Beuteschema von Ryourin ================================================================================ Kapitel 1: Von unerfreulichen Begegnungen und unpassenden Beuteschemata ----------------------------------------------------------------------- A/N: Achtung, Achtung, dies ist eine schamlos seichte Romanze. Sie ist vielleicht vorhersehbar. Sie ist auch nicht besonders tiefgründig. *g* Diese Geschichte erhebt jedoch auch keinerlei Anspruch darauf, eben diesen zu besitzen. Sie dient nur zur Beschäftigung wie auch Unterhaltung des Hirnareals, das für meine Schmonzetten-Affinität verantwortlich ist. Alles klar? Schön. Beuteschema „Kleines, so geht das nicht weiter“, riss eine resignierte Stimme Sophie aus ihren Gedanken. „Hm?“, murmelte sie irritiert und sah zur Person hoch, die sich gerade finster vor ihr aufgebaut und resolut die Hände in die Hüften gestemmt hatte. Laura. Sie funkelte Sophie fast bedrohlich an, als sie die desinteressierte Antwort vernahm, rührte sich jedoch nicht. „Mensch, Sophie, die Bude ist voll und du bläst hier in deiner Ecke Trübsal! Schwing dich vom Sofa und komm rüber, tanzen. Oder trinken. Was auch immer, komm einfach!“, kommandierte Laura, machte auf dem Absatz kehrt und trabte wieder aus dem Raum, jedoch nicht ohne Sophie noch einen warnenden Blick zuzuwerfen. Sophie seufzte nur und klammerte sich weiter an ihren Gin Tonic. Nun, das war zumindest reibungslos verlaufen; sie hatte nicht mehr als einen undefinierbaren Laut von sich geben müssen, um Laura loszuwerden. Es war besser so, schließlich lockerte Alkohol die Zunge, und ihre neigte ganz besonders dazu. Sie konnte darauf verzichten, Laura durch einen unerwarteten Gefühlsausbruch ihres losen Mundwerks noch mehr Stoff zum Tratschen zu geben, immerhin war davon schon genug vorhanden. „Sie ist anstrengend, was?“, vernahm Sophie eine leise Stimme an ihrem Ohr. Als sie sich umdrehte, fand sie sich Auge in Auge mit Lilli, die gerade unbeholfen über die Sofalehne kraxelte und sich neben sie warf. „Du hättest dich auch einfach hinsetzen können, statt über die Lehne zu kriechen“, gab Sophie nur trocken zurück; Lilli kicherte lediglich. „Wo bleibt da der Spaß?“ „Na, du hast deinen offenbar aus dem Glas“, nuschelte Sophie kopfschüttelnd vor sich hin und setzte den Gin Tonic erneut an ihre Lippen. „Ohh, Gin!“ Dem entzückten Ruf folgte ein hastiges Diebesmanöver, bei dem Lilli es irgendwie schaffte, ihr das Glas abzuluchsen und dennoch keinen Schluck in ihren Mund zu befördern, aber Sophie störte sich ausnahmsweise nicht daran. Sie war zum einen Lillis Macken gewöhnt, zum anderen hatte der Alkohol ohnehin nur als Ausrede gedient. Nicht mal als besonders wirkungsvolle. „Wie auch immer“, fuhr Lilli in bedeutungsvollem Ton fort. „Laura ist immer noch anstrengend. Was hat sie jetzt schon wieder?“ „Sie will mein Mauerblümchendasein beenden“, antwortete Sophie düster und brachte Lilli damit unwillkürlich zum Lachen. „Das sind ihre Worte, nehme ich an?“, fragte sie mit einem schiefen Grinsen. Sophie hatte erst den irrationalen Impuls, sie wegen des Grinsens rüde anzufahren, aber ihr Amüsement schien gespickt mit ehrlichem... ja, Mitleid, nicht mit Hohn. Sophie mochte ehrliche Menschen. „Jupp. Das eben war bestimmt schon Versuch Nummer fünf, mich mit meinem Ritter in strahlender Rüstung bekanntzumachen.“ Wieder lachte Lilli leise. Ihre Stimme klang wärmer als zuvor. „Ich glaube, hier findest du nur Frösche. Nichts für ungut“, beteuerte sie tröstend, „wir finden noch jemanden für dich.“ In gespieltem Entsetzen schlug Sophie die Hände über ihren Kopf. „Gott, nein, verschon mich. Nicht auch noch du, ja?