Von A bis Z von abgemeldet (Ein Alphabet der Liebe) ================================================================================ Kapitel 1: A wie Anfänger [korrigiert~♥] ---------------------------------------- A wie Anfänger „Also, Schatz…ich…ich habe lange darüber nachgedacht und…ich will es auch tun!“ „Häh?“ Leicht angenervt löste ich meinen Blick von der Flimmerkiste und starrte meinen Freund an. Das war meine Lieblingsserie, verdammt! Warum wagte der Kerl es, mich mittendrin zu stören?! Dementsprechend war mein Tonfall auch nicht gerade der Netteste. „Was willst du?!“ „S… Ich will auch mit dir…schlafen…“ Mein Mund klappte haltlos dem Boden entgegen. „Nee, ne? Das ist doch jetzt wohl nicht dein Ernst, oder?“ Für einen Moment erinnerte ich mich an unser letztes Gespräch zu diesem Thema; es war vor knapp einer Woche gewesen. Und da hatte Yamato noch ganz andere Töne gespuckt! Von wegen, erst nach der Heirat, es solle ja auch was Besonderes bleiben und Blablablubb. Streng katholisch halt. Was für ein Glück, dass ich ihm nie erzählt hatte, dass er mein fünfundzwanzigster Freund war. Das hätte ihm glatt einen Herzinfarkt eingejagt. Ich grummelte leise. Vielleicht wäre das ja auch nicht gerade das Schlechteste… Ein leises „Doch~“ seinerseits holte mich in die Gegenwart zurück. Hastig klappte ich meinen Mund zu, schluckte angespannt und erwiderte: „Ganz sicher?“ Ich hatte keine Lust auf einen plötzlichen Stopp mittendrin, nur weil er es sich doch noch anders überlegt hatte. „Ja.“ Seine Stimme klingt aber alles andere als sicher!, stellte ich angesäuert fest, ließ mich davon jedoch nicht stören und fragte weiter. „Jetzt?“ „Na…wenn du magst…“ „Ja~!“, jubelte ich und fiel ihm um den Hals, sodass wir gemeinsam aufs Sofa plumpsten und ich auf ihm lag. Grinsend sah ich meinem Freund in die unsicher glänzenden, fast schwarzen Augen, bevor ich mich vorbeugte und ihm frech einen Kuss von den Lippen stahl. Yamato schlang augenblicklich seine Arme um meine Hüften; er schien nichts dagegen zu haben, dass ich die Initiative ergriff. Was bei seiner mangelnden Erfahrung aber auch kein Wunder war. Kurz darauf begann er, mich mit einem seiner atemberaubenden Küsse, die er mir glücklicherweise nicht bis jetzt vorenthalten hatte – das hätte ich wirklich nicht ertragen können – zu verwöhnen. Überaus zufrieden ließ ich ihn seinen Spaß haben, während ich schon begann, sein Hemd aufzuknöpfen. Bloß nicht zögern, sonst verunsicherte es ihn zu sehr und er würde wieder stoppen…! Seine Lippen wanderten über meine Mundwinkel zum Kinn hinab, suchten nach meinem Hals und ließen mich leicht erschauern. Und ganz plötzlich lag ich unter ihm. Verdutzt sah ich zu ihm auf, wollte ihn schon belohnen für diesen neuen Mut, da sah ich sie wieder. Diese verdammte Unsicherheit! Frech grinsend strich ich über seinen Hals, zog ihn eng an mich und schob ihm wie nebenbei das Hemd von den Schultern. Das schien ihn zu ermuntern, denn er fuhr fort, meinen Hals zu liebkosen und wanderte sogar langsam immer weiter hinab. Erst war er furchtbar ungeschickt, war viel zu schnell, nicht zärtlich genug, doch irgendwann schaffte er es, in einen annehmbaren Rhythmus zu fallen und setzte seinen Weg fort – nur leider ohne mein Schüsselbein, an dem ich es eigentlich besonders gern hatte. Ich verdrehte innerlich die Augen und dachte mir, dass ich ihn sicher später noch irgendwann darauf aufmerksam machen konnte und verwöhnte meinerseits seinen Körper. Nur zu schnell ging ein Zittern durch seinen Körper, leise keuchend begann er, zaghafte Bisse auf meiner Haut zu verteilen. Ich japste, Hitze stieg mir in die Wangen. Da hatte er aber eine nette Kleinigkeit gefunden… Doch schon bald verschwand das Zwicken wieder und wurde durch hauchzarte Küsschen ersetzt. Anfangs fühlte sich das ja noch gut an, doch als er nach gefühlten zehn Minuten immer noch nichts Neues oder es zumindest an einer völlig anderen Stelle machte, wich das Kribbeln, das er in mir erweckt hatte, langsam der Langeweile. Klar, er hatte noch nicht viel Erfahrung, aber das konnte jeder Anfänger besser als er! Ich versteifte mich ein wenig und schloss die Augen, während sein erregtes Keuchen meinem Ohr immer näher kam, dann plötzlich stockte und sein verwirrtes Gesicht in meinem Blickfeld auftauchte. „Rei?“, fragte er vorsichtig und rieb seine Nase unbeholfen an meiner Wange, wahrscheinlich um mir ein wenig näher zu sein, doch ich schob ihn nur ungehalten von mir. „Lass das!“ „Nein~! Warum sollte ich überhaupt?“ „Weil ich es nicht will!“ „Was willst du nicht?“ In seinen Gesichtszügen erwachte eine leise Ahnung, die schnell von einem Anflug der Verzweiflung und meiner verhassten Unsicherheit verdrängt wurde. „Mit dir schlafen.“, war meine trockene Antwort. „W-Was?!“, ächzte Yamato und versuchte augenblicklich, mir näher zu kommen; wohl um zu spüren, dass ich es nicht so meinte, doch diesen Gefallen tat ich ihm nicht. „Aber du…du wolltest doch die ganze Zeit…du hast es dir doch so sehr gewünscht!“ „Nun, mir ist gerade aufgefallen, dass ich es doch nicht mit dir machen will. Das würde gar nicht funktionieren.“ „Aber warum denn nicht?! Wir wollten doch unbedingt unser erstes Mal gemeinsam haben~!“ Ich lachte auf. Eigentlich wollte ich ja nicht gemein sein, aber dieses entsetzte Gekrächze zwang mich schon fast dazu. „Denkst du wirklich, dass ich noch nie mit jemandem geschlafen hab, wenn ich vor dir schon vierundzwanzig Freunde hatte? Jeder von ihnen hat sich ausnahmslos besser angestellt als du gerade. Gegen mich bist du nun mal erst ein kleiner Anfänger…!“ Meine Stimme klang kälter als ich es beabsichtigt hatte, doch es zeigte durchaus eine annehmbare Wirkung; Yamato wurde ganz blass vor Entsetzen, seine Augen weiteten sich. „Du…du Hure!“, stieß er plötzlich hervor, dann ertönte ein Klatschen. Er starrte mich bestürzt an. Ungläubig erwiderte ich diesen Blick. Dieser… „Runter von mir!“, zischte ich, als mir klar wurde, was er da getan hatte, und ich versuchte, ihn von mir runterzuschubsen. „Rei, warte, ich…das wollte ich nicht! Es…es tut mir Leid!“ „Runter!“ Ich brüllte schon fast, als er sich endlich erhob und ich vorsichtig über meine Wange strich. Sie brannte höllisch und…täuschte ich mich, oder schmeckte ich da sogar Blut? Ruckartig richtete ich mich auf. „Rei~?“, fragte er zaghaft, doch ich brachte ihn auf der Stelle wieder mit einem wütenden Blick zum Schweigen, während ich aufsprang und in den Flur stürmte, wo ich mir meine Jacke schnappte und mir in Windeseile wieder meine Schuhe über die Füße streifte. Ich hielt schon die Klinke der Haustür in der Hand, als ich von hinten am Arm gepackt und wieder zurückgerissen wurde. „Lass mich los!“, fauchte ich und schlug seine Hand weg. „Warum denn, Rei? Wohin…wohin willst du überhaupt~?“ „Nach Hause!“ „Aber wir wollten doch jetzt…ich meine…“ er schüttelte kurz den Kopf, bevor er ein wenig weinerlich fortfuhr. „Ich dachte, du bist mein Freund, Süßer!“ „Ex-Freund.“, korrigierte ich ihn kühl, drehte mich wieder um und öffnete die Tür. Erneut wurde ich von ihm zurückgehalten. „Aber, Rei…ich hab doch nur…Ist das jetzt nur, weil ich dich…dich…?“ Seine Stimme brach zu einem verzweifelten Laut, anscheinend war er selbst nicht fähig, auszusprechen, was er mir da gerade angetan hatte. „Eben.“, erwiderte ich leise, bemüht mich weiter zusammenzureißen. „Für mich war das nicht bloß ein nur.“ Ich schob seine Hand von meiner Schulter, flüsterte ein heiseres „Tschüss“ und stürzte dann hinaus. Ohne auf den Weg vor mir zu achten lief ich immer weiter, wollte diesen trotteligen Mistkerl hinter mir lassen. Meine Wange brannte immer noch; nicht mal die kühle Abendluft konnte dem entgegenwirken. Plötzlich war ich an meiner Lieblingsstelle im Stadtpark, ließ mich ins Gras fallen und versuchte den Kloß, der sich in meinem Hals festgesetzt hatte, irgendwie loszuwerden. Er tat weh…! Ich presste meine Lippen aufeinander, um zu verhindern, dass er oben herausbrach, merkte jedoch fast sofort, wie wenig Erfolg ich damit hatte. Hastig vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen, spürte schon die ersten heißen Tränen auf meinen Wangen und schluchzte beschämt auf. So eine Scheiße! Wie werde ich meinen Freund los – In nur zehn Minuten?, tauchte es zynisch in meinem Kopf auf. Ich würde wohl so viele Freunde haben können wie ich wollte, es lernen oder den Richtigen finden, der mich ertragen konnte, würde ich eh nicht! Mein Weinen wurde immer hemmungsloser, während ich mir die triste und einsame Zukunft, die vor mir lag, in allen Farben – oder besser gesagt: Grautönen – ausmalte. Ich verdammter Vollidiot~! „Hallo?“ Ich reagierte nicht auf diese Begrüßung, warum sollte ich auch, mit mir wollte doch eh keiner sprech- Etwas zupfte mich am Ärmel. „Hallo-hoo~!“, klang es jetzt etwas drängelnder vor mir. Erstaunt richtete ich meinen Blick auf das kleine Mädchen, das dort stand und mich mit großen, fragenden Augen musterte. „Warum weinst du denn?“, fragte sie besorgt. Ein Schniefen meinerseits musste ihr vorerst als Antwort genügen, tat es aber nicht, denn sie zupfte erneut an meiner Jacke und wiederholte ungeduldig ihre Frage. „Warum weinst du denn?“ Wider meinen Willen musste ich ganz leicht schmunzeln. Kleine Kinder und ihre Neugierde. So einfach und doch so bestimmend. „Ich habe gerade meinen Freund verlassen.“, antwortete ich ihr betrübt, woraufhin sie mich unbeholfen tätschelte und ernst meinte: „Wenn es dich so traurig macht, dann geh doch zurück zu ihm. Es kann doch gar nicht gut sein, wenn du deswegen so traurig bist. Er wartet bestimmt noch auf dich; war bei meiner Mama ja auch so. Bitte~!“ Leicht belustigt schüttelte ich den Kopf, blieb aber trotzdem ernst. „Das geht nicht, Kleines…außerdem ist es…so besser als vorher.“ „Häh? Versteh ich nicht. Erklär’s mir!“ „Das wirst du schon noch, wenn du alt genug dafür bist.“ Ich lächelte sie aufmunternd an. „Ehrlich?“ „Jupp, ehrlich.“, versicherte ich ihr und strich ihr vorsichtig über den schwarzen Wuschelkopf, bevor ich auf eine Frau deutete, die schon seit einer ganzen Weile verzweifelt „Meika!“ rief. „Ist das da deine Mama?“ „Ja!“, erwiderte die Kleine mit ihrem kindlichen Eifer und strahlte mich an. „Ist sie nicht hübsch?“ „Ja, das ist sie.“ Und das sagte ich jetzt nicht nur, um es dem Mädchen recht zu machen. Diese Frau war wirklich hübsch – nur leider nicht von großem Interesse für mich. „Aber hör mal, du solltest jetzt besser wieder zu ihr gehen, sonst macht sie sich große Sorgen und weint, weil du nicht zu ihr zurückgekommen bist. Und das willst du doch nicht, oder?“ Sie sah mich erschrocken an und schüttelte eilig den Kopf, ihre beiden Zöpfchen flogen in hohem Bogen um sie herum. Das Schuldbewusstsein in ihren Augen ließ mich schon fast selbst ein schlechtes Gewissen bekommen; ich hatte ihr eigentlich keine Angst machen wollen. Aber wie sie mich jetzt so panisch ansah… Schnell zerwuschelte ich ihr noch mal die Haare und gab ihr einen sachten Klaps. „Na dann, lauf. Und hör immer schön auf deine Mama, ja?“ „Mach ich“, rief sie, winkte mir noch schüchtern zu und lief dann wild mit den Armen rudernd auf ihre Mutter, der vor Erleichterung sichtlich Steine vom Herzen fielen, zu, sprang ihr in die Arme und begann, ihr eifrig irgendetwas zu erzählen. Währenddessen wurde sie an der Hand genommen und verschwand langsam aus meinem Blickfeld. Mit einem Seufzen ließ ich mich nach hinten ins Gras fallen. Kaum zu glauben, aber das Gespräch mit dieser Kleinen hatte meine Stimmung gehoben und ich fühlte mich nicht mehr ganz so wie ein ausgetrunkener Schluck Wasser in der Kurve. Plötzlich war alles doch nicht mehr so grau. Erleichtert über diese Änderung richtete ich mich nach ein paar Minuten auf und machte mich auf den Weg nach Hause. Mein Vater würde sich wieder viel zu viele Sorgen um mich machen, wenn ich nicht rechtzeitig da war und mich einfach nicht meldete und das wollte ich ihm wenn möglich ersparen. Ein kurzes Lächeln huschte über mein Gesicht. Es tat gut zu wissen, dass sich wenigstens einer in dieser verkorksten Welt um mich kümmerte und sorgte. Es war wirklich eine Wohltat. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz „Ich bin wieder da!“, rief ich in den Flur hinein, als ich die Tür geöffnet hatte und eingetreten war. Alles blieb still. Verwundert hob ich eine Augenbraue. Wo war Paps denn bloß hin? Er hatte mir doch erst heute morgen noch gesagt, dass er heute nicht so lange arbeiten musste. Ich zog mir die Schuhe aus und tapste in unser Haus hinein, hörte plötzlich von rechts leises Geklapper. Ah…er ging anscheinend seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Kochen, nach und hatte mich im Eifer des Gefechts einfach nicht gehört. Mein Vater war wirklich ein Meister der selektiven Wahrnehmung. Ich ging auf die geschlossene Tür zu, legte nebenbei meine Jacke ab und hing sie an der Geraderobe auf, dann schob ich das dünne Holz zur Seite und lugte in die Küche hinein. „Hi, Paps!“ „Oh, hallo, Rei! Na, wie war dein Tag?”, rief mir mein Vater fröhlich zu und drehte sich lächelnd zu mir um. Doch mein unbestimmtes Schulterzucken vertrieb dieses Grinsen schnell wieder. „Nicht so gut, oder?“ Ich schüttelte den Kopf. „Mit Yamato ist Schluss.“ „Oh~“, machte er betroffen und sah mich prüfend an. „Woran lag es diesmal?“ Ich erwiderte seinen Blick düster. „Er hat mich Hure genannt und geschlagen.“, gab ich betont trocken zurück und beobachtete, wie er ganz blass vor Wut wurde. „Er hat was?! Warum?!“ „Ich habe ihn gefragt, ob er wirklich denkt, dass ich mit keinem meiner vierundzwanzig Freunde vor ihm geschlafen habe.“ „Das war alles?“, hakte mein Pa ungläubig nach und fuhr sich aufgebracht durch sein am Ansatz ergrautes Haar. „Da ist er ausgetickt.“ Meine leise Bestätigung machte meinen Vater fast rasend vor Wut. Seine Hände fuhren in seinen Nacken und er begann, die Schürze, die er seit Mutters Tod vor über fünf Jahren immer beim Kochen trug, aufzufriemeln, doch ich eilte zu ihm und legte eine Hand auf seinen Arm, um ihn aufzuhalten. Es war zwar schön, dass er mich rächen wollte und dass ich mit ihm über alles, über wirklich alles sprechen konnte, aber manchmal übertrieb er einfach maßlos. Vor allem wenn es um meinen Schutz vor anderen, unwürdigen Männern ging. Dann wurde es schwer, ihn zu stoppen. Das war auch eine der Folgen, die der Tod meiner Mutter mit sich gebracht hatte. Alles zum Wohl der Familie, das war jetzt sein Motto. Dass diese Familie, die er schützen wollte, nur noch aus zwei Personen bestand, störte ihn dabei nicht sonderlich. Vielmehr würde er fast alles für mich tun, solange es nicht gegen das Gesetz war oder meine Erziehung beeinträchtigte. „Rei, er hat dich verletzt, ich muss diesem Kerl einfach den Prozess machen, bitte…!“ Mein Vater sah mich bettelnd an, doch ich schüttelte den Kopf und bedachte ihn mit strengen Blicken. Merkwürdige Situation; sollte es denn nicht eigentlich der Vater sein, der seinen Sohn vor einer unbedachten Tat abhalten wollte, und nicht umgekehrt? „Paps, damit hast du zwar Recht, aber erstens habe ich schon kurzen Prozess mit ihm gemacht und zweitens ist er es nicht wert, dass du wegen ihm eine viel zu hohe Buße bezahlen musst.“ „Aber-“ „Das ist mein Ernst, Papa! Glaub mir, er wollte sich ganz bestimmt nicht von mir trennen, aber da hat er halt Pech gehabt; hätte er vielleicht früher darüber nachdenken sollen. Was du machen kannst, ist, ihn abzuwimmeln, wenn er hier anruft oder aufkreuzt, ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben.“, teilte ich meinem Vater, der eifrig nickte, meine Wünsche mit. „Ach, und wenn du unbedingt unser Geld ausgeben musst, dann am besten für einen neuen Fernseher. Unserer flackert nämlich schon total verdächtig. Ich glaube, der gibt demnächst den Geist auf.“ „Oh nein~!“ Wieder fuhr er sich durch die Haare, er sah richtig verzweifelt aus. „Sag mir bitte, dass das nicht wahr ist; das ist schon das dritte Mal in zwei Monaten. Warum können diese Reparaturfritzen ihn nicht endlich wieder hinbiegen?!“ „Deshalb sag ich ja: gib das Geld, das du für eine Buße ausgeben müsstest, einfach für einen neuen Fernseher aus!“ Er stöhnte leise „Das schöne Geld~“, nickte dann aber und griff wieder nach seinem Kochlöffel. „In einer halben Stunde gibt’s Essen.“ „Okay.“ Ich nickte ruhig und verließ die Küche wieder. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Als ich den Raum eine halbe Stunde später wieder betrat, drangen mir die himmlischen Gerüche von gebratenem Fleisch, Nudeln und meiner Lieblingssoße in die Nase. Mmh, Paps hatte da ganze Arbeit geleistet. Schon wieder tat er alles, um mich glücklich zu machen. So lieb von ihm! Ein wenig aufgemuntert setzte ich mich an den gedeckten Tisch, schnappte mir die Flasche mit dem Traubensaft und schenkte uns beiden was ein. Das süße Zeug würde sicher sowohl meinen Zuckerspiegel als auch meine Laune heben. Mein Vater kam zu mir an den Tisch, stellte zwei Töpfe vor mir ab und fing an, unsere Teller zu füllen. „Übrigens…ich hab da eine Neuigkeit für dich, die dich wahrscheinlich freuen wird.“, begann er plötzlich, als er sich mir gegenübergesetzt hatte, und sah mich an. „Ja? Was ist denn los?“, fragte ich kauend und schluckte nach einem tadelnden Blick hastig den Bissen hinunter. „Und?“ Er fing an herumzudrucksen. Ich hob eine Augenbraue. Ach ja, da war ja was. Er hasste es, Sachen erklären zu müssen, das machte ihn total unsicher, weil er oft nicht die richtigen Worte fand und er dadurch noch unsicherer wurde. „Ich…Ähm…erinnerst du dich noch an meinen Blutsbruder?“ „Klar.“ Wie könnte ich den vergessen? Paps erzählte ja ständig davon, dass sie schon seit ihrer Kindheit die besten Freunde waren und sich irgendwann sogar ganz rituell zu Blutsbrüdern gemacht hatten! „Und an seine Söhne?“ „So in etwa.“ Ich wusste noch, dass sie Zwillinge waren, Zack und Joshua. Ihre Namen hatten sie bekommen, weil ihre Eltern kurz vor ihrer Geburt noch einen Kurztrip nach Australien gemacht hatten und ihre Mutter sich dort total in die beiden Leadsänger einer Band, auf deren Konzert sie gewesen waren, verschossen hatte und deshalb unbedingt ihre Namen benutzen wollte. Auch ein Anekdötchen, das ich oft von meinem Vater zu hören bekommen hatte. Früher hatten unsere Familien sich noch regelmäßig besucht und damals hatte ich oft mit ihnen, nein, es war eher mit Zack, gespielt. Er war immer fürchterlich lieb zu mir gewesen, hatte mir die verschiedensten Dinge gezeigt und erklärt und hatte mich vor seinem Bruder, der die meiste Zeit damit beschäftigt gewesen war, mich zu ärgern – am liebsten sogar zum Weinen zu bringen – beschützt. Das letzte Mal hatte ich sie kurz nach Mutters Tod gesehen, da waren sie zwölf und ich elf Jahre alt gewesen. Also vor fünf Jahren. Danach hatte ich mich für eine Zeit lang ziemlich zurückgezogen und als ich endlich wieder bereit war, irgendjemanden zu sehen, waren sie zu alt geworden, um noch mit ihren Eltern andere Leute zu besuchen. So war unser Kontakt ziemlich im Sand verlaufen – was mich bei Joshua ja nicht großartig störte. Aber Zack hätte ich gerne mal wiedergesehen. Einfach mal so… „Also…folgendes Problem: Hiro, also ihr Vater, er…er ist letzte Woche bei einem Autounfall gestorben…“ Seine Stimme wurde leiser, während er schmerzlich das Gesicht verzog. „Oh~“, gab ich mitfühlend von mir und biss mir auf die Unterlippe; es hörte sich so falsch an…! „Das tut mir ehrlich Leid, Paps~!“ Er lächelte mich dankbar an, winkte aber schnell ab. „Ich hab mich schon an den Gedanken gewöhnt, diesen dummen, alten Spanner nicht mehr ertragen zu müssen.“, versuchte er zu scherzen, brach aber schnell wieder ab, als er merkte, dass sich das nicht wirklich überzeugend anhörte und seufzte. „Nun ja…zurück zu den Beiden…Ich fahre morgen zu seiner Beerdigung und werde sie von dort aus sofort mit zu uns nach Hause nehmen. Sie sollen hier bei uns wohnen, bis sie volljährig sind und die Schule abgeschlossen haben. Ihre Mutter ist zu oft auf Geschäftsreisen, um sich um sie zu kümmern und sie will nicht, dass sie, wenn sie zurückkehrt, in einer völlig verwahrlosten Wohnung mit zwei Leichen drin steht. Verstehst du?“ Sein Verständnis heischender Blick irritierte mich ein wenig, doch anstatt ihn deswegen zu fragen, nickte ich nur. Meine Gedanken waren woanders. Wo zum Henker sollten die Beiden nur schlafen? Wir hatten zwar ein eigenes Haus, doch das war beileibe nicht gerade groß. Da waren Pas Schlafzimmer, das er sich früher mit meiner Ma geteilt hat, zwei Bäder, eine Küche und das Wohnzimmer, aber da würden sie auch nicht schlafen können, weil nicht genug Platz war. Blieb also nur noch mein Zimmer. Fraglich war nur, ob sie das wollten, schließlich mussten sie es mit mir und meinen Macken mindestens zwei Jahre aushalten… Ich hob meinen Blick und sah das schräge Lächeln, das Paps aufgesetzt hatte. Anscheinend hatte man eben mal ausnahmsweise wunderbar in meinem Gesicht lesen können! Leicht verärgert grummelte ich etwas in meinen nicht vorhandenen Bart. „Meinst du, dein Zimmer ist groß genug?“ Ah, er kam sofort zur Sache. War mir aber auch lieber. Ich seufzte. Eigentlich wollte ich mein Zimmer für mich behalten; Rumschmusen, während zwei Andere im Raum waren, die entweder interessiert, gelangweilt oder sogar abgestoßen zusahen, wirkte nicht gerade prickelnd auf die Stimmung bei Selbigem. Und ich wusste nicht mal, wie sie zu Schwulen standen! Aber eigentlich kann mir das egal sein…, huschte es durch meine Gedanken. Das hier ist mein Zuhause, da müssen sie sich auch mit meinen Regeln abfinden! „Okay, wenn es unbedingt sein muss…“, gab ich mich geschlagen und grinste meinen Vater frech an. „Aber nur unter der Bedingung, dass ich immer noch die mitbringen darf, die mir gefallen~!“ „Aber natürlich, Rei! Du bist echt ein Schatz! Und der beste Sohn, den ich hätte bekommen können!“ Oh, hatte die ganze Sache etwa von meiner Zustimmung abgehangen? Überrascht wollte ich danach fragen, schüttelte dann aber nur den Kopf und ließ es darauf beruhen. „Ich weiß!“, antwortete ich noch und aß dann weiter mit dem Bewusstsein, dass wir ab morgen zwei neue Familienmitglieder haben würden… vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz A wie Anfänger – Ende Weiter geht’s in: B wie Blutsbrüderschaft Kapitel 2: B wie Blutsbrüderschaft [korrigiert~♥] ------------------------------------------------- B wie Blutsbrüderschaft Wie ein Tiger im Käfig lief ich in meinem Zimmer auf und ab. Nicht, dass ich mir große Sorgen machte, oder so, aber…wo blieben die bloß? Paps hatte gesagt, sie würden spätestens um acht Uhr hier sein und dass ich zu dieser Zeit mit dem Abendessen fertig sein sollte. Aber jetzt hatten wir schon kurz nach neun und es war immer noch nicht der kleinste Krümel von ihnen zu sehen! Wenn ich nur eine Idee hätte, wie ich herausfinden könnte, wo sie abgeblieben waren… Verärgert trat ich gegen meinen Kleiderschrank und verzog das Gesicht. Verdammt, das war wirklich keine gute Idee gewesen, zumindest half sie mir nicht weiter. Ob sie in einen Unfall verwickelt worden waren und deshalb so lange brauchten? Nein, sicher nicht. Dann wäre ich angerufen worden. Und was war mit einem Raubüberfall in einer Bank? So etwas dauerte manchmal eine Zeit lang, vor allem, wenn die Täter auch noch Geiseln nahmen…aber was zum Henker hätten sie in einer Bank tun sollen?! Paps wollte doch nur zur Beerdigung gehen, dann der Trauerfeier beiwohnen und noch mal kurz mit den Beiden zu ihnen nach Hause, um ihre Sachen abzuholen. Danach sollten sie schnurstracks hierhin kommen. Und wenn es einfach keine Bank, sondern eine Tankstelle war~? Halt! Stopp! Sitz! Platz! Aus! Ecke! Schäm dich, Rei! Herrgott noch mal! Dieses Warten machte mich noch wahnsinnig! Was für Fantasien ich schon entwickelte! Bestimmt hatten sie etwas vergessen und mussten deshalb noch einmal zurückfahren oder einer der Beiden hatte sich nicht von seinen Freunden trennen können oder noch einfacher: sie waren in einem Stau gelandet. Warum musste ich mir bei solch simplen Dingen gleich solche Horrorszenarien ausdenken?! Sie würden doch bald aufkreuzen, mich schräg angrinsen und – Es klingelte unten an der Tür. Sofort schnellte ich wie von einer Tarantel gestochen herum, sauste aus meinem Zimmer, die Treppen hinunter und auf die Haustür zu, die sich plötzlich öffnete, als ich sie gerade aufreißen wollte. Ich musste einen Satz nach hinten machen, um nicht von ihr getroffen zu werden und setzte gleichzeitig ein etwas atemloses Lächeln auf. Immer schön freundlich auf unsere Gäste und Mitbewohner wirken., klang es noch in meinem Kopf nach. Das hatte Paps mir heute Morgen noch eingetrichtert. Eben jener kam auch als Erster durch die Tür hinein, doch hinter ihm konnte ich schon einen schwarzen Haarschopf erkennen. „Oh, Rei, da bist du ja. Ich dachte schon, du hättest das Klingeln nicht gehört, weil du nicht aufgemacht hast.“, begrüßte er mich und lächelte schräg – wie ich es hervorgesehen hatte. „Alles okay?“ Ich nickte und ging ein Stück zurück, um sie hindurchzulassen. „Ich war nur gerade oben, tut mir Leid.“ „Ach, kein Problem. Ich erwarte ja nicht von dir, dass du wie Speedy Gonzales die Treppen runterstürzt und dir dabei womöglich noch etwas brichst!“ Mein Vater quetschte sich an mir vorbei und stellte einen Koffer, den er getragen hatte, ächzend ab. „Mann, Mann, Mann, Jungs, was habt ihr bloß eingepackt? Das fühlt sich an als wäre da ein Packen Kieselsteine drin. Sind eure Taschen auch so schwer?“ Er drehte sich zu den Angesprochenen um, ich tat es ihm gleich – und musste mir prompt ein Pfeifen verkneifen. Wow. Zwei Sahneschnitten auf Tour. Und dann sahen sie auch noch absolut gleich aus, paradiesisch – nur dass der Eine ziemlich finster dreinschaute, aber das lag wahrscheinlich daran, dass er gerade seinen Vater verloren hatte. Ich lächelte ihm also etwas aufmunternd zu und sah dann zu dem anderen. Er wirkte auch ein wenig gequält, aber eher als nerve ihn etwas. Hielt er es etwa für so schlimm, ab jetzt neue Mitbewohner zu haben? Wenn ja, wäre das jedenfalls ziemlich unhöflich von ihm, schließlich waren wir ja so nett gewesen, sie bei uns aufzunehmen… „Ich weiß, eigentlich kennt ihr euch ja schon, aber…Joshua, Zack. Das ist mein Sohn Rei, der Kleine, mit dem ihr früher immer gespielt habt. Rei, das sind Joshua und Zack – frag mich aber bitte nicht, wer von den Beiden wer ist, ich kann sie nicht auseinanderhalten~!“ Mein Pa lachte verlegen und streckte sich, während ich ihm einen wütenden Blick zuwarf. Das hatte ja fast so geklungen als wäre ich immer noch ein kleines Kind, das man bespaßen musste! Das machte sicher keinen sonderlich guten Eindruck auf unsere Lecker-Schmecker-Zwillinge. Diese ließen derweil kein Anzeichen darauf, dass ihnen etwas aufgefallen war, erkennen, nur der, der etwas entspannter aussah, verzog sein Gesicht jetzt zu einem gequälten Lächeln. Irgendwie reizte es mich. Ich konnte nicht erklären, warum, aber dieses gezwungene Lächeln reizte mich. Wahrscheinlich, weil es die Vorstellung, dass er das Leben hier nicht mögen würde, wieder weckte. Fest entschlossen, ihnen gegenüber undurchschaubar zu wirken, lächelte ich noch ein bisschen strahlender und streckte dem Zwilling, der mir am nächsten war, meine Hand entgegen; es war der finster Guckende. „Hi. Lang nicht mehr gesehen, hm?“ Sein Blick wurde noch düsterer und ich war froh, dass in seiner Nähe kein Messer war, mit dem er mich hätte abstechen können. Im nächsten Augenblick wünschte ich mir jedoch, selbst eins zur Hand zu haben, denn er drückte mir seine Jacke, die nach Leder roch, an die Brust und meinte: „Häng die auf. Aber pass auf, das Ding war ziemlich teuer. Wenn da auch nur ein Kratzer nachher drin ist…!“ Er musste diesen Satz nicht zu Ende führen, sein Blick sprach Bände! Und meiner anscheinend ebenfalls, denn Paps warf mir einen warnenden Blick zu. Also beließ ich es dabei, dem in der Küche Verschwindenden nur noch einen bösen Blick zuzuwerfen, hing seine anscheinend heißgeliebte Jacke auf und setzte wieder ein Lächeln auf. Nur die Ruhe… Der andere Zwilling – ich wusste einfach nicht, wen ich wie nennen sollte; vielleicht Finsterling und Zwangsjacke? – sah mich entschuldigend an. Aha, ihm gefiel das Verhalten seines Bruders also auch nicht. Na, das war doch schon mal ein Anfang. Vielleicht war er ja doch umgänglicher als es schien. „Hallo, Rei. Alles klar bei dir?“, fragte er und schüttelte mir die Hand. Sie war schön warm, perfekt zum Reinkuscheln… Meine Anspannung löste sich etwas und still änderte ich den Spitznamen, den ich mein Gegenüber gegeben hatte von Zwangsjacke in eventueller Anwärter auf eine neue Beziehung oder kurz heißer Posten. „Jupp, alles bestens und bei dir?“ „Ja, auch. Der Kerl da nervt nur.“, erwiderte er und verdrehte die Augen. Oh, ich hatte Recht. Nur mit Mühe konnte ich ein zufriedenes Grinsen unterdrücken. „Sorry, aber er war heute schon den ganzen Tag mies drauf. Besonders, nachdem er seinen Schatz verabschieden musste, wurde er unerträglich. Normalerweise ist er etwas…netter. Tut mir wirklich Leid.“ „Ach, kein Problem.“ Höflich wie ich war winkte ich ab. Schließlich konnte ich ihm ja schlecht ins Gesicht sagen, dass mir das Benehmen seines Bruders sehr wohl gegen den Strich ging und dass er ihm mal eine gehörige Tracht Prügel verpassen sollte, damit er endlich Manieren lernte! Ich für meinen Teil hatte aus diesen paar Minuten geschlossen, dass der Kerl in der Küche Joshua und der vor mir Zack sein musste. Also war alles beim Alten geblieben. Und ich hatte mir schon Hoffnungen gemacht, dass Joshua es endlich aufgegeben hatte, mich zu ärgern. Aber ich sollte froh sein, dass ich nur einen mit einer solchen Laune ertragen musste, bei zweien…ich wäre definitiv zu einem unberechenbaren Nervenbündel verkommen, das jedem an die Kehle gehen wollte, der auch nur entfernte Ähnlichkeit mit ihnen hatte. So war noch alles im Rahmen der Erträglichkeit. Mein Pa kam gerade schnaufend mit einem zweiten Koffer angewankt, stellte ihn im Flur ab und grinste in die winzige Runde. „Aah, ich sehe, ihr unterhaltet euch schon. Wo ist denn der Dritte im Bunde abgeblieben?“ Ich deutete mit dem Kinn auf die Küchentür, ansonsten blieb ich stumm. Für den Kerl lohnte es sich nicht, allzu viel Energie zu verschwenden. „Oh. Habt ihr ihn alleine gelassen? Na ja. Okay…“ Er klang nicht allzu begeistert, doch auch ihm musste doch aufgefallen sein, dass dieser schwarzhaarige Holzkopf nicht gerade der Netteste war! Paps seufzte noch einmal kurz, schnappte sich dann aber wieder den Koffer, den er für seine Verschnaufpause vor sich auf dem Boden abgestellt hatte, und machte sich dann wieder auf den Weg nach oben in me–! Um Gottes Willen, ich hatte total vergessen, dass ich ja jetzt die nächsten Jahre mit besagtem Vollidioten in einem Zimmer wohnen musste! Oh nein, wie sollte ich das bloß überleben?! Meine Augen wanderten hilfesuchend zu dem anderen Zwilling, der mich fragend ansah und dann leicht irritiert die Stirn runzelte. Er verstand ganz offensichtlich nicht, was bei mir dieses Entsetzen, das mir nun ganz deutlich im Gesicht prangte, ausgelöst hatte; aber das war ja eigentlich klar gewesen, schließlich konnte er nicht in meinen Kopf gucken. Wessen Glück das jetzt wohl eher war, ließ ich offen. Leicht überreizt ließ ich meinen Blick wieder sinken, atmete tief durch und sah dann doch wieder auf. Es half alles nichts, ich würde jetzt in die Küche gehen und dort das Essen wieder aufwärmen müssen, weil diese drei hungrigen Schnecken zu langsam gewesen waren. Toll, oder? Ohne noch ein weiteres Mal zu dem heißen Posten – ich konnte mich beim besten Willen entscheiden, wie ich die Beiden sonst unterscheiden sollte – zu sehen, tapste ich in die Küche, wo ich schon von einem finster vor sich hinkauenden Schwarzhaarigen, dessen Blick noch düsterer wurde, als er mich bemerkte, erwartet wurde. Doch auch mein Blick, den ich ihm zuwarf, hatte nichts Freundliches in sich. Das einzige, was er beinhaltete, war eventuell der Zwang, ihm nicht sofort für das, was er keine zwei Sekunden später sagte, den Hals umzudrehen. „Schön, dass man hier auch mit einem warmen Essen und Trinken begrüßt wird.“ Seine Stimme hätte kaum mehr vor Ironie triefen können. Ich spürte, wie mein Gesicht auf der Stelle hochrot anlief und verspannte mich noch mehr als ich es ohnehin schon gewesen war. Dieser…! Von intensiver Ruhe erfüllt ging ich auf den Kühlschrank zu, öffnete ihn, holte eine Flasche Saft hervor und kehrte langsam zu dem Tisch, den ich vor fast zwei Stunden gedeckt hatte, zurück. Wo ich ihm dann ohne zu Zögern besagte Flasche vor seiner Nase auf das Holz knallte. Dieser Nörgler wagte es, einfach so dazusitzen und beim Kauen ein Gesicht zu ziehen als hätte er in eine Zitrone gebissen. Vielleicht hätte ich nicht ganz so aggressiv reagiert, wenn ich nicht in Punkto Kochen meinem Vater sehr ähnlich gewesen wäre. Kritisierte jemand meine Gerichte, in die ich immer verdammt viel Mühe steckte, sah ich rot – besonders, wenn ich wusste, dass diese Kritik aus reiner Antipathie entstanden war. „Wie kannst du es bloß wagen, mein Essen zu bemängeln?! Erstens: Hättest du es ein bisschen eher hierhin geschafft und nicht viel zu lange gebraucht, um deinen ach so tollen Schatz zu verabschieden, wäre das Essen sicher noch warm gewesen. Zweitens: Ich hätte das Zeug eigentlich jetzt noch mal aufgewärmt, aber da der Herr es ja lieber kalt zu haben scheint – Bitteschön!“ Erst schrak der Finsterling zurück, doch kaum hatte ich das Wort Schatz in den Mund genommen, trat seinerseits ein gefährliches Funkeln in die Augen meines Gegenübers. „Ich kritisiere dieses ungenießbare Zeug so viel ich will, verstanden? Übrigens ist es viel zu lasch, richtig übel! Schon mal was von Gewürzen gehört?! Und was meinen Schatz angeht…das hat dich nicht zu interessieren! Oder…“ Er musterte mich abschätzig und grinste mich anschließend hinterhältig an. „Oder bist du etwa eifersüchtig, weil du niemanden mehr hast~?“ „Woher –?!“ Ein lautes Scharren. Ich fuhr zur Tür herum, in der mein Vater stand und betreten zu Boden sah. War ja klar gewesen. In seiner zu jeder Zeit vorherrschenden Übervorsicht hatte er versucht, mich vor unbedachten Kommentaren, die mir hätten wehtun können, zu schützen. Das war ja echt lieb von ihm, doch er sollte in Zukunft vielleicht eher darüber nachdenken, wem gegenüber er was sagte! Jemand kicherte leise hinter meinem Rücken; wieder fuhr ich herum. „Tja ja, so schnell kann’s gehen. Aber ich wundere mich nicht darüber, dass er dich verlassen hat. Du siehst ja schon so schwul aus. Widerlich!“ „Jetzt ist aber genug!“, wurde Finsterlings verächtliches Schnauben im Ansatz erstickt. Der andere Zwilling war in die Küche getreten und sah wütend an mir vorbei zu seinem Bruder, während ich mit brennenden Augen versuchte, meinem Impuls der Mordlust nicht nachzugeben. Was mir durch ein übertrieben lässiges „Ist doch wahr! Ich hoffe bloß, ich komme nicht mit dem in eine Klasse. Wäre ja echt peinlich…“ erheblich erschwert wurde. So dauerte es eine gewisse Zeit lang, bis ich eine einigermaßen annehmbare Antwort formen konnte. „Wenigstens geile ich mich nicht daran auf, andere Leute niederzumachen!“, erwiderte ich noch mit erstickter Stimme und rauschte an meinem verwirrt wirkenden Vater, der anscheinend erst jetzt bemerkt hatte, warum der gute Zwilling und ich uns alleine unterhalten hatten, vorbei aus dem Raum, konnte mich gerade noch so in mein Zimmer retten, bevor erneut ein Damm in mir brach. Gott, war das grauenvoll! Ständig dieses ewige Geheule und nichts, was ich dagegen hätte tun können! Es war ja wirklich nicht so, dass ich Szenen wie die gerade eben nicht schon öfters erlebt hatte – das Gegenteil war sogar der Fall – doch jedes Mal verletzte mich auf eine unbeschreibliche Art und Weise neu, sodass ich keine Chance hatte, den Schmerz auf welche Weise auch immer anzunehmen und dadurch ertragen zu können. Zwar wollte ich das auf der einen Seite auch nicht, da ich mich dann selbst für ein gefühlsloses Etwas halten würde, aber etwas weniger Schmerz wäre dann doch wünschenswert. Aber wahrscheinlich war ich einfach zu nah am Wasser gebaut für diese Welt, als dass diese Minderung je geschehen könnte. So jedenfalls blieb mir nichts anderes übrig, als diese Schmähungen zu ertragen – aus irgendeinem mir unerfindlichen Grund fiel es mir meistens unglaublich schwer angemessen zu kontern – und danach eine Runde Selbstmitleid zu schieben. Plötzlich klopfte es vorsichtig an meiner Tür, jemand kam hinter mir ins Zimmer hinein. Ich verkrampfte mich und krallte meine Finger fester in mein Kissen, das gerade leiden musste, versteckte mein Gesicht stur darin. Ein leises Seufzen, dann setzte sich jemand neben mich aufs Bett und ich spürte, wie der eben Eingetretene über meine Haare strich. Es hatte etwas Tröstliches an sich, auch wenn ich genau spüren konnte, dass es nicht die Hand meines Vaters war. Moment mal…nicht mein Pa?! Ich schrak hoch und sah direkt in die Augen des Netteren der beiden Brüder, der seine Hand jetzt schuldbewusst zurückzog. Als wenn es mir etwas ausmachte, getröstet zu werden! Nachdem ich mir noch mal kurz über die Augen gewischt hatte – mittlerweile hatte ich aufgehört zu weinen, vor Schreck hatte ich es komplett vergessen! – musterte ich mein Gegenüber neugierig, der sich nervös an den schwarzen Haaren rumspielte und zwischendurch tief Luft holte, als wolle er etwas sagen und es dann doch nicht tat. Anscheinend fehlen auch ihm die Worte, was seinen Bruder angeht…, dachte ich trocken und starrte ihn weiter an, bis er besonders tief durchatmete und leise sagte: „Es tut mir schrecklich Leid. Ehrlich…“ Diese zusätzliche Bestätigung hätte er besser lassen sollen. Sie wirkte deprimierend auf mich. Als ich nicht reagierte, fuhr er fort: „Wirklich, ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist. Er ist ja normalerweise ganz nett.“ Der heiße Posten wirkte irgendwie total hilflos auf mich, wie er so seine Worte von vorhin wiederholte und nicht zu wissen schien, was genau er tun sollte. Aber süß, dass er sich dann trotzdem noch bemühte… „Ich weiß, das hört sich alles nach einer Ausrede an, mit der ich dich zu beschwichtigen versuche, damit das Leben hier in den nächsten Jahren erträglich wird und ihr euch nicht regelmäßig umbringen wollt, aber es ist die reine Wahrheit. Bitte verzeih ihm, er hat wahrscheinlich einfach nur einen schlechten Tag~“ Ich schnaubte. Schlechter Tag? Dem gab ich gleich schlechter Tag! Mein Gegenüber sollte sich vielleicht mal anschauen, gegen welche Neigung von mir die Kommentare seines Bruders speziell abgezielt hatten, dann konnten wir eventuell noch einmal über die Sache mit dem schlechten Tag reden. Und überhaupt: wenn ich diesem Kerl verzeihen sollte, musste er mich schon selbst und auf Knien – am besten noch den Boden vor mir küssend – darum anflehen! Was das anging war ich echt nachtragend. Betretenes Schweigen folgte. Währenddessen wurde ich immer unruhiger. Mir brannte immer noch diese eine Frage auf der Zunge, nur wollte ich ihn auch nicht daran hindern, noch irgendetwas zu sagen. Doch irgendwann kribbelte sie so unerträglich, dass ich meiner Neugierde nachgeben musste. „Wie soll ich euch beide eigentlich nennen?“, platzte es aus mir heraus. Der Schwarzhaarige vor mir sah mich erstaunt an; da hatte wohl jemand die Tatsache vergessen, dass ich nur ihre Namen und nicht die ‚Zuordnung’ kannte. Nach einer kleinen Schrecksekunde wurde sein Gesicht leicht verlegen. „Weißt du, Rei…darf ich dich überhaupt so nennen?“ Ich nickte und bedeutete ihm stumm weiterzusprechen. „…Es ist einfach so, dass…er will nicht, dass ich dir sage, wer von uns wer ist.“ „Was?!“ Was war das denn jetzt schon wieder für ein unsinniger Mist?! Ging’s diesem Kerl eigentlich noch gut?! Erst beschimpfte der mich und jetzt durfte ich noch nicht einmal wissen, wie er hieß, damit ich ihn ordentlich zurückbeschimpfen konnte?! „Er will, dass du es von alleine herausfindest.“, erklärte der heiße Posten weiter. Ziemlich kleinlaut aber. Anscheinend spürte er, dass mir das, was ich da von ihm zu hören bekam, überhaupt nicht gefiel. „Und wie zum Henker soll ich das bitteschön anstellen?