In den Fängen eines Vampirs von Severinam (Gefangene der Emotionen) ================================================================================ Kapitel 6: Hollywood und Realität --------------------------------- „Was willst du von mir, Alain? Bin ich dein Futtervorrat für schlechte Zeiten?” Liliane konnte wieder etwas klarer denken. Ihr Hunger war gestillt. Der Butler hatte ihr Obst ins Esszimmer gebracht; nur Obst. Es sättigte sie und glich ihren Flüssigkeitshaushalt gleichzeitig aus – durch ihre selbstauferlegte Hungerkur hatte sie ihren Magen geschwächt, und gehaltvollere Nahrung hätte sie wahrscheinlich nur erbrochen. Zornig sass sie nun neben Alain, der versuchte, sie in den Arm zu nehmen, doch sie rückte so weit sie konnte von ihm ab. „Lily, bitte versteh mich nicht falsch, ich mag dich sehr gern und möchte dir so wenig wie möglich weh tun, aber…“ An dieser stelle unterbrach er sich kurz und überlegte. „Bitte bezeichne es nicht so abwertend… Du bist kein Futtervorrat. …Ich werde mich in Zukunft von dir ernähren, ja. Aber … ich werde auch für dich sorgen, ich will dir alles geben, was du brauchst. Ich werde dich vor allen Gefahren beschützen, werde dich ernähren, dich kleiden und … wenn du es zulässt … vielleicht sogar lieben.“ „Lieben …“, schnaubte Liliane. „Du hältst mich gefangen und denkst, für ein paar Annehmlichkeiten kannst du mit einem Menschen machen, was du willst?“ Die Wut in ihrem Bauch konnte sie kaum zurückhalten, doch sie musste sich beherrschen. Liliane wollte nicht zeigen, wie sehr sie ihn in diesem Moment verabscheute, denn sie hoffte immer noch auf eine Fluchtmöglichkeit. Wenn sie zu aggressiv wurde, würde sie ihm womöglich ihre wirklichen Absichten verraten; sie hatte irgendwann in ihrer Kindheit gelernt, ihre Gefühle für sich zu behalten, da sowieso niemand Rücksicht darauf genommen hatte. Sie hatte lediglich zu funktionieren und wurde bestraft, wenn es nicht so mit ihr klappte, wie es sollte – wenn sie zu viel Zeit für sich von ihren Eltern forderte. Also ummantelte sie sich jetzt mit der erzwungenen Selbstbeherrschung, atmete tief ein und aus und beruhigte sich etwas. Jetzt hatte sie die Möglichkeit etwas Kontrolle in ihre Situation zu bringen; das musste sie einfach nutzen. „Aber … warum konntest du nicht einfach fragen, vielleicht wäre ich ja bereit gewesen, regelmässig zu dir zu kommen um dir zu geben was du brauchst. Es gibt doch immer eine Möglichkeit für einen Kompromiss. Und überhaupt … reichen denn Blutkonserven nicht auch? …Da ist doch auch alles drin!“ Etwas verzweifelt unterdrückte sie die Erinnerung an den Biss und musste unwillkürlich schaudern. Es hat weh getan, sehr sogar. Es war nicht zu vergleichen mit dem häufig in Büchern beschriebenen, erotischen ‚Kuss’, es war einfach nur schmerzhaft. Und die Wunde, die Alain ihr zugefügt hatte, schmerzte auch jetzt noch, jedoch brannte sie wenigstens nicht mehr. Niclas hatte ihr eine Heilsalbe drauf getan und sie dann verbunden. Er hatte es sehr professionell gemacht. Er hatte Erfahrung damit, das hatte sie bemerkt. „Nein … weder der Kompromiss ist möglich, noch eine Blutkonserve. Die sind ausserdem mit Konservierungsstoffen versetzt, aber ich benötige frisches Blut direkt aus der Arterie. Nur das kann mich sättigen.“ Nachdenklich sah er sie an. Die Brünette hatte wieder einen ängstlichen Zug in ihrer Mimik, sie fürchtete sich vor seinen Worten. „Wa… Warum?“, stammelte sie, „Warum … ist das nicht möglich … ich meine … der Kompromiss?