“ „Mal sehen“, gab diese großspurig zurück. „Aber nur, wenn wir jetzt tanzen gehen.“ Ihr Tonfall war neckisch, aber ohne Spott, weshalb Sophie den ersten Impuls der Abwehr wortlos unterdrückte. „Meinen Prinzen suchen?“, fragte sie skeptisch. „Nö, nur tanzen, wenn’s recht ist.“ Lilli schnappte sich kurzentschlossen ihre Hand, sprang vom Sofa und zog die dennoch leicht widerspenstige Sophie erbarmungslos hinter sich her. Die Party, bei der sie gerade waren, hatte Laura geschmissen. Sophie war eher unfreiwillig hier, hatte es aber nicht geschafft, sich Lauras Überredungskünsten zu entziehen, und jetzt, jetzt hatte sie natürlich den Salat. Getanzt wurde im Wohnzimmer, in das Lilli sie gerade zielstrebig schleifte. Die Musik war unangenehm laut, ein weiterer Grund, warum Sophie nicht gerne auf Partys ging, und fürchterlich eng war es auch noch. Beim Anblick der aneinanderklebenden Pärchen wäre sie am liebsten wieder gegangen, eine grinsende Lilli hielt sie jedoch davon ab. „Na na, wo willst du hin?“ „Äh. Was trinken?“, versuchte sie es hoffnungsvoll, aber Lilli lachte nur und gab keine Antwort. Stattdessen spürte Sophie, wie sie in die tanzende Meute gezogen wurde und sich keine Sekunde später dicht an Lilli wiederfand, die sich bereits zur Musik bewegte. Klischeehalber hätte sie fast irgendeine schmachtende Schnulze erwartet, doch anscheinend war ihr die Klischeegöttin hold, oder so ähnlich zumindest. Stattdessen lief eine nicht minder furchtbare R’n’B-Nummer. Lilli hingen lange Strähnen ihres kastanienfarbenen Haars im Gesicht, doch sie schien sich nicht daran zu stören. Aus unerfindlichen Gründen musste Sophie mit dem Drang kämpfen, sie nicht aus ihrem Gesicht zu streichen, aber sie wollte lieber nicht an etwaige Gründe denken. Sie wusste, wann es besser war, ihr Hirn einfach Hirn sein zu lassen. Eine Hand an ihrer Hüfte brachte sie daraufhin ein wenig aus dem Konzept. „Träumst du?“, fragte Lilli sanft, die Hand weiterhin an ihrer Hüfte. Sie konnte spüren, wie die fremden Finger den kleinen Streifen Haut unter ihrem Shirt berührten, und sie musste mit sich kämpfen, sich nicht gegen die Berührung zu drängen. Ihr war entschieden zu warm. „Ich wollte hier eigentlich nicht alleine tanzen.“ „Sorry, es ist hier nur so-“, begann Sophie verlegen, wurde jedoch von einer weitaus unangenehmeren Stimme unterbrochen. „Sie mal einer an. Wer hat dich hierher gekriegt, Kleines?“, fragte eine offensichtlich sehr neugierige Laura. Sophie verzog einmal mehr das Gesicht ob der Anrede – Laura hatte die abstoßende Angewohnheit, ihrer gesamten Umwelt mit unpassenden Kosenamen zu gedenken. An Sophie hatte sie da besonderen Gefallen gefunden, schien es ihr, und sei es auch nur ihrer Größe wegen. „Naja, ist ja auch egal“, redete sie weiter, ohne eine der beiden Tanzenden zu Wort kommen zu lassen. „Jetzt bist du ja hier. Ich hab übrigens Tim mitgebracht, du erinnerst dich, nicht? Tim – das ist Sophie, Sophie, Tim. Tanzt!“, beendete sie ihren Wortschwall, typischerweise mit einem Befehl, und verschwand wieder. Sophie verfluchte sie innerlich; irgendwie schien es ein Naturgesetz zu sein, dass Lauras Anwesenheit – beziehungsweise ihr Abgang – immer mit entnervenden oder unangenehmen Situationen einherging. Sie lächelte Lilli entschuldigend zu und wandte sich an den verlegen grinsenden Tim. „Wundervoll“, dachte sie düster. „Wundervoll.“ Tim war, wie sie feststellte, nicht so schüchtern, wie es den Anschein gehabt hatte. Im Gegenteil; Tim war sehr, sehr direkt. Sophie war sich nicht sicher, wann ihr der Kragen platzen würde, und das, obwohl sie vielleicht ein paar Minuten miteinander tanzten. Um die ganze Sache noch zu verschlimmern, konnte sie Lauras prüfenden Blick auf sich spüren; offensichtlich versuchte sie jetzt auch noch, ihr telepathisch die übliche Versau’s bloß nicht!