“, fauchte ich auf dem Weg zur Hundertachtzigermarke. Sofort verzog er das Gesicht und zuckte mit den Schultern. „So ganz weiß ich auch nicht, wie er sich das vorgestellt hat, ich darf dir ja schließlich auch keine Tipps oder so was geben, aber…vielleicht wäre es am besten, wenn du ihn ‚Kashiwazaki’ nennst und mich ‚Zaki’. Als Abkürzung halt…“ Meine Gedanken rasten. Ob das wirklich nur eine Abkürzung sein sollte? Oder doch eher ein Tipp? Schließlich waren sich ‚Zaki’ und ‚Zack’ sehr sehr ähnlich… Nachdenklich musterte ich mein Gegenüber, der mich gespannt ansah, bis mir auf einmal auffiel, dass ich ihm noch gar nicht gesagt hatte, was ich von seiner Idee hielt. Peinlich berührt lächelte ich ihn an. Jetzt war mir die Rolle des Vergesslichen zugefallen. „Okay, ist gebongt, Zaki~“ Er grinste erleichtert und ich war um mein Problem erleichtert. Schließlich musste ich jetzt nicht mehr zwischen dem heißen Posten und dem Finsterling unterscheiden, was auf Dauer ja auch ziemlich bescheuert war. Blieb also nur noch die Frage, wie ich die Beiden unterscheiden sollte, wenn sie nicht gerade beide vor mir standen, aber das würde ich wohl an ihrem grundverschiedenen Verhalten erkennen können. Gedanklich ging ich noch mal die Szene in der Küche durch. Erst seine Beleidigungen gegenüber meinem Essen, dann die Sache mit meinem Pa, noch mehr Beleidigungen, Zakis Eingriff, meine Mordlust, die Sache mit der Peinlichkeit, wenn er in meine Klasse käme, mein Wutanfall, die– Halt! Hatte ich da gerade tatsächlich etwas mit meiner Klasse gehabt?! Ich spulte meine Gedanken zurück und ‚sah’ mir die Stelle noch einmal genauer an. „Ist doch wahr! Ich hoffe bloß, ich komme nicht mit dem in eine Klasse. Wäre ja echt peinlich…“ NEIN! BITTE NICHT!, schrie es in mir auf. Voller Panik durchbohrte ich den Zwilling vor mir mit meinem Blick, hätte ihn am liebsten am Kragen gepackt, durchgeschüttelt und angefleht, dass er mir sagen solle, dass meine Gedanken gerade in die völlig falsche Richtung abgedriftet waren. Zaki musterte mich skeptisch; kein Wunder: ich musste gerade wie ein wildes Tier wirken. „Alles okay?“ NEIN! NICHTS IST OKAY! „Beantworte mir nur eine Frage – dann vielleicht.“ „Okay…“ „Was meinte dein Bruder damit, dass er hofft, nicht in meine Klasse zu kommen?!“ „Oh~“, machte er. „Das ist auch noch so eine Episode. Er ist vor zwei Jahren ein Mal sitzen geblieben und ist jetzt deshalb in deiner Stufe.“ Wieder ein Aufschrei, doch diesmal blieb ich stumm. Nur mein Gesicht sagte so ziemlich alles von „Aah!“ über „Mord!“ und „Nein!“ bis „Zaki, hilf mir!“ Nicht wissend, was er tun konnte oder sollte, tätschelte Zaki meine ins Laken gekrallte Hand. „Keine Sorge, wir wissen noch gar nicht, in welche Klasse wir kommen; nur die Stufe ist klar. Vielleicht hast du ja Glück und er kommt doch in eine andere Klasse.“ Warum immer auf die Kleinen?, dachte ich daraufhin bloß und nickte mutlos. Bei meinem Pech würde Kashiwazaki zu hundert Prozent in meine Klasse kommen und dann auch noch direkt neben mir sitzen. Ich wusste doch, welche Chancen ich bei dem Leben hatte! Nachdem ich mich noch einmal kurz versichert hatte, dass ich im Moment nicht in der Gefahr schwebte, erneut loszuheulen, sah ich den Schwarzhaarigen vor mir von unten her leidend an – das zog bei den meisten –, da ich getröstet werden wollte. Dabei fiel mir etwas auf, das ich bisher noch nie bemerkt hatte, obwohl ich so klein war, dass ich mich eigentlich in der perfekten Position dafür befand. Neugierig beugte ich mich vor und fing schließlich an zu grinsen. „Hat dein Bruder das auch?“ Während ich sprach, stupste ich vorsichtig seine Haut an der Stelle, die ich meinte, an. „Was?“ „Na…diesen Leberfleck unter deinem Kinn.“ Erstaunt fasste er sich dorthin, mein Grinsen wurde breiter. „Den hatte ich ja fast vergessen…“, meinte er und schmunzelte. Oh Gott, stand dem das gut! Zaki sollte wirklich mal öfters lächeln, jeder würde auf ihn fliegen! Obwohl…das hieße ja, dass ich ihn teilen müsste…Nein, in diesem Fall sollte er es nur in meiner Gegenwart tun… Nicht, dass ich etwas Bestimmtes vorgehabt hätte, aber…sicher war sicher! „Nein, mein Bruder hat den nicht. Wir haben früher, als wir noch klein waren, immer geguckt, woran man uns unterscheiden kann. Dieser Leberfleck ist eines dieser Merkmale.“ Erleichtert atmete ich auf. „Dann weiß ich ja jetzt endlich, wie ich euch auseinanderhalten kann~!“ „Ich denke, dass kannst du auch so schon an unserem Verhalten.“, erwiderte mein Gegenüber trocken und grinste mich schräg an. „Ja, aber…ich meine…wenn er mal versuchen sollte, mich zu verarschen und dann dein Verhalten kopiert, habe ich immer no-!“ „Nein.“, unterbrach er mich schroff und musterte mich ein wenig unterkühlt. „Mein Bruder ist nicht so. Er sagt einem viel lieber direkt ins Gesicht, was ihm nicht passt. Und dass er dabei nicht gerade sanft vorgeht, dürfte dir ja mittlerweile bekannt sein. Sieh’s positiv, jetzt kennst du schon mal einen seiner wichtigsten Charakterzüge.“ Mir entfuhr ein verächtliches Schnauben. „Und was soll mir das bringen? Etwa Neunhundertneunundneunzigtausendneunhundertneunundneunzig Gummipunkte und eine pinke, aufblasbare Waschmaschine? Nein, danke, ich verzichte!“, fauchte ich ihn bissiger als geplant an. Zaki schüttelte aber nur leicht grinsend den Kopf. Fand er es lustig, dass ich mich so über seinen Bruder aufregte? Warum bloß konnte ich an dieser Sache nichts Lustiges finden?! „Das zwar nicht, so sehr mir dieser Anblick gefallen würde, aber du bist vorbereitet, wenn er wieder zuschlägt, und kannst besser kontern.“ „Super!“, murmelte ich sarkastisch und erntete einen sanften Klaps auf den Hinterkopf für diese Frechheit. „Wenn du so denkst, dann warte doch einfach nur ab, bis es besser wird. Vielleicht hast du Glück und es ist schon in ein paar Tagen so weit.“ „Und wenn ich Pech habe?“ „Dann…“ Zakis Gesicht wurde düsterer, als er sich selbst unterbrach. „Darüber sprechen wir besser erst, falls es wirklich dazu kommen sollte. Wozu denn den Teufel an die Wand malen?“ Na klasse, das brachte es mir auch! Grummelnd drehte ich mich von ihm weg, woraufhin er sich erhob und mir mit einem leisen „Bis nachher dann!“ die Haare durchwuschelte. Ich konnte spüren, dass er noch kurz hinter mir stand und anscheinend eine Antwort, die ich ihm nicht gewährte, erwartete, doch auch dieser Augenblick verging und die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Augenblicklich drehte ich mich wieder auf den Rücken und starrte meine Zimmerdecke, auf die mein Digitalwecker per Laser die Zeit projizierte, an. Erst fünf nach zehn… Ich verzog das Gesicht. Wegen dieser ganzen Aufregung kommt es mir so vor als hätten wir schon fünf nach zwölf! Wieder drehte ich mich auf die Seite, diesmal in die Richtung der Tür. ‚Zaki’ durfte ich ihn jetzt also nennen. Hmm… Mich quälte die Frage, ob es wirklich nur der Unterscheidung dienen sollte, oder ob nicht vielleicht doch noch etwas anderes dahintersteckte. Vorhin hatte ich ja gar nicht richtig darüber nachdenken können, aber wenn ich jetzt schon mal die Zeit hatte… Leider konnte ich diese nicht wirklich nutzen, denn schon bald schweiften meine Gedanken zu belangslosen Träumereien ab und ich schlief, ohne es wirklich zu bemerken, ein. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Entgegengesetzt Zakis Vermutung wurden die nächsten Tage nicht besser. Schlimmer war die treffendere Bezeichnung. Kashiwazaki piesackte und quälte mich auch weiterhin, wie es ihm gerade in den Kram passte und auch ich würgte ihm eine rein, wann immer es ging, doch meistens zog ich den Kürzeren und verkroch mich anschließend wie ein geprügelter Hund in meinem Zimmer, das Lachen dieses Finsterlings immer noch in den Ohren – oder ich musste von dem anderen Zwilling gerettet werden, der diese Entwicklung voller Beunruhigung gemeinsam mit meinem Vater beobachtete. Paps hatte sogar angeboten, etwas gegen diesen ganzen Mist zu tun, doch ich hatte abgelehnt, was die Sorgenfalten in seinem Gesicht sichtbar vertieft hatte. Aber mit diesem Kerl würde ich schon alleine fertig werden. Diesen Triumph wollte ich mit um nichts in der Welt nehmen lassen! Das hatte ich mir fest vorgenommen und meinen Willen anschließend auf die höchste Sturheitsstufe gestellt, um den Stress mit Kashiwazaki zu überstehen. Doch ebenso wie die schlimmen Momente, in denen ein Hackebeil mein größter Wunsch war, gingen auch die Ferien zu Ende. Und das war wirklich ein Grund zum Fluchen. Jetzt kam ich nicht mehr darum herum, all die Bescheuerten an meiner Schule wieder sehen zu müssen. Nur machte das diesen Morgen des ersten Schultages, den die beiden Zwillinge an meiner Schule antreten sollten, auch nicht gerade besser. Die Fäuste, zu denen meine Hände geballt waren, wurden fester, ich konnte schon meine Knöchel knacken hören, während ich wütend auf den Schlafenden hinabsah. Selig lächelnd lag er dort auf dem Doppelklappbett, als hätte er noch lange nicht etwas zu tun, geschweige denn aufzustehen. Eigentlich hätte er das aber spätestens vor zehn Minuten tun müssen und im Prinzip war es mir auch egal, ob er es tat, oder nicht, aber ich sollte unsere Mitbewohner laut Anweisung meines Vaters, der schon auf der Arbeit war, ins Sekretariat bringen, damit sie in ihre Klassen gebracht werden konnten, und wenn dieser Mistkerl dort unten nicht bald seinen hochwohlgeborenen Arsch bewegte, würden wir alle zu spät kommen! Nicht, dass ich etwas dagegen gehabt hätte, mal zu spät zu kommen. Aber heute wurden die Sitzplätze wieder neu verteilt und ich wollte mir unbedingt meinen Platz am hintersten Fenster sichern. Weiter vorne bekam ich einfach keine Ruhe! „Kashiwazaki…“, knurrte ich heute wohl zum hundertsten Mal, diesmal jedoch mit einer ziemlich bedrohlichen Stimme, und verpasste dem Schwarzhaarigen auf der Matratze einen leichten Tritt in die Seite. „Wenn du nicht sofort aufstehst, werde i–“ Weiter kam ich nicht, denn in diesem Augenblick drehte der Finsterling sich mit einem Ruck zu mir um, packte mein Bein und zog daran. Erschrocken japste ich auf, ruderte mit den Armen und taumelte einige Male hin und her, bevor die Schwerkraft diesen Kampf für sich entschied und ich nach vorne und direkt auf Kashiwazaki – wie hätte es bei meinem Glück auch anders sein können? – kippte. Ich gab beim Aufprall ein erschrockenes Keuchen von mir und wollte schon von ihm runterrutschen, doch bevor ich auch nur irgendetwas hatte tun können, schubste er mich von sich. Verwirrt blinzelnd landete ich auf der Matratze neben ihm; ein erleichtertes Lächeln breitete sich auf meinen Gesicht aus, als ich die Gefahr für gebannt erkannte. Aber keine zwei Sekundenbruchteile später war er über mir, beugte sich mit einem dämonischen Grinsen tiefer und tiefer zu mir herunter. Mein Mund wurde ganz trocken, als ich in seine hämisch glitzernden Augen sah, und mein Herz machte einen ängstlichen Hüpfer, bevor es begann, voller Panik gegen meinen Brustkorb zu trommeln. Unfähig mich zu bewegen starrte ich weiter zu ihm hinauf und fühlte mich dabei mehr und mehr wie eine Maus, die von einer äußerst hungrigen Schlange beobachtet wurde. Hilfe…! „Na~? Wie gefällt dir das?“, säuselte es da zärtlich an meinem Ohr. Gott, er war viel zu nah an meinem Hals! Ich konnte schon seinen warmen Atem spüren, als ich erschrocken feststellte, dass seine Lippen nur kurz über meinem Nacken schwebten und ich eigentlich nur noch die Decke mit den roten Zahlen meines Digitalweckers anstarrte. Er strich ein bisschen weiter nach unten, bevor er fortfuhr. „Wie ich dich kenne, wird das unglaublich gut sein, was?“ Seine Hand wanderte über meinen Oberkörper, bis sie schließlich an der Stelle, an der mir gerade mein lebenswichtigstes Organ zu entfliehen drohte, Halt machte. „Ja…dein Herz rast…und das, obwohl du mich doch hasst. Wie erbärmlich…du bist wirklich eine verdorbene, kleine Schwuchtel!“ Ein protestierendes Krächzen wich mir von den Lippen. „Sei still, sonst werde ich unangenehm.“, kam es augenblicklich von dem Kerl über mir. Ich setzte zu einer mehr als nur gepfefferten Antwort an – mittlerweile hatte ich mich wieder so halbwegs gefangen – als Kashiwazaki mir grob den Mund zuhielt und mich noch etwas stärker auf die Matratze drückte. Ein gleichzeitig zufriedenes und angewidertes Grinsen machte sich in seinen Zügen breit. Jetzt konnte ich mich wirklich nicht mehr rühren. So eine Scheiße aber auch!, dachte ich mit weit aufgerissenen Augen und versuchte, ihn mit meinem Blick zu durchbohren. Doch nicht einmal das half etwas. „Hey…so hilflos gefällst du mir sogar richtig gut, Kleiner.“ Sein Schnurren ließ mich laut aufjapsen. Was zum–? Was denkt der sich eigentlich?! „Wenn man dein Gesicht betrachtet und sich die Haare ein bisschen länger vorstellt, könntest du glatt als Weib durchgehen.“, raunte er ganz nah an meinem Ohr, meine Nackenhaare stellten sich vor Abscheu auf. „Schade nur, dass du’s nicht bist, sonst hätte ich mich glatt mit dir anfreunden können. Du denkst jetzt bestimmt, Anfreunden können wir uns auch so, aber es gibt da eine kleine Kleinigkeit, die mich stört…“ Seine Hand glitt zu meiner Hose hinab, streichelte dort sanft auf und ab. Schlagartig wurde mir heiß und kalt zugleich, was der Kerl, der über mir hockte, jedoch sofort wieder mit seinen Worten zunichte machte – was wahrscheinlich mein Glück war. „Na…wirst du schon spitz? Ich weiß ja, wie ihr es treibt. Einer kann hemmungslos das tun, was er will und der Andere muss im wahrsten Sinne des Wortes einstecken…!“ Das leise „Widerlich!“, das er noch hintendran hängte, überhörte ich geflissentlich und versuchte stattdessen, irgendwie seine Hand, die sich so unangenehm bemerkbar machte, abzuschütteln und wand mich mit aller Kraft, die ich aufbieten konnte; aber er drückte mich, als wäre es das Einfachste dieser Welt, nur noch fester nach unten, was mir einen leisen Laut der Pein entlockte, denn sein Griff war dabei alles andere als sanft! „Ach, komm schon, sei nicht so wehleidig!“, lachte er daraufhin bloß. „Du genießt es doch, so niedergeworfen zu werden und wartest bestimmt schon darauf, einmal so richtig von mir durchgenommen zu werden!“ „Nein~!“ Meine Stimme war durch den Versuch, nicht zu wimmern, ziemlich gepresst, wodurch sie – oh Wunder, oh Wunder – den gleichen Effekt auf ihn hatte wie ohne mein Bemühen. Nämlich gar keinen. Dafür legte er seine Lippen auf meinen Hals und machte sich unverzüglich daran, ihn zu liebkosen. Sein Knabbern und Saugen war unglaublich sanft…und die Berührungen seiner Hände erst! Es machte mich schier wahnsinnig, stand es doch völlig im Gegensatz zu seinen bisherigen und auch noch folgen sollenden Worten. „Willst du mehr~?“, hauchte er und leckte über meine Nervenstränge, ignorierte dabei konsequent mein wildes Kopfschütteln und sprach stattdessen weiter. „Ihr Schwuchteln seid doch alle gleich. Ihr nehmt immer den Erstbesten, der euch geboten wird – also gib dich gefälligst auch mit mir zufrieden!“ Irgendwann schaffte meine Stimme es tatsächlich, sich zu einem „Ich will nicht~!“ aufzuraffen – was der Finsterling prompt mit Fingernägeln in meinen Handgelenken belohnte. Ich schrie leise auf. „Tu nicht so, oder willst du etwa, dass ich dich dazu zwinge mit–“ Ein wütender Ausruf verhinderte, dass ich erfuhr, wozu er mich mit wem zwingen wollte, doch das war mir jetzt egal. Viel lieber sah ich zur Tür, in der meine Rettung in Form eines Gottes, der vor Zorn geradezu rauchte, erschienen war. Natürlich war es kein richtiger Gott, das wäre ja auch zu schön gewesen. Aber ein wütender Zaki reichte mir auch vollkommen aus! Vielleicht sollte ich diese übernatürlichen Strahlen aus meiner Einbildung streichen, damit diese Aussage wirklich wahrheitsgetreu blieb, doch im Moment hatte ich ganz andere Dinge im Kopf. Schließlich sah dieser Kerl gerade noch besser aus als in meinen – nein, böser Gedanke! Aus! – als je zuvor. Einfach nur wow. Kaum dass Kashiwazaki ihm ebenfalls den Kopf zugewandt hatte, stand er auch schon bei uns und zerrte seinen Zwillingsbruder von mir runter, während er zur gleichen Zeit losbrüllte. „Sag mal, was zum Henker ist denn jetzt in dich gefahren? Ist dir eigentlich klar, was du da fast getan hättest? Du hättest ihn beinahe vergewaltigt und das ist strafbar, du Vollhonk! Warum hast du das gemacht?! Sind deine ohnehin schon wenigen Gehirnzellen jetzt etwa auch noch durchgebrannt?! Lass den Kleinen endlich in Ruhe! Was hat er dir eigentlich getan, dass du ihn so scheiße behandelst?!“ „Er ist schwul, das reicht.“ Der Finsterling stand mit verschränkten Armen seinem zornesrauchenden Zwillingsbruder gegenüber und sah diesen gelassen an. Nur seine Beine, die sich in kampfbereiter Stellung befanden, gaben einen Hinweis darauf, dass er nicht ganz so ruhig war wie er tat. „Wie bitte?! Hast du überhaupt eine Ahnung, was du da sagst?!“ „Natürlich. Du kennst mich ja!“, meinte Kashiwazaki kühl und fing an, mit seinem Fuß auf den Boden zu tappen. Wartete er auf irgendetwas? „Ja.“ Zaki knirschte mit den Zähnen. „Leider. Komm, Rei.“, fügte er nach einer kleinen Pause hinzu, zog mich behutsam von dem Klappbett und aus dem Zimmer hinaus. Er wollte ganz offensichtlich so schnell wie möglich von seinem Bruder wegkommen und ich konnte dieses Verlangen nur zu gut nachvollziehen. Ein dumpfes Krachen ertönte plötzlich hinter uns und ich zuckte erschrocken zusammen, wollte mich schon nach der Ursache umdrehen, doch Zaki gab mir keine Chance dazu und schob mich ins Badezimmer, schloss die Tür hinter sich ab. „Alles okay bei dir?“, fragte er und strich sich ein paar der schwarzen Strähnen aus seinem Gesicht. Ich nickte bloß stumm und starrte ihn aus großen Augen an. Ich wollte mich bei ihm bedanken, bloß…wie? Ein einfaches „Danke“ würde nicht reichen, zu schlimm war das, was mir hätte widerfahren können, wenn er nicht gekommen wäre. „Oh Gott, geh mir bloß mit diesem Hundeblick weg! Der weckt ja noch Beschützerinstinkte in mir!“, meinte mein großer Retter, lachte und zog mich auf einmal an sich. Verwirrt blinzelnd lag ich an seiner Brust und lauschte verzückt seinen folgenden Worten. „Hey…es ist schon in Ordnung, ich habe dir gerne geholfen, du musst nichts sagen.“ Seine Hand strich mir sanft über die Haare und ich drückte mich etwas enger an ihn, schmiegte mich glücklich lächelnd an sein Shirt. Eine angenehme Ruhe hatte von mir Besitz ergriffen. Wie ich in seinen Armen lag…hach...! Ich wäre gerne noch eine ganze Weile so geblieben, aber es dauerte nicht lange, da hob Zaki auch schon seinen Arm und sog scharf die Luft ein. „Rei, hast du Hunger?“, fragte er mich leicht gehetzt und sah mit einer Art Bettelblick zu mir nach unten. Ich schüttelte den Kopf. Kashiwazaki hatte mir gerade den Appetit aufs Gründlichste verdorben und ich aß morgens eh nie viel. „Gut. Sonst würden wir jetzt zu spät kommen.“ Er drückte mir meine Zahnbürste in die Hand und fuhr fort: „Mach dich schon mal fertig, ich warte im Flur auf dich, ja? Bis gleich.“ Nach einem kurzen Haarwuscheln, schob er sich an mir vorbei und verließ das Bad. Ich lächelte ihm ein wenig verpeilt hinterher. Vielleicht täuschte ich mich, aber es kam mir so vor als wäre das der Grundstein zu einer neuen L…Beziehung. Weiter mochte ich erst gar nicht denken. Fünfundzwanzig Fehlschläge waren mehr als nur Grund genug, bei der Wahl des Richtigen Vorsicht walten zu lassen. Meine Gedanken völlig an Zaki hängend wandte ich mich dem Spiegel zu und begann damit, mit fertigzumachen. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Nur eine Stunde später saß ich mies gelaunt an meinem Platz in der Schule und starrte aus dem Fenster. Von meiner eh schon kümmerlichen von Zaki ausgelösten Hochstimmung war nichts mehr übriggeblieben. Ich wollte einfach nur noch weg. Vor ein paar Minuten war er nämlich hereingekommen, hatte sich mit einem einfachen „Kashiwazaki mein Name. Tag auch.“ vorgestellt und war daraufhin von meinem Klassenlehrer – verflucht möge er sein! – direkt neben mich gesetzt. Aber was hatte ich auch anderes erwartet? Das war nun mal mein Glück. Verdammt! Erst vergewaltigte mich dieser Mistkerl halb und jetzt sollte ich ganz ruhig neben ihm sitzen und so tun als wäre nie etwas gewesen? So langsam glaubte ich echt, dass mein Pech nicht größer werden konnte. Aber was tat man nicht alles für die Blutsbrüderschaft seines Vaters? „So. Jetzt löst auf Seite zweiundachtzig die Aufgaben zehn und elf. Am Ende der Stunde werde ich rumgehen und eure Lösungszettel einsammeln. Ich werde benoten, was ihr geschafft habt, also trödelt nicht!“ Also wirklich, ich sollte eine Gehaltserhöhung, beziehungsweise mehr Taschengeld verlangen! Schlecht gelaunt griff ich nach meinem Mathebuch, während ich diesem wahnwitzigen Lehrer da vorne an der Tafel einen Blick zuwarf, der ihn das Fürchten gelehrt hätte, wären seine Augen in diesem Augenblick in meine Ecke gewandert. Aber mal wieder wollte mir mein Glück nicht hold sein. Ich suchte nach der richtigen Seite und lehnte mich dabei über das Buch, wobei ich versuchte, den stechenden Blick, der sich plötzlich auf mich richtete, zu ignorieren. Ah, da war ja die Seite. Und die Aufgabe…da! Ich wollte gerade anfangen zu rechnen, als sich plötzlich ein leise gehauchtes „Rei~“ in mein Ohr schlich. Erschrocken erstarrte ich mitten in der Bewegung. Oh nein, bitte lass ihn nicht das Buch brauchen…! Kashiwazaki beugte sich ganz nah zu mir hinunter. Ich unterdrückte den Impuls schreiend aufzuspringen und drückte mich stattdessen enger an das Buch. „Was willst du?“, fragte ich kühl – und zu meinem Bedauern auch noch viel zu belegt. „Ooh~, warum bist du denn jetzt so kalt zu mir?“, kam es gedehnt von meinem verhassten Sitznachbarn. „Vorhin hast du dich doch noch ganz heiß unter mir gewunden. Sag bloß, du bist enttäuscht, weil wir so schnell unterbrochen wurden?“ „Halt die Fresse!“, knurrte ich, konnte jedoch die Hitze, die mir ins Gesicht stieg, nicht verhindern. Eine warme Hand legte sich auf meinen Oberschenkel, strich dort auf und ab. Ich zog scharf die Luft ein und schob ihn mit einem leisen Fauchen weg, aber er blieb stur und kehrte wieder zu mir zurück. „Komm, lass uns heute Nacht ein Zimmer nehmen. Ich bin gespannt, was du alles–“ Ein lauter Knall unterbrach ihn. Unser Mathelehrer stand wutschnaubend mit einem Buch in den Händen vor unserem Tisch und funkelte uns an. Geschockte Stille durchflutete den Raum. „Wie ich sehe, seid ihr noch nicht mit euren Aughaben fertig. Kashiwazaki–kun, lass deine Finger während des Unterrichts bei dir. Und du, Kousaka–kun…sei so standhaft und lass dich wenigstens hier in der Schule nicht begrabschen!“ „Ja, Sensei…“, erwiderte ich leise und senkte den Kopf. Meine Augen brannten, genauso mein Gesicht. Es war zwar allgemein bekannt, dass ich auf Männer stand, aber abfinden konnten die Anderen sich anscheinend nicht damit. Das hatte mir die Verachtung in der Stimme meines Lehrers mal wieder allzu deutlich in Erinnerung gerufen. Ziemlich angeschlagen versteckte ich mich hinter meinen Sachen und betete dafür, dass dieser Tag möglichst schnell ein Ende nahm. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz B wie Blutsbrüderschaft – Ende Weiter geht’s in: C wie Cosplay Kapitel 3: C wie Cosplay [korrigiert~♥] --------------------------------------- C wie Cosplay Samstag, schulfrei. Eigentlich hatte ich heute richtig schön ausschlafen und mich vom Stress der ersten Schulwoche erholen wollen, doch ein Kissen, das in aller Herrgottsfrühe in mein Gesicht flog, zerstörte diesen Wunschtraum. „Mmhpf!“ Verärgert schob ich das weiche Ding von mir weg und starrte den Werfer mit zu Schlitzen verengten Augen an. „Sag mal, tickst du noch ganz sauber? Was soll der Scheiß?“, raunzte ich ihn unfreundlich an, drehte mich zur Seite und zog mir die Decke über den Kopf, um weiterzuschlafen. „Oh nein, du wirst jetzt nicht weiterschlafen! Die Sonne lacht, es ist fast zehn Uhr und wir müssen in ein paar Minuten los!“, kaum es knapp zurück. Gleichzeitig wurde mir die Decke mit einem Ruck weggezogen und ich gab einen protestierenden Schrei von mir. „Boah, du Arsch! Lass mich schlafen! Schön, wenn du irgendwo hinwillst, aber halt mich gefälligst aus dem Mist raus!“ „Geht nicht.“, knurrte der Finsterling, presste meine Handgelenke aufs Bett und beugte sich über mich. „Meine Cosplaypartnerin liegt im Krankenhaus und es ließ sich auf die Schnelle kein anderer Ersatz finden, deshalb muss ich mich jetzt mit dir begnügen.“ „Ich soll cosplayen?!“ Eine ungute Vorahnung stieg in mir auf. „Für ein Mädchen…?“ „Korrekt. Also steh auf und zieh dir das hier an.“, forderte der große Schwarzhaarige mich auf und drückte mir ein Bündel Stoff an die Brust, bevor er aufstand. Ich richtete mich ein Stückchen auf und starrte erst die Klamotten ungläubig und dann Kashiwazaki kampfeslustig an. „Was, wenn ich nicht will?!“ „Dann…“, sagte er ruhig, als er gerade im Begriff war, das Zimmer zu verlassen. „…werde ich die Con ins Wasser fallen lassen und dich stattdessen hemmungslos nehmen. Dein Vater ist arbeiten und mein Bruder turnt mit ein paar Freunden irgendwo herum. Du hättest also bis heute Abend keine Aussicht auf Rettung.“ Ich schluckte schwer. Keine Sekunde lang zweifelte ich an der Ernsthaftigkeit seiner Aussage. Egal, wie sehr er Schwule hasste, um mich zu quälen würde er auch so weit gehen, ohne Rücksicht auf irgendetwas. „Überredet.“, flüsterte ich nach einer kleinen Pause und sah zu Kashiwazaki hinüber, der nun zufrieden grinste. „Wusste ich’s doch. Ich warte dann unten. Und beeil dich, wir haben wirklich nur noch zwanzig Minuten Zeit und wenn wir die Anderen verpassen, werde ich das Versprechen auch auf der Bahnhofstoilette einlösen.“ Verdammtes Arschloch! „Okay…“ Meine Stimme war nur noch ein leises Lüftchen, doch er nickte gnädig und verließ mein Zimmer. Jetzt hieß es schnell sein. Ich sprang auf, düste ins Bad, ließ dort eine Katzenwäsche über mich ergehen und begann dann mich einzukleiden. Gott sei Dank war es nichts mit Röckchen, denn dann hätte ich ganz sicher einen Schreikrampf bekommen. Auch von Spitze oder Rüschen blieb ich glücklicherweise verschont. Anscheinend wollten die Götter mir heute nicht noch mehr zumuten. So stand ich ein paar Minuten später vor dem Spiegel und musterte mich eingehend. Ich trug eine verdammt kurze Hose und einen Mantel, der so einiges freiließ – weswegen ich befürchtete, dass es ziemlich frisch werden könnte –, hier und da hatte ich ein paar braune Bänder und silberne Schnallen befestigt; der Rest war schwarz. Wenigstens etwas. Aber eine andere Angelegenheit wurmte mich so sehr, dass ich am liebsten zum Himmel schreien würde. Ich passte tatsächlich in dieses hirnverbrannte Kostüm, ja, es passte sogar wie angegossen und dabei war es für ein Mädchen geschneidert worden. Für ein Mädchen! Und dafür gab es sogar einen Grund. Ich war so schlank und klein, dass ich mit meinen langen Haaren tatsächlich wie ein Mädchen aussah. Warum nur konnte sich mein Körper keine männlicheren Merkmale aussuchen?! Nein, jetzt bloß nicht verzagen. Warte noch ein oder zwei Jahre und dann kommt das Ganze von allein!, versuchte ich mich zu beruhigen, entlockte mir damit jedoch nur ein Fauchen. Nachdem ich mich doch wieder ein wenig beruhigt hatte, band ich mir meine Haare mit einem Zopfgummi zusammen, streifte mir die noch fehlenden Handschuhe über und betrachtete mich im Spiegel. Es war nur ein kleiner Fortschritt, aber immerhin etwas. Und dieses androgyne Gesicht würde sich eh bald ändern, überstürzte Selbstversuche brachten da gar nichts, wie ich aus Erfahrung wusste. Leise vor mich hingrummelnd verließ ich das Bad und ging in die Küche, wo der Finsterling schon voller Ungeduld auf mich wartete. „Komm her.“, befahl er direkt und schnappte sich mein rechtes Handgelenk, um mich an das Waschbecken, an das er sich gelehnt hatte, heranzuziehen. „Wärst du vor fünf Minuten schon hier gewesen, hätte ich es ordentlich machen können. Aber so…“ Ohne zu zögern drückte er mich an den nächsten Schrank, in seiner Hand blitzte etwas silbern auf und dann bekam ich viele kurze Schnitte zu hören. Ich schluckte den panischen Schrei, der sich in meiner Kehle aufdrängte, hinunter und sah mein Gegenüber geschockt an, bis dieser schließlich zurücktrat und mich mit wohlwollendem Nicken von Kopf bis Fuß musterte. „Sag…jetzt…bitte nicht, dass…dass du mir…die Haare…geschnitten hast…?!“, krächzte ich irgendwann dafür betend, dass ich mir das alles nur eingebildet hatte. Doch die vielen schwarzen Strähnen, die um mich herum verteilt auf dem Boden lagen, sprachen eine andere Sprache. „Doch. Für Dyta hattest du einfach zu lange Haare. Und das Zöpfchen lassen wir einfach mal weg.“, kam es lockerflockig zurück. Der Finsterling – und ab jetzt mein höchstpersönlicher Albtraum – hielt mir eine Sonnenbrille hin. „Und ich muss sagen, es ist richtig gut geworden. Hab’ ich super gemacht.“ Dyta…unbehaglich verzog ich das Gesicht. Wenn er die aus Chobits meinte, dann war er wohl Jima… Ich nahm ihn genauer in Augenschein, während ich mir die verschieden langen Stiefel, die er mir schon seit einer geraumen Weile hingehalten hatte, anzog. Ja...das war eindeutig der große Regierungscomputer. Warum musste er so entweiht werden? Ausgerechnet mein Lieblingscharakter aus dieser Serie, ausgerechnet er…! Fast wären mir – mal wieder – die Tränen gekommen, doch ich biss mir auf die Lippen und starrte Kashiwazaki nur trotzig an, anstatt aufzumucken. Lieber gab ich mich mit einem hasserfüllten Blick zufrieden, bevor noch sonst was passierte. Der Albtraum in Menschengestalt kümmerte sich nicht großartig darum, packte mich stattdessen wieder und zerrte mich mit den Worten „Jetzt aber los, wir kommen zu spät!“ aus dem Haus. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Und nun saß ich mitten in einer Horde durchgeknallter Leute, die alle wild durcheinanderredeten und –lachten. Conhons gingen über die vielen Decken, Kekse und anderer Süßkram wurden getauscht und gefuttert, Cosplays ausgiebig bewundert und fotografiert. Eigentlich eine herrliche Stimmung, die selbst meine schlechte Laune schnell vertrieben hätte, wenn da nicht noch ärgerlicherweise ein großer und neben mir sitzender Faktor gewesen wäre, der sich gerade schon wieder mit dem Kerl unterhielt, den ich mir zum Trost hatte anlachen wollen. Bis jetzt hatte ich bloß herausgefunden, dass er Zetsây hieß und für sein Leben gerne Charaktere von Matsuri Hino cosplayte. Heute war Zero an der Reihe – und meiner Meinung nach war selbst die Umschreibung „Zum Anbeißen“ noch eine Untertreibung. Es sah einfach himmlisch aus! Na ja. Voraussichtlich würde ich auch in den nächsten Stunden nicht mehr über ihn erfahren, da Kashiwazaki mir immer mehr auf die Pelle rückte und seine Hand dabei auch noch demonstrativ über meinen Rücken streichen ließ. Kein gutes Zeichen für Zetsây. Und alles in mir schrie deshalb nach Mord und Totschlag. Warum konnte dieses Arschloch sich nicht irgendwohin verkriechen und mich mit Zetsây alleine lassen? Ich wollte von diesem süßen Cosplayer so berührt werden und nicht von dem Schwule hassenden Monster neben mir. Dass dieser es auch wollte, stand erst gar nicht zur Debatte. Seine Annäherungsversuche, die nur mit Müh’ und Not von Kashiwazaki hatten unterbunden werden können, waren deutlich genug gewesen. Gedanklich ließ ich hemmungslose Schimpftiraden auf den Finsterling neben mir niederprasseln. Dass ich es nicht lautstark tat, war einzig und allein meiner Angst, vor seiner Bestrafung zu verdanken; auch diese Streicheleinheiten – für mich war es eher eine Inbesitznahme und eine echt verkorkste Verhütungsmethode – durfte er sich nur aus diesem Grund erlauben. Ich wollte es nun mal nicht mit ihm machen müssen und schon gar nicht hier zwischen den Büschen – wobei mich am meisten die Befürchtung, dass die Anderen uns dabei erwischen könnten, piesackte. Mir wich ein schockiertes Schnauben von den Lippen, sobald mir klar wurde, worüber ich da nachdachte. Grauenvoll! Allein schon die Vorstellung, es irgendwo mit ihm machen zu müssen, ist grässlich! Da sollte ich mich doch mit so etwas nicht mehr abplagen! Ich hatte nicht mal Zeit, meinen Gedanken wirklich zu Ende zu denken, als ich plötzlich eine Hand an meinem Kinn spürte und von ihr etwas in die Höhe gezogen wurde. Überrascht schreckte ich aus meinen Gedanken hoch und sah direkt in ein Paar tiefgrüner Augen, die verwegen in der Sonne glitzerten und mich fast wie Dolche durchbohrten. Reflexartig zuckte ich zurück, wurde jedoch von Kashiwazakis festem Griff aufgehalten und sogar noch näher an ihn herangezogen. „Hast du irgendetwas gegen meine Äußerung?“, fragte er ruhig, viel zu ruhig. Mein Herz fing an, vor Nervosität zu flattern, mein Rachen wurde ganz trocken. Ich hatte keine Ahnung, worum es da gerade gegangen war, schüttelte aber den Kopf. Ihn jetzt zu reizen wäre wahrscheinlich mehr als nur lebensmüde. „Schön.“ Seine Hand verzog sich wieder an ihren Ursprungsort – meine Taille – und begann dort, sich erst unter den Stoff meines Mantels zu schieben und dann sacht auf– und abzustreichen, während er weitersprach – und mir das Blut in den Kopf schoss. Jetzt wurde Zetsây endgültig aufmerksam, runzelte irritiert die Stirn. „Sag mal…warum betatschst du Rei eigentlich so?“ „Warum sollte ich nicht?“, konterte der Finsterling locker und grinste. Es jagte mir heiß und kalt den Rücken hinunter, denn ein dämonischer Touch darin ließ sich beim besten Willen nicht leugnen. „Nun ja, ich meine…ihr seid hier in aller Öffentlichkeit, kein Paar und…bist du dir überhaupt sicher, dass er nichts dagegen hat?“ „Beschwert er sich etwa in irgendeiner Weise?“ „Nein, aber–“ „Na also, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Es ist alles in bester Ordnung.“, schnitt mein Begleiter ihm kurzerhand das Wort ab und drückte mich noch enger an sich. Verdammt. Irgendwie konnte ich nicht glauben, dass dieser Kerl hetero sein und Leute wie mich hassen sollte. Dafür ging er einfach viel zu sehr auf Tuchfühlung. Angestrengt grübelte ich über die Frage nach, hatte schon Angst, dass bald Rauchwölkchen aus meinem Kopf steigen würden, als es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen fiel. Natürlich! Er spielte einfach nur seine Rolle als Jima! Mein Lieblingscharakter war Dyta im Manga auch immer ungeheuer nahe und seine Hände waren selten mit etwas Anderem beschäftigt als den kleineren Regierungscomputer zu begrabbeln. Das musste es einfach sein! Hastig drängte ich das leise Unbehagen, das plötzlich in mir aufstieg, zur Seite und freute mich darüber, dass die miesen Verführungsversuche nicht direkt an mich als Person gerichtet waren. Sie waren eh nur zum Veralbern gedacht und hätten mich wahrscheinlich in eine hoffnungslose Katastrophe geführt. Unvermittelt stieß mir jemand grob in die Seite. Schon wieder aus meinen Gedanken gerissen sah ich auf – und wieder in Kashiwazakis grüne Augen, die mich fragend, dabei aber leider auch nicht minder abschätzig musterten. „Und?“, drängte er völlig ohne Zusammenhang. Oder besser: Ich hatte den Zusammenhang – mal wieder – nicht mitbekommen. „Was ‚Und’?“ Meine Verwirrung entnervte ihn sichtlich. Hah! Pluspunkt für mich! „Ich will wissen, ob du mitkommst, was zum Essen holen, oder ob ich dir was mitbringen soll!“ „Oh~“ Jetzt war ich wirklich perplex. Seit wann machte der denn einen auf nett? Lag er im Sterben und wollte ein letztes Mal versuchen, seine Sünden rückgängig zu machen? Schön wär’s. Da steckte sicher etwas Anderes dahinter. Ich überlegte nicht lange und rappelte mich auf. Schließlich wollte ich um nichts in der Welt riskieren, dass er mir irgendein Teufelszeug ins Essen mischte, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte. „Ich komme lieber mit.“, teilte ich ihm meinen Entschluss mit und konnte es nicht lassen, ein sarkastisches „Ich kann ja nicht verantworten, dass du alles alleine tragen musst.“ hinzuzufügen. Kashiwazaki verdrehte daraufhin nur die Augen, erhob sich ebenfalls und setzte sich die Sonnenbrille auf. Ich tat es ihm gleich – wie immer aus unverfälschter Loyalität – und so machten wir uns gemeinsam auf Essenssuche. Wo Zetsây gerade war, wusste ich nicht. Vermutlich hat der Finsterling ihn irgendwie verjagt., dachte ich bekümmert, während ich so neben eben jenem hertrottete. War ja mal wieder klar... „Sag mal…“, meinte ich plötzlich, als wir den Park, den unsere Truppe belegt hatte, verlassen hatten und sah zu ihm auf. „Warum klebst du eigentlich immer noch an mir? Findest du nicht, dass es dafür ein wenig zu warm ist?“ „Hm.“, war das Einzige, das ich zur Antwort bekam. Nicht sehr befriedigend, also beschloss ich, es einfach mal zu wagen und stieß ihn in die Seite. „Du kannst mich ruhig loslassen, hier auf der Straße musst du nicht in deiner Rolle als Jima bleiben!“ Es vergingen zwei Minuten, drei, schließlich sogar fünf. Nicht einmal, als wir fast zehn Minuten später eine Brücke überquerten, wurde mir die Ehre zuteil, seine Antwort in Empfang nehmen zu dürfen. Wie schon gesagt, das war nicht sehr befriedigend. Hin und wieder schielte ich zu ihm hoch, in Erwartung, vielleicht doch noch eine Entgegnung zu erhalten. Doch stattdessen bemerkte ich nur, dass sich sein Gesichtsausdruck mit einem Mal von „Lass–mich–bloß–in–Ruhe!“ zu „Gotcha!“ aufhellte. „Schau mal, da ist ein Chinaimbiss. Da gehen wir jetzt rein.“ „Meinetwegen. Aber lenk nicht vom Thema ab!“, setzte ich so grob wie ich es mir zutraute hinzu, doch er ignorierte mich schlichtweg, drückte meinen Körper noch enger an sich und steuerte direkt auf das kleine Restaurant zu. Ich grummelte beleidigt vor mich hin und ließ mich mitschleifen, ohne mich großartig zu wehren. Das würde bei diesem überaus sturen Riesen nichts bringen. Ich war zwar mindestens genauso stur – wenn nicht überdies um ein Vielfaches dickköpfiger – aber was die Körperkraft anging... Vorsichtig ausgedrückt würde ich lange nicht mehr aufstehen können, wenn wir jemals in die Situation kommen würden, irgendwann einmal unsere intramuskulären Potenzen aneinander zu messen… Folglich war es mir lieber, mich mehr oder weniger risikofrei führen zu lassen. Hoffentlich war es ein „mehr“. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Keine zwei Minuten später traten wir in den kleinen Imbiss ein. Sofort schlugen uns herrliche Düfte entgegen, bei denen mir das Wasser im Munde zusammenlief – und die ein leises Grummeln in meiner Magengegend hervorriefen. Ich verpasste meinem Magen einen kleinen Klaps; er sollte es ja nicht wagen, lauter zu werden und mich dadurch zu verraten! Breit grinsend ging ich weiter hinein – oder wurde besser gesagt von meinem Begleiter weiter hineingeschoben – und sah mich neugierig um. Was von außen sehr klein gewirkt hatte, sah jetzt sogar noch winziger aus. Eine Theke zog sich durch den Raum und füllte ihn fast komplett, sodass nur noch ein wenig Platz für einen Tisch, an den man sich zum Essen stellen konnte, und zwei, drei Leute, die auf ihr Essen warteten, da war. Wie gut, dass die Anderen nicht mitgekommen waren. Das wäre wirklich sehr, sehr eng geworden… Ansonsten war es eigentlich ganz schmuck hier drinnen. Hier und da waren ein paar Drachen verteilt – von denen ich nur zu gerne einen oder zwei eingesteckte hätte –, an der Decke gab es die typisch chinesischen Verzierungen und in einer Ecke konnte ich sogar einen Springbrunnen erkennen, der winziger als nur winzig war, in dem aber trotzdem Fische schwammen. Kashiwazaki ließ sich indes von meiner kleinen Erkundungstour nicht aufhalten und steuerte direkt auf die Theke zu, hinter der auf einmal eine junge Frau erschien. „Guten Tag. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“, begrüßte sie uns mit einem Lächeln. Nein, nicht uns. Ihr Blick klebte förmlich an dem Finsterling, als hätte er sich auf den ganzen Körper Honig oder ein ähnlich klebriges Zeug geschmiert, und er starrte auch noch zurück. Ich verzog beleidigt das Gesicht. Das war doch– Moment! Ich verzog beleidigt das Gesicht?! Bloß nicht! Augenblicklich setzte ich das strahlendste Lächeln, zu dem ich fähig war, auf und erwiderte zuckersüß: „Wir würden gerne etwas zum Essen bestellen. Kashi…was möchtest du haben~?