen hatte. “Sie ist eine Waffe Asgar. Ich hoffe Sie können mit ihr umgehen.” meinte Nyria schlicht. Asgar sah ebenfalls wütend aus. “Ich sollte von jetzt an wohl besser die Abendlektüre meiner Verlobten überprüfen, nicht wahr?” konterte er säuerlich. “Freud? Wer ist das? Ein Passagier?” Jinnai Ismay kannte anscheinend den berühmten Psychologen aus Asdion wohl noch nicht und war daher über die Reaktion der Anwesenden mehr als perplex gewesen.   Inzwischen saßen Valnar und Asmos an Deck mit ein Paar Leuten aus Tradan. Valnar zeichnete wieder. Er beobachtete, wie ein Vater seiner kleinen Tochter die Weite des Meeres zeigte. Er achtete besonders auf die Hände, wie sie sie hielten, die einzelnen Falten wenn die Hand nur leicht geschlossen war. “Das Schiff ist ganz gut, hm?” “Ja, das ist ja auch ein Tradan- Schiff. Fünfzehntausend aus der ganzen Gegend um Tradan haben daran gearbeitet. Stark wie ein Fels, geschaffen aus kräftigen Tradanischen Händen.” erklärte ein junger Mann der neben Asmos stand. Er schien selbst aus der Gegend um Tradan zu stammen. Ein hecheln war zuhören. Die Hunde der Obersten Klasse kamen gerade ein Deck um sich die Beine zu vertreten und ums eine oder andere Geschäft zu erledigen. Der junge Mann konnte nur darüber meckern. “Damit wird uns gezeigt wo wir uns im Gesamtbild befinden.” meinte Valnar lächelnd, der sich eben von dem Bild losreißen konnte. Auch der andere lächelte. “Als würden wir das vergessen. Ich bin Ghardar Ryan.” stellte er sich vor. Nach der Begrüßung fiel Ghardars Blick auf die Zeichnung von Valnar. “Hast du mit deinen Bildern schon was verdient?” aber der Angesprochene konnte ihn nicht mehr hören. Etwas anderes hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Alaine betrat das Deck und lehnte sich leicht an die Rehling. Ghardar folgte seinem Blick. “Vergiss es mein Freund. An eine solche Frau kommst du nicht dran, vorher fliegen die kleine Engel aus dem Hintern.” Aber Valnar war so gebannt von ihrem Aussehen, dass selbst die Ablenkungen von Asmos ihn nicht in die Realität zurückbrachten. Er wedelte mit den Händen vor dem Sichtfeld von Valner herum. Irgendwie bemerkte Alaine den Blick auf ihr und sah kurz verstohlen rüber, sah aber auch sofort wieder peinlich berührt weg. Aber die Neugier packte sie erneut und sie sah länger zu dem armen jungen Mann der an der Rehling saß und sie anstarrte. Dieser Moment dauerte einige Momente, doch konnte man nicht sagen, was in den Gedanken der beiden, Valner und Alaine, vorging. Ein fein gekleideter junger Mann kam schnell auf Alaine zu und redete auf sie ein. Es war Asgar. Aber Asgar unterbrach diesen Austausch von Blicken schnell wieder und holte Alaine zurück in den Essensaal. Als würde Asgar seine Verlobte maßregeln. So ein Benehmen gehörte sich nicht für eine Dame ihres Standes. Sie reagierte sauer und ging vor ihrem Verlobten hinein. Valnar folgte ihr noch kurz mit seinem Blick bis sie hinter einer Wand verschwand. Kapitel 3: Wenn du springst, spring ich auch -------------------------------------------- Wenn du springst, spring ich auch   An diesem Abend saß Alaine wie apathisch auf ihrem Stuhl. Jeder der sie ansprach erhielt keine Antwort. Sie sah auf ihren Edelkaviar und rührte ihn nicht an. Alaine wollte sich gar nicht erst vorstellen wie ihr Leben in Klennar ablaufen würde. Für immer an der Seite ihres zukünftigen Mannes. Eine nie enden wollende Aneinanderreihung von Partys, Bällen, Jagden und Polospielen, mit denen sich die Reichen ihre Zeit vertrieben. Die gleichen engstirnigen Leute, Tag für Tag, die selben geistlosen Gespräche… Ihr kam es so vor als stünde sie vor einem tiefen Abgrund, mit niemandem an der Seite der sie vom springen zurückhalten würde. Niemand der sich dafür interessierte oder Notiz davon nähme. So, als wäre das Leben der jungen Frau schon längst vergangen. Ihr Kloß im Hals wurde immer größer. Sie entschuldigte sich, erhob sich vom Tisch ging nach draußen. Die Gesellschaft an der sie teilgenommen hatte um zu Abend zu essen, nahm nur kurz davon etwas mit, dass sie ging. Bis sie den Raum verließ, ging sie im normalen Tempo und bemühte sich, Fassung zu tragen. Doch als sie die kühle Luft erreichte, fing sie an, schneller zu laufen. Fort, fort von diesen Leuten, die sie nicht verstanden oder verstehen wollten.   Ihre Schuhe klackten schnell hintereinander auf dem edlen Holzboden. Das so kunstvoll hochgesteckte Haar flatterte offen im Laufwind als Alaine weinend über das Promenadendeck des Schiffes rannte. Einige Leute warfen ihr Blicke zu und schüttelten mit dem Kopf, warum es so eine junge Frau so eilig hatte oder einige sogar anrempelte. Davon nahm Alaine aber nichts wahr. Sie war so versunken in ihren düsteren Gedanken, das sie nichts als laufen wollte. Doch wohin? Sie war auf einem Schiff. Sie würde nirgendwohin kommen, auch wenn es ein großes Schiff war. Aber letzten Endes gab es nichts neues was sie sehen würde, solange sie hier auf diesem Schiff, ihrem Gefängnis, war. Je weiter sie zum Heck des Schiffes gelangte, je weniger Menschen kamen ihr entgegen. So sah niemand dass Alaine zum Ende des Schiffes lief.   Valnar lag allein auf einer Bank im hinteren teil des Schiffes und rauchte eine Zigarette. Er sah hoch zu den Sternen, die über ihm funkelten. Durch das Geräusch von Schuhen mit Absatz wurde er abgelenkt. Er sah nur wie eine junge Frau mit roten Haaren und einem roten Kleid an ihm vorbeilief. Er setzte sich auf um ihr nach zu sehen. Es war die junge Frau die er am Vormittag an Deck gesehen hatte und ihn mehrmals kurz angesehen hatte. Was suchte eine so gut betuchte Lady draußen in der Eiseskälte, vor allem in einem kurzärmeligen Kleid? Die junge Frau lief weiter zum Heck. Wo sie dann vor einer halbhohen Messingsäule stehen blieb um die die Taue gewickelt wurden wenn ein Schiff vor Anker lag.   Alaine schaute nach vorn, wo die Flagge des Königs am Heck des Schiffes hing. Das Wasser, was hinter der Lazalatin zurückblieb schäumte richtig. Noch ein letztes Mal sah sie hinter sich um sich zu vergewissern dass ihr niemand gefolgt war um sie vielleicht doch noch daran zu hindern zu springen, aber dort war niemand. Hoffte sie darauf dass jemand sie zurückhalten würde? Vorsichtig kletterte die Rothaarige über die Reling und sah hinunter. Sie drehte sich mit dem Gesicht zum Wasser und beugte sich über die Kante des Schiffes, nur ihre Hände und Füße hielten sie am Schiff fest. Keinem würde es auffallen wenn sie jetzt spränge…   “Tun Sie es nicht.” rief eine Männerstimme hinter ihr. Schnell wandte Alaine ihren Kopf zu ihm um. Valnar stand vor ihr. “Kommen Sie nicht näher!” sagte sie. Aber Valnar ging trotz der Warnung auf sie zu. “Bleiben Sie wo Sie sind!” Ihre Stimme wirkte panisch. Es war doch jemand in der Nähe gewesen und hatte sie bemerkt. “Kommen Sie. Geben Sie mir ihre Hand. Ich zieh Sie wieder zurück.” Valnar versuchte, beruhigend auf Alaine einzureden. “Nein! Kommen Sie nicht näher! Ich mein es ernst. Ich lass los!” wieder drehte Alaine sich zum Wasser. Aber durch leere Worte ließ sich Valnar nicht abbringen. Er näherte sich vorsichtig der Reling, hielt den Zigarettenstummel hoch, damit Alaine ihn sehen konnte, als Zeichen dass er die Zigarette wegschmeißen wollte und warf ihn ins Wasser. Dann blieb er an Ort und Stelle und steckte die Hände in die Hosentaschen. “Nein tun Sie nicht.” sagte er bestimmt. Verwirrt sah die junge Frau ihn an. “Was meinen Sie damit das tue ich nicht? Glauben Sie nicht dass Sie mir vorschreiben können was ich tu und lasse. Sie kennen mich doch gar nicht.” “Na ja, sonst hätten Sie es längst getan.” erklärte er schlicht. “Sie irritieren mich! Gehen Sie weg.” entgegnete sie wütend und drehte den Kopf wieder Richtung Wasser. “Ich kann nicht. Jetzt geht es mich auch was an. Wenn Sie los lassen dann… muss ich Ihnen wohl oder übel hinterher springen.” sagte er und begann seine Jacke und Schuhe auszuziehen. Alaine begriff, dass sie in einer Zwickmühle war. Wenn sie sprang, würde sie einen unschuldigen Mann mit sich in den Tod reißen. “Das ist doch absurd. Sie würden ertrinken.” Valnar meinte nur dass er ein guter Schwimmer wäre. “Allein der Aufprall würde Sie töten.” “Das würde weh tun, da gebe ich Ihnen Recht. Um ehrlich zu sein, beunruhigt mich viel mehr dass das Wasser so kalt ist.” Da schien Valnar den richtigen Punkt getroffen zu haben, denn die junge Frau fragte WIE kalt das Wasser wäre. “Ziemlich kalt. Vielleicht ein paar Grad über Null.” Alaine sah zu seinen Füßen… er würde ihr tatsächlich nach springen um sie zu retten. Dabei kannte er sie überhaupt nicht. “Waren Sie- waren Sie schon mal in Esrik?” Verwirrt sah sie ihn an. “Na, ja die haben dort mit Abstand den kältesten Winter. Ich war einmal dort als ich noch klein war. Ich weiß noch wie ich damals mit meinem Vater Eisangeln war.” Valnar dachte dass sie vielleicht nicht wusste was Eisangeln war und wollte es ihr erklären, doch leicht genervt entgegnete dass sie wüsste was Eisangeln sei. “Entschuldigung…” Valnar hob leicht die Hände als Zeichen dass er es nur gut gemeint hatte. “Sie- Sie kommen mir nur so vor als ob Sie sich die meiste Zeit drinnen aufhalten. Na, jedenfalls bin ich da mal eingebrochen. Sie können mir glauben… so kaltes Wasser- wie das da unten- das ist wie tausend Stiche die man am ganzen Körper spürt. Man kann nicht mehr atmen, man kann an nichts mehr denken. An nichts, mal abgesehen von diesem Schmerz. Aus diesem Grund bin ich nicht besonders scharf darauf Ihnen hinterher zu springen…” jetzt zog er sich auch noch seine wärmende Jacke aus. “… aber wie gesagt… ich hab keine andere Wahl. Ich kann bloß hoffen dass Sie über die Reling klettern und mit das ersparen.” “Sie sind verrückt.” wieder drehte Alaine sich dem Wasser zu. “Komisch, das sagen alle aber… bei allem Respekt Miss… ich bin nicht derjenige der von diesem Schiff springen will. Kommen Sie. Geben Sie mir ihre Hand. Sie wollen das doch gar nicht.” Er streckte ihr seine Hand aus. Und zum großen Wunder reichte Alaine ihre. Vorsichtig drehte sie sich auf dem schmalen Boden der zwischen Reling und nichts war um. Erleichtert pfiff Valnar durch die Zähne. “Ich bin Valnar Dawson.” “Alaine DeWitt Bukater.” der junge Mann musste lachen. “Es ist wohl besser wenn Sie mir das aufschreiben.” auch Alaine musste lächeln. Dann half er ihr über die Reling. Aber das perlenbestickte Kleid verfing sich an ihrem Schuh, so dass Alaine keinen Halt an der lackierten Eisenstange fand, ausrutschte und nur noch an Valnars Händen hing. Er versuchte sie wieder hochzuziehen, was schwierig war, denn immer wieder rutschte sie aus, wenn sie sich an den Stangen festhalten wollte. “HILFE BITTE!!!! HILFE!!!” schrie sie. Einige in der nähe stehenden Matrosen eilten los. Aber Valnar sprach beruhigend auf die Rothaarige ein und half ihr. Als die Matrosen die beiden erreichten, hatte er die völlig verängstigte Alaine von allein wieder hochgezogen. Sie sahen nur wie Valnar sich über sie am Boden beugte, die Schuhe, wie Jacke und Weste neben ihm lagen. Dies war eine für sie eindeutige Pose, die sie völlig falsch interpretierten. In ihren Augen hatte Valnar sich an ihr vergreifen wollen, darum hatte Alaine geschrien. “Nimm die Finger weg und rühr dich nicht von der Stelle!” brüllte der eine ihn an. Zu den beiden anderen befahl er dass der Bootsmann kommen sollte.   Binnen kurzer Zeit rasselten die Handschellen. Valnar wurde verhaftet. Auch Asgar und Abraxas waren anwesend. Einige Stewards hatten sich um Alaine versammelt, hatten eine Decke um sie gelegt und boten ihr etwas wärmendes zu trinken an. Aber sie lehnte ab. “Das ist völlig inakzeptabel. Was fällt dir eigentlich ein Hand an meine Verlobte zu legen?” fragte Asgar wütend. Da Valnar nicht antwortete wurde er auch handgreiflich. Er griff ihn am Kragen damit der Mann aus der dritten Klasse ihn auch wirklich ansah. “Sieh mich an du Dreckschuft!” fuhr er ihn an. Bevor er aber noch weiter gehen konnte griff Alaine ein. Sie stand auf und stellte sich neben ihren Verlobten. “Es war ein Unfall.” erklärte sie. “Ein Unfall…” wiederholte er perplex. “Ja… ein ziemlich dummer sogar. Ich hatte mich über die Reling gelehnt und rutschte plötzlich aus. Ich hatte mich so weit rüber gelehnt weil ich die- äh- äh-” sie drehte mit ihrem Zeigefinger Kreise in die Luft da ihr das Wort nicht einfallen wollte. “Schiffsschrauben?” vollendete Asgar den Satz da er ungefähr wusste was hinten am Schiff war. “Schiffsschrauben sehen wollte und da bin ich ausgerutscht und ich wäre beinahe über Bord gegangen aber Mr. Dawson hat mich gerettet und ist dabei fast selbst abgestürzt.” “Ach, sie wollte sich die Schiffsschrauben ansehen.” Nun verstand Asgar den Sachverhalt. “Ich sag’s ja immer wieder. Frauen und Technik das versteht sich einfach nicht.” meinte der Bootsmann Gorgoth. Er wandte sich an Valnar. “Hat es sich so zugetragen?”, der junge Mann sah fragend zu Alaine und die sah ihn flehend an die Lüge zu bestätigen. Warum wollte sie ihm helfen? Als Wiedergutmachung für die Rettung? Wahrscheinlich. “Ja, ungefähr so ist es gewesen.” “Nun, dann ist der Junge ein Held. Gut gemacht mein Sohn. Reife Leistung.” Er wurde wieder von den Handschellen befreit und alle wollten den Schauplatz wieder verlassen, besonders Asgar, der Alaine schon fest in seinen Armen hatte als der Bootsmann Asgar anhielt. “Wäre eine kleine Anerkennung nicht angebracht?” fragte er und deutete mit dem Kopf in Richtung Valnar. Asgars Miene nach war dies der Moment, den er mit den raschen fortgehen hatte vermeiden wollen. Aber er fing sich und nickte. “Selbstverständlich. Mr. Lovejoy… ich denke 20 wären angebracht.” aber Alaine hielt dies für sehr mager als Belohnung. “Ist das der Tageslohn für die Frau die du liebst?” “Alaine das stimmt. Was kann man da nur tun? Ich weiß.” Asgar ging auf den jungen Valnar zu. “Mr. Dawson. Vielleicht könnten Sie ja mit uns dinieren. Und unsere Gesellschaft mit ihrer Heldengeschichte ergötzen.” Valnar nickte. “Klar doch. Bin dabei.” Erfreut ging Asgar mit Alaine unter Deck während Valnar sich von Abraxas eine Zigarette schnorrte. Widerwillig öffnete der Kammerdiener die Zigarettenschachtel, aus der sich Valnar zwei nahm. Eine steckte er in den Mund, die andere klemmte er sich hinters Ohr. “Die sollten Sie zuschnüren.” meinte er und deutete auf die Schuhe die Valnar zwar angezogen, aber nicht zugebunden hatte. “Es ist interessant, dass die junge Lady zwar ganz plötzlich ausrutschte, Sie aber trotzdem noch Zeit hatten Jacke und Schuhe auszuziehen.” Mit diesem Worten ging er. Valnar bleib allein zurück. Dieser Kammerdiener hatte anscheinend den Sachverhalt durchschaut. Ob er seinem Herren die Wahrheit sagen würde? Kapitel 4: Die verrückten Ideen eines Künstlers ----------------------------------------------- Die verrückten Ideen eines Künstlers Die verrückten Ideen eines Künstlers   Noch am gleichen Abend saß Alaine in ihrem Schlafzimmer an ihrem Schminktisch und betrachtete ihren kostbaren Handspiegel, der zum Teil aus Perlmutt bestand. Ihre Spieluhr spielte eine leise Melodie während sie so dasaß noch einmal ihr Haar auskämmte und sich fürs Bett fertig machte. An der Tür zu ihrem Zimmer wurde leise geklopft und Asgar kam herein. Schnell legte die junge Frau den Spiegel weg und sah in den großen Spiegel und sah zu wie ihr Verlobter den Raum betrat. “Ich weiß dass du melancholisch bist. Ich weiß allerdings nicht warum.” sagte er zu ihr an der Tür. Er ging auf sie zu, mit einem Schächtelchen in der Hand. “Ich hatte eigentlich vor hiermit bis zu Verlobungsgala nächste Woche zu warten…” er schob die Spieluhr etwas weg und machte den Deckel zu, dass sie sogleich verstummte, damit er Platz hatte sich auf den Tisch zu setzen. “Aber ich dachte heute Abend...”, er öffnete die Schatulle und ein fünf Zentimeter großer, blauer Diamant, umrahmt von vielen kleinen weiß glitzernden Diamanten als Anhänger einer silbernen Kette kam zum Vorschein. Der Stein hatte die Form eines Herzens. Die Kette selbst funkelte, dank weiterer vieler kleiner weißer Diamanten. Alaine verschlug es sofort die Sprache. „Grundgütiger...“ “Sieh es als kleine Erinnerung für meine Gefühle für dich.” sagte er. Vorsichtig berührte Alaine den Samt auf dem die Kette gebettet war. “Ist das ein…?” fing sie an und Asgar lächelte breit. “Diamant? Ja.” beantwortete Asgar die Frage bevor Alaine sie zu Ende formulieren konnte. Er holte die Kette heraus und legte sie ihr um ihren Hals. Sie fühlte sofort die Kühle des Edelmetalls in die die Steine gefasst waren und wie schwer die Kette war… “56 Karat um genau zu sein. Er wurde von Gerald XVI. getragen. Er nannte ihn : “Le coeur de la Mer.” “Das Herz des Ozeans…” sagten beide zugleich. Alaine sah nur auf diesen tiefblauen Stein, der ihr jetzt schon, nur wenige Sekunden nachdem sie ihn trug wie eine Bürde vorkam. Vorsichtig, als wäre er aus Glas, berührte sie ihn. “Er ist überwältigend.” konnte sie nur dazu sagen. Sie fühlte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete. Wie kam Asgar auf die Idee etwas so wertvolles zu kaufen? “Er ist für Könige. Wir sind königlich, Alaine.” sagte er und kniete sich vor ihr hin. Dabei sah er ihr in die Augen. “Es gibt nichts was ich dir nicht kaufen könnte. Ich würde dir nichts verweigern… wenn du dich mir nicht verweigerst. Öffne dein Herz für mich Alaine.” Von seinen Worten verwirrt sah Alaine wieder nach vorn, in ihr Spiegelbild. Und wieder kam ihr der Diamant noch schwerer vor. So, als würde er ihr die Luft zum atmen rauben.   Am nächsten Vormittag fand Alaine Valnar auf einer Bank liegend. Er schlief. Nachdem sie ihn geweckt hatte bat sie um einen kleinen Plausch. Und sie redeten… “Seit meinem 15. Lebensjahr bin ich auf mich allein gestellt. Da sind meine Eltern gestorben. Ich hatte keine Geschwister oder Verwandte in der Gegend. Also hab ich das weite gesucht und bin seit dem auch nicht mehr da gewesen. Ich bin wie ein Blatt dass hin und her geweht wird.” Alaine hörte seinem reden gern zu, denn es hinderte sie etwas von sich selbst Preis zu geben. Aber als eine lange Schweigeminute eintrat kam der junge Mann auf den Kern der Unterhaltung zurück. “Also, Alaine. Wir jetzt eine Meile auf diesem Deck herum gelaufen, haben darüber geredet was für ein schönes Wetter wir doch haben und wie ich aufgewachsen bin. Aber das was sicherlich nicht der Grund warum Sie mich sprechen wollten.” Alaine, wurde etwas nervös, weil nun das Thema kam… der gestrige Abend. Sie wrang ihre Hände etwas ineinander. “Mr. Dawson, ich…” “Valnar.”, korrigierte er sie. “Valnar, ich wollte mich bei Ihnen bedanken. Nicht nur dafür, dass Sie mich wieder heraufgezogen haben, sondern auch für ihre Diskretion.” ”Gern geschehen.” antwortete er nur schlicht. “Hören Sie, ich kann mir gut vorstellen, was Sie von mir denken: armes kleines reiches Mädchen. Was weiß die schon vom Elend.” “Nein, nein. Das hab ich nicht gedacht. Ich hab mir gedacht, was kann diesem Mädchen vorgefallen sein, dass sie glaubt keinen Ausweg zu haben.” Das er sie nicht bedauerte, verwunderte sie ein wenig. Sie überlegte nun ihre weiteren Worte. “Nun ja. Es gibt sehr viele Gründe dafür. Meine ganze Welt und all die Menschen darin. Die Leere die sich in meinem Leben ausbreitet und meine Machtlosigkeit etwas dagegen zu unter nehmen.” Sie hob ihre linke Hand, an der ein Verlobungsring gesteckt war. Ein großer Diamant war draufgesetzt. Staunend betrachtete Valnar den Ring. Er pfiff durch seine Zähne. “Was für ein Klunker. Mit dem wären Sie ganz sicher untergegangen.” “500 Einladungen sind verschickt worden. Die ganze Gesellschaft von Klennar wird anwesend sein. Und die ganze Zeit über habe ich das Gefühl: ich stehe in der Mitte eines überfülltem Raumes und schreie aus vollen Leibeskräften, doch niemand sieht auch nur zu mir hoch.” Valnar sah sie eindringlich an. “Lieben Sie ihn?” “Wie bitte?” verwirrt blickte Alaine ihn an. “Lieben Sie ihn?” wiederholte er, obwohl er genau wusste dass sie verstanden hatte. “Sie sind sehr Taktlos. Sie dürfen mich so etwas nicht fragen.