-Rede zu halten. „Du hast schöne Augen“, faselte er und starrte sehnsüchtig in ihr Dekolleté. Diesmal war ihr die Klischeegöttin wohl nicht ganz so wohlgesonnen, doch ihre Höflichkeit hinderte sie daran, einfach mit den Augen zu rollen und abzuzischen. So runzelte sie nur skeptisch die Stirn. „Nein, ehrlich!“, versicherte er. „Ich mag dich irgendwie.“ Anständigerweise versuchte er dabei, nicht ganz so zudringlich zu wirken, wie er es zuvor getan hatte. Erfolgreich war er hierbei allerdings weniger. „Und das weißt du nach fünf Minuten mit mir und...“, sie lauschte auf die Musik, „Rihanna?“ Sie erntete nur ein obszönes Grinsen. „Du hast einen bestechenden Charakter, Süße“, schwafelte er und besah weiterhin die Regionen ihres Körpers unterhalb des Halses. Sophie drehte sich prompt um und stapfte wortlos davon, ohne auf seine irritierten Rufe zu reagieren. Lilli warf ihr von weitem einen mitleidigen Blick zu und schenkte ihr ein tröstendes Lächeln. Kurzerhand fasste Sophie den einzig sinnvollen Entschluss: Sie hastete so unauffällig wie möglich zu ihrer einzigen Verbündeten in dieser Ansammlung partywütiger Kuppler und bedeutete ihr mit ein paar Handzeichen, ihr nach draußen zu folgen. Unauffällig, verstand sich. Lilli quittierte ihr gehetztes Benehmen nur mit einer hochgezogenen Augenbraue und einem spöttischen Grinsen. „Du benimmst dich, als hättest du was verbrochen“, tat Lilli schließlich amüsiert kund, als sie in der eisigen Januarkälte in Lauras Vorgarten standen. Sophies Miene verfinsterte sich. „Sie haben sich gegen mich verschworen“, murmelte sie düster, konnte sich das Grinsen, das beharrlich an ihren Mundwinkeln zerrte, jedoch kaum verkneifen. Daraufhin lächelte Lilli belustigt. „Zwangsläufig. Mauerblümchen brauchen eben Hilfe“, fügte sie hinzu, und duckte sich anschließend hastig, um Sophies darauffolgenden Racheakt zu vermeiden. „Das ist verdammt anstrengend!“, maulte Sophie schließlich mit einem verdrießlichen Gesichtsausdruck. „Du weißt ja nicht, wie oft sie versucht, mir irgendwelche Kerle anzudrehen, die ich eh nicht will...“ „Nicht?“, fragte Lilli forsch, und Sophie verfluchte sich für die Gedanken, die der anzügliche Tonfall in ihr hervorrief. „Nein“, gab sie patzig zurück und entschied sich für die Variante glückseliger Ignoranz. „Wenn du wüsstest, was für Typen sie anschleppt, ging’s dir auch so, wetten?“ „Darum brauchen wir nicht zu wetten“, meinte Lilli. Ihr belustigter Gesichtsausdruck wich einer Grimasse. „Rat mal, wer ihr erstes Opfer war.“ „Nicht im Ernst!“ Sophie war ehrlich verblüfft. „Wie hast du’s geschafft, sie loszuwerden?“ „Das willst du nicht wissen“, nuschelte Lilli, und ihre sonst so offene, herzliche Art schien mit einem Mal wie weggefegt. „Weil?“, fragte Sophie ungerührt. Taktgefühl war nie ihre Stärke, und die Befangenheit anderer schien sie nicht zu registrieren. „Naja...“, murmelte Lilli. Sophie bemerkte mit stockendem Atem, dass ihre Freundin auf einmal näher an ihr stand, als ihr lieb gewesen wäre. Und wieder fielen ihr diese verfluchten Haarsträhnen über das Gesicht, die ihre Finger kribbeln ließen – nur war das nicht mehr das Einzige, das ihr Unbehagen bereitete. Das war sicher Tims Einfluss – irgendetwas in den fünf Minuten mit dem unliebsamen Kerl schien auf sie abgefärbt zu sein, zumindest die unkeuschen Gedanken, schlussfolgerte sie matt. Dies war ein Umstand, der ihr weniger behagte, nicht zuletzt, weil sie dies einfach nicht gewohnt war. „Sie waren nicht gerade mein Beuteschema“, riss Lillis Stimme sie wieder aus ihren wirren Gedanken. „Du hast ein Beuteschema?