“ Er sah mich erst ein wenig verblüfft an, grinste dann aber überlegen – was mir überhaupt nicht gefiel und das beengende Gefühl, das in mir aufgestiegen war, als ich diesen Spitznamen benutzt hatte, verstärkte. Hoffentlich kommt der jetzt nicht schon wieder auf irgendwelche dummen Ideen…! , dachte ich, während ich mich darum bemühte, die unwillkommene Gefühlsregung zu verdrängen. „Eine große Portion ‚Gebratene Nudeln mit Hühnchen’ und eine Cola bitte.“ „Und ich nehme das Gleiche!“, vervollständigte ich rasch unsere Bestellung, damit dieses nymphomanische Weib mich nicht einfach so vergessen konnte, und sah sie herausfordernd an. „Alles klar, kommt sofort.“, trällerte die Frau fröhlich, ignorierte mich weiterhin komplett und verschwand hinter einer Tür – natürlich nicht, ohne vorher ausgiebig mit ihrem Hinterteil gewackelt zu haben. Und schon waren wir wieder alleine. Unverzüglich drehte sich der große Kerl neben mir zu mir um, drückte mich unsanft an die nächste Wand und grinste höhnisch auf mich hinab. „So so, jetzt bin ich also schon Kashi für dich. Ist das ein Tick von euch Schwulen, oder sehnst du dich so sehr danach, von mir genommen zu werden, dass du schon auf solche Mittel zurückgreifst?“, hauchte er anzüglich und sah genüsslich mit an, wie sich Entsetzen auf meinem Gesicht ausbreitete. Was zum Henker war denn jetzt schon wieder los? Erst war er so halbwegs nett gewesen und jetzt…jetzt benahm er sich schon wieder unter aller Sau! Wenn ich bisher geglaubt hatte, niemanden mit einer multiplen Persönlichkeit zu kennen, so hatte ich nun den leibhaftigen Gegenbeweis vor mir stehen! „Ich will nicht mit dir schlafen.“, antwortete ich mit ein wenig Verspätung, aber immer noch fester Stimme. „Das kannst du knicken!“ „Ach…tatsächlich~?“, fragte er süffisant. Sein heißer Atem streifte meinen Hals und jagte mir einen Schauer durch den Körper. „Du kleine Schwuchtel musst dich doch geradezu fürchterlich fühlen, so ganz ohne Freund. Aber was kümmert dich das denn? Du brauchst ja nicht mal eine feste Beziehung, um so etwas zu tun. Du hast schon immer jeden genommen.“ „Bitte?!“ „Ja…ich habe da schon so Einiges über dich gehört, Kleiner. Deine Ex-Freunde sind sehr redselig, wenn man mal ein wenig mit ihnen trinkt.“ „Aber–“ „Pssht~!“, unterbrach er mich und legte sanft einen Finger an meine Lippen, lächelte dabei tückisch. „Ich weiß, dass ich dir gefalle. Jedes Mal, wenn ich dir nahe bin, dich noch nicht mal berühre, erschauerst du und der Ausdruck in deinen Augen wird ganz anders. So verlangend…“ Sein Grinsen wurde breiter, während er sprach, doch dieses Mal nahm ich mir fest vor, mich davon nicht beeinflussen zu lassen. „Das ist, weil ich dich sowas von absolut nicht leiden kann, du Vollhorst! Ich muss mich zusammenreißen, um dir nicht an die Kehle zu gehen und um meine Waffensammlung im Keller zu lassen, weil ich ganz genau weiß, dass du es nicht wert bist!“, brüllte ich ihm aufgebracht entgegen und ballte gleichzeitig meine Fäuste, um sie in sein Gesicht fliegen zu lassen. In meiner Fantasie zumindest. In Wirklichkeit hatte ich viel zu viel Angst, um es zu tun, da er in seinem Zustand unberechenbar war. Zum Beispiel könnte es passieren, dass er mich in seiner Wut tatsächlich durchnahm, nichts würde ihn aufhalten. Und das war etwas, das ich liebend gerne vermeiden würde. Leise seufzend fuhr ich mir durch die Haare. Wie viel einfacher wäre alles, wenn ich genau abschätzen könnte, was Kashiwazaki als nächstes tun würde! Aber leider kannte ich ihn dafür zu wenig. Und ihn näher kennen lernen… Mein Blick huschte kurz zu ihm hinauf, doch ich schüttelte augenblicklich innerlich den Kopf. Nein, wozu auch? Ich konnte diesen Kerl nicht leiden und damit basta! Er hatte es äußerst schnell geschafft, jeden Hauch der Sympathie, die ich für ihn empfunden hatte, zu vernichten.Er war der Rekordhalter. „Na, hat’s dir die Sprache verschlagen?“, raunte der Finsterling zuckersüß und ließ seine Hand langsam über meinen Oberkörper nach unten streicheln. Ich stand stocksteif da, starrte an ihm vorbei die mir gegenüberliegende Wand an, wobei ich mich zurückhalten musste, um meine Mühen der letzten Stunden nicht auf einen Schlag zunichtezumachen. „Nein.“, versuchte ich möglichst ruhig zu sagen, doch meine Stimme – verflucht soll sie sein! – zitterte trotzdem verräterisch. „Ach…tatsächlich~?“ Gott, wann waren seine Lippen meinem Hals so nahe gekommen?! Eine heiße Zunge glitt suchend über meinen rasenden Puls und raubte mir damit ganz flugs den Atem. „Aah~“ Aah~?! Augenblicklich fing mein Gesicht an, zu brennen, und ich schlug mir hastig die Hand vor den Mund, als ein heiseres Lachen ertönte. „So so, das gefällt dir also.“ „Nein~“, erwiderte ich beklommen, versuchte ihn wegzuschieben. Zu meinem Unglück allerdings blieb er an Ort und Stelle, liebkoste beharrlich meine Haut und entlockte mir damit beschämend schnell einen weiteren Laut. „Soo…da haben wir Ihre ‚Gebratenen Nudeln mit Hühnchen’ und die Cola~“, ertönte es jäh an unserer Seite. „Das ma–“ Sie stockte, ich konnte den unglücklichen Dackelblick, den sie uns zuwarf fast schon körperlich spüren. Kashiwazaki löste sich ganz langsam und gemächlich von mir und schenkte der Verkäuferin ein eiskaltes Grinsen, das sie sichtlich zurückzucken ließ. „Wollen Sie mitmachen?“ „Bitte was?!“, kam er von ihr und mir wie aus einem Munde geschossen. Geschockt sahen wir uns an. Es war unmöglich festzustellen, wer von uns beiden entsetzter war. Fassungslos beäugte ich nun wieder meinen Begleiter. Das konnte dieser Kerl doch unmöglich ernst gemeint haben! Oder etwa doch? Der diabolische Gesichtsausdruck, den er trug, ließ durchaus darauf schließen… Ich war der erste, der sich wieder so halbwegs fing, und verpasste diesem schwarzhaarigen Etwas vor mir prompt einen unsanften Schlag in die Seite – der mir aber vermutlicherweise mehr wehtat als ihm. Mir blieb nur noch Zeit für ein kleines Keuchen, dann wurde ich auch schon von zwei großen Händen gepackt und von zwei eisig dreinblickenden Augen festgehalten. Wieder erstarrte ich, nicht fähig auf irgendetwas zu reagieren. „Ich denke, wir sollten jetzt gehen.“, sagte Kashiwazaki nach einigen im Schweigen vergangenen Momenten, klatschte der entsetzten Frau einen Schein auf den Tresen, schnappte sich die Tüte mit unserem Essen und zerrte mich dann ohne ein weiteres Wort aus dem Imbiss. Fast gleichzeitig platzte mir der Kragen. „Sag mal, tickt’s bei dir noch ganz sauber?! Was hast du dir bei diesem Scheiß gedacht? Ich weiß ja, dass du etwas gegen Schwule hast und das akzeptiere ich auch, aber dass du jetzt nicht einmal mehr vor Heten Halt machst…! Du bist so widerlich!“, schrie ich ihm alle Vorsicht vergessend und auch in der Realität ins Gesicht. Dieses Arschloch war einfach unter aller Kanone, ich konnte ihm nicht einfach so seinen Willen lassen! In meiner Wut verpasste ich ihm eine wuchtige Ohrfeige und rannte anschließend mit Lichtgeschwindigkeit davon. Sollte der doch selbst sehen, wo er blieb! Ich eilte die Treppen der Brücke hinauf, sprang fast bei meiner Schnelligkeit – und prallte urplötzlich gegen eine breite, muskelbepackte Brust. Erschrocken taumelte ich einen Schritt zurück, konnte nur meinem hervorragenden Gleichgewichtssinn verdanken, dass ich nicht auf der Stelle denselben Weg, den ich gerade heraufgekommen war, wieder hinunterfiel. „Ey, Schwuchtel, pass doch auf, wo du hinrennst!“, erklang es einen gefühlten Meter über mir. Ich schluckte, wagte es kaum, nach oben zu sehen. Diese Stimme kam mir so bekannt vor… Oh nein, nicht der auch noch!, schoss es durch meinen Kopf und schließlich schaffte ich es tatsächlich nach oben zu schauen. Sofort wich mir alles Blut aus dem Gesicht und machte Platz für die Verzweiflung. Um Gottes Willen, da war er wirklich! Der größte Fehler meines Lebens. Dane Baker stand gerade vor mir, eine Tasche lässig über seine Schulter geworfen und grinste mich spöttisch unter seinen blonden Haaren hervor an. Hinter ihm standen – wie ich in meiner Panik feststellen musste – zwei seiner Kumpanen, die ebenfalls solche Muskelprotze wie er waren und mich mit verschränkten Armen grimmig musterten. „Halt die Fresse!“, fauchte ich angepisst und wollte mich an ihnen vorbeizwängen, wurde jedoch von einem eisernen Griff aufgehalten. „Na, na, na, na, na. Was sind das denn für Töne? Hat unsere kleine Tunte etwa ihre Tage? Oder hast du dich auf dieser schwulen, kleinen Kostümparty mit deinem Freund gestritten?“ Alle drei lachten hämisch. In mir flackerte Verbitterung auf. „Oooh~, da hab ich wohl einen wunden Punkt getroffen. Komm, lass dich trösten, Kleiner…“ Plötzlich ging alles furchtbar schnell. Ich wurde grob am Kinn gepackt und in die Höhe gezerrt, nur um dann wieder mit einem Ruck weggestoßen zu werden. Ein verstörtes Krächzen wich von meinen Lippen, als ich erkannte, dass da kein Boden mehr unter meinen Füßen war, der meinen Fall aufhalten konnte, und ich von lautem Gelächter gefolgt – aufgefangen wurde. Ich blinzelte verwirrt, als ein vor Wut kochender Wirbelsturm an mir vorbeirauschte und sank dank meiner weichen Knie zu Boden. Kashiwazaki brüllte derweil den großen Blonden vor sich an und verpasste ihm ohne zu zögern einen Kinnhaken, bei dem sogar ich es knacken hören konnte. Geschockt schlug ich mir eine Hand vor den Mund und kniff die Augen zusammen, um nicht mit ansehen zu müssen, was unweigerlich folgen würde… vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz C wie Cosplay – Ende Weiter geht’s in: D wie Danke Kapitel 4: D wie Danke [korrigiert~♥] ------------------------------------- D wie Danke Nervös schluckte ich und sah nach rechts, schrak jedoch sofort wieder vor der düsteren Aura dort zurück und ließ meinen Blick wieder zu meinen Füßen wandern. Seit nun fast einer Stunde waren wir schon so schweigend unterwegs. Und von Minute zu Minute wurde Kashiwazakis Gesichtsausdruck finsterer. Wahrscheinlich lag das an seiner langsam, aber stetig blau anlaufenden Wange. Er hatte die Zähne sogar richtig aufeinandergepresst – bestimmt, um nicht lauthals über seine Schmerzen zu klagen. Allein schon, wenn ich mir die Stelle ansah, an der er getroffen worden war, tat mir mein eigener Wangenknochen weh. Ich sah kurz nach vorne und atmete erleichtert auf, als ich bemerkte, dass wir schon um die letzte Ecke, die uns von meinem – ach, verdammt! – unserem Zuhause trennte, gebogen waren und ich das Haus schon sehen konnte. Unwillkürlich schritt ich etwas schneller aus, stürmte geradezu auf die Tür zu und riss sie auch schon auf, nachdem ich sie flinker als es einem Erdengeschöpf normalerweise zuzutrauen war, aufgeschlossen hatte. Endlich am Ziel und die Möglichkeit, so viel Abstand wie nur irgend möglich zwischen uns zu bringen! Hocherfreut stürmte ich die Treppe hinauf in mein Zimmer und knallte ohne großartig zu zögern die Tür eben jenes' zu. Noch länger hätte ich seine Gegenwart ganz bestimmt nicht ertragen. Schon gar nicht, wenn er so eine schlechte Laune hatte und damit noch unberechenbarer als sonst war. Warum hatte ich eigentlich keinen Schlüssel, um mich hier in meinem – ach, verdammt! – unserem Zimmer einzuschließen? Damit wären bestimmt so einige Probleme gelöst… Seufzend stellte ich mich an das Fenster und sah hinaus. Die Sonne stand noch hoch am Himmel und auch in den nächsten fünf, sechs Stunden würde sie keine Anstalten machen unterzugehen. Na ja, ein Wunder war das nicht für mich, schließlich hatten wir die Convention auch ziemlich früh verlassen. Nach der Prügelei hatten wir nur noch kurz unsere Sachen im Park abgeholt und waren dann schnurstracks zum Bahnhof und von dort aus nach Hause gefahren. Zetsây hatte ich nicht mehr wiedergesehen. Echt schade… Unvermittelt schlug die Tür hinter mir zu und ich wirbelte herum, um zu sehen, wer hereingekommen war. Es war der Finsterling – wer hätte es auch sonst sein können? Er hielt sich mit einem mehr als nur grimmigen Gesichtsausdruck einen Waschlappen behelfsmäßig an die Wange, während er zum Schreibtisch ging und dort eine Tüte abstellte. „Das Essen.“, sagte er knapp, schnappte sich seine Portion und ließ sich, ohne mich eines Blickes zu würdigen, auf das Klappbett, das er sich mit seinem Bruder teilen musste, fallen. Dann packte er seine Nudeln aus, was bei seinem Blick allerdings eher so wirkte, als seziere er gerade eine ungeliebte Person. Echt unheimlich. Ich schluckte, als ich an ihm vorbeiging, denn sein eisiger Blick bohrte sich unangenehm in meinen Körper. Nachdem ich die Tüte genommen hatte, reichte ich diesem großen Kerl seine Cola und verzog mich wieder zum Fenster, wo ich mich diesmal auf die Fensterbank niedersinken ließ. Kashiwazaki behielt ich dabei die ganze Zeit in meinem Blickfeld, bereute es nach kurzer Zeit jedoch wieder. Es war einfach nicht mit anzusehen, wie unbeholfen ein erwachsener Mann wie er mit dem Waschlappen umging und immer wieder das Gesicht verzog, sobald er einen neuen Bissen nahm und deshalb kauen musste. Ein wenig amüsant war es schon, also saß ich eine ganze Weile auf der Fensterbank und verdrückte meine Nudeln, während ich ihn gleichzeitig beobachtete. Nichtsdestotrotz wurde dieser Anblick irgendwann eher peinlich und nervend als lustig. Da hielt ich es nicht länger aus und verließ das Zimmer – nur um wenige Minuten später mit ein paar Dingen wieder zurückzukehren. Der Finsterling glotzte mich überrascht an, als ich mich neben ihm hinsetzte, eine Schüssel mit Wasser vor uns auf dem Boden abstellte und den Rest der Sachen, die ich mitgebracht hatte, auf der Bettwäsche ausbreitete. „Was machst du da?“, fragte er, beäugte mich misstrauisch und rückte ein Stückchen von mir weg, doch ich war schneller, rutschte ihm nach und eroberte seinen Waschlappen. Er jaulte leise auf, als der Stoff seine Haut so grob verließ und schenkte mir einen dieser Blicke, die mich Gott dafür danken ließen, dass sie nicht tödlich sein konnten. „Jetzt halt schon still.“, meckerte ich, als er aufstehen und sich meiner Behandlung entziehen wollte. Mein Tonfall war dabei anscheinend so scharf, dass er meiner Aufforderung auf der Stelle Folge leistete – oder er war einfach nur zu überrascht, dass ich mich um ihn kümmerte, um sich großartig zu wehren. Während ich den Waschlappen auswusch, spürte ich Kashiwazakis zweifelnden Blick in meinem Rücken und seufzte stumm in mich hinein. Okay, das war eindeutig. Ein Hoch auf den Überraschungsmoment! Trotzdem konnte ich mir ein stilles Grinsen nicht ganz verkneifen. Der Finsterling ließ sich also doch leichter kontrollieren als es den Anschein hatte. Vielleicht sollte ich des Öfteren mal so mit ihm sprechen… Kashiwazaki biss sich auf die Unterlippe, um einen Schmerzenslaut zu unterdrücken, als ich begann, vorsichtig die wunden Stellen in seinem Gesicht abzutupfen. Ich musterte seine Blessuren und zog ebenfalls eine Grimasse. Seine Haut hatte mittlerweile einen Hauch von violett und grün angenommen und war gespickt von kleinen Rissen, Kratzern und dunkelroten Pünktchen, von denen ich nicht wusste, was genau sie – außer sehr schmerzhaft – waren. Insgesamt war das aber nicht sehr appetitlich. „Du solltest in den nächsten Tagen lieber zu Hause bleiben, wenn dir etwas daran liegt, was Andere von deinem Aussehen halten.“, schlug ich leicht spöttisch vor, ihm direkt in die Augen schauend. Er erwiderte den Blick ruhig, doch ein Funkeln darin ließ mich vermuten, dass diese Ruhe nur vorgetäuscht war. Am liebsten würde er mir jetzt wohl an die Kehle gehen., dachte ich und schluckte schwer, wandte mich wieder meiner Arbeit zu. Und ich konnte ihm diese Einstellung mir gegenüber nicht einmal verdenken… Nachdem ich die aufgeplatzte Haut gesäubert hatte, deckte ich behutsam mit einer Hand seine Augen ab und sprühte eine Ladung Desinfektionsmittel auf seine Wunde. Es kam, wie es kommen musste. „Autsch! Verdammt, hör auf!“ Kashiwazaki zuckte zurück und sah mich bitterböse an, doch ich beachtete es einfach nicht und gab ihm eine zweite Dosis. „Mensch, warum müsst ihr scheiß Schwuchteln so stur sein?!“, fauchte er. Seine Hand schoss schon hoch, um das Mittelchen von den Wunden zu wischen, fiel aber fast sofort wieder, als wäre sie gegen eine Wand gestoßen, hinunter. Ich hob eine Augenbraue. „Willst du etwa mit einer Narbe oder einer anderen netten Kleinigkeit in deinem Gesicht durch die Gegend laufen?“ Er schlug als Antwort grob meine Hand, mit der ich gerade wieder seine Wange abtupfte, zur Seite; ich ließ mich allerdings nicht beirren und machte ruhig mit meiner hilfreichen Folter weiter. „Wer schön sein will, muss leiden.“, stellte ich klar, wischte vorsichtig über die geschundene Haut und vergnügte mich heimlich an den Grimassen, die der Finsterling deswegen zog. „Wer sagt denn bitte, dass ich unbedingt schön sein will? Wer sagt, dass Aussehen für mich alles ist?“ Erneut wanderte meine Augenbraue nach oben. „Ist es das nicht? Ich hatte immer den Eindruck, dass es das Einzige ist, was du zu bieten hast. Intelligenz ist in deiner hübschen Rübe nämlich ganz offensichtlich Mangelware.“, gab ich bissig zurück und genoss, wie sich sein Gesicht noch weiter verzog. Er verengte seine Augen zu schmalen Schlitzen, ergänzte den wuterfüllten Eindruck durch ein bedrohliches Funkeln und kam mir näher. Von neuer Ausgelassenheit gepackt lächelte ich Kashiwazaki überfreundlich an, anstatt mich verängstigt in die letzte Ecke meines Bewusstseins zu verziehen, und trieb ihn somit noch ein bisschen näher an den Rand der Weißglut. „Wie kommst du darauf?“, fragte er nach einer kleinen, spannungsgeladenen Pause. Oh ja, seine Stimme kocht schon förmlich vor Zorn!, frohlockte ich stumm und grinste noch breiter. „Na, welcher Vollhonk würde sich denn sonst mit einigen der gefährlichsten Typen der Stadt prügeln und das auch noch für einen Kerl, der für ihn nur eine scheiß Schwuchtel ist?“, sagte ich schneller als ich darüber nachdenken konnte. Erst dann wurde mir klar, wie merkwürdig dieser Satz wirkte und ich biss mir befangen auf die Unterlippe. Möglichst finster sah ich zu dem eigentlichen Finsterling auf, um den Anschein eines gekränkten und unsicheren Wesens zu überspielen. Doch vermutlich war gerade das so auffällig. Etwas in Kashiwazakis Augen blitzte auf. „Ooh…“, hauchte er gedehnt. „Bist du jetzt beleidigt, weil ich dir keine Gelegenheit gegeben habe, deine starken Muskeln unter Beweis zu stellen? Oder hast du vielmehr Angst um mich gehabt~?“ Er lachte leise, schob meine immer noch beharrlich tupfende Hand zur Seite und rückte mir mehr auf die Pelle, bis ich mich zum Schluss an die Wand pressen musste und er von oben auf mich herabgrinste. „Warum sollte ich Angst um dich gehabt haben?!“, fauchte ich und versuchte, selbstsicher zu wirken, doch an seinem überheblichen Grinsen merkte ich, dass ich mein Ziel wohl so ziemlich verfehlt hatte. „Ach, tatsächlich? Wie schade…“, säuselte der Kerl über mir mir mit zuckersüßer Stimme gegen die Lippen. „Ich wäre so gerührt gewesen, wenn du die Sorge um mich in dein Gefühlsleben aufgenommen hättest…“ Sein Mund wanderte zärtlich über meine Kinnlinie zu meinem Ohr, liebkoste es und ließ – wie ich zu meinem Entsetzen feststellen musste – eine sachte Hitze in mir aufsteigen. Ich wollte mich wehren, ihn brüsk von mir schieben, aber seine Berührungen schienen eine verhängnisvoll hypnotische Wirkung auf mich zu haben. Mit brennenden Wangen fixierte ich Kashiwazaki; möglichst wütend, damit er auch ja zu spüren bekam, wie sehr er mir gegen den Strich ging. Doch das Ergebnis war bloß ein Lachen. „Echt schade, dass du nur eine kleine Schwuchtel bist! Wärst du ein Mädchen, würde ich mich sehr, sehr gerne mit dir…anfreunden~!“ Ich stieß ein leises Fauchen aus. Anfreunden! Musste er immer wieder so darauf pochen?! „Halt die Fresse.“, knurrte ich böswillig und schaffte es endlich, meine Hände zu heben, um ihn von mir wegzuschieben. Lustigerweise kehrte er auf der Stelle mit einem frechen Grinsen im Gesicht zurück, anstatt dort zu bleiben, wohin ich ihn verfrachtet hatte, drängte sich sogar noch enger an mich. Abermals gab ich ein empörtes Zischen zum Besten und schlug patzig gegen seine Schulter. „Meinst du wirklich, du kannst dir alles erlauben, nur weil du mich gerade zufälligerweise gerettet hast?!“ Mein Schlag zeigte keine Wirkung außer einer neuerlichen Annäherung. „Hmm…du hast Recht, ich habe dir tatsächlich geholfen…das heißt ja, dass ich mir eine Belohnung verdient habe…“ „Ver–giss–es!“, schnauzte ich und gab mir größte Mühe, meine Augen tödliche Blitze auf ihn abschießen zu lassen, während ich zur gleichen Zeit ein weiteres Mal zuschlug, diesmal fester. So etwas nannte man wirklich vom Regen in die Traufe! „Weißt du meine Hilfe denn gar nicht zu schätzen?“ Seine Stimme klang richtig gefährlich mit dieser Ruhe und Gleichgültigkeit, die darin lag. Ich musste schlucken. So wie die drei von vorhin wollte ich eigentlich nach Möglichkeit nicht enden. Aber erneut vor ihm kuschen wollte ich auch nicht. Also biss ich mir kurzentschlossen auf die Unterlippe und funkelte mein Gegenüber hasserfüllt an. Mein Herz klopfte vor Wut unglaublich schnell und schnürte mir dadurch fast die Luft ab. „Nichts für ungut, Kleiner.“, raunte der Finsterling in mein Ohr, leckte kurz darüber und stand dann mir die Haare durchwuschelnd auf. Wieder einmal fauchte ich warnend auf, bemühte mich, meine hoffnungslos gekürzten Haare wieder in ihre Ausgangsfrisur zu bringen. Währenddessen ging mein Pseudoretter zur Zimmertür, legte seine Hand auf die Klinke. Dann drehte er sich wieder zu mir um. „Übrigens: ich habe dir vorhin nicht aus Wohlwollen oder gar Sympathie geholfen. Dein Vater wollte, dass ich dich an einem Stück und völlig unversehrt zurückbringe. Ansonsten hätte er mich postwendend auf die Straße gesetzt. Und meinen Bruder gleich dazu. Und glaub mir, ich bin nicht so lebensmüde, mir diesen Horror anzutun. Ach ja, und…dein Essen ist jetzt kalt.“, setzte er hinzu und war auch schon weg. Und ich konnte nur wie ein bedröppeltes Würstchen dasitzen, dem Kissen, das ich nach ihm geworfen hatte, hinterherstarren und mich fragen, was mit dem Horror eigentlich gemeint war: das Leben auf der Straße oder Zakis Wut deswegen schutzlos ausgeliefert zu sein. Ich entschied, dass ich das lieber nicht wissen wollte. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Angespannt starrte ich auf meinen Teller hinab, stocherte ein wenig in meiner Lasagne herum. Die Stille hier in der Küche war drückend – doch niemand schien etwas dagegen unternehmen zu wollen. Ich sah kurz auf, ließ meinen Blick allerdings sofort wieder sinken. Der Anblick von drei einander anfeindenden Männern am gleichen Tisch war nicht gerade sehr beruhigend. Vor allem, weil der eine – der, den ich am wenigsten leiden mochte – von ihnen mich so verdammt siegessicher und lauernd angrinste! Ich piekte ein bisschen Fleisch auf und kaute betont munter darauf herum, während ich so tat, als könne mich kein Wässerchen trüben, und meine Mitbewohner anstrahlte. Hoffentlich merkte niemand, wie nervös ich war. Obwohl das im Grunde genommen schon egal war. Mein Vater war sauer auf Kashiwazaki, weil dieser mich seiner Meinung nach in eine viel zu gefährliche Situation gebracht hatte. Das einzige, was ihn davon abgehalten hatte, ihn zu bestrafen, war die Tatsache gewesen, dass es dem ihm gelungen war, mich unbeschadet aus der Sache zu rauszuholen. Aus eben diesem Grund bestand mein Pa nun darauf, dass ich mich bei dem Finsterling bedankte und das nicht zu knapp, was wiederum Zaki und mir überhaupt nicht schmeckte. Seiner Meinung nach wäre ein Dankeschön völlig übertrieben und ich wollte Kashiwazaki ja eh nichts Gutes tun. Dass er mich danach auch noch belästigt hatte – was mein Vater zu dessen Glück nicht mitbekommen hatte, stimmte seinen Bruder und mich sogar noch unversöhnlicher. So saßen wir also zu viert am Küchentisch, aßen Lasagne und wollten mindestens einem unserer Gefährten an die Kehle gehen – wobei mir allerdings der am meisten von dieser Mordlust Angegriffene – Kashiwazaki also – den meisten Spaß zu haben schien. Schließlich legte Paps sein Besteck zur Seite und seufzte. „So…ich werde mich dann mal wieder an die Arbeit machen.“, ließ er leise verlauten. Ich runzelte die Stirn. An die Arbeit? Jetzt? Aber… Die Zwillinge nickten bloß stumm, während mein Vater sich erhob und mit eiligen Schritten die Küche verließ. Oh nein, ich würde ganz bestimmt nicht mit diesen Wahnsinnigen in einem Raum alleine bleiben! Zaki war zwar unglaublich nett, aber ich musste ihn jetzt einfach in diese Bezeichnung mit einbeziehen, denn ich wurde das Gefühl nicht los, dass er doch ziemlich unnett sein konnte, wenn er wollte. Und das würde zweifellos in dem Augenblick, in dem er ungestört mit seinem Bruder streiten konnte, geschehen. Und dieses geistige Blutbad wollte ich nicht unbedingt miterleben! Abrupt stand ich auf. „Ich werd’ dann auch gehen. Muss noch Hausaufgaben machen…!“, nuschelte ich leise und verließ dann fluchtartig den Raum, in dem gerade Stimmungsgrade herrschten, die weit unter der negativen Hundertermarke lagen. Ohne mich um Kashiwazakis Protest, ich solle gefälligst meinen Teller wegräumen, knallte ich die Tür hinter mir zu und lehnte mich schwer atmend dagegen. Erschöpft schloss ich meine Augen. Nein, so konnte es wirklich nicht weitergehen. So würde ich ja wahnsinnig werden – wenn ich es nicht schon längst war. Leise vor mich hingrummelnd tapste ich die Treppe zu meinem Zimmer hoch. Wie so oft in den letzten Tagen. Ich kam mir langsam so vor, als würde ich gar nichts anderes mehr können. Okay, mich von Kashiwazaki ärgern zu lassen war hin und wieder – nein, sehr oft – auch noch drin, aber ich wollte auch irgendetwas anderes unternehmen. Ich fing an, darüber nachzudenken. Lesen? Ich hatte schon lange kein gutes Buch mehr gesehen. Zurzeit gab es nur noch den gleichen Abklatsch von den besten, das war mir zu langweilig. Im Netz hocken? Nein, da gab’s nichts Interessantes. Ein paar Spielchen zocken? Na, da erst recht nicht! Mich mit Freunden treffen? Ich hatte eh nur Bekannte und die waren so nervig, dass ich lieber sterben würde als mich mit ihnen zu treffen. Endlich ausgehen und vielleicht einen neuen Freund finden? Hey, das war’s! Warum ging ich nicht einfach in die Disco, um diesem schwarzhaarigen Verrückten, der hier herumturnte, zu entkommen? Eilig trat ich meine Zimmertür auf, stürmte in Lichtgeschwindigkeit hinein und angelte mir mein Telefon, um gleich darauf wie ein Wilder meine Lieblingsnummer einzutippen. Ich hörte schon das regelmäßige Tuten, als ich plötzlich spürte, wie mir alle Farbe aus dem Gesicht wich. ...Scheiße. Hektisch legte ich auf, schüttelte ein wenig fassungslos den Kopf. Wie hatte ich das nur vergessen können? Tränen schossen mir in die Augen und ließen die Sicht auf das Poster meiner Lieblingsband verschwimmen, doch ich wischte sie vollkommen überfordert wieder weg. Dann legte ich den Hörer zur Seite und vergrub das Gesicht in meinen Händen. Verdammt, verdammt, verdammt! Ich wollte doch nicht mehr darüber nachdenken! Takashi, warum?! Warum war ich so dumm? Es ist doch allgemein bekannt, dass Freunde, die zu Liebhabern werden, unweigerlich auseinandergehen! Ich bin ja so ein Vollpfosten!, fluchte ich stumm und schlug auf mein Kopfkissen ein. Der Schmerz, der meine Seele durchschnitt wie ein heißes Messer weiche Butter, machte mich rasend. Ich hätte es wirklich wissen müssen~! Weinend drückte ich mein Gesicht in das malträtierte Kopfkissen und fuhr so lange mit meinem rohen Werk fort, bis ich vor Erschöpfung in das Reich der Träume entglitt. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Mit trotzig vorgeschobener Unterlippe stand ich vor meiner neuen Grundschule und starrte sie böse an. Andere Kinder huschten fröhlich lachend an mir vorbei durch das Schultor, doch ich wollte ihnen nicht folgen. Ich wollte nur noch zu meinem richtigen Zuhause, zu meiner richtigen Grundschule und zu meinen richtigen Freunden. Meine Mutter hatte vorhin noch gesagt, dass ich sicherlich schnell neue Freunde fände, wenn ich mich anstrengen würde, aber ich wollte mich nicht die Spur anstrengen. Nicht für den neuen Job meines Vaters, für den ausgerechnet ich alles hatte aufgeben müssen – und das auch noch im letzten Jahr der Grundschulzeit! Vielleicht fahren wir ja wieder nach Hause, wenn ich dafür sorge, dass die Anderen hier mich wirklich nicht mögen…, huschte es hoffnungsvoll durch meine Gedanken, gemeinsam mit einem vergnügten Lächeln über mein Gesicht. Gesagt, getan. Ich trat durch das Tor, grinste die Lehrerin, die auf dem Schulhof für Ordnung sorgt spitzbübisch an und machte mich dann auf in das Direktorat, um meine Ankunft anzukündigen. Der junge Direktor beäugte mich ein wenig irritiert, weil ich ohne einen Elternteil gekommen war, doch sobald ich ihm erklärt hatte, dass meine Eltern arbeiten mussten, lächelte er mich beruhigend an, stand auf und brachte mich zu meiner neuen Klasse. Dabei tätschelte er mir die ganze Zeit den Kopf und quatschte munter auf mich ein – natürlich war seine ach so tolle Schule das Thema. Ich verdrehte nur die Augen, was er aus welchem Grund auch immer nicht bemerkte, und dann dauerte es auch gar nicht mehr lange, bis ich in das Klassenzimmer geschoben wurde – und ich zum persönlichen Albtraum meiner Mitschüler – und Lehrer – wurde. Ich ließ ihnen nicht einmal die Zeit, sich an mich zu gewöhnen oder gar auf mich zuzukommen, sondern begann sofort in der ersten Stunde damit, sie zu ärgern. Ich hibbelte auf meinem Stuhl herum, schnippte Papierkügelchen durch die Gegend und störte, wann immer es ging, den Unterricht. Die entsetzten Blicke, die mir daraufhin zugeworfen wurden, genoss ich in vollen Zügen, denn sie waren ein Beleg dafür, dass ich mit meiner Masche großen Erfolg haben würde. Am besten reagierte allerdings meine neue Klassenlehrerin: sie hielt mein Verhalten für das Verlangen, an der neuen Schule akzeptiert zu werden, und verdonnerte die liebsten Schüler dazu, mir dabei zu helfen, mich zurechtzufinden. Eine herrliche Gelegenheit, ihnen noch mehr die Hölle heiß zu machen, die ich auch nach bestem Wissen und Gewissen nutzte. Erst nach fast drei Wochen bekam ich die erste Strafe, doch das machte mir nichts aus, stattdessen wurden meine Attacken immer boshafter. Von Hose runter– und Rock hochziehen über widerliche Insekten in den Hausschuhen meiner Opfer bis Wasserbomben im Klassenraum versuchte ich alles, um von dieser schrecklichen Schule geworfen zu werden. Was für Strafen ich dafür bekommen würde, interessierte mich nicht die Bohne. Entweder ich erschien gar nicht zu ihnen oder ich saß sie in aller Ruhe ab. Das einzige, was mich ärgerte, war, dass niemand auch nur den Versuch unternahm, mich irgendwie von der Schule zu werfen. Es war wie verhext. Also wurde ich noch aggressiver. Meinem Treiben wurde erst ein Ende gesetzt, als ich einem Schüler versehentlich eine Gehirnerschütterung verpasste. Daraufhin musste die Schule meine Eltern informieren – bis zu diesem Zeitpunkt hatten sie, ganz wie ich vermutet hatte, nicht sehr viele Beschwerden über mich hervorgebracht –, die mich so lange ausschimpften, bis ich nur noch ein kleines Häufchen Elend war, das es nicht übers Herz brachte, auch nur das kleinste Bisschen aufzumucken, weil es sich so sehr vor einer weiteren Schimpftirade fürchtete. Ich fühlte mich so schrecklich, dass ich am nächsten Morgen in der Schule immer noch Mühe hatte, meine Tränen zu unterdrücken. Und von diesem Tag an belästigte ich meine Klassenkameraden in keiner Weise mehr, auch ein paar Wochen später nicht. Doch trotz dieser Veränderung von einem lausigen Rotzbengel in ein verweintes, schüchternes Etwas wollten die anderen Kinder an der Schule nichts mit mir zu tun haben, dafür war mein bisheriger Ruf zu schlecht. So vereinsamte ich zusehends und bekam immer mehr Sehnsucht nach meinem richtigen Zuhause. Manchmal überlegte ich sogar, ob ich einfach ausreißen und mich dort bei einem meiner Freunde einquartieren sollte, dann aber kamen wieder die Bedenken. Wenn irgendetwas schief ging, wäre ich aufgeschmissen, als Elfjähriger hatte man schließlich nicht viele Möglichkeiten und meine eigentlichen Freunde hatten sich auch schon seit einer ganzen Weile nicht mehr bei mir gemeldet. Meine Mutlosigkeit riss meine Stimmung täglich tiefer, nur wenn meine Eltern in der Nähe waren, versuchte ich zu lächeln. Schon damals hatte mein Stolz gewaltige Ausmaße – auch wenn er ziemlich angekratzt war. Eines Tages änderte sich die Situation jedoch. Als ich an einem Morgen kurz vor den Weihnachtsferien darauf wartete, dass der Unterricht begann, schob sich plötzlich ein Junge, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, in unser Klassenzimmer. Er war ziemlich groß für unser Alter, vielleicht ein oder zwei Köpfe größer als die Anderen, die gerade erfreut kreischend auf ihn zurannten, um ihn zu umarmen und ihm Willkommensgrüße zuzurufen. Ein wenig irritiert runzelte ich die Stirn. Warum begrüßten sie einen Neuen derart stürmisch? Bei mir hatten sie das nicht gemacht. Ob ihre Antipathie mir gegenüber doch nicht von meinem Benehmen herrührte? Eifersucht stach unsanft in mein Herz und ich wandte hastig mein Gesicht ab, damit niemand das bemerken konnte. Es war nicht so, dass mich irgendeiner von ihnen beachten würde, aber die Aussicht aus dem Fenster war mir im Augenblick um einiges lieber – auch wenn ich sie, um ehrlich zu sein, weiterhin aus den Augenwinkeln beobachtete. Es dauerte recht lange, bis sie sich beruhigt hatten; ja, es war tatsächlich unsere Klassenlehrerin die den Pulk um diesen Neuankömmling auseinandertrieb, weil es sonst viel zu lange gedauert hätte. Alle schnatterten fröhlich vor sich hin, während sie sich kichernd auf ihre Plätze trollten und dabei dem Neuen glückliche Blicke zuwarfen. Nur er blieb ganz ruhig und kam direkt auf mich zu. Leicht verängstigt machte ich mich kleiner, hoffte, dass seine stumme Prüfung doch nicht mir galt. Erst als er dicht vor mir stand, begrub ich meine Hoffnung, senkte den Blick und zitterte innerlich vor mich hin. „Du sitzt auf meinem Platz.“, stellte er fest. Mir fuhr ein kalter Schreck in die Glieder. Seine Stimme, sie klang so…so…unbeschreiblich! Nervös schluckte ich. Mein Blick, den ich nun zaghaft zu ihm aufrichtete war mehr als nur unglücklich, eher sogar flehend. „T–tut mir Leid.“, wisperte ich so entschuldigend wie ich konnte. „Aber…ich wurde…“ „Warum entschuldigst du dich denn jetzt, Kleiner?“, kam es verwundert zur Antwort, bevor ich zu Ende sprechen konnte. Ich zuckte ein wenig hilflos und um einiges verwirrter mit den Schultern. „Stört es dich denn gar nicht, wenn ich hier sitze?“ „Ne, wieso denn? Stühle haben wir ja genug und wenn es dir nichts ausmacht, setze ich mich einfach an den gleichen Tisch wie du, bis wir einen Neuen organisiert haben, ja?“ Er ließ sich auf einen Stuhl neben meinem fallen, drehte sich dann zu mir und reichte mir eine Hand. „Ich bin übrigens Kirasagi. Freut mich, dich kennenzulernen.“ „Kou–Kousaka…“, erwiderte ich schüchtern und ergriff seine Hand. Das Lächeln, das er mir daraufhin schenkte, ließ mein Herz kurz höher schlagen, verdrängte meine Aufmerksamkeit jedoch umso länger. „…wirst.“ „Was?“ Erschrocken riss ich mich von seinen vergnügt funkelnden Augen los. „Was hast du gesagt?“ „Nicht so wichtig.“, winkte er mit einem Grinsen ab, wandte sich zur Tafel und ließ mich mit meiner kindlichen Neugier in meiner Frage schmoren. Was er wohl gesagt hatte? Auf jeden Fall hatte es etwas mit mir zu tun gehabt, denn er hatte in der zweiten Person Singular gesprochen, aber worum es gegangen war… Verwirrt biss ich mir auf die Unterlippe und versuchte, im Nachhinein herauszufinden, was er zu mir gesagt hatte, doch es stellte sich als hoffnungsloses Unterfangen heraus. Es gab einfach zu viele Möglichkeiten, als dass ich mich auf einige wenige beschränken konnte. Nichtsdestotrotz nahmen diese Überlegungen mich derart gefangen, dass ich nicht mehr auf meine Umwelt achtete. Was sich bei meinem allseits vorhandenen Glück natürlich sofort rächte. „…saka…Kousaka!“ Ich schrak hoch und sah mich leicht bedeppert nach allen Richtungen um. Leises Gekicher meiner Klassenkameraden bestimmte die Geräuschkulisse des Raumes. Mein Blick wanderte weiter und erstarrte an zwei schlanken Beinen direkt vor meiner Nase, als mir der Grund für ihr Gelächter klar wurde. Da stand jemand vor mir. Und zwar nicht einfach irgendjemand. Es war meine Klassenlehrerin, die auf mich hinabstarrte, vermutlich mit einem wütenden Augenblitzen, doch ich traute mich nicht, das zu kontrollieren. Vielmehr sank ich mit brennenden Wangen auf meinem Stuhl zusammen und versuchte, so unauffällig wie möglich mit der hellen Maserung meines Tisches zu verschmelzen. Ein ebenso unmögliches Unterfangen wie das vorhergegangene, so sehr ich mir auch das Gegenteil wünschte. Warum hatte ich bloß nicht bemerkt, dass der Unterricht begonnen hatte? Sie musterte mich indes noch einige Augenblicke lang und schüttelte ihren Kopf, als dächte sie, dass von mir Häufchen Elend eh nichts Böses kommen könne. Dann wandte sie sich von mir ab und schritt nach vorne zur Tafel, um mit dem Thema fortzufahren. Ich schluckte schwer. Diese Resignation gegenüber meiner Person fühlte sich schlimmer an als eine ordentliche Schimpftirade, denn sie gab mir das Gefühl, schon längst ein hoffnungsloser Fall, der keine Beachtung mehr verdiente, zu sein. Am liebsten hätte ich mich ganz von alleine in die Ecke gestellt, um mich zu bestrafen. Ich war schon dabei, aufzustehen, als eine warme Hand plötzlich meine umschloss und mich zurück auf meinen Stuhl zog. „Mach dir keine Sorgen, sie ist nicht wirklich sauer.“, flüsterte mein neuer Tischnachbar mir zu, während seine Hand beruhigend über meine Haut strich. „Sie mag es nur nicht, wenn sie nicht schnell mit dem Unterricht beginnen kann. Guck mal, sie lächelt sogar schon wieder.“ Zaghaft sah ich auf. Tatsächlich. Minamoto–sensei lächelte dort vorne schon wieder fröhlich vor sich hin und führte uns gleichzeitig vorsichtig an das neue Thema in Mathe heran. Das hieß, dass sie mir wirklich gar nicht so böse sein konnte… Als ich das begriff, entspannte ich mich wieder etwas und konnte endlich meine volle Konzentration auf das, was sie uns erklärte, richten. Nachdem sie mit ihren Ausführungen geendet und uns zwei Aufgaben zur selbstständigen Übung gegeben hatte, spürte ich, wie meine Hand vorsichtig gedrückt wurde. „Na? Alles verstanden?“ Kirasagi lächelte mich aufmunternd an und ich konnte einfach nicht anders als zu nicken. Es war mir so herrlich einfach erschienen. Obwohl ich normalerweise kein sonderliches Mathegenie war. „Super!“, kam es daraufhin von ihm und er machte sich daran, die Aufgaben still zu lösen – ließ meine Hand dabei jedoch nicht los. Als Linkshänder störte mich das herzlich wenig; auch ich konnte die Aufgaben lösen. Es dauerte nicht mehr allzu lange, bis es zum Ende der Doppelstunde klingelte und die Lehrerin das Zimmer verließ. Augenblicklich stürzten die Anderen sich wieder auf Kirasagi. Ich wollte mich zurückziehen, damit er mit ihnen spielen gehen konnte, doch er hielt meine Hand jetzt noch fester und zog mich mit sich vom Stuhl. „Kousaka und ich sind in einer Mannschaft.“, verkündete Kirasagi dabei fröhlich und lief aus dem Klassenraum, mich immer noch mitziehend. Erst als wir schon ein kleines Stück des Flures hinter uns gebracht hatten, blieb er stehen und sah sich verwundert nach unseren Klassenkameraden, die schon bei der Tür stehen geblieben waren, um. „Ist was?“, fragte er mit einem Ton, als würde er überhaupt nichts verstehen; ich dagegen verstand sehr wohl, deshalb versuchte ich, mich von ihm loszumachen, als sich meine Vermutung bestätigte, indem einer der Jungen mit einem scheuen Blick auf mich vortrat und sagte: „Wir…wir wollen nicht mit ihm spielen. Kousaka ist doof. Er guckt immer so–“ Weiter kam er nicht, denn Kirasagi hatte sich blitzschnell – und immer noch mit mir im Schlepptau – vor ihm aufgebaut und funkelte den Sprecher, der jetzt nur zu gerne verschwinden wollte, wie man seinem Gesicht ablesen konnte, wütend an. „Hast du etwas gegen Kousaka?