“ “Ist doch ne ganz einfache Frage: lieben Sie den Kerl, oder lieben Sie ihn nicht?” Alaine musste gekünstelt lachen um ihre Unsicherheit zu verbergen. “Das ist wohl kein Thema für eine Konversation.” “Warum können Sie nicht einfach antworten?” Wieder lachte Alaine kurz. “Das ist absurd. Sie kennen mich nicht und ich kenne Sie nicht und wir sollten nicht so eine Unterhaltung führen. Sie sind taktlos, ungehobelt und unverschämt und ich werde jetzt gehen. Valnar, Mr. Dawson… es war mir ein Vergnügen. Ich wollte Sie sehen um mich zu bedanken und das habe ich auch getan-” Während Alaine ihm die Beleidigungen an den Kopf geschmissen hatte, hatte Valnar nur gelächelt, denn irgendwie wusste er, dass sie es nicht ernst meinte. “Und Sie haben mich beleidigt.” fügte er schmunzelnd hinzu. “Sie haben es auch verdient.” da stimmte er mit ihr überein. Sie schüttelten lange ihre Hände, bis Valnar fragte ob sie nicht vor hatte zu gehen. “Ja, das tue ich auch.” sie drehte sich um. “Über Sie kann man sich wirklich ärgern.” fügte sie noch hinzu, als ihr einfiel dass dies das Promenadendeck war und nur diejenigen der ersten Klasse dieses Deck benutzen durften. “Das ist mein Bereich des Schiffes. Sie werden gehen.” “Ho, ho, ho… sieh an, sieh an, sieh an… wer ist hier taktlos?” Der jungen Frau stand der Mund offen. Wieder lachte sie. Dann fiel ihr die Zeichenmappe auf, die er schon die ganze Zeit über bei sich trug. Alaine griff danach. Sie setzte sich auf eine Liege und betrachtete einige seiner Zeichnungen. Valnar setzte sich hinzu. Ihr Gesicht wandelte sich von Neugier zum Erstaunen. “Die sind ziemlich gut… sehr gut um ehrlich zu sein.” “Im alten Thessa waren sie nicht sehr davon begeistert.” Valnar fühlte sich anscheinend geschmeichelt von dem Lob. “Thessa? Sie kommen ja viel herum… für einen a-” Alaine stockte. Es war ihr offensichtlich peinlich darüber zu reden. “Verzeihung… für einen…” “Raus mit der Sprache. Für einen armen Kerl. Sie können es ruhig sagen.” Die folgenden Seiten zeigten nackte Frauen. Die junge Frau errötete etwas bei dem Anblick der Bilder. “Haben Sie das nach lebenden Modellen gezeichnet?” Die beiden senkten etwas die Mappe als ein reicher Herr vorbeiging. “Ja, das ist eine der guten Seiten an Thessa. Viele Frauen sind bereit ihre Sachen auszuziehen.” Danach waren viele Bilder von ein und der selben Frau. “Diese Frau mochten Sie. Sie haben sie mehrere Male gezeichnet.” “Sie hat wundervolle Hände, sehen Sie?” “Ich könnte mir vorstellen Sie hatten eine Affäre mir ihr.” Dies verleugnete der junge Künstler sofort. Er meinte er habe nur eine Affäre mit ihren Händen gehabt. “Sie war eine einbeinige Prostituierte. Sehen Sie?” Das folgende Bild zeigte es. Beide mussten lachen. “Sie hatte Sinn für Humor.”, kommentierte er lächelnd. Alaine wollte die Mappe schon zumachen, als ein anderes Bild von einer beleibteren Frau erschien. Valnar erzählte ihr die Geschichte dieser Dame. Sie soll jeden Abend in einer Bar gesessen haben. Sie trug all den Schmuck den sie besaß und wartete auf ihre längst verflossene Liebe. Valnar nannte sie Madam Bijoux. Ihre Sachen waren ganz mottenzerfressen. “Wirklich… Sie haben Talent. Ganz ehrlich. Sie sehen die Menschen.” “Ich sehe Sie.” Die junge Frau richtete sich etwas auf. “Und?” Sie sah ihn von der Seite an und lächelte. “Sie wären nicht gesprungen.”   Im Speisesaal saßen Alaines Mutter, die Komtesse Jayna und die Ehefrau von Lord Raron Jacob Astor, Celen Astor und tranken Tee, als Nyria Brown zu ihnen stieß. “Der Zweck einer Universität ist es einen geeigneten Mann zu finden. Und das ist Alaine bereits gelungen.” meinte Aysha und trank an ihrem Tee. “Sehen Sie nur, da kommt Mrs. Brown, eine vulgäre Person.” sagte Jayna gedämpft, damit Nyria nichts davon mitbekam, die auch gerade die drei Frauen zusteuerte. “Schnell stehen wir auf, bevor sie sich zu uns setzt.” stimmte Aysha zu und stand auch schon auf. “Hallo Mädels, ich hatte gehofft Sie hier beim Tee zu treffen.” begrüßte die neureiche Frau die drei anderen. “Den haben Sie leider verpasst, wir sind untröstlich.” entgegnete Mrs. De Witt Bukater mit trauriger Stimme. “Die Komtesse und ich wollten uns gerade auf dem Bootsdeck ein wenig die Füße vertreten.” fügte sie noch hinzu, mit einem Blick auf die Komtesse “Wundervoll. Dann könnte ich meinen Klatsch und Tratsch auf den neuesten Stand bringen.” sagte Nyria begeistert. Etwas nervös nickte Aysha und ging an ihr vorbei.   Am Tisch neben an saßen Jinnai Ismay und Vincent Smith und unterhielten sich um die Geschwindigkeit des Schiffes. “Die letzten sind also noch nicht angefeuert worden.” las Jinnai aus dem Bericht heraus. “Nein, ich sehe keinen Grund dazu. Wir liegen hervorragend in der Zeit.” antwortete der alte Kapitän. “Die Presse kennt die Größe der Lazalatin. Jetzt will ich dass sie ihre Geschwindigkeit bewundert. Wir müssen ihnen etwas neues zum berichten geben. Die Jungfernfahrt der Lazalatin muss unbedingt Schlagzeilen machen.” Dem Kapitän war anzumerken, das ihm dies nicht wirklich gefiel. Das er sich vor ihm verteidigen musste, auch wenn Mr. Ismay der Ingenieur der Lazalatin war. “Mr. Ismay, ich würde die Maschinen ungern unter Volllast fahren lassen, so lange sie nicht eingefahren sind.” “Ich bin nur ein Passagier, ich überlasse es Ihrem Sachverstand was am besten ist. Aber was wäre es für ein grandioser Abschuss ihrer letzten Überfahrt, wenn wir schon Dienstagabend in Klennar einlaufen und alle überraschen würden? Es wäre in allen Morgenzeitungen. Ich den Ruhestand mit einem Feuerwerk, na Vincent?” Der Kapitän schwieg, was Ismay als ein “Ja” deutete. Er lehnte sich zufrieden in seinen Sessel zurück. “Guter Mann.”   “Und danach hab ich in Limm auf einem Fischerboot gearbeitet. Dann bin ich nach Asdion gegangen und hab angefangen für 1 Filar das Stück Portraits zu zeichnen.” Valnar und Alaine standen auf Deck und sahen hinaus aufs Meer, wo die Sonne orangerot unterging. Alaine hörte dem Künstler fasziniert zu. Sein Leben war so interessant und facettenreich gewesen. Sie seufzte schwer, lächelte ihn aber an. “Wieso kann ich nicht wie Sie sein Valnar? Einfach auf den Horizont zugehen wann immer mir danach ist.“, sie hielt inne, als wenn sie über etwas nachdachte. „Warum fahren wir nicht mal gemeinsam nach Asdion, und sei es das wir darüber reden.” Alaine lachte bei den Gedanken daran, dass sie mit Valnar wirklich in Asdion sein würde… für sie war es einfach zu komisch. “Nein, wir werden das machen. Wir trinken Bier, wir fahren mit der Achterbahn bis uns schlecht wird, wir mieten uns ein paar Pferde am Stand und reiten durch die Brandung. Sie müssen dann wie ein richtiger Cowboy reiten, vergessen Sie diesen Damensattel.” Ihre Augen wurden plötzlich groß. “Sie meinen… ein… Bein auf …jeder Seite.?” “Ja.” “Zeigen Sie mir das?” “Klar, wenn Sie wollen.” Die junge Frau musste sich das lachen verkneifen. “Sie bringen mir bei wie ein Mann zu reiten.” sagte sie noch ernst. Aber als Valnar dann dazu fügte, dass er ihr zeigen würde wie ein Mann Tabak zu kauen, fing sie schon an zu kichern. “Und wie ein Mann zu SPUCKEN!” sagte sie noch scherzhaft. “Haben Sie das auf der höheren Töchter Schule etwa nicht gelernt?” fragte der Künstler entgeistert. Aber Alaine verneinte lachend die Antwort. “Kommen Sie ich zeig’s Ihnen.” Überrascht von seiner Spontaneität, wurde Alaine auch schon zu einer ruhigeren Ecke mitgezogen. Sie wollte das nicht vor all den Leuten tun, aber Valnar war so energisch, dass es fast unheimlich war. Er lehnte sich weit nach hinten und rotzte so weit wie möglich ins Wasser. “Das ist ja Ekelerregend!” Dann sollte Alaine es probieren aber sie spuckte nur ganz mädchenhaft ihre Spucke aus als niemand zu ihr sah. “Das war erbärmlich. Na los. Sie müssen es von ganz tief unten hoch holen.” Und wieder spuckte er ins Wasser. Auch Alaine zog etwas kräftiger. Aber in dem Moment kamen auch schon Alaines Mutter, die Komtesse und Mrs. Brown. Valnar wollte ihr noch erklären wie sie am besten spucken konnte als Alaine ihn antippte, weil sie unter Beobachtung der drei Damen waren. Schnell schluckte Valnar es wieder herunter. Die Rothaarige trat nach vorn und wandte sich an ihre Mutter. “Mutter. Darf ich dir Valnar Dawson vorstellen?” “Ich bin entzückt.” sagte sie kurz, mit zusammengekniffenen Lippen. Nyria wischte über ihr Kinn um Valanr zu bedeuten dass dort Spucke hing. Dann erklärte Alaine die Geschichte vom gestrigen Abend. Alle waren begeistert, dankbar und neugierig über die Heldentat, nur Aysha nicht. Sie sah den jungen Mann an wie ein gefährliches Insekt dass schnell beseitigt werden musste. “Nun Valnar, klingt so als wären Sie der Mann den man in der Nähe haben sollte wenn es brenzlig wird.” meinte Nyria dazuzusagen. Aber da ertönte schon die Trompete die alle zum Abendessen rief. “Warum machen die immer so einen Lärm als würde ein ganzes Regiment angreifen?” fragte sich die selbstbewusste, neureiche Frau. Alaine lachte leise über diesen Witz und ging sich mit ihrer Mutter umziehen. Sie wank Valnar noch zu und verabschiedete sich bis zum Abendessen. Nur Nyria blieb bei dem jungen Mann. Sie fragte ihn was er anziehen wollte, wenn er zum Dinner erscheinen würde. Er zeige auf seine Sachen, die er anhatte und Nyria pfiff durch die Zähne. “Hab ich mir gedacht. Kommen Sie mit.” Und so zog sie ihn mit sich in ihre Kabine.   Vor dem Spiegel konnte Valnar sich gar nicht wieder erkennen. Ein schicker Smoking, die Haare nach hinten gekämmt und er sah auch wie einer der ihren. “Ich wusste es doch. Sie und mein Sohn haben beinahe die selbe Größe!” Nyria war begeistert wie gut der Smoking ihm passte. “Sie glänzen wie ein neuer Filar.” Kapitel 5: Dinner mit Valnar ---------------------------- 5. Kapitel: Dinner mit Valnar   Valnar befand sich im wohl prunkvollsten Raum des gesamten Schiffes: dem Treppenhaus der ersten Klasse. Im Hintergrund schlug eine Uhr zum Dinner. Ein Angestellter öffnete ihm die Tür bevor er selbst richtig an der Tür war und begrüßte ihn mit einer höflichen Verbeugung und “Sir”. So, als würde Valnar schon immer so aussehen und sei schon gestern Abend dort gewesen. Nervös nickte Valnar ihm zu und durchschritt die Tür. Über ihm war die Glaskuppel die den gesamten Raum erleuchtete. Fast so, als würde die Sonne in diesen Treppenaufgang hineinleuchten. Und in der Mitte der Kuppel hing ein riesiger, mit Juwelen besetzter Kronleuchter. Überall waren reiche Leute und unterhielten sich gedämpft. Einige nickten ihm zum Gruß zu. Im Hintergrund spielte leise die kleine Musikkapelle die nicht mehr als sechs Menschen waren. Sie spielten den Wiener Walzer. Valnar betrat die Wendeltreppe mit mäßigem Schritt und sah sich alles an. Das hochwertigste Holz war verarbeitet worden. Alles, außer der Fußboden war vertäfelt. Die Handläufe bestanden außerdem aus schwarz lackierten Metall, das sich kunstvoll verschlungen in dieses Bild einfügte. Auf der Hälfte der Treppe teilte sie sich und ein Engel aus Messing hielt eine elektrisch beleuchtete Fackel. Überall waren bequeme Sessel im warmen rot, in denen sich ebenfalls Leute hinsetzten und sich unterhielten. Als er die weit auslaufende Treppe hinter sich gelassen hatte lehnte er sich lässig an eine Säule die aus Mahagoni bestand. Aber als er sah wie die anderen feinen Herren standen versuchte er dies nachzumachen. Gerade wie eine Kerze, eine Hand hinter dem Rücken, die andere auf Jacketthöhe und mit ihr gestikulierend. Aber dann hörte er lautere Stimmen die von der Hälfte der Treppe ausging. Es war Aysha De Witt Bukater und Asgar Hokley. Die unterhielten sich über das Schiff und über Alaine die wohl noch nicht anwesend war. Sie gingen an Valnar vorbei ohne von ihm Notiz zu nehmen. Er versuchte Asgars förmliche Bewegungen nachzuahmen, damit die anderen Reichen ihn als angehörigen der ersten Klasse hielten. Aber das taten sie wohl schon. Das Aussehen ließ diese Leute wohl schon denken, er sei wohlhabend. Dann sah er sich erneut um und ihm versagte die Sprache. Vor ihm, an der großen Uhr stand Alaine in einem schwarzen Kleid mit rotem Unterrock. Sie trug weiße Samthandschuhe und Kollier aus Silber und Diamanten. Ihr Haar war am Hinterkopf leicht von Haarbändern zusammengehalten, in die Edelsteine eingefasst waren. Auch sie sah verwundert auf ihren Erretter. Was so ein Smoking schon alles ausmachen konnte. Als er ihre Hand nahm schlug ihr Herz wie verrückt. Er beugte sich galant nach vorn und gab ihr einen Handkuss. “So einen Handkuss kenne ich aus dem Varieté und wollte ihn seitdem auch mal tun.” flüsterte er lächelnd. Alaine musste kichern. Dann bot der junge Mann ihr den Arm an und sie verschränkte ihn mit ihrem eigenen. Spaßeshalber reckte Valnar seinen Kopf soweit nach vorn, dass man annehmen konnte, dass seine Nase die gläserne Kuppel streifen konnte. Sie gingen auf ihre Mutter und ihren Verlobten zu. “Darling, du erinnerst dich bestimmt an Mr. Dawson.” “Dawson? Verblüffend. Sie könnten fast als Gentleman durchgehen.” sagte er erheitert zu Valnars Anzug. “Ja, fast.” entgegnete er trocken. Vorhin hatte er keine Notzi von ihm genommen und nun kam so eine unterschwellige Bemerkung. Dann gingen sie weiter ins Innere des Schiffes wo noch mal so viele Leute waren wie im Treppenhaus. Valnar lächelte kurz etwas verunsichert aber Alaines aufmunternder Blick, dass er es nicht so ernst nehmen sollte, was Asgar sagte, gab ihm wieder etwas Sicherheit. Ein Stockwerk weiter unten führte Alaine ihre Begleitung in Richtung Speisesaal. Dort zeigte sie ihm all die Reichen und Schönen des Schiffes. Sie deutete auf eine Frau mit rötlichen Haaren, die ihren schon fast glichen. Das war die Comtesse Jayna von Ross. Dann zu einem schwarzhaarigen älteren Mann der Raron Jacob Astor war. Alaine meinte dass er der reichste Mann auf dem Schiff sei. Seine Frau war in anderen Umständen und so alt wie Alaine. Die junge Frau sah etwas zu ihr, besonders auf ihren leicht gewölbten Bauch. “Sie versucht es zu verstecken ein regelrechter Skandal. Und das ist Kain Guggenheim und seine Mätresse Madam O´ Bére. Mrs. Guggenheim und die Kinder sind selbstverständlich zu Hause.” und weitere Aristokraten folgen.   “Lust ´ne Lady zum Dinner zu geleiten?” fragte plötzlich jemand von hinten. Nyria Brown kam links neben Valnar hervor und lächelte die beiden freundlich an. “Sicher doch.“ sagte er durch die Nase. Sofort bot der junge Mann ihr seinen linken Arm an. Mit den beiden Frauen, jede an einer Seite gingen er weiter. Asgar rief nach Alaine, die etwas hinter ihm ging. Dann betraten sie den Speisesaal. “Das reinste Kinderspiel, nicht wahr Valnar? Denken Sie daran: die haben alle nur Geld im Kopf. Tun Sie einfach so als besäßen Sie eine Goldmiene und schon gehören Sie zum Club.” sagte die selbstbewusste Frau als sie den hell erleuchteten Raum betraten. Überall waren Rundtische, die mit blütenweißen Tischdecken und Tischlampen in Reih und Glied aufgestellt waren. Schnell begrüßte sie Raron Astor und gesellte sich ihm. “Sieh mal an, Hallo Nyria. Schön Sie zu sehen.” “R.J, Madeline, darf ich Ihnen Valnar Dawson vorstellen?” Alaine war es, die gesprochen hatte. Zuerst gab Valnar Madeline Astor einen Handkuss und dann ihrem Gatten die Hand. “Nun, Valnar… gehören Sie zu den Klennar Dawsons?” fragte Raron neugierig. “Nein, Ähm… zu den Limm Dawsons genau gesagt.” antwortete er schnell. Raron sah etwas verwirrt drein, nickte aber. Vielleicht gab es dort einen weiteren Zweig dieser Familie. Am Dinertisch saßen sechzehn der bedeutendsten Herren des Schiffes. Der Kapitän, Mr. Andrews, Mr. Ismay, die Comtesse, Nyria Brown, Aysha, Alaine, Asgar, Kain Guggenheim und noch weitere. Valnar war sicher nervös aber er ließ es sich nicht anmerken. Alle nahmen an, dass er einer von ihnen war. Der Erbe eines Vermögens bei der Eisenbahn vielleicht. Neureich- gar keine Frage, aber trotzdem ein Mitglied des Clubs. Doch auf Aysha DeWitt Bukater war natürlich verlass.   “Erzählen Sie und von den Unterkünften der dritten Klasse, Mr. Dawson. Sie sollen auf diesem Schiff recht annehmlich sein.” Aber Valnar reagierte charmant. “Die besten die ich je gesehen habe Ma’am. Fast keine Ratten.” Nyria lachte beherzt auf über diesen Witz. Auch Asgar lächelte gekünstelt. “Mr. Dawson ist aus der dritten Klasse zu uns gestoßen. Er kam gestern Abend meiner Verlobten zur Hilfe.” erklärte er. “Es hat sich herausgestellt, dass Mr. Dawson ein hervorragender Künstler ist. Er war so freundlich mir einige seiner Werke zu zeigen.” fügte Alaine sanft noch hinzu. Aber ihr Verlobter verschaffte ihr einen Dämpfer. “Alaine und ich definieren Kunst auf eine ganz unterschiedliche Art und Weise. Ohne Ihre Werke in Frage zu stellen.” Nervös wank der junge Mann ab, als Zeichen, dass er es ihm nicht übel nahm. Alaine räusperte sich in ihre Serviette und bedeutete Valnar damit, dass der Kellner ihm ein Glas Champagner hin stellen wollte. Er sah zu dem Besteck vor sich und fand an die zehn Gabeln und Messer vor sich, die fein säuberlich nach der Größe und Nutzungsweise aufgereiht war. “Ist das alles für mich?” hackte er bei Mrs. Brown nach. “Ja, arbeiten Sie sich einfach von außen nach innen vor.” antwortete sie ebenso leise mit einer Serviette vor dem Mund. Auch Mr. Andrews und Mr. Ismay unterhielten sich, nur um ein anderes Thema: die Lazalatin. Jinnai Ismay behauptete dass Aaron jede einzelne Schraube dieses Schiffes kennen würde. “Ihr Schiff ist ein wahres Wunderwerk Mr. Andrews.” fügte Alaine lächelnd hinzu und er bedankte sich. Bei Valnar wurde gerade Kaviar auf den Teller getan. Der Kellner fragte noch wie er seinen Kaviar essen wollte, aber Valnar wank ab und meinte dass er noch nie Fischeier gemocht hatte. Und wieder eine Frage von Alaines Mutter. Sie wollte wissen wo er denn wohnen würde. “Also im Augenblick ist meine Adresse noch die RMS Lazalatin. Was danach kommt weiß nur der Liebe Gott.” “Und woher haben Sie die Mittel zu reisen?” hackte sie nach. “Ich erarbeite mir die Fahrkarte normalerweise. Sie wissen schon: Handelsmarine und so was. Aber meine Fahrkarte für die Lazalatin verdanke ich einem glücklichen Händchen beim Pokern, einem ausgesprochen glücklichen Händchen.” und sah dabei lächelnd zu Alaine, die gerade an ihrem Champagner nippte. Bei diesem Satz musste Nyria beherzt auflachen. “Das ganze Leben ist doch von Glück bestimmt.” meinte Mr. Guggenheim. “Ein richtiger Mann hilft seinem Glück auf die Sprünge, nicht wahr Dawson?” entgegnete Asgar. Valnar nickte kurz. “Und Sie finden dieses bonzenlose Dasein ansprechend, ja?” Aysha trieb es zu weit, selbst für Mrs. Browns Ansichten, da sie selbst einmal kein Lotterleben geführt hatte. Bei dem Blick den Nyria Aysha zuwarf, wäre sie sofort tot umgefallen, würde Nyrias Blick töten, aber Valnar beschwichtigte diesen Streit. “Oh ja Ma’am, so ist es. Ich meine, ich habe alles was ich benötige bei mir. Ich habe Luft in meinen Lugen und ein paar leere Blatt Papier.” Alaine sah von ihrem Essen auf und sah den jungen Maler an. “Ich finde es schön morgens aufzuwachen ohne zu wissen was mir passiert oder wer mir begegnet oder wohin es mich verschlägt. Vor einigen Tagen habe ich noch unter einer Brücke geschlafen und jetzt sitz ich hier: auf dem größten Schiff der Welt und trinke mit vornehmen Leuten wie ihnen Champagner.” In dem Moment kam gerade wieder eine Flasche herum und Valnars Glas wurde sofort wieder aufgefüllt. Die Gesellschaft lachte amüsiert über seine ehrliche Aussage. “Ich finde das Leben ist ein Geschenk und ich habe nicht vor etwas davon zu verschleudern. Man weiß nie was man als nächstes für Karten kriegt. Man lernt das Leben so zu leben wie es gerade kommt. Oh, hier Asgar.” Valnar warf dem Verlobten Alaines eine Schachtel Streichhölzer zu, da Asgar eben nach den selbigen in seinem Frack gesucht hatte und fing sie überrascht auf. Und dann redete er weiter. “Weil jeder Tag zählt.” Und viele pflichteten ihm bei, so wie Nyria und Kain Guggenheim. Und Alaine erhob ihr Glas um diesen Satz als Toast auszusprechen. Alle anderen erhoben ihre Gläser ebenso und sprachen den Satz nach. Der junge Maler nickte verlegen und erhob sein Glas. Die folgenden Stunden waren erfreulicher. Nyria erzählte gerade eine Geschichte, die ihrem Mann passiert war. “Und Mr. Brown hatte keine Ahnung, dass ich das Geld in den Ofen versteckt hab. Und als er nach Hause kam, betrunken wie eine Trauergemeinde, zündete er den Ofen an.” Alle lachten, alle, außer Valnar. Er konnte nicht begreifen, dass sie sich über verbranntes Geld amüsierten. Aber das tun wohl alle Reichen. Er lächelte gezwungen und sah in die Runde. Alaine beugte sich etwas nach vorn zu Valnar, weil sie wusste was nun geschehen würde. “Als nächstes werden Brandys im Rauchsalon eingenommen.” sagte sie leise zu ihm und in dem Moment erhob sich Mr. Guggenheim. “Würden Sie mir bei einem Brandy Gesellschaft leisen Gentleman?” Die junge Frau neigte leicht genervt den Kopf zu Boden, so als hätte sie es gewusst, was nun kommen würde. “Wollen Sie sich in eine Rauchwolke zurückziehen und sich beglückwünschen die Schöpfer des Universums zu sein?” fragte sie. Mr. Ismay stand auf und bedankte sich bei den Damen für den Abend. Und auch Asgar wollte gerade Alaines Stuhl zurückziehen, damit sie aufstehen konnte. “Alaine, möchtest du dass ich dich zu deinem Zimmer geleite?” “Nein, ich geh noch nicht.” antwortete sie und ihr Verlobter ließ von ihr ab. Auch Valnar stand vom Tisch auf und gab Nyria noch ihren Bleistift zurück, den er sich von ihr ausgeliehen hatte. Mr. Guggenheim wollte die Anwesenheit des jungen Mannes noch genießen und bot so Valnar noch an mit zukommen. Aber er lehnte freundlich ab. “Ist wohl am besten so. Es geht sowieso nur um Geschäfte. Würde Sie nicht interessieren.” meinte Asgar, erleichtert diesen Abend hinter sich gebracht zu haben. Dann warf er noch die Streichhölzer seinem Besitzer zurück mit einem “Danke“ - wohl für beides. Valnar wandte sich noch einmal um, um sich von Alaine zu verabschieden. “Valnar, müssen Sie schon gehen?” fragte sie wehmütig. “Es ist Zeit wieder mit den andern Sklaven zu rudern.” antwortete er ironisch, was Alaine ein lächeln ins Gesicht zauberte. Dann beugte er sich zu ihr runter und küsste ihre Hand zum Abschied, hinterließ aber einen kleinen Zettel in ihrer Hand. Aysha sah der ganzen Sache zu, wandte sich aber nachdem er gegangen war wieder den Gesprächen zu. Valnar ging. Und Alaine blieb allein zurück. Sie besah sich heimlich den kleinen Zettel, den er ihr in die Hand gelegt hatte. “Damit es zählt. Treffen Sie mich an der Uhr.” stand geschrieben. Etwas aufgeregt sah sie auf.   