Drachenkind von maidlin ================================================================================ Prolog: Der Anfang... --------------------- Als diese Geschichte ihren Anfang nahm, war es einer dieser schönen Herbstmorgenden, an denen die Sonne mit ihren Strahlen langsam die Erde wach küsste. Tau war noch auf den Blättern und nach und nach begann der Wald sich mit Leben zu füllen. Die Vögel begannen ein herrliches Morgenlied zu singen. Ein Lied, welches einem das Herz leichter machte und jedes Gemüt fröhlich stimmte. Auch die anderen Bewohner des Waldes kamen aus ihren Höhlen, Büschen und anderen Unterschlüpfen gekrochen und streckten und reckten sich, um den Schlaf aus ihren Gliedern abzuschütteln. Auch der einzige Mensch, der in diesem – momentan erwachendem – Wald lebte, erwachte so langsam aus einem friedlichen Traum. Sie gähnte herzhaft und streckte sich ebenfalls. Allerdings war sie nicht so verschlafen, wie manch Vogel oder Wildkatze, sondern eher ein Frühaufsteher, der keinen Moment eines herrlichen Tages versäumen wollte. Sie konnte nicht wissen, dass dieser eine Morgen, der noch sie unschuldig und rein, wie ein Neugeborenes vor ihr lag, ihr ganzes Leben verändern würde. Nachdem sie sich angekleidet hatte, öffnete Annie – das ist der Namen unserer Heldin und die Abkürzung für Anaina – die Tür ihrer kleinen Hütte und trat mit nackten Füßen auf den frischen Tau. Ihre bescheidene Behausung stand inmitten des Waldes, auf einer kleinen Lichtung, fernab von der nächsten Stadt oder gar dem nächsten Schloss. Annie liebte diese Momente, wenn der Tag langsam erwachte; wenn sie noch beobachten konnte, wie die Sonne hinter dem Wald aufging und immer weiter in den Himmel emporstieg. Zudem konnte sie sich an dem warmen Orange, in das die Welt dabei getaucht wurde nicht satt sehen. Für Annie gab es keine schönere Farbe und sie wünschte sich hin und wieder, dass man sie einfangen könnte, damit sie sich immer wieder anschauen konnte, wann immer ihr danach war. Aber vielleicht war auch dies der Grund warum sie die Farbe so sehr liebt, weil man sie eben nicht einfangen konnte. So konnte sie sich jeden Tag aufs neue darauf freuen und die Gefahr, dass sie diesem Schauspiel oder dieser ganz besonderen Farbe überdrüssig wurde, bestand auch nicht. Aber hier, mitten im Wald, war sie die meiste Zeit allein. Ihr machte diese Abgeschiedenheit nichts aus, hatte sie sie doch freiwillig gewählt und ihre Entscheidung nicht ein einziges Mal bereut. Manchmal glaubte sie sogar, dass es die beste Entscheidung in ihrem bisher erst neunzehnjährigen Leben gewesen war, die sie je allein getroffen hatte. War es doch immer noch besser, als gegen den eigenen Willen mit jemanden verheiratet zu werden oder als alte, verschrobene Jungfer verspottet zu werden, die am Ende noch in ein Kloster ziehen musste. Denn in der Zeit, in der Annie lebte, war es üblich die Mädchen bereits mit vierzehn Jahren zu verheiraten und man glaubte, dass jedes Mädchen, welches bis spätestens achtzehn noch nicht erwählt worden war, niemals mehr einen Bräutigam finden würde und dass sie sowieso irgendwie seltsam sein musste. Um ihrer Familie diese Schmach zu ersparen, entschied sie sich allein in diesem Wald zu leben. Er gehörte ihrer Familie, niemand würde sie von ihr vertreiben können und sie würde auch niemanden stören. Das alles geschah vor mehr als einem dreiviertel Jahr und inzwischen hatte sie sich sehr gut eingelebt. Sie nahm sich einen Krug, der noch vom