“ „N–nein, aber…“ „Gut, dann beschwer dich auch nicht.“ „Aber–“ „Kein ‚Aber’!“, zischte mein Tischnachbar und zog mich mit einem sanften Ruck an meiner Hand, die er immer noch festhielt als wäre sie sein größter Schatz, an sich heran. „Kousaka ist mein bester Freund und wenn jemand ihn beleidigt oder ihm wehtut, dann bekommt er es mit mir zu tun!“ Betretenes Schweigen entstand. Mit mir und meinen verwirrten Blicken von Einem zum Anderen mittendrin. Noch ein paar fragende Blicke wurden unter unseren Mitschülern ausgetauscht, dann löste sich der kleine Pulk langsam auf, bis nur noch Kirasagi und ich auf dem Flur zurückgeblieben waren. Ein wenig nervös starrte ich zu ihm hoch. Diese Selbstverständlichkeit, mit der er meine Hand immer noch gefangen hielt, beunruhigte mich mittlerweile, also versuchte ich, mich von ihm loszueisen. Es klappte nicht. Der einzige Effekt, den meine Bemühungen hatten, war, dass er seinen vorher abwesenden Blick auf mich richtete und mich fragend musterte. „Das hättest du ehrlich nicht tun müssen.“, nuschelte ich irgendwann unbeholfen. Mir war ziemlich unbehaglich zu Mute. „Jetzt mögen sie dich sicher auch nicht mehr.“ „Ach, wo denkst du denn hin? Das ist bestimmt nicht so!“ Er winkte locker ab und grinste mich an. „Und selbst wenn? Wer sagt, dass es mich stört? Die sind doch eh alle blöd. Die brauche ich nicht.“ Seine tiefbraunen Augen, in denen es leicht rötlich schimmerte, wenn Licht darauf fiel, musterten mein Gesicht. „Wie ist eigentlich dein Vorname?“, fragte er dann wie aus heiterem Himmel. „Eh?“ „Na, dein Vorname halt. Wir sind doch jetzt beste Freunde. Da müssen wir uns nun mal beim Vornamen nennen, findest du nicht auch?“ Ich sah erstaunt zu ihm auf und wusste nicht so recht, was ich nun sagen sollte. Eigentlich stimmte das, was er sagte, schon, aber wieso wollte er, dass wir beste Freunde waren? Kirasagis Blick war immer noch eine Mischung aus Frage und Forderung – anscheinend wollte er wirklich meinen Vornamen kennen, aber mich verunsicherte das nur noch mehr. „Na, komm schon. Ich heiße Takashi, und du?“ „R–Rei…“, stieß ich verlegen hervor, fand dabei meine Füße so interessant, dass ich gar nichts anderes mehr anschauen mochte. „Und…du willst das wirklich machen?“ „Na klar!“ Mein selbst ernannter bester Freund kicherte und knuffte mich in die Seite. „Sonst hätte ich dich ja wohl nicht gefragt. Aber jetzt komm, die Anderen warten sicher schon!“, rief Kirasagi – nein, Takashi aus und zerrte mich als seinen neuen, auf höchste beschämten besten Freund zu unseren Klassenkameraden hinaus. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Die Jahre vergingen und es kam, wie es kommen musste. Wir kamen uns näher, wurden wirklich zu besten Freunden – wobei ich nie erfahren hatte, ob Takashi das von Anfang an ernst gemeint hatte. Ich hatte nie den Mut gefunden, ihn danach zu fragen. Dafür gelang mir aber etwas Anderes: eines Tages gestand ich ihm, dass ich schwul war. Ganz aufgeregt und hibbelig und auch ein bisschen ängstlich saß ich vor ihm und studierte sein Gesicht. Er sah so ruhig aus. Hatte er etwa nicht begriffen, was ich da zu ihm gesagt hatte? Oder wollte er es nicht begreifen, weil es ihn so anwiderte? Doch meine Angst schien unbegründet zu sein, denn auf einmal breitete sich sein altbekanntes Grinsen auf seinen Gesichtszügen aus. „Bist du denn schon in irgendjemand Bestimmtes verliebt oder hast du das einfach nur so bemerkt?“ Erstaunt starrte ich ihn an, wurde nach einer kleinen Pause rot und nickte schüchtern. Als kleinen Dreizehnjährigen kostete mich das schon einiges an Überwindung. „Du hast da also jemanden?“, hakte Takashi nach und beugte sich ein wenig zu mir vor. Wieder nickte ich. „Aha… Und? Wen?“ Seine Stimme klang ein wenig angespannt, doch ich registrierte es nur unbewusst – im Moment hatte ich schließlich ganz andere Probleme! „Also…ähm…ich weiß nicht, ob du ihn wirklich kennst, aber…also…sagt dir der Name…Matsumoto Akira etwas?“ „Ist nicht im zweiten Jahr der Oberschule so einer?“ „Ja! Genau der ist es!“, ereiferte ich mich überglücklich darüber, dass er wusste, von wem ich sprach. „Ich habe ihn auf dem letzten Sommerfest kennengelernt…und…er ist einfach toll~!“ „Aha…hast aber Glück gehabt, dass bei uns Mittel– und Oberschule zusammengeschlossen sind…“ „Mhmm…“ Takashi beobachtete mich eine Weile lang mit seinen unergründlichen Augen und kam mir noch etwas näher. „Weißt du denn, ob er auch…also, hast du ihn gefragt, ob er dich auch mag?“ Mein Blick wurde ein wenig schuldbewusst, deshalb sah ich hastig zu Boden und schüttelte den Kopf. Er seufzte. „Traust du dir das nicht zu?“ Wieder erhielt er ein Kopfschütteln zur Antwort. „Oh je…“ Seine große Hand – in letzter Zeit war er zu meinem Entsetzen über die ein–Meter–siebzig–Marke hinausgeschossen – strich sanft über meine wuscheligen Haare und ich schmiegte mich an sie, um etwas mehr von der Wärme, die sie ausstrahlte, genießen zu können. „Na schön~“, erklang es nach einer kleinen Pause fast einen ganzen Kopf über mir. „Du hast mich ja so lieb gebeten…da kann ich diesen Wunsch doch nicht einfach ab–“ Weiter kam er nicht, denn ich jauchzte laut auf und stürzte mich auf ihn, um ihn mit aller Kraft, die ich in meinen dürren Ärmchen hatte, durchzuschmusen. Mein bester Freund ächzte gespielt entsetzt auf, versuchte aber nicht, mich von sich zu schieben oder andere Dinge zu tun, die ihm das Atmen wieder erleichtert hätten, sondern ließ mein plötzliches Kuschelbedürfnis einfach seinen freien Lauf nehmen. Vielleicht tat er das, weil es so selten vorkam, weil ich mich aus irgendeinem unerfindlichen Grund nie richtig von der Schelte meiner Eltern erholt hatte und deswegen zu einem schüchternen Etwas geworden war. Oder vielleicht auch, weil er zum letzten Mal das Gefühl haben wollte, dass ich nur ihm gehörte und sei es noch so illusionsreich. Doch zu diesem Schluss kam ich erst später. Zu diesem Zeitpunkt freute ich mich darüber, dass er so einfach hinnahm, dass ich schwul war, mich trotzdem an sich heranließ und mir dann auch noch helfen wollte, meinen Schwarm zu erobern. „Danke~“, schnurrte ich hochzufrieden, während ich mich so an ihn schmiegte, war beglückt von der Gewissheit, dass es dank Takashi garantiert irgendwie klappen würde. Seine Hand strich behutsam – vorsichtiger als vorher? – über meine Haare, als er antwortete: „Kein Problem. Ich helfe dir doch gerne. Schließlich soll mein kleiner, bester Freund glücklich sein!“ Mit vor Erstaunen geweiteten Augen löste ich mich ein Stückchen von seiner Brust und legte den Kopf schief, um ihn gründlicher unter die Lupe nehmen zu können. „Alles okay? Bist du vielleicht erkältet?“ Ich versuchte, seine Stirn zu fühlen, doch Takashi drückte meine Hand sanft, aber bestimmt nach unten. „Was soll denn sein?“, fragte er gelinde überrascht – natürlich wusste er, was los war. „Na, deine Stimme. Sie hört sich so heiser an…!“ Geschwind durchsuchte ich meine Hosentaschen nach den kleinen Hustenbonbons, die ich eigentlich immer dabei hatte, weil ich selbst dazu neigte, schnell zu erkranken, quietschte irgendwann erfreut auf und hielt ihm eines direkt unter die Nase. Das letzte von ihnen. „Magst du? Die helfen sehr – Wirklich!“ Doch anstatt es anzunehmen, drückte er bloß wieder meine Hand nach unten, räusperte sich etwas und lachte dann. „Keine Sorge, ich hatte nur einen kleinen Frosch im Hals. Hörst du? Alles wieder in Ordnung!“ Um mir seine Aussage zu bestätigen, sang er kurz eine Tonleiter hinauf und wieder herab. Ich war zwar noch ein wenig skeptisch, ließ seine Erklärung aber gelten und lächelte zu ihm hoch. Jedem konnte mal die Stimme versagen, das war echt kein Grund zur übertriebenen Besorgnis. Es war ganz natürlich… „Und woran hast du so gedacht?“, unterbrach Takashi auf einmal meine Gedanken, während er mir die Haare zerwuschelte und breiter grinste als ich es je zuvor bei ihm gesehen hatte. „Eh?“ Irritiert runzelte ich die Stirn. „Wie meinen?“ Für meine Unaufmerksamkeit gab er mir einen Nasenstüber, sein Grinsen jedoch blieb das selbe. „Du Schusselchen…ich will wissen, ob du schon weißt, wie du es ihm gestehen willst.“ „Ah~“ Prompt lief mein Gesicht hochrot an. Nach meinem scheuen Kopfschütteln gab er ein weiteres Seufzen von sich. „Dacht’ ich mir schon…da soll ich dir also auch helfen?“ Ein Nicken von mir und ein Seufzer von ihm. „Okay…bei einem Mädchen würde ich ja sagen, dass du einen Strauß Blumen kaufen und sie vielleicht mit einer schönen Karte auf ein Date einladen sollst, aber bei einem Kerl… Wie wäre es denn, wenn du ihm zum Valentinstag Schokolade machen würdest? Bis dahin ist es doch gar nicht mehr so weit~!“ „Meinst du? In Kochen bin ich doch so eine Null!“ „Dann werden wir dich eben in diesen zwei Wochen in einen Sternekoch verwandeln – zumindest, was das Gebiet Schokolade angeht. Na, was meinst du?“ Seine Augen funkelten fröhlich, als er mir gleichzeitig fröhlich auf die Schulter klopfte. „Ähm…okay…“, erwiderte ich noch ein wenig unsicher. Er kümmerte sich allerdings nicht darum, sondern zog mich an den Händen auf die Beine und schleifte mich dann ohne Wenn und Aber zu seinem Computer und später auch zu den Kochbüchern seiner Mutter, wo wir den ganzen verbliebenen Nachmittag damit verbrachten, die verschiedensten Rezepte für Schokolade hervorzukramen, die wir dann in den folgenden zwei Wochen ausprobierten. Unsere Ergebnisse verfütterten wir gnadenlos an wehrlose Opfer – meist war das irgendjemand aus unseren Familien –, bis wir endlich etwas geschaffen hatten, das allen gut schmeckte. Und dann kam mein großer Tag. Voller Nervosität lief ich mit Takashis Ermunterungen in den Ohren und der am Vortag gemachten Schokolade in den --Händen durch die Schule zum Klassenzimmer meines Angebeteten. Als ich endlich vor der Tür stand, wusste ich vor Aufregung kaum noch, wie ich hieß, geschweige denn, wie ich ihn denn bitteschön dort herausholen sollte. Hilfe…wozu hatten Takashi und ich uns denn stundenlang genau die Worte, die ich benutzen sollte, zurechtgebastelt? Ob ich noch mal zurückgehen und ihn danach fragen sollte? Er wusste es bestimmt noch. Aber genauso wahrscheinlich war es, dass er deswegen mit mir schimpfen würde…. Auch wenn er mir niemals wirklich böse war, konnten seine Strafpredigten dennoch äußerst unangenehm sein. Ich ließ den Kopf hängen bei der Aussicht auf eine eben solche und drehte mich um, um den Rückzug anzutreten. Doch ich hatte kaum einen halben Schritt getan, als jemand auch schon ein lautes „Vorsicht!“ schrie und nur einen Sekundenbruchteil später mit vollem Karacho in mich hineinraste. Mir armen, kleinen Ding blieb nichts anderes übrig, als erschrocken schreiend mit den Armen zu rudern und meinen Umrenner mit zum Boden zu zerren. Auch wenn letzteres nicht unbedingt beabsichtigt geschah. Wir lagen schon ein gutes Weilchen gemeinsam auf dem Boden, als mir auf einmal bewusst wurde, dass ich mich wie ein kleines Äffchen an mein Pseudokissen klammerte, während dieses ganz still unter mir lag und scheinbar darauf wartete, dass ich von alleine losließ. „Oh…oh mein Gott! T–tut mir Leid, ganz schrecklich sogar! Ich…ich ha–habe gar nicht be…merkt, dass ich…dass ich…oh Gott!“ „‚Matsumoto–kun’ hätte auch gereicht~!“ Ein wohlklingendes – und mir nur allzu bekanntes – Lachen unterbrach mein stürmisches Entschuldigungsgebrabbel und weckte damit den Mut, mal nach oben zu schauen, in mir. Nicht sehr viel später wünschte ich mir aber, es nicht getan zu haben, denn ich sah direkt in diese schokobraunen Augen, mit denen meine nur zu gerne verschmolzen, sodass ich gar nicht bemerkte, wie ich meinen Griff um seinen Oberkörper lockerte. Zumindest bis ich mit einem schmerzenden Steißbein unter ihm lag und vor Verlegenheit gar nicht mehr wusste, wo ich hinschauen sollte. Das „Akira!“, das ich in meinem Schock hatte entkommen lassen, machte die Situation für mich auch nicht gerade besser. So lag ich also unter meinem Schwarm, mit einem brennenden Gesicht und dafür betend, dass er bald mit diesem Lachen, das ich zwar einerseits ungeheuer vergötterte, andererseits aber in diesem Augenblick überhaupt nicht gebrauchen konnte, aufhören mochte. Es dauerte zugegebenermaßen noch ein wenig, dann erhörte Gott – oder auch nur der Zufall – mein stummes Gebet und ließ Aki–kuns – wie ich ihn insgeheim nannte – klangvolles Gelächter langsam verklingen, bis davon nur noch ein liebenswürdiges Grinsen übrig war. Mit diesem auf den Lippen sah er zu mir hinab, ein wenig überrascht, aber eindeutig neugierig. Oh nein, was sollte ich bloß machen, wenn er mich jetzt gar nicht mehr erkannte? Wir hatten doch nur so kurz das Vergnügen gehabt~! Panik bäumte sich mit einer unbezähmbaren Kraft in mir auf, wollte, dass ich schnurstracks aufsprang und davonlief; er zerschlug diese Macht jedoch mit nur einem einzigen Satz. „Hey…sag mal, bist du nicht der kleine Rei aus der Mittelstufe? Was führt dich denn an einen so verruchten Ort wie den Oberschultrakt?“ Sein Blick wanderte über seine Klassenzimmertür zu dem kleinen Päckchen für ihn, das ich in meiner Bestürzung hatte fallen lassen. Was hatte ich mir bloß dabei gedacht, als ich die Schokolade in Geschenkpapier verpackt hatte?! Das sah doch so…so mädchenhaft aus! Meine Gesichtsfarbe, die sich von der Peinlichkeit, dass er mich einfach so beim Vornamen genannt hatte, noch nicht ganz normalisiert hatte, wurde wieder richtig intensiv – sogar fast schon purpurn, als ich seine nächsten Worte vernahm. „Aah…soll ich wen für dich rausrufen, Kleiner? Oder soll ich als Überbringer fungieren?“ Er zwinkerte mir zu und mir sank das Herz in die Hose. Er würde mich garantiert nicht ernst nehmen. Wie kam ich überhaupt auf die Idee, dass er auf jemanden wie mich stehen könnte? Selbst bei aller Verliebtheit konnte ich mir noch verdammt gut die Chancen, dass mein Angebeteter sich ausgerechnet in mich kleinen Mittelschüler verliebte, ausrechnen. Verdammt, war das deprimierend! Als ich schwieg, runzelte er die Stirn. „Alles okay, Rei?“ Ich schluckte den Kloß, der gerade so eifrig dabei war, sich in meiner Kehle zu bilden, tapfer hinunter und schüttelte den Kopf, woraufhin ich ein verwirrtes Stirnrunzeln von meinem Schwarm kassierte. „Nicht? Oh…hast du dich etwa mit dem Trakt vertan?“ Ich schüttelte abermals den Kopf. „Mit dem Stockwerk?“ Erneut bekam er nur ein Kopfschütteln. „Tür?“ Meine Antwort blieb die Selbe, was ihn scheinbar ein wenig verzweifeln ließ. „Magst du mir denn nicht verraten, was du dann hier tust?“ Die Versuchung, erneut den Kopf zu schütteln, war immens, aber in diesem Fall hätte ich gelogen, was ich allerdings zum einen überhaupt nicht mochte und zum anderen nicht mal wirklich gut konnte. Auch wenn es nur stumm war. Dass ich schwieg, sah er anscheinend ebenfalls als eine Antwort, da er gerade als ich zu einer Antwort ansetzen wollte, sagte: „Oder hat dich dein Mut verlassen? Na ja, verstehen kann ich das ja schon. Es ist unwahrscheinlich, dass sich ein Mädchen aus der Oberstufe in einen Jungen aus der Mittelstufe verliebt, auch wenn du richtig knuffig bist.“ Mir rutschte das Herz geradezu unter die Schuhsohle. Da wollte man jemandem seine Gefühle gestehen und bekam dann solche Worte an den Kopf geknallt. Wirklich super aufmunternd! Jetzt schüttelte ich meinen Kopf doch noch ein weiteres Mal – eine Aktion, die ihn jetzt wirklich deprimierte. Aber wer wollte solche Fehler denn schon nicht berichtigen? „Ähm…a–also…eigentlich wollte ich…“ „Ja~?“, hakte er behutsam nach, als ich kurz stockte und verschüchtert nach unten sah. „Ich wollte…zu…zu…dir~!“ Ah, jetzt war es endlich raus! Erleichtert atmete ich auf, wagte jetzt wieder, mal nach oben zu schauen. Die Überraschung auf dem Gesicht meines Schatzes ließ sich nur schwerlich als leicht bezeichnen. „Zu…mir?“, wiederholte er verdutzt meine Worte und richtete sich wachsam geworden auf. „Ja, zu dir.“, bestätigte ich ihm, um sicherzustellen, dass er mich wirklich verstanden hatte und dass mein Mut mich jetzt nicht doch noch verließ. „Warum denn das?“ „Na ja, weißt du…“ Ich tapste zu meinem Päckchen, nahm es auf und klopfte behutsam den möglicherweise daran haftenden Dreck von dem – mir nun viel zu – bunten Packpapier, bevor ich mich mit tomatenroten Wangen zu ihm drehte und ihm mit aller Beherztheit, die ich aufbringen konnte, besagtes Päckchen geradezu gegen die Brust warf, mit einem atemlosen „Alles Gute zum Valentinstag!“ gleich hinterher. Noch bevor er aus den verhängnisvollen Irrgärten seiner Verwirrung herausfinden konnte, hatte ich auch schon meine Beine in die Hand genommen und war losgerannt als wäre ein ehrgeiziger Missionar höchstpersönlich hinter mir her. Ich verlangsamte mein Tempo nicht ein einziges Mal, bevor ich den Mittelstufentrakt erreicht hatte, und auch dort erst, als ich meinem besten Freund direkt in die Arme gelaufen war. Anscheinend war er dort auf dem Flur schon die ganze Zeit nervös hin– und hergetigert… Er hielt mich sofort fest, sodass ich nicht die Chance hatte, vor Aufregung einfach weiterzulaufen, und sah mich erwartungsvoll an. „Und?“ „Eh?“, gab ich völlig aus der Puste zurück und starrte ihn ebenfalls gespannt an. So wirklich verstand ich nicht, was er denn jetzt von mir hören wollte… „Na, wie hat er reagiert? Was hat er dir geantwortet?“ Meine Augen wurden tellergroß und ich sah seinem Gesicht an, dass er befürchtete, etwas Falsches gesagt zu haben. Aber mir war gerade erst bewusst geworden, was ich da mit meiner Teck–renn–weg–Aktion getan hatte. Um Gottes Willen…was, wenn ich ihm so die einzige Chance, mir zu antworten, zunichte gemacht hatte? Wenn er mich nicht mehr fand und…und…?! Ich war drauf und dran, zu hyperventilieren, wollte meinen Kopf gegen die nächste Wand rammen oder besser gleich aus dem nächsten Fenster springen, wovon mich Takashi nur mit Müh und Not abhalten konnte. Er redete schnell, aber beruhigend auf mich ein, strich mir über die Haare und nahm mich sogar in die Arme, während er mich davon zu überzeugen versuchte, dass ein Matsumoto Akira es nicht wert sei, so etwas zu tun. Leise seufzend legte ich einen Finger an seine weichen Lippen, damit er aufhörte, zu reden und erklärte ihm dann mit leiser Stimme, was passiert war. In seinen Mundwinkeln zuckte es zwar verdächtig, trotzdem versuchte er immer noch, mich aufzumuntern. „Denk doch mal positiv, Rei. Wenn er dir eine Antwort geben will, dann schafft er es bestimmt, dich hier zu finden. Er hat dich doch selbst gefragt, ob du nicht ‚der kleine Rei aus der Mittelstufe’ bist. Also weiß er zumindest schon, wo er anfangen muss, dich zu suchen! Und wenn nicht…dann hatte er eh kein Interesse und es lässt sich nichts anderes machen, als ihn als elenden Mistkerl zu beschimpfen, weil er zu feige war, um es dir ins Gesicht zu sagen. Also mach dir keinen Kopf, ja?“ Innerlich verzweifelte ich gerade; denn eben vor diesem Wollen oder Nichtwollen hatte ich so große Angst. Jedoch – wie sich später herausstellte – mal wieder völlig unbegründet. Denn mein Schwarm brauchte nicht mal den Monat bis zum White Day, an dem sich die beschenkten Kerle bei den Mädels – okay, ich war da wohl eine Ausnahme – traditionell für die Schokolade bedankten, um mir seine durchaus positive Rückmeldung, die mich zu einem der glücklichsten Menschen der Welt machte, zukommen zu lassen. Leider brauchten wir ebenfalls nicht mal einen Monat, um nichts mehr voneinander wissen zu wollen. Mein armer, armer, bester Freund musste mich aus meiner ‚Ich bin ein ungeliebter Mensch’–Depression herausholen – bis ich es schaffte, mich wieder zu verlieben. Diesmal war es ein amerikanischer Austauschschüler namens Benjamin, der mir das Herz brach, als er in seine Heimat zurückkehrte und nichts mehr von sich hören ließ, obwohl unsere Beziehung doch gerade erst begonnen hatte, richtig tief und innig zu werden. Den Grund hierfür fand ich nie heraus. Jedenfalls wiederholte sich dieses Spielchen immer und immer wieder. Ich trennte mich nach allerhöchstens zwei Monaten von meinem alten Freund, ließ mich von Takashi trösten, traf einen Neuen, verliebte mich in ihn und kam fast immer mit ihm zusammen, um mich wieder nach allerhöchstens zwei Monaten von ihm zu trennen. Ein paar von ihnen versuchten, danach noch ein weiteres Mal bei mir zu landen, doch sie waren mir nie wichtig genug gewesen, sodass ich mir einfach sagte, dass etwas, das beim ersten Mal nicht funktioniert hatte, garantiert auch nicht beim zweiten Mal funktionieren könne. So fand ich mich regelmäßig mehr oder weniger trauernd bei meinem besten Freund – um genau zu sein sogar bei meinem einzigen richtigen Freund – ein und suchte bei ihm Trost, wollte, dass er mir die Welt, deren Ungerechtigkeit ich nicht verstehen konnte, erklärte und mir sagte, dass es garantiert nicht an mir lag, dass meine Beziehungen immer schief gingen. Takashi war zu dieser Zeit wirklich zu bemitleiden, schließlich benahm ich mich so, als würde ich ihn nur ausnutzen… vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Auch an jenem Abend, an dem sich das alles abrupt änderte, hatte ich mich im vorangegangenen Tagesverlauf von meinem Freund getrennt und hockte nun frustriert mit einer zur Hälfte ausgetrunkenen Flasche Cola in der Hand auf Takashis Bett und stierte schweigend vor mich hin. Mein bester Freund war gerade nicht da, doch wo er war, wusste ich auch nicht genau. Ich wusste nur, dass er hier irgendwo im Haus herumturnte und ich mich wie ein Verrückter nach seinen Trost spendenden Armen sehnte. Plötzlich ging die Zimmertür auf und ich musste nicht einmal den Blick heben und dorthin schauen, um zu wissen, wer der Eingetretene war. „Sag mal, musst du ausgerechnet dieses Aftershave benutzen, Kashi?“, maulte ich genervt, als die unverkennbare Duftwolke mich erreichte. Klar, eigentlich roch sein ganzes Zimmer danach, ganz besonders sein Bett, aber jedes Mal, wenn er in einen Raum kam, fühlte ich mich gleichzeitig erschlagen und geborgen. Eine seltsame Mischung, nur wegen diesem Geruch. Takashi lachte bloß; er hatte gemerkt, dass mich das nicht wirklich störte, sondern dass ich im Moment einfach nur etwas zum Meckern brauchte. „Du hast es mir nun mal geschenkt, Kleiner. Was soll ich denn deiner Meinung nach sonst damit machen?“ Er setzte sich zu mir aufs Bett und ich rutschte demonstrativ weg, um diesem herrlich aufdringlichen Duft zu entfliehen. Prompt setzte er mir nach. „Und?“, hakte er dabei mit einem breiten Grinsen, das ich ihm nur zu gerne aus der Fresse geschlagen hätte, nach. „Vielleicht das Klo runterspülen und den wunderschönen Flakon mit einer Widmung von mir als Andenken an mich auf den Kaminsims stellen?“, schlug ich vor. Kashi – das war die Kurzform, zu der wir über die Jahre hinweg übergegangen waren – lachte laut auf. Na toll, ich wusste doch auch so schon, dass er mich in solchen Situationen nicht wirklich ernst nahm, musste er das also noch so verdeutlichen?! „Um Gottes Willen, Rei, warum sollte ich denn ein Andenken an dich brauchen? Ich hab dich doch gerade hier!“, rief er belustigt aus und ehe ich mich versah, wurde ich auch schon von zwei starken Armen an seine breite Brust gedrückt, ohne eine Chance zu haben, zu entkommen. Bedröppelt seufzte ich auf, während ich meine Hand über seine Brust wandern ließ. Das, woran ich mich hier lehnte, konnte man wirklich männlich nennen, aber mein Körper… Mit dem kam ich mir manchmal wirklich vor wie zum Ficken gemacht, ich konnte mich ja nicht mal vernünftig wehren – und wenn ich den Körperbau meines Vaters bedachte, würde das auch bis in alle Zeiten so bleiben. Prompt kam zu meinem Frust wegen der Trennung noch eine weitere Ladung dazu. „…keinen Kamin haben, Kleiner.“ „Was?“ Mein bester Freund musterte mich besorgt. „Hast du etwa wirklich gedacht, dass wir einen Kamin haben? Aber Rei, du warst doch schon so oft hier~!“ Seine Hand strich vorsichtig über meine Stirn, wie um mir Fieber zu messen. „Bekommst du schon Halluzinationen?“ Hastig schüttelte ich den Kopf, hielt diesen dabei aber tunlichst gesenkt, damit er die Röte, die nun in meinem Gesicht aufstieg, nicht sehen konnte. Klar wusste ich, dass es bei ihm keinen Kamin gab, schließlich war das Haus, in dem er lebte, sozusagen mein zweites Zuhause. Außerdem wusste ich, dass ich das Aftershave in einem Anfall meiner schier grenzenlosen Dummheit für eine Flasche Alkohol gehalten hatte, die einfach nur sehr außergewöhnlich geformt war. Der Name hatte jedenfalls meiner Meinung nach irgendetwas von einem Cocktail gehabt… Wie gut, dass Takashi von dieser Peinlichkeit niemals etwas erfahren würde…! Apropos Takashi…warum bitteschön sah dieser mir gerade prüfend in die Augen? Ohne dass ich irgendetwas bemerkt hatte, war seine Hand zu meinem Kinn gewandert und hatte es ein Stück weit angehoben, sodass ich meine Röte nicht länger verstecken konnte – was diese natürlich dazu anspornte, noch unübersehbarer zu werden. War ja klar! „Alles in Ordnung, Rei?“, wisperte er, ließ seinen Blick noch einmal über mein komplettes Gesicht wandern. Ich krächzte ein wenig entsetzt auf und nickte eilig, damit das nicht so sehr auffiel. „Sicher? …Gibt es…gibt es vielleicht irgendetwas, das ich…wissen sollte?“ Bildete ich es mir nur ein, oder klang seine Stimme wirklich so hoffnungsvoll wie ich sie hörte? Eigentlich ni–! Oh Gott! Zuerst wich mir alle Farbe aus dem Gesicht, dann lief es wieder knallrot an. Hatte…hatte er etwa…nein, er hatte doch nicht herausgefunden, dass…dass…?! Weiter kam ich nicht mehr. Während meine Gedanken kopflos durch eben jenen gerast waren, war mein Gesichtsausdruck von gelinde verwirrt, über ziemlich schuldbewusst zu völlig desorientiert mutiert. Was dann wohl der Anlass für Kashi gewesen war, mich nach unten auf die Matratze zu drücken und mir die verwuschelten Strähnen aus dem Gesicht zu streichen. Verdammt, wir waren uns so verteufelt nah…! Ich wollte wegrutschen, um mich schlagen, schreien und treten, um von ihm wegzukommen, damit er ja nicht bemerken konnte, wie wild mein Herz schlug; damit er sich nicht zusammenreimen konnte, was der Grund für meine letzte, nein, auch schon vorletzte Trennung gewesen war, den ich ihm partout nicht hatte verraten wollen; damit er… Im Endeffekt war alles, was ich tat, nichts. Ich blieb einfach nur ruhig liegen und starrte ihn an, war nicht fähig, noch klar zu denken, geschweige denn zu reden oder irgendwelche Wunder zu vollbringen…! Takashi leckte sich über die Lippen. Das tat er immer, wenn er unruhig wurde, oder nicht genau wusste, was jetzt zu tun war. Mein Blick folgte seiner Zunge wie der eines Kaninchens, der dem Weg einer Schlange, die sich auf das arme Tier zubewegte, folgte. Ich hielt die Luft an. „Dann…dann stimmt es also~?“, hauchte er ganz leise, ganz sacht. „Ich hatte wirklich Recht…?“ Wenn du mir jetzt verrätst, dass der Himmel grün ist und pinke Punkte hat, dann vielleicht ja…! Doch bevor ich zu der eventuell rettenden Frage, was er denn bitteschön meine, ansetzen konnte, kam er mir noch näher, stupste zärtlich meine Nase an, schmiegte seine eigene an sie und streifte dann endlich nach einer halben Ewigkeit, wie es mir vorkam, oder auch nur nach wenigen Sekunden, wie der Wecker, der auf merkwürdige Weise in mein Blickfeld geraten war, meinte, mit seinen Lippen über meine. Ich schnappte nach Luft – oder waren es doch Kashis Lippen, die ich jetzt so verzweifelt begehrte? – und packte in einem Anfall meines absoluten Wahnsinns seinen Nacken, zog ihn ungestüm zu mir herunter, um mehr von ihm spüren zu können. Mein Herz schien zu zerspringen, wollte aus meiner Brust, die sein Käfig war, entfliehen. Und er fühlte das gleiche; ich konnte es spüren. Er liebt mich, oh Gott, er liebt mich auch!, schrie es in mir auf, während ich mit etwas linkischen, fast schon unbeholfenen Bewegungen nach seinen liebevoll–leidenschaftlichen Küssen, mit denen er sofort die Führung übernommen hatte, haschte. Langsam wurden seine Küsse flüchtiger, gleichzeitig aber auch gefühlvoller, sinnlicher, aufreizender. Sie raubten mir fast den Verstand, sodass mir nichts anderes übrig blieb, als mich an meinen – jetzt wohl ehemaligen – besten Freund zu klammern und darauf zu hoffen, dass seine Zärtlichkeiten mir nicht das Herz – oder gleich den ganzen Körper zerrissen. Plötzlich drangen leise Laute von verschiedenen Stimmen an mein Ohr. Die einen waren mein ergebenes Flehen nach mehr – ich hatte mich noch nie sehr lange mit so etwas zurückhalten können - und das andere waren erst leise Dankesbekundungen an Gott, dann wandelten sie sich zu einem sich immer wiederholenden „Ich liebe dich, Rei~“. Sein kaum zu hörendes Gemurmel trieb mir Tränen der Rührung in die Augen, ließ mich leise aufschluchzen. Es war so schön…so gottverdammt schön…! Mein Griff um seinen Körper wurde fester. Er brauchte mich; ich brauchte ihn. Wir konnten nicht mehr ohne einander. Und jetzt hatte uns diese Erkenntnis endlich zusammengebracht… Ich hielt die Tränen, die mein Gesicht durchnässten, nicht auf, ließ mich lieber willenlos durch die Leidenschaft, mit der Takashi mich ergriffen hatte, treiben und dachte, dass dies wohl einer dieser wenigen Augenblicke, die einem Menschen vergönnt waren, in denen er von purem Glück erfüllt war, sein musste… vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz D wie Danke – Ende Weiter geht’s in: E wie Einzelgänger Kapitel 5: E wie Einzelgänger [korrigiert~♥] -------------------------------------------- E wie Einzelgänger Nach diesem mehr als nur unglücklich verlaufenen Wochenende saß ich am Montagmorgen wie gerädert auf meinem Platz in der hintersten Ecke des Physikraumes und ließ nur bedingt aufmerksam das Geschwafel des Lehrers vorne an der Tafel über mich ergehen. Wen interessierte denn schon der Unterschied zwischen gleichmäßiger und gleichmäßig beschleunigter Bewegung? Mich ganz bestimmt nicht, denn ich war hundemüde und hatte zusätzlich noch überaus schlechte Laune. „…, wenn Sie an meinem Unterricht kein Interesse haben, möchte ich Sie bitten, diesen Raum zu verlassen. Ansonsten hören Sie um Himmels Willen damit auf, Papierkügelchen aus dem Fenster zu schnipsen!“, drang es wie aus weiter Ferne an mein Ohr. Ups, da war aber jemand sauer. Das arme Schwein, das den Zorn unseres Physiklehrers auf sich gezogen hatte, tat mir jetzt schon Leid. Abwesend fuhr ich mit meiner Beschäftigung für Dummis fort und fing an, breit zu grinsen, als plötzlich eines meiner Kügelchen gegen das Fensterbrett prallte und von dort aus direkt in die schmale Lücke, die der Reißverschluss meines Etuis offen hielt, schlüpfte. Schon faszinierend wie gewandt diese Dinger sein konnten. Moment mal~?! Mir wich das Blut aus dem Gesicht und ich klammerte mich förmlich an das arme, kleine Etwas, das ich gerade hatte abfeuern wollen. Hatte er da eben wirklich etwas von Papierkügelchen gelabert? Mein Blick huschte durch den totenstillen Fachraum. Soweit ich das beurteilen konnte, war ich der Einzige, der etwas Vergleichbares in den Händen hielt…Und die Blicke der anderen waren alle auf mich gerichtet, manche tuschelten dabei sogar verstohlen… Scheiße, der meinte ja wirklich mich! Wie vom Blitz getroffen ließ ich das Kügelchen fallen und senkte mit einem gestammelten „Tut mir furchtbar Leid.“ den Kopf. „Hah! Dann auch noch die falsche Entschuldigung! Na, das haben wir ja gerne! Kousaka, Sie werden mir von heute an für jede Stunde, die wir bis zu den nächsten Ferien haben werden, Stundenprotokolle schreiben. Mit allen Einzelheiten werden Sie sie bei mir abgeben, habe ich mich klar ausgedrückt?“ Ich nickte bloß. Verdammter Bockmist, da ging sie dahin, meine schöne Freizeit…! „Haben Sie mich verstanden?!“, raunzte er mich an, als er merkte, dass ich gar nicht die Absicht hatte, ihm verbal zu antworten, was mich dazu veranlasste, innerlich die Augen zu verdrehen. „Ja, Sensei~!“, gab ich allerdings ergeben zurück – viel mehr konnte ich ja eh nicht tun. Mit einem hämischen Grinsen nickte er und wandte sich wieder der Tafel zu – eine super Gelegenheit, hinter seinem Rücken eine Grimasse zu ziehen, die ich auch gänzlich ausnutzte –, um mit dem Unterricht fortzufahren. Augenblicklich wurde das Getuschel um mich herum lauter. „Pft! Dieser Vollidiot! Hat sich’s mit dem Physo–Freak verscherzt. Ehrlich, wie kann man nur so dämlich sein?“ „Habt ihr sein dümmliches Gesicht gesehen?“ „Ja~! Eine Wohltat!“ „Wenn das so weitergeht, bleibt er noch hängen!“ „Geschieht ihr Recht, dieser Schwuchtel.“ „Meinst du wirklich? Der ist doch viel zu klug.“ „Nee…das, was er einmal an Gehirn hatte, hat er sich doch schon längst von anderen Kerlen rausnudeln lassen!“ Allgemeines Gelächter. Ich hielt meinen Blick starr geradeaus gerichtet, damit die Tränen, die ihre Worte in mir hochdrängten, keine Unregelmäßigkeit und damit eine Möglichkeit herauszusprudeln fanden. „Ich bin ja so froh, dass Kirasagi–kun sich von ihm getrennt hat! Ich hatte schon Angst, auch er wäre dieser Verirrung erlegen und–“ So. Das reichte! Mit Zornestränen in den Augen sprang ich auf, störte mich nicht großartig daran, dass dabei mein Stuhl mit einem lauten Poltern umfiel. Stattdessen rutschte ganz zufälligerweise meine Hand, die gerade – oh, noch ein Riesenzufall – den Wälzer von einem Physikbuch hielt, von dem Einband ab, sodass das schwere Ding in die Richtung meines herzallerliebsten Klassenkameraden flog, der gerade gesprochen hatte, diese Tätigkeit jedoch mit einem entsetzten und schmerzerfüllten Schrei unterbrechen musste. Sofort brachen weitere Schreckensschreie, sowie Beschimpfungen, die sich gegen meine Wenigkeit richteten, aus, was mich allerdings noch weniger kümmerte. In sekundenschnelle hatte ich meine restlichen Habseligkeiten eingepackt und meine Tasche geschultert, um gleich darauf auch schon mit einem zuckersüßen „Sie entschuldigen sicher, mir ist auf einmal so furchtbar übel; muss wohl an der Luft liegen~“ an meinem ein wenig verblüfften und sehr stark überforderten Physiklehrer vorbeizurauschen. Anschließend stürmte ich wie vom Teufel gejagt den Gang hinunter zum Treppenhaus und von dort in Richtung Dach, rannte dabei fast gegen die Tür, die zu dem kleinen Dachgarten, den meine Schule unterhielt, führte, konnte mich nur mit Mühe so weit abbremsen, dass ich nur mit halbem Karacho gegen das arme Ding krachte, bevor ich kraftlos daran herunterrutschte und mein Gesicht zwischen den Knien versteckte. Langsam wich die Wut aus meinen Gliedern und ließ dabei einen sich immer gewaltiger auftürmenden Hügel aus Frust, Trauer – und Zustimmung dort zurück. Ich schluchzte leise auf. Warum? Warum ausgerechnet ich? Und warum so? Ich konnte keine Antwort finden. „Kashi, bitte…“, stieß ich erstickt hervor und krallte mich an die Tür, meine Stirn an das kühle Glas gelehnt, während eben jenes wegen meinen gewisperten Bitten und gequälten Lauten beschlug… vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Als es schließlich zur Mittagspause klingelte, brachte ich es endlich über mich, mich aufzurappeln und mich auf den Weg in die Mensa zu machen. So sehr mir der Gang dorthin widerstrebte, ich wollte nicht auch noch zu allem Überfluss den Rest des Tages mit einem leeren Magen verbringen. Schließlich würde das dann unweigerlich darauf hinauslaufen, denn mein Vater hatte gesagt, er würde heute erst spät nach Hause kommen, ich selbst war im Moment nicht in der Verfassung, etwas halbwegs genießbares zu kochen, und die Zwillige…nun ja, ich vermutete stark, dass keiner der Beiden mir etwas zum Essen machen würde – beziehungsweise…dem einen wollte ich diese Arbeit nicht aufhalsen und bei dem anderen war ich mir nicht ganz sicher, ob der diese Chance nicht nutzen und mir unverträgliche Substanzen untermischen würde. Im Endeffekt gab es keine andere Essensbeschaffungsmöglichkeit, weshalb ich mich nun möglichst unauffällig zwischen den anderen, fröhlich vor sich hintratschenden Schülern hinterherschob. Wo wohl die Leute aus meinem Physikkurs waren...? Vor mir sah ich sie nicht und ich wagte auch nicht, mich umzudrehen und hinter mir nachzusehen, um eventuellen Racheakten vorzubeugen, da ich keine Lust hatte, dass sich dann augenblicklich eine Vielzahl von Fingern frei nach dem Motto „Guck mal, der hat ja geheult“ richteten. Dass man mir diesen Umstand ansah hatte ich dummerweise auch nicht mit meinem kurz eingeschobenen Besuch der Jungentoilette verhindern können. So ließ ich mich von dem breiten Strom in die Mensa mitreißen, wo ich nur wenig später unter den wachsamen Blicken der Köchinnen, die darauf achteten, dass niemand sich zu viel nahm, mein Tablett und tapste anschließend mit gesenktem Kopf durch den lauten und hoffnungslos überlaufenen Raum zu einem der hinteren Tische in einer Ecke, an dem schon ein Pärchen saß und sein Essen genoss. Wortlos gesellte ich mich zu ihnen, nickte ihnen zu; sie erwiderten meinen Gruß genauso stumm. Das hatte sich bei uns sozusagen schon ritualisiert. Früher hatten wir hier sogar zu viert gesessen und– Nein. Grob zwang ich mich selbst dazu, an etwas anderes zu denken, spießte fast schon zu heftig eines der Fleischstücken, die auf meinem Teller verteilt lagen, auf und musterte es eindringlich, ließ meinen Blick allerdings ganz nebenbei ein wenig zu meinen Tischnachbarn wandern. Sie waren anscheinend schon beim Nachtisch angelangt, denn der große Braunhaarige schob ihr leicht abwesend immer wieder einen Löffel Pudding zwischen die Lippen, hielt seinen Blick dabei die ganze Zeit starr auf dieselben gerichtet. Da war wohl wer ganz anders mit den Gedanken… Ich schmunzelte, beendete es aber schnell wieder mit einem Seufzen. Das schwarzhaarige Geschöpf, das ihm gegenübersaß, war nicht wirklich eine Sie, wie ich durch Zufall erfahren hatte, als ich nach dem Sportunterricht einmal alleine hatte aufräumen dürfen – noch mal einen herzlichen Dank an meine herzallerliebsten Kurskameraden – und die beiden deswegen in Flagranti im Geräteraum – wie klischeehaft – erwischt hatte. Und dabei war mir – wie hätte es auch anders sein können? – natürlich sofort aufgefallen, dass bei ihr an einer Stelle zu viel und an der anderen Stelle zu wenig Körpermasse vorhanden war. Ihre Gesichter waren wirklich der reinste Festschmaus gewesen! Nachdem wir uns ein wenig beschnuppert hatten, kam es dazu, dass wir ein lockeres Bündnis eingingen: sie hielten mir – und falls ich jemanden dabeihatte auch dieser Person – einen der besten Plätze der Mensa frei und ich hielt einfach meine Klappe und schützte sie vor dummen Sprüchen, Anfeindungen und sonstigem. Wobei ich ganz nebenbei noch den Vorteil der Gewissheit, dass ich nicht der einzige Schwule – Takashi jetzt mal ausgenommen – an unserer Schule war, abgesahnt hatte. Auch wenn ich immer noch nicht wusste, wie Jiro und Makoto, so hießen unsere beiden Hübschen, es geschafft hatten, Makotos eigentlich offensichtliche Männlichkeit zu verbergen. Okay, er schminkte sich und trug größtenteils die Uniform der Mädchen, aber wenn man genau hinsah… Plötzlich musste ich grinsen, denn sie fing an, zu zappeln und zu husten, weil der Große zu viel zu schnell in ihren Mund geschoben hatte. Seine Reaktion darauf war ein erschrockenes „Ma-chan!“ und er sprang auf, um um den Tisch herumzurennen und ihr auf den Rücken zu klopfen. „Hände nach oben, das hilft besser~!“, murmelte er dabei besorgt, anscheinend hatte ihm das Husten einen richtigen Schreck eingejagt; da waren seine Gedanken wohl wirklich ganz woanders gewesen… Der böse Blick, den Makoto seinem Freund jetzt schenkte, ließ mein Grinsen noch weiter werden. Wenn ich das nach meinem Blickelexikon deutete, hieß er: „Mindestens eine Woche kein Sex mehr!“. Verständlich, dass Jiro ein wenig entsetzt aus der Wäsche sah. Oh ja, das war schon ein süßes Chaotenpärchen~! Warum konnten sie nicht in meiner Stufe sein, das würde einiges für mich erleichtern… Leise seufzend ließ ich meinen Blick weiterwandern und biss mir hastig auf die Unterlippe, um nicht aufzuspringen und zu schreien: „Hier! Hier drüben bin ich, Kashi!