Nervös kam Alaine der großen Treppe näher. Die Uhr schlug neun. Noch einmal atmete sie tief ein bevor sich Valnar zu ihr umdrehte, mit einem lächeln auf dem Gesicht. “Haben Sie Lust auf eine richtige Party zu gehen?” Kapitel 6: Ernüchterung ----------------------- Ernüchterung   Die Musik der dritten Klasse war eine völlig andere. Sie war wild, ungezügelt und laut. Die Stimmung an sich war eine komplett andere. Alle klatschten zur Musik, tranken Bier oder rauchten. Ein paar Musikanten hatten sich zusammengefunden und spielten auf Geigen, Dudelsäcken, Löffeln, Trommeln und noch vielem mehr eine lustige Melodie, die sie aus ihrer Heimat kannten. Alle Männer, Frauen und Kinder tanzten gemeinsam, völlig ohne Rhythmus. Einige schnell und andere, so wie Valnar mit einem kleinen Mädchen, etwas langsamer. Er drehte sie immer wieder im Kreis und ihr Rüschenkleid flatterte wild umher. Oder Asmos, der mit einem jungen Fräulein, ungefähr in Alaines Alter eng mit ihr auf der Tanzfläche umherwirbelte. Ein Mann, der neben Alaine saß, fragte nach einem Mann, aber zum einen verstand Alaine nicht die Sprache ihres Gegenübers und zum anderen war die Musik sehr laut. Sie bedeutete ihm dass sie nichts verstand. Ghardar kam gerade vorbei und brachte etwas zu trinken. Alaine nahm eines der Gläser und trank etwas, was ziemlich bitter und nach Alkohol schmeckte. Es war Malzbier. Sie klatschte wieder in die Hände und sah den beiden zu. In einer Ecke krachte es fürchterlich und Glas und Holz ging zu Bruch. Schnell sah die junge Frau zu dem Unfall. Aber der Mann, der auf den Tisch mit den Gläsern gefallen war rappelte sich lachend schnell wieder auf und verlangte das nächste Glas. Alaine konnte sich nur über so viel Ausgelassenheit wundern. Niemand sagte etwas oder sah sich auch nur danach um. Alle waren in ausgelassener Stimmung. Das Lied hörte auf und alle gaben begeisterten Applaus. Valnar ließ von der kleinen ab und erklärte, dass er jetzt mit Alaine tanzen wollte. Die jedoch fand das als keine gute Idee. Aber durch viel bitten überredete der junge Mann sie doch noch. Schnell zog er sie in die Menschenmenge. “Aber Valnar… ich… ich kann das nicht.” “Wir müssen etwas enger zusammen.” sagte er und zog sie näher zu sich. Die eine Hand behielt er auf ihrer Taille, die andere hielt er in seiner. Und schon ging es los. Erst bewegten sie sich langsam, galoppierten erst von rechts nach links durch die feiernden Menschen hindurch, aber als Valnar sie aufforderte die Augen zu schließen und einfach nicht nachzudenken klappte es auf Anhieb. Alaine kniff die Augen zusammen und kreischte vor Freude. Die beiden wirbelten durch den gesamten Raum und verschafften sich so eine Schneise zu einem Podest, wo auch Asmos gerade mit dem Mädchen, die Arme ineinander verschränkt, tanzte. Valnar strich sein Haar, das ihm ins Gesicht hing etwas zurück, steckte seine Hände in die Hosentaschen und steppte wild drauf los. Alaine, die ihm zugesehen hatte, zog ihre Schuhe aus und warf sie zu einer anderen Frau, die auf sie aufpassen sollte. Dann raffte sie ihr Kleid etwas hoch, damit man die Füße sehen konnte und zeigte dem Maler was eine junge Frau wie sie alles was sie drauf hatte. Diesmal war es Valnar der nicht schlecht staunte. Dieser Stepptanz ging einige Male wie ein Duell zwischen beiden hin und her. Dann verschränkten die beiden die Arme ineinander und drehten sich wie wild umher. Dann ergriff er ihre Hand und drehten sich um einen gemeinsamen Mittelpunkt. Alaine wurde schnell übel davon, konnte aber Valnar nicht loslassen, da sie sonst in die Menschenmenge gefallen wäre. Sie lachte vergnügt auf und musste die Augen zusammenkneifen, dass sie die Geschwindigkeit nicht mehr so bemerkte.   Und Asgar? Der unterhielt sich mit einigen Geschäftsmännern im Rauchzimmer über Geld und seine Anwälte, die seine Angelegenheiten erledigen würde. Neugierig von dem was seine zukünftige Frau gerade tat, schickte er Abraxas los, sie zu suchen.   Mittlerweile waren Valnar und Alaine von der Tanzfläche gegangen um etwas zu trinken. Er reichte ihr ein volles Glas und nahm sich ebenfalls eins. Ghardar hatte mit einem Freund Armdrücken angefangen und es sah so aus als wenn beide vorher aufgeben würden. Der Maler trank langsam und Schluck weise, Alaine jedoch schluckte das Getränk begierig hinunter. Als sie das Glas von ihren Lippen absetzte sah Valnar auf die Menge von Bier die sie gerade getrunken hatte. Das Glas war fast zu drei viertel leer. Valnar machte natürlich große Augen. “Was? Dachten Sie ein Mädchen aus der ersten Klasse verträgt nichts?” fragte sie lächelnd. In dem Moment stürzte ein Mann direkt in Valnar hinein. Er war völlig betrunken. Das Bier aus Valnars Glas schwappte auf das Kleid von Alaine. Schnell stieß er den Mann weg und fragte ob es ihr gut ginge. Alaine nickte nur lächelnd. Da knallte eine Faust auf den Tisch neben ihnen. Ghardar hatte verloren und forderte eine Revanche. “Also.” sagte Alaine. Sie stellte ihr Glas ab und nahm frech Ghardar seine Zigarette aus den Mund und zog daran. “Ihr Jungs glaubt, ihr seid harte Burschen? Könnt ihr dann auch das hier?” Sie bat, dass Valnar ihr Kleid hochhielt, dass ihre Füße zu sehen waren. Dann konzentrierte sie sich und stellte sich mit ihrem gesamten Gewicht auf ihre großen Zehe, die Arme nach oben gestreckt. Das konnte sie ein paar Sekunden aushalten und fiel dann in Valnars Arme. Alle, die zugesehen hatten, starrten Alaine mit offenen Mündern an. Sie lachte. Alle Anwesenden klatschten anerkennend. So etwas hatten sie noch nie gesehen. “Das hab ich seit einer Ewigkeit nicht mehr getan.” sagte sie.   In dem Moment schlich Abraxas die Treppe hinunter und fand sofort das Fräulein seines Herren. In den Armen Valnars. Und sie lachte vergnügt. Und wieder setzte Musik ein. Asmos ergriff Alaines Hand und sie Valnars und so tanzten sie in einer Reihe umher. Für Alaine war es ein unvergesslicher Abend in der dritten Klasse gewesen…   Doch der Morgen danach…   Alaine und Asgar saßen auf ihrem Promenadendeck und Frühstückten. Alaine, die noch etwas geschafft war rührte langsam in ihrem Tee umher. Sie hatte ihr Haar locker seitlich geflochten und trug ein weißes Spitzenkleid mit kleinen gestickten Blumen im vorderen Ausschnitt. Eine Magd bot Asgar Kaffee an, den er mit einem nicken ablehnte. Sie bemerkte den Blick ihres Verlobten auf sich. Sie lächelte kurz und strich den Rest Tee, der auf dem Löffel war am Rand der Tasse ab. Dann stellte er seine Tasse beiseite und sah Alaine ernst an. Die Dienstleute entfernten sich rasch, damit die beiden ungestört waren. “Ich hatte gestern gehofft du würdest noch zu mir kommen.” sagte er. “Ich war sehr müde.” erklärte sie. Sie ahnte, was er gewollt hatte, allerdings hatte ihr Zustand sie daran gehindert. Alaine hatte auch kein großes Interesse gehabt, so, wie er sich am gestrigen Abend wieder benommen hatte. Es war wieder reines Platzhirschgehabe gewesen um klar zu machen, wem Alaine gehörte. “Du… musst dich zweifellos unter Deck etwas verausgabt haben.” mutmaßte er sarkastisch. Sie fühlte sich ertappt, da gab es nichts was diese Tatsache abtun konnte. Aber sie wusste von wem Asgar diese Information hatte. “Du hast also deinen Totengräber von Diener beauftragt mich zu verfolgen, typisch für dich.” sagte sie nach einigem überlegen. “Du wirst dich nicht noch einmal so aufführen Alaine, hast du verstanden?” antwortete er nachdrücklich. “Ich bin keiner deiner Vorarbeiter die du herumkommandieren kannst. Ich bin… deine Verlobe Asgar.” “Meine Verlobte. MEINE VERLOBTE, GENAUSO IST ES! UND MEINE FRAU!” Asgar wurde zornig und sprang auf, wobei er den Tisch beiseite stieß. Das Geschirr flog im hohen Bogen über den Boden und zersprang in viele tausende Scherben. Er lehnte ich vor ihr auf die Stuhllehne, damit sie ihn auch ansah wenn Asgar sie anschrie. “Praktisch meine Frau wenn auch noch nicht vor dem Gesetz und deswegen wirst du mich ehren. Du wirst mich so ehren wie es einer Frau gehört ihren Mann zu ehren. Denn ich werde mich nicht zum Narren machen Alaine.” Seine Wut verebbte etwas, doch das nachdrückliche Drohen blieb in seiner Stimme erhalten. Alaine war vollkommen verschüchtert. Sie sah ihn an, wie ein Kaninchen vor einer Giftschlange, bereit ihr Gift in ihren Körper zu verbreiten. “Gibt es noch irgendwelche Unklarheiten?” Aber Alaine schüttelte den Kopf. Somit verließ Asgar den Frühstückstisch. Alaines Zofe eilte sofort zu ihr um ihr zu helfen das Chaos fort zu schaffen. Sie schluchzte unaufhörlich und entschuldigte sich tausendmal und wollte ihr helfen. Aber Trudy, wie die Zofe hieß meinte dann immer dass es nicht ihre Schuld gewesen sei und dass es schon in Ordnung ginge. Kraftlos sackte sie zu Boden und versuchte einen Weinkrampf zu verhindern.   Nach diesem Anfall hatte Asgar sich nicht mehr in der Nähe von Alaine nicht blicken lassen. Auch nicht vor der Sonntagsmesse, die im Speisesaal gehalten werden sollte. Trudy schnürte Alaine gerade ihr Korsett, als Aysha herein kam und nach Tee verlangte. Alaine hielt sich am Bettpfosten fest um nicht durch das zurren der Bänder zu wanken. Sie drehte sich zu ihr um, aber sie bedeutete ihr, dass sie Alaines Korsett zu Ende schnüren würde. Sofort spürte sie einen stärkeren Druck auf ihrem schon so schmalen Bauch. “Du wirst diesen Jungen nicht wieder sehen, hast du mich verstanden? Alaine, ich verbiete es.” “Ach, hör bitte auf Mutter, du bekommst nur wieder Nasenbluten.” schnell drehte Aysha sie herum. “Das hier ist kein Spiel. Du weißt ganz genau wir haben kein Geld mehr. Wir sind in einer prekären Lage.” sagte sie im vollen ernst. “Ich weiß dass unser Geld weg ist. Du erinnerst mich täglich daran.” antwortete Alaine unbeeindruckt. “Dein Vater hat uns nichts weiter als einen Schuldenberg hinterlassen, der sich hinter einem guten Namen versteckt. Dieser Name ist die einzige Karte die wir noch ausspielen können. Ich versteh dich einfach nicht. Die Verbindung mit Hokley ist tadellos, sie wird unser Überleben sichern.” “Wie kannst du mir nur solche Last aufbürden?” “Warum bist du nur so selbstsüchtig?” “Ich bin selbstsüchtig?” fragte Alaine erbost. Nur um den Namen DeWitt Bukater wieder strahlen zu sehen, musste sie Asgar heiraten. Denn sein Vater würde ihm Millionen vererben, wenn Asgar heiraten würde. “Willst du etwa dass ich als Näherin unser Geld verdiene? Ist es das was du willst? Willst du dass all unsere schönen Sachen versteigert werden? Und unsere geliebten Erinnerungen verstreut werden?” Aysha drehte sich weg. Beinahe hätte sie geweint. Doch sie musste stark bleiben. Alaine seufzte. “Es ist so ungerecht.” flüsterte sie. “Natürlich ist es ungerecht. Wir sind Frauen. Unsere Entscheidungen sind niemals leicht zu treffen.” stimmte Aysha ihr zu. Dann mahm sie Alaines Gesicht in die Hände, küsste Alaines Wange und schnürte ihr Korsett zu Ende. Schöner wäre es gewesen, wenn sie in eine Zwangsjacke gesteckt hätten, statt in ein Korsett. Dann wäre nur ihr Körper gefesselt, aber nicht ihre Seele.   Die Sonntagspredigt hatte begonnen. Vincent Smith eröffnete das Gebet mit einem Lied. Es handelte davon dass die Seefahrer sicher zu ihrem Heimathafen zurückkehren sollten. Valnar war auch unterwegs um Alaine zu sehen. Er trug wieder seine üblichen Sachen. Auf dem Weg begegnete er Aaron Andrews wie er auf einer Bank auf der Hälfte der Treppe Unterlagen studierte. Sie begrüßten sich freundlich. Vor der Tür zum Speiseraum versperrte ein Angestellter ihm den Weg und behauptete steif und fest, dass er ihn hier noch nie gesehen habe. Abraxas kam zu den beiden von dem Lärm aufmerksam geworden. Asgar sah, wie sein Kammerdiener den Saal verließ, nur Alaine sah hinab in ihr Gesangbuch und bekam davon nichts mit. “Ich will nur kurz mir ihr reden.” meinte er ruhig zum Kammerdiener. “Mr. Hokley und Miss DeWitt Bukater sind ihnen weiterhin für ihre Dienste sehr verbunden. Sie hatten mir Gebeten ihnen das als Zeichen ihrer Anerkennung zu geben.” Abraxas hielt ihm einen zwanzig Filar- Schein hin. Aber Valnar wollte das Geld nicht. “Und ich soll Sie nochmals daran erinnern, dass Sie eine Fahrkarte der dritten Klasse haben und ihre Anwesenheit hier nicht länger erwünscht ist.” fügte er mit aller Kälte hinzu. Noch immer bat Valnar nur kurz mit ihr zu reden. Aber er wurde freundlich zurückgewiesen. Abraxas reichte das von Valnar zurückgewiesene Geld an den Butler neben ihm und bat darum Valnar wieder in die Räumlichkeiten der dritten Klasse zurück zubringen. Das Lied hörte auf und Alaine sah auf in den strahlend blauen Himmel den sie von einem Fenster sehen konnte. Ihr Blick war verträumt.   Nach dem Gottesdienst lud Mr. Andrews Alaine, ihre Mutter und Asgar zu einem Rundgang ums Schiff ein. Er zeigte ihnen die Brücke als der Funker mit einer Eisbergwarnung kam. Aysha, sowie Alaine wechselten beunruhigte Blicke mit dem Kapitän. “Kein Grund zur Aufregung. Zu dieser Jahreszeit völlig normal. Wir legen noch an Geschwindigkeit zu. Ich habe angeordnet den letzten Kessel zu beheizen.” Aysha sah schon viel beruhigter aus, doch Alaine war sich dem nicht so sehr sicher. Etwas in ihr ließ ihr keine Ruhe wegen dieser Meldung. Kapitel 7: “Sie halten dich gefangen” ------------------------------------- “Sie halten dich gefangen”   Valnars Hand erschien auf den Stahlstreben der Reling, die er gerade empor kletterte. Es war ihm durchaus verboten auf dem Promenadendeck zu sein. Doch kümmerte ihn das wenig. Er wollte Alaine noch einmal sehen und ihr für den Abend danken. In der Nähe war gerade ein Vater der mit seinem Sohn spielte. Ein älterer Herr stand bei dem Vater und sie unterhielten sich. Sie bemerkten den jungen Mann nicht der eben wie aus dem nichts aufgetaucht war. Auf ein paar Sonnenliegen lagen ein Mantel und eine Melone, die wohl achtlos von dem einen Herren hingelegt worden waren. Die Sachen nahm er sich um sich zu verkleiden. Schnell steckte Valnar sein Haar unter die Krempe und ging Alaine nach, die er eben gesehen hatte.   “Mr. Andrews, verzeihen Sie. Ich habe das mal nachgerechnet. Und bei der Kapazität der Rettungsboote, wie Sie es gerade erwähnten. Verzeihen Sie bitte, aber es scheint mir es gibt nicht genügend Platz für alle Passagiere.” sagte sie und wrang ihre Hände ineinander. Er drehte sich zu ihr um und blieb stehen. “Für die Hälfte um genau zu sein. Alaine, ich muss schon sagen, ihnen entgeht nichts. Ich habe sogar diese neuartigen Duggets ein bauen lassen. Sie könnten noch eine Reihe Rettungsboote auf der Innenseite aufnehmen. Aber es gab einige, die glaubten das Deck sei dann zu voll gestellt. Und so wurde ich überstimmt.” Alaines Mutter und Verlobter hatten das Gespräch mit angehört, hielten aber nicht viel davon und gingen weiter. “Alles nur eine Frage von vergeudeten Platz auf diesem unsinkbarem Schiff.” meinte Asgar und klopfte kurz mit seinem Gehstock gegen eines der Boote. “Schlafen Sie beruhigt kleine Alaine, ich habe ihnen ein gutes Schiff gebaut. Stark und solide. Sie ist das einzige Rettungsboot das nötig ist.” Aaron Andrews beschleunigte seine Schritte um zu Aysha und Asgar aufzuschließen. Er wollte ihnen als nächstes das Heck zeigen. Alaine ging langsamer und hatte noch immer ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Die Eisbergwarnung nach dem Gottesdienst hatte sie schwer eingeschüchtert. Sie ging an einem Mann mit Hut vorbei der in die Ferne sah. Der wirbelte herum tippte ihr auf die Schulter und zog sie in den Fitnessraum hinein. Sie erkannte Valnar wieder und ging mit. “Valnar. Es ist einfach unmöglich. Wir dürfen uns nicht mehr sehen.” sie wollte schon wieder herauslaufen, aber er hielt sie zurück und drängte sie gegen die Wand. “Ich muss mit Ihnen reden.” “Nein Valnar. Nein. Valnar... Ich bin verlobt. Ich werde Asgar heiraten. Ich liebe Asgar.” Valnar seufzte. Für ihn klang das nicht gerade sehr überzeugend. “Alaine, Sie sind nicht gerade einfach. Ehrlich gesagt sind Sie sogar ein kleines verwöhntes Mädchen. Aber hinter dieser Fassade steckt das umwerfendste, hinreißendste, wundervollste Mädchen-” er musste sich korrigieren. Nein, ein Mädchen war sie nicht mehr. “- Frau die mir jemals begegnet ist.” Alaine drehte das Gesicht etwas von ihm weg, in der Hoffnung er könnte das rot werden ihrer Wangen nicht sehen. “Valnar… ich.” wieder entzog sie sich ihm und wieder ging er ihr nach. “Lassen Sie mich versuchen das in Worte zu fassen. Ich- ich bin kein Idiot. Ich weiß wie es auf der Welt zugeht. Ich hab läppische zehn Filar in der Tasche und nichts was ich Ihnen bieten könnte und das weiß ich auch. Darüber bin ich mir im Klaren. Aber jetzt gehen Sie mich was an. Wenn Sie springen dann springe ich auch, wissen Sie noch? Ich kann nicht einfach gehen ohne zu wissen dass es ihnen gut geht. Das ist alles was ich will.” Alaine sah ihn lange an bis sie die richtigen Worte finden konnte. Sie wusste nicht, ob sie sich von seinen Worten gerührt fühlen sollte. Valnar war seit langem der erste Mensch, der sich um ihretwegen gern bei ihr aufhielt. Nicht weil sie einen wohlhabenden Namen trug. “Es geht mir gut. Es geht mir gut. Wirklich.” Alaine versuchte sehr, ihre brüchige Stimme und ihre Tränen, die hervorkommen wollten zu verbergen. “Wirklich? Ich glaube nicht. Merken Sie das nicht? Die halten Sie gefangen Alaine. Und Sie werden eingehen wenn Sie da nicht ausbrechen. Vielleicht nicht sofort weil Sie stark sind… aber früher oder später wird das Feuer dass ich so an Ihnen liebe Alaine… Dieses Feuer wird irgendwann verlöschen.” Vorsichtig hob er seine Hand und berührte ihre Wange. Alaine schluckte. Sie durfte sich nicht dem hingeben was ihre Mutter ihr verboten hatte. Sie hatte Asgar. Das durfte sie nicht vergessen. “Es ist nicht ihre Aufgabe mich zu retten Valnar.” sagte sie mit einem Kloß im Hals. “Da haben Sie Recht. Das können nur Sie allein.” Die junge Frau legte ihre bleiche Hand auf seine und drückte sie weg. “Ich muss jetzt gehen. Lassen Sie mich in Ruhe.” presste sie hervor und wand sich heraus. Sie öffnete die Tür und ohne zurück zusehen verließ sie den Raum. Valnar sah ihrer Silhouette durch das verschwommene Glas nach. Er hatte sie verloren, das war jetzt klar.   Zum Kaffee saß Alaine bei ihrer Mutter, der Comtesse und der Ehefrau von Raron Jacob Astors. Alaines Mutter sollte von den Strapazen erzählen, die sie mit den Vorbereitungen von der Hochzeit ihrer Tochter hatte. Alaine wollte in Lavendel heiraten und die Brautjungfern sollten passend angezogen werden. Dann noch die Einladungskarten und so weiter. Die beiden Damen gaben immer wieder bedauernde Laute von sich. Alaine hörte dem Gespräch gar nicht zu. Sie wirkte apathisch. Wie aus Reflex sah sie nach links. Eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter saßen am Tisch nebenan. Die Mutter maßregelte das Kind, sie solle gerade sitzen, sich vornehm benehmen, das seidene Serviettentuch sanft auf ihr perlenbesticktes Kleid legen. Die weißen dünnen Handschuhe ließen sie wie eine Dame besten Standes wirken, dabei war das kleine gerade einmal sieben Jahre alt. Alaines Mund öffnete sich langsam und dachte wieder über die Worte nach die Valnar zu ihr gesagt hatte. “Die halten Sie gefangen.” Dieses kleine Mädchen, mit einem hübschen Hut, Kleid und Handschuhen war ein Spiegel, den Alaine gerade aufgezeigt bekommen hatte. Sie sah sich und ihre Mutter darin. Wie ihre Mutter sie immer wieder korrigiert und maß geregelt hatte, nur weil Alaine es anders wollte. Und da brach der Spiegel entzwei. Sie wollte diesem ganzen nicht mehr zuhören. Es war ihr zuwider. Alaine entschuldigte sich und verließ die vornehme Gesellschaft. Sie wollte endlich denjenigen sehen, der ihr einen Ausweg aus dieser Situation gezeigt hatte.   Einsam stand Valnar am Bug des Schiffes und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Es dämmerte bereits. Er hatte aufgeben müssen. Alaine würde niemals zu ihm kommen, mit ihm leben. Dafür war sie nicht geschaffen. Sie gehörte in die Welt der schillernden Lichter, der Bälle, Jagden, Polospielen oder womit sich Reiche die Zeit vertrieben. Er hätte ihr nichts bieten können, außer vielleicht seine Liebe. Aber was ist schon Liebe im Vergleich zu Geld? Dieser Hokley konnte ihr all dies bieten. Und er würde sie als seine Trophäe herumzeigen.   “Hallo Valnar.” schlagartig drehte er sich herum. Und sah in das Gesicht von Alaine. Sie stand da, lächelnd. Sie merkte selbst dass ihre Stimme leicht zitterte. Angst hatte sei keine, jetzt da sie endlich einen Entschluss gefasst hatte. “Ich hab meine Meinung geändert.” er begann zu lächeln und langsam kam sie auf ihn zu. “Sie sagten hier oben würde ich sie…” Valnar legte den Zeigefinger vor seine Lippen und Alaine schwieg augenblicklich. “Geben Sie mir ihre Hand.” sagte er und ohne zu zögern legte Alaine ihre Hand in seine und sah ihm tief in die Augen. Als sie vor ihm stand wollte er dass sie ihre Augen schloss. Erst wollte sie das nicht, aber nach einer zweiten Aufforderung tat sie es. Dann trat er hinter sie und half ihr auf die unteren Streben der Reling zu steigen. Er hielt sie von hinten fest, falls sie fallen würde. „Vertrauen Sie mir?