“ Sophie lachte. Zwar war Lilli nun alles andere als ein schüchternes, zurückhaltendes Mädchen, aber zumindest ihre Gestalt ließ nicht darauf schließen, dass sie in aller Regelmäßigkeit auf Männerjagd ging. Zumindest sah sie in Sophies Augen nicht so aus, wenn sie sich die schmale, feminine Figur ansah, die meist nicht so recht zu der großspurigen Person dahinter passen wollte. Lilli sah sie arglos an und ging nicht auf die Frage ein. „Nur gehören die Personen, die Laura sich darunter vorstellt, definitiv nicht dazu.“ Sophie wollte etwas erwidern, doch das Gefühl warmer, dünner Finger an ihrer Hüfte, die sich an ihre kühle Haut schmiegten, brachte sie völlig aus dem Konzept. „Ähm, du weißt schon, das man nur bei der Party tanzt, nicht danach?“ Sie versuchte, ihre Irritation zu verbergen, aber die warme Hand erschwerte dies erheblich. „Hatte ich nicht vor“, gab die Angesprochene zurück, und ihre Hand glitt unschuldig unter den Saum des dünnen Pullovers, den Sophie trug. Zwar hatte Sophie absolut kein anerzogenes Taktgefühl, selbst war sie allerdings zu leicht aus dem Konzept zu bringen. Die Tatsache, dass das simple Gefühl von fremder Haut auf ihrer dazu ausreichte, war weniger egofreundlich. Bei näherer Erwägung, und vielleicht einer klitzekleinen, sanften Bewegung der fremden Fingerspitzen, war es jedoch vielleicht gar nicht so... unerfreulich. „Ich...“ Sophie war sich nicht sicher, ob sie irgendetwas sagen sollte, als sie die kribbelnde Wärme fremder Lippen an ihrem Hals spürte; sie berührten ihre Haut kaum, waren noch wenige Zentimeter davon entfernt; jegliches Klardenken stand dennoch außer Frage, zumindest dessen war sie sich sicher. „Vielleicht“, murmelten die so ungewohnten Lippen so nah ihren eigenen, „solltest du dein eigenes Beuteschema überdenken.“ „Ähm“, gab Sophie zurück, und ohrfeigte sich innerlich für ihre mangelnde Schlagfertigkeit. Für Lilli war dies offenbar die einzige Antwort, die sie brauchte; der Atem, der über Sophies Wange strich, war eben sicher nicht da gewesen, und schon gar nicht so verflucht nah. „I-ich glaube schon“, sagte sie schließlich, und ihr Ton klang unsicher. Lilli schien sich daran nicht zu stören. Eine zweite Hand gesellte sich unter ihren Pullover und streichelte sanft über die nackte Haut. Sophie stockte der Atem. Die Klischeegöttin war wohl nicht gewillt, sich aus dieser Sache herauszuhalten. „Sicher?“, erwiderte Lilli sanft, und plötzlich fand Sophie sich unter einem Blick wieder, der sie erröten ließ. Ganz, wie die Situation es erforderte. „Mhm“, stimmte sie zu, und verkrampfte unmerklich, als die Hände sich ihren Weg an ihrem Körper entlang bahnten. „Shh“, raunte Lilli nun – und machte Nägel mit Köpfen. Die Lippen, die sich auf ihre eigenen pressten, fühlten sich rau von der Kälte an, in der sie standen, doch Sophie störte sich nicht daran. Eigentlich störte sie nicht mal die Kälte selbst, die ihre eigenen Finger klamm hatte werden lassen, solange sie an Lillis warmen Körper gepresst stand und so geküsst wurde, wie Lilli es gerade tat. Als sie sich von ihr löste, widerwillig, schnappten beide weniger grazil nach Luft. Lilli grinste sie jedoch nur schief an, als Sophie verlegen zur Seite sah. „Ich glaube, Laura wirft gerade das Handtuch“, meinte sie schließlich und deutete schmunzelnd auf das Fenster, an dem besagte Person ungläubig das Gesicht verzog. Sophie störte es nicht. Es gab nichts, was ihre Stimmung jetzt hätte trüben können. „Mhm“, murmelte sie zustimmend, und schlang ihre Arme um Lilli. „Besser so“, sagte sie mit einem schiefen Grinsen. „Ich hab eher ein Beuteschema wie du.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)