Vortag vor der Hütte stand und ging damit an den kleinen Bach, der sich unmittelbar in der Nähe ihrer Hütte befand, um Wasser zu holen. Sie würde sich dann gleiche in Feuer machen und einen Tee bereiten. Denn was gab es Schöneres als einen wunderbaren Tag mit einem wunderbaren, wohlschmeckenden Tee zu beginnen? Annie war schon ein wenig in den Wald hineingegangen als sich der Himmel über ihr plötzlich verdunkelte. Ein seltsames Rauschen drang in ihre Ohren und schlagartig setzt ein heftiger Wind ein. Sie sah mehr als verdutzt nach oben und konnte nicht so recht glauben, was sie da erblickte. Zuerst glaubte sie sogar, sich verschaut zu haben. Sie sah keinen Himmel mehr, sondern nur einen riesigen grauen Schatten. Es war etwas, was sie noch nie in ihrem Leben zuvor gesehen hatte und sie glaubte schon einige seltsame Dinge gesehen zu haben. Das Ding – anders konnte sie es nicht bezeichnen - flog hoch im Himmel und musste in etlichen Metern Entfernung über ihr fliegen. Es musste einfach riesig sein, denn auch wenn es so hoch über ihr flog, verdeckte es die Sonne hinter sich gänzlich. Ihre Augen folgten diesem Etwas und als sie es beobachtete, wurde ihr auf einmal bewusst, dass es immer schneller wurde und immer mehr an Höhe verlor. Es dauerte nur wenige Sekunden, ehe sie realisierte, dass es drohte zu Boden zu stürzen. Sie rannte sofort los, immer dem riesigen Schatten vor ihr folgend, als es plötzlich aus ihrer Sicht verschwand und wenige Augenblicke später ein lauter Krachen zu hören war. Sie konnte hören, wie Bäume brachen, sogar entwurzelt wurden und zahlreiche Äste knickten. Es war so laut und heftig, dass die Erde unter ihren Füßen bebte und sie stehen bleiben musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Schlagartig ließ sie ihren Wasserkrug fallen und lief so schnell sie konnte zu der Stelle, an der sie das Wesen vermutete. Es dauerte eine Weile, ehe sie sich einen Weg durch das dichte Gestrüpp gebahnt hatte, doch je näher sie der Absturzstelle kam, desto mehr Licht drang in den Wald und sie fand ihren Weg schneller. Als sie aber endlich erkannte, was da vom Himmel gefallen war, stockte ihr der Atem. Auf der soeben entstanden Lichtung, lag ein riesiger Drache. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, wie viel größer dieser Drache war, als sie selbst. Doch das Erste, was ihr auffiel, war seine seltsame Farbe. Das Blätterdach, welches er bei seinem Sturz zerrissen hatte, ließ das Sonnenlicht direkt einfallen und seine Schuppen erstrahlten in einem seltsamen Ton. Auf den ersten Blick hätte sie gedacht, dass es weiß war, aber je länger und je genauer sie hinsah, erkannte sie, dass sie silbern schimmerten. So beängstigend es auch sein mochte, dass direkt vor ihr ein ausgewachsener Drache lag, konnte sie nicht umhin zu denken, wie wunderschön dieser Anblick gleichzeitig war. Sekundenlang war sie nur von dem Schimmern seiner Schuppen gebannt, doch als sie ihren Blick weiter über seinen Körper gleiten ließ, trat Entsetzen auf ihr Gesicht. Das was sie bisher gesehen hatte, war nur der lange Schwanz des Tieres und ein Teil seines Rückens. Jetzt sah sie, dass fast sein gesamter Körper mit Blut überströmt war. Sie trat einen Schritt auf das Tier zu. Ihre Beine zitterten, ihre Nerven waren flatterig und doch setzte sie einen Fuß vor den anderen, bis sie an der Seite des Wesens stand. Erst da sah sie es genau. Auf dem Rücken und Bauch des Tieres sah sie riesige Fleischwunden, die unvorstellbar tief