“ fragte er und Alaine bejahte dies. Dann breitete er ihre Arme aus. “So, jetzt öffnen Sie die Augen.” Was Alaine da sah war für sie unbeschreiblich. Vor ihr war der Sonnenuntergang, der das Meer orange- golden färbte. Sie spürte den Wind an sich vorbei fliegen und nichts anderes als die unendliche Weite des Ozeans. “Ich fliege… Valnar!” ja… sie flog… fort von all dem Trott der sich in ihrem Leben angehäuft hatte. Ihr Herz pochte vor Aufregung bis zum Hals. Valnar umfasste ihre Hände und rieb seine Handflächen an ihren bis sie sich ineinander kreuzten. “Come Josephine… my fine Machine going up she goes… up she goes…” sang Valnar leise und Alaine musste lächeln. Er umspielte ihre Hände mit seinen und führte sie langsam zu ihrem Körper hin. Die junge Frau drehte den Kopf zu ihm und war sich nun vollkommen sicher. Lange sahen sie sich in die Augen und kosteten diesen Moment voller Leidenschaft aus. Und endlich küssten sie sich. Es war ein lange, hinreißender Kuss. Der mehr wert war als Gold, tausendmal schöner als alles was Valnar oder Alaine jemals empfunden hatten. Und doch… …sollte es das letzte Mal sein dass die Lazalatin das Tageslicht sehen sollte. Es würden noch sechs Stunden vergehen bis das Schiff seinem Untergang bevorstehen würde. Kapitel 8: Schließ uns beide in deinem Tresor weg ------------------------------------------------- „Schließ uns beide in deinem Tresor weg“   Alaine führte Valnar in ihre Suite. Niemand war drinnen und sie schloss vorsorglich die Tür ab. “Glaub mir, es ist angebracht, keine Angst. Das hier ist das Wohnzimmer.” meinte sie lächelnd, während der Künstler sich den aus Mahagoni gefertigten Kamin ansah. “Ist das Licht ausreichend?” fragte sie nach einer Weile. Fragend sah er zu ihr. “Künstler brauchen doch gutes Licht.” sagte sie als die ihren Schal zusammen legte und ihn auf die Sessellehne legte. “So ist es. Ich bin es nicht gewohnt unter solch... rüden Bedingungen zu arbeiten.” antwortete er mit französischen Akzent. Er strich mit einem Finger über das Holz als wolle er eine Staubschicht fortwischen, aber sein Finger quietschte nur darüber und es fand sich kein Körnchen Staub darauf. Dann fand er eines der Kunstwerke die Alaine im Raum verteilt hatte um dem rot-braunem Raum etwas mehr Farbe zu geben. “Ein Monet!” rief er aus und besah sich eines der Gemälde. Es war ein Bild, auf dem Seerosen zusehen waren. Sie hatte es geschafft, die Spiegelung auf die Unterseite zu malen. Es sah so aus, als würde das Wasser gleich hinauslaufen und die Seerosen sich über den Boden verteilen. Alaine war zuerst erstaunt, das Valnar die Künstlerin aus Shannar kannte, andererseits waren sie beide ja quasi Kollegen. “Kennst du ihre Bilder?” “Selbstverständlich. Sieh doch mal wie sie die Farben einsetzt. Das ist großartig.” sagte er und glitt sacht über das Bild. Fast ehrfurchtsvoll berührte er die Leinwand. “Ja, das ist außergewöhnlich.”   Der Tresor sprang auf als Alaine die richtige Zahlenkombination eingegeben hatte und holte eine Schatulle heraus, die sie bis her nur einmal gesehen hatte und doch erinnerte sie sich an den blauen Samt. “Asgar muss dieses grässliche Ding überall hin mitschleppen.” murmelte sie zu sich. “Müsste der nicht jeden Augenblick hier auftauchen?” fragte Valnar sie. Er wirkte etwas nervös. Was würde geschehen, wenn ihr Verlobte sie mit Valnar in ihren privaten Räumen vorfinden würden. “Nicht solange genügend Brandy und Zigarren da sind.” Alaine holte die Diamantkette heraus und zeigte sie ihm. Begeistert von dem Schmuckstück nahm er es ihr aus der Hand und hielt den Stein gegen das Licht. Er pfiff beeindruckt durch die Zähne. Der Schliff brach das Licht und die kleinen Diamanten drum herum funkelten. “Das ist sehr schön. Was ist das ein Saphir?” “Ein Diamant, ein äußerst seltener Diamant.” sie sah den jungen Mann direkt an, musste aber schlucken. Ihr schlug das Herz nun bis zum Hals. Alaine war etwas aufgeregt, vor dem was sie nun sagte. “Valnar, ich möchte dass du mich so zeichnest wie die Frauen in Thessa. Wenn ich das trage.” “In Ordnung.” murmelte er. “Wenn ich nur das trage.” fügte sie flüsternd hinzu. Valnar war aus seinem Tagtraum gerissen und sah die Rothaarige verwirrt an. Hatte er da richtig verstanden? Aber es war ihr ernst.   Sie löste ihr Haar das mit einem Kamm in Form einer Libelle hochgesteckt war und schüttelte ihr leicht lockiges Haar aus und zog sich um. Ein leichter Mantel, der aus dünnstem Samt aus Schwarz und Gold bestand und der Blicke auf ihre Brüste nicht verhinderte. Die Kette lag schon um ihren Hals. Währenddessen räumte Valnar die Möbel um, um besseres Licht zu bekommen. Der Kamin strömte warmes Licht hinein. Er legte einige Kissen aufeinander. Nervös, wie er jetzt war, war er noch nie gewesen. Bisher hatte er Frauen nackt gezeichnet, die er nicht geliebt hatte. Das was Alaine jetzt von ihm verlangte erforderte höchste Willenskraft. Er spitzte seinen Stift neu als sie ins Zimmer kam. Er lächelte unbeholfen als sie mit einer Quaste spielte, die mit dem Ärmel des Mantels verbunden war. “Das letzte was ich gebrauchen kann ist noch ein Bild auf dem ich wie eine Porzellanpuppe aussehe.” Sie holte einen Filar hervor und warf ihn zu Valnar rüber. “Als zahlende Kundin… kann ich wohl erwarten das zu bekommen was ich will.” sie trat einige Schritte zurück, damit er sie vollkommen sehen konnte und entledigte sich ihres hauchdünnen Mantels. Das Stück Stoff glitt nur langsam herunter und gab nur Stückweise ihren Körper preis. Erst herrschte eine Zeit lang vollkommene Stille. Nur das ticken der Uhr durchbrach diese. Sie sah aus wie eine Elfe. Kein Makel auf ihrer blassrosa Haut. Ihr flacher Bauch, vollkommene weibliche Rundungen, die Valnar fast umgeworfen hätten, hätte er nicht soviel Willenskraft besessen. Er versuche in seinem Sessel so weit wie möglich zurück zu rutschen, was sich als Unmöglichkeit erwies. Hinter ihm lagen scharenweise dicke Kissen. Nur der blaue Diamant lag um ihren schlanken Hals. Trotzdem musste Valnar schlucken und zeigte fast unkonzentriert auf das Sofa. “Geh… zum Bett… zur Couch.” Bett? War er denn nicht auch nur ein Mann? Alaine ließ sich nichts anmerken und legte sich der Länge nach auf die Couch. Den linken Arm legte sie knapp über ihr Gesicht, den anderen gegen ihre Wange. Er wollte dass sie ihn direkt ansah und dass sie keine großen Bewegungen machte. Beide atmeten noch einmal tief durch. Valnar wurde ernst. Der Künstler in ihm brach aus. Erst zeichnete er die Konturen; ihre Position der Hände, das Gesicht, die Kette, ihre Brüste… alles. Erst als Alaine ihn kurz ansprach: “Ooch… so ernst?” lächelte er wieder. Dann kamen feinere Züge, aber immer noch sehr ungenau. Das Bild wurde dann immer detaillierter, bis er dann Schattierungen einsetzte. “Ich glaube Sie werden hoch große Kunst lehren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Madame Monet rot werden würde.” sagte als Valnars Wangen sich leicht rosa verfärbten. “Das liegt daran, dass er Landschaften zeichnet.” antwortete er. “Entspann dein Gesicht. Nicht lachen.” Alaine atmete tief ein und blieb dann wieder still. Alaines Herz schlug die ganze Zeit bis an den Hals. Für sie war es der erotischste Augenblick in ihrem Leben gewesen… bis dahin. Aber getan hatten sie es nicht, Valnar war professionell. Er gab seine Initialen an den Rand des Bildes und das Datum, wann es gezeichnet worden war. Als er ihr das Bild in der Mappe geben wollte küssten sie sich erneut. Sie zog an der Zeichenmappe und er zog an der Mappe ebenso und keiner wollte nachgeben, bis Alaine sie endgültig seinen Händen entriss. Sie ging wieder zum Tresor, schrieb auf einem kleinen Zettel an Asgar Hokley adressiert eine Notiz. Die Notiz legte sie auf das Bild und beides zurück in die Mappe von Valnar. Sie bat Valnar darum die Kette wieder in den Safe zu legen bis sie zu Ende geschrieben hatte. Sie schrieb: “Jetzt kannst du uns gemeinsam in deinem Safe wegschließen.” Er tat ihr den Gefallen. Er legte die Schatulle zurück und sah dann die ganzen Geldscheine, die fein säuberlich in einem kleinen Fach im Safe lagen. Er pfiff leise durch die Zähne aus.   Abraxas kam mit zermürbten Gesicht zu seinem Herren. “Keine der Stewards hat sie gesehen.” sagte er als sich Asgar von der rauchenden Gesellschaft gelöst hatte. “Das ist absurd. Es gibt nicht sehr viele Orte wo sie sein kann. Lovejoy, finden Sie sie.”   Noch immer fuhr die Lazalatin mit voller Geschwindigkeit durch den tiefschwarzen Ozean. Im Steuerraum war alles sehr gespannt. Vincent Smith stand vorn bei den Steuerrudern und trank eine heiße Tasse Tee mit einer Zitronenschale darin. Kerillian Lighttoller kam zu ihm. “Klare Sicht.” sagte der Kapitän. “Ja. Ich kann mich nicht erinnern je so eine ruhige See gesehen zu haben.” stimmte der zweiten Offizier ihm zu. “Wie ein Dorfteich. Es weht kein Lüftchen.” Lighttoller verunsicherte die Gelassenheit des Kapitäns. “Es wird schwierig sein Eisberge zu erkennen, wenn sich an ihnen keine Wellen brechen.” meinte er leise. Vincent rührte in seiner Tasse umher, ließ die Zitronenscheibe auf den Grund der Tasse sinken und wieder herauf kommen. “Ich ziehe mich zurück. Halten Sie Kurs und Geschwindigkeit Mr. Lighttoller.” der nickte nur und sah wieder heraus auf die See. Im Gegensatz zu dem Kapitän hatte er fürchterliche Angst sie würden den Eisberg nicht sehen und ihn rechtzeitig umfahren. Kapitel 9: Eine Katastrophe --------------------------- Eine Katastrophe   Alaine zog sich um während Valnar auf dem Sonnendeck, auf dem Alaine und Asgar am Morgen noch gemeinsam gefrühstückt hatten, frische Luft schnappte. Es war kalt, nicht normal für April und mitten auf dem weiten Ozean. Alaine trug ein langes Kleid aus veilchenblauem und rosafarbenem Chiffon. Um die Taille war ein rosa Band aus dem gleichen Stoff, das im Wind leicht flatterte wenn sie sich bewegte. Am Dekolletee war es weiß. Es passte perfekt zu ihren Haaren und zu ihren Augen. Valnar kehrte in den Raum zurück und versuchte sich die Hände zu wärmen als auch Alaine das Wohnzimmer betrat. “Es wird kalt.” meinte er bevor er Alaine in ihrem Kleid sah. “Du siehst hübsch aus.” fügte er hinzu, aber da klopfte es plötzlich an der Tür. Es war Mr. Lovejoy der nach Alaine rief. Schnell nahm sie Valnar an der Hand und zog ihn mit sich in einen anderen Raum. Er wollte noch schnell zu Safe laufen und seine Zeichenmappe holen, aber Alaine zog ihn mit sich, denn von der anderen Seite drohte Gefahr von Abraxas. Die beiden flohen in Alaines Schlafzimmer als der Kammerdiener sich im Wohnzimmer umsah. Leider hörte er die Tür zufallen und ging ihr nach. Alaines Schlafzimmer hatte eine eigene Tür zum Gang, wodurch sie verschwanden. Mit schnellen Schritten gingen Valnar und Alaine den Gang entlang, in der Hoffnung nicht von Abraxas erkannt zu werden. Aber als er die Tür zum Gang öffnete und sie entdeckte, mussten die beiden schon laufen. “Lauf Valnar!” rief Alaine und rannte mit ihm zu den Aufzügen. Sie schafften es die Eisentüren noch vor Abraxas zuzumachen und dem Aufzugsjungen zu bedeuten dass er nach unten fahren solle. Der Diener Asgars konnte nur zusehen wie die beiden in den unteren Etagen des Schiffes verschwanden. In all ihrer Frechheit zeigte Alaine ihm noch den Mittelfinger. Natürlich hetzte Abraxas ihnen nach, nur waren Alaine und Valnar schneller unten. Sie wären fast mit zwei Stewards zusammengestoßen als sie unten ankamen. Die beiden lachten als wäre es ein Räuber - und Gendarm- Spiel. “Für einen Kammerdiener ziemlich zäher Bursche. Kommt mir eher vor wie ein Polizist.” meinte Valnar, der sich die Seite halten musste. “War er auch früher mal.” erwiderte Alaine außer Atem. Kaum dass sie zu Atem kommen konnten war Abraxas ihnen schon wieder auf ihren Fersen. Sie liefen weiter den Gang entlang, bis sie in einer Sackgasse waren. Nur eine Tür, aus der Lärm kam, war ihr Fluchtweg. Sie glitten hinein und versperrten die Tür zu den Maschinen - und Heizräumen. Der Lärm dröhnte in ihren Ohren und unter ihnen biss der Gestank von verbrennender Kohle in ihren Nasen. “Und was jetzt?” fragte Alaine, die sich die Ohren zuhielt. “Was?” fragte Valnar aus Spaß der das gleiche tat. Sie kletterten eine Leiter hinunter zu den Heizöfen. Der Chef der Heizer wollte sie erst wieder zurückschicken, aber Alaine rannte zwischen den Arbeitern und den Kohleöfen hindurch, bis sie vor einer Tür stehen blieben. Valnar rief den Männern aufmunternde Reden zu und meinte, sie sollten sich durch ihn und Alaine nicht gestört fühlen. Die Tür führte in den Lagerraum, wo alle schweren, sperrigen Wertsachen der Passagiere gelagert wurde. Es war kalt dort unten, kein Wunder: sie befanden sich direkt unter der Wasseroberfläche. Eben gerade noch in der Hitze der Öfen und nun in einem kalten Raum, in dem nicht geheizt wurde. Alaine reib sich die Arme um die Gänsehaut zu vertreiben. Es waren Autos, große Kisten und allerlei Gepäck was hier gelagert wurde. Valnar entdecke sofort ein Automobil, zu dem er Alaine führte. Er wollte sich das Modell gern mal von der Nähe betrachten, jedoch räusperte Alaine sich vornehmlich. Der junge Künstler öffnete ihr eine Tür und ließ sie einsteigen. In der einen Ecke leuchtete eine Glasrose hell auf und Alaine musste lächeln. Als Valnar sich auf dem Fahrersitz Platz genommen hatte, sie schob das Fenster nach unten, damit sie mit ihm sprechen konnte. Er betätigte die Hupe. “Wohin Miss?” fragte er mit hochnäsiger Stimme und die junge Frau antwortete ihm: “Zu den Sternen.”. Erst blickte Valnar verwirrt sie an, doch da packte sie ihn unter den Armen und zog ihn zu sich nach hinten. Er rutschte durch die geöffnete Scheibe zu ihr. Die umarmten sich eng und Valnar begann mit ihren Haaren zu spielen. Die beiden verschränkten die Finger ineinander. Das Pärchen genoss diese stille Zweisamkeit sehr. Durch die Flucht hatten sich kleine Schweißperlen auf der Haut von Alaine gebildet. ”Hast du Angst?” fragte Valnar nach einer Weile. “Nein.” antwortete sie und küsste seine Fingerspitzen. Die Rothaarige sah ihn eindringlich an. “Berühre mich Valnar.” hauchte sie und legte eine seiner Hände auf ihre Brust. Sie küssten sich leidenschaftlich und Valnar begann sich auf sie zu legen.   Oben auf dem Krähennest froren sich derweil die beiden Matrosen sämtliche Gliedmaßen ab. Sie verfluchten die Eiseskälte, worauf einer steif und fest behauptete dass er Eisberge auf viele Meilen riechen zu können um die Stimmung aufzulockern. Im Steuerraum fragte Murdock den zweiten Offizier wann er zum letzten Mal die Ferngläser gesehen hätte. Er meinte dass er sie in Asran das letzte Mal gesehen hätte.   Von alle dem bekamen Alaine und Valnar nichts mit. Die Scheiben des Autos waren völlig beschlagen, als eine weibliche Hand von innen dagegen schlug und nur langsam sich wieder senkte. Eine lang gezogene Handfläche zierte nun die Heckscheibe des Autos. Valnar zitterte, ebenso wie Alaine und doch schwitzten die beiden. Beide waren sehr außer Atem. “Du zitterst ja.” flüsterte Alaine als sie den kalten Schweiß auf der Haut ihres Geliebten spürte. “Keine Angst. Mir geht’s gut.” antwortete er und küsste sie wieder, langsamer und mit mehr Pausen. Dann legte er seinen Kopf auf ihre Brust.   Es hatte sich herum gesprochen dass zwei Leute in den Laderaum gelaufen waren. Abraxas hatte davon gehört und sofort zwei Stewards hingeschickt. Der Oberheizer schickte die beiden zur Tür, wo sie verschwunden waren. Sie durchsuchten den gesamten Laderaum, ohne Erfolg. Bis einer der beiden den Handabdruck an der Autoscheibe entdeckte. Er gab seinem Kollegen kurz ein Zeichen. Ruckartig riss er die Tür auf, fand aber niemanden.   Asgar hatte derweil die Suite wieder betreten und war sofort zu seinem Safe gegangen. “Fehlt irgendetwas?” fragte sein Kammerdiener, aber Asgar schüttelte den Kopf. Jedoch fand er eine Mappe die ihm völlig unbekannt vorkam. Er öffnete sie. Gleich oben auf lag das Portrait von Alaine und der Brief den sie ihrem Verlobten geschrieben hatte. Voller Wut wollte er das Papier zusammenknüllen, ließ aber davon ab. Er sah noch einmal auf die Zeichnung und fasste einen Entschluss. “Ich habe eine bessere Idee.” murmelte er und in seinem Hirn fing es an zu arbeiten, wie er es den beiden heimzahlen konnte.   Valnar und Alaine kamen lachend ans Deck hinaus und tanzten umher. “Hast du die Gesichter von diesen Typen gesehen, hast du das gesehen?” fragte Valnar lachend als sie zum stehen gekommen waren. Sie hatten die Steward also noch gesehen, wie sie die Tür des Automobils geöffnet und niemanden vorgefunden hatten. Alaine bat ihn still zu sein. Zärtlich legte sie ihm zwei ihrer Finger auf die Lippen. “Wenn das Schiff anlegt… werde ich mit dir von Bord gehen.” sagte sie im vollen ernst. Valnar musste lächeln. “Das ist verrückt.” meinte er. “Ich weiß.” lachte Alaine. “Das ist völlig verrückt. Deswegen will ich es ja auch.” Zur Antwort küsste Valnar sie begierig. Morlon Murdock musste lächeln über die beiden und auch die zwei im Krähennest sahen sich das verliebte Pärchen an. “Denen ist wohl etwas wärmer als uns ” stellte der eine fest. “Also wenn das die einzige Möglichkeit ist dass uns wärmer wird, dann verzichte ich lieber darauf.” sagte der andere und sie sahen wieder auf das Meer hinaus. Und die sofortige Ernüchterung kam. Eine graue Masse direkt vor ihnen. Etwas, das sich deutlich von dem dunkelblau des Himmels mit seinen unzähligen Sternen und dem tiefschwarz des Meeres abhob. Und diese Masse verhieß nichts gutes. “Verfluchter Mist.” fluchte der eine und läutete die Glocke dreimal. Alle Steuermänner sahen alarmiert nach vorn, wo das Signal herkam und das Telefon klingelte plötzlich. Kerillian Lighttoller ging an das Telefon. Auch Murdocks Aufmerksamkeit galt nun dem Alarm. “IST DA JEMAND?” brüllte der Mann auf dem Krähennest in den Hörer. “Ja, was sehen Sie?” fragte Lighttoller ruhig. “EISBERG DIREKT VORAUS!!!” Sofort stürmte der zweite Offizier in den Steuerraum. Auch Murdock hatte ihn gesehen und beide Offiziere stürmten in den Steuerraum und befahlen “Hart Steuerbord.” der Steuermann drehte das Steuerrad umher und die Maschinen wurden mit voller Kraft zurück befohlen. Dieser Befehl war eindeutig und unmissverständlich zu befolgen. Auch die Heizräume wurden dicht gemacht. Die Turbinen wurden erst auf Leerlauf und dann auf Rückwärts gesetzt. Es herrschte ein heilloses, aber auch koordiniertes durcheinander. Viele waren gerade dabei sich ihren Tee zu kochen, aber in dieser Situation wurde sofort alles stehen und liegen gelassen. Einige Tassen fielen auch aus der Hand und gingen zu Bruch. Als der Druck auf die Turbinen soweit verlangsamt war und die Antriebswellen auch nicht mehr bewegten so das man die Schiffsschrauben rückwärts laufen lassen konnte, ruckte die Lazalatin kurz auf. Dann drehten sich die Maschinen auch schon rückwärts. Der Druck wurde dann sofort wieder erhöht. Murdock schwitzte und bangte dass die Lazalatin doch die Kurve schaffen könnte. Er beschwor das Schiff es möge sich nach links drehen. Aber als ein Offizier, der vorne am Bug des Schiffes stand die Worte “Wir kollidieren!” schrie, war es auch schon zu spät.   Die Lazalatin schrammte mit voller Wucht gegen den Eisberg und brachte das Schiff zum Erbeben. Alaine und Valnar lösten sich von dem Kuss und sahen zu Boden unter dem es heftig wackelte. Auch Aaron, der über den Schiffszeichnungen saß bemerkte das Beben. Selbst das Steuerrad bebte heftig und der Offizier umklammerte es mit all seiner Kraft. In soweit bemerkten aber nicht Passagiere das ruckelnde Gefühl. Diejenigen die geschlafen hatten wurden wach, darunter auch Asmos, der durch den Schreck Kerzengerade in seinem Bett saß. Das erste Wasser drang explosionsartig in die Laderäume und durch den gewaltigen Druck wurde alles fort von den Wänden gedrückt. Die beiden Stewards, die Valnar und Alaine im Lagerraum gesucht hatten, waren die ersten Opfer, die die Kollision forderte. “Ruder Hart Backbord!” schrie plötzlich Morlon Murdock und der Steuermann korrigierte den Kurs. Das Beben hörte auf.   Valnar und Alaine sahen den riesigen Eisberg an sich vorbei ziehen und große Bruchstücke sprangen von ihm ab als sich ein Mast zu nah am Eis befand. Valnar sprang mit ihr zurück, aus Angst sie könnten getroffen werden. Alle sahen den Berg vorbeiziehen, viele geschockt und paralysiert. Die ersten Kesselräume wurden geflutet und die Arbeiter versuchten zu fliehen, was sich als Problematisch erwies, denn Morlon hatte befohlen die Schotten zu schließen. Binnen kurzer Zeit war das Wasser in einigen Bereichen des Schiffes schon Hüfthoch. Die ersten Schaulustigen kamen an Deck um zu sehen was passiert war. Die Kesselöfen waren teilweise noch offen und wurden von ein paar beherzten Heizern geschlossen um eine Explosion zu verhindern.   Einer der beiden Männer im Krähennest atmete tief ein. “Das war Haarscharf, oder?” fragte er. “Und du willst Eis riechen können. Meine Güte.” zischte er und packte seinen Kollegen am Kragen. Kapitel 10: Gestohlenes Vertrauen --------------------------------- Gestohlenes Vertrauen   Innerhalb kurzer Zeit was das Deck voll von schaulustigen Passagieren. Sie redeten alle durcheinander. Immer wieder fielen die Worte “Eisberg” und die Frage was passiert sei. Sie alle liefen nach rechts zur Reling, wo der Eisberg eben die Lazalatin beschädigt hatte. nur noch in der Ferne konnte man die graue eisige Masse des Berges sehen.   