“ Alain atmete schwer und seufzte leise – wie sollte er ihr das erklären …? „Ich bin anders als ihr Menschen … das verstehst du doch sicher. Ich kann nicht riskieren, dass man auf mich aufmerksam wird. Wenn ich dich gehen lassen würde … mit einem Arrangement wie du es vorgeschlagen hast … dann könntest du jemandem von mir erzählen. Ich könnte dir nicht hundertprozentig vertrauen.“ „Ich würde nichts sagen … ehrlich!“, fiel sie ihm in seine Rede. „Du kannst mir vertrauen.“ Fast panisch wollte sie ihn überzeugen, dass sie keine Gefahr für ihn darstellte. „Liliane …bitte beruhige dich. Es geht nicht. Selbst wenn du es nicht absichtlich tust, dir könnte versehentlich etwas rausrutschen. Glaub mir … ich habe da schon Erfahrung gemacht, und das Risiko ist einfach zu hoch. Es geht nicht nur um mich allein, verstehst du?“ Er brachte wieder etwas Ruhe in das Gespräch und versuchte, Vernunft und Logik einfliessen zu lassen. „Ich muss auch an meine Artgenossen denken. An unsere Sicherheit im Allgemeinen. Jeder von uns ist zum Schutz unserer Art zur höchsten Vorsicht verpflichtet. Es ist unser Gesetz, unsere Existenz vor den Menschen geheim zu halten.“ Alain griff sich die Hand Lilianes und küsste sie sehr sanft, zog sie dann zu sich heran und hievte sie umständlich auf seinen Schoss. „Bitte vergib mir … aber du wirst ab sofort bei mir bleiben. Wenn ich verreise, dann wirst du mich begleiten. Und wenn ich es wünsche dann wirst du mir dein Blut geben. Und dafür, Lily … dafür gebe ich dir alles, was du dir wünschst, was du dir je erträumt hast. Das ist doch ein guter Tausch …“ Die Abkürzung ihres Namens klang aus seinem Mund seltsam … ungewohnt, aber nicht unangenehm … Liliane verdrängte diesen Gedanken und antwortete ihm stattdessen: „Alles, ausser meine Freiheit.“ Die Bitterkeit, die in diesen Worten lag war nicht zu überhören. Und dennoch erntete Liliane einen gehauchten Kuss zur Bestätigung auf ihr Haar. Sie löste sich vorsichtig aus seiner Umarmung und ging zum Fenster. Auch diese waren mit einem Schloss verriegelt und höchstwahrscheinlich auch aus diesem besonderen, bruchfesten Glas. Doch das bemerkte sie nur beiläufig. Viel mehr interessierte sie die plötzlich so anziehende Ferne. Niemals hatte sie ein besonderes Interesse daran gehabt, in den Wäldern spazieren zu gehen, oder draussen etwas Grosses zu unternehmen; immer hatte sie sich gesagt, sie hätte noch ewig Zeit dafür … doch die Wahrheit war viel erschreckender: Sie hatte selten ihre Wohnung verlassen – aus Angst. Angst, dass ihr jemand etwas antun könnte. Viel weniger fürchtete sie einen körperlichen Angriff auf sich, sondern den seelischen Schmerz, jemanden zu mögen, der sie dann wieder einsam zurück liesse, so, wie es ihre Eltern getan hatten. Sie blieb daheim in ihrer schäbigen, kleinen Wohnung und genoss es, niemanden um sich zu haben, der ihr Schmerzen bereiten könnte. Was nahm ihr Alain schon weg? Eigentlich doch nichts, was sie sich nicht selbst schon so lange vorenthalten hatte. Aber dennoch… Es war ihre eigene Entscheidung gewesen, so zu leben. Und was tat der grauäugige Adonis, er zwang sie in einen Käfig. Das war doch ein Unterschied, oder etwa nicht? Einige Minuten stand sie am Fenster und grübelte über das nach, was er ihr erzählt hatte. Doch ihre Augen wurden immer schwerer und schwerer. All die Anspannung der letzten Tage fiel von ihr ab, der gesättigte Magen forderte seine Ruhe und der Schlafmangel seinen Tribut. Langsam sank ihr Kopf auf ihre Brust und einzig Alain verhinderte, dass sie im Stehen einschlief, indem er sie auf seine Arme hob und in ihr Zimmer brachte. Vorsichtig legte er sie auf das Bett und wickelte sie in die warme Decke