und schmerzhaft sein mussten. Noch immer quoll Blut daraus und lief seinen Körper hinab. Überall konnte sie tiefe und lange Wunden entdecken. Sie sah wieder an ihm hinauf und sah seine Schwingen, die in einem seltsamen Winkel voneinander abstanden und deren Haut gerissen war. Annie nahm all ihren Mut zusammen und ging um das Geschöpf herum, bis sie vor dem Kopf des Drachen stand. Die Nasenflügel blähten sich in unregelmäßigen Abständen auf. Sein Maul stand etwas offen und zeigte eine Reihe weißer, messerscharfer Zähne, von denen manche fast so groß waren, wie sie selbst. Die Augen hatte das Tier geschlossen und etwas anderes fiel ihr auf. Dort zwischen seinen Augen, begannen größere Schuppen sich über seinen Körper auszubreiten, die nach hinten immer größer wurden. Außerdem schienen sie sehr viel härter, als die Übrigen. Sie wuchsen seinen Kopf, über den Nacken, den Rücken entlang und bildeten so etwas wie ein Kamm. Es lassen sich nicht genügend Worte finden, um diesen Anblick, der sich ihr bot, zu beschreiben. Er war schön und beängstigend zu gleich. Schön, weil sie schon immer davon geträumt hatte, einen Drachen zu sehen und beängstigend, weil dieser Traum auf einmal wahr geworden war. Wahr aber so ganz anders, als sie es sich erhofft und vielleicht auch vorgestellt hatte. Zudem musste sie die Befürchtung haben, dass er jeden Moment erwachen könnte. Trotz des Abstandes den sie hielt, konnte sie seinen warmen Atmen auf ihrer Haut spüren. Doch mit jedem Atemzug, den sie verspürte, schwand ihre Angst. Der Atem des Tieres wurde immer schwächer und kürzer, je länger sie ihn beobachtet. Sie realisierte, dass er sie nicht mehr angreifen würde; dass er stattdessen sterben würde. Hier direkt vor ihren Augen, würde er qualvoll an seinen Verletzungen zu Grunde gehen. Sie entschied sich innerhalb weniger Sekunden und wusste, was zu tun war. Es war nicht ganz einfach und Annie war sich ihrer Sache nicht sicher, hatte sie so etwas doch noch nie getan, aber sie wollte keines Wegs zusehen, wie dieses Geschöpf vor ihren Augen verendete. Sie würde es wenigstens versuchen und musste hoffen, dass es ihr gelang. Langsam begann sie etwas vor sich hinzumurmeln. Immer und immer wieder sprach sie scheinbar ein und die selben Worte. Wiederholte immer wieder den gleichen Satz. Es war eine Zauberformel, die ich hier nicht wieder zu geben vermag. Annie hatte das Handwerk der Zauberei von kleinauf gelernt und war bereits fast eine Meisterin darin. Ihre Augen waren fest geschlossen und um sie herum nahm sie nichts mehr wahr. Vor dem einem inneren Auge sah sie nur das Bild des verwundeten Drachens und vor dem anderen, dass was sie zaubern wollte. Ein paar Sekunden später wurde der sterbende Drache, in ein weißes, gleißendes Licht gehüllt. Es war so hell, dass es einen erblinden lassen konnte. Annie mummelte diese unverständlichen Worte weiter und mit jeder Wiederholung schien das noch Licht heller zu werden. Doch dann wurde die Lichtkugel plötzlich wieder kleiner und sehr viel schwächer. Es war ein sehr langwieriger Prozess, bis das Licht gänzlich verschwunden war. Die Lichtkugel leuchtete noch einmal glühend hell auf und dann war sie weg. Mit der Lichtkugel, war auch der Drache verschwunden. Doch jetzt war höchste Eile geboten. Schnell musste sie seine Wunden versorgen. Vor Annie lag nun ein junger nackter Mann, dessen Haare so blond – beinahe silberweiß – wie die Schuppen des Drachens waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)