Auf der Brücke herrschte Totenstille. “Tragen Sie in das Logbuch die genaue Uhrzeit ein.” sagte Murdock, immer noch unter Schock. Ein Offizier ging an ihm vorbei, sah hoch zu Uhr, die kurz vor Mitternacht anzeigte. Der Kapitän kam in den Steuerraum, er sah verwirrt aus. Er ging im Raum umher bis er sich an jemanden wandte. “Was war das Mr. Murdock?” fragte er den obersten Offizier. “Ein Eisberg, Sir.” antwortete er und sofort ging Vincents Blick zu den Fenstern. “Ich habe das Ruder Hart Steuerbord fahren lassen, aber es war zu dicht. Ich wollte Backbord vorbei aber wir kollidierten und…” “Schließen Sie die Schotten.” befahl der Kapitän ohne ihn ausreden zu lassen. Da berichtete Murdock ihm was alles schon getan war. Dann kam der Befehl alle Maschinen zu stoppen. Er ging zur Steuerbordseite, in der Hoffnung noch den Eisberg zu sehen, aber vergebens. Die schwärze der Nacht hatte ihn schon verschluckt. Er ließ dann den Blick über die Schiffswand schweifen um den Schaden feststellen zu können, doch mehr als Schrammen und Lack der abgeplatzt worden war, war nicht zu sehen. Das Komandorad für den Maschinenraum wurde ausgelöst und so wurden alle Maschinen kurz darauf gestoppt. “Suchen Sie den Schiffszimmermann er soll alles überprüfen.” sagte Vincent und sah hinab zum Promenadendeck, wo sich immer noch Alaine und Valnar befanden, die noch immer dem Koloss nachsahen. Überall lagen dicke Brocken von Eis herum.   Asmos, der von der Kollision wach geworden war, sprang aus seinem Bett. Es platschte und eisiges Wasser kam an seine Füße. Sie tauchen bis zu den Gelenken ins Wasser hinein. Er fluchte, wer zum Teufel Wasser auf den Boden gespritzt hatte, dass das Zimmer schwamm. Erst als er das Licht anmachte, sah er, was geschehen war. Auch die anderen beiden im Zimmer kamen aus ihren Kojen und betraten den Flur. Selbst der schwamm schon. Ghardar kam ihm entgegen, mit all seinen Sachen. “Lass uns hier verschwinden, Mann. Beeil dich.” Asmos ging wieder rein zog ich schnell an und nahm seinen Sack voller Sachen. Sie hörten pfeifen von Ratten, die an ihnen vorbei liefen. Ghardar meinte, dass Ratten immer den sichersten Ort auf einem Schiff aufsuchten, fern vom Wasser und so folgten sie ihnen.   Die Leute der oben Klasse hatten nur die Erschütterung gespürt und fragten Stewards was passiert sei. Die verharmlosten die Sache nur und fragen was sie ihnen an Getränken bringen konnten. Aaron Andrews, hatte derweil andere Sorgen. Er hatte sich die Blaupausen des Schiffes unter seinen Arm geklemmt und suchte Jinnai Ismay auf.   Nun wollte Asgar seinen Plan in die Tat umsetzen. Er trat hinaus auf den Korridor und fand auch gleich einen Steward. die schwirrten im Moment überall auf dem Schiff herum. “Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung.” sagte er sofort als Asgar in ansprach. “Oh, doch natürlich. Ich wurde beraubt.” Auch Mr. Lovejoy war anwesend. “Rufen Sie den Bootsmann.” sagte er und zur Bekräftigung schrie Asgar: “Wird’s bald, Sie Idiot!” da machte er sich auch schon auf den Weg.   Von außen war schon zu sehen, dass sich die Lazalatin langsam Richtung Bug neigte. Und immer noch kursierten Gerüchte um den Eisberg. Andere hatten ihren Spaß mit dem Eis. Sie spielten Fußball und schossen sich die Eisklumpen immer umher. Valnar führte Alaine fort davon. Und da kam auch schon einige Verantwortliche, unter ihnen Aaron, Jinnai, der Schiffszimmermann und der Kapitän. Sie sprachen über den Schaden der schon entstanden war und entstehen würde. Die beiden hörten ihnen zu, die Anzahl der Lecks machte sie unruhig. “Wir sollten es Mutter und Asgar sagen.” meinte die Rothaarige.   Der Bootsmann war schon eingetroffen. Beweise, dass bei der Familie eingebrochen war, hatte Asgar ihm schon gegeben. Der Bootsmann, der eine Art polizeiliche Stellung auf dem Schiff hatte sammelte die Beweise und besah sich gerade die Zeichnung, die Valnar gefertigt hatte. “Ich finde sie sehr gut Sir.” sagte er, da riss Asgar ihm das Aktbild aus seinen Händen. “Rühren Sie nichts an. Ich will dass der Raum fotografiert wird.” sagte er und nahm sich ein Glas Brandy. Abraxas, der im Treppenhaus schmiere stand, hörte Valnar und Alaine kommen. Er lächelte Alaine an. “Wir haben Sie bereits gesucht, Miss.” sagte er mit einer leichten Verbeugung und ging etwas hinter Valnar weiter. Ohne dass er es merken konnte, steckte Asgars Kammerdiener Valnar die wertvolle Kette in die Manteltasche. Alle drehten sich zu den drei um, die das Zimmer betraten. Abraxas schloss hinter ihnen die Tür. Aysha, sowie Asgar und die Angestellten sahen das Pärchen fragend an. “Es ist etwas ernstes passiert.” sagte sie. “Ja, so ist es. In der Tat. Zwei Dinge die mit lieb sind, sind heute verschwunden. Da ich das eine wiederhabe, kann ich mir gut vorstellen wo ich das andere finde.” sagte ihr Verlobter in einem süffisanten Ton. Er hatte nur auf Abraxas Kopfnicken gewartet. “Durchsucht ihn.” befahl er. Überrascht wurde Valnar der Mantel abgenommen. Zwei Stewards führten eine Leibesvisitation an ihm durch. Alaine war am meisten überrascht. “Asgar, was tust du da? Wir befinden uns in einer Notlage, was ist hier los?” fragte sie, aber die Frage beantwortete sich von alleine. Einer fand die Kette. “Was soll diese Scheiße?” fragte Valnar perplex, als der Steward Asgar das Schmuckstück wiedergab. Ungläubig, fassungslos sah die junge Frau ihn an. “Du darfst das nicht glauben Alaine. Das ist nicht wahr.” “Das hätte er nie getan.” sagte sie, obwohl alles gegen Valnar stand. “Sicher doch, für einen Profi” entgegnete ihr Verlobter. “Aber wir waren die ganze Zeit zusammen, das ist absurd.” entgegnete sie. Währenddessen wurden Valnar nun schon zum zweiten Mal Handschellen angelegt. Dieses Mal jedoch würden sie wahrscheinlich nicht so schnell wieder abgenommen werden. „Vielleicht hat er es getan während du dich wieder angezogen hast, Schatz.” flüsterte er. Valnar sah nun die Finte. “Echt clever. Alaine, die haben mir das untergejubelt.” “Halt die Klappe!”,blaffte Asgar ihn an. Abraxas sah sich den Mantel an. Am Innenfutter waren die Initialien eingenäht worden. “Das ist nicht mal dein Mantel, nicht wahr mein Sohn? Eigentum von A.R. Ryerson.” Der Bootsmann sah sich auch den Mantel an. “Der wurde heute als gestohlen gemeldet.” berichtete er. Das war Wahr. “Ich hab ihn mir nur geborgt. Ich wollte ihn auch wieder zurückgeben.” Für Asgar stand alles fest. Er stempelte ihn als “ehrlichen Dieb” ab. “Du weiß dass ich das nicht getan habe.” schwor er immer wieder auf Alaine ein. Aber Alaine schwieg. Sie wusste nicht wem sie glauben sollte. Immer wieder bat er dass sie reden sollte, aber kein Wort kam über ihre Lippen. Es war für sie wie ein Schock. Und so führte der Bootsmann Valnar ab. Aysha nahm ihre Tochter in den Arm um ihr Trost und Halt zu schenken. Dieser junge Mann ohne Reichtum und Namen hatte sie wohl so sehr verzaubert, das sie die Wahrheit nicht sehen wollte. Ja, genau das redete sich Aysha die ganze Zeit ein. Und nun würde alles wieder zum rechten kommen. Asgar hatte ihr gezeigt, das Valnar nicht mehr als ein Dieb sei und es nicht anders verdiene als bestraft zu werden. Natürlich war das für ihn auch eine gewisse Selbstjustiz. Wie hatte Valnar es nur wagen können, in die Nähe seiner Verlobten zu kommen, wohl möglich auch noch, die Frau sein eigen zu nennen, die ihm versprochen war. Mr. Andrews führte alle die Verantwortung trugen, also den Kapitän, Mr. Ismay, Mr. Murdoc in die Kajüte von ihm. “Das ist ausgesprochen verdrießlich Kapitän.” sagte Jinnai nur. Die Blaupausen, die Aaron die ganze Zeit mit sich getragen hatte rollte er auf seinem Schreibtisch aus und beschwerte die Ecken des Blattes, dass sie nicht zurück rollen konnten. Dann zeigte er auf die verschiedenen Bereiche des Schiffes die mittlerweile unter Wasser standen. “Wasser, vierzehn Fuß über dem Kiel in zehn Minuten. Im Vorschiff, in drei weiteren Abteilungen und im Kesselraum sechs.” berichtete er. Der Schiffszimmermann bestätigte seine Aussage. “Wann können wir weiter fahren, verdammt?” wollte stattdessen Jinnai nur wissen. “Das sind fünf Abteilungen! Wenn vier Abteilungen vollgelaufen sind hält sie sich noch über Wasser. Aber nicht bei fünf. Nicht fünf. Wenn der Bug absinkt, dann läuft das Wasser über die Schotten im E- Deck von einer Abteilung zu nächsten. Immer weiter und weiter. Es ist nicht aufzuhalten.” er zeichnete den wohl möglichen Verlauf des Wassers mit seiner Hand nach. Doch was Mr. Andrews nicht wusste war, das sogar eine sechste Abteilung beschädigt war, wenn auch nur leicht. Niemand wusste von dem kleinen Leck , der nur knapp einen halben Meter lang war und nur leicht eingedrückt war, doch sickerte Wasser durch die durchgebogenen Platten hindurch. “Die Pumpen!” warf Vincent ein. “Wenn wir die einsetzen können wir Zeit gewinnen, aber nur Minuten.” entgegnete der Architekt sofort. “Von diesem Augenblick an ist es ganz egal was wir tun. Die Lazalatin wird untergehen.” Jinnai Ismay sah ihn entgeistert an. “Aber dieses Schiff kann nicht sinken.” “Sie wurde aus Eisen gefertigt, Sir. Ich versichere ihnen sie kann. Und sie wird. Das ist eine Mathematische Gewissheit.” Alle sahen geschockt zu den Blaupausen. “Wie viel Zeit noch?” fragte Vincent. Aaron schwieg eine Weile, er rechnete. “Eine Stunde, höchstens zwei.” wieder entstand eine Schweigeminute. Alle mussten schlucken. “Wie viele an Bord Mr. Murdoc?” “Zweitausendzweihundert Seelen an Bord Sir.” Fassungslos wandte sich der Kapitän an Jinnai. “Ich vermute Sie werden ihre Schlagzeilen kriegen Mr. Ismay.” Kapitel 11: Lebe Wohl, Mutter ----------------------------- Kapitel 11: Lebe Wohl, Mutter Es war still in der Suite der DeWitt Bukaters. Asgar lehnte sich an dem Türrahmen aus Holz. Wut, aber auch Enttäuschung stand in seinem Gesicht geschrieben. Seine Verlobte sah ihn ebenso fassungslos und wütend an. Sie konnte es nicht fassen, dass er Valnar hatte festnehmen lassen. Langsam kam er auf sie zu, sah ihr ins Gesicht. Erst wollte er etwas sagen, holte dazu noch tief Luft, doch dann zuckte er nur kurz mit den Mundwinkeln, bis er ihr eine schallende Ohrfeige gab. Alaine warf den Kopf zurück und ihre gelockten Haare flogen mit ihr.. “Sind wir jetzt eine kleine Hure, ja?” fragte er schneidend. Da sie keine Antwort gab packte Asgar sie an den Oberarmen und zwang Alaine so, ihm in die Augen zu sehen. “Sieh mich gefälligst an wenn ich mit dir rede!” forderte er. Da klopfte es an der Tür und ein Steward kam herein. “Nicht jetzt! Wir sind beschäftigt.” sagte er zu ihm, aber der Mann ließ sich nicht abwimmeln. Er kam ins Zimmer und öffnete einen Kleiderschrank. “Es tut mir Leid Sir, Sie stören zu müssen, aber ich wurde angewiesen Sie zu bitten ihre Rettungswesten anzuziehen und sich an Deck zu begeben.” Asgar ließ derweil Alaine los, die sich zuerst sammeln musste, nach der harschen Behandlung ihres Verlobten.“Ich sagte jetzt nicht.” wiederholte er nachdrücklich. “Bedaure die Unannehmlichkeiten aber das ist eine Anordnung des Kapitäns. Also ziehen sie sich bitte etwas warmes an, es ist heute recht kühl draußen.” Er zog die Westen hervor die er meinte. “Ich empfehle ihnen Überzieher und einen Hut.” Der Steward sagte das alles in einem Tempo, als hätte er keine Zeit zu verlieren. Außerdem benahm er sich so, als würde er die Gewalt in Asgars Stimme überhören. Asgar belächelte die Ungeduld des Angestellten. “Das ist doch lächerlich.” kommentierte er dies. Alaine, die sich eine Hand an die Wange hielt, wo Asgar sie geschlagen hatte, sah fast so aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Der Steward legte fürsorglich einen Arm um sie, um die Aristokratentochter zu trösten. “Kein Grund zur Beunruhigung. es wird sich nur um eine Vorsichtsmaßnahme handeln.” meinte er. Doch die “Vorsichtsmaßnahme“ sah in den Decks der 3. Klasse ganz anders aus. Die Türen wurden schlagartig aufgemacht und Licht gemacht. Kurze Aufforderungen zum Aufstehen und die Rettungswesten anzuziehen folgten. Die Stewards rissen die Rettungswesten von den Schränken runter auf den Boden. Der Grund für diese Eile blieb aus. Alle schreckten aus ihrem Schlaf und wussten nicht wie ihnen geschah. Ratlose Blicke soweit das Auge reichte. Währenddessen schrieb der Kapitän einen Notruf für die Funker auf. “C Q D? Sir?” fragte einer der beiden. “Ganz Recht C Q D. ein Notruf. Das ist unsere Position.” antwortete Vincent langsam und gab ihm noch die Koordinaten des Schiffes. Er sah sich im Raum um. “Sagen Sie wer immer sich auch meldet, dass wir über Bug sinken und dringend Hilfe benötigen.” Die beiden sahen erst den Kapitän und dann sich erschrocken an und einer setzte die Kopfhörer auf und funkte sofort los. Seine Hand zitterte als er über den Taster fuhr, doch seine Erfahrung ließ ihn keinen Fehler machen. C Q D bedeutete in der Morsesprache soviel wie:“ Come Quick, Danger“ oder „Come Quick, Drowning“; also übersetzt: „Kommt schnell, Gefahr.“ sowie „Kommt schnell, Ertrinken“. Das neuere Morsezeichen für solche Situationen das SOS war zwar schon geläufig, doch dem Befehl des Kapitäns wurde zuerst Folge getan. Aus den Schornsteinen wurde der Dampf aus den Kesseln abgelassen und verursachte einen Höllenlärm unter dem sich die Schreie und Befehle der Matrosen und Offiziere mischte. Sie mussten die Hände zum Mund führen damit man sie besser verstand. Die ersten Boote wurden ab gefiert. Die Matrosen liefen wie die Ameisen umher als Mr. Andrews das Deck erreichte. Nirgends war ein Passagier zu sehen. Er eilte zu einem der Matrosen, die das abfieren beobachteten. “Mr. Wilde, wo sind alle Passagiere?” der zeigte nach drinnen, wo sie alle saßen. “Die sind alle rein gegangen. Denen war es hier wohl ein bisschen zu kalt.” schon widmete er sich wieder seiner Aufgabe. Er pfiff einen jungen Mann zu sich, der anscheinend nichts zu tun hatte. Mr. Andrews sah auf seine Taschenuhr und sein Blick verriet, dass er beunruhigt war. Er ging wieder zurück und durchstreifte die erste Klasse. Im großen Speisesaal hatten sich alle reichen Leute versammelt. Die Musikanten spielten aufheiternde Lieder, die sie auf andere Gedanken bringen sollten. Kellner brachten allerlei zu trinken und zu essen. Auch Aaron wurde eines angeboten. Die Stimmung war ausgelassen, so wie jeder Abend zuvor auf der Lazalatin. Im Treppenaufgang der ersten Klasse war auch viel los. Nyria Brown sprach einen der Stewards an, warum sie die Rettungswesten tragen sollten. Der Steward versprach, sich darum kümmern zu wollen und stolperte die große Treppe nach oben. Sie hatte die Befürchtung, das niemand genau wüsste was vor sich ging. Auch Alaines Familie befand sich unter denen die warteten. Die hatten alle warme Mäntel angezogen, trugen aber wie viele noch keine Rettungsweste. Alaine stand immer noch neben sich. Und Asgar war immer noch wegen der Bitte der Stewards außer sich. Er echauffierte sich, dass sie gestört worden waren. Zu gern hätte er Alaine noch eine weitere Ohrfeige verpasst. “Dass diese verfluchten aus Asran… das die alles immer nach Vorschrift machen müssen.“ grollte er. Seine zukünftige Schwiegermutter versuchte ihn zu beruhigen. “Es gibt keinen Grund ausfallend zu sein Mr. Hockley. Gehen Sie zurück in unsere Suite und drehen Sie die Heizung auf. Wenn ich zurückkomme hätte ich gerne eine Tasse Tee.” sagte sie noch zu ihren beiden Dienstmädchen. Die eine gab ihr noch eine Rettungsweste als sie sich ihre Lederhandschuhe anzog. Aaron kam an ihnen vorbei. Als Alaine ihn sah hielt sie ihn zurück. Endlich kam sie wieder zu sich. “Mr. Andrews. Ich sah den Eisberg. Und ich sehe es in ihren Augen. Bitte sahen Sie mir die Wahrheit.” Er ging einen Schritt zu ihr und flüsterte nur, damit kein umstehender es mitbekommen konnte. Nur Asgar kam näher. “Das Schiff wird sinken.” sagte er im vollen ernst. “Sind Sie sicher?” “Ja. In einer Stunde etwa… befindet sich all das auf dem Grund des Meeres. Bitte sagen sie es nur denjenigen den Sie es sagen müssen. Ich will nicht die Verantwortung für eine Panik tragen müssen. Gehen Sie zu einem Boot; warten Sie nicht. Sie… wissen doch noch was ich Ihnen über die Boote gesagt habe. “ Während des Gespräches war Alaines Hand langsam auf ihren Mund gegangen. Sie nickte zu Aarons bitte. “Ja. Ich verstehe.”, versuchte sie gefasst zu antworten. Der Architekt nickte kurz und verschwand dann wieder. Asgar sah ihm entgeistert nach. Weiter unten in der Kajüte der Bootsmanns wurde Valnar an ein Rohr gekettet, damit er nicht entfliehen konnte. Ein Steward kam hereingeeilt und wollte mit dem Bootsmann reden. “Gehen Sie ruhig, ich kümmere mich um ihn.” sagte Abraxas, der ihnen gefolgt war und lud seine Pistole. Gorgoth nickte, Valnars Fesseln klickten zusammen und er ging mit dem jungen Mann mit. Vorher gab er Abraxas noch den Schlüssel für die Handschellen. Selbstgefällig setzte sich der Kammerdiener vor den Maler hin. Wenige Minuten später kam auch schon ein Funkspruch zurück. Es hatten viele Schiffe geantwortet doch nur eines, in der unmittelbaren Nähe war nun auf dem direkten Weg zu ihnen, doch… “... sie sagen, dass sie in etwa vier Stunden hier sein können.” “VIER Stunden?” hackte der Kapitän nach. Doch er besann sich schnell wieder und bedankte sich. In vier Stunden war alles schon zu spät. Die Passagiere wurden nun doch nach draußen gebeten, wo einige Boote schon mit ihnen besetzt und zu Wasser gelassen wurden. Kapitän Smith ging zwischen ihnen und seinen Offizieren hindurch bis 2. Offizier Lighttoller ihn ansprach und ihm den Stand der Boote mitteilte. Er fragte Vincent ob sie nun mit den Frauen und Kindern beginnen sollten. In Gedanken nahm Vincent den Bericht wahr und murmelte leise seine Bestätigung. Auf Grund des Lärms holte Lighttoller seine Zustimmung nochmal ein bis der Kapitän nickte und sagte: „Frauen und Kinder zuerst.“ So rief der 2. Offizier die Passagiere zu sich heran und informierte sie nun was getan werden musste. Morlon übernahm die Aufgabe die Boote zu besetzen. Die Musiker wurden gebeten für eine entspannte Atmosphäre vor den Booten zu sorgen. So spielten sie Lied um Lied um keine Panik aufkommen zu lassen. Unten in der dritten Klasse wurden nun auch weiter Rettungswesten verteilt, von denen Asmos und Ghardar sich welche nahmen und versuchten nach oben zu gelangen. Aber das gelang nicht. Die dritte Klasse wurde durch verschlossene Gitter von den oberen Etagen getrennt, da sie anscheinend nicht so viel wert waren wie die Passagiere der ersten oder zweiten Klasse. Oder gar das sie sich vordrängeln würden. Die Gedanken der Stewards war abscheulich. Doch die Besatzung suchte nach ausreden sagte dass es noch nicht an der Zeit sei in die Boote zu gehen. Nur das sie die Frauen und Kinder nach vorne lassen sollten. Ein kleiner Junge weiter hinten zog etwas an der Jacke seiner Mutter. “Was machen wir hier Mami?” fragte er neugierig. “Warten hier. Wenn die Passagiere der ersten Klasse in den Booten sind, sind wir an der Reihe und dann wollen wir auch bereit sein nicht wahr?” Die ältere Schwester des Jungen nickte lächelnd. Bei den ersten Booten waren die Matrosen etwas zu schnell dabei, das an dem Tau befestigten Boot herabzulassen. Morlon gab den Takt an wie schnell sie das Bott runter lassen sollten, aber einer der Matrosen war etwas schneller und das Boot geriet in Schieflage, dass die Passagiere auf einer Seite des Bootes fast ins Wasser fielen. Die Insassen fingen an zu schreien und zu kreischen als sie befürchteten, ins Wasser zu fallen. Um das zu korrigieren musste die andere Seite wieder ausgleichen und es wurde wieder gleichzeitig abgefiert. Es wurden gleichzeitig auch Notrufraketen abgeschossen, die von den Leuten als Feuerwerk gehalten wurde. Viele “Oh´s” und “Ah´s” waren zu hören. Der Bug neigte sich schon zusehends dem Wasserspiegel- nur noch das oberste Deck ragte aus dem Wasser heraus. Das Bullauge, welches zur Kajüte des Bootsmannes gehörte ragte ebenfalls noch etwas aus dem eisigen Nass heraus. Abraxas rollte immer wieder eine Pistolenkugel auf dem Tisch ab. Man konnte sehen, dass die Patrone immer wieder zu Abraxas zurückrollte. Er schnappte sie sich immer wieder bevor sie auf dem Boden aufkommen würde. Dann lud er damit wieder seine Waffe. “Weißt du ich geh davon aus dass dieses Schiff sinken wird. Man hat mich gebeten dir dies als Zeichen unserer Anerkennung zu übermitteln.” und er schlug Valnar direkt in die Magengrube. Er sackte in ich zusammen und versuchte wieder Atem zu fassen. “Mit besten Empfehlungen von Mr. Asgar Hockley.” dann nahm er den Schlüssel der für seine Fesseln war und ging. Nun ging auch Nyria Brown ins Boot. Sie half einer Dame ins Boot hinein. Auch Aysha und Alaine stiegen ein. Asgar wollte auch mit hinein, doch verweigerte ein Offizier die Erlaubnis. Dies wurde nicht überall gemacht, was aber nur später raus kam. “Sind die Rettungsboote nach Klassen unterteilt?” fragte Aysha bevor sie einstieg. “Ich hoffe nur dass sie nicht zu voll sind.” lachte sie. Aber ihre Tochter fand das überhaupt nicht lustig. Alaine sah sie wütend an und packte sie an den Oberarmen. “Mutter, halt den Mund! Begreifst du denn nicht? Das Wasser ist eisig kalt und es gibt nicht genug Boote. Nicht mal annähernd! Die Hälfte der Menschen hier an Bord wird ertrinken.” “Jedenfalls nicht die bessere Hälfte.”, kommentierte Asgar von der Seite. Alaine sah zu ihm. Nyria half Aysha schon ins Boot und wollte Alaine auch schon helfen, doch hielt Asgar sie noch zurück. “Dummerweise habe ich die Zeichnung nicht dabei. Die wäre morgen früh eine Menge wert.” sagte er im selbstgefälligen Ton. Alaine sah ihren Verlobten verdattert an. Erst jetzt verstand sie was er getan hatte. “Du unbeschreiblicher Bastard.” flüsterte sie. Wieder forderte Nyria Alaine auf ins Boot zu kommen. Viele reichten ihr die Hand um ihr hineinzuhelfen. Als Alaine nicht reagierte, veränderte ihren Mutter den Ton in ihrer Stimme und befahl ihr zu ihr zu kommen. Aber die junge Frau verzog keine Miene. Sie ging sogar noch einen Schritt zurück. “Lebe wohl Mutter.” sagte sie und lief davon. Asgar hielt sie auf. “Wo willst du hin? Zu ihm? Um die Hure einer Kanalratte zu werden?” er schüttelte sie. Aber seine Worte hatten ihren Zauber verloren. “Lieber bin ich seine Hure als deine Frau.” entgegnete sie zischend. Wieder wollte sie sich losreißen, aber er hielt sie fest im Griff. “Nein. Ich sagte NEIN!” da rotzte Alaine ihm mitten ins Gesicht, so wie es ihr Valnar vorgemacht hatte. Aysha rief ihren Namen, bat die Matrosen zu warten, aber Alaine kehrte nicht zurück und auch das Boot senkte sich nun langsam hinab. Kapitel 12: Rettung ------------------- Kapitel 12: Rettung Das Schiff sank immer weiter und für Valnar wurde die Zeit knapp. Das Wasser war schon über das Bullauge hinweg in dem er gefangen war und nur noch schwärze war zu sehen. Die Schotten liefen über und das eisige Wasser bahnte sich seinen Weg durch die untersten Kabinen. Gerade eben auch in der Etage in der Valnar allein war. Überall lagen Hinterbliebenschaften von Passagieren wie Koffer oder einzelne Kleidungsstücke. „Hilfe! Kann mich irgendjemand hören? Hallo ich bin hier drin! Hilfe!