“ wie ich es so oft in der Vergangenheit getan hatte. Aber jetzt durfte ich es nicht mehr. Ich starrte den jungen Mann, der nur knappe zehn Meter von mir entfernt war, stumm an. Ich müsste nur aufstehen und zu ihm hinübergehen, doch ich wusste, dass er mich abweisen und noch mehr verletzen würde, deshalb ließ ich es bleiben. Während ich ihn so musterte, stellte ich fest, dass er sich wieder die Haare gefärbt hatte; eigentlich ein Tabu an unserer Schule, aber aus irgendeinem Grund sagten die Lehrer nichts dagegen. Diesmal war es schwarz mit teilweise blonden Spitzen. Eigentlich musste ihm das stehen, aber…er sah heute ehrlich nicht gut aus. Er war fürchterlich blass und seine Bewegungen waren auch nicht so sicher wie sonst. Ich konnte nicht umhin, mir Sorgen um diesen großen, sturen Kerl zu machen. Hoffentlich war es nur eine leichte Erkältung, die bald wieder von ihm abließ. Er wirkte in letzter Zeit öfters so krank, manchmal fehlte er sogar ganz. Ich nahm ihn genauer unter die Lupe, um bestimmen zu können, was es war. Ich wusste, wenn er erkältet war, trug er meistens seinen heißgeliebten Schal, doch diesen konnte ich heute nicht entdecken. Vielleicht war es dann ja Magen-Darm… …oder er will ihn einfach nicht mehr tragen. Schließlich hat er den von mir bekommen und wir sind ja schon seit einer ganzen Weile nicht mehr zusammen… Wieder einmal musste meine Unterlippe dran glauben, als mir klar wurde, dass dieser Gedanke gar nicht mal so falsch war. Derweil sah ich mit an, wie Takashis Blick über die Köpfe der Sitzenden wanderte. Wahrscheinlich suchte er nach einem Platz. Unseren Tisch beachtete er jedoch gar nicht. Verdammt, Kashi, warum stößt du mich so sehr von mir?!, dachte ich am Rande der Verzweiflung. Nicht einmal reden durfte ich mit ihm, seitdem wir uns voneinander – oder besser: seitdem er sich von mir - getrennt hatten, Freunde bleiben kam dann also erst recht nicht in Frage. Ich verstand dieses Verhalten nicht – genauso wenig begriff ich den Grund für unsere Trennung. Schließlich hatte er ihn mir nie verraten, hatte mich einfach so von sich gestoßen… Bevor meine Erinnerungen allzu sehr abschweifen konnten, zwang ich mich dazu, an die bevorstehende Stunde zu denken. Ich wollte nicht riskieren, dass ich mitten in der Mensa wieder anfing, zu heulen; was allerdings unweigerlich passieren würde, sollte ich weiter an diesen Moment denken. Jetzt schon fiel es mir schwer genug, mich zurückzuhalten, ich spürte schon die unheilvolle Hitze in meinen Augenwinkeln. Ich krallte mich aufgewühlt in meine Hose, die an den Oberschenkeln schon ein wenig zerknüllt war, wie ich durch den Schleier, der sich um meine Wahrnehmung gelegt hatte, erkennen konnte. Die lauten Stimmen um mich herum hatten einen leicht fremdartigen Klang, wirkten boshaft und angriffslustig, obwohl sie vermutlich das genaue Gegenteil davon waren, nämlich fröhlich und leicht abgedreht. Als sich eine Hand behutsam auf meine Schulter legte, schreckte ich zusammen, konnte einen erschrockenen Laut nicht ganz verhindern. „Alles okay?“, fragte Makoto leise und sah mich mit ihren großen, braunen Rehaugen besorgt an, doch ich kümmerte mich nicht darum, viel zu groß war die Panik, die mich ergriffen hatte. Wo war Kashi? Mein Blick raste an die Stelle, an der er gerade so lange gestanden hatte. Ist er noch…? Ja, da war er noch. Starrte mich an. Der Schrecken in seinen Augen wurde zu Ausdruckslosigkeit, er sah weg und ging dann mit ruhigen Schritten davon, als wäre nichts gewesen. Aber er war immer noch schrecklich blass, mein Kashi. Plötzlich bekam ich keine Luft mehr, fing an zu zittern. Ich liebe ihn trotzdem, schoss es mir durch den Kopf, während ich mir mit bebenden Fingern meine Sachen krallte und aus der Mensa stürmte, die sensationslüsternen Blicke einiger meiner Mitleidenden im Nacken. Ich musste mich jetzt unbedingt beruhigen, sonst würde Paps heute Nacht wieder keinen Schlaf bekommen… Also machte ich mich auf zum Zimmer der Krankenschwester. Als sie mein Gesicht erblickte, wich ihr alle Farbe aus dem Ihren und sie eilte mit besorgt zusammengezogenen Augenbrauen auf mich zu. „Was hast du denn gemacht Kousaka-kun? Du siehst aus, als würdest du mir gleich umkippen! Hat euer Sportlehrer mal wieder übertrieben?! Also wirklich, er sollte sich mal an die eigene Nase fassen und ausprobieren, was er jede Stunde von euch fordert!" Ich wurde auf eines der Krankenbetten gedrückt, mein Shirt wurde hochgezerrt und meine Brust abgehorcht. „Seyato-sensei, es ist alles in Ordnung, wir hatten kein Sport." „Und warum bist du dann hier, wenn es alles in Ordnung ist?", hakte die Schulärztin nach und musterte mich ein wenig misstrauisch. „Dir hat doch wohl niemand eine reingehauen, oder?" „Nein, heute waren sie eigentlich ganz nett. Ich...ich hab' mich nur ein wenig zu sehr aufgeregt, wenn Sie also..." Ich beendete meinen Satz nicht, denn ich wusste, dass sie wusste, was ich brauchte. „Ach so. Ja...natürlich. Aber dir ist klar, dass ich das gar nicht gerne sehe, oder? Und dein Vater hat auch nichts dagegen?" „Nein, ich habe auch die Bestätigung dabei~" Ich machte Anstalten, aufzustehen und die Erlaubnis zu holen, aber Seyato-sensei winkte nur ab und lächelte mich freundlich an. „Nein, mach dir keine Umstände, ich glaube dir auch so. Mir gefällt es nur nicht, dass du das so oft brauchst." „Tut mir Leid, dass ich hin und wieder so empfindlich reagiere.", entschlüpfte es mir, bevor ich darüber nachdenken konnte. Erst als es schon zu spät war, fiel mir auf, dass meine Antwort ein wenig patzig geklungen hatte. Aber sie reagierte in keiner Weise so, als wäre ihr das negativ aufgefallen, sondern wandte sich kurz ab, um dann geschäftig an den Schränken, in denen sie die Medizin aufbewahrte, herumzuwerkeln. Kurz darauf kam sie dann auch wieder zu mir zurück und forderte mich dazu auf, ein Glas Wasser, das sie mir hinhielt, zu nehmen. „Du weiß ja, wie es geht~", meinte sie noch und drückte mir dann in die zweite Hand meine heißersehnte Tablette. „Dankeschön...", murmelte ich noch und hatte dann auch schon das keine Ding geschluckt und stürzte das Wasser hinterher. Anschließend streckte ich mich auf der Matratze aus und gähnte ein wenig. Das Zittern, das die letzte Viertelstunde in mir vorgeherrscht hatte, würde bald verschwinden und bis dahin sollte ich möglichst ruhig bleiben, damit das Mittelchen nicht zu schnell wirkte und dadurch meine Sinne zu sehr verwirrte. Ich stellte mich also darauf ein und schloss die Augen. Vielleicht würde ich ja auch noch ein kleines Nickerchen machen dürfen... vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz E wie Einzelgänger – Ende Weiter geht’s in: F wie Feinde Kapitel 6: F wie Feinde [korrigiert~♥] -------------------------------------- F wie Feinde Nach der Schule - ja, ich hatte es tatsächlich geschafft, mich irgendwie zurück in den Unterricht zu schleifen und ihn durchzustehen - tapste ich, die Tasche an meine Brust gedrückt, die Treppen der Schule hinunter. Dank meines absoluten Megaglücks heute war mir auch noch der Riemen dieses dummen Dings gerissen. Ehrlich, schöner konnte es gar nicht mehr kommen. Dachte ich jedenfalls. Die anderen Schüler, die neben mir her nach draußen strömten, beachtete ich so gut wie gar nicht. Ich wurde zwar hin und wieder nicht gerade sanft angerempelt, doch das waren entweder die Hektiker, die unbedingt noch ihren Bus oder ihre Bahn mitbekommen wollten, oder solche, die man tunlichst ignorieren sollte, wenn man nicht eins auf den Deckel bekommen wollte. „Hey, Kousaka-sempai!", kam es plötzlich von der Seite. Ich drehte mich von meinem Spind weg, den ich gerade hatte öffnen wollen, und sah den Jungen - ja, es war wirklich ein Junge, man(n) konnte ihn gar nicht anders nennen, auch wenn er nur eine Stufe unter mir war -, der da angerannt kam, entgegen. „Ja?" Schnaufend kam er vor mir zum Stehen, stützte sich mit den Händen auf seinen Oberschenkeln ab und brauchte erst mal ein Weilchen, bis seine Atmung sich wieder etwas beruhigt hatte. Ich ließ ihm die Zeit, schließlich war ich ja nicht in Eile - und zu Hause wartete Kashiwazaki sicher schon auf mich, beziehungsweise auf eine neue Gelegenheit, mich fertigzumachen. „Danke, dass du gewartet hast.", keuchte mein Kohai schließlich und lächelte mich verlegen an, rückte kurz seine Brille zurecht und räusperte sich. Mein eingeworfenes „Ist schon gut, ich hab' Zeit." schien ihn etwas zu ermuntern, denn sein Lächeln wurde breiter. „Nun ja, weshalb ich dich aufgehalten habe... Es geht ums Schulfest. Ich bin in die Organisation eingebunden und...du bist doch im Geschichtskurs von Sagano-sensei, oder?" Ich nickte und runzelte die Stirn. „Ja, aber warum fragst du?" „Es ist so...wir müssen die Räume ein wenig anders verteilen, weil sich auf einmal eine Band angemeldet hat, die hier spielen will. Die Jungs haben allerdings ausdrückliche Bedingungen, was den Auftrittsort angeht, gestellt und deshalb brauchen wir jetzt die Aula für sie. Könntest du das morgen bitte Sagano-sensei mitteilen, damit er dafür sorgen kann, dass alle erfahren, dass ihr euch jetzt mit der 3-3 aus der Mittelstufe die Turnhalle 4 teilen müsst?" „Klar, kein Problem." Mit ihm konnte ich sicher reden, er würde keine dummen Anspielungen wegen meiner sexuellen Orientierung machen. „Noch irgendetwas, worauf ich achten soll?", fragte ich weiter, während ich meinen Spind aufschloss. „Nein, das wäre alles. Dan- eh?!" Entgeistert starrte er auf das Chaos aus Papierbögen, die uns entgegengeflattert kamen. Ich tat es ihm gleich. Seit wann hatte ich denn eine solche Unordnung darin? Heute morgen… Ein böser Verdacht keimte in mir auf. Eilig schnappte ich mir das oberste Blatt. „Schwuchtel" stand dort in knallpinken Neonbuchstaben. Ich schüttelte den Kopf und griff nach dem nächsten Zettel. „Arschficker". Diesmal war es giftgrün. Diese Leute waren wirklich nicht sehr einfallsreich, was Beleidigungen anging. Ich tippte auf ein paar übereifrige Schüler aus der unteren Mittelschule, die irgendwelchen Leuten aus der Oberschule gefallen wollten und deshalb jede Drecksarbeit für sie erledigten. Feiglinge. Stück für Stück hob ich die beschrifteten Blätter auf und warf sie in den nächsten Mülleimer, die ganze Zeit über mit den mitfühlenden Blicken meines Kohais im Rücken. Na, wenigstens hatte er bei dieser Aktion nicht mitgeholfen - auch wenn er vermutlich wusste, wer dahintersteckte. Ich biss mir auf die Unterlippe und ballte die Fäuste. So langsam bekam ich ehrlich Lust, mir den Kleinen zu schnappen und ihn mit Süßem oder Saurem darüber auszuquetschen, wer regelmäßig dafür sorgte, dass ich den Flur vor meinem Spind aufräumen musste - auch wenn ich von innen dickes Klebeband über die Schlitze klebte -, damit ich besagten Personen mal ordentlich meine Meinung geigen konnte. Aber wenn ich Pech hatte, würde das nur bewirken, dass er sich auf die Seite jener Leute schlug - ob aus Angst vor ihnen oder vor mir war fragwürdig - und ich so einen meiner wenigen bis gar nicht vorhandenen Verbündeten verlor. So eine verfickte Zwickmühle aber auch! Mein Kohai schien ebenfalls zu bemerken, dass er sich nicht gerade in der sonnigsten Position befand, denn er tappte unruhig von einem Fuß auf den anderen und sah mich halb ungeduldig, halb entschuldigend an. Ich machte ihm keinen Vorwurf deswegen, schließlich konnte es verheerende Auswirkungen auf seinen Ruf und Stand im Schulkomitee haben, wenn er zu lange oder zu oft in meiner Gegenwart gesehen wurde. Traurig, aber wahr. So beschloss ich, ihn zu erlösen, und nickte ihm aufmunternd lächelnd zu - obwohl das rein theoretisch von ihm hätte kommen müssen. Aber das tat jetzt nichts zur Sache. „Wenn noch irgendetwas zu klären ist...du weißt ja, wo ich zu finden bin." Er nickte stumm. Tatsächlich war ebenso wie meine Neigung auch mein Lieblingsort hier in der Schule, der kleine Dachgarten, allgemein bekannt. Und zur Not tat es auch ein kleiner Zettel in meinem Spind. Selbst bei einer Aktion wie heute sah ich immer nach, ob sich unter dem ganzen Müll nicht doch noch irgendetwas Wichtiges in meinen Spind verirrt hatte. Meiner Meinung nach war das eine Pflicht, die ich unbedingt zu erfüllen hatte. Schließlich gehörte ich zu den Stufensprechern. Auch wenn ich wusste, dass dies nur ein groß angelegter Scherz gewesen war, um mir noch mehr Arbeit aufzuhalsen, und dass mein Vize der eigentliche Stufensprecher war, der das alles zu allem Überfluss auch noch organisiert hatte. Manchmal fragte ich mich wirklich, ob die Leute nichts anderes zu tun hatten, wenn sie sich so einen Mist ausdenken konnten. Doch ich hatte mich nie über meine Wahl beschwert, denn ich hatte einen kleinen Vorteil erlangt, den diese Dummköpfe davor überhaupt nicht bedacht hatten: Dank meiner Position konnte ich ihnen all die Arbeit, die sie mir hatten aufhalsen wollen, selbst wieder reinwürgen. Am schönsten waren ihre Gesichter, wenn sie bemerkten, dass sie nichts dagegen tun konnten - das glich des Öfteren so einiges aus. Ich nickte meinem Kohai noch einmal kurz zu, bevor ich in meine Schuhe schlüpfte und aus der Schule stapfte. Egal, wen ich zu Hause würde ertragen müssen, dort war es garantiert besser als hier - vor allem, weil mein Magen mittlerweile wieder wie ein hungriger Wolf knurrte und sich selbst mit Dosenobst zufriedengeben würde. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz In freudiger Erwartung, bald zu Hause zu sein, eilte ich auf die Treppe der U-Bahnstation zu, an der meine Bahn, die ich nehmen musste, um nach Hause zu kommen, hielt und ging gedanklich schon mal durch, was ich mir alles schnappen konnte. Am besten wäre es wohl, wenn ich mal kurz bei dem Lebensmittelladen bei uns in der Nähe vorbeisah; vielleicht hatten sie ja Erdbeeren und Kiwis im Angebot, dann konnte ich mir Obstsalat machen. Bei dem Gedanken an eine solche Köstlichkeit wurden mein Magen lauter und meine Schritte schneller. Und sie wurden noch einmal schneller, als ich plötzlich ein „Oh, Rei-Schatzi~!" hörte. Das konnte doch nicht wahr sein! Hatte dieser Mistkerl denn gar nichts aus seiner letzten Abreibung gelernt?! „Aber natürlich habe ich das~", raunte es plötzlich an meinem Ohr. Entsetzt schnappte ich nach Luft. Erstens, weil ich vergessen hatte, wie schnell Dane war, und zweitens, weil ich überhaupt nicht bemerkt hatte, dass ich diese Worte laut ausgesprochen hatte. Doch mir blieb kaum Zeit, diesem Mysterium auf den Grund zu gehen, denn ich wurde grob am Oberarm gepackt und herumgerissen, fast wäre mir dabei auch noch die kaputte Tasche aus den Händen gefallen wäre. Bei dem Ruck stolperte ich ein wenig, aber zum Glück fiel ich nicht auf den Boden. Das wäre neben all meiner Hilflosigkeit - verflucht sei sie auf ewig - noch eine weitere Demütigung gewesen, die ich auf gar keinen Fall erleiden wollte. Ich hasste so etwas. Also hob ich meinen Blick und funkelte mein Gegenüber eiskalt an. „Lass mich los." Meine Stimme war ruhig, ruhiger als ich eigentlich war und deshalb schon fast unheimlich ruhig. Aber das zeigte bei Dane keine Wirkung, er lachte bloß und zog mich enger an sich heran. „Aber warum denn, Kleiner? Seit unserer Trennung hast du kleine Schwuchtel doch immer davon geträumt, wieder von mir in die Arme - und am besten noch durchgenommen zu werden.", gluckste er; Ekel stieg in mir auf. „Wenn du's genau wissen willst, habe ich nach dir schon einundzwanzig andere Freunde gehabt!", zischte ich. „Also habe ich ganz bestimmt bessere Leute gehabt, die das tun konnten." Er lachte auf. „Hah! Von wegen! Dass du so viele hattest, zeigt doch nur, dass du schrecklich wechselhaft und unbeständig geworden bist, weil du nach mir mit keinem anderen Kerl mehr zufrieden warst" „Pah! Ich hatte einen, mit dem ich über ein Jahr lang zusammen war! Danach war ich wirklich mit keinem mehr zufrieden!" In seinen Augen blitzte etwas auf, das mich irgendwie beunruhigte. Auch als wir noch zusammengewesen waren, hatte es solche Momente gegeben, in denen mir die Bosheit in seinen Augen mir so richtig Angst eingejagt hatte. Vor allem, weil er dabei immer noch so überdurchschnittlich intelligent wirkte. „Aah...die Sache mit Kirasagi..." Er lachte leise, ein Schauer lief mir den Rücken hinunter und ich konnte spüren, wie mir alle Farbe aus dem Gesicht wich. „Der hat dich aber ordentlich abserviert, Kleiner... Und das nach so einer langen Zeit. Stimmt es eigentlich, dass du jetzt nicht mal mehr mit ihm sprechen darfst?" Ich zog es vor, zu schweigen, ballte lieber meine Fäuste. Er wusste ja eh alles... „Und näher als zwei Meter darfst du ihm auch nicht kommen?" Meine Fingerknöchel traten allmählich weiß hervor. Ich starrte sie an, als wolle ich sie hypnotisieren, hautfarben zu bleiben. „Ooch...wird Klein-Schwuchtelchen jetzt etwa traurig? Magst du herkommen und dich an meiner Schulter ausheulen?" Ohne ihn anzusehen, zeigte ich Dane meinen Mittelfinger. „Ts, ts, ts, das ist aber nicht gerade die feine englische Art. Du hast mich nicht mal angesehen dabei~!“, spottete er einfach. Solche Beleidigungen hatten ihm noch nie etwas ausgemacht und sie würden es auch wahrscheinlich nie tun, da er gefühlsmäßig so kalt war, dass alles an der gefühlten zehn Meter dicken Eiswand zwischen ihm und seiner Umgebung abprallte. Aber ich hoffte immer noch, dass irgendwann mal jemand kommen, dieses Eis schmelzen und ihn richtig verbrennen lassen würde, damit er mal merkte, was für ein Arsch er gewesen war. Nun, das war jetzt alles Wunsch–Zukunftsdenken, viel wichtiger war es im Moment, sich auf den Feind vor mir zu konzentrieren und ihn irgendwie– Moment mal! Wo war er denn jetzt? Gerade eben noch… Plötzlich wurde mein Kinn gepackt und brutal nach oben gezogen. Ich ächzte vor Entsetzen auf, das Knacken in meinem Nacken eben konnte nichts Gutes bedeuten… Seine Lippen drängten sich gegen meine, bestürmten sie gierig, fast schon provozierend heiß, ließen meinen Atem schneller werden – und doch spürte ich Abscheu in mir aufsteigen. Es war so schrecklich zu wissen, dass er genau wusste, welche Knöpfe er bei mir drücken musste, damit ich nicht mehr zu irgendwelchen Widerworten fähig war. Schließlich hatte er ja mal die Möglichkeit gehabt, alles an mir auszutesten… Igitt! Ich keuchte auf. Aber plötzlich löste er sich wieder von mir und grinste mich angewidert an. „Na~, willst du mehr?“ „Um Gottes Willen…Nein~!“, wisperte ich geschwächt und versuchte, ihn von mir zu schieben, doch sein eiserner Griff wollte einfach nicht lockerer werden. Wütend stampfte ich auf – und stellte nach einem schmerzerfüllten Japsen seinerseits erfreut fest, dass ich dabei versehentlich auf seinen Fuß getrampelt war. Was für ein schönes Leben…! „Du miese Ratte!“ Oder doch nicht. Mit vor Angst geweiteten Augen sah ich zu Dane auf; seine blonden Haare wehten in einem Windstoß und umspielten sein zorniges Gesicht, das ihn wie einen Gott aussehen ließ – der nur leider keine Gnade kannte, wie mir die Wand in meinem Rücken nur zu gut klar machte. Der raue Stein presste sich durch mein Shirt, rieb meine Haut auf, während er meinem Gesicht erneut näher kam. Und seine Augen hatten wieder diesen unheimlichen Ausdruck… Ich verkrampfte mich und mein Magen machte einen schmerzhaften Satz in die Höhe. Gott, ich hasste diesen Kerl, ich hasste ihn so sehr~! „Ich werd’ dir zeigen, was es heißt, sich mit mir anzulegen!“ Er hob mich, ohne weiter zu zögern, am Kragen hoch, stieß mich dabei unsanft gegen das steinerne Gemäuer hinter mir. Vor meinen Augen erschienen kleine Sternchen, hervorgerufen von dem Schmerz, der meinen Rücken so sehr ächzen ließ. „Lass–“, wollte ich protestieren, allerdings hatte dieses eine Wort kaum seinen Weg über meine Lippen gefunden, als eben diese von einem harten Schlag betäubt wurden. Neue Schmerzwellen schossen durch meinen Körper, diesmal von meinem Kopf ausgehend und ich schmeckte Blut. Mein entsetztes Keuchen hallte in meinen eigenen Ohren wieder. Oh Gott! „Lass mi–“ Ein zweiter Schlag trieb mir Tränen in die Augen, dann wurde ich auf einmal auf den Boden fallen gelassen. Erstaunt wollte ich zur Seite krabbeln, möglichst weit weg von diesem Mistkerl, damit ich mich aufrappeln und wegrennen konnte – ans Wehren dachte ich schon längst nicht mehr; er war schließlich ein Schrank gegen mich -, doch ich wurde von seinem Fuß in meinem Bauch aufgehalten. Ächzend klappte ich halb zusammen, zwang mich allerdings, weiterzurobben. Nur nicht das Ziel aus den Augen verlieren…Immer weiter, Rei~ Ich schlang meinen Arm um meinen Bauch, um ihn vor seinem Wüten zu schützen, was dazu führte, dass jetzt auch noch er leiden musste. Immer wieder schwoll das anfängliche Brennen zu einem wütenden Pochen ab, nur um gleich darauf wieder unerträglich zu schmerzen. Schon längst machte ich mir nicht mehr die Mühe, meine Augen offen zu halten – selbst das schien wehzutun –, als ich ein weiteres Mal in die Höhe gezerrt, gegen die Wand geknallt wurde und mir wegen einer weiteren Ohrfeige ein Wimmern entwischte. In der festen Erwartung, gleich noch eine zu bekommen, kniff ich die Augen zusammen und zog meinen Kopf zwischen die Schultern, so weit es eben ging, während ich festgehalten wurde, hörte sogar ein Knallen – spürte jedoch nichts. Verwirrt blinzelte ich, als der Druck auf meinen Oberkörper nachließ, wodurch ich endgültig auf dem Boden landete, und gleichzeitig ein weiterer Schlag verbunden mit einem Ächzen ertönte. Ich riss die Augen weit auf, um das Bild, das sich mir gerade bot, wirklich fassen zu können. Dane lehnte keuchend an der Wand mir gegenüber und vor ihm stand… „Zetsây~?“, hauchte ich und konnte mich vor Freude kaum halten, wäre am liebsten zu ihm gestürmt, um mich bei ihm zu bedanken, doch er beachtete mich gar nicht, sondern stürzte sich ein weiteres Mal wütend knurrend auf Dane. Weil es zwischen den Beiden immer wieder bedrohlich knackte, zuckte ich öfters zusammen und beließ es lieber dabei, meinen Retter stumm anzufeuern, anstatt mich mit ins Getümmel zu werfen. Kurz grübelte ich darüber nach, wo er überhaupt so plötzlich hergekommen war, wurde allerdings schnell von Zetsâys Glückstreffer an einer außerordentlich schmerzhaften Stelle – sogar ich verzog mitfühlend das Gesicht, da allein der Anblick schon fast genauso wehtat wie der eigentliche Schlag – unterbrochen. Augenblicklich ließ Zetsây von seinem Opfer, das sich jetzt am Boden krümmte, ab und kam mit einem schrägen Grinsen auf mich zu. „Ich würde dich ja jetzt sehr gerne ausführlich begrüßen, aber ich befürchte, das müssen wir auf später verschieben, bevor das da…“ Er deutete mit dem Kinn auf Dane, „…wieder von den Halbtoten aufersteht.“ Die kurze Andeutung eines Nickens von mir genügte ihm und schon wurde ich an der Hand gepackt und aus der Gasse in das wogende Menschenmeer gezerrt. Einige Leute starrten uns verwirrt an – zweifellos, weil wir Beide, vor allem ich, ziemlich lädiert aussahen –, doch wir kümmerten uns nicht um sie und hetzten weiter auf unserem Weg in die Sicherheit. Immer noch Hand in Hand stürmten wir die Treppen zur U-Bahn hinunter, wobei ich ihn reflexartig davon abhielt, eine Runde mit dem Boden an ihrem Ende zu knutschen. Gerade, als wir durch die Türen des Waggons huschten, sah ich Dane am Eingang auftauchen und wandte mich hastig ab, um zu verhindern, dass er mich erkannte. Im nächsten Augenblick fuhr die Bahn auch schon an und brachte uns schnell aus der Reichweite dieses rachsüchtig aussehenden Kerls. „Puuh~“ Leicht grinsend ließ Zetsây sich auf einen der wenigen freien Plätze fallen und klopfte neben sich auf die Sitzfläche, damit ich es ihm gleichtat. „Das war ganz schön knapp, was?“ Er kicherte vergnügt und brachte mich auf diese Weise ebenfalls zum Schmunzeln. Es war wirklich ansteckend~ „Ja~“, zwang ich schließlich aus mir heraus und schloss die Augen. Bäh, wie widerlich sich mein Körper an einigen Stellen anfühlte… Fast wie Matsch…iieh…! Eine Hand klatschte mir sanft auf den Oberschenkel. Ich schielte zu ihm hin und seufzte innerlich, als ich seinen fragenden Blick bemerkte. Was jetzt kommen musste, war ja klar. „Wer war dieser Kerl eigentlich?“ Da war sie auch schon; diese Frage die ich mehr als jede andere verabscheute. Er musste wohl bemerkt haben, dass ich nicht wirklich Lust hatte, über dieses Thema zu sprechen, denn er hob abwehrend seine Hände und schüttelte den Kopf. „Du musst echt nicht darüber sprechen, wenn du nicht willst. So neugierig, dass mich das umbringen würde, bin ich nun auch wieder nicht.“ Ich musste erneut schmunzeln und zuckte mit den Schultern. „Ist schon in Ordnung. Ein ach so großes Geheimnis ist das ja auch nicht.“ Ich machte eine kleine Pause, damit er seine Einwände, oder was auch immer er auf dem Herzen hatte, vorbringen konnte. Als er schwieg, fuhr ich fort: „Das war Dane Baker. Mein vierter fester Freund. Eigentlich war ich rundum glücklich mit ihm: er sieht gut aus, ist intelligent, hat Geld und so weiter und so fort. Am schönsten fand ich aber, wie er mich behandelte. Er war so lieb zu mir, dass es mir manchmal schien, er trüge mich wie auf Händen. Nun ja…eigentlich, wie ich schon sagte. Das änderte sich nämlich ziemlich schnell, als ich herausfand, dass neben mir eine Freundin hatte und ich für ihn nur ein amüsanter Zeitvertreib für zwischendurch für ihn gewesen war. Zu diesem Zeitpunkt hatte er leider schon jedem an unserer Schule erzählt, was für Vorlieben ich hatte und was für ein Naivchen ich doch war, dass ich ihm alles geglaubt hatte, was er zu mir gesagt hatte.“ Zetsâys Atem stockte vor Bestürzung, für einen Augenblick hatte ich Angst, er könnte vergessen, wie es ging, doch sofort schalt ich mich einen Idioten. Seine Hand schloss sich um meine linke und drückte diese vorsichtig. „Und dann?“, fragte er leise, sah mich dabei ernst und angespannt an. Ich verstand nicht so ganz, weshalb er so viel Anteil an meiner Geschichte nahm, aber es gefiel mir, das konnte ich nicht leugnen. „Tja, dann…ich stellte ihn, sobald es ging, zur Rede, wollte wissen, warum er den Anderen alles verraten und mich so munter betrogen hatte und Dane…er…er sagte, so eine dreckige Schwuchtel wie ich hätte nicht das Recht, glücklich zu werden. Daraufhin stritten wir uns ziemlich heftig und im Endeffekt, denke ich, hätte ich einige Dinge nicht sagen sollen, aber…wenn’s zu spät ist, ist man immer schlauer, nicht wahr? …Wir hätten gar keine Feinde werden müssen…“ Ich lächelte traurig vor mich hin, sann nun stumm über meine dummen Fehler der Vergangenheit und seufzte zwischendurch unbewusst auf. Plötzlich wurde sein Griff um meine Hand ein wenig fester. Überrascht sah ich zu Zetsây auf. Dieser wirkte so, als wolle er irgendetwas sagen, was er allerdings nicht tat. Nicht, dass er das brauchen würde. Unsere Blicke hielten sich aneinander fest, verbanden sich miteinander und schienen ohne unser Zutun dem Anderen unsere Gedanken zu übermitteln. Mein Retter kam mir ein wenig näher; ich tat nichts dagegen, war viel zu gebannt von den Gefühlen, die in seinen Augen, seinen wunderschönen Augen brannten. Ich wollte noch weiter in sie hineinsehen, doch auf einmal ertrug ich es kaum noch, senkte meine Lider ein wenig. Meine Lippen bebten unter seinem Atem, als er mir noch näher kam und– „Die Fahrkarten, bitte!“, erschallte es plötzlich ganz in unserer Nähe. Erschrocken zuckte ich zusammen, beruhigte mich aber sofort wieder, denn mir wurde bewusst, dass ich mein abonniertes Ticket ja immer dabei und deshalb nichts zu befürchten hatte. Also wollte ich da weitermachen, wo wir unterbrochen worden waren, doch dieser wunderschöne Bann war einfach so zerbrochen… Ich warf einen bedauernden Blick hoch zu Zetsây, der ein wenig zurückgewichen war, nachdem wir gestört worden waren, und mich jetzt erschrocken ansah. „Alles okay bei dir?“, fragte ich besorgt und drückte nun meinerseits seine Hand. Er schluckte, seine Augen huschten ganz kurz in die Richtung des Fahrkartenkontrolleurs und wieder zurück. Ein leises Ächzen entfuhr mir. „Du hast keine Fahrkarte?“, wisperte ich entsetzt; er schüttelte schuldbewusst den Kopf. „Oh nein~“ Verzweifelt beobachtete ich, wie der gute Mann immer näher und näher kam. Ihn trennten nur noch sechs Personen von uns. Wenn er ihn erwischt, kann das richtig teuer werden…! „Was machen wir denn jetzt?“ Ein hilfloses Schulterzucken war die einzige Antwort, die ich von ihm bekam. Nur noch vier Personen. „Wir müssen hier irgendwie raus.“ Haha, sehr lustig. Als ob er das nicht selber weiß! Fieberhaft grübelte ich darüber nach, wann denn die nächste Haltestelle kommen musste, doch sie erschien mir viel zu weit, als dass wir sie ohne erwischt zu werden erreichen konnten. Zwei Personen. Gut, was sein musste, musste sein! Ich sprang fest entschlossen auf, schnappte mir Zetsây und trat auf die Tür zu, drückte auf einen Knopf, um dem Fahrer Bescheid zu geben, dass hier welche waren, die an der nächsten Haltestelle aussteigen wollten. Auf einmal fragte die junge Mutter, die direkt vor uns an der Reihe war, ob sie eigentlich für ihr Neugeborenes auch ein Ticket bräuchte. Der Fahrkartenkontrolleur beruhigte sie und erklärte ihr die Rechtslage, was das anging, schön ausführlich. Schon ziemlich bald – sie verstand wohl auch nicht so recht, warum sie das interessieren sollte – bedankte sie sich und er trat nach einem freundlichen Kopfnicken auf uns zu. Im selben Augenblick hielt die U–Bahn an und öffnete ihre Türen. „Hey, haben Sie mir Ihre Karten schon gezeigt?“, fragte er ein wenig verdutzt, was wohl an der speziellen Weise, mit der ich ihn anlächelte, lag. Mein Lächeln wurde zu einem Grinsen. „Bitte entschuldigen Sie uns, aber wir haben es furchtbar eilig. Unser Arzt wartet auf uns~!“, plapperte ich drauflos, während ich rückwärts aus der Bahn trat und Zetsây dabei mitzog. „Sie wissen schon, man soll sich ja immer wieder kontrollieren lassen, damit man keine gefährlichen Krankheiten überträgt. Das nächste Mal dann, okay? Auf Wiedersehen!“ Und dann waren wir weg, ignorierten sein betretenes „Aber~“, stürmten die Rolltreppen hinauf und ins Freie – und hinterließen dabei wieder mal eine Spur der Empörung bei den Leuten. Irgendwie schien das unser Talent zu sein… Irgendwann hielten wir gleichzeitig – als hätten wir uns abgesprochen – an, hielten keuchend unsere Bäuche und fingen dann an, laut zu lachen. „Oh Mann, was für ein Tag!“, rief mein Retter, den diesmal ich so halbwegs gerettet hatte, aus und lachte noch lauter. „Erst verprügle ich einen Kerl, der einen ganzen Kopf größer und um einiges breiter ist als ich, und dann fahre ich versehentlich schwarz! Ehrlich, das muss an deiner Aura liegen. Du ziehst ja nur so komische Sachen an!“ Ich lachte mit ihm und verhüllte so lauthals, dass mir diese Bemerkung ein wenig unangenehm war – vielleicht, weil ich wusste, dass er Recht hatte – und erwiderte: „Tja, dann würde ich mich an deiner Stelle ganz weit entfernt von mir aufhalten. Wer weiß, was als nächstes passiert? Vielleicht werden wir ja von einer Herde pink und grün gefleckter Kühe umgerannt, die fliegenden Schweinen hinterherjagen!“ Mitten in meiner Antwort verstummte sein Lachen auf einmal, was mich außerordentlich irritierte. Beunruhigt musterte ich mein Gegenüber, konnte allerdings nicht die kleinste Spur Trübsal entdecken, sondern vielmehr eine glückliche Ernsthaftigkeit. „Du hast bestimmt nichts dagegen, wenn ich das aber nicht will.“ „Häh? Was willst du nicht?“, hakte ich zu blöd, um das Offensichtliche zu erkennen, nach. „Ich will mich nicht von dir fernhalten.“ Seine Hand fuhr durch meine Haare und spielte ein wenig mit meinen Strähnen. „Du gefällst mir.“ Mir stockte der Atem – und sofort fühlte ich mich wie damals, als ich Akira mit meiner Schokolade gegenüberstand; nämlich wie eines dieser Schulmädchen, die vor ihrem Schwarm stehen und nicht wissen, was sie sagen wollen, obwohl das vermutlich ihre erste und letzte große Chance ist, ihn von sich zu überzeugen. Schrecklich! „Äh…danke…schön…“, stolperte es da aus meinem Mund, den ich mir am liebsten auf der Stelle zugetackert hätte, damit er nie wieder etwas so…Plumpes und Unpassendes herauslassen konnte. Zetsây schien das zum Glück nicht allzu sehr zu stören, denn er lachte wieder, diesmal leiser, und zog mich in seine Arme. „Du bist echt knuffig, Kleiner!“, verkündete er breit grinsend, wuschelte mir gleichzeitig die Haare durch. „Ich verstehe echt nicht, wie man einer solch niedlichen Person, wie du sie bist, irgendetwas Böses wollen kann!“ Ich erwähnte besser nicht, dass das anscheinend sehr gut ging, und dass er nur einige meiner herzallerliebsten Bekannten fragen musste, um das bestätigt zu bekommen. Stattdessen lag ich einfach nur in seinen Armen und ließ mich von deren angenehmer Wärme verwöhnen. Bald fielen mir auch noch die Augen zu und ich wurde ganz still. Er ebenfalls. Doch es dauerte nicht allzu lange, bis er sich wieder von mir löste und mich entschuldigend anlächelte. „Tut mir echt Leid, aber ich befürchte, ich muss mal so langsam los. Ich war eigentlich auf dem Weg zu einem Bewerbungsgespräch, als ich dich da mit diesem…äh... – Dane, oder? – entdeckt habe.“ Er warf einen kurzen Blick auf seine Uhr und verzog das Gesicht. „Hmm, das kann ich jetzt eigentlich knicken. Ich könnte es zwar versuchen, aber fast eine Stunde Verspätung…“ Ich wurde einer gründlichen Musterung unterzogen und erhielt anschließend ein liebevolles Lächeln für meine Geduld. „Hättest du vielleicht Lust, stattdessen etwas mit mir zu unternehmen?“ Fassungslos glotzte ich Zetsây an. Er wollte doch nicht einfach so einen Job für mich wegwerfen…? Oh doch, er wollte. Und wie! Seine Augen durchbohrten die Meinen fast mit ihrer Abenteuerlust und Begeisterung, ließen meinen Atem mal wieder zum Erliegen kommen. „Okay~“ Ich konnte einfach nicht Nein sagen! Mehr als dieses eine kleine Wort brauchte der Große anscheinend auch gar nicht, denn ich wurde auf der Stelle mitgezogen – in welches Abenteuer auch immer. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz F wie Feinde – Ende Weiter geht’s in: G wie Genugtuung Kapitel 7: G wie Genugtuung [korrigiert~♥] ------------------------------------------ G wie Genugtuung Leise kichernd zog ich an meinem Eiskaffee, sah über den Strohhalm hinweg mein Gegenüber an. „Sieht aus, als hättest du ein Faible dafür, in Schwierigkeiten zu geraten, hm?“ „Ja!“, stimmte er mir lachend zu. „Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich es mir partout nicht verkneifen kann, meine Nase in anderer Leute Angelegenheiten zu stecken!“ Entspannt lehnte ich mich zurück, während ich darüber nachsann, was Zetsây mir da gerade erzählt hatte. Anscheinend war es bis jetzt immer so gewesen, dass er sich, wenn es irgendwo in der Nähe eine Prügelei gab, prompt eingemischt hatte. Vor allem, wenn es sich um Leute handelte, die er kannte. Wie süß von ihm…! Wieder nahm ich einen Schluck von meinem Getränk, diesmal schweigend. Sein Blick wanderte über meinen Körper, haftete sich dann an meine Augen. „Möchtest du gleich irgendetwas Bestimmtes machen?“ „Hm? Nö, eigentlich nicht. Hast du denn irgendetwas vor?“ Er lächelte mich spitzbübisch an. „Lass dich einfach überraschen~“ Gespannt hob ich eine Augenbraue und beugte mich ein Stückchen vor, um eindringlicher zu wirken. „Magst du mir nicht erzählen, was du vorhast?“ „Nein~!“ „Wie ‚Nein’?“ Enttäuscht zog ich einen Schmollmund, rutschte gleichzeitig noch ein wenig näher an Zetsây heran. „Ich sagte doch: Lass dich überraschen.“ „Ich mag aber nicht! Bitte~“ Sein Lächeln wurde breiter, mutierte zu einem Grinsen – vermutlich wegen des treudoofen Dackelblicks, den ich ihm schenkte. „Warum wartest du nicht einfach ab?“ Mit dem Strohhalm in meinem Eiskaffee rührend zuckte ich mit den Schultern. „Das dauert mir wahrscheinlich zu lange. Und es könnte ja sein, dass ich mir viel lieber eine andere Beschäftigung suche, wenn ich erfahre, was du mir antun willst.“ „Wahrscheinlich?“ Meine weitere Bemerkung überhörte er einfach geflissentlich. „Ja. So genau kann ich ja nicht abschätzen, wie lange es dauert, bis ich es erfahre.“ Er gluckste leise und schüttelte den Kopf, als wäre so viel Einfalt einfach unfassbar. Nicht sehr nett, aber wegen des süßen Lächelns, das seine Lippen kurz darauf formten, verzieh ich ihm nur zu gerne. Ich schmolz sozusagen dahin. „Wenn du mit deinem Eiskaffee fertig bist, gehen wir, okay? Das dauert dann ja nicht mehr allzu lange.“, fügte er hinzu, nachdem er einen Blick auf mein bereits fast leeres Glas geworfen hatte, das auch schon leer war, kaum dass er seinen Satz beendet hatte. „Also jetzt?“ Zetsây lachte wieder auf – meine Art hatte es ihm anscheinend wirklich angetan -, nickte aber schließlich und erhob sich. „Ganz offensichtlich.“ Seine Hand umschloss meine, drückte sie sanft und zog mich dann hoch. Ich ließ es zu und schmiegte sich sogar ein wenig an ihn, als ich durch Zufall näher an ihn herankam als ursprünglich geplant. Seine rechte Augenbraue zog sich amüsiert in die Höhe, ein Grinsen huschte über sein – äußerst gut aussehendes – Gesicht. Nur einen Wimpernschlag später schlang sich auch schon ein Arm um meine Taille und ich wurde noch etwas näher an seinen warmen Körper gedrückt. Mmh, ja…das fühlte sich sehr gut an. Probeweise legte ich ebenfalls meinen Arm um seine Hüfte und wie ich es erwartet hatte, konnte ich die Muskeln unter seinem Shirt spielen fühlen. Mjam! Ein Grinsen verschönerte seine ohnehin schon umwerfenden Gesichtszüge, als er meinen überaus hochzufriedenen Gesichtsausdruck bemerkte. Schmunzelnd schüttelte er den Kopf – anscheinend tat er dies sehr gerne, denn es war mir schon öfters aufgefallen – und zog mich aus dem Café, nachdem wir an der Kasse gezahlt hatten. Während wir so nebeneinander herschlenderten, wich das Strahlen nicht mal ein winziges Stückchen aus seinem Gesicht. Na, wer sagt’s denn? Lief doch bis jetzt ganz gut, oder? Hin und wieder sah sich mein Retter gelassen um – was mich unglaublich hibbelig und fast rasend vor Neugierde machte. Wonach sah er sich da bloß um? Was suchte er? Wohin wollte er mit mir gehen? Ein Restaurant, oder so etwas in der Art, war eher unwahrscheinlich, schließlich hatten wir uns gerade erst die Bäuche vollgeschlagen. Wollte er vielleicht mit mir ins Kino? In einen romantischen Film, der gerade erst angelaufen war? Hach, das wäre ja so zuckrig von ihm…aber hör auf, zu träumen. Der romantischste Film, der diesen Monat angelaufen ist, ist eine dieser Actionkomödien und die würde ganz bestimmt keine schönen Gefühle, außer dem dringenden Zwang zu lachen, entstehen lassen. Wie beschissen! Trotz meiner recht unlogischen Gedankengänge wurden meine Schritte von der Vorfreude beschwingter, arteten fast in ein leichtes Hüpfen aus. So konnte ich locker die gerade angefressenen Kalorien wieder vernichten… „Oh Mann, du bist ja richtig aufgeregt. Freust du dich denn so sehr?“, kam es auf einmal belustigt von meiner Seite. „Aber natürlich. Warum denn auch nicht?“ Sein raues Lachen jagte mir einen leichten Schauer über den Rücken. Anscheinend gab ich ihm oft einen Grund, amüsiert zu sein. So oft, wie der in meiner Gegenwart in Gelächter ausbrach… Plötzlich blieb Zetsây vor dem Eingang zu einer großen Halle stehen. Verdutzt tat ich es ihm nach und sah an dem Gebäude hinauf. Jacky’s Palace, stand dort in grünen Buchstaben, die schwarz umrandet waren. Aha. Jetzt wusste ich schon viel mehr. Mein fragender Blick wanderte zu meinem Begleiter nach oben. „Jupp, hier wollen wir rein.“, bestätigte er meine stumme Nachfrage und grinste zu meiner Verwunderung noch breiter – zu welchen Leistungen Gesichtsmuskeln alles fähig waren… „Okay~“ Fröhlich machte ich ein paar Schritte auf die Tür, aus der laute Musik erschallte, zu. Es war zwar noch ziemlich früh am Tag, aber gegen einen Diskobesuch hatte ich echt nichts einzuwenden. Immerhin war es schon eine ganze Weile her, dass ich das letzte Mal tanzen gewesen war – vor allem mit so einem süßen Kerl wie Zetsây. Außerdem hatte ich so eine weitere Gelegenheit, meine ganzen Speckröllchen abzutrainieren. Aber es gab trotzdem etwas an der ganzen Sache, was mich über alle Maße irritierte: Aus der Disco konnte ich nicht nur Musik hören, sondern auch lautes Gelächter und hin und wieder ein Kreischen – eigentlich nicht gerade das, was man von so einem Etablissement erwartete… Wir kamen an der Kasse an und ich konnte mir einen unsicheren Blick in seine Richtung nicht ganz verkneifen. Hoffentlich schliff er mich jetzt nicht in eine Kinderdisco… Denn, so gerne ich ihn auch mittlerweile hatte, das würde ich ganz bestimmt nicht mitmachen. Wozu war ich denn sonst so gut im Ausreden Erfinden~? Meine ziemlich abgeflaute Vorfreude bedrückte meine Stimmung, doch das fiel meinem sonst so aufmerksamen Gefährten glücklicherweise nicht auf. Dachte ich. „Hey~“ Ein sachter Stupser in meiner Seite ließ mich aufsehen. „Du brauchst echt keine Angst zu haben, die sind da alle ganz lieb.