In den Fängen eines Vampirs von Severinam (Gefangene der Emotionen) ================================================================================ Kapitel 9: Verstand und Gefühl ------------------------------ Hallo Leute einen ganz lieben Dank für eure vielen Kommis. Ich hoffe mal ihr habt wieder so viel spass mit dem neuen Kap das Sandfrauchen diesmal geschrieben hat.^^ gruß S. ******** Eine sanfte Berührung an der Schulter wecke Liliane aus dem angenehmen Schlaf, in den sie gefallen war. Sie öffnete träge die Augen und sah, dass Alain vor der geöffneten Beifahrertür des Sportwagens stand. „Wir sind wieder zu Hause, Lily.“ Zu Hause. Sie nickte und stieg aus. An Alains Seite betrat sie das grosse Haus. Sie sah ihn an, und er erwiderte ihren Blick lächelnd. Trotzdem hatte sie das Gefühl, dass ihr 'Adonis' angespannter war als noch zuvor, als sie in die Stadt gefahren waren. Sie vermutete stark, dass es mit dem Zusammentreffen mit André zu tun hatte. Niclas betrat die Eingangshalle, kaum das Alain die Haustür hinter ihnen wieder geschlossen hatte. Er nahm Liliane den Mantel ab und hängte ihn an die Garderobe. Liliane achtete kaum darauf; sie sah Alain an, der sich ihr zugewandt hatte: „Lily, du wirst dir den Rest des Nachmittags bestimmt in der Bibliothek vertreiben können? Ich habe noch einige wichtige Telefonate zu erledigen ...“ Er sah sie fragend an, und sie nickte rasch. Es kam ihr gerade recht; sie wollte alleine sein, sie wollte nachdenken ... „Ja, kein Problem“, antwortete sie. Alain lächelte kurz und küsste sie sanft auf die Wange, bevor er sich abwandte und den Flur entlang ging, an dessen Ende sein Arbeitszimmer lag. „Sie gehen in die Bibliothek, Miss?“, fragte Niclas nach, als Alain gegangen war. „Ja“, sie nickte. „Aber ich kann auch alleine...“ Sie brach ab, als der Butler ihr einen Blick zuwarf, der aussagte, dass er sie nicht unbeaufsichtigt lassen würde. Seufzend ging sie Richtung Bibliothek, sich bewusst, dass Niclas ihr einmal mehr folgte. Als könne ich flüchten ... Ich hätte doch ohnehin keine Chance, dachte sie bitter und war im nächsten Moment überrascht von ihrem eigenen Überlegungen. Sie hatte lange nicht mehr an Flucht gedacht, seit Wochen nicht mehr. Um zur Bibliothek zu gelangen, musste sie an Alains Arbeitszimmer vorbeigehen, und als sie die nur angelehnte Tür passierte, hörte sie seine Worte. Er sprach mit etwas erhobener Stimme; er klang wütend ... „Rosamunde, ich weiss nicht, was du bei dem Jungen falsch gemacht hast, aber... Hör mir doch erst einmal zu!“ Ohne dass sie es richtig bemerkt hatte, war sie stehen geblieben. Erst als Niclas ihren Arm ergriff und sie sanft weiterschob, richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Flur. „Der Master wird Sie über seine Telefonate in Kenntnis setzen, wenn er möchte, dass Sie darüber Bescheid wissen, Miss“, erklärte der Butler bestimmt. Liliane ging weiter, ohne ihm eine Antwort zu geben, und betrat die Bibliothek. Sofort begann sie, zwischen den Regalen umher zu schlendern. Sie hätte gerne weiter zugehört, was Alain der Mutter seines Sohnes zu sagen hatte ... Die Begegnung mit André hatte sie sehr nachdenklich gestimmt. Sie hatte ihr wieder bewusst gemacht, dass sie die Gefangene von Alain war, nicht mehr. Er mochte ihr Freiheiten geben; sie konnte spazieren gehen ... doch sie blieb trotzdem seine Gefangene. Sie durfte nicht vergessen, dass er sie gefangen hielt, dass er es war, der sie einsperrte. Sie blieb bei einem Regal stehen und warf einen Blick aus dem nächstgelegenen Fenster. Freiheit. Sie schüttelte den Kopf. Ihr Blick glitt flüchtig über die Buchrücken. Sie hielt inne und besah sich einige der Bücher genauer. Jane Austen. Alain war im Besitz aller Jane Austen-Romane. Sie lächelte und fuhr mit ihren Fingern über die Einbände der Bücher. Sie erinnerten sie an ihre Jugendzeit. Sie hatte die Romane immer sehr gerne gelesen. Sie zögerte und nahm dann 'Verstand und Gefühl' aus dem Regal und machte es sich damit auf dem Sofa gemütlich. Sie begann zu lesen, doch ihre Gedanken glitten immer wieder zu Alain ab. Sie schlug das Buch zu, den Finger als Lesezeichen zwischen die Seiten geklemmt. Sie sah Niclas an, der ihren Blick erwiderte, freundlich aber desinteressiert. Sie seufzte leise. „Woher kennen Sie Alain?“, versuchte sie es mit Smalltalk, ahnend, dass sich der Butler nicht darauf einlassen würde. Tatsächlich schüttelte er nur den Kopf. „Miss, ich bin damit beauftragt, Sie zu beaufsichtigen. Gespräche jeglicher Art gehören nicht zu meiner Aufgabe.“ Frustriert senkte sie den Blick und versuchte wieder, sich auf Jane Austens Zeilen zu konzentrieren ... doch erneut scheiterte sie an den Gedanken an ihren 'Adonis'. Der Fernseher lief an diesem Abend, doch weder Liliane noch Alain konzentrierten sich wirklich darauf. Während Alain in die Zeitung vertieft war, hatte Liliane 'Verstand und Gefühl' aus der Bibliothek mitgenommen. Alain hatte lächelnd einen Blick auf den Titel des Buches geworfen und sie dann in Ruhe gelassen – vielleicht hatte er gespürt, dass sie in Gedanken war. Noch immer schaffte sie es nicht, einzig und allein den Worten zu folgen, zumal sie jetzt direkt neben dem Mann sass, der sie so beschäftigte ... Er hatte es wieder geschafft, automatisch eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, doch sie fragte sich trotzdem, was er in ihr eigentlich sah. War sie nur Nahrung für ihn? „Lily, worüber denkst du nach?“ Sie hob den Blick von dem Buch und sah Alain fragend an. „Was meinst du?“ Er lachte kurz. Sein Lachen war angenehm ... doch sie verdrängte diesen Gedanken sofort. Er hält mich gefangen. Sie durfte das wirklich nicht vergessen ... „Ach, Lily, du hast seit bestimmt zehn Minuten die Seite nicht umgeblättert ...“, erklärte er seine Frage. Sein Blick hatte etwas beinahe Besorgtes. „Ich...“ Sie brach ab und dachte kurz darüber nach, ob sie ihm wirklich sagen sollte, woran sie dachte. Schliesslich antwortete sie ihm: „Ich ... möchte offen reden. Du... Ich bin deine Gefangene! Du... du hast mir einfach meine Freiheit genommen. Ich... ich kann jetzt doch nicht einfach...“ Sie brach ab und schüttelte den Kopf. Sie wusste nicht, wie sie das, was sie dachte und fühlte, hätte formulieren können und hoffte, dass Alain verstand, was sie meinte. Er seufzte und legte die Zeitung beiseite. „Hör mir zu, Liliane ... Ich habe dir schon einmal gesagt, dass du deinen Aufenthalt nicht als Gefangenschaft ansehen musst. Du kannst mein Gast sein. Ich nehme an, du erinnerst dich auch daran, dass ich zu dir gesagt habe, dass ich dir nicht weh tun möchte.“ Er streichelte ihr sanft über das Haar und sprach schliesslich weiter: „Ausserdem, meine Lily ... Wie definierst du Freiheit? Ist Freiheit für dich, überall hingehen zu können, wohin du möchtest ... und es doch nicht zu tun? Denn das war es doch, was du getan hast.“ Sie sah ihn ungläubig an, und er lächelte. „Ich dachte, wir wollten offen reden?“, flüsterte er an ihrem Ohr, bevor er sie, wie schon oft an den vergangenen Abenden, zärtlich auf die Wange küsste. Sie schloss kurz die Augen. Sie konnte es sich nicht erklären, doch die Berührung hatte intimer gewirkt, als die Male zuvor. Und überrascht musste sie sich eingestehen, dass seine Worte sie nicht verletzt hatten oder wütend hatten werden lassen. Seine Stimme war sanft gewesen, und seltsamerweise sogar ein wenig beruhigend. Irgendwie hatte er doch Recht ... Sie antwortete ihm nicht mehr, sondern senkte ihren Blick wieder auf die Buchseite; sie konnte sich nun tatsächlich besser darauf konzentrieren ... „Nur im Kultkino ...“ Liliane blendete die Stimme des Werbesprechers aus, doch nach wenigen Sekunden wurde sie wieder darauf aufmerksam, und ihr Blick flog regelrecht zum Bildschirm, als sie aus dem Fernseher den Titel des Buches, welches sie gerade las, hörte. „Neuverfilmung von 'Verstand und Gefühl', basierend auf dem Roman von Jane Austen.“ Sie betrachtete die Filmausschnitte, und ein Lächeln überzog ihr Gesicht. Sie hatte schon vor Monaten von der geplanten Neuverfilmung gehört, und sie liebte dieses Buch ... Ihr Blick war dem 'Adonis' nicht entgangen. „Willst du dir diesen Film ansehen, Lily? Wenn du möchtest, können wir ins Kino.“ Sie erwiderte seinen Blick, noch immer lächelnd. „Ja, sehr gerne“, sagte sie. Er erwiderte ihr Lächeln, und als er einen Arm um ihre Schulter legte, befreite sie sich trotz ihrer vorherigen Zweifel an ihrem 'Aufenthalt' bei ihm, nicht aus der Umarmung. Das Kultkino lag im Künstlerviertel, nicht weit vom Museum entfernt, in welchem sie die Bekanntschaft mit André gemacht hatte. Lilianes Hand lag locker in Alains, während sie durch die Gassen schlenderten und das Mädchen die Künstlercafés bewunderte. Sie hatte dieses Viertel immer schon irgendwie romantisch gefunden. Alain warf ihr einen raschen Blick zu und lächelte sie an. Sie lächelte zurück. Nach der Begegnung mit seinem Sohn und der erneuten Einsicht, dass sie nur seine Gefangene war, hatte sie zuerst vorgehabt, ihn nicht mehr an sich heranzulassen ... doch es war ihr nicht möglich gewesen; schlicht und einfach, weil Alain netter und fürsorglicher denn je gewesen war. Sie konnte einfach nicht glauben, dass er ihr etwas Böses wollte. Er war ganz anders als sein Sohn ... Sie passierten eine Säule, an der verschiedenste Filmplakate klebten, auch das von 'Verstand und Gefühl'. Erneut lächelte sie automatisch. „Du magst Jane Austen“, sagte Alain. Es war keine Frage gewesen, trotzdem nickte sie. „Ja, sehr sogar. Früher habe ich ihre Bücher sehr oft gelesen. Ihre Bücher sind so ... romantisch. Ich konnte mich immer richtig darin verlieren. Ich hatte immer die Vorstellung, irgendwann würde ich wie Elizabeth Darcy meinen Traummann finden, und mein Leben würde perfekt sein“, erklärte sie ihre Vorliebe für die Autorin. Im nächsten Moment bereits fragte sie sich, weshalb sie ihm all diese Dinge so einfach anvertraute. Anvertraute ... Vertraute sie diesem Mann? Nicht zum ersten Mal fragte sie sich das. War das, was sie ihm entgegenbrachte, tatsächlich Vertrauen ...? Sie wartete noch auf eine Reaktion seinerseits auf ihre Worte ... und als er nichts sagte, lachte sie, es klang jedoch gekünstelt. „Eine geradezu lächerlich naive Vorstellung, nicht wahr?“, fragte sie betont heiter. Doch er schüttelte den Kopf. „Nein, das finde ich nicht“, entgegnete er. Er lächelte, als sie ihn überrascht ansah. Er hat ein schönes Lächeln. Er war wirklich ein ... Adonis. Doch diesen Gedanken wollte sie nicht mehr haben, sie sollte ihn nicht mehr haben. Sie verdrängte ihn, doch als Alain ihre Hand fester hielt, war sie sich ziemlich sicher, dass er wusste, woran sie gedacht hatte. Der Kartenverkauf für den Film würde erst in zwanzig Minuten beginnen, deshalb setzten sie sich unweit des Kinos auf eine Bank. Alain streichelte geradezu beiläufig ihren Arm, und Liliane musste sich widerwillig eingestehen, dass sie die sanfte Berührung genoss. Wieder hatte er es geschafft – sie fühlte sich in seiner Anwesenheit einfach wohl; sie wusste nicht, wie er das schaffte. Doch plötzlich bemerkte sie, wie sich die Atmosphäre veränderte; angespannter wurde. Neben ihr setzte Alain sich kerzengerade auf. Seine Finger verschwanden von ihrem Arm, stattdessen umfasste er ihre Hüfte und setzte sie sich auf den Schoss, wobei er sie in einer angenehm sanften Umarmung an sich zog. Bevor sie fragen konnte, was das sollte, wusste sie es. André kam auf sie zu, überheblich lächelnd. „Vater“, begrüsste er Alain knapp. Dann wandte er sich ihr zu und lächelte süffisant. „Lily.“ Die einzige Antwort, die er bekam, bestand aus einem warnenden Knurren. Als er darauf nicht reagierte, sagte Alain scharf: „Verschwinde von hier, André.“ Sein Sohn schüttelte den Kopf, er wirkte nun wütend. „Du hast dich bei Mutter über mich beschwert?“ „Ich habe ihr nur erzählt, dass sie es scheinbar gänzlich versäumt hat, dich anständig zu erziehen. Was wir nun davon haben ist ein verzogener, unselbständiger...“ André fiel seinem Vater ins Wort: „Ich bin weder unselbständig, noch verzogen!“, zischte er. Er warf Liliane einen aggressiven Blick zu, und sie presste sich automatisch noch dichter an Alain. Er legte ihr eine Hand in den Nacken und küsste sie auf die Wange – verdächtig nahe an ihrem Mundwinkel. Sein Sohn wirkte nicht begeistert ob dieser Geste. „Was wolltest du letztes Mal überhaupt von mir, André? Und was suchst du schon wieder hier?!“ André erwiderte den Blick seines Vaters zornig. „Dass wir uns getroffen haben, war nur ein Zufall. Ich wollte Nahrung beschaffen. Aber wie ich dir bereits sagte, ich habe nicht so viel Glück wie du.“ Alain fuhr mit seinem Daumen sanft über Lilians Hand und warf ihr einen besorgten Blick zu, doch Andrés Erklärung, er habe 'Nahrung' beschaffen wollen, schüchterte sie nicht ein. Ihr Adonis lachte, als er sich wieder seinem Sohn zuwandte, es hatte einen herablassenden Unterton. „Junge, das hat nichts mit Glück zu tun.“ Er schüttelte den Kopf, als er sah, wie André interessiert einer jungen, hübschen Blondine nachsah. „Du gehst es falsch an. Aber dies ist kaum der richtige Zeitpunkt, um das zu besprechen. Also verschwinde von hier, wir reden ein anderes Mal.“ André wirkte noch immer wütend, doch er hob betont beiläufig die Schultern. „Wie du meinst, Vater.“ Erneut würdigte er Alain kaum eines Blickes, während er stattdessen Liliane anstarrte. Sie fühlte sich unter seinen Blicken unwohl und griff nun ihrerseits nach der Hand ihres 'Adonis', umschloss sie fest. Der Blick des Jungen wurde ein wenig überrascht, und auch Alain sah sie forschend an, lächelte dann. „Also, Junge ... wir gehen.“ Er erhob sich und zog Liliane sofort wieder fest an sich, indem er ihr eine Hand um die Hüfte schlang. Sie begannen, Richtung Kino zu gehen, und wenn Liliane sich nicht sehr täuschte, zischte Alain seinem Sohn zu: „Und glaube mir, du würdest es bereuen, wenn du Liliane noch einmal anfassen würdest.“ André starrte den beiden nach, folgte ihnen jedoch nicht. Alain lockerte seinen Griff um ihre Hüfte ein wenig, doch sie entfernte sich nicht von ihm. Sie dachte unwillkürlich an seine Worte, dass sie sich nicht als Gefangene betrachten musste, wenn sie nicht wollte. Als er wieder sanft über ihre Hand streichelte, lächelte sie ganz leicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)