ein. Sie hatte einen seltsamen Traum. Einen Traum von Fledermäusen, die einen riesigen Käfig bewachten, in dem Hunderte von Menschen eingesperrt waren. Doch keiner von ihnen sah unglücklich aus; im Gegenteil … Sehnsüchtig schauten sie zu den Fledermäusen, die von der Decke einer Höhle immer wieder herabstürzten und zu den Menschen flogen, um sich auf deren Schultern niederzulassen und mit ihnen zu kuscheln. Nur einige wenige wollten die Tiere immer wieder verscheuchen, doch auch zu ihnen kamen die nachtaktiven Geschöpfe, jedoch kratzten und bissen sie sie. Mit einem Mal wandelte sich das ihr dargebotene Bild. Um sie herum lagen nur noch die leblosen Körper der vielen Menschen, und an der Decke hingen lauernd die fetten Leiber der Fledermäuse, zufrieden gurrend. Verschreckt wachte sie auf, ihr Herz raste. Die Sonne krabbelte gemächlich über ihre Bettdecke. Trotz des Alptraums hatte sie sehr lange geschlafen. Zu ihrem Schreck bemerkte sie einen leisen Atemzug, dicht neben sich. „Guten Morgen, Lily.“ Alain lag neben ihr im Bett, oder besser gesagt, darauf … während sie in ihre warme Bettdecke gehüllt und mit angezogenen Beinen in ihre Kissen vergraben da gelegen hatte. So hatte es sich der Blonde auf der Matratze gemütlich gemacht; mit auf einen Ellenbogen gestütztem Kopf lag er auf der Seite und blickte seine Gefangene sanft an. „Warst du die ganze Nacht hier?“ wollte die sie furchtsam wissen. „Nein, war ich nicht. Ich wollte dir deine Privatsphäre gönnen und dich nicht bedrängen.“ Alain blieb wie immer ganz entspannt, seine Ausstrahlung hatte schon zuvor immer diese wissende Ruhe gehabt. Und auch jetzt verkörperte er alles andere als Aggression. Egal wie sehr sie ihn auch versuchte zu provozieren, er war immer vorsichtig und zurückhaltend sogar anschmiegsam. …Nun, fast immer … Als sie ihn in ihrer Wut hatte schlagen wollen, hatte er sie gebissen. Vielleicht eine Art Verteidigungsmechanismus, dachte sie. „Ich wollte dich zum Frühstück holen, … aber du hast so fest geschlafen da wollte ich dich nicht wecken. Bitte entschuldige, das ich dir noch ein wenig zugeschaut habe, ich wollte dich nicht erschrecken.“ Verschlafen und etwas desorientiert blickte sie sich in dem Zimmer um. Er oder Niclas hatte sie wohl am Abend hier hoch geschafft. Sie konnte sich nicht erinnern, hier hin gekommen zu sein. Durch ein Magenknurren wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Lächelnd meinte Alain darauf nur, dass unten alles für sie bereit stehe. Als sie umständlich aufstehen wollte um sich nicht vor ihrem Entführer zu entblössen, musste sie feststellen, dass sie immer noch komplett bekleidet war. „Wer hat mich denn gestern ins Bett gebracht?“ Ihre Stimme zitterte etwas aber nicht aus Angst; es war etwas anderes, etwas, das sie nicht kannte. War es … Vertrauen? Schnell schüttelte sie diesen Gedanken wieder ab. Sie war eine Gefangene; sie konnte hier niemandem vertrauen. „Ich hab dich hoch getragen; du wärst mir vor Müdigkeit fast umgekippt.“ Mit leisem Schalk in der Stimme betrachtete er sie. Sie war verknautscht von der Nacht, der Schlafsand klebte ihr noch in den Augen, und das Haar war ganz verwuschelt. Den Alptraum hatte sie schon ganz vergessen. „Ich… Kann ich mich erst noch waschen und was Frisches anziehen?“ fragte sie schüchtern. „Natürlich. Geh ins Bad, ich hol dir was zum Anziehen.“ Klang da gerade ein Befehl in seinen Worten mit? Nein … da musste sie sich verhört haben. Sie ging ins Bad und tat, was man macht, wenn man morgens aufgestanden ist. Alain klopfte wenig später an die Tür und gab ihr frische Kleidung. Fasziniert beobachtete Liliane, wie Alain vor dem Fenster des Speisezimmers stand und sich die warmen Strahlen der Sonne auf das Gesicht scheinen liess. Unwillkürlich musste sie sich daran erinnern, was man Vampiren nachsagte und schmunzelte heimlich in sich hinein. Vielleicht ist er doch nur ein Irrer der sich für einen Vampir hält, sagte sie sich. Und damit fällt er problemlos unter das Gesetz der Menschen. Sie sah sich um und musste feststellen, dass nur für eine Person gedeckt war – für sie. Liliane erinnerte sich, dass sie ihn nie essen gesehen hatte. Gut er hat eben was gegessen, wenn ich nicht dabei gewesen war. Ausgeschlafen und ihre Ängste im Griff, konnte das Mädchen wieder einigermassen klar denken. Und ihr war bewusst, wie lächerlich Alains Behauptung war; Vampire gab es nicht, sie waren nur Märchenfiguren, welche Erwachsenenfantasien einen Namen geben sollten. „Du bist nicht wirklich ein Vampir, nicht war?“ Frech versuchte sie, Alain in Verlegenheit zu bringen. Er drehte sich zu ihr um und Lächelte sie amüsiert an. „Nein…“, sprach er gerade heraus. Ich wusste es, triumphierte Liliane, er ist nur ein perverser Irrer mit einer zu ausgeprägten Fantasie. „… nicht so, wie ihr Menschen euch meine Rasse vorstellt“, setzte er fort. „Wie … meinst du das? Du hast gesagt, du bist ein Vampir … eben sagst du, du bist es nicht … also, erkläre mir, was du meinst.“ Liliane sah, wie es in Alains Kopf arbeitete. „Hmm, sag mir, wie stellst du dir einen Vampir vor, wenn du alle religiösen Vorurteile aus den letzten Jahrhunderten nicht beachtest, was bleibt dann noch übrig?“, fragte er schliesslich. Das Mädchen überlegte worauf der ‚Adonis’ hinaus wollte, kam aber zu keinem deutlichen Ergebnis und zuckte stattdessen nur mit den Schultern. „Über so etwas hab ich mir nie wirklich Gedanken gemacht. Ich gehöre nicht zu diesen Verrückten, die sich mit dem ganzen übersinnlichen Kram beschäftigen.“ Jetzt lachte Alain herzhaft auf. „Das musst du doch auch gar nicht; sag mir einfach nur, welche Vorstellungen du hast. Na los, jeder Mensch hat schon mal was von Vampiren gehört!“ „Also schön“, flüsterte Liliane zu sich selbst. „Sie trinken Blut, meist von irgendwelchen Jungfrauen, oder?“ Sie musste selbst schmunzeln über dieses Vorurteil; sie wusste nicht mehr, wann, aber sie hatte einmal einen Film gesehen, in dem es genau so gewesen war. Aber jetzt, als ihr das einfiel, erinnerte sie sich allerdings auch wieder daran, dass der Vampir in dem Film Sonnenlicht vertragen hatte. Also nur ein weiteres Vorurteil? Sie fuhr fort: „Das was ich über diese ‚Bluttrinker’ weiss, ist, dass sie unsterblich sein sollen und ihrem Meister gehören und ihm dienen müssen.“ Wieder zuckte sie mit den Schultern. „Das war’s eigentlich schon, und das hab ich aus verschiedenen Filmen…“ „Aus sehr schlechten Filmen“, unterbrach Alain sie, „wenn ich das mal so sagen darf, Lily. Aber ich mache dir keinen Vorwurf. Hollywood spinnt eine Menge zusammen wenn der Tag lang ist. Da seid ihr Konsumenten nur die Opfer wild blühender Fantasien.“ Er schaute sie eindringlich an und sprach dann weiter: „Unsterblichkeit gibt es nicht, Lily.“ Er schmunzelte. „Selbst die ach so unsterblichen Hollywoodgeschöpfe können immer vernichtet werden. Aber … um zurückzukommen zu meiner Art, wir sind langlebiger als ihr Menschen; das kommt wohl von unserer Ernährung. Genau wissen wir es nicht; nur wenige von uns interessieren sich für die Wissenschaft. Aber was wir wissen, ist, dass wir etwa vier Mal so alt werden können wie Menschen.“ Glauben wollte Liliane das nicht so recht, aber verblüfft über seine Eindringlichkeit war sie dennoch. „Jedenfalls sind fast alle Legenden über uns genau das – nichts als Legenden. Es stimmt einzig, dass wir Blut benötigen. Von nichts anderem können wir uns ernähren.“ „Und du meinst, das kauf ich dir einfach so ab? Beweis es doch, hack dir den Arm ab und lass ihn wieder anwachsen …!“ Für die Gefangene ergab Alains Erklärung keinen Sinn; nichts von dem, was er sagte, bestätigte seine Behauptung … sondern zeigte nur, wie tief er in seiner eigenen Welt versponnen war. Doch ihre Gedankengänge wurden von einem lauten Lachen unterbrochen. Alain sass auf der Tischkante nahe ihres Platzes und … lachte sie aus? „Tut mir leid, es ist leider gerade kein Arzt in der Nähe, der mir den Arm wieder annähen könnte. Niclas ist zwar sehr geschickt in der ersten Hilfe, aber ich denke, damit wäre auch er hoffnungslos überfordert.“ Er wandte sich nun direkt an Liliane, nahm ihre Hand und küsste sie, während er ihr tief in die Augen schaute. „Was glaubst du, würde passieren wenn ich dir deinen Arm abschlagen würde, hmm?“ Liliane zitterte vor plötzlicher Panik – er würde doch jetzt nicht auf die Idee kommen, es ausprobieren zu wollen?! „Ich … könnte verbluten … un… und müsste ganz schnell ins Krankenhaus, um ihn eventuell noch zu retten.“ „Stimmt … Und was würde passieren wenn ich das mit einem…“, er überlegte kurz, „ähm … Hund machen würde?“ Verwirrt antwortete sie: „Wahrscheinlich droht ihm dasselbe, aber was hat…“ „Und warum soll das bei mir anders sein?“ Seine Stimme war nun sanft geworden und hatte jede spöttische Färbung verloren. „Also bist du doch ein ganz gewöhnlicher Mensch und kein übernatürliches Wesen!“ Triumphierend hob sie den Kopf und glaubte, nun endlich Alains Argumentation zerschlagen zu haben … als ein lautes Poltern neben ihr sie erschreckt auffahren liess. Alain hatte wütend auf den Tisch geschlagen und dabei den Früchtekorb hinunter gestossen. „Genau das ist dein Denkfehler, Liliane, es gibt nichts Übernatürliches, das ist nur eine Erfindung der Menschen, um sich Dinge zu erklären die sich ihrem Verstand verschliessen oder über den sogenannten Tellerrand hinaus gehen …! Ich habe dich gebissen; die Beweise wirst du noch ein ganzes Weilchen mit dir herumtragen müssen. Glaubst du, meine Zähne sind Attrappen?“, knurrte er sie an; es war kein Geräusch, wie es die menschliche Kehle imstande war zu erzeugen. Nun war sie wieder zu Tode erschrocken – würde er jetzt gewalttätig werden, sie hätte ihm nichts entgegen zu setzen. „Ne… nein, natürlich nicht“, versuchte sie ihn zu beruhigen. Doch das Zittern in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Augenblicklich erkannte Alain die Situation und hob beschwichtigend die Hände „Ich glaube, wir wechseln vorläufig das Thema, was meinst du?“ Das Mädchen nickte nur vorsichtig mit dem Kopf. „Du hast doch das leere Zimmer noch nicht vergessen, oder? Es soll dir gehören. Ich will, dass du dich darin wohl fühlst. Sag mir, wie du es haben willst, ich werde dir jeden Wunsch erfüllen.“ Dieser plötzliche Stimmungsumschwung brachte sie vollends durcheinander, und sie starrte Alain nur einige Minuten fassungslos an, bevor sie in sein Spiel einfiel und ihm die gewünschten Informationen gab. Dieser Tag war grotesk, doch wenigstens schien sie wieder etwas Freiraum zu gewinnen, denn Alain liess sie unter den wachsamen Augen Niclas in seiner gut bestückten Bibliothek stöbern, ehe sie am Nachmittag wieder in das Zimmer geschickt wurde, das sie nun schon seit geraumer Zeit unfreiwillig bewohnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)