“ Was anderes erwartete ich auch nicht von einer Horde Pissblagen. „Also komm schon. Es wird dir sicher Spaß machen.“ Ja, klar. Sicher würde es mir Spaß machen, mich derart zu blamieren. Hoffentlich hatte keiner, den ich kannte, gesehen, wie ich hier reingegangen war. Wenn diese Peinlichkeit ans Licht käme, wäre ich nicht nur die dreckige Schwuchtel, sondern die pädophile, dreckige Schwuchtel. Haha. Meine mangelnde Begeisterung überhaupt nicht beachtend zerrte Zetsây mich hinein. Sofort wurde die Geräuschkulisse noch lauter und ich meinte, Ausrufe wie „Schneller!“ und „Schon mal was von Vorsicht gehört?!“ zu hören. Und die Stimmen waren sicher nicht die von Kindern. Okay, vielleicht hatte ich mich ja doch getäuscht und das war keine Kinderdisco, sondern ein sehr öffentlicher…äh…ein Ort, an dem man sich nur zu gerne dem Vergnügen zuwandte. Wir liefen noch weiter und auf einmal breitete sich direkt vor mir ein riesiger Raum aus und mir wurden die Haare durchgewuschelt. „Süßer, was für eine Schuhgröße hast du?“ „Neununddreißig.“, erwiderte ich abwesend und beobachtete fasziniert das bunte Treiben dort vor meinen Augen. Eine ansehnliches Chaos von Menschen, die durcheinander flogen wie Moleküle in einem Teilchenbeschleuniger, konnte ich sehen. Zumindest wirkte es so als würden sie fliegen. Als ich jedoch meinen Blick zum Boden wandern ließ, fielen mir die Rollen, die an ihren Schuhen befestigt waren, auf. Rollschuhe. Nein, modern gesagt waren es Inlineskater! Auch mir wurde jetzt ein Paar solcher in die Hand gedrückt und Zetsây bugsierte mich auf eine Bank in der Nähe, damit ich sie mir anziehen konnte. Er brauchte nicht lange dafür und war schon fertig, als ich immer noch damit beschäftigt war, die unheilvollen Dinger in meiner Hand anzustarren. Oh. Mein. GOTT! Und auf denen soll ich jetzt fahren?! Ich erschauerte. Das letzte Mal war lange her und hatte damit geendet, dass meine Eltern mich wegen Verdachts auf Knochenbruch ins Krankenhaus einlieferten… Keine guten Voraussetzungen, um mein neues Opfer schnell zu erobern… Obwohl…vielleicht konnte ich ja den Beschützerinstinkt in ihm wecken… Ich schluckte das ungute Gefühl so gut es eben ging hinunter und zog mir tapfer die Rollschuhe, wie ich sie wohl immer stur nennen würde, an. Anschließend stand ich unter Wanken auf und sah ihn an, den Kerl, dessentwegen ich mir diesen Mist antat. Und der registrierte anscheinend nicht mal, wie unwohl mir dabei war. Unsensibler Bock! Er grinste mich bloß an und fragte frech: „Na? Schon Bammel?“ Als ob ihn das interessieren würde! Wenn, dann nur, damit er noch breiter grinsen konnte. Scheiß Gesichtsakrobatiker! „Soll ich ehrlich sein?“ Auch meinen Ärger über ihn hatte ich einfach heruntergeschluckt. Der würde mir ja eh nur im Weg herumstehen, wenn ich versuchte, eine vernünftige Beziehung mit ihm einzugehen… Er nickte. Ich nickte. „Na, dann mal los.“ Lachend zerwuschelte er meine Haare – was er wohl mit diesen Flusen hatte~?! – und zog mich an der Hand ins bunte Treiben hinein. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz „Neeeeeeeiiiiiiiin~!!“ Kreischend wedelte ich mit meinen Armen, suchte verzweifelt nach einem Halt, irgendwo, und fand diesen mit meinem Glück natürlich nicht, sodass ich mit einem weiteren Schrei hintenüber fiel. Sofort war Zetsây bei mir; in seinen Augen lag ein unbestimmter, vermutlich besorgt gemeinter Ausdruck, aber in seinen Mundwinkeln zuckte es verdächtig. Toll. „Alles okay mit dir, Nao?“, fragte er fürsorglich und gleichzeitig erschien das breiteste Grinsen, das ich je in meinem Leben gesehen hatte. Nicht einmal mein böser Blick konnte es erschüttern. So streckte sich seine rechte Hand mir entgegen. Meine rechte Augenbraue wanderte nach oben, während ich einen Schmollmund zog und die dargebotene Hand musterte. „Na~?“ Da wollte wohl wer einen auf ganz hilfsbereit machen… „Nein.“, maulte ich fest entschlossen, ihm irgendwie Schuldgefühle zu bereiten und dieses beschissene Grienen aus seinem Gesicht zu verjagen, zurück und wandte mich ein wenig von ihm ab. „Mir tun meine vier Buchstaben weh bis zum Geht–nicht–mehr und meine Beine fühlen sich an wie Wackelpudding erster Sahne. Außerdem spüre ich meine Füße nicht mehr, weil sie so fest eingeschnürt sind, dass sie schon taub geworden sind!“ Von meiner kleinen Schimpftirade unbeeindruckt schlangen sich Zetâys Arme um meine Taille, ein warmes Lachen erklang an meinem Ohr. Augenblicklich rann ein Schauer meinen Rücken hinunter. „Dann muss ich dir wohl noch ein Mal zeigen, wie das richtig geht, hm?“ „Versuch ruhig dein Glück.“ Meine Stimme drückte unverkennbar aus, was ich von seinem Optimismus, dass ich es dann schaffen würde, hielt. Nämlich gar nichts. Wir versuchten ja schon seit einer knappen Stunde, mir die einfachsten Grundregeln des Rollschuhfahrens einzuprägen und es hatte bis jetzt noch rein gar nichts gebracht! Ich wurde sanft in die Höhe gezogen, war dabei die ganze Zeit an seinen warmen Körper gedrückt – und konnte dabei zu meiner Verzückung das Spiel seiner Bauchmuskeln an meinem Rücken spüren. Was für ein Körper… Hach… Wenn doch nur auch ich mit so etwas Tollem gesegnet wäre… Allerdings…es würde ja recht merkwürdig wirken, wenn ich mich die ganze Zeit selbst betatschen würde, oder? Da war es eigentlich schon ganz praktisch, dass es sein Körper war. Himmel, wie gerne würde ich ihm hier und jetzt das Shirt vom Leibe reißen und dann…dann…! „Pass auf, wir sind hier in der Öffentlichkeit, Rei~! Und hier sind Kinder.“, raunte Zetsây mir plötzlich und bewahrte mich so davor, zwischen all den Leuten von schweinischen Dingen zu träumen, beziehungsweise, sie tatsächlich durchzuziehen. Denn zu meinem Entsetzen – oder Wohlgefallen; so leicht ließ sich das nicht bestimmen – waren meine Fingerspitzen schon unter sein Shirt gehuscht und gerade im Begriff gewesen, es hochzuschieben, um mehr von dieser wunderschönen Haut zu enthüllen. Moment mal! Wann hatte ich mich überhaupt umgedreht?! Mit hochroten Wangen sah ich nach unten zu unseren Rollschuhen, die sich seitlich an der Spitze berührten. Natürlich musste mein Stand mal wieder absolut wacklig aussehen, war ja mal wieder klar! Mit einem leisen Seufzen zog ich meine Finger von der weichen, warmen und unglaublich begehrenswerten Haut zurück, ließ sie sich stattdessen in den Stoff seines T–Shirts krallen. „Okay…tu’s. Leg einfach los. Das wird schon irgendwie…“ Sein Gesicht zeigte nur gelinde Überraschung, als ich aufsah, um ihm ein hoffnungsvolles Lächeln zu schenken, von dem ich hoffte, dass es ihn dazu bringen würde, schneller den Verstand zu verlieren als ich. Nicht, dass ich kurz davor stünde, aber in manchen Augenblicken… „Aber klar doch, Süßer!“, kam es da zur Antwort. Er drehte mich wieder mit dem Rücken zu sich – was ich mit einem leisen Laut des Erstaunens auch zuließ – und trat, nein, glitt an meine rechte Seite. Sein linker Arm stützte mich an der Taille, der rechte griff nach meiner Rechten und zog sie an seine Brust. Jedoch so, dass ich diese - sehr zu meinem Bedauern – nicht wirklich spüren konnte. Da war nur die herrliche Wärme, die sie ausstrahlte… „Also…dann lass es uns mal so angehen…Bist du schon mal Schlittschuh gelaufen?“ Ich nickte schweigend. Damals, als ich noch ein Kind von sieben Jahren gewesen war, war ich hin und wieder mit meiner Mutter in die Eishalle gegangen. Später hatte sich das aber verloren, weil meine Ma mit der Arbeit zu viel zu tun hatte und mein Pa nicht unbedingt ein begnadeter Eisläufer war. Und alleine zu gehen fand ich auch blöd; erst recht, weil meine Freunde alle Eislaufen schrecklich fanden. Als Mädchensache hatten sie es einfach bezeichnet. „Super!“ Ich riss mich aus meinen schwerfälligen Gedanken. „Eigentlich ist es das gleiche Prinzip. Nur, dass die Oberfläche, auf der du fährst, eine andere ist. Also…wenn du die gleichen, fließenden Bewegungen machst, dann…ja, genau so!“, rief er erfreut und beschleunigte sofort seine Verfolgung. Erleichtert atmete ich auf. Ohne Halt wäre ich wahrscheinlich trotz meines guten Erinnerungsvermögens nicht sehr weit gekommen. „Du machst das echt gut...ja, und jetzt rechts…links…wieder rechts… Achtung: Kurve~!“ Behutsam dirigierte Zetsây meine Schritte in die richtige Richtung, während ich strengstens darauf achten musste, dass ich meine Füße nicht zu sehr anhob oder gar völlig das Gleichgewicht verlor. Nach und nach fiel es mir wieder einfacher, meine Bewegungen wurden flüssiger und mein Herz wurde vor Freude leichter. Strahlend sah ich zu dem anderen hinauf und wollte ihm sagen, wie sehr es mir gefiel, aber er ließ mich gar nicht zu Wort kommen. „Na, wenn du’s schon so gut kannst, kannst du ja auch mal eine Runde alleine fahren!“, kam es fröhlich von oben und schon hatte er mich losgelassen. Mir wich alle Farbe aus dem Gesicht und wieder kreischte ich lauthals auf. Diese Bande kam viel zu schnell auf mich zu! Mal ganz zu schweigen von den vielen Leuten zwischen uns beiden…! „Lenken, Rei, du musst lenken!“, rief Zetsây mir ziemlich entsetzt von hinten zu. Anscheinend hatte er nicht gedacht, dass es jemand so Blöden wie mich gab! „Lehn dich mehr auf deinen linken Fuß, dann –! Oh Gott!“ Als mir die Bande meiner Meinung nach viel zu Nahe gekommen war, hatte ich einfach die Augen zugekniffen und mit rudernden Armen mein Ende erwartet. So spürte ich den Aufprall mehr als dass ich ihn sah. Es ertönten zwei Laute; ein hellerer und ein etwas tieferer. Ersterer stammte von dem Plastik der Inlineskater und dem Metall der Spielfeldbegrenzung und letzterer…der ergab sich aus dem sehr erfolgreichen Quetschversuch meines Körpers an dem Plexiglas. Kein sehr angenehmes Gefühl. Und es wurde noch schlimmer, denn mein Fall war noch längst nicht beendet, sondern ging auf der Stelle nach hinten weiter. In der festen Erwartung, meinem Hintern für die nächsten drei Wochen nicht mehr über den Weg trauen zu können, ballte ich meine Hände zu Fäusten. Aber das, was ein gequältes Ächzen werden sollte, kam merkwürdigerweise nicht aus meinem Mund. Und überhaupt war der Boden viel zu uneben und warm… Oh nein… Bitte nicht!, schrie es in mir. Wer außer mir hätte sich denn sonst in so eine peinliche Situation bringen können, häh? Richtig. Niemand! Peinlich berührt starrte ich auf den wahren Boden zu meinen Füßen und unter meinem Opfer, das ich versehentlich als Kissen missbraucht hatte. Ich traute mich gar nicht, nach hinten zu schauen… „E–entschuldigen Sie bitte…Ich bin furchtbar –“, begann ich, meine schwachen Worte wurden allerdings schnell abgeschnitten. „Schon gut~“ Oh Mann, jetzt kannte ich diese Stimme auch noch…! „Es ist ja nichts Lebenswichtiges zu Schaden gekommen…!“ Da war es wieder, dieses süße Schmunzeln, das mir bei seinen Aussagen schon öfters aufgefallen war. Aber was Zetsây wohl mit „lebenswichtig“ meinte…? Hoffentlich auch… Ich hüstelte verschreckt und wurde rot. Oh bitte, lass es nicht noch peinlicher geworden sein…! „Und? Ist bei dir alles in Ordnung, Herzchen?“ Nein, seine Stimme war nicht quietschig genug, als dass ich da etwas Empfindliches getroffen haben könnte. Erleichtert lehnte ich mich an meinen Retter, der auch sofort seine Arme um mich schlang. „Mhmm…alles bestens.“ Schmusen…yay~! Ich grinste. Zugegeben, das war nicht unbedingt der beste Ort, um uns unseren Annäherungen hinzugeben und seinen Kosenamen für mich fand ich auch nicht wirklich toll – mal ehrlich, welcher Junge will schon Herzchen genannt werden?! –, aber…besser jetzt als nie! Mein Kissen schwieg, während ich mich an es schmiegte. Ganz normal war das ja eigentlich nicht für ihn…ob ich ihm glauben konnte, dass ihm nichts passiert war? Schließlich hatte er einen gefühlten Fünfzigtonner auf sich draufhocken…! Mein lieber Freund und Helfer schien auf irgendeine obskure Weise dazu fähig zu sein, meine Gedankengänge mitzuverfolgen, denn er prustete auf einmal los und schüttelte höchst amüsiert den Kopf. „Gott, Rei, so dick bist du doch gar nicht! Eher im Gegenteil! Hast du schon mal nachmessen lassen, ob du nicht sogar im Untergewicht bist?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nee, bin ich ganz sicher nicht. Ehrlich! Ich hab’ absolutes Normalgewicht! Und wenn ich auch nur ein oder zwei Kilo mehr wiegen würde, wäre ich übergewichtig!“ Jetzt war es an ihm, an meinen Worten zu zweifeln. Und das tat er auch. Und zwar ausgiebig. Es war herrlich mit anzusehen, wie sich seine Augenbraue sehr, sehr langsam in die Höhe zog. Aber auch irgendwie…gruselig… „Meeensch! Guck nicht so! Da fühle ich mich ja gleich noch dicker!“, maulte ich also und versetzte ihm einen spielerischen Stoß gegen die Brust. Im gleichen Augenblick packte er mein Handgelenk und zog mich enger an sich. Mein Atem stand still, als sich seine Augen sanft in meine bohrten – sein Atem ging natürlich ganz normal weiter, wie ich auf meinen Lippen spüren konnte. Es machte mich ganz kribbelig, meine Finger krallten sich ein wenig in meine Hose. Eine angenehm aufgeladene Stimmung herrschte auf einmal zwischen uns beiden und keiner von uns war dazu geneigt, diese zu durchbrechen. Seine andere Hand legte sich sanft auf meine Wange, zog mich näher an sich heran. Die Musik und das Stimmengewirr rückten in noch weitere Ferne. Mein Herz schlug wie verrückt, weil er mir so nah war, und ich konnte ihn schon fast spüren, da– - unterbrach ein lautes Kreischen die geladene Spannung und ein dritter Aufprall zerstörte sie vollkommen. Ich fühlte, wie mein Körper grob nach unten gedrückt wurde, ächzte dabei ein wenig, weil das nicht gerade das Angenehmste war. Lange, braune Haare in meinem Gesicht brachten mich nur wenig später zum Niesen. „G–Gesundheit…!“, kam es da keuchend von oben. „Und entschuldigt vielmals! Ich hätte mir doch jemanden mitnehmen sollen, der mich stützt!“ „Das haben wir bemerkt.“, erwiderte mein Begleiter merkwürdig gedämpft. Ich warf einen Blick zu ihm, um zu sehen, ob mit ihm alles in Ordnung war, doch die nackte Haut eines Busens versperrte mir die Sicht. Prompt lief ich knallrot an. Na super, jetzt starrte ich auch schon einem wildfremden Weib in den Ausschnitt! Das war doch eines der Dinge, von denen ich mir vorgenommen hatte, sie niemals zu tun! Was für ein Absturz! Und dann mussten irgendwelche Vollidioten das auch noch mit Gepfeife kommentieren! „Oh…oh~!“ Endlich verschwand das Gewicht von meinem Kopf und ich atmete erleichtert auf, bevor ich einen weiteren Blick in Zetsâys Richtung warf. So sah ich gerade noch, wie sein Kopf unter einem recht kurzen Rock hervorkam. Das Mädchen, das uns gerade so dreist überfallen hatte, trug zwar eine Strumpfhose – was mir völlig unverständlich war wegen der Hitze, die hier herrschte –, aber sein Gesicht glühte trotzdem. Das war angesichts der Temperaturen – und der mehr als nur peinlichen Situation – durchaus eine nachvollziehbare Reaktion. Ganz anders sein peinlich berührter Blick, der auf mich und doch ins Leere gerichtet war. Traumaverarbeitung?, riet ich stumm. Er sieht ja wirklich so aus, als müsste er das gerade tun…! „Sorry, Jungs, ehrlich! Ich wollte euch nicht stören und ich–“ Wenn sie noch weiterredete, so bekam ich das nicht mit, denn das Gelächter, das aus mir hervorbrach, wurde immer lauter, bis alles um mich herum zu einem einzigen, niedrigen und deshalb ziemlich nebensächlichen Geräuschpegel wurde. Sie glotzte mich an als wäre ich eine pinke Möhre, die mit Engelsflügelchen um die Ecke geflogen kam. Auch Zetsây schenkte mir endlich wieder seine volle Aufmerksamkeit. Er sah ziemlich…ungläubig? Nein, das war ein bisschen was anderes. Konsterniert…ja, das passte schon eher. Er sah sehr konsterniert aus. Ich wischte mir Lachtränen aus den Augenwinkeln, konnte mein hirnloses Gegacker jedoch nicht einfach so aufhalten. Mittlerweile schmerzten mir auch Bauch– und Lungengegend und ich rang verzweifelt um Luft, versuchte gleichzeitig, mich endlich zu beruhigen. Ihre Augen blieben derweil mit dem gleichen Ausdruck darin auf mich gerichtet. Irgendwann war es dann doch so weit. Die nach ‚verrückter Professor’ klingenden Laute erstarben langsam und ich konnte sogar fast wieder normal atmen. Immer noch breit grinsend sah ich zu den beiden auf, legte den Kopf ein wenig schief. „Ist irgendetwas nicht in Ordnung? Klebt irgendwo was an mir?“, erkundigte ich mich übertrieben unschuldig. Unter Zetsâys rechtem Augenwinkel zuckte es leicht. „Sag mir jetzt bitte, dass du nicht über mich gelacht hast…!“, entgegnete er ruhig. Ein wenig zu ruhig, machte mir jedoch nichts draus. „Na ja …dein Gesichtsausdruck war schon…also…so etwas sieht man wirklich nicht alle Tage…“ Ich hatte meine Antwort noch nicht einmal richtig beendet, da saß ich auch schon auf dem Boden und sah gemeinsam mit der Brünetten verwirrt meinem Begleiter hinterher. „Oh…anscheinend war das für ihn eine Beleidigung, oder so…“, war ihre recht treffende, aber trotzdem unnütze Bemerkung dazu. Ich hatte das ja auch so begriffen… Ziemlich bedröppelt beobachtete ich, wie er seine Bahnen mit einem unbewegten Gesichtsausdruck zog, hin und wieder in dem menschlichen Chaos verschwand und wieder auftauchte, um sich gleich wieder auf Tauchstation zu begeben. Ich verstand nicht, warum, aber für ihn schien mein Kommentar wirklich nicht angenehm gewesen zu sein. Was sollte ich denn bloß machen, wenn er deshalb jetzt richtig sauer wurde, anfing, mich zu hassen, oder gar…?! Nein, darauf wollte ich es gar nicht erst ankommen lassen! Ich sprang hastig auf, taumelte und krallte mich an der Bande fest, damit ich nicht umfallen konnte, bevor ich versuchte, vorsichtig loszufahren. Versuchen war dabei mal wieder das beste Stichwort, denn ich hatte versehentlich zu viel Schwung genommen und raste deshalb unaufhaltsam auf die menschliche Wand zu. Och nee…warum immer ich…?!, schoss es mir durch den Kopf, als mich plötzlich, scheinbar im letzten Augenblick eine Hand packte und mich wieder zurückzog. Erleichtert atmete ich auf, wollte mich schon bei Zetsây für seine weitere Rettungsaktion bedanken, da fiel mir auf, dass er gar nicht der gewesen war, der mich gerettet hatte. Stattdessen funkelte mich nämlich ein tiefblaues Augenpaar belustigt von unten an. „Wenn ich dir noch einen Tipp geben dürfte…ich glaube, es hat ihm nicht gefallen, dass du ihn sozusagen ‚ausgelacht’ hast. Er hätte es wahrscheinlich lieber gesehen, wenn du vor Eifersucht gekocht hättest~!“ Sie kicherte vergnügt und ließ mich los. „Bitte was?“, krächzte ich derweil ein wenig fassungslos und starrte das Mädchen, das uns vorhin umgefahren hatte, halb verwundert, halb entsetzt an. War es etwa so offensichtlich, dass da vielleicht – oder doch eher deutlich sichtbar? – etwas zwischen uns lief? Sie lachte erneut auf, als sie meinen anscheinend sehr dämlichen Gesichtsausdruck bemerkte, stupste sanft meinen Arm an. „Na los, geh schon zu ihm hin. Aber vorsichtig. Ich möchte nachher keine plattgefahrenen Leichen vom Boden abkratzen müssen.“ Hah! Das musste sie gerade sagen! „Ach ja, und bevor ich das vergesse… Wenn ihr später noch Zeit habt und nicht zu sehr miteinander beschäftigt seid, würde ich euch ganz gerne als Entschädigung auf ein Eis, oder so, einladen~!“ Ihr verschmitzt–verschmutztes Lächeln trieb mir die Schamesröte ins Gesicht. Also so was… Ich nickte ihr mehr verklemmt als tapfer lächelnd zu und stieß mich dann auch schon behutsam ab. „Ich warte dann bis sieben Uhr im Café direkt hier um die Ecke!“, brüllte mir das zarte, aber in mehrfacher Weise durchaus gut bestückte Persönchen hinterher, bevor ich von der begierigen Meute verschluckt wurde und mich auf die Suche nach meinem eigentlichen Begleiter machte. Ein wenig unbeholfen glitt ich durch die plaudernden Menschen hindurch, war auf der Suche nach nur einem einzigen von ihnen, der lustigerweise gerade jetzt wie vom Erdboden verschluckt schien! Verärgert runzelte ich die Stirn und fuhr nervös geworden ein bisschen schneller. Wo kann er bloß sein? So eine Fleischmasse von circa fünfundsiebzig bis achtzig Kilogramm kann sich doch nicht einfach so in Luft auflösen, auch wenn sie sich selbstständig bewegen kann! Ein überraschtes „Hoppla!“ und ein paar Klackerfolgen im gleichen Augenblick verrieten es mir. Ich fuhr erfreut herum – und hatte prompt erneut mit einem Lachen zu kämpfen. Vor mir wankte Zetsây auf seinen Inlinern hin und her, hatte dabei seine Arme um sich geschlungen, als wolle er sich selbst umarmen und sah dabei so erstaunt aus wie ein kleines Kind, das einen Schmetterling hatte fangen wollen und sich nun wunderte, warum dieser statt in seiner Hand um seinen Kopf herumflatterte. Ganz offensichtlich hatte er mich überraschen und von hinten einfangen wollen, dabei allerdings nicht erwartet, dass ich so plötzlich schneller werden würde. Eilig fuhr ich auf ihn zu und hielt ihn so gut es eben ging fest. Auch wenn sein Stand sich mittlerweile deutlich stabilisiert hatte, war es doch richtig schön, ihn stützen zu können und nicht derjenige zu sein, der der Unterstützung bedurfte. Zum ersten Mal seit Langem fühlte ich mich wieder stark. „Hey~! Hier bin ich…“, hauchte ich dem Großen vor mir zu und schlang meine Arme um ihn. „Wo hast du mich denn gesucht~?“ Er schnaufte, zog einen Flunsch und funkelte mich verspielt an. „Da, wo du eigentlich hingehörst! Aber woher soll ich denn wissen, dass du plötzlich so drastisch beschleunigst? Seit wann kannst du überhaupt so schnell fahren?!“ „Na ja, Naturtalent halt!“, gab ich frech zurück und knuffte seine Seite kurz, schmiegte mich anschließend lachend an seinen Körper und ließ mich rückwärts von ihm zur Bande lotsen, damit wir beim Kuscheln niemandem im Weg herumstanden. Also hatte mich mein Gefühl doch nicht getrogen und der Vorwurf, der in seiner Stimme gelegen hatte, war gar nicht so ernst gemein gewesen. Ich war so erleichtert deswegen, dass ich es um ein Vielfaches mehr genoss, seinen Körper spüren zu dürfen als ich es unter normalen Umständen getan hätte. Vielleicht würde er ja…? „Und? Was haben wir jetzt noch vor, Kleiner? Willst du noch ein bisschen hier bleiben oder sollen wir weiter?“ Hm. Meinte er jetzt „in meinen Armen liegen oder weiterfahren“ oder „hier weiterfahren oder einen anderen Ort aufsuchen“? Ein wenig verdutzt sah ich zu ihm auf, lächelte gleich darauf verlegen. Schöne Augen…! „Na ja, also…ich weiß nicht…wir wurden eingeladen. Weißt du, dieses Mädchen, das uns da grade umgebrettert hat, will uns mit einer Kleinigkeit entschädigen. Ein Eis, oder so… Hast du Lust darauf oder möchtest du lieber etwas anderes machen?“ An einem Blitzen in seinen Augen erkannte ich, dass es klug gewesen war, ihn entscheiden zu lassen. Pure Freude schien das nämlich nicht zu sein… „Meinetwegen können gerne mit ihr trinken gehen…nein, wir essen auch noch etwas und lassen es uns auf ihre Kosten richtig gut gehen!“, schnurrte er verführerisch an meinem Ohr und brach auch nicht ab, als ich ihm einen Klaps, frei nach dem Motto „Du Dummbaddel, so was können wir doch nicht machen!“, auf den Hinterkopf gab, sondern fuhr auch noch fort: „Aber was ist, hast du vielleicht Lust, danach noch ein bisschen mit zu mir zu kommen?“ Während er sprach, brannten sich seine Augen in meine, ließen einen Schauer an meinem Rücken hinunterlaufen. Das unverhohlene Angebot, das in seinen Worten und Augen hervorgeblitzt war, fegte meine Gedanken allesamt zur Seite. Angespannt und jetzt doch ein wenig aufgeregt schluckte ich. „Ja…sehr, sehr gerne~“ Meine Stimme war kaum mehr als ein Wispern, das auf jeden Fall in dem Lärm um uns herum hätte untergehen müssen, doch er hatte sie trotzdem gehört, denn auf seinem Gesicht breitete sich nun ein mehr als nur zufriedenes Grinsen aus. „Super! Dann sollten wir uns mal auf die Suche nach diesem feinen Fräulein machen!“ Gesagt, getan. Er ergriff meine Hand und führte mich durch die Fahrenden, ohne dass ich mit irgendjemandem – außer natürlich mit ihm – kollidierte, während wir beide Ausschau nach dem braunhaarigen Mädchen hielten. Und tatsächlich, es dauerte nicht lange, bis wir sie erspäht hatten, auf sie zusteuerten und sie einsammelten. Sie freute sich sichtlich darüber, dass wir uns entschlossen hatten, auf ihr Angebot einzugehen, denn sie quatschte in einem fort, ohne Punkt und Komma. Dabei warf sie mir unauffällig fragende Blicke zu, die wissen wollten, ob ich…oh, sie wollte wissen, ob wir eigentlich zusammen waren und wie weit unsere Beziehung schon reichte. Glücklicherweise sprach sie diese Fragen nicht aus; ich hätte echt nicht gewusst, was ich antworten sollte. Aber vielleicht würde der heutige Abend darauf ja eindeutige Schlüsse geben… Eine Welle der Genugtuung erfasste mich, und ich musste unwillkürlich an Kashiwazaki denken. Tja…das hätte der bestimmt nicht erwartet. Ich wusste zwar nicht, warum, aber er schien tatsächlich der festen Überzeugung zu sein, dass Schwule sich grundsätzlich und zuallererst ihrem körperlichen Verlangen hingaben. Und jetzt hatte er den Gegenbeweis… Hah! vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Nachdem wir uns umgezogen hatten, verließen wir gemeinsam die Halle, in der wir inlineskaten gewesen waren und machten uns auf den Weg zu dem Café, von dem das Mädel – dessen Namen wir im Übrigen immer noch nicht kannten – gesprochen hatte. Keine fünf Minuten später saßen wir auch schon in eben jenem, jeder von uns ein Glas Cola vor sich und über der Karte brütend. „Lasst es euch ruhig gut gehen, ich zahle das gerne~! Nach dem Schock, den ich euch eingejagt habe…“, verkündete sie fröhlich, pustete sich locker eine Strähne aus ihrem hübschen Gesicht. Zetsây stieß mich in die Seite, grinste wissend, und ich musste zurückgrinsen. Dieser Kerl war einfach unmöglich! Und wenn er dann auch noch Recht hatte, nutzte er das schamlos aus. Er begann, ein paar Dinge von der Speiskarte runterzurasseln, hörte nicht einmal auf, als ich ihm warnend gegen das Schienbein trat. „Und dann ist da ja noch der Schokokuchen…oder nehme ich lieber Tiramisù? Vielleicht noch einen Eiskaffee…am besten wäre doch noch die Karamellcreme, was? Hmm…und Waffeln mit Vanilleeis und heißen Kirschen und…nein, ich denke, das reicht. Was soll ich mir nehmen, Rei?“ „Häh? Du hast es dir doch gerade ausgesucht!“ „Nein, ich habe dir nur eine Liste mit Sachen, auf die ich jetzt eventuell Lust hätte, gegeben. Ich will ja nicht fett werden! Also: was soll ich mir nehmen?“ Mir entwich ein leises Stöhnen. Jetzt hatte ich doch tatsächlich gedacht, dass er das alles essen und von der Brünetten bezahlen lassen wollte… Ich naives, kleines Stück Schnitzel! „Äh…dann nimm mal das Tiramisù, das ist bestimmt lecker.“, wählte ich schließlich für ihn aus. „Und was soll ich nehmen?“ „Wie wäre es mit einer Schokocreme mit Sahne und Vanillesoße? Das passt irgendwie zu dir…“ Und ich will, dass dein Körper nachher danach schmeckt~, setzten seine Augen fort. Meine Wangen fingen an, rot zu leuchten; hastig wandte ich meinen Blick ab. „J–ja, ich denke, das nehme ich dann…wirklich…“ „Super!“ Sie winkte einen Kellner heran und bestellte mit einem strahlenden Lächeln unsere Auswahl. Derweil nippte ich kurz an meiner Cola, in der Hoffnung, sie möge doch bitte dieses Glühen ein wenig abkühlen. Als sie sich wieder zu uns wandte, wandelte sich ihr Lächeln zu einem – mir etwas unheimlichen – Grinsen. Sie setzte schon dazu an, etwas zu sagen, doch Zetsây war schneller. „Du, sag mal…wie sollen wir eigentlich unsere Wohltäterin nennen?“, fragte er mit einem verschmitzten Augenfunkeln. „Natsumi!“, kam es prompt zurück. „Natsumi, so, so…und weiter?“ „Oyate, aber ich mag diesen Namen nicht, also nennt mich bitte Natsumi oder Natsu.“ „Okay.“, erwiderten wir wie aus einem Mund, sahen uns erstaunt an und mussten lächeln – er hochzufrieden und ich ein wenig schüchtern –, was Natsumi mit einem mühsam unterdrückten Quietschen quittierte. „Und ihr?“ Ihre Stimme unterbrach unseren engen Kontakt, bevor er zu mehr werden konnte. Leider. „Rei Kousaka.“, stellte ich mich noch ein wenig verpeilt vor. Ich hatte gespürt, wie wir kurz davor gewesen waren… „Zetsây Kyosuke Renkai.“ Überrascht sah ich meinen Nebenmann an. „Ein Doppelname?“ Natsumi beugte sich neugierig zu ihm vor. „Wie bist du denn dazu gekommen? Das ist doch in Europa viel populärer als hier~!“ „Meine Eltern sind Riesenfans von Europa, aber sie wollten mir keinen Namen aus dieser Region geben, weil sie Angst hatten, dass ich dann in der Schule gehänselt würde. Also haben sie mir einfach einen Zweitnamen gegeben; das war ihnen sicher genug. Völlig durchgeknallt, was?“ Er kratzte sich am Kopf, wohl in der Hoffnung, dass wir ihn wegen seiner Geschichte nicht zu merkwürdig ansahen. Dass er sich so leicht verunsichern ließ…süß~! Dabei merkte man ihm diese Eigenschaft sonst nicht so sehr an. Meine Hand suchte nach seiner, drückte sie sanft. Ich wollte ihn unbedingt ein wenig beruhigen, damit er wieder lächelte. „Also ich finde das witzig!“, verkündete Natsumi plötzlich mit schelmisch funkelnden Augen. Och nee, so etwas hieß meistens nichts Gutes… „Und wie er guckt! Niedlich, oder?“ Nein, es war wirklich nicht gut! „Jetzt sag doch auch mal was, Rei!“ Doch ich schwieg – mit einer knallroten Birne. Bisher hatte ich nie geglaubt, dass ich leicht zu durchschauen war; besser gesagt war mir noch nie jemand untergekommen, der meine Taten punktgenau hervorsehen oder annähernd meine Gedanken lesen konnte. Takashi war da zwar eine Ausnahme gewesen, aber nicht einmal seine Vermutungen waren so treffend gewesen wie die dieses Mädels hier. Es war echt gruselig, wie sie mir geradewegs in den Kopf zu sehen schien! Nachdem ich aus den unendlichen Tiefen meiner Gedankengänge wieder aufgetaucht war, stellte ich fest, dass Zetsây und Natsumi sich gegenseitig in ein Gespräch über Namensgebung, deren Bedeutung und allerlei anderen Krimskrams vertieft hatten. Und auch die bestellte Creme stand schon vor meiner Nase. Während ich ihnen beim munteren Debattieren lauschte, schob ich mir einen Löffel nach dem Anderen in den Mund, gab hin und wieder meinen Senf zu bestimmten Themen, die mir gefielen, ab, saß aber ansonsten eher schweigsam da. Mir genügte es schon, an einer so himmlisch luftigen Schokocreme schnöggern und dann auch noch weiterhin Zetsâys Hand halten zu dürfen. Er hatte sie nicht zurückgezogen, seitdem ich versucht hatte, ihn zu beruhigen und aß sein Tiramisù sogar mit der linken Hand, obwohl er, wie ich bereits bemerkt hatte, eindeutig Rechtshänder war. Dementsprechend unbeholfen sahen seine Bewegungen auch aus. Gott, war das knuffig! Ich seufzte und lächelte ein wenig verträumt zu ihm hoch. Erst ein erschrockenes „Rei, pass auf, di–!“ ließ mich hochfahren. Allerdings war es bereits zu spät. Mit einem leisen, schlüpfrigen Geräusch löste sich die Creme von meinem Löffel und fiel meiner beigen Schuluniformshose entgegen. Ich versuchte noch, danach zu schnappen – bei dieser Art von Dessert eine denkbar zum Scheitern verurteilte Bemühung. Trotzdem blieben meine Schulsachen von dem süßen Braun verschont, da Zetsây in einer völlig irren Geschwindigkeit eine Serviette auf meinen Schoß feuerte, damit es jedem Spritzerchen unmöglich war, einen Umweg zu machen und mich doch noch zu beschmutzen. Gott sei Dank, mein Pa hätte mich ansonsten wahrscheinlich umgebracht…! „Du solltest eventuell mal ein bisschen besser aufpassen, wenn du isst, und nicht so vor dich hinträumen~!“, tadelte mein wiederholter Retter mich belustigt und schnappte sich, ohne mich um Erlaubnis zu bitten, den Rest von meinem Löffel. „Mmh~, lecker! Dass du so etwas Gutes einfach so verkommen lässt! Wenn du sie nicht willst, kann ich ihn mir ja auch nehmen!“, tat er dann breit grinsend kund und tauchte seinen eigenen Löffel in meine Creme. Eine Unverschämtheit! Ich schlug ihm empört auf die Finger und fixierte meinen Nebenmann mit schmalen Augen. „Wer hat dir erlaubt, dir einfach etwas von mir zu klauen?“, beschwerte ich mich anschließend völlig übertrieben und zog eine kleine Fluppe. Zetsâys Augen wurden etwas größer, als er versuchte, mich mit einem süßen Dackelblick zu erweichen. Ich seufzte. Nein, solche Blicke waren nie gut für mein Herz…das im Moment anscheinend echt nichts Besseres mit sich anzufangen wusste, als wild durch meinen Brustkorb zu hüpfen, anstatt an seiner Stelle zu bleiben und dort weich zu werden. Mit meinem Körper war echt nicht gut Kirschen essen. „Na gut, na gut, ich nehme es dir ja schon nicht übel…“, brummelte ich leise, langte nach meinem Löffel und schob ihn mir in den Mund. Okay, ich wollte ihn mir in den Mund schieben. Tatsächlich aber sah ich mich plötzlich meiner Macht über das kleine Metallteil entrissen und gab einen protestierenden Laut von mir, bevor ich mich mit funkelnden Augen zu dem dreisten Dieb wandte. „Also langsam wi–“ Kühler Stahl stupste gegen meine Lippen und ließ mich verstummen. Jetzt war es an mir, große Augen zu bekommen; kurz darauf wurde ich rot. „Mach mal ‚Aah~’!“, forderte mich mein unverfrorenen Retter auf und schenkte mir ein Lächeln, bei dem ich das Gefühl hatte, schon selbst überreif an einem grünen Zweig vor mich hinzubaumeln. So war ich gehorsam und öffnete meine Lippen ein kleines Stückchen und wurde kurz darauf sowohl mit meiner Creme, als auch mit einem weiteren himmlischen Lächeln belohnt. Der Löffel hatte noch nicht allzu lange in meinem Mund geweilt, da wurde er mir auch schon wieder entzogen. Mich selbst konnte ich mich allerdings nicht entziehen. Dieser Blick war einfach zu fesselnd, zog mich in seinen Bann, näher an ihn heran. Ich versank, während er näher kam; genoss ein überirdisch gutes Kribbeln in meiner Magengegend und senkte meine Augenlider, um alles noch intensiver spüren zu können. Wieder konnte ich seinen Atem auf meinen Lippen spüren, wusste, was er mir gleich gewähren würde und ersehnte es sehnsüchtig. Bis das Räuspern kam. Enttäuscht schlug ich wieder die Augen auf. „Ähm…Jungs? Ich möchte euch ja nur ungern stören, ich mein, meinetwegen könnt ihr gerne weitermachen, aber…wir haben ein paar Zuschauer, die das anscheinend doch nicht…na ja…so gut finden würden…“ Wieder räusperte sich unsere Begleiterin ein wenig verlegen und deutete mit ihrem Kopf in die Richtung einiger anderer Gäste, die uns ziemlich misstrauisch musterten. Hoppla…da haben wir uns nicht gerade…diskret verhalten…hust…egal…?, dachte ich und schenkte den Leuten ein schüchtern–zaghaftes Grinsen. Meine Wangen brannten immer noch, aber diesmal aus einem anderen Grund. Ich mochte es gar nicht, so dumm angestarrt zu werden. Als hätten die noch nie ein schwules Pärchen gesehen…! Gut, wir waren noch nicht zusammen, aber so, wie es aussah, würde das nicht mehr allzu lange dauern~! Ohne dass ich etwas dagegen tun konnte, erschien plötzlich ein dickes, fettes Grinsen auf meinen Wangen und ließ sich auch nicht von den merkwürdigen Blicken meiner Begleiter vertreiben. „Sag mal…kommt es mir nur so vor, oder hat Rei da plötzlich etwas im Gesicht?“, fragte Natsu, wie wir sie ja nennen sollten, und musterte mich äußert eingehend. „Na ja…irgendwie schon, nicht? Süßer, das sieht komisch aus. Was hast du nur getan?“ „Genau, erklär es uns!“ Ich schüttelte frech den Kopf. „Nö. Keine Lust!“ „Wie bitte?“ Sie plusterte ihre Wangen auf und funkelte mich an. „Das ist ja wohl die Höhe! Tu doch was dagegen, du musst ihn schließlich unter der Fuchtel halten!“, fuhr sie anschließend Zetsây vor Sarkasmus triefend an. „Ach?“, erwiderte dieser und grinste überheblich. „Mir scheint, ich muss ihn eher beschützen!“ „Na, das ist ja mal was ganz Neues!“, mischte auch ich mich jetzt wieder ein. „Wovor denn bitteschön? Mir sind keine Fälle bekannt, in denen ich nicht auch selber klargekommen wäre!“ „Hmm…Schokocreme auf Hose…nicht gut, oder?“, wies er mich sanft zurecht – und zerstörte prompt meine Frisur durch ein mehr als nur dreistes Tätscheln auf mein hübsches Köpfchen. Fast genauso blitzartig hatte er sich auch gemeinsam mit unserer Bekannten einem neuen Thema zugewandt. Nämlich Tollpatschigkeit. Nein, das war keine Anspielung auf meine Wenigkeit, nein! Die Beiden kümmerten sich jedoch nicht darum, dass ich ein wenig vor mich rumschmollte und tratschten weiter; echt der Hammer, wie gut die sich verstanden. Aber gut, ich hatte mich auch sofort so gut mit Zetsây verstanden. Wer wollte das auch nicht? Bei so einem Schnuckelchen…das dann auch noch schwul war… Trotzdem war ich ein wenig eifersüchtig auf Natsumi. Schließlich hatten wir ja eigentlich etwas nur zu zweit machen wollen. Selber Schuld! Du hättest ja nicht auf ihr Angebot, euch zur Entschädigung einzuladen, annehmen müssen…oder vielleicht doch…diese Creme ist ja so lecker! Wenigstens war sie so nett und erzählte uns, dass sie ebenfalls zu den absoluten Tollpatschen gehörte, da sie wirklich jede Ecke und jede Kante mitnahm, auf die man treffen konnte. Was aber Menschen anging, so konnte sie diesen normalerweise super ausweichen, wenn sie auf den Inlinern – oder noch besser auf dem Eis – war. Laut ihrer Worte war ihren Eltern ihre Gewandtheit auf dem Eis so suspekt gewesen, dass sie sie sogar gefragt hatten, ob sie auch ganz sicher ihre Tochter sei. „Und was hast du darauf geantwortet?“ „Na ja… Ich erwiderte: ‚Klar bin ich das. Seht euch mal um. Hier ist doch gar nichts Kantiges, gegen das ich fahren könnte, oder?’ Wie die geguckt haben! Einfach herrlich!“ Wieder lachten wir gemeinsam, doch das lag nicht nur an ihrer Geschichte. Auch ihre Art zu erzählen war einfach…umwerfend! Die ganze Zeit war sie wild am Gestikulieren und Grimassen Schneiden gewesen. Niemand konnte das nicht toll finden. Und wie sie ihre Stimme dann auch noch verstellen konnte~ Einfach grandios! Die beiden Anderen waren noch munter am Kichern, als ich abrupt aufhörte und genauer hinlauschte. Die spielten doch tatsächlich mein Lieblingslied im Radio…Dass ich das noch mal erleben durfte~! Ich grinste glücklich und wippte die Melodie ein wenig mit dem Kopf mit. „Äh…Rei…“, begann Zetsây da plötzlich ein wenig zurückhaltend und musterte mich ziemlich skeptisch. „Sch! Das kann auch noch bis gleich warten! Das ist mein Lieblingslied!“ „Ach so…aber findest du nicht, dass du vielleicht trotzdem mal rangehen solltest?“ „Ha–? … Oh~!“ Mit roten Wangen suchte ich meine Klamotten nach meinem Handy ab. Normalerweise war hatte ich es doch immer aus oder auf lautlos gestellt, also warum bimmelte das dumme Ding ausgerechnet jetzt?! Ich mochte Handys ja schon aus Prinzip nicht, da ich der Meinung war, dass man mit ihnen wie ein höriges Hündchen immer und überall unterbrochen und zurückgerufen werden konnte. Klar, zum Teil mochte meine Abneigung auch daher rühren, dass man mir mal per Handy das Herz gebrochen hatte, aber sogar schon davor hatte ich zumindest eine leichte Antipathie gespürt. Bevor ich weiter in meiner düsteren Gedankenwelt versinken konnte, hatte ich mein Handy schon erreicht und nahm den Anruf an. „Ja?“ „Rei? Hier ist Zaki.“ Oh. Und ich hatte den vermeintlichen Finsterling anschnauzen und ausquetschen wollen, wie zum Henker er an diese Nummer herangekommen war. Da hatte ich ja gerade noch mal Schwein gehabt. Trotzdem war ich über alle Maße überrascht. „Hi~! Äh…was gibt’s?“ „Na ja, ich soll dich von deinem Pa bitten, nach Hause zu kommen. Wir wollen in ’ner Viertelstunde Abendbrot essen und…er macht sich Sorgen. Ich übrigens auch. Ist alles okay mit dir? Du bist nach der Schule gar nicht nach Hause gekommen…“ „Oh…ja klar, mach ich gleich. Sorry, aber ich habe nach der Schule…zufällig jemanden getroffen und…“ Fieberhaft überlegte ich, wie ich formulieren sollte, dass ich nicht ganz unbeschadet nach Hause kommen würde. „…und ich hatte eine kleine Auseinandersetzung mit einem Fahrrad. Könntest du Paps vielleicht schon mal seelisch darauf vorbereiten? Er übertreibt immer so schnell mit seiner Sorge.