“ schrie er nach Leibeskräften und schlug mit den Handschellen gegen das Rohr an das man ihn gefesselt hatte. Doch es nützte nichts. Niemand war auch nur in der Nähe des E- Decks. Alaine suchte nach Aaron Andrews. Er könnte wissen wo man Valnar gefangen hielt. Der war auf der Suche nach Passagieren, die noch in ihren Suiten waren und bat sie nach oben zu gehen. Er klopfte gerade an eine Suite als Alaine ihm über den Weg lief. „Mr. Andrews. Gott sei Dank!“ rief sie und lief auf ihn zu. Der war völlig verdutzt sie noch hier zu sehen und wollte sie auch nach oben auf das Bootsdeck bitten, als sie ihm das Wort abschnitt. „Wo würde der Bootsmann jemanden hinbringen, der unter Arrest steht?“ Er sah sie verwirrt an und bat sie nochmals zu den Rettungsbooten zu gehen, aber sie blieb eisern. „Nein. Ich werde das mit oder ohne Ihre Hilfe herausfinden, aber ohne Ihre Hilfe dauert es länger.“ Sagte sie hartnäckig. Da hatte Aaron ein einsehen. Er erklärte ihr den Weg, den sie schnell versuchte sich zu merken. Das Wasser schwappte nun auch schon in Valnars „Gefängnis“. Er kletterte auf den Schreibtisch und versuchte dort das Rohr irgendwie zu entzwei zu brechen, doch auch das scheiterte. Alaine rannte wie von Teufel getrieben zu den Fahrstühlen. Aber ein Angestellter sagte ihr dass die Lifte außer Betrieb waren, da reichte es der vornehmen Dame. Sie schubste ihn hinein und befahl ihm ins E- Deck zu fahren. Ihr stand die Wut und Hoffnung, dass Valnar noch lebte und völlig zu Unrecht dort unten gefangen war, im Gesicht geschrieben. Schnell schaltete der Liftboy den Hebel nach unten und schon zuckelte der Lift los. Das Wasser kam immer schneller in die Zimmer hinein. Mittlerweile auch schon durch die unteren Belüftungsschlitze der Türen. Der Maler versuchte es nun auf eine andere Weise. Er war wieder zurück zu seiner Ausgangsposition gegangen, wo er sich auf dem Schreibtisch hinhockte und machte seine rechte Hand so schmal es ging. Dann schob er die Fesseln nach oben um sich so vielleicht aus der Schlinge zu befreien. Es gelang ihm nicht. Die Fesseln waren einfach zu schmal. Eine Kinder- oder Frauenhand hätte es hier leichter gehabt. Vielleicht wäre es auch mit Schmierfett oder Öl gegangen, aber Valnar kam zum einen nicht an solches heran und zum anderen gab es in dieser Kajüte einfach kein Fett. Es war die pure Ungeduld die in Alaines Augen stand. Vor ihr verschwanden das A bis D- Deck. Endlich ein Ende in Sicht. Grelles Licht stach in ihre Augen und das E- Deck kam näher aber schon dort waren sie und der Liftboy von eiskaltem Wasser umspült. Schon wollte der junge Mann in seiner Panik wieder nach oben fahren, aber Alaine zwängte sich hinaus. Als er dann ihr drohte ohne sie wieder nach oben zu fahren, ignorierte sie ihn und machte sich auf die Suche nach den Mannschaftsunterkünften, in denen Valnar gefangen war. Sie watete durch das wadenhohe Wasser. In einigen Korridoren war kein Licht und sie musste sich einen Weg durch die herumschwimmenden Möbel suchen. Am Ende eines Korridors der in einen anderen mündete sah sie sich ratlos um. „Valnar!“ rief sie. Vielleicht hörte er sie und gab Antwort. Sie leif weiter und das Licht flackerte. Alaine rief immer wieder. Und tatsächlich gab er nach einiger Zeit Antwort. Er trommelte mit seinen Fesseln auf dem Rohr herum und rief ihren Namen. Sofort machte Alaine kehrt, wo sie zu erst den Gang weg vom Wasser gegangen war, musste sie nun noch tiefer hinein gehen. Ihr rufen und sein klopfen auf dem Rohr half und schließlich fand sie ihn auf dem Schreibtisch kniend. Sie fiel ihm um den Hals und entschuldigte sich tausendmal dafür dass sie ihn nicht verteidigt hatte. Sie küssten sich. „Dieser Lovejoy hat mir das untergejubelt.“ Erzählte er zwischen den Küssen. „Ich weiß, ich weiß, ich weiß.“ Antwortete sie hastig. Dann machten sie sich auf die Suche nach dem Ersatzschlüssel. Zuerst suchte sie in einem Schränkchen, wo auch noch viele weitere Schlüssel hingen. Aber es war, wie Valnar beschrieb kein silberner dabei, alle waren aus Messing. Und auch in der Schreibtischschublade war keiner dabei. Fieberhaft durchsuchte Alaine die Kästchen. Völlig aus dem Zusammenhang gerissen sprach Valnar sie an. „Wie hast du herausgefunden, dass ich es nicht war?“ „Gar nicht. Ich hab gewusst dass du es nicht sein konntest.“ Es entstand eine kleine Pause in der beide sich lächelnd ansahen, bis sie sich wieder drauf konzentrierten nach dem Schlüssel zu suchen. Mittlerweile verschwand nun auch der Bug vollends unter Wasser. Die Rettungsboote wurden immer weniger, doch die Passagiere, die auf eins warteten riss nicht ab. Alaine fand keinen Schlüssel, der zu der Beschreibung passte. Sollte das heißen, das es keinen Zweitschlüssel gab? Ober hatte der Bootsmann diesen? Abraxas würde seinen gewiss nicht hergeben. Aber es blieb nichts übrig, als nach Hilfe zu rufen. Alaine ging nochmal zu ihm, küsste ihn und versprach, bald wieder bei ihm zu sein. Mehr ironisch als ernst gemeint, rief er ihr nach, das er dort auf sie warten würde. Alaine ging tiefer in das Wasser hinein, als sie ein dröhnen vom Schiff hörte. Da der Bug absank. Hob sich das Heck in die Höhe und diese Spannungen würde das Schiff nicht lange aushalten. Ein weiteres Mal, noch lauter und dunkler dröhnte es. Alaine erklomm die Treppen auf das D- Deck und rief nach Hilfe. Aber sämtliche Gänge waren verweist. Die Rothaarige lief durch das Wirrwarr der Gänge, bis ihr ein älterer Herr ihr entgegen kam, sie wollte schon ansetzen, das er ihr helfen möge, aber zum einen verstand er ihre Sprache nicht und zu anderen stand ihm die Panik ins Gesicht geschrieben. So blieb sie wieder allein und wieder flackerte das Licht. Dazu kam wieder ein lautes und langes dröhnen bis das Licht wieder anging. Alaine versuchte ihre eigene Angst zu vertreiben, als ein Steward ihr mit Rettungswesten in der Hand entgegen kam. Der nahm sie an der Hand und wollte sie mit sich ziehen und sprach über ihren Hilfeversuch hinweg. Es würde alles gut werden und sie müsse eine Panik haben. Aber Alaine zerrte entgegen seiner Hand und wollte sich seinem Griff entwinden. „Sie gehen in die falsche Richtung... lassen sie mich los und HÖREN SIE MIR ZU!!“, schrie sie ihn an. Der Steward war von ihr jetzt etwas überrascht, sah zu ihr und wollte sie wieder beruhigen, da bekam er auch schon Alaines Faust auf die Nase. Er torkelte rückwärts gegen die Wand. Seine Nase war anscheinend gebrochen, denn ein Rinnsal von Blut floss daraus. Alaine selbst überrascht über ihre Kräfte, musste tief durchatmen. Der Mann sah sie nun hasserfüllt an, als er das Blut an seiner Handfläche sah. „Zur Hölle mit ihnen.“ grollte er und lief nun wieder allein weiter und ließ Alaine in diesem Gang allein zurück. Bei dem Gemenge hatte er die Rettungswesten fallen gelassen, wollte diese jetzt aber auch nicht mehr aufheben. Alaine schloss die Augen und kam etwas zu Atem. Als sie dann wieder ihre Augen öffnete da sah sie einen roten Metallenen Kasten vor sich. Darin war eine Axt! Direkt daneben war ein Wasserschlauch aufgerollt. Mit der Wasserspritze zerschlug sie das Glas und holte die Axt heraus und lief auf direktem Weg zurück. Weite Teile des Bugs waren schon unter Wasser, als der Kapitän von der Brücke aus zusah. Gerade wurde wieder eine Rakete gestartet. Seit der Kollision mit dem Eisberg war bisher eine Stunde vergangen. Lange würde es nicht mehr dauern und die Lazalatin würde von den Wellen verschluckt werden. Alaine kam gerade an der Treppe zum E- Deck an als sie in das dunkle Wasser schaute. Fast bis zur Decke reichte es schon. Langsam kam sie näher und ihr Atem ging vor Angst schneller. Einzelne Elektrokabel, die an der Decke entlang gingen, waren durch die herum schwimmenden Möbel durchtrennt worden. Dabei stoben Funken und es blitzte. Langsam ging Alaine die Treppe runter und lehnte sich leicht nach vorn, um zu sehen wo wie hoch das Wasser gestiegen war. Sie klemmte die Axt in ein Gitter des Treppenaufgangs und zog sich den Mantel aus, der sie jetzt beim durchkämpfen definitiv behindern würde. Dann nahm sie die Axt wieder in die Hand und ging in das eiskalte Wasser, das ihr bisher wenn sie auf dem Boden stehen würde, sie komplett umschließen würde. Aber je weiter sie zum Zimmer des Bootsmanns ging, je niedriger wurde es. Sie keuchte auf, da das Wasser ihr eine Gänsehaut verschaffte und ihr kurz den Atem raubte. Sie hangelte sich mit einer Hand an den großen Rohren an der Decke entlang und strampelte mit den Beinen um schneller voran zu kommen. In der anderen hielt sie noch die Axt. Begleitet vom ächzen des Schiffes und dem ausfallenden Licht kam sie endlich zu Valnar zurück, der auf dem Schreibtisch schon nasse Hosenbeine bekam. „Wir das hiermit gehen?“ fragte sie und bibberte vor Kälte. Sie präsentierte ihm die Axt. „Das werden wir gleich sehen...“, meinte er und wollte schon die Handschellen so weit es geht auseinander ziehen, damit sie eine größere Angriffsfläche bekam. Alaine wollte schon ausholen, doch bat Valnar sie vorher noch an der Schranktür zu üben, ob sie die gleiche Stelle treffen könnte. Doch ihre beiden Schläge waren jeweils weit von einander entfernt. Sie wussten, das es nur diesen einen Versuch gab. Doch mussten sie es versuchen. Valnar hielt seine Hände wieder so weit auseinander wie es ging. Alaine ging in Position. Sie fror vor Kälte und zitterte auch aus Angst. Aber Valnar schenkte ihr sein Vertrauen. Sie solle nur so kräftig zu schlagen wie sie konnte. Dann, versteckte er den Kopf hinter dem Rohr und kniff die Augen zusammen. „Los!“ rief er und Alaine ließ die Axt auf das Rohr hinabsausen. Zuerst hörten sie nur einen dumpfen, hohlen Klang von Metall auf Metall und dann, als sie beide wieder die Augen öffneten, da waren die Handschellen entzwei. Alaine ließ die Axt sofort vor Verblüffung von sich selbst fallen. Sie schrien vor Freude und umarmten sich. Nun hieß es aber schnell weg von dort. Aber die Treppe, von der Alaine gekommen war, war nun völlig von Wasser umspült. Kapitel 13: "Ich muss mein eigenes Boot kriegen." ------------------------------------------------- Kapitel 13: Ich muss mein eigenes Boot kriegen So schnell wie möglich eilten sie raus aus dem Zimmer. Alaine sah nach links, von wo sie gekommen war. Doch die Treppe war schon überflutet. Jetzt hieß es also einen neuen Weg nach oben finden. Sie liefen nach rechts, wo das Wasser flacher wurde. Währenddessen saßen Nyria Brown und Aysha DeWitt Bukater gemeinsam mit anderen Frauen in einem Rettungsboot und ruderten so weit wie möglich weg vom Schiff. Nyria hatte eines der Ruder in der Hand und half den Matrosen, die eigentlich diese Arbeit tun sollten, jedoch waren diese Männer in diesem Rettungsboot gänzlich dafür ungeeignet. Aysha jedoch, sah auf die Lazalatin wie gebannt. Ihre Tochter war noch dort und lief diesem dahergelaufenen jungen Mann hinterher, der allem Anschein nach nichts mehr als ein Dieb war. Sie könnte schon längst in Sicherheit sein. Aber Alaine hatte schon immer ihren eigenen Kopf gehabt. Trotzdem blieb es ein Schock. „Das ist doch ein Anblick, den man nicht alle Tage hat.“, sagte Nyria nüchtern. Wieder wurde eine Signalrakete gezündet, die mehrere hundert Meter über ihnen explodierte. Auf der Backbord- Seite waren nicht mehr viele Boote übrig. Die meisten waren schon zu Wasser gelassen und langsam machte sich durch die immer größere Schräglage Panik breit. Die Passagiere drängten sich immer mehr in die Boote, wollten aber auch noch Gepäck mitnehmen, das dann aber unwirsch von den Offizieren über Bord geworfen wurde um mehr Platz für weitere Passagiere zu machen. Noch immer wurden nur Frauen in die Boote gelassen und viele Ehefrauen klammerten sich an ihre Männer. Eine alte Frau schrie laut, das sie nicht ohne ihn gehen wollte, wurde aber dann von Lightoller in das Boot gezerrt. Eine andere Frau schlang die Arme um den Hals ihres Mannes und küsste ihn leidenschaftlich. Der Matrose sah dem ganzen betreten zu, bis auch sie sich von ihm trennen musste. Andere Damen baten die Matrosen noch nicht abzufieren, sie müssten noch einmal in ihre Kabine. Lightoller packte dann diese Frauen, hievte sie ins Boot und blaffte sie an, sie sollen sitzen blieben. Für solche Dinge war nun keine Zeit mehr. Asgar suchte in dem Gedränge auch nach einer Möglichkeit vom Schiff zu kommen. Aber die Regel wurde für ihn nicht gebrochen. Dann sah er Abraxas auf ihn zukommen. Er war auf der Suche nach Alaine gewesen. Mit ihr hatte Asgar allerdings schon abgeschlossen. Jetzt galt es seine eigene Haut zu retten. Sein Kammerdiener erwähnte, das auf der Steuerbord- Seite es auch Boote gab, in dem Männer zugelassen wurden. Die Regel „Frauen und Kinder zuerst“ wurde unterschiedlich gewertet. Einige hielten sich strikt daran, andere nahmen auch Männer auf, wenn in der nächsten Umgebung keine Frauen oder Kinder mehr da waren. In diesen Minuten war es abhängig davon, auf welcher Seite des Schiffes man auf ein Boot wartete. Aber Asgar wollte lieber auf Nummer sicher gehen und ging ein letztes Mal zurück zu der Suite. Ein krachen von Holz, fast so als wenn jemand dagegen rannte, erklang neben einem Steward. Dann noch einmal. Er ging darauf zu und da... die Tür zersplittert. Er erschrak etwas, als er plötzlich zwei Passagiere daraus stolpern sah. Schon wollte er sich beschweren, lief ihnen hinterher und sagte, das sie Eigentum der Lazalatin zerstört hatten, aber die beiden keiften ihn nur an und schrien ihn an, er solle den Mund halten. Er blieb verdattert stehen und sah ihnen nach. Das waren Valnar und Alaine gewesen, die endlich einen Weg gefunden hatten. Klitschnass wie sie waren, aber voller Adrenalin liefen sie weiter. Was für einen Sinn machte es denn jetzt noch, sich über eine kaputte Tür zu beschweren, wenn das gesamte Schiff bald unten am Meeresgrund lag? Aaron Andrews befand sich auch noch auf dem Schiff und hatte die Rettungsboote beobachtet. Er war schockiert über die Anzahl der Passagiere, die in diesen Booten saß. Er sprach den Offizier Lightoller darauf an warum er so wenige in die Boote ließ. Erst wollte er ihn abwimmeln, da es jetzt andere Prioritäten gab, aber Aaron ließ nicht locker. „Dort! Etwa zwanzig Leute, in einem Boot das für 65 konzipiert ist und einem habe ich 12 gesehen! 12!“, „Wir... waren uns unsicher wegen des Gewichts, Mr. Andrews. Die Boote könnten durchbrechen.“ wand er sich heraus. Aber Mr. Andrews wusste es besser. Diese Boote waren den damals schärfsten Tests unterzogen worden. Und sie hatten bestanden. „Machen Sie die Boote voll, um Himmels Willen!“, Lightoller sah hinter sich das Boot weg rudern und er begriff. So würde nicht einmal die Hälfte diese Katastrophe überleben. Und da ließ er endlich mehr Frauen und Kinder hinein. In den unteren Decks wurde es langsam sehr panisch. Immer noch waren Asmos und Ghadar hinter dem verschlossenen Gitter. „Wir werden hier unten alle sterben! Bitte! Wir haben hier noch Frauen und Kinder. Sie können uns doch hier nicht wie Vieh hier einsperren!“. Endlich schloss ein Steward das Gitter auf und alle Passagiere strömten durch das Gitter. Die Männer, sowie die Frauen. Es kam zu einem Handgemenge, in dem die Stewards mit Gewalt versuchten, die Männer zurück zu drängen und die Frauen nach vorne zu holen. Dabei wurden auch die Griffe der Feueräxte benutzt um sie zurück zu drängen. Einer zog eine Pistole und hielt sie auf die Passagiere, bis endlich das Gitter wieder verschlossen wurde. In diese Situation kamen nun auch Valnar und Alaine. Sie standen am Fuß der Treppe und hörten den Steward schreien, das sie vom Gitter zurück treten sollten oder er würde schießen. Aber Ghadar oben gab widerstand. „Um Gottes Willen, wir haben hier noch Frauen und Kinder hier unten! Lassen Sie uns durch, damit wir wenigstens eine Chance haben!“ aber der Mann mit der Pistole reagierte nicht auf sein Flehen. Da es hier nun kein vorbei kommen gab, ging er wieder runter, dort entdecke er Valnar und erzählte ihm davon. Und auch Asmos kam zu ihnen. Er hatte an einer geöffneten Tür nach draußen geschaut, wie viele Boote noch da waren. Die beiden Freunde umarmten sich und Asmos sagte:“ Die Boote sind alle weg!“ „Der ganze Dampfer steht unter Wasser, wir müssen hier raus!“ aber Asmos wusste nicht, wohin sie gehen sollten. Nun zu viert suchten sie sich einen anderen Weg nach oben zum Bootsdeck. Asgar und Abraxas waren mittlerweile in der Kabine angekommen und Asgar holte sich seine Reichtümer, die er in einer Manteltasche verstauen konnte aus dem Safe. So auch die Juwelenkette und alles Geld war darin war. „Ich werde meinem Glück ein wenig nachhelfen.“ meinte er zu seinem Kammerdiener. Der öffnete nur sein Jackett und präsentierte ihm einen Revolver, den er in der Innenseite an einem Holster. versteckt hielt. Asgar grinste und verschloss den Safe wieder. Die drei Freunde und Alaine liefen immer noch einen Gang entlang, der voller Passagiere war. Viele verschiedene Völker waren unter ihnen, die meist nicht die gemeine Zunge sprachen. Valnar griff einmal neben sich, wo eine wollene Decke lag, die niemandem zu gehören schien und wickelte Alaine darin ein, die ja nur in ihrem dünnen Kleid bei ihm war. In einem kleinen Treppenaufgang lief Valnar nach oben. Dort hatten sich nur ein paar Passagiere gesammelt, aber auch ihnen wurde gesagt, sie sollten zur Haupttreppe gehen. „Lassen Sie uns durch!“ rief Valnar von weitem. Aber auch er bekam die gleiche Antwort. Valnar ging nicht darauf ein und erwiderte nur, er solle das Gitter öffnen. Aber dieser Steward hatte nur einen und den selben Text. Valnar reichte es, er schrie den Mann auf der anderen Seite wütend an und schlug gegen das Gitter, das keinen Millimeter nachgab. Der junge Mann ging zurück in den Gang und entdeckte etwas, was das Gitter aufbekommen sollte. Eine Bank, die am Boden angeschraubt war würde es aufstemmen. Ghadar und Asmos halfen ihm dabei. Alaine, die ahnte was die drei vorhatten, bat die umstehenden zur Seite zu kommen. Zu dritt rissen sie die Bank aus ihrer Verankerung und wollten es wie einen Rammbock benutzen. Der Steward befahl ihnen zwar, die Bank wieder zurück zu stellen, doch das kümmerte die drei nicht mehr. Beim zweiten Versuch riss die Schiene auseinander und gab den Gang frei. Die Passagiere kletterten über die Bank hinweg, wobei der Steward immer noch herumschrie. Ghadar verpasste ihm eins auf die Nase und er sackte zu Boden. Die Panik übertrug sich nun auch auf das gesamte Schiff. Immer mehr Menschen versuchten auf die übrigen Boote zu kommen und teilweise konnten die Offiziere dies auch nicht unterbinden, das sich einige an die Boote hängten und alle Insassen beinahe hinausfielen. Einige wurden auch in schon frei hängende Boote geschubst, die dann mit Mühe hineingezogen werden mussten, da sie sonst ins Wasser fielen. Lightoller sah keine andere Möglichkeit mehr und zog seine Waffe und hielt sie den Passagieren vor die Brust. „Treten Sie zurück, oder ich erschieße Sie wie räudige Hunde! Sie bewahren Ruhe!Sie bewahren Ruhe, ist das klar?“ forderte er in einem ruhigen, aber bestimmten Ton. Dann befahl er einen Matrosen das Boot zu besetzen. Aber erst jetzt, wo die Passagiere seinen Rücken sahen, legte Lightoller erst Munition ein. Auf der anderen Seite sah es nicht anders aus. Dort versuchten einige über die unteren Decks noch auf ein Boot zu kommen, wurden aber mit den Rudern wieder zurück gedrängt. Asgar und Abraxas kamen da gerade hinzu. Sie suchten Morlon Murdoc, der auch Männer in die Boote ließ wenn keine Frauen mehr in der Nähe waren. Von unten kam lautes Geschrei. Ein Boot, das gerade dabei war ab gefiert zu werden, war über einem weiteren und kam dem nun bedrohlich nah. Der oberste Heizer, der Valnar und Alaine noch vor zwei Stunden verboten hatte, in die Kesselräume zu kommen, schnitt dem unteren Boot die Taue durch um schneller vom Schiff weg zu kommen und dem oberen Boot Platz zu machen. Von einer anderen Seite waren plötzlich Schüsse zu hören. Dort hatten einige versucht durch das Promenadendeck gerettet zu werden und einer der Offiziere gab Warnschüsse ab. Aus der Panik wurde Chaos. Morlon war nicht schwer zu übersehen, da er als erster Offizier besser gekleidet war, als alle anderen seiner Position. Er erkannte Asgar, der ihm natürlich sofort ein Angebot unterbreitete, das er ihm Zutritt zu einem Rettungsboot geben wird, wenn Asgar ihm dafür einen großzügigen Betrag an Geld geben würde. Endlich oben angekommen konnten sie nur noch Passagiere finden. Sie waren weiter hinten vom Schiff. Auf der Suche, kam Alaine ein bekanntes Gesicht entgegen. Der ältere Herr meinte, das es noch Rettungsboote weiter vorne vom Schiff gäbe. Sie dankte ihm, umfasste Valnars Hand und lief mit ihm, Asmos und Ghadar weiter nach vorn. sie liefen an den Musikanten vorbei die gerade den Auftakt für „Orpheus und die Unterwelt“. Ghadar fand das ganze lächerlich und meinte:, „Begleitmusik zum ersaufen. Jetzt weiß ich, das ich in der ersten Klasse bin!“ Gerade wurde eines der letzten Boote auf der Steuerbord- Seite ab gefiert und Asgar stand mit Erwartungshaltung da, darauf wartend, das Morlon ihn in das Boot ließ. Um seiner Bitte noch einmal Nachdruck zu verleihen, drückte er ihm ein ganzes Bündel Geldscheine in die Manteltasche. „Wir haben uns doch verstanden, Mr. Murdoc?“ Der sah in seine Manteltasche, sagte aber nichts. Auf der anderen Seite standen die vier anderen und warteten, das es vorwärts ging. Lightoller schoss dieses Mal selbst in die Luft um die panischen Leute zu warnen, nicht zu nah an das Boot zu kommen. Er brüllte immer wieder, das er nur Frauen und Kinder hinein ließ. Für Alaine bedeutete es, das sie bald in Sicherheit war, aber die drei Männer noch immer in Gefahr schwebten. Valnar bat, Ghadar und Asmos auf der anderen Seite nach zusehen, wie es dort aussah, während er mit Alaine hier wartete. Was sie nicht bemerkt hatten, dass Abraxas sie gefunden hatte und nun zu seinem Herren zurückging um Asgar davon zu unterrichten. „Ich habe sie gefunden, auf der anderen Seite. Sie wartet auf ein Boot. Mit ihm.“ Überraschend war es nicht für Asgar. Er hätte sich denken können, das sie Valnar suchen und retten würde, nachdem sie vor ihm weggelaufen war. Gerade da fragte Morlon ob noch Frauen und Kinder da seien, aber Mr. Ismay, der ebenso wartete verneinte. Also durften nun auch die Männer einsteigen. Abraxas bat Asgar mit einem Blick mit einzusteigen. Aber der war von der Entscheidung seiner Verlobten so überrascht, das er nur zusah, wie das Boot immer voller wurde. „Das kann doch wohl nicht wahr sein...“ murmelte er nur und ging nun zu der anderen Seite. Jinnai sah sich als letztes auf dem Deck um, ob auch niemand mehr da war und stieg dann als letztes ein. Es war ihm anzusehen, das er sich schämte. Und ob das die richtige Entscheidung war, wollte er sich nicht beantworten. Und so fierte Morlon Murdoc das Boot mit Jinnai Ismay, aber ohne Asgar ab. Alaine sah gerade einer kleinen Familie zu, die ihren Vater auf dem sinkenden Schiff zurücklassen musste. Die beiden Mädchen weinten, doch versprach ihr Vater ihnen, das sie sich bald wiedersehen würden. Da fasste Alaine einen Entschluss. Sie sah zu ihrem Liebsten. „Ich werde nicht ohne dich gehen.“ „Doch das wirst du, verstanden?“, widersprach Valnar ihr. „Steig in das Boot. Alaine.“ Aber das Bitten half nichts. Sie klammerte sich an ihn. „Ja, steig in das Boot Alaine.“ Die beiden sahen in das Gesicht von Asgar. Er war hier? Alaine war drauf und dran zu fliehen. Aber er schnaubte nur bei ihrer Gestalt. Eingewickelt in eine Wolldecke. Er nahm sie ihr ab und gab ihr seinen wärmenden Mantel. Wieder beschwor Valnar sie, doch sie wollte nicht ohne ihn sein, nicht nachdem er beinahe dort unten ertrunken wäre. Asgar seufzte und weihte die beiden in seinen Plan ein. „Ich habe ein Arrangement mit einem Offizier auf der anderen Seite getroffen. Valnar und ich kommen ohne Gefahr von Bord. Wir beide...“ Valnar sah ihn an. Asgar wollte, das sie ging. So würde sie wenigstens überleben. Doch galt das auch für Valnar? „Siehst du? Ich muss mein eigenes Boot kriegen. Also steig ein.“ Alaine nun von beiden überstimmt, stieg nun doch widerwillig ein, ließ aber Valnars Hand nicht los. Sie saß weit außen, das sie sich nicht mehr berühren konnten aber sie folgte seinem Gesicht als ihr Boot langsam runter sank. Es ruckte einmal und dann verschwand sie hinter der eisernen Wand. „Du bist ein guter Lügner...“ knurrte Asgar. Valnar konnte das nur erwidern. „Es... es gibt keine Abmachung, nicht wahr?“, „Doch die gibt es. Sie wird dir allerdings nicht viel nützen. Ich gewinne immer Valnar. So oder so.“ Alaine sah die beiden weinenden Mädchen an, wie sie an ihre Mutter geklammert ihrem Vater nachsahen. Er stand neben Asgar und ihm... Valnar. Valnar, wie er dort zu ihr runter sah. Das Gesicht versteinert wie zu einer Statue. Den Mann, den sie so kurz kannte und doch so viel gegeben hatte. Es schnürte ihr die Kehle zu, ohne ihn zu sein. Sie wollte nicht, NEIN! Kapitel 14: Der Diamant in Alaines ’s Tasche -------------------------------------------- Kapitel 14: Der Diamant in Alaines ’s Tasche NEIN! Das war es, was Alaine durch den Kopf ging, als sie Valnar dort stehen sah. Sie ging auf die andere Seite des Boots und sprang wieder zum Schiff hin, wo ihr ein paar Passagiere rüber halfen. Sie rappelte sich auf und rannte, sie rannte zurück zu ihm. Alle anderen Passagiere kamen ihr entgegen und sie drängte sich durch die Massen hindurch. Im Treppenaufgang dann lief sie Valnar dann in die Arme. Sie keuchte, weil sie so gelaufen war und weinte, da sie realisierte, das sie nicht mehr ohne ihn sein konnte. „Alaine! Du bist so dumm! Wieso hast du das gemacht, wieso?“ schrie er sie an. Auch er weinte. Sie küssten sich und hielten sich in den Armen. Alaine sah ihn an und umfasste sein Gesicht. „Wenn du springt, springe ich auch, richtig?“ fragte sie und da wurde es ihm klar. Es gab sie beide nur zusammen. Und sie wollte sein Schicksal teilen. Sie blieben in dieser ganzen Panik zusammen und würden das gemeinsam durchstehen. Asgar war ihnen gefolgt, war aber weiter oben stehen geblieben um sich das mit anzusehen. Er hatte zugesehen, wie sie wieder zurück gesprungen war und Valnar ihr entgegen. Alaine zeigte diesem jungen Mann mehr Zuneigung in dieser Geste als er jemals von ihr erhalten hatte. Wut kochte in ihm hoch. Diese verfluchte Alaine... Abraxas kam zu ihm und wollte ihn schon von den beiden wegziehen. Er ließ sich auch erst mitführen, dann fiel ihm aber ein, das Abraxas in seinem Jackett einen Revolver hatte. Diesen entriss er ihm und stürmte wieder zum Treppengeländer, wo Alaine und Valnar noch standen. Valnar sah noch wie Asgar um eine Säule herum auf sie zielte, als er schon Alaine und sich in Deckung brachte. Da fiel er erste Schuss und verfehlte die beiden nur um Haaresbreite und traf eine hölzerne Statue am Treppengeländer. Asgar rannte ihnen hinterher. Noch ein Schuss fiel. Die Verfolgung ging über mehrere Etagen hinab bis ins D- Deck wo der Speisesaal der zweiten Klasse schon bis zur Hüfte unter Wasser stand. Valnar zog Alaine immer noch hinter sich her. Es folgten noch zwei weitere Schüsse in das Wasser. Einer davon verfehlte Alaine nur knapp. Asgar wollte ihnen hinterher und feuerte noch zwei weitere Schüsse ab, bis die beiden hinter einer Wand verschwanden. Er folgte ihnen noch bis zu einer Säule und schoss noch zweimal. Da war dann die Revolvertrommel leer. Er schrie vor Wut als die beiden in seinem Sichtfeld verschwanden. Da dröhnte das Schiff gefährlich auf und er zog sich zur Treppe zurück, wo Abraxas auf ihn wartete. „Ich hoffe, ihr genießt eure gemeinsame Zeit!“, schrie er ihnen noch nach. Bei seinem Kammerdiener angekommen blickte er noch zurück und fing dann an zu lachen. „Was gibt es bitte jetzt noch zu lachen?“ fragte er, da das Verhalten Asgars ihm komisch vorkam. „Ich habe den Diamanten in den Mantel gesteckt... Und den Mantel hat sie jetzt an!“ Valnar und Alaine liefen eine weitere Treppe runter und lauschten. Keine Schüsse mehr. Außer das dröhnen des Schiffes war nichts mehr zu hören. Dann aber... Ein Kind schrie. Nicht weit von ihnen entfernt. Ein Junge schrie nach seinem Vater. Und das Wasser kam unerbittlich näher. Er war in einem Mantel gekleidet und das Wasser ging dem Knaben schon bis an den Mantelsaum. Rechts von dem Kind war eine verschlossene Tür, durch die das Wasser an den Ritzen vorbei schoss. Er war völlig verängstigt. Valnar sah zu Alaine, die sofort sagte:, „Wir müssen ihn mitnehmen.“ Valnar zögerte dann nicht mehr und zusammen liefen sie zu dem Jungen. Von allen Seiten, selbst vom oberen Deck floss das Wasser in diesen Gang. Sie mussten nun schnell sein und wieder nach oben kommen. Valnar packte den Jungen, der panisch aufschrie und weinte. Das Wasser drückte immer mehr gegen die Tür, sie würde bald nachgeben und in der Flut würden alle drei fortgeschwemmt werden. Alaine und Valnar machten sofort kehrt und liefen den Gang zurück zur Treppe von wo sie gekommen waren, aber von dort kam jetzt auch eine Flut herabgeschossen. So mussten sie wieder zurück als ihnen ein Mann aus einem Seitengang entgegen kam. Er sah sich panisch um und entdeckte dann die drei. Da kam er wütend auf sie losgestürmt. Sie verstanden ihn nicht, aber er beschimpfte sie wüst und nahm sich den Jungen wieder zurück. Dies war also der Vater. Hatte er nur nach einem sicheren Weg gesucht? Er schubste Valnar von sich und lief wieder zu der verschlossenen Tür. Die beiden wollten ihn noch warnen, das dort kein weiterkommen war, als die Tür krachend aufsprang und die gesamten Wassermassen sich in dem schmalen Gang ergossen und Vater und Sohn unter sich begruben. Sie wurden mit gerissen und Valnar und Alaine versuchten vor der Flut zu fliehen. Sie liefen in den Seitengang, aus dem der Vater gekommen war. Aber auch sie erreichte die Strömung und riss sie mit sich. Erst ein verschlossenes Gitter stoppte sie und drückte sie dagegen. Sie waren kurz vor einem Treppenaufgang und dorthin versuchten sie sich gegen das Wasser zu schwimmen indem sie sich an den Wänden festkrallten und heranzogen. Der Gang war binnen weniger Sekunden voll vom eisigen Wasser, das sie sich bald an den Rohren an der Decke festhalten konnten. Endlich geschafft stiegen sie sie Treppe hoch, doch auch dort war das Gitter verschlossen. Doch es gab hier nichts, was sie dafür nutzen konnten um das Gitter aufzustemmen. Und es lief die Zeit ab. Bald schon würden sie hier ertrinken. Sie schrien nach Hilfe. Und tatsächlich! Ein Steward rannte an ihnen vorbei, wollte auch schon weiter, doch als er Alaines flehenden Gesichtsausdruck sah, da griff er in seine Hosentasche und versuchte hektisch den richtigen Schlüssel zu finden. Das Wasser schwappte schon über die letzte Stufe und er wurde immer panischer, bis er den Schlüsselbund fallen ließ und dann doch fortrannte. Valnar tauchte nun unter und versuchte den Schlüsselbund durch das Gitter hindurch zu greifen. Er bekam es auch zu fassen und nun versuchte er selbst das Gitter zu öffnen. Er versuchte das Schloss unter Wasser zu ertasten und den Schlüssel hinein zustecken. Es dauerte lange und das Wasser reichte schon fast bis zur Decke. Da klickte es und er Durchgang war frei. In letzter Sekunde konnten beide hindurch tauchen. Alaine schwamm vor und fasste das Geländer der nächsten Treppe als sie sich umdrehte und Valnar nirgends sah. Sie schrie nach ihm. Da tauchte sein Kopf endlich wieder auf und er schwamm zu ihr. Schnell liefen sie die Treppe wieder hoch. Draußen versank nun das Deck unterhalb der Brücke in den Fluten. So viele Passagiere waren noch auf dem Schiff und es gab nur noch die Notboote, die weiter oben befestigt waren und erst runter gehoben werden mussten. Eines wurde gerade mit Rudern als Rampe runter gezogen. Es prallte auf dem Boden auf, war aber intakt. Murdoc rief, das das Boot an den Davids befestigt werden sollte um es seitlich am Schiff abfieren lassen zu können. Asgar, Asmos und Ghadar befanden sich unter den Passagieren, die auf dieses Boot warteten. Die beiden Freunde etwas weiter vorne, Asgar weiter hinten. Dieser hörte von der Seite ein weinen eines Kindes. Er sah neben sich und entdeckte ein kleines Mädchen ohne Mutter. Das kleine Ding war völlig verängstigt. Um so etwas musste er sich nicht kümmern. Wenn Murdoc sich an die Abmachung hielt, dann hätte er schon seinen Platz. Weiter vorne schrie Ghadar Murdoc an, das er ihnen wenigstens eine Chance zu überleben lassen könnte. Doch Morlon hielt ihm nur die Pistole vor die Brust und beobachtete in seinem Rücken, das das Notboot an den Tauen befestigt wurde. „Ich werde jeden erschießen, der es versucht, an mir vorbeizukommen!“ erwiderte er nur. Da drängte sich Asgar nach vorne zu Morlon und erinnerte ihn an seine Abmachung. Aber dem ersten Offizier war es das Geld nicht mehr wert, da es ihn genauso wenig retten würde wie auch Asgar. Daher warf er es Asgar ins Gesicht und zielte nun auf ihn. Überrumpelt von dieser Tat ging der wohlhabende junge Mann tatsächlich wieder zurück. In der Ablenkung versuchte ein Passagier über mehrere andere hinüber zu klettern, dem schoss Morlon dafür aber ins Bein und der Passagier fiel wie ein Kartoffelsack zu Boden. Ein anderer wollte es ihm gleichtun, verschätzte sich aber und trat Ghadar mitten in den Rücken, sodass er nach vorn taumelte. Da löste sich ein weiterer Schuss aus Murdoc´s Pistole und traf Ghadar... tödlich. Er fiel zu Boden und sofort verteilte sich das Blut über den Boden des Schiffs. Asmos versuchte ihn zu rütteln in der Hoffnung, er wäre nur schwer verletzt. Aber Ghadar regte sich nicht mehr. Unter Schock sah Morlon die beiden Freunde an. Er hatte gerade – wenn auch unabsichtlich einen Menschen getötet. Die Matrosen, die in unmittelbarer Nähe zu dem Geschehen standen, sahen kurz auf, aber ihre Pflicht war wichtiger. Sie versuchten immer noch das Boot an den Seilen zu befestigen. Dabei sahen sie nicht, wie Murdoc langsam an die Bordwand ging. Er sah zu einen seiner Kollegen, der seinen Blick erwiderte. Für ihn gab es jetzt nur noch eines zu tun. Er salutierte, legte seine Pistole an sie Schläfe und drückte ab. Er fiel sofort ins Wasser, wo er mit dem Gesicht nach unten fort trieb. Asgar, der das ganze mit angesehen hatte, machte kehrt zu dem Mädchen. Er nahm es in die Arme und durch die Finte eines Kindes und der Behauptung, er sei der einzige, den sie noch habe, durfte er durch die drängenden Passagiere hindurch. Endlich saß er in einem Rettungsboot und würde überleben. Kapitel 15: Unaufhaltsames Sinken --------------------------------- Kapitel 15: Unaufhaltsames Sinken Endlich waren Valnar und Alaine im Speiseraum der ersten Klasse angekommen. Das Laufen fiel immer schwerer, da das Schiff einen immer steileren Winkel annahm. Sie durchquerten den großen Raum doch dort am anderen Ende des Raumes stand noch eine Person. Ohne Rettungsweste. Er wollte sich anscheinend auch nicht retten lassen. Im vorbeilaufen sah Alaine ins Gesicht des Mannes. Es war Aaron Andrews. Sie löste sich aus Valnars Hand und ging auf den Konstrukteur der Lazalatin zu. Er sah völlig teilnahmslos auf die Uhr, die über dem wunderschönen Kamin befestigt war. Erst als Alaine ihn persönlich ansprach, sah er zu ihr. Die Uhr zeigte Zwei Uhr Zehn an. „Oh, Alaine...“, sie ging weiter auf ihn zu. „Wollen Sie denn nicht versuchen, sich zu retten?“, „Es tut mir Leid, das ich ihnen kein stabileres Schiff gebaut habe, kleine Alaine.“ Alaine erinnerte sich an das Gespräch, das sie noch am Vormittag geführt hatten. Das die Lazalatin das einzige Rettungsboot sei, das sie brauchten. Er hatte sie sehr ins Herz geschlossen. Valnar schaltete sich nun in das Gespräch ein. Sie mussten sich endlich beeilen, da das Schiff nun immer schneller sinken würde. Bevor Valnar sie mit sich ziehen konnte, gab Aaron ihr seine Rettungsweste, die neben ihm über einem Stuhl hing. Dies war als Abscheidsgeschenk gedacht. Er wünschte ihr noch viel Glück und sie erwiderte diese Geste, auch wenn sie ihm nichts mehr bringen würde. Zum Abscheid umarmte sie ihn noch einmal. Und dann liefen Valnar und Alaine weiter und ließen Aaron Andrews allein zurück. Im Treppenaufgang hatten sich die letzten Herrschaften versammelt. Ein Unteroffizier wollte noch die letzten Rettungswesten verteilen. Doch viele nahmen sie nicht mehr an, da sie als Gentleman sterben wollten. Einer rief ihm aber hinterher, das er doch gerne einen Brandy hätte. Der würde wenigstens von innen noch einmal alles erwärmen. Das zweite Notboot wurde runter gezogen, es fiel aber um und blieb auf der falschen Seite liegen. Die Matrosen unter Beobachtung vom Kapitän versuchten es wieder umzudrehen. Da sprach eine junge Frau mit ihrem kleinen Säugling im Arm den Kapitän an. Sie fragte, wohin sie gehen sollte. Aber was sollte er ihr Antworten? Es gab keinen Ort mehr wo sie hin konnte. Mit etwas Glück in das Boot doch woanders? Er konnte es ihr nicht sagen und verließ sie. Da kam ein Unteroffizier mit einer Rettungsweste zu ihm und wollte ihm die gaben. Aber auch ihm blieb er einer Antwort aus. Vincent ging in Richtung Steuerhaus, wo auch hier das Wasser bereits angekommen war. Da neben war der Raum der zur Kajüte des Kapitäns führte und in diesen schloss er sich nun ein. Die ganze Zeit über hatte das Orchester Musik gespielt. Aber nun sahen sie das Wasser auf sich zukommen und es war der Moment des Abscheids gekommen. Sie nahmen ihre Instrumente und wollten gehen, doch da fing der Violinist Wallace Hartley an, das Lied „Nearer my God to thee“ zu spielen. Und seine Kollegen kamen wieder zurück als sie ihn spielen hörten und stimmten mit ein. Und dies geschah, während sie diese traurige Melodie spielten: Vincent Smith stand im Hauptsteuerraum und umfasste das Steuerrad. So, als würde er zu dem Schiff Lebewohl sagen. Aaron Andrews sah auf seine Taschenuhr und stellte die Kaminuhr richtig. Neben ihm fiel ein Weinglas zu Boden und zerschellte. Das Brandyglas folgte kurz darauf. Das alte Ehepaar Ida und Isidor Straus, das sich nicht hatte trennen wollen, blieb zusammen. Sie lagen auf ihrem Bett als das Wasser in ihre Kabine hineinfloss. Aber Angst hatten sie keine. Sie waren zusammen und nur das zählte. Die Mutter mit ihren beiden Kindern, die in dem Gang es nicht geschafft hatten nach oben zu kommen, waren in ihrer Kabine. Sie erzählte ihnen ihre Lieblingsgeschichte. Die Bilder von Alaine schwammen im Wasser umher und würden mit dem Schiff untergehen. Asmos zitterte, als er das Wasser näher kommen sah und versuchte seinem toten Freund die Rettungsweste auszuziehen. Das Wasser erreichte nun das Notboot in dem Asgar mit dem kleinen Mädchen saß. Die Seile waren nun das Hindernis. Wenn das Schiff versank, dann würde es das Boot mit sich in die Tiefe reißen. Viele versuchten die dicken Taue zu durchschneiden. Aber es klappte nicht. Durch die Neigung des Schiffes und da schon Passagiere drinnen saßen, lief das Notboot voll. Asgar versuchte sich zu retten in dem er so weit es ging nach hinten zu bewegen. Im großen Treppenaufgang saß Mr. Guggenheim mit seinem Brandy und sah, wie das Wasser nun auf sich zukam. Panik stand in seinem Gesicht. Aber er verließ seinen Platz zusammen mit seinem Kammerdiener nicht. Immer mehr Passagiere stürzten in die Fluten, da andere sie beiseite drängten und sie keinen Halt mehr fanden. Das Orchester verstummte. Sie standen kurz davor, nun auch vom Wasser verschlungen zu werden. Sie hofften auf eine Rettung, doch diese würde für sie alle niemals passieren. Vincent stand am Steuerrad als er umringt von den Tonnen von Wasser in diesem Raum war. Das Glas gab dem Druck endlich nach. Es ging ganz schnell für ihn. Binnen weniger Sekunden füllte sich der Raum und Kapitän Vincent Smith ertrank dort, wo er hingehörte. Das Notboot mit Asgar darin kenterte und füllte sich mit Wasser. Er schaffte es aber, sich auf die nähst höhere Etage zu retten.Alle, die noch trockenen Boden unter den Füßen hatten, versuchten nun so weit nach hinten zu gelangen, wie es eben nur ging. Viele fielen von der Reling ins Wasser oder sprangen freiwillig. Doch dies hatte nur den Zweck, das sie schnell starben. Valnar und Alaine waren auch unter ihnen. Sie hatten es geschafft und liefen nun mit den Massen mit nach hinten zum Heck. Nun galt es nur noch so lange wie möglich auf dem Schiff zu bleiben um nicht runterzufallen und auf der Wasseroberfläche aufzuschlagen. Die große Treppe wurde nun auch überflutet und die Menschen, die sich dort befanden, hielten sich an allem möglichen fest um nicht unterzugehen. Sie schrien verzweifelt um Hilfe, die niemand mehr erhören würde. Das Schiff dröhnte immer lauter unter dem Gewicht, das es jetzt in die Höhe hob. Fensterscheiben brachen ein und zogen Passagiere wieder ins innere der Treppenaufgänge. Asmos, der auch drohte eingesaugt zu werden, konnte sich aber noch am Rand des nächsten Stockwerkes festhalten und hochziehen. So entkam er dem Sog und schwamm in Richtung des Notbootes. Dort versuchten die im Wasser schwimmenden Leute sich hineinzuretten, aber die, die in dem Boot waren, stießen sie mit den Rudern immer wieder fort. Erst gab es einen peitschenden Knall. Die Haltedrähte, die den Schornstein an Ort und Stelle hielten gaben nun auch nach und das eiserne Rohr aus dem der Schornstein bestand, begann fragil zu werden. Er knickte langsam ein und das Wasser floss nun auf die Turbinen im Innenraum des Schiffes. Als es dann aber einen lauten Knall gab, sah Asmos hinter sich und der Schornstein, der eben noch fest gewesen war, fiel genau in seine Richtung. Viele Menschen wurden von der Wucht des aufpralls sofort getötet. So auch Asmos. Der Schornstein verursachte zu beiden Seiten eine große Welle, die beinahe umstehende Boote drohte umzuwerfen. Ganz hinten drängten sich nun hunderte von Passagieren. Valnar und Alaine drängten sich durch sie hindurch, als aufeinmal der Strom ausfiel und die Szene in weißes Mondlicht tauchte. Die Leute schrien in Panik auf, da wurde es aber wieder hell und das Drängen wurde stärker. Valnar zog Alaine vor sich, um sie nicht zu verlieren und ließ sie eine Treppe hochgehen. Ein Passagier vor ihnen betete das „Vater unser“ aber Valnar hatte keine Zeit dafür. Er schob ihn beiseite und lief weiter nach hinten. Im Treppenaufgang stand nun alles unter Wasser. Raron Jacob Astor stand ganz oben und die Panik stand ihm im Gesicht geschrieben. Es grollte kurz und da brach die gläserne Kuppel auseinander und es strömte nun auch das Wasser von oben hinein. Auch in den Kabinen der ersten Klasse sprengten nun die Türen auseinander. Das Porzellan fiel aus den Regalen und zerschellte auf dem Boden. Und die riesigen Schiffsschrauben tauchten auch aus dem Wasser hervor. Das Ende stand nun kurz bevor... Kapitel 16: Eisiges Schweigen ----------------------------- Kapitel 16: Eisiges Schweigen Die drei Schiffsschrauben, die jeweils so groß waren wie eine Kirche, traten aus dem Wasser hervor. Davor schwammen einige Menschen und ein einziges Boot versuchte so schnell wie möglich von dort weg zu rudern. Sie hatten eine böse Vorahnung. Denn lange würde das Schiff dem Druck nicht mehr standhalten, da das meiste Gewicht am hinteren Ende des Schiffes war. Vorn Am Bug war alles voller Wasser, aber das war nichts im Vergleich zu dem Gewicht, das die Motoren aufbrachten, die sichalle am Heck des Schiffes befanden. Die Passagiere, die noch lebten und sich auf dem Schiff befanden, waren hinten am Heck, viele sprangen ihrer Meinung nach ins rettende Wasser. Aber sie vergaßen die Höhe, die das Heck im Vergleich gewonnen hatte als das Schiff noch intakt war. Sie kamen alle platschend auf der Wasseroberfläche auf und starben auf Grund der Höhe, oder die, die unglücklich sprangen, schlugen auf die Schiffsschrauben auf und fanden dort ihr Ende. Andere konnten sich nirgendswo mehr festhalten und rutschten den Boden entlang zurück bis sie an eine Wand gedrückt liegen blieben. Immer wieder erlosch das Licht und lief wieder an während das Heck immer steiler in den Himmel ragte. Aber Valnar kämpfte sich mit Alaine weiter nach oben. Sie sahen viele, die von den Seiten her runtersprangen und eine Fontäne von Wasser aufspritzten. Dann erklang die Stimme eines Mannes, gekleidet in der eines Priesters und die um ihn versammelten Leute klammerten sich an allem was am Schiff fest verschraubt war oder an ihre Lieben. Er sprach ein Gebet für die Abbitte und letzte Segnung, denn es würde nun unweigerlich zum Ende kommen und diese Menschen würden ohne die letzte Ölung nie das Himmelreich erreichen. Endlich, als die Schiffsschraufen mehrere Meter aus dem Wasser herausragten, erreichten Valnar und Alaine die Reling am Ende des Schiffes, wo sich viele daran klammerten. Der junge Mann hielt seine Liebste fest an sich damit er sie nicht verlor. Alaine sah zur Seite und entdeckte eine junge Frau mit blonden, gelockten Haaren. Sie sah zu ihr zurück und sie erkannten sich. Dies war das Mädchen, mit dem Asmos am Abend zuvor noch getanzt hatte. Dann sah Alaine wieder zu Valnar und erkannte, wo sie waren. „Valnar... hier sind wir uns zum ersten Mal begegnet.“, sagte sie und ihre Stimme klang an diesem Abend nachdem der Eisberg die Lazalatin gerammt hatte, wieder glücklich. Der junge Mann sah sie an, küsste ihre Stirn und hielt sie noch dichter an sich. Wer jetzt keinen Halt mehr gefunden hatte, stürzte nur noch in die Tiefe. Der Winkel war nun so steil, das gehen unmöglich war. Sämtliches Mobiliar, das nicht fest verschraubt war, fiel zu Boden und rutschte gen Wasser. Der zweite Schornstein war von seiner Halterung gerissen. Die, die sich an der Reling festhielten, kletterten nun auf die andere Seite um sich so besser abstützen zu können. Alaines Mutter und Nyria Brown, die in sicherer Entfernung dem ganzen zusahen, sagten kein Wort mehr. Aysha wusste, ihre Tochter kämpfte dort noch ums Überleben. Sie hörten die Schreie und das Ächzen des Schiffes, der bis zur Mitte im Meer verschwunden war. Jinnay Ismay wandte sich dem ganzen ab. Alle anderen in den Booten schwiegen, sie alle waren gefangen von dem Martyrium, das dort vor ihren Augen lief. Einige weinten, da ihre Angehörigen nicht bei ihnen oder noch dort auf dem Schiff waren. Im inneren des Schiffes im Maschinenraum waren die letzten Helden der Lazalatin. Sie hatten bis jetzt den Strom aufrecht erhalten, doch durch den steilen Winkel war das arbeiten schier unmöglich geworden. Immer wieder gab es Kurzschlüsse, die das Flackern begründeten. Als einer der Arbeiter einen Schalter umlegen wollte um weitere Kurzschlüsse zu verhindern, sprang der Funke über und alle Hebel fielen auf die AUS Position. Und mit einem Mal war die Lazalatin in finsterste Nacht gehüllt. Der Aufschrei war immens, so auch das dröhnen, das das Schiff nun von sich gab. Die Seitenwände bogen sich unter der Last nach außen. Die Holzplanken zerspranken knallend. Das Heck konnte dem Gewicht nicht mehr länger standhalten und bog sich wieder nach unten, währen der vordere Teil weiterhin nach unten zeigte. Teile der Schiffswand zerbarsten und flogen im weiten Bogen davon. Genau an der Stelle, an der das Schiff nun sich teilte, war Abraxas Lovejoy, der, mit einer Platzwunde am Kopf, sich an der Schiffswand festhielt. Die Stockwerke unter ihm gaben nach und die Lazalatin zerriss es in zwei Teile. Die Leute nebst Abraxas fielen in den Spalt. Das gesamte Heck, raste wieder auf die Wasseroberfläche zu und begrub hunderte von Menschen unter sich. Dabei verursachte es eine gewaltige Welle zu beiden Seiten. Es war schwer, sich irgendwo festzuhalten bei dem Tempo, bei dem das Heck auf dem Wasser aufkam. Die beiden letzten Schornsteine brachen auseinander. Durch den Spalt lief nun noch schneller das Wasser hinein und der Bug schien noch am Boden des Schiffes mit dem Heck verbunden zu sein, denn jetzt zog der vordere Teil das Heck wieder in die Vertiale zurück, nur jetzt noch viel schneller und steiler. Valnar kletterte jetzt auch auf die andere Seite der Reling und zog Alaine mit sich. Es wäre einfacher sich auf das Geländer zu knien als sich dort festzuhalten. Immer mehr Menschen konnten sich nicht mehr halten und fielen von Bord. Jetzt ragte das Heck senkrecht in die Höhe wie ein Korken im Wasser. Erst passierte nichts und es herrschte eine gespenstische Stille. Das junge Mädchen neben Alaine hing an der Reling, konnte sich dann aber nicht mehr halten und fiel schreiend in die Tiefe, wie so viele andere mit ihr. Einige spürten den Aufprall auf das Wasser nicht mehr, sie prallten gegen Wände oder Geländer und starben bevor sie das eiskalte Wasser berührten. Es waren nicht viele, die wie Alaine und Valnar auf dem Geländer knieten und sich in eine sichere Position gerettet hatten. Nach dieser Stille krachte es kurz. Der Boden, der die beiden Teile des Schiffes noch miteinander noch verbunden hatte, war auch gebrochen. Und man konne merken, wie nun die letzten Sekunden angebrochen waren. Das letzte Stück der Lazalatin lief nun von unten her voll. Es war ein orenbetäubendes Dröhnen und Krachen. „Es ist soweit!“, schrie Valnar neben der Rothaarigen. Jetzt schrie die Angst in Alaine lauter denn je. Aber Valnar wusste, was er und Alaine tun mussten um zu überleben. „Das Schiff wird uns nach unten ziehen. Hol tief Luft, wenn ich es dir sage. Schwimm nach oben so schnell du kannst. Und lass nicht meine Hand los.“ Alaine nickte nur noch. Sie klammerte sich an seine Hand und an seine Worte. „Wir werden es schaffen, Alaine. Vetrau mir.“, rief er und sie erwiderte dies. Jetzt waren es nur noch Sekunden und kurz bevor das Wasser sie erreichte, holten beide tief Luft. Und dann... Dann versank die Lazalatin. Der Sog, der sie nach unten zog war unglaublich. Valnar hielt sich an ihrer Hand fest so gut es ging. Aber eine große Menge von Luft und der Sog, die aus dem in der Tiefe verschwindenen Heck aufkamen, trennte sie beide so plötzlich. Alaine griff nur in die Luftblasen und versuchte wieder nach oben zu kommen. Valnar hingegen wurde in die Tiefe hinab gezogen. Als Alaine an der Oberfläche ankam und den ersten Atemzug tat, hörte sie nichts als Hilfeschreie um sich herum. Es waren mehrere hundert Leute um sie herum Lebende wie Leichen, die durch ihre Rettungswesten an der Oberfläche trieben. Sie versuchten sich an Stühlen, Fässern, Türen oder sonstigen das an der Oberfläche tireb oben zuhalten und es entfachten vermehrt Kämpfe um diese kostbaren Dinge. Sie rief nach Valnar, aber er war nirgends zu sehen. Alaine konnte nicht so einfach um diese panischen Menschen herum bleiben. Sie würde eher erfrieren als das sie Valnar finden würde und so begann sie ihn zu suchen. Ein etwas älterer Mann, der japsend im Wasser schwamm ergriff sie, und drückte Alaine nach unten, da er anscheinend dachte, sie sei ein Fass oder so etwas. Ohne Vorwarnung wurde sie nach unten gedrückt und sie bekam auch keine Luft mehr. Sie versuchte diesen Mann von sich zu stoßen, aber er war in seiner Angst zu ertrinken zu kraftvoll als das sie es aus eigener Kraft schaffen würde. Alaine schrie nach Valnar und zum Glück fand er sie auch. Er prügelte auf den panischen Mann ein, bis er sie endlich loslies. Dann ergriff er seine Liebste und befahl ihr zu schwimmen. Mit einer Hand an ihrer Retungsweste und mit der anderen rudernd kamen sie vorwärts. Alaine trat mit ihren Füßen das Wasser von sich. Sie mussten aus der Masse der Menschen raus, dort würden sie den sicheren Tod finden. In einiger Entfernung fand Valnar, was er gesucht hatte. Eine große hölzerne, verzierte Tür, die auf dem Wasser schwamm. Alaine krabbelte kraftlos darauf und Valnar tat es ihr gleich. Beinahe drohte die Tür zu kippen, aber beide konnten ihr Gewicht so verlagern, das sie trotzdem darauf liegen konnten. Die schreie der Leute war aus der Entfernung nicht mehr so laut und verebbte nach einer Weile. Beide zitterten wie Espenlaub. Neben ihnen trieb ein Offizier im Wasser, der sich an einen Holzliegestuhl festhielt. Er hatte eine Trillerpfeiffe im Mund mit dem er versuchte die Überlebenden in den Booten auf sich aufmerksam zu machen. „Die Boote werden zurück kommen. Wir müssen nur ein wenig Geduld haben.“ murmelte Valnar leise. Seine Stimme zitterte aufgrund der Kälte. In dem Boot in dem Aysha und Nyria saßen entfachte eine Diskussion zurück zu fahren und so viele Überlebende zu retten, wie möglich. Es war genug Platz und wenn man ein Boot voll besetzen würde, könnte man die gleiche Menge auch noch aus dem Wasser holen. Das war die Meinung von Nyria. Dem hielt der Offizier entgegen, das die Leute im Wasser sich panisch auf das Boot stürzen würde und das es sinken würde. Nyria hörte die verzweifelten Schreie derer, die noch eine Chance hatten. Sie wollte helfen. „Ich kann euch einfach nicht verstehen. Was ist bloß mit euch los? Das sind eure Männer dort draußen!“ viele Frauen fingen an bitterlich zu weinen. „Wir haben hier im Boot noch eine Menge Platz!“ rief sie. Aber der Offizier hatte endgültig genug von ihr. „Es wird noch ein Platz mehr sein, wenn sie nicht endlich ihren Mund halten!“ grollte er. Nyria setzte sich wieder. Neben ihr saß Aysha und hielt sich die Ohren zu um die Schreie nicht mehr hören zu müssen. Drei andere Boote hingegen hatten genau diesen Einfall. Sie banden zwei Boote zusammen und baten ein Boot komplett zu räumen und sich auf die anderen beiden zu verteilen. Sobald das geschafft war, würden sie zurück fahren und soviele retten wie möglich. Nach einer weile wurde es tatsächlich still. So still wie der Ozean immer war. Auch der Offizier mit der Pfeiffe war inzwischen verstummt. „Es wird leise....“ murmelte Alaine erschöpft. In ihrem Haar hatten sich kleine Eisbrocken gebildet. Valnar neben ihr versuchte sie zu wärmen. „Die... brauchen bestimmt noch ne weile um das mit den Booten zu organisieren. Ich weiß nicht wie du darüber denkst, aber ich werde der White Star Line über diese Ereignisse einen gepfefferten Brief schreiben.“ über diesen Witz konnte die junge Frau nicht mehr lachen. Sie umklammerte seine Hand. „Ich liebe dich Valnar...“ murmelte sie. Es klang fast wie ein Abschied. „Hey, lass das sein. Fang nicht an, dich zu verabschieden. Noch nicht, hast du mich verstanden?“, „Mir ist so kalt...“ hauchte sie leise. Valnar schlang seine Arme um sie. „Hör zu Alaine... du wirst gerettet. Du wirst weiterleben. Du wirst später einen Haufen Babies bekommen. Du wirst sie aufwachsen sehen und du wirst als alte Frau friedlich in deinem Bett sterben. Nicht hier... nicht heute Nacht. Nicht so, hast du mich verstanden?“ , „Ich spüre meinen Körper nicht mehr...“, sagte sie und fing an langsam einzuschlafen. Doch Valnar hielt sie wach. „Diese Fahrkarte zu gewinnen, war das beste, was mir je passiert ist. Sie hat mich zu dir gebracht. Und dafür bin ich sehr dankbar, Alaine. Sehr dankbar.“ Beide lächelten sich an und hielten sich fest in den Armen. Kapitel 17: Nearer my God to thee --------------------------------- Kapitel 17: Nearer my God to thee Offizier Harold Lowe saß ganz vorne im Boot und hielt eine Lampe nach vorn. Vor ihm war ein Meer aus Leichen, Sonnenliegen, Fässern und allem andern, das möglich war auf der Wasseroberfläche zu treiben. Sie alle waren erfroren und voller Eis im Gesicht. Wie Schaufensterpuppen sahen sie aus, die reglos im Wasser trieben. Bevor sie einen der Leichen noch ein Leid antaten, zogen sie die Ruder ein. Ein weiterer Bootsmann leuchtete mit einer weiteren Taschenlampe in dieses Leichenmeer hinein. Es herrschte gespenstische Stille. Mit einem Ruder wollte Harold Lowe überprüfen, ob noch irgendjemand lebte. Aber sie sahen in leblose Augen. Vorsichtig fuhren sie hindurch und versuchten die Leichen beiseite zu schieben. Lowe rief in die Stille hinein, ob noch jemand lebte. Aber auch hier gab es keine Reaktion. Sie waren zu spät gekommen, zu lange hatten sie gewartet. Junge Frauen mit ihren Babys im Arm, Männer, Kinder, Alte... sie alle waren gestorben. Doch wollte der Offizier nicht aufgeben. Etwas abseits von dem Rettungsboot lag Alaine auf der Tür, neben ihr Valnar. Es war alles um sie herum verstummt. Alaine fühlte noch sacht den Puls ihres Liebsten. Er lebte noch, aber wenn nicht bald Rettung käme, wären sie beide verloren. Sie beide waren von Eisbrocken bedeckt, doch die Kälte fühlten sie nicht mehr. Der Tod war ihnen nun ein willkommener Gast. Um sich wach zu halten, sag sie das Lied, das Valnar ihr vorgesungen hatte, als sie beide am Bug der Lazalatin gestanden hatten und sie sich klar geworden war, das sie diesen Mann über alles liebte. Aber da, plötzlich, in ihrem Augenwinkel sah sie ein grelles Licht die Dunkelheit durchbrechen. War es der sagenumwogene Ende des Tunnels an dem der Tod sie erwartete? Von dort kamen auch Rufe, die sie nicht ganz wahrnehmen konnte. Alaine drehte den Kopf vollends zur Seite und wurde von einem sich bewegenden Lich geblendet. Da erkannte sie, was das war. Ein Boot! Ein Rettunngsboot! Sie drückte Valnars Hand, der schwach seinen Kopf hob. Er war so geschwächt, das er sie nur ansehen konnte. „Valnar... da ist ein Boot... wir... sind gerettet...“ hauchte sie. Der junge Mann blinzelte. Das Boot glitt langsam in einiger Entfernung an ihnen vorbei, ohne Notiz von ihnen zu nehmen. Alaine entschloss sich, den Faden, der so nah war zu ergreifen und ihr Leben und das ihres Liebsten zu retten. Sie küsste ihn. „Ich werde auch dich retten...“ hauchte sie und rollte von der Tür. Nur zwei Meter weiter, aber für sie, die abgekämpft war, trieb der Matrose mit der Trillerpfeiffe. Sie kämpfte sich zu ihm und nahm aus seinen gefrorenen Fingern die Pfeiffe und bließ so kräftig wie möglich hinein. Das Pfeiffen hörten die Männer in dem Boot und suchten mit ihren Taschenlampen die Stelle ab, von der es kam. Und da sahen sie Alaine, die sich an den Liegestuhl klammerte. Sie bließ so lange in die Pfeiffe, bis sie sicher war, das sie sie gefunden hatten. So schnell sie konnten runderten sie zurück zu ihr und holten sie hoch. „D- dort!“ rief sie und zeigte auf die Tür auf der noch immer Valnar lag. „Er- mein... Mann... er... lebt!“ bibberte sie als ihr sofort mehrere Decken umgeschlungen wurden. Kurzerhand holten sie auch Valnar ins Boot, der wirklich auf der Schwelle des Todes war. Sofort hüllten auch sie ihn in warme Decken und Alaine vergoss viele Tränen als sie Valnar endlich wieder bei sich hatte. In dieser Rettungsaktion wurden insgesamt 6 Passagiere gerettet. Valnar und Alaine mitinbegriffen. Doch 1500 Menschen konnten nicht gerettet werden. Die übrigen 700 in den Booten konnten nun nurnoch warten. Auf den Tod, auf das weiterleben, auf eine Absolution, diese wurde aber nie erteilt. Alaine schlief , eingehüllt in den Decken mit Valnar, bis am nächsten Morgen die Sonne kühl und klar aufging. Sie setzte sich vorsichtig auf und sah zu Valnar, der bleich neben ihr sanft seine Brust hob und senkte. Wieder liefen Tränen über ihre Wangen. Sie hatten überlebt. Sie beide. Da ragte auf einmal ein großer Schatten über ihnen auf. Ein Schiff war tatsächlich zurück gekommen und hatte sie durch Leuchtfeuer gefunden. Die ersten Rettungsboote waren bereits leer und die Überlebenden an Bord gebracht, wo ihnen Essen, Trinken, Decken und ein Platz zum Schlafen gegeben wurde. Valnar kam sofort in die Bordklinik, wo er warmgehalten wurde. Alaine wurde es fürs erste erlaubt, bei ihm zu bleiben. Die Schwestern meinten, er würde am Abend wieder entlassen werden. Er war dem Tod schon von der Schippe gesprungen. Erleichert ging Alaine dann an Deck und hing ihren eigenen Gedanken nach. Sie hatte heute viele gesehen, die nach ihren Angehörigen gesucht hatten und viele hatten sie angesehen, aber nun kam jemand, den Alaine nie wieder sehen wollte. Asgar ging auf dem Deck herum und ging ganz nahe an ihr vorbei. Sie hatte ihre Wolldecke über ihre Haare gezogen, um nicht sofort an ihren Haaren erkannt zu werden. Als er ihr den Rücken zuwandte, schaute sie zu ihm. Alaine war sich sicher, das er nach ihr suchte. Sollte er doch denken, sie sei mit untergegangen. Die Rothaarige hatte bereits mit ihm gebrochen, so auch mit ihrer Familie. Es sollte auch das letzte Mal sein, an dem sie ihn sehen würde. Asgar heiratete und bekam sein Vermögen. Doch wenige Jahre später brachte er sich selbst um, als all sein Geld nichts mehr wert war. Nach ein paar Tagen, mitten in der Nacht fuhr das Schiff in den Hafen ein, der kurz vor Klennar war. Sie waren endlich dort angekommen, wo sie hingemusst hatte. Es regnete, doch stand Alaine an Deck. Ihre Hand umfasste die von Valnar, der genesen sollte, wollte es sich aber nicht nehmen, mit ihr in den Hafen einzufahren. So wie Alaine es ihm gesagt hatte. Sie würden gemeinsam von Bord gehen. Ein Matrose kam zu ihnen und fragte nach ihren Namen. „Valnar Dawson.“ sagte er ihm und der Matrose schrieb ihn auf. Dann sah er zu Alaine. „Alaine Dawson.“ antwortete sie ihm. Valnar sah sie überrascht an, doch in ihrem Blick war so viel selbstverständlichkeit, als hätte sie schon immer so geheißen. Der Mann notierte auch ihren Namen und vermerkte, das sie verheiratet seien und ging dann wieder davon. „Aber... du...“ meinte er. „Was? Ich bin Alaine Dawson. Ich war nie eine andere.“ meinte sie ruhig und sah wieder hinaus, auf die entfernten Lichter von Klennar. Valnar drückte ihre Hand. Die Jahre zogen dahin und Valnar zeigte Alaine all das, was sie sich auf der Lazalatin versprochen hatten. Sie lebten ein Leben ohne Sorgen, zwar ohne viel Geld, aber was bedeutete das, wenn man einander hatte? Und doch... ein Geheimnis hatte Alaine vor Valnar. Eines, das sie erst viele, viele Jahre später, als sie mit ihren Enkeln in ihre Heimat nach Asran fuhren, lüften wollte. Alaine führte Valnar an der Hand an das Heck des Schiffes. Sie befanden sich auf hoher See. Es war mitten in der Nacht und der Himmel war so klar wie damals zu jener Nacht. „Alaine... was willst du hier, mitten in der Nacht?“, fragte er. Aber Alaine gab keine Antwort. Sie lächelte nur. „Ich muss etwas zurück geben, das ich einst genommen habe.“ meinte sie und holte aus einer Tasche ihres Kleides eine silberne Kette hervor, an der ein blau funkelnder Diamant hang. Valnar erkannte sie und machte große Augen. „Ist das...“, „Ja... das ist der Diamant, den du damals mit mir gezeichnet hast. Das Ebenbild davon ruht nun seit vielen Jahren auf dem Grund des Meeres. Es wird Zeit, das ich das Original zurückgebe.“, meinte sie und streckte den Arm aus, an der die Kette hing. „Bist du dir sicher? Ich meine... er ist so wertvoll...“, wandt Valnar ein. „Liebster... wir führten ein glückliches Leben. Ich habe mir nie ein anderes gewünscht.“ Und mit diesen Worten ließ sie die Kette fallen und verschwand im schwarz des Meeres. Alaine atmete einmal tief durch. Nun war sie endlich – endgültig - frei. ~Ende~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)