“ Zaki schwieg kurz, ich konnte sein Haar am Hörer rascheln hören. „Okay…Geht klar…Weißt du denn, wann du so ungefähr zu Hause sein wirst?“ „Moment.“ Meine Augen suchten nach einer Uhr, als sie jedoch keine fanden, seufzte ich auf. „Keine Ahnung. Je nachdem, wie ich die Bahn erwische, werden es…nun ja…zwanzig bis dreißig Minuten sein, okay? Ihr könnt ruhig schon mal anfangen zu essen, ich mach es mir dann zur Not nachher einfach warm.“ Ich hörte ihn leise lachen. Uns war beiden klar, dass mein Vater so etwas nicht einfach so zulassen würde. Ihm war es so wichtig, dass wir uns wie eine normale Familie benahmen – also warteten wir auch immer mit dem Abendessen, bis alle da waren, und wenn das noch so lange dauerte. „Na gut. Dann bis später, Rei.“ „Bis später.“, verabschiedete auch ich mich und legte auf. Meine beiden Begleiter und meine halb aufgegessene Creme starrten mich erwartungsvoll an. „Sorry, Leute, aber ich muss jetzt los.“, entschuldigte ich mich verlegen lächelnd, griff nach meinem Löffel und lud mir eine große Portion auf. „Ich esse nur noch kurz zu Ende und dann…“ „Was? Aber warum denn?“ Zwei überrascht–enttäuschte Augenpaare starrten mich an, das dritte verschwand gerade in meinem Mund. „War das eben etwa dein Vater?“ Ich schüttelte schluckend den Kopf. „Nein. Er hat mir von Zaki ausrichten lassen, dass ich nach Hause kommen soll, weil es gleich Abendessen gibt.“ „Bitte? Aber du isst doch schon!“, protestierte Natsu lautstark und hielt meine Hand fest, um mich aufzuhalten. Zetsây dagegen fand sich ein wenig schneller mit unserem Schicksal ab. „Schön. Dann werde ich dich aber begleiten.“ „Nein, nein, lass mal. Ich krieg das schon hin. Ist ja noch hell. Tausch du lieber schon mal unsere Handynummern mit Natsumi aus, damit wir alle in Kontakt bleiben können.“ Ein letzter Happs und schon war die Schüssel leer. Sofort sprang ich auf, zog meine Schultasche mit hoch und deutete eine verspielte Verbeugung in Natsus Richtung an. „Vielen lieben Dank für die Einladung. War echt super, dich mal kennenzulernen. Macht das wirklich, das mit den Nummern und so. Und du…“ Ich beugte mich noch zu meinem herzallerliebsten Begleiter hinunter, der mich ein wenig traurig aus seinen dunklen Augen musterte. „Lass uns uns so schnell wie möglich wieder sehen, ja?“ Ich überlegte kurz, ob ich das wirklich tun sollte, entschied mich dann aber doch dafür und drückte meinem Retter einen kleinen Kuss auf die Wange. Dann winkte ich den Beiden kurz zu und war auch schon weg. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz G wie Genugtuung – Ende Weiter geht’s in: H wie Hölle Kapitel 8: H wie Hölle [korrigiert~♥] ------------------------------------- H wie Hölle Nachdem ich zu Hause angekommen war und mir kurz die Schuhe ausgezogen hatte, um in die Küche gehen zu können, wurde ich von einem überaus wütenden Finsterling mit bösen Blicken aufgespießt. In aller Ruhe und mir keiner Schuld bewusst setzte ich mich auf meinen Platz vor einen Teller mit dampfenden Essen. „Dankeschön, dass ich wegen dir vor Hunger fast krepiert wäre!“, raunzte er auch schon los, kaum dass mein Allerwertester die Sitzfläche des Stuhls berührt hatte. „Bitte, bitte, immer wieder gerne!“, parierte ich kühlen Kopfes; Pas und Zakis Anwesenheit gaben mir ein Gefühl der Stärke, das dieser Mistkerl nicht so leicht zerstören konnte. So machte ich mich völlig ungerührt über mein Essen her und beachtete weder das warnende Zähneknirschen Kashiwazakis, noch die erstaunten Blicke, die der – ehemals? – heiße Posten und mein Vater miteinander tauschten. Direkt nach dem Abendessen, das wir größtenteils in Schweigen verbracht hatte, - es hatte leckere Frühlingsrollen und Reis mit Currysoße gegeben; wieder etwas, das ich über alles liebte – stand Zaki auf, sammelte die halbwegs leeren Teller – dem Finsterling hatte es nicht so geschmeckt, was ich natürlich nicht mit einem feixenden Grinsen zur Kenntnis genommen hatte – und das Besteck ein und trug sie zur Spüle, bevor er begann, sie abzuwaschen. Ich sprang auf und brachte die Pfannen und Schüsseln, in denen das Essen gewesen war, ebenfalls zum Waschbecken. Er bedankte sich mit einem unglaublich lieben Lächeln – bei dem ich mich unwillkürlich fragen musste, wen ich eigentlich lieber mochte: Zaki oder Zetsây? Sie waren beide so unglaublich nett und gutaussehend, trieben mich zwar mit einigen ihrer Aktionen in den Wahnsinn, aber war es nicht so, dass kleine Konflikte der Beziehung den gewissen Kick gaben? Fast schon befriedigt grinsend wandte ich mich von dem heißen Posten ab und wollte schon die Küche verlassen, um mich mal wieder auf un...mein Zimmer zu verdrücken, als mein Vater mich plötzlich wieder zurückrief. „Warte, Rei! Ich dachte eigentlich, wir könnten heute eventuell einen kleinen Spielabend machen. Geh bitte noch nicht.“ Och nöö… Mein Blick fiel sofort auf das düstere Gesicht des Finsterlings und genauso schnell wollte ich mich auch unter dem Vorwand, noch viel zu viele Hausaufgaben erledigen zu müssen, ablehnen; dann allerdings registrierte ich den fast flehenden Blick von Paps. Ja, er sehnte sich wirklich sehr nach einem normalen Familienleben und vermutlich würde es sowohl ihm als auch mir ziemlich schwer fallen, mir zu verzeihen, dass ich ihm trotz dieses Wissens so einfach den Wunsch hatte abschlagen können. Ein wenig verzweifelt, da ich völlig überfordert war, stöhnte ich auf. „Na schön…ich mache mit.“, versprach ich. „Soll ich schon mal ein paar Spiele holen gehen?“ „Ja!“ Auf einen Schlag wieder total fröhlich zählte er die Spiele auf, die er haben wollte und entließ mich dann mit einer kleinen Geste zur ‚Arbeit’. Leise vor mich hinseufzend machte ich mich ins Wohnzimmer auf, wo ich einen der Schränke aufzog, um nach den Sachen zu suchen. Es war schon lange her, dass wir eine solche Aktion gehabt hatten, dementsprechend weit nach hinten waren die Spiele auch gerutscht. Doch schließlich schaffte ich es doch, sie hervorzuziehen, beugte mich etwas zu ihnen runter und schnupperte aus irgendeinem unbewussten Antrieb meiner Neugier daran. Es roch ein wenig abgestanden, aber die Erinnerungen, die dabei in mich hochkamen, zauberten ein verträumtes Lächeln auf mein Gesicht. Einige dieser Spiele hatte ich früher sogar auch mit Joshua und Zack gespielt. Hatte das Spaß gemacht! Sogar die Situationen, in denen Joshua mich nach Herzenslust geärgert hatte, hatte ich doch irgendwie genossen. Natürlich vor allem dann, wenn Zack mir dann heldenhaft zur Hilfe gekommen war. Eigentlich doch gar keine so schlechte Idee von meinem Paps. Vielleicht ließ sich dieser Spielabend ja regelmäßig durchführen; jedes zweite Wochenende, oder so ähnlich vielleicht. „Rei! Kommst du?“, erschallte es plötzlich durchs ganze Haus und ich beeilte mich, die Sachen, die ich kurz abgestellt hatte, wieder einzusammeln. „Ja–haa~! Bin schon unterwegs!“, lautete meine gebrüllte Antwort. „Mach endlich hinne, Mann!“, war die genervte Kashiwazakis. Belustigt musste ich feststellen, dass er mich ja gar nicht so schlimm finden konnte, wenn er mich schon als Mann anerkannte. Dass seine Aussage eigentlich nicht konkret auf mein Geschlecht bezogen war, wusste ich zwar, ignorierte es aber vollkommen. Wenigstens heute wollte ich mir nicht meine gute Laune verderben lassen. Was für ein naiver Wunsch! Dennoch summte ich munter vor mich hin, als ich zurück in die Küche ging, damit wir mit dem Spaß beginnen konnten. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Verdrossen sah ich auf die Würfel, die vor mir auf dem Tisch lagen, hinab. Aber egal, wie sehr ich mich auch darauf konzentrierte, sie mit meinen telepathischen Fähigkeiten zu beeinflussen, sie gehorchten lieber der weltlichen Schwerkraft und blieben an Ort und Stelle liegen, so wie sie waren. Und sie waren ganz eindeutig gegen meine Wenigkeit. Dabei hatte sogar ich mindestens ein kleines Anrecht auf Glück, oder? Wir hatten gerade ein kleines Würfelspielchen gemacht, um zu entscheiden, wer mit wem in eine Mannschaft kommen sollte, damit jeder wirklich die gleiche Chance hatte zu gewinnen und es am Ende keine Streitigkeiten gab. Nun jedoch saßen wir zu dritt da, starrten auf die Würfel und ahnten, dass sie der Grund für einen Krieg direkt am Anfang sein konnten. Nur der dumme Finsterling saß mal wieder mit einem selbstgefälligen Grinsen da und blickte von einem zum anderen. „Na, dann ist doch alles klar!“, meinte er plötzlich und sein Grinsen wurde fies. „Rei und ich sind in einem Team und wir werden euch locker plattmachen! Hat irgendjemand ein Problem damit?“ „Ja! HIER!“, schrie es in mir, aber nicht der kleinste Laut wich von meinen Lippen. Ein paar Augenblicke später – Pa und Zaki hatten mir bis jetzt bloß vorsichtige und betroffene Blicke zugeworfen, allerdings nicht wirklich protestiert – straffte ich mich, nickte Kashiwazaki fest entschlossen zu und erwiderte: „Na, dann mal los! Du bist der Erste, der rät!“ Manchmal musste man eben seinen Stolz hinunterschlucken und sich ruhig verhalten. Aber dann sollte man wenigstens die Kontrolle bewahren, wenn’s möglich war. Mit einem süffisanten Grinsen drückte ich ihm eine schwarze Augenbinde an die Brust, wartete ab, bis er sie – natürlich nicht, ohne vorher noch mal ausgiebig das Gesicht verzogen zu haben; denn ein Schwuler hatte ihn angepackt! Oh Gott! – übergezogen hatte, dann schob ich das Kästchen, in dem sich die Düfte befanden, auf unsere Gegner zu, damit sie den Duft, den der Finsterling als erstes erraten sollte, auswählen konnten. Eine Weile berieten sie sich stumm mit Fingerzeig, dann wurde mir auch schon ein Döschen in die Hand gedrückt. Kamille. Oh, das war ja richtig einfach. Das musste sogar dieser Hohlkopf erraten können. Diesen Hintergedanken hatten die Beiden auch, wie mir ihr Lächeln zeigte. Also hielt ich es meinem Partner auf Zeit unter die Nase. „Fang an.“ Augenblicklich konnten wir sehen, wie er tief einatmete, um möglichst viel von dem Duft aufzuschnappen. „Hmm…das ist bestimmt…ja…“ Er schnupperte ein weiteres Mal, dann hellte Erkenntnis seine Züge auf. „Aah~! Apfel!“ Vor Fassungslosigkeit klappte Zaki der Mund auf, gleichzeitig klatschte ich mir gegen die Stirn. „Falsch! Es ist keine Frucht, du Vollhorst!“, fauchte ich und handelte mir einen vielsagenden Blick von meinem Vater ein. Ja, ich hatte nicht vergessen, dass man pro Geruch nur einen Tipp abgeben durfte. Er brauchte gar nicht so zu gucken! Oh Mann, kaum war ich mit diesem blöden Mistkerl in einer Mannschaft, wurde ich auch schon unglaublich aggressiv! Vor Wut leise schnaubend wandte ich mich von dem Vollpfosten ab und wartete auf seine nächste haltlose Vermutung. Er hatte fünf Versuche; wenn er es dann nicht geschafft hatte, ging der Punkt an die andere Gruppe. Und wir konnten keinen höheren Schwierigkeitsgrad für sie auswählen, sondern mussten immer mindestens auf der gleichen Stufe, wenn nicht sogar darunter, wählen. Ach, verdammt! „Erdbeere?“ „Nein.“ „Pfirsich?“ „Nein.“ „Birne?“ „Verdammte Scheiße, ich hab dir gesagt, es ist keine Frucht!“ Fast wäre ich aufgesprungen und hätte ihn für seine Dummheit erwürgt, aber eine Hand, die mir sanft über den Oberschenkel strich, hielt mich zurück. Sie schien zu sagen: „Ach, komm. Mach dir nichts draus. Er ist nun mal so, da kann man nichts gegen machen, Außerdem ist das Ganze doch nur ein Spiel~“ Ich löste meinen mordlustigen Blick von dem Finsterling und lächelte dessen Zwillingsbruder schüchtern zu. „Kamille!“, kam es da plötzlich wie aus einer Pistole geschossen. „Richtig.“, antwortete Paps und schrieb für unsere Gruppe einen Punkt auf. Einen mickrigen Punkt, den wir nur durch eine…schwere Geburt erlangt hatten, aber immerhin ein Punkt. Ich sah wieder zu Kashiwazaki, der gerade die Augenbinde abnahm und sie an seinen Bruder weiterreichte; wieder mit diesem widerlichen Grinsen natürlich. Schön, vielleicht hatte er den Duft erraten. Trotzdem war ich auch weiterhin der Meinung, dass sein IQ, sollte er eben jenen einmal testen lassen, einen negativen Wert haben würde. So beruhigte es mein Gemüt auch nicht gerade, dass Zaki schon beim ersten Versuch den Duft, den mein Erzfeind, ohne mich zu fragen, ausgesucht hatte, erriet, obwohl das wirklich der schwierigste zugelassene war. Die Augenbinde wanderte zu mir weiter. Mit einem etwas mulmigen Gefühl in der Magengegend verknotete ich den Stoff hinter meinem Kopf, anschließend wurde mir ein Döschen gereicht. Neugierig schnupperte ich daran – und verzog prompt das Gesicht. Oh Gott, roch das merkwürdig! Ja, das Spiel war alt, aber wir hatten vorhin noch ein paar Düfte ausgetestet und es war keiner dabei gewesen, der so…der so abartig gestunken hatte! „Kann ich vielleicht einen anderen haben?“, fragte ich also und streckte das Döschen von mir weg. „Das Zeug stinkt erbärmlich.“ Es wurde mir aus der Hand genommen, ich hörte, wie daran gerochen wurde, dann ein zweistimmiges Seufzen. „Rei, das bildest du dir nur ein.“, meinte mein Vater und ich hörte Plastik über den Küchentisch schaben. „Es riecht wirklich ganz normal.“, bestätigte dann auch noch Zaki. „Das redest du dir anscheinend wirklich nur ein. Oder du magst den Geruch einfach nicht. Das könnte natürlich auch sein. Probier es einfach noch mal.“ Wären diese Einschätzungen von Kashiwazaki gekommen, hätte ich ohne zu zögern behaupten können, dass er da eine Lüge von sich gab und mir einfach diesen Punkt nicht gönnte. Paps und Zaki waren dahingegen nicht solche Menschen. Die würden nicht mal im Traum an einen solchen Betrug denken. Außerdem war der Finsterling mit mir in einer Mannschaft und ich war mir sicher, dass er sich nicht sozusagen selbst schaden wollte, nur weil er mich nicht ausstehen konnte. Also fügte ich mich meinem Schicksal und roch ein weiteres Mal an dem Döschen. Mir wurde schlecht. „Äh…“ Ich suchte nach einem Geruch, der passen könnte und den ich dann auch noch nicht mochte. Leider fielen mir bei der ersten Kategorie nicht gerade viele ein und bei der zweiten dementsprechend noch weniger. „Wie…wie wäre es mit…ähm…Lavendel?“, rätselte ich und versuchte, meinen Mitspielern hoffnungsvolle Blicke durch die Augenbinde zuzuwerfen. „Nein. Aber eine Pflanze dieser Art, ja.“ Wow. Was für ein praktischer Tipp. Was denn für eine Art? Hielt dieser Blödmann mich für einen Gärtner, oder was?! Etwas in mir war wieder kurz davor zu explodieren, aber ich beherrschte mich und fuhr stattdessen mit meinem Ratespielchen fort. „Kamille?“ „Nein, auch nicht.“ „Äh…Vergissmeinnicht?“ Langsam verzweifelte ich und das konnte man auch meiner Stimme deutlich anhören. „Nein. Also echt, selber nichts können und dann mit anderen meckern. Ist klar!“ „Myrre?“ „Ne–…oh…ja!“ Erleichtert riss ich mir den Stoff von den Augen und sofort verschwand die Unsicherheit, die meine – glücklicherweise vorübergehende – Blindheit mit sich gebracht hatte. Aufatmend sah ich zu dem Finsterling hinüber, dessen Blick geradezu an mir klebte. Mir war nicht ganz klar, was er sagen wollte, sicher war aber, dass er mein Verhalten von vorhin missbilligte und deshalb eine Entschuldigung haben wollte. Aber da dachte ich gar nicht dran, schließlich war ich ja trotzdem um einen ganzen Versuch besser gewesen. Dass es nur Zufall gewesen war, dass ich das Richtige gesagt hatte, ließ ich einfach mal schnell unter den Tisch fallen. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Wir spielten noch ein paar Stunden weiter, wechselten zwischendurch das Spiel und machten damit weiter, doch irgendwann – es war schon weit nach ein Uhr morgens – verscheuchte Paps uns mit den Worten „Morgen ist auch noch ein Tag und ich alter Herr brauche dringend meinen Schönheitsschlaf.“ aus dem Wohnzimmer. Völlig erschöpft, aber immer noch aufgekratzt stürmte ich die Treppen nach oben und ins Bad. „Erster!“, rief ich noch, dann knallte ich auch schon die Tür zu und schloss ab. Jetzt wollte ich so schnell wie möglich schlafen gehen, damit ich morgen möglichst früh aufwachte und einen Termin für ein Date mit Zetsây vereinbaren konnte. Am liebsten war mir natürlich direkt der morgige Tag, aber ich wollte ihm nicht zu viel abverlangen, deshalb beschloss ich, lieber ihn den Tag aussuchen zu lassen. Besser wirken tat das allemal. Hibbelig wusch ich mich, putzte mir die Zähne und schlüpfte dann in meine Schlafshorts und in ein dazu passendes Shirt, bevor ich „Frei!“ brüllend das Bad verließ. Kashiwazaki wartete schon auf dem Flur mit seinem üblichen Gesichtsausdruck, der einfach zum Reinschlagen war. Mein Körper war schließlich keine Zitrone, in die man einfach reinbeißen und dann so gucken konnte! Ich selbst sah ihm dann aber doch noch einen Augenblick hinterher, nachdem er sich ohne ein Wort an mir vorbeigezwängt hatte. Wie nett! Ich wollte gerade mein Zimmer betreten, als Paps die Treppe hinaufgestapft kam. Ein wenig überrascht sah ich ihn an. Normalerweise genehmigte er sich gerne noch ein Gläschen, bevor er sich schlafen legte, um das Wochenende einzuläuten. Was machte er also hier? „Aah…gut, dass ich dich erwische~“ Okay, er war also schon mal wegen mir hier oben. Schön. „Ja, Paps? Was ist los?“ Ein wenig besorgt musterte ich meinen Vater. Er schnaufte ganz schön, obwohl es nach hier oben gerade mal zwanzig Stufen waren. Hoffentlich besserte sich das bald. Ansonsten würde ich ihn zu einem Arzt schicken müssen und das würde für uns beide recht unangenehm werden. Wenn ich ihn bat, sich doch mal untersuchen zu lassen, schimpfte er immer wüst vor sich hin. „Jetzt hör endlich auf, dir Sorgen um mich zu machen! Mit mir ist alles in bester Ordnung. Ich brauche keinen Arzt. Und untersteh dich, mich weiter wie einen senilen, alten Sack zu behandeln. Ich weiß, was gut oder schlecht für mich ist. Ich kann das sehr wohl unterscheiden, hörst du? Ooh…verdreh jetzt nicht die Augen, Bürschchen! Mach dir mal lieber Sorgen um dich selbst. Du bist ja ganz blass und abgemagert! Bist du dir sicher, dass du nicht magersüchtig geworden bist?!“ Die letzte Frage war eigentlich völliger Mumpitz, da er mir jeden Tag reichlich Essen kochte und dafür sorgte, dass ich auch wirklich alles aufaß. Was konnte ich denn dafür, dass mein Stoffwechsel so gut war, dass ich, egal, was ich in mich hineinfraß, immer ein Spargeltarzan blieb? „Ich habe gehört, dass du eine kleine Meinungsverschiedenheit mit einem Fahrrad hattest…alles okay mit dir?“ Häh? Verdutzt sah ich Paps an, versuchte zuzuordnen, was er da gerade sagte. Wann hatte ich denn einen Unfall mit einem Fahrrad gebaut…? Er schien mir meine Ratlosigkeit anzumerken, denn er half meinen Gedanken mit einem „Na, heute Nachmittag. Erinnerst du dich gar nicht?“ auf den Sprung. Es machte Klick. „Aah ja, stimmt, das hatte ich fast vergessen! Ja, doch, soweit geht’s mir ganz gut. Natürlich, wenn ich das schon fast wieder vergessen hatte~!“ Also wirklich, nur ich konnte so dumm sein, meine Ausrede für die Demolierungen an meinem Körper zu vergessen! Ich musste mir unbedingt demnächst ein Memo anschaffen, das man direkt im Kopf installieren konnte und das einen immer an alles erinnerte, sobald auch nur das kleinste Stichwort dazu fiel. Gab’s so was überhaupt schon? Wäre ja ganz praktisch. Nicht nur für den Alltag, sondern auch für Klausuren und Prüfungen. Hmm… Wahrscheinlich eher nicht. Aber… Ob man wohl auch für die reine Idee ein Patent anmelden konnte? „Wirklich? Die Kratzer hier sehen nicht gerade nett aus. Und der blaue Fleck da an deinem Arm…oh Gott, Rei, bist du dir sicher, dass der nicht gebrochen ist, oder so? Was ist, wenn du eine Blutvergiftung davon bekommst?“ „Ja, ganz sicher. Er tut kaum noch weh.“ Um meine Aussage zu bestätigen, wedelte ich strahlend mit meinem Arm herum. Nein, dieser Arm tat wirklich nicht weh. Das größere Problem, das ich hatte, war mein Bauch. Beim Umziehen hatte ich entdeckt, dass er an der einen Seite wirklich blau angelaufen war. Meinem Rücken war es auch nicht sehr viel besser ergangen. Und an meinem Kopf hatte ich sogar eine kleine Beule gefunden, die allerdings glücklicherweise von meinen Haaren verdeckt wurde. Das konnte gleich beim Einschlafen echt heiter werden. Na ja… „Außerdem kann man von einem blauen Fleck unmöglich eine Blutvergiftung bekommen, da müsste schon eine offene Wunde her…“ Plötzlich wurden mir ein Paket mit Pflastern in die Hand gedrückt und ich sah meinen Pa ziemlich verwirrt an. „Was soll ich damit?“ „Die sind für deine Kratzer. Ist ja nicht mit anzusehen! Nachher verblutest du mir noch daran!“ Grinsend verdrehte ich die Augen. Diese Kratzer waren so oberflächlich, dass kaum einer von ihnen überhaupt ein richtiges Tröpfchen Blut abgegeben hatte und wenn, so hatte sich schon längst eine Kruste gebildet, aber die Sorge meines Vaters verdrängte nun mal alle Logik aus seinem Kopf. Aber genau das machte ihn ja so liebenswert. „Danke, Paps.“ Ich umarmte ihn, drückte ein kleines Küsschen auf seine Wange und musste mir ein übertriebenes Ächzen verkneifen, als er mich an sich presste. Manchmal wurde ich das Gefühl nicht los, dass er eher eine Tochter als einen Sohn in mir sah. Das würde zumindest einiges erklären, vor allem dieses übervorsichtige Gehabe, wenn es um mich ging. Mit den Pflastern in der Hand kuschelte ich mich noch ein bisschen enger an ihn und musste schmunzeln, als mir ein Gedanke kam. Es würde ihn bestimmt irre glücklich machen, wenn ich mir eins von diesen Dingern ins Gesicht klatschte. Dann erkannte er vielleicht endlich, dass ich seine Sorge um mich zu schätzen wusste. Nun ja, jetzt hieß es erst mal schmusen. Fünf Minuten später – ich hatte Paps schon eine gute Nacht gewünscht und saß in meinem Zimmer – änderte ich meine Einstellung. Die Pflaster lagen vor mir ausgebreitet auf dem Schreibtisch und grinsten mich an. Einige von ihnen waren gelb, die anderen grün und wieder andere rot oder blau. Sogar zwei, drei pinke Klebestreifen fanden sich unter ihnen. Kurz: Vor mir lag ein wahres Sammelsurium an bunten Pflastern. Das alleine wäre aber nicht mal schlimm gewesen, die hautfarbenen fand ich sowieso ein bisschen langweilig. Aber… Ich wurde von allen, wirklich von allen Pflastern her angegrinst! Und zwar von Fabelwesen oder anderen komischen Dingen, die ihre Grimassen zogen und sich teilweise in – nett ausgedrückt – recht merkwürdigen Posen befanden. Ziemlich entsetzt starrte ich diese Dinger an, während ich mich fragte, wo zum Henker mein Vater dieses Zeug ausgegraben hatte. Ich wusste, dass sie teilweise noch aus meiner Kindheit stammten, an einige der Muster erinnerte ich mich, aber…wir bestimmt noch irgendwo die normalen, unifarbenen Pflaster?! Nein, so lieb ich ihn auch hatte, diese Schmach konnte ich nicht einfach so über mich ergehen lassen. Morgen war zwar Wochenende und so würde garantiert niemand aus meiner Schule etwas davon mitbekommen, aber wenn Kashiwazaki mich so sah…und wenn ich mich mit Zetsây treffen wollte… Nein, nein und nochmals nein! Auf gar keinen Fall! „Kann ich dir helfen?“ Ich schrak hoch und die Hälfte der Pflaster, die ich gerade so schön vor mir ausgebreitet liegen hatte, flatterte dem Boden entgegen. Oh nein, die Zwillinge hatte ich vollkommen vergessen! Die durften das doch auch nicht sehen! Ganz bestimmt nicht der olle Finsterling! Wie gut, dass der noch im Bad war. „Nein, nein, alles in Ordnung, danke.“, beeilte ich mich zu sagen, doch Zaki hatte sich schon neben mich auf den Boden gehockt und sammelte die Pflaster auf. Nervös schielte ich zu ihm hin, während ich ihm half, wollte sehen, wie er auf die Motive reagierte. Versehentlich berührten sich unsere Hände, Wärme schoss meinen Arm hinauf. Oh je… Mein Blick huschte wieder zurück nach unten zu unseren fleißigen Fingern, dann erneut zu Zakis Gesicht. Es zeigte keinerlei Regung, die darauf hindeutete, dass er irgendetwas mitbekommen hatte. Plötzlich sah er auf und lächelte mich liebevoll an. „So. Fertig~“, sagte er und verstaute seine gesammelten Pflaster gemeinsam mit meinen in der Packung, bevor er sich daran machte, die restlichen, die noch auf dem Tisch herumlagen, ebenfalls zu verpacken. Währenddessen rappelte ich mich vorsichtig auf. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund war mir etwas schwindelig. Ob das an der Beule lag? Hoffentlich nicht, ich hatte keine Lust auf eine Gehirnerschütterung. Als er fertig war, legte Zaki die Verpackung zurück auf meinen Schreibtisch und betrachtete sie leicht grinsend. „Weißt du noch?“, begann er nach einer kleinen Pause. „Immer, wenn wir hier gewesen sind und uns wehgetan hatten, haben wir diese Pflaster bekommen. Ich hab sie immer gemocht, aber mein Bruder…er hat sie geradezu vergöttert. Manchmal habe ich ihn dabei erwischt, wie er sich absichtlich wehgetan hat, nur um eins von diesen Dingern zu bekommen…“ Er strich zärtlich über das Bild, das auf dem kleinen Karton prangte und ließ mich sein wunderschönes Lächeln sehen. Langsam nickte ich, war völlig in seinen Bann geraten und versuchte gleichzeitig, mich daran zu erinnern, wann das passiert war, wovon er geredet hatte. Ich fand leider nichts. Keiner der Zwillinge hatte sich mir je als auffälliger Liebhaber dieser Pflaster oder Masochist gezeigt. Na ja, vielleicht hat er es einfach gut vor allen verheimlicht und nur Zaki hat es mitbekommen, weil sie sich damals noch so nahe standen. Zuzutrauen wäre es dem Finsterling jedenfalls… Wir schwiegen eine Weile lang gemeinsam und starrten die Packung an. Dann erhob er seine Stimme wieder mit einem Räuspern. „Sag mal…würdest du dich eigentlich freuen, wenn du…sozusagen die alten Zeiten wieder aufleben lassen könntest?“ „Eh?“ „Ich meine…“ Er druckste ein wenig herum, war sich ganz offensichtlich nicht zu hundert Prozent sicher, was er sagen sollte. „Wie wäre es, wenn du die alten Zwillinge wieder zurückbekommen könntest? Würde dir das gefallen? Also, wenn wir unser altes Verhalten wieder annehmen würden?“ Ich verstand nicht genau, was er von mir wollte, also zuckte ich mit den Schultern. „Mir ist das eigentlich egal, weißt du? Dein Bruder ist immer noch der gleiche Mistkerl wie damals und du immer noch mein lieber Beschützer. Auch wenn die Sachen, die der Finsterling zurzeit macht, gemeiner sind als früher, ich…was ist?“ Aus Zakis Augen hatte erst pure Verwirrung gesprochen, aber jetzt breitete sich ein verschmitztes Grinsen auf seinen Gesichtszügen aus. „Finsterling? So nennst du also meinen Bruder? Ich hatte also doch recht, du hast ihm wirklich schon einen Spitznamen verpasst! Hab ich auch einen?“ Mir klappte immer wieder der Mund auf und zu und je länger er redete, desto röter wurde ich. Das mit den Spitznamen hatte doch keiner herausfinden sollen! Erst recht nicht die Beiden! Und dann war da auch noch dieser Blick, dem ich ausgesetzt war, während er mir immer näher kam. So unergründlich neugierig und…und…! Ich war versucht zurückzuweichen, die Flucht zu ergreifen, doch meine Füße schienen plötzlich am Boden festgetackert zu sein. Es knisterte zwischen uns, ich konnte es spüren und hören. Vielleicht sollte ich doch besser nicht mit Zetsây, sondern mit ihm…? Ich streckte vorsichtig meine Hand nach Zakis aus, wollte sie schon ergreifen, als plötzlich die Tür mit einem lauten Krachen gegen die Wand knallte und der Finsterling uns wütend anfunkelte. „Wenn ihr rummachen wollt, dann tut es gefälligst woanders und so, dass niemand es ertragen muss!“, fauchte er und stapfte unterdessen auf uns zu, zerrte mich von seinem Bruder weg und schob mich in Richtung Tür. „Ich will jetzt hier schlafen!“ „Lass ihn los.“, erwiderte der heiße Posten – oh Gott, er durfte wirklich nie erfahren, wie ich ihn insgeheim nannte! – ganz ruhig. Er tat nichts anderes, folgte uns nicht einmal. Vielleicht wusste er, dass Kashiwazaki mir jetzt nichts antun würde. „Warum sollte ich denn dein kleines Schätzchen freigeben, hm? Nur, damit ihr es hier nach Herzenslust treiben könnt? Am liebsten noch, wenn ich danebenliege, oder was? Ich hab dir schon mal gesagt, was ich davon halte, also komm bloß nicht auf die Idee, es zu tun!“ „Gib doch endlich mal auf; wenn wir es wollen, kannst du uns eh nicht aufhalten.“ Ich wurde unsanft hinter den Finsterling verfrachtet, als dieser einen Schritt nach vorne machte und seine Hände zu Fäusten ballte. „Wetten doch?“, knurrte er so animalisch, dass ich mich ernsthaft fragte, ob er sich gleich in eine zähnefletschende Bestie verwandeln würde. Vielleicht in ein Wölfchen… „Nein. Ganz bestimmt nicht.“, gab sein Zwilling immer noch die Ruhe selbst zurück. Doch sogar in seinen Augen funkelte es mittlerweile gefährlich. Aus Angst, sie könnten gleich anfangen, sich gegenseitig zu verprügeln – das sollte hin und wieder ja tatsächlich auch innerhalb von Zwillingspärchen passieren –, trat ich zwischen sie, sah erst Zaki, dann seinem Bruder fest in die Augen. „Jungs. Es ist doch jetzt vollkommen irrelevant, wer was, wo und mit wem macht, oder? Außerdem ist meine Einrichtung nicht allzu stabil. Also…lasst uns lieber schlafen gehen. Morgen ist schließlich auch noch ein Tag…“ Ich hoffte, dass sie meinen letzten Satz nicht als Aufforderung dazu sahen, sich morgen früh direkt nach dem Aufstehen eins auf die Mütze zu geben, und verschränkte die Arme, während mein Blick immer noch auf dem Finsterling ruhte. Dieser bestätigte mir mal wieder, dass er seinen Spitznamen völlig zu Recht trug, denn sein Gesichtsausdruck ließ mich das Gefühl haben, dass hinter seiner Stirn alle Dunkelheit der Welt gelagert war, als er mit den Zähnen knirschte und ganz offensichtlich versuchte, mich ganz allein mit seinen Blicken dazu zu bewegen, zur Seite zu gehen, damit er sich seinen Bruder vornehmen konnte. Doch diesen Gefallen tat ich ihm nicht, sodass er sich schließlich mit einem wütenden Schnauben von mir abwandte und aus dem Zimmer stürmte. Erleichtert drehte ich mich zu Zaki um, dessen Augenbraue wegen des Verhaltens seines Bruders ganz weit oben gelandet war. Als er bemerkte, dass ich ihn ansah, entspannten sich seine Gesichtszüge ein wenig und er lächelte. „Tut mir echt Leid, Rei.“, entschuldigte er sich leise, seufzte dabei und sein Lächeln verrutschte kaum merklich. „Mein Bruder hat sich in letzter Zeit ganz schön geändert. Bitte sieh’s ihm nicht nach; ich glaube, er hat das mit Papa noch nicht ganz verkraftet…“ Seine Augen hafteten um Verzeihung heischend an den Meinen und ich…ich… Anstatt ihn zu trösten und ihm zu sagen, wie Leid mir der Tod seines Vaters tat, bekam ich innerlich einen Kreischanfall. Ich hätte echt nie gedacht, dass ein beinahe ausgewachsener Kerl so süß Papa sagen konnte! Und das dann auch noch, ohne zu übertreiben… Mir entwich ein leises Ächzen, als ich versuchte mich zusammenzureißen. Und mal wieder war versuchen genau das richtige Wort. Damit er nicht bemerkte, wie sehr es mich freute, dass ich endlich mal einen kleinen Schwachpunkt, an dem ich ihn unterstützen konnte, bei ihm gefunden hatte, lief ich eilends zu ihm hin und schlang meine Arme um seinen warmen Oberkörper. „Mach dir nichts draus, ja? Wir…kriegen das schon irgendwie hin…“, nuschelte ich ein wenig verschämt und drückte ihn liebevoll an mich. „Mhmm…“ Er hielt mich weiterhin fest und schien auch nicht die Absicht zu haben, in absehbarer Zeit wieder loszulassen, aber das störte mich nicht. Warum auch? Wenn ich so endlich mal jemandem helfen konnte und ausnahmsweise nicht derjenige war, der sich an jemanden klammern musste… Die Zeit verging und irgendwann gelang es mir nicht mehr, mein aufsteigendes Gähnen zu unterdrücken. Sofort löste Zaki sich ein Stückchen von mir und musterte mich besorgt. „Sorry, ich hab ganz vergessen, wie müde du sein musst…“ „Ach, das ist doch kein Proble–hääm…“ Wieder musste ich gähnen, was in Verbindung mit meinen Worten recht komisch anzuhören war. Das Ergebnis war jedenfalls ein Grinsen seitens des heißen Postens. „Na los, Abmarsch ins Bett. Wie du gerade schon gesagt hast: morgen ist auch noch ein Tag.“, scheuchte er mich auf mein Bett zu, während ich zur gleichen Zeit unartikuliert vor mich hinmaulte. Erst als er mich auf die Matratze drückte und zudecken wollte, wurden meine Worte etwas klarer. „Mensch, Zaki, ich bin wirklich noch nicht so müde…“ „Sprach er und gähnte. Außerdem sieht man’s dir doch sogar hier schon an.“ Er gab mir einen sanften Nasenstüber und griff zum zweiten Mal nach der Decke. Und ein zweites Mal versuchte ich, ihn davon abzuhalten. „Jetzt warte doch mal! Lass mich ausreden~! Kann ich…kann ich denn dann nicht wenigstens bei dir im Bett schlafen? Ich meine…das ist dir doch sicher auch lieber, jetzt, nachdem du dich mit dem Fi…mit deinem Zwilling zerstritten hast. Oder?“ Das letzte Wort hängte ich mehr als nur zaghaft hintendran, schließlich hatten einige Zwillinge eine so starke Bindung untereinander, dass sie sich keine zwei Minuten nach ihrem Streit wieder prächtig verstanden. Ich war mir nicht ganz sicher, ob das bei ihnen genauso war. Sie wirkten ja öfters so, als wären sie grundsätzlicher verschiedener Meinungen. „Äh…wenn du das unbedingt möchtest…“, erwiderte Zaki immer noch ein wenig bedeppert und half mir aus meinen Federn hoch. Ich grinste zufrieden, als ich mich neben ihn auf das Doppelklappbett legte und an ihn kuschelte. Jetzt hatte ich sogar gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, denn ich hatte wen zum Kuscheln und wusste außerdem, dass sie unmöglich in der Nacht eine Prügelei anzetteln konnten, ohne dass ich es merkte. Meine Erleichterung war so vollkommen, dass ich mich schnell entspannte, meine blöden blauen Flecke vergaß und einschlief. Ich merkte nicht einmal mehr, wie sich der Finsterling ins Zimmer zurückstahl und sich ebenfalls schlafen legte. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Am nächsten Morgen wurde ich von dem erbarmungslosen Klingeln meines Weckers geweckt. Ich tastete nach meinem Nachtschränkchen und wollte ihn gerade mit einem saftigen Schlag ruhig stellen, als ich bemerkte, dass das, was ich da ertastet hatte, gar nicht mein Wecker war. Dafür war das unbekannte Objekt einfach zu warm… Endlich erinnerte ich mich, dass ich ja eigentlich nicht in meinem Bett lag, wie sollte ich also an den Wecker gekommen sein? Meinen Anflug der Unlogik verscheuchend stellte ich fest, dass es der heldenhafte Zwilling sein musste, dem ich soeben beinahe eine geklatscht hatte. „Sorry, Zaki, lass dich nicht stören, ich mach das Ding nur mal kurz aus.“, nuschelte ich also verpennt, rollte mich auf die andere Seite, von der das elende Gebimmel kam und… fiel nicht aus dem Bett, wie ich es geplant hatte, sondern lag ebenfalls auf etwas warmen. „Boah…welcher Saftsack war das…?“, erklang es prompt und ein bisschen gedämpft unter mir. Mir entwich ein erschrockenes Quietschen. Noch nie war ich so schnell so hellwach gewesen. Nichts wäre mir lieber gewesen, als auf der Stelle von seinem Körper zu flüchten, doch seine Hand in meinem Nacken hielt mich auf, sodass ich mit wachsendem Entsetzen nur mit ansehen konnte, wie er blinzelte und dann langsam die Augen öffnete. Einen Augenblick lang starrten wir uns an – in diesem Moment glaubte ich, wahnsinnig zu werden, weil mein Herz vor Nervosität und Angst den Versuch zu flüchten unternahm -, dann verzog Kashiwazaki angewidert das Gesicht. „Was machst du Schwuchtel denn auf mir? Wolltest du mich etwa im Schlaf überfallen? Da hatte ich ja echt Glück, dass ich aufgewacht bin, bevor du dein widerliches Vorhaben in die Tat umgesetzt hast… Du benutzt mich doch hoffentlich nicht als Wichsvorlage, oder?“ Während er so vor sich hinlaberte, wuchs in mir das Verlangen, ihm mal aufs gründlichste die Fresse zu polieren. Echt erstaunlich, wie redselig man(n) doch morgens sein konnte… Aber was der konnte, konnte ich schon lange. Der gestrige Abend hatte mir endlich ein wenig mehr Mut gegeben, um mich gegen diesen Mistkerl aufzulehnen. „Aber natürlich, Kashi–Schätzchen. Sogar drei Mal am Tag, morgens, mittags und abends. Und wenn ich zwischendurch noch mal Appetit bekomme auf mehr, mach ich’s auch dann.“, erwiderte ich zuckersüß. „Du bist ja so unwiderstehlich, dass ich an gar nichts anderes mehr denken kann! Gib’s mir…ah~!“ Das lüsterne Stöhnen am Ende machte die Mischung perfekt, denn er glotzte mich nur noch an. Meine kleine Vorstellung schien ihm doch tatsächlich die Sprache verschlagen zu haben! Mit einem zufriedenen Gefühl im Bauch und so aufreizend, wie es ging, stand ich auf, um den Wecker endlich auszuschalten. Er hätte in ein, zwei Minuten sowieso ganz von alleine damit aufgehört, unsere Gehörgänge zu malträtieren, doch diese Chance nutzte ich nur zu gerne, um wie diese Verkäuferin aus dem Chinaimbiss kackendreist mit meinem Hintern vor seiner Nase herumzuwackeln. Diesen herrlichen Anblick verdiente er sich zwar eigentlich nicht, aber da es ihn sowieso eher anwiderte als anmachte~! Breit grinsend wandte ich mich wieder dem angeekelt aus der Wäsche guckenden Kashiwazaki zu, der daraufhin seinen Kopf schüttelte und aufstand. „Ehrlich…diesen Mist tu ich mir nicht mehr an…!“, grummelte er noch, dann war er auch schon aus dem Zimmer geflüchtet. Mein Grinsen wurde noch breiter, als ich ihm dabei zusah. Ich hatte ihn so sehr aus der Fassung gebracht, dass er sich nicht mal mehr einen verächtlichen Kommentar hatte ausdenken können. Ich war wirklich stolz auf mich. Nachdem die Tür sich hinter dem Finsterling geschlossen hatte, kroch ich wieder zurück ins Bett und rückte diesmal ein bisschen näher an den guten Zwilling heran. Der hatte anscheinend nichts von unserem kleinen Schlagabtausch mitbekommen, denn er schlief immer noch – so viel zu meiner Angst, sie könnten früher als ich aufstehen und sich dann verprügeln – und lag genauso da wie vorher, soweit ich das beurteilen konnte. Hmm…schade eigentlich. Ich hätte echt gerne gewusst, was er dazu sagt, dass ich sozusagen seinen Bruder in die Schranken gewiesen habe. Na ja…ist ja jetzt auch egal~ Ich schmiegte mich vorsichtig an seinen warmen Körper, um ihn nicht aufzuwecken und schlang noch behutsamer meine Arme um ihn. Es tat meiner lädierten Seele so gut, endlich mal wieder jemanden zu haben, mit dem ich einfach so im Bett liegen und kuscheln konnte… „Das war echt nicht nett von dir. Der arme Junge wird jetzt für den Rest seines Lebens ein Trauma haben.“, kam es gerade, als ich die Augen schließen und wieder schlafen wollte, von meinem Kuscheltier. Erschrocken sah ich ihn an. „Oh…haben wir dich geweckt? Tut mir Leid, ich –“ „Ach, mach dir keinen Kopf. Dieses Wecker–Dings war ja nicht zu überhören. Hast du vielleicht schon mal daran gedacht, dir etwas zuzulegen, das irgendwie angenehmer klingelt?“ Er lachte leise; ein Laut, von dem ich gar nicht genug bekommen konnte, wie ich dabei erstaunt feststellte. „Und dann auch noch eine Hand, die mein Gesicht so sanft massiert…ja, doch, von so etwas wird man wach, keine Sorge~“ Seine letzten Worte machten die Stimmung, die er bis dahin aufgebaut hatte, unwiderruflich kaputt und trieben mir die Schamesröte ins Gesicht. „Ich…das…also…sorry…“ „Hab ich gesagt, dass es mir nicht gefallen hat?“ „Wem gefällt es denn schon, so unsanft geweckt zu werden?“ „Oh nein, das war nicht unsanft. Im Gegenteil. Ich sagte doch schon, dass du mir das Gesicht massiert hast.“ Skeptisch musterte ich Zaki. Hatte der Kerl sie noch alle? Der treudoofe Blick, den er mir schenkte, sprach jedenfalls nicht dafür. Es verwirrte mich, ihn so zu sehen. Normalerweise benahm er sich ja ganz anders, so vernünftig und unnahbar. Aber jetzt… Ob das vielleicht daran lag, was gestern Abend passiert war? Er hatte ja praktisch zugegeben, dass er mit mir schlafen wollte… Langsam errötend wagte ich einen Blick zu ihm hinauf. Nein…das hatte ich bestimmt nur falsch verstanden… Und was, wenn doch? Was würde ich tun?, schoss es unsicher durch meine Gedanken. Sofort gebot ich dieser Stimme zu schweigen. Das war einfach zu unwahrscheinlich, um darüber nachzudenken. Doch ein kleines Gefühlschaos tief in mir verborgen verriet mir, was ich tun würde… „Was meinst du? Was macht er gerade?“, begann Zaki unvermittelt und verwirrte mich damit wohl zum zehntausendsten Mal. „Wie? Wer?“ „Na, mein Bruder. Er ist sicher nicht davon begeistert, dass du so plötzlich nicht mehr klein beigibst.“ Sogar er klang ein wenig schadenfroh, was mich auf der Stelle breit grinsen ließ. „Ach, ich glaub, dafür war es mal an der Zeit.“, antwortete ich und gönnte mir zur Belohnung ein Anschmiegen mit der Wange an seinen Arm. Und da er nichts dagegen tat, verharrte ich auch gleich in dieser Stellung. „Und du? Findest du das auch so schlimm?“ „Was? Ich?“ Er lachte ehrlich belustigt auf. „Mir hat das sogar richtig gut gefallen. Du hättest sein Gesicht sehen müssen, als du mit deinem Hintern gewackelt hast. Himmlisch! Ich dachte schon, dem fallen gleich die Augen aus dem Kopf. Nein, wirklich, so hat das ausgesehen. Und dein Gesichtsausdruck mutiert gerade zu seinem. Ehrlich!“ Der heiße Posten machte eine kleine Pause, damit wir uns beide auslachen konnten. „Nee, aber jetzt mal ganz im Ernst~“, fuhr er irgendwann fort, während er mir die Lachtränen aus den Augenwinkeln wischte. „Ich denke, diese Erfahrung hat ihm mal ganz gut getan. Vielleicht hätte es mehr gebracht, wenn du ihn nach Strich und Faden zusammengefaltet hättest, aber das war schon mal ein Anfang.“ „Findest du?“, fragte ich verlegen und überlegte, was ich tun konnte, damit wir uns jetzt schon ein wenig näher kamen. Vielleicht ein schüchternes Küsschen auf die Wange…? Nein, das war zu auffällig. Wenn er nichts von mir wollte, konnte das womöglich sehr unangenehm enden. „Ja klar! Es kann sein, dass du es schaffst, dass er dich in Ruhe lässt, weil er sieht, dass das bei dir nichts mehr bringt.“ Seine Worte waren wohl aufmunternd gemeint, doch sie ließen ein merkwürdiges Gefühl in mir aufsteigen. Ich versuchte mir vorzustellen, wie es wohl wäre, denn der Finsterling mich nicht mehr belästigte, doch es funktionierte nicht wirklich. Die Vorstellung, diesen Kerl nett lächelnd vor mir stehen zu haben, war einfach zu absurd, ja geradezu unmöglich. Da fiel eher eine grün–schwarz gestreifte Giraffe in mein Klo! Der einzige der beiden, der so schön lächeln konnte, war Zaki und daran änderte nicht mal die Tatsache, dass die Zwillinge wirklich gleich aussahen, etwas, da sie so völlig unterschiedliche Menschen waren. Außerdem konnte Kashiwazaki einfach nicht lächeln. Das war schon längst bewiesen worden. Das sah ja grauenhaft aus, wenn er so vor sich hingrinste! Plötzlich hörte ich neben mir tiefe, gleichmäßige Atemzüge. Erstaunt sah ich meinen Nebenmann an. War der etwa wieder eingeschlafen? Als er auf ein kleines Stupsen meinerseits nicht reagierte, schloss ich daraus, dass dem tatsächlich so war, kuschelte mich erneut an ihn und schloss die Augen, um ebenfalls noch ein kleines Nickerchen zu machen. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Als ich meine Augen zum zweiten Mal öffnete, war es gerade mal zwanzig nach zehn. Ein leises Seufzen entwich meiner Kehle. Noch so früh? Vielleicht sollte ich doch noch eine Runde pennen…, überlegte ich mir und wollte schon zur Tat schreiten, als mir auffiel, dass ich irgendwie unbequem lag. Nicht wirklich unbequem in dem Sinne, aber…Die Härte von Knochen und Muskeln im Rücken war auf jeden Fall gewöhnungsbedürftig. Vor allem, wenn diese ganz besonders fest auf den blauen Fleck, der dort irgendwo im Verborgenen herumturnte, drückte. „Aua…“, murmelte ich ganz leise, während ich mehrere Versuche unternahm, mich in eine angenehmere Stellung zu verfrachten. Als ich endlich den perfekten Platz – an seiner Brust – gefunden hatte und die Augen schließen wollte, rutschte ich wieder unfreiwillig an eine andere Stelle – etwas tiefer – und spürte, wie mir ein paar Strähnen aus der Stirn gestrichen wurden. „Na, auch schon wach, Kleiner?“ Och nöö…ich hatte doch noch ein Weilchen so unbemerkt kuscheln wollen… „Mhmm…“ Anstatt mich lautstark über die verflossene Chance zu beschweren, reagierte ich ein wenig sehr verpennt auf seine Frage und machte mir nicht einmal die Mühe zu blinzeln. „Willst du noch weiterschlafen?“ „Mhmm~!“ Diesmal ließ ich meine Antwort ein wenig nachdrücklicher klingen; das würde ihn bestimmt davon abhalten, mich jetzt schon aus dem Bett zu schleifen. Und es würde ihn garantiert auch noch dazu bringen, noch etwas mehr mit mir zu kuscheln. Leider war dieses garantiert anscheinend doch nicht so garantierend, denn er begann, sich vorsichtig von mir zu lösen und rappelte sich anschließend auf. „Ah~, dann lass ich dich mal besser allein. Nachher stör ich dich noch. Ich bin nun mal nicht der Typ, der lange ruhig liegen bleiben kann. Das ist eher was für meinen Bruder. Träum noch was Süßes~!“ Und schon war er weg. Ließ mich einfach so völlig verwirrt zurück. Ich starrte die Tür immer noch an; auch nachdem schon mehr als fünf Minuten vergangen waren, konnte ich meinen Blick nicht von ihr lösen. Was zum…? War das mit dem „nicht lange ruhig liegen bleiben können“ jetzt ein sehr gut verstecktes Angebot gewesen oder bildete ich mir das mal wieder nur ein? Und was wollte er mit der Anspielung auf seinen Bruder erreichen? Musste ich befürchten, dass er ihn und mich sozusagen miteinander versöhnen und ihn mir deswegen schmackhaft machen wollte? Musste ich jetzt Angst haben?! Stumm vor mich hingrübelnd kaute ich an meinen Fingernägeln – eine Angewohnheit, von der ich eigentlich gedacht hatte, dass ich sie abgelegt hatte, nachdem Takashi mir einmal die Fingerspitzen so sehr verwöhnt hatte, dass ich dachte, dass sie mir vor Lust gleich wegschmelzen würden. Aber augenscheinlich war dem nicht so. Wie es sich auch bei vielen anderen Sachen, die ich für etwas vollkommen anderes gehalten hatte, herausgestellt hatte. Es dauerte nicht allzu lange, bis es mir zu doof war, einfach nur so herumzuliegen. Meine Wärmequelle war weg, das Klappbett allein war zu unbequem und wenn alle schon im Haus herumsprangen, war es irgendwie blöd, wenn ich als Einziger noch liegen blieb. Außerdem konnte ich jetzt eh nicht mehr einschlafen, dafür war ich mittlerweile zu wach. Also kroch ich unter der Decke hervor, streckte mich ausgiebig und verließ laut gähnend mein Zimmer. Sofort schlug mir ein angenehmer Duft entgegen, den ich jedoch nicht auf Anhieb zuordnen konnte. Ob Paps ein neues Rezept gefunden hatte? Neugierig eilte ich die Treppen hinunter, machte davor nur noch kurz einen Abstecher ins Bad, um zu kontrollieren, ob der Schlaf irgendwelche negativ zu beurteilende Spuren an mir hinterlassen hatte – hier hatte ich endlich mal Glück –, und riss dann die Tür zur Küche auf. Fast augenblicklich wurde der Geruch nach Essen intensiver. Und ich sah etwas, das mich wieder zurückstolpern ließ. Zwei schwarze Haarschöpfe waren auf der selben Höhe über unseren Herd gebeugt, während mein Vater nicht einmal ansatzweise in dem Raum zu sehen war. Hoffentlich hatte er sich bloß für den Moment in der Abstellkammer versteckt und die Zwillinge nicht… „Was zum–?!“, entfuhr es mir, meine Hand hatte ich fest um die Klinke geschlossen. Sie drehten sich zu mir um, der eine lächelnd, der andere finster dreinschauend, sodass ich sie sehr leicht unterscheiden konnte. „Ach, bist du doch schon aufgestanden?“, fragte Zaki, legte etwas zur Seite, das ich nicht erkennen konnte, und kam auf mich zu. „Ja~“, erwiderte ich und versuchte gleichzeitig, einen Blick auf ihr Werk zu werfen, allerdings versperrte mir auf der einen Seite Zaki selbst und auf der anderen Seite sein Zwillingsbruder die Aussicht. „Was macht ihr da…?“ „Das geht dich nichts an.“ und „Frühstück für dich!“ waren ihre liebreizenden Antworten, die gleichzeitig aus ihren Mündern geschossen kamen. Es dauerte einen Augenblick, bis ich beide Aussagen tatsächlich verstanden hatte – das lag natürlich nicht daran, dass ich einfach zu blöd war, sondern vielmehr daran, dass es recht schwierig war, zwei verschiedene Sätze von ein und derselben Stimme zu trennen –, doch das verminderte mein Erstaunen nicht im Geringsten, es verstärkte dieses sogar wohl eher. Diese Beiden wollten für mich Frühstück machen? Für mich und nicht für uns alle drei? Und der Finsterling machte mit? Hatte ich eigentlich irgendetwas nicht mitbekommen? Hatten wir heute Gegenteiltag? Völlig konfus starrte ich die Brüder an. Nein…das konnten sie nicht wirklich ernst meinen… Doch der Ausdruck in ihren Augen sagte mir, dass dem wohl doch so war. Bei Kashiwazaki zeichnete sich sogar schon der erste Schimmer von Wut ab. Wahrscheinlich reagierte ich nicht so, wie er es sich gewünscht hatte. Aber was war denn die Reaktion, die er haben wollte? Halt! Stopp! Sitz! Platz! Aus! Ecke! Schäm dich, Rei! Seit wann interessiert es dich, was dieser Mistkerl will? Viel interessanter wäre es doch, genau zu wissen, was er auf gar keinen Fall will! Und was das ist, weiß ich ja zumindest so ungefähr… „Ehrlich? Für mich? Das ist aber echt lieb von euch~!“, säuselte ich lächelnd und drückte Zaki einen Kuss auf die Wange. Dann war sein Bruder an der Reihe. Als ich auf ihn zuging und sah, wie er ein Schrittchen zurück machte, wurde mein Grinsen breiter, in meinem Inneren sogar diabolisch. Ich wusste, dass er mir unmöglich entkommen konnte, da hinter ihm der Herd stand und ich direkt vor ihm. Selbst zur Seite konnte er nicht ausweichen, weil er dafür an mir vorbeimusste. Und so ein Küsschen war leicht auf eine Wange zu drücken… „Bleib bloß weg von mir, du kleine Schwuchtel~!“, knurrte der Finsterling, als ich schon fast seinen Körper berührte. „Aber warum denn, Großer? Ich will mich doch nur bedanken.“ „Das kannst du dir sparen. Du hast dich schon bei meinem Bruder bedankt, also ging das direkt auf mich über. Sieh mal, da hab ich schon Ausschlag.“, zischte er und deutete auf die völlig makellose Haut seiner Wange, was ich als Anlass sah, noch einen draufzusetzen. „Och, bitte~! Ich will nicht, dass es zu unpersönlich wird und du…du hast es mir immer noch nicht richtig gemacht~!“ Ich siegte auf ganzer Linie. Hinter mir hörte ich ein unterdrücktes Prusten und genoss indessen das starre Entsetzen, das Kashiwazakis Gesicht verzog. Es war zu köstlich, einfach nur himmlisch und ich liebte mein Leben dafür, dass es mir Zaki als Unterstützung gegeben hatte. Ansonsten hätte ich die Sekunden, die bis jetzt vergangen waren, ganz bestimmt nicht überlebt. Und noch weniger die nach dem Kuss, den ich jetzt auch noch auf seiner Wange platzierte. Es störte mich nicht einmal wirklich, dass er sich daraufhin die betroffene Stelle hastig mit der Hand abwischte und sich diese dann noch schneller demonstrativ abwusch. Noch weniger schmerzte mich da also das angeekelte Gesicht – das er sich vielleicht mal antackern sollte, so oft trug er es schon – und sein Kommentar, als er fluchtartig die Küche verließ. „Bah, du bist so abscheulich~!“ Nachdem ich meinen triumphierenden Blick endlich von der Tür, hinter der er verschwunden war, gelöst hatte, fiel er auf Zaki, der breit zurückgrinste. „Wenn ihm schon nichts anderes einfällt, heißt das, dass du ihn wirklich voll aus der Bahn geworfen hast.“, verkündete er, nahm mich kurz in den Arm und strich mir über die Haare. „Ich weiß, er ist mein Bruder, aber du machst du machst das wirklich gut. Es freut mich, dass er dich nicht mehr so fertigmachen kann wie am Anfang.“ „Ach, das hab ich doch alles nur dir zu verdanken. Wenn–“ „Papperlapapp! Natürlich liegt das nicht an mir. Wer hat ihn denn gerade so runtergeputzt? Du oder ich?“ Oh Mann, das mit dem Runterputzen hörte sich so negativ an. Manchmal sollte eben sogar Zaki etwas an seiner Wortwahl feilen. „Äh, danke…“ Ich wusste nicht so recht, was ich dazu sagen sollte, also beließ ich es bei dieser sehr sparsam ausgefallenen Antwort und wollte wieder einen kleinen Annäherungsversuch starten, indem ich mich an seine Brust schmiegte, als mir ein unangenehmer Geruch in die Nase stach. Das war ja eklig, roch es etwa nach Angebranntem? Die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz. Oh Gott– „– das Essen!“, rief Zaki im gleichen Augenblick aus, was ich dachte. Und schon war es aus mit der Kuschelaktion. Wir fuhren auseinander, jeder suchte hektisch nach irgendetwas. Im Endeffekt zog ich die Pfanne mit bloßen Händen vom Herd und er kippte parallel dazu ein Glas Wasser über das Ganze. Was hatte er wohl eher kühlen wollen: das Essen oder meine Hände? Ein wenig bedröppelt starrten wir kurz auf das, was mal mein Frühstück hatte werden sollen. Soeben wurde der letzte Rest des guten Geruchs von einem Windstoß des schlechten verdrängt. Deprimierend. Mein Magen knurrte leise und traurig. „Weißt du, wo Paps ist?“, fragte ich schnell, um dieses Geräusch von meiner Stimme zu übertönen. „Er meinte, er müsse heute doch zur Arbeit. Wir sollten was zum Frühstück für dich machen, damit du ihm nicht verhungerst.“ Als könnte ich nicht selber kochen! Ich lernte doch dauernd von meinem Vater, warum wollte er also nicht, dass ich mir etwas selber machte? Gut, es ging fast genauso oft schief, aber trotzdem. Das war Diskriminierung! Zur Not hätte ich mir ja immer noch ein Brot selber schmieren können. So etwas lernte man heutzutage doch schon im Kindergarten. Ich musste plötzlich grinsen. Oder wie die Engländer so schön sagten: Kindergarden! So eine große Herausforderung war das also nicht. Jedoch gab es noch etwas anderes, das mir ein bisschen zusetzte. Ich hatte mich so sehr gefreut, dass die Zwillinge mal von sich aus so etwas Süßes taten, und jetzt? Nach dem, was der Finsterling mir einmal gesagt hatte, würden sie es eh nicht wagen, sich in irgendeiner Weise gegen meinen Vater zu stellen. Also konnte es sein, dass sie es nicht einmal freiwillig gemacht hatten. Trotzdem wurde mein Grinsen wieder ein wenig breiter. Die Vorstellung, dass irgendjemand wirklich Angst vor Paps haben sollte, war nur zu absurd. Auf einmal verschwand die Pfanne mit dem angebrannten Zeug darin aus meinem Blickfeld. Verwirrt sah ich mit an, wie eine neue Pfanne, in die drei, vier Eier, etwas Schinken, Salz und Pfeffer, ein komisches Gewürz, dessen Namen ich vergessen hatte, und noch zig andere Dinge wanderten, an dessen Stelle gesetzt wurde. „Äh…Zaki?“, gab ich ziemlich unsicher von mir, während ich die bunte Mixtur äußerst skeptisch musterte. Ei mit Sahne…? „Ja?“ „Was tust du da?“ „Ich hab das eine Frühstück total verbockt, also mache ich dir jetzt ein neues. Ist doch logisch.“, erklärte er fröhlich. „Aha…“ Mich überzeugte seine Fröhlichkeit nicht wirklich. Immer noch misstrauisch beäugte ich das nun brutzelnde Gemisch. Auf einige dieser Kombinationen musste man erst mal kommen… Ob das wirklich schmeckte? Na, ich weiß nicht… Er briet die Zutaten in der Pfanne stillschweigend weiter, sah sie hochkonzentriert an, als denke er darüber nach, ob er nicht irgendetwas vergessen hatte. Und ich machte mit. Nur dass ich nicht darüber nachdachte, was für das Essen noch wichtig war, sondern darüber, was zum Henker ich jetzt sagen sollte. Ich mochte es gar nicht, andere anzuschweigen, aber ohne Thema draufloszulabern war auch nicht unbedingt mein Ding… Aaaah~! „Tut das eigentlich noch sehr weh?“ Was? Verdutzt sah ich Zaki an. Was sollte mir wehtun? Als ich die Frage laut stellte, zuckte er mit den Schultern, löste seinen Blick allerdings immer noch nicht von dem Essen. „Na…die ganzen blauen Flecke…und so…“ Bitte?! „Woher–?“ „Ja, ich weiß, das war vielleicht nicht ganz richtig, aber du hast plötzlich im Schlaf so einen schmerzerfüllten Laut von dir gegeben. Und später ist das noch mal passiert. Und noch mal. Und zwar immer, wenn du auf einer bestimmten Stelle lagst. Da…musste ich einfach mal nachsehen. Tut mir echt Leid, wenn dir das unangenehm ist, ich tu’s auch nie wieder.“, brach es so hastig aus ihm heraus, dass ich Mühe hatte, ihm zu folgen. Moment mal…verstehe ich ihn richtig? Ich und schmerzerfüllte Laute? Im Schlaf? Aber ich zähle doch nicht zu den Schlafwandlern. Ach, als ob das irgendwas mit Schlafwandeln zu tun hätte! Der Körper reagiert nun mal auf Schmerzen, das ist doch ganz normal… „Ach, du…das ist doch kein Problem. Dafür musst du dich doch nicht entschuldigen…“, wisperte ich und nestelte verlegen an meinen Haaren herum. Er hatte meinen Körper halb nackt gesehen. Er hatte meinen Körper halb nackt gesehen! Ob ihm das wohl gefallen– Halt! Stopp! Aus! Sitz! Platz! Ecke! Schäm dich, Rei! Woran denkst du denn schon wieder?, schrie ich mich in Gedanken selbst an und schüttelte wild mit dem Kopf. Es gefiel mir nur, dass Zaki sich um mich sorgte und meinen Schmerzen deswegen unbedingt auf den Grund hatte gehen wollen. Und nicht, dass er die Möglichkeit gehabt hatte, meinen Körper zu begaffen. Was er zu hundert Prozent nicht einmal gemacht hatte, dafür war er doch viel zu anständig! Es war zum Aus–der–Haut–fahren! „Gegen was für ein Fahrrad bist du eigentlich gerannt?“ „Häh? Fahrrad?“ „Na, das Fahrrad von gestern. Das wegen dem du die ganzen blauen Flecke hast. Wie sah das aus? Und saß noch jemand oben drauf?“ „Ääh…“ Der Groschen fiel mal wieder nur pfennigweise, bis mir schließlich doch noch auffiel, dass ich genau das gestern als Ausrede benutzt hatte. Nur ich konnte so dämlich sein und eine Entschuldigung gleich zwei Mal hintereinander vergessen. „Also, weißt du, Zaki…“ Ich dehnte meine Worte etwas, damit ich mehr Zeit zum Nachdenken hatte. „Eigentlich...erinnere ich mich gar nicht mehr so genau an das, was passiert ist. Es ging ja alles so schnell. Aber ich weiß noch, dass es groß war. Groß und schwer, ja. Es ist nicht gefahren, es hatte sich sogar eine Katze im Korb bequem gemacht. Und dann…tja…also, ich war ziemlich blöd und hab nicht nach vorne geschaut. Und dann war das Ding auf einmal im Weg und ich einen Augenblick später darunter begraben. Sah bestimmt ulkig aus, wie ich da lag… Bescheuert, oder?“ Seine Augenbraue war in die Höhe gewandert, während ich gesprochen hatte. „Sicher, dass das ein Fahrrad und kein Mofa war?“, fragte er sofort, nachdem ich geendet hatte und musterte mich mit sichtlicher Besorgnis in den Augen. „Groß und schwer hört sich nämlich viel eher danach an. Und die blauen Flecke sehen auch mehr nach so einem Ding aus als nach einem stinknormalen Fahrrad.“ Aah…! Warum hatte ich nicht früher daran gedacht?! „Na ja, also…ich glaube, da hing eine schwere Tasche dran. Du kennst diese komischen Doppeltaschen doch, oder?“ „Ja, klar…“, erwiderte er langsam. Ich lächelte ihn schüchtern an, während sein prüfender Blick an meinem Gesicht haftete. „Ja, klar…“ Unvermittelt erklang ein Vibrieren und er grinste mich halb entschuldigend, halb verschmitzt an, bevor er ein Handy aus seiner Hosentasche hervorzog und einen Anruf annahm. „Ja?“ Ich hörte, wie eine aufgeregte Stimme auf ihn einredete, was sie allerdings sagte, verstand ich nicht. Ich sah nur, dass sein Gesicht ein wenig versteinerte, folglich war es keine gute Nachricht. „Ja…nein…klar…ja, natürlich. Bin sofort da.“, sagte er an den Sprecher am anderen Ende der Leitung gerichtet und legte auch schon auf. Auf meinen fragenden Blick hin zuckte er mit den Schultern und sein Grinsen wurde eindeutig entschuldigend. „Anscheinend hat ein Kollege von mir Ärger mit dem Exfreund seiner jetzigen Perle und braucht einen Streitschlichter. Ich bin so schnell wie möglich zurück, ja? Und dann unternehmen wir zusammen etwas.“ Überrascht, aber ziemlich erfreut ließ ich diesmal zu, dass seine Hand meine Haare durcheinander brachte, bevor er aus der Küche verschwand und ich nur wenige Augenblicke später auch schon die Haustür ins Schloss fallen hörte. Da ging er also hin, mein edler Prinz. Obwohl, edler Ritter passte ein wenig besser. Dann war ich also die Prinzessin…äh, nein, der holde Prinz! Nun ebenfalls grinsend schüttelte ich den Kopf und wandte mich dem Essen zu, das bisher noch unberührt in der Pfanne vor sich hingebrutzelt hatte. Mal schauen, ob das was geworden ist., dachte ich mir, schnappte mir einer Gabel und spießte damit mein erstes Opfer auf. Nachdem ich es einer eingehenden Musterung unterzogen hatte, probierte ich ein bisschen. Augenblicklich weiteten sich meine Augen, mein Mund klappte mir halb auf und ich starrte das restliche Zeug an. Das sollte ich essen? War der wahnsinnig? Dieses…das konnte man doch nicht essen! Egal, wer diese Sünde begehen wollte, er konnte bestimmt nicht würdig genug sein! Das war schlichtweg und einfach der Himmel im Mund! Mir entwich ein genüssliches Stöhnen, als ich meinem Mund einen weiteren Happen gönnte. „Lecker~“ Ich verbrachte die nächsten Minuten immer mit der gleichen Abfolge: einen Happen nehmen, genießerisch aufstöhnen und dann nach dem nächsten Bissen haschen, obwohl ich selbst diese Tat als wahrhaftige Schande ansah. Ich versuchte sogar noch, das Ganze in die Länge zu ziehen, indem ich so lange wie möglich auf einem Stückchen herumkaute, aber irgendwann war die Pfanne doch leer und mir blieb nichts anderes übrig, als auf das leere Ding hinunterzustarren. Doch ich blieb nicht lange so, sondern wusch sie im Schnelldurchlauf ab, steckte sie in den Schrank und ging aus der Küche, um mir in meinem Zimmer frische Anziehsachen zu holen – was etwas länger dauerte, da ich mich im Hinblick auf den folgenden Tag einfach nicht entscheiden konnte – und dann ins Bad zu huschen. Dort zog ich mich schnell aus und wollte unter die Dusche springen, als mein Augenmerk durch Zufall auf den Spiegel fiel – und eben da erstarrte. Okay. Schwimmbadbesuche sind mindestens für die nächsten zehn Jahre eindeutig gestrichen! Der blaue Fleck an meinem Bauch sah übel aus. Wirklich übel. Wenn ich gedacht hatte, dass es nicht schlimmer kommen konnte als bei dem Flatschen von Kashiwazaki letztens, so hatte ich hier den unmissverständlichen Gegenbeweis. Das war nicht mal mehr übel, vielmehr außerordentlich übel! Ich hatte das Gefühl, dass man mir fast auf die Eingeweide schauen konnte, so schlimm war es! Ich erschauerte und wandte mich von diesem schrecklichen Anblick ab, nur um mich gleich darauf wieder so zu dem Spiegel zu drehen, damit ich den Schaden, der sich auf meinem Rücken befand, auch betrachten konnte. Allein schon das Anschauen tat weh. Blau…grün…violett…rot gepunktet…oh, da war sogar schon ein bisschen gelb. Der Finsterling hatte echt Glück mit seiner Wange gehabt. Das waren wahrscheinlich nur so zehn Quadratzentimeter gewesen von seiner Gesamtoberfläche von wahrscheinlich zwei Quadratmetern. Aber bei mir sah es so aus, als wäre mindestens die Hälfte meiner mickrigen anderthalb Quadratmeter demoliert. Wie gut, dass von blauen Flecken keine Narben zurückbleiben konnten, sonst hätte ich mich nie wieder vor anderen ausziehen können. Und ich hätte zu hundert Prozent einen Mord begangen. Sogar Dane hatte mal Glück, auch wenn ich es ihm das absolut gegönnt hätte. Seufzend wollte ich mich von diesem potenziellen Augenkrebsauslöser abwenden, den Kopf einfach nach vorne drehen, als sich plötzlich zwei kräftige Arme um meinen Körper schlangen und warmer Atem an meinem Hals mir den Weg zurück versperrte. Ich schloss die Augen. Zaki war aber schnell zurückgekommen… „Na…betrachtest du deine kleinen Mankos?“, raunte er mir ins Ohr, während er mich zur gleichen Zeit langsam in Richtung Dusche schob. Oha, meinte er etwa so etwas mit „gemeinsam etwas unternehmen“? Also ich hatte da ja nichts gegen… „Na ja…es sieht auf jeden Fall nicht gut aus…was meinst du, wie lange wird es etwa dauern, wenn bis das alles hier verheilt ist?“ Ich spürte, wie er mit den Schultern zuckte, dann strich wieder sein Atem über meine Haut. „Normalerweise braucht so was nur zwei Wochen, aber bei so einer Größe…vielleicht vier, fünf Wochen? Ich bin kein Arzt, der das beurteilen könnte. Mein armer, armer Kleiner~“ Nein. Ich atmete tief durch und beschloss, dass es sicherer war, meine Augen doch wieder zu öffnen. Dieser Unterton… „…wo du deinen Körper doch so sehr brauchst, um meinen Bruder endlich verführen zu können~“ „Oh Gott!“, entfuhr es mir und ich versuchte prompt, mich loszureißen. Nein, nein, nein, wie hatte ich das nur vergessen können?! Aaah! Dieses Arschloch! „Nanu? Was versuchst du denn da? Gerade bist du doch noch so anschmiegsam gewesen.“ Ich gab keine Antwort, der Kerl wusste eh, woran meine Abwehr lag. „Ach, es passt dir nicht, dass ich nicht mein Bruder bin, natürlich. Sag mal, bist du wirklich so niveaulos und lässt dich von jedem ficken, der gut aussieht, oder machst du nur einen auf Schlampe?“ Mein erschrockenes Japsen und mein absolut wütender Blick brachten Kashiwazaki bloß zum Lachen. Verdammt, dieser Typ nahm mich gar nicht ernst! „Nein. Ich lasse mich nur auf Leute ein, die ich sehr, sehr, sehr gerne mag!“ Sein Gesichtsausdruck verriet mir, dass das so ziemlich das Falscheste, was ich hätte sagen können, gewesen war. Scheiße. Sein Gesicht wurde erst unglaublich finster, dann meinte er ganz sachlich: „Du magst meinen Bruder also mehr als mich?“ „JA! Was für eine intelligente Folgerung!“, gab ich patzig zurück, hätte mich aber im darauffolgenden Augenblick am liebsten geohrfeigt, denn in seinen Augen begann es, angriffslustig zu funkeln. „Und warum?“ „Na…“ Ich nahm einfach das erstbeste, das mir einfiel. „Er ist viel netter zu mir als du. Und er hilft mir, wenn ich ihn brauche…“ Das Lachen, das schon aus seiner Kehle erklang, bevor ich meine Entgegnung überhaupt beendet hatte, jagte mir einen eiskalten Schauer den Rücken hinunter, so gefühllos und gleichzeitig schadenfroh klang es. Überhaupt zitterte ich am ganzen Körper, weil mir so kalt war. Wo blieb meine warme Dusche?! „Wo war er denn dann gestern~?“ Seine Stimme klang wie die süßeste Versuchung und doch trieb sie mir erbarmungslos die reine Panik in die Glieder. „Bei deinem Unfall mit dem Fahrrad…“ „Was? Das hätte er doch gar nicht wissen können! Schließlich war das…Zufall…und…“ „Ach, komm schon, mir kannst du doch die Wahrheit sagen. Ich weiß es eh längst. Schließlich war ich ja dabei.“ „Und warum hast du mir dann nicht hochgeholfen?“, startete ich meinen letzten, dafür umso verzweifelteren Versuch, mich da noch irgendwie rauszureiten und an meiner Ausrede festzuhalten. „Ich mein, so eine volle Fahrradtasche ist nicht gerade das Leichteste. Ein bisschen Hilfe hätte ich schon gebrauchen können.“ „Ja, ja. Tut mir unglaublich Leid, aber zu diesem Zeitpunkt standst du leider nicht unter meinem Schutz. Warum hätte ich dich also vor einer simplen Fahrradtasche, alias Dane Baker, retten sollen, hm?“ Dieses miese Arschloch! Er hat das doch mitbekommen, aber wa– Ich stockte, mein fassungsloser Blick füllte sich mit Wut, als ich nach oben zu dem Finsterling sah. Er wusste sofort, was ich sagen wollte. „Jupp. Ich habe zugeschaut. War schon recht lustig, dir dabei zuzusehen, wie du versucht hast, vor ihm wegzulaufen. Warum streckst du eigentlich bei ihm den Hintern weiter raus als bei mir? Ach ja, er hat dich ja mal vor einiger Zeit glauben lassen, er stünde ebenfalls auf Kerle. Und? War er denn gut?“ Meine Gesichtsfarbe wechselte hin und her, von rot nach weiß, wieder zu rot zurück, dann zwischendurch zu einem Hauch von grün und dann wieder zurück zu rot. Mir war kotzübel und außer meinem Blut stiegen mir noch andere Dinge in den Kopf. Und zwar ziemlich detaillierte Bilder, wie dieses Scheusal im Kochtopf der Hölle schmorte, während ich am Rand stand und große Felsbrocken ganz zufällig auf ihn drauf fallen ließ. Oh ja, das war gut… „Das…geht dich ja wohl gar nichts an!“, fauchte ich, als ich mich wieder halbwegs gefangen hatte, und verschränkte meine Arme vor der Brust, damit mein Erzfeind nicht bemerken konnte, wie sehr meine Hände zitterten. „Findest du?“, hauchte er mir zu und schnitt mir mit einem fast beiläufigen Schritt zur Seite den Fluchtweg ab. „Da bin ich aber anderer Meinung. Aber wenn du nicht willst, dann…komm her~“ „Wozu?“ „Du lässt dich eh von allem nehmen, was drei Beine hat, also kannst du dich auch mit mir vorlieb nehmen.“ „Vergiss es!“ „Stell dir doch einfach vor, ich wäre mein hochwohlgeborenes Brüderchen. Wenn du willst, gebe ich mir sogar die Mühe, mich so wie er zu benehmen. Och bitte, Rei. Es tut mir wirklich unheimlich Leid. Bitte verzeih…Darf ich dich vielleicht berühren, umarmen? Mach dir nichts aus diesem Vollhonk von einem Bruder; der ist es doch nicht wert, dass du dich so über ihn aufregst. Und–“ „Du Arschloch!“, schrie ich, geschockt über die Sicherheit, mit der er Zaki nachgeahmt hatte. Das Aussehen, die Mimik, die Stimmlage, alles hatte gepasst. Nur der hasserfüllte Ausdruck in seinen Augen und das höhnische Grinsen, das sich nun dazugesellte, passten nicht zu seinem heldenhaften Bruder. „Aber was ist denn, Süßer? Gefällt es dir nicht, dass ich es wage, meinen von dir hochverehrten Bruder zu imitieren? Na, und sag jetzt bloß nicht, meine Vorstellung wäre nicht absolut originalgetreu gewesen.“ „Hör auf!“ Mittlerweile brüllte ich mir fast die Seele aus dem Leib. Kashiwazaki war zu seinem eigenen Ich zurückgekehrt und kam mit einem sehr merkwürdigen Mienenspiel immer näher auf mich zu, wie ich erschrocken feststellte. „Rei–chan, willst du mich nicht zum Abschied umarmen?“, kam es da auf einmal von dem gutaussehenden Monster vor mir und mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Das…genau das hatte Zack bei jedem Abschied zu mir gesagt! Sogar die Betonung stimmte! Dieser Kerl ist total durchgeknallt! Völlig wahnsinnig! Hilfe! Kann nicht mal irgendjemand das Atomwaffenschutzprogramm, das FBI oder zumindest die örtliche Polizei informieren, damit sie kommen und ihn den Männern in den weißen Kitteln überreichen können? Der braucht unbedingt eine von diesen Hab–mich–lieb–Jacken! „Rei–chan, du bist so süß~“, wisperte der Finsterling wieder mit seiner Kleiner–Junge– Stimme von vorhin und streckte eine Hand nach mir aus, um mich zu berühren. Ängstlich wich ich zurück und schlug nach seiner Hand. „Fass mich nicht an, du–“ Weiter kam ich nicht, denn auf einmal wurde mir der Boden unter den Füßen weggerissen. Mir blieb nicht mal mehr die Zeit, ein erschrockenes Krächzen von mir zu geben, als ich auch schon mit voller Wucht auf die Kante unserer Dusche knallte. Augenblicklich fing mein Kopf an, zu dröhnen, zu pochen, wütend zu hämmern. „Uhn~“ Zur gleichen Zeit hörte ich dieselbe Stimme „Oh Gott, Rei!“ und „Verdammte Scheiße!“ rufen, mehr bekam ich nicht mehr mit, denn mein Bewusstsein sprengte sich mit gefühlter Lichtgeschwindigkeit von meinem Körper ab und wollte so schnell auch nicht mehr wiederkommen. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz H wie Hölle – Ende Weiter geht’s in: I wie Intoleranz Kapitel 9: I wie Intoleranz [korrigiert~♥] ------------------------------------------ I wie Intoleranz Leise vor mich hinsummend hüpfte ich die Treppen zu Kashis Zimmer hinauf. Seine Mutter hatte mich gerade hereingelassen und dann nach einem leichten Augenverdrehen lächelnd mit dem Kopf nach oben gedeutet. Das Geschenk in meinen Händen klapperte leise und ich ließ voller Vorfreude meine Schritte schneller werden. Ich hatte wochenlang danach gesucht, um es ja rechtzeitig zu seinem Geburtstag zu haben. Und ich wusste, dass er sich riesig darüber freuen würde, schließlich war ich es gewesen, der ihn getröstet hatte, als es schon fünf Minuten nach Verkaufsstart ausverkauft gewesen war. Also hatte ich gute Karten. Strahlend kam ich vor seiner Tür an, richtete kurz meine Haare und riss nach einem kurzen – sehr kurzen – Klopfen auch schon eben jene auf. „Überraschung!“, brüllte ich und stürzte mich auf einen sprachlosen Takashi. Bevor er auch nur „Piep“ sagen konnte, hatte ich auch schon die Arme um seinen Hals geschlungen und ihn in einen leidenschaftlichen Kuss gezogen. Seine Arme legten sich kurz darauf ebenfalls um meine Hüften, aber etwas zögerlicher, was vermutlich an der Verwirrung, der ich ihn ausgesetzt hatte, lag. Bestimmt trudelten gerade tausende von Fragen in seinem Kopf herum, doch ich hatte keineswegs vor, im Moment auch nur eine von ihnen zu beantworten. So war es nur zu verständlich, dass seine Erwiderung des Kusses ein wenig kärglich ausfiel und ich löste mich dementsprechend schnell. Es war nur zu offensichtlich, dass ich keine schöneren Reaktionen aus ihm hervorkitzeln konnte, solange er verwirrt war. Schade. Trotzdem strahlte ich ihn an. „Alles Gute zum Geburtstag, Kashi~!“ Die Herzchen, die mit meiner Stimme flogen, konnte man beinahe sehen, so aufgeregt war ich. „Äh… Danke, Süßer…“, murmelte mein Freund und sah ziemlich perplex auf das Päckchen, das ich ihm soeben in die Hand gedrückt hatte, hinunter. „Sei mir jetzt bitte nicht böse, aber…was zum Henker tust du hier?“ Bei dieser Frage grinste ich ihn an wie das berühmte Honigkuchenpferd; ich hatte sie schon sehnsüchtig erwartet. „Na ja…sagen wir’s mal so: ich habe mich ordentlich rangehalten, damit ich meine „Mission“ rechtzeitig zum Geburtstag von meinem Schatz beenden konnte. Und tadaa~! Hier bin ich!“ „Wow…das hätte ich echt nicht gedacht~“, war seine recht merkwürdige Antwort. Flugs runzelte ich die Stirn. Konnte es sein, dass ich mich täuschte, oder freute mein Freund sich wirklich nicht darüber, mich zu sehen? Beklemmung machte sich in meinem Herzen breit, drohte mein Herz zu sprengen und – Da war es ja endlich! Das spitzbübische, ein bisschen irre wirkende Grinsen, das meinen Freund so süß machte. „Ich bin wohl echt blöd gewesen, zu glauben, dass ausgerechnet du meinen Geburtstag verpassen würdest. Du setzt doch immer Himmel und Hölle in Bewegung, um zu mir zu kommen. Da hab ich mich anscheinend umsonst auf einen einsamen Geburtstag eingestellt." „Das hast du wirklich gedacht? Och, Kashi~“ Mein Griff wurde fester, sodass er sich zu mir nach unten beugen musste. „Das tat dir bestimmt nicht gut.“ Langsam ging ich rückwärts, zog meinen Freund mit mir weiter ins Zimmer hinein und lächelte ihn an. Erst liebevoll, dann verführerisch. Mein zweites Geschenk sollte er auch noch zu Gesicht bekommen, ich wollte diese Peinlichkeit letzte Woche ja nicht umsonst auf mich genommen haben… „Hast du vielleicht irgendetwas Bestimmtes vor, mein Kleiner?“, schnurrte er mir ins Ohr, während er mir folgte und mich etwas enger an sich drückte. „Nein…sollte ich etwa~?“ „Nun ja…deine Augen sagen mir, dass du etwas mit mir geplant hast.“ „Aah…und was sagt mein Blick? Was habe ich vor?“ Wir waren derweil an seinem Bett angekommen und ich ließ mich langsam darauf sinken, natürlich nicht ohne ihn mit mir mitzuziehen. Ein breites Grinsen war der erste Teil seiner Antwort. „Sagen wir’s mal so…ich habe eine zarte Vermutung~“ „Im positiven oder im negativen Sinne?“, flüsterte ich gegen seine Lippen, strich kurz mit meinen über sie und funkelte ihn eindeutig zweideutig an. „Deutlich erkennbar positiv!“, raunte er mir zu und dann küsste er mich, und wie! Japsend krallte ich mich in seinen Nacken und erwiderte seinen Kuss mindestens genauso heißblütig und leidenschaftlich. Es dauerte nicht lange, bis auch er völlig außer Atem war, mir ungeduldig an den Klamotten zerrte und mich dann blitzschnell von meinem Shirt – auch das hatte ich extra für heute gekauft, was für eine Verschwendung! – befreite. Gierig strich er mit den Fingerspitzen über meine sensible Haut, ließ mich die Hitze spüren, die sich langsam in ihm regte. Als er dann auch noch seine Lippen von meinen löste, um meine Ohren damit zu liebkosen, entfuhr mir ein süßes Seufzen. Sie wanderten weiter nach unten, ließen mich wieder und wieder erschauern. „Das ist so niedlich von dir~“, raunte er dabei knapp unterhalb meiner Brustwarzen. „Hnn? Was denn?“, keuchte ich, nachdem ich mich an seine Haare geklammert und etwas mehr gereckt hatte. „Dein ganzes Verhalten.“ Ein sanftes Lachen ertönte. „Aber vor allem, dass du so gerne bei mir bist.“ „Pft! Wer sagt denn, dass ich gerne bei dir bin?“, neckte ich ihn und drückte erwartungsvoll seinen Kopf nach unten. „Dein Körper vielleicht?“ „Nein. Der bezieht sich nur auf das, was dein Körper macht. Alles andere…hat ihn nicht zu interessieren.“ „Oh, na dann~“ Kashi stützte sich auf mir ab, seine Liebkosungen wurden wilder, gieriger. Innerhalb von wenigen Augenblicken entlockte er mir ein lautes Stöhnen, so gut war es. Besonders das, was seine Hände dort ziemlich weit unten so trieben. „Uhn…K–Kashi~! Mach ruhig…mee…ah!“ Hoffentlich hört mich seine Ma jetzt nicht!, schoss es mir noch durch den Kopf, bevor alle meine Gedanken von einem weiteren lusterfüllten Laut meinerseits weggewischt wurden. Vollständig von seinen Berührungen gefangen genommen presste ich meine bebenden Hüften seinen forschenden Fingern entgegen und drückte ihn erneut tiefer. Endlich spürte ich, wie er sich meiner erbarmte und meine Hose übertrieben vorsichtig nach unten streifte. Und plötzlich hielt er inne. Sein heißer Atem verharrte fliegend direkt über meinem Schritt, sonst tat er nichts. Sofort wurde ich ein wenig unruhig und schielte nach unten. Gefiel es ihm etwa nicht? „Schick~“ Er unterbrach das Jammern, das ich gerade anfangen wollte. „Hast du das extra für mich geholt?“ „Na…natürlich für dich! Für wen denn…hah…sonst?“ „Vielleicht für deine Meerschweinchen?“ „Die sind gestorben, bevor ich dich überhaupt kennen gelernt habe!“ Jetzt wurde ich ein bisschen bockig, was auch Takashi auffiel. Er strich besänftigend über die Innenseiten meiner Oberschenkel, küsste meine Haut dort. „Na, na…das heißt ja, dass ich mir heute ganz besonders viel Mühe geben muss~!“ „Ich bitte darum! So eine Pa–! Aah~!“ Gott sei Dank kam er nun meiner nicht ganz so stummen Aufforderung nach, seine Lippen schlossen sich eng um mich, ich bekam seine Zähne zu spüren und schmolz. Anders konnte man meine Reaktion auf sein Treiben wirklich nicht nennen. Mir wurde heiß, heißer als heiß und seine Zunge…verschlang mich begierig. Immer wieder, fast unaufhörlich entlockte Kashi mir meine Freudesbekundungen zwischen den bebenden Lippen hervor. Seine Liebkosungen waren so schön, dass es gar nicht lange dauerte, bis er mich das erste Mal zum Höhepunkt brachte – und ich ihn damit zu einem kindlichen Grinsen. „Eins~“, war sein hocherfreuter Kommentar, der ihn allerdings nicht davon abhielt, mich weiter zu bestürmen. Schon hatte er seine Finger in mir versenkt und malträtierte mit ihnen mein aufs höchste sensibilisierte Innere. Gott, mir war so heiß…mir schwindelte…waren das da etwa Sternchen? Mit einem zügellosen Schrei, der mich in tiefste Verlegenheit gestürzt hätte, wenn ich nicht so erregt gewesen wäre, kam ich ein weiteres Mal. „Zwei~!“ Das hüpfende Herzchen, das hinter seinem Wort hing, konnte ich förmlich greifen. Sein Gesicht allerdings nicht mehr, denn er hatte mich auf den Bauch gedreht und mein süßes Popöchen, wie er meinen Fettarsch des Öfteren nannte, zu sich nach oben gezogen. Mir war klar, was jetzt kommen musste – ja, ich! Haha… -, trotzdem konnte ich mir einen überraschten Laut nicht verkneifen. „Uhn~!“ Sein Kissen, in dem ich mein Gesicht versteckt hatte, erstickte ihn zwar, aber das schien eine Art Aufruf für ihn zu sein, seine Hand durch meine Beine hindurch nach vorne zu schieben und meine leicht zuckende Spitze zwischen seine Finger zu nehmen. Zur gleichen Zeit missbrauchten meine eigenen Hände sein Kissen als Zerfetzungsopfer. Wie ich diese Stellung hasste~! Ich war ihm praktisch ausgeliefert, obwohl ich mir eigentlich geschworen hatte, ihn heute nach Strich und Faden zu verwöhnen, konnte nicht sehen, was er mir antat, es aber dafür umso deutlicher spüren. Aber vielleicht war es gerade das, was mich so wahnsinnig geil machte. Solch verheißungsvollen Zärtlichkeiten ausgesetzt zu sein und selbst doch nichts anderes tun zu können als sich die Seele aus dem Leib zu schreien… …was ich gerade in aller Ausführlichkeit tat. „Aah~…Kashi – ja! Oh…! Mehr…verda…mmt! B–bitte~!“ Mit meiner vor Lust fast weinerlichen Stimme verlangte ich – und bekam auf der Stelle einen weiteren, tiefen Vorstoß seiner Zunge zu spüren. „Hya~!“ „Drei…“ Sein beglücktes Lachen über meine überdeutlichen Ausdrücke meiner Lust hätte mich eigentlich in das tiefe Loch der Scham stürzen sollen, aber das tat es nicht. Schon lange nicht mehr. Am einfachsten war das so zu erklären: Normalerweise war Takashi ein wahrhaftiger Engel in Persona, ein verdammt gutaussehender und sexy Engel, aber ein Engel. Dessen ungeachtet wusste ich, seitdem ich fest mit ihm zusammen war, dass er im Bett ein wahrer Teufel war. Und zwar ein verflucht geschickter. Es musste immer so laufen, wie er es haben wollte; er gab mir kaum die Gelegenheit dazu, selbst die Oberhand zu haben, nur zu bestimmten Anlässen. Und er liebte es, seinen Willen durch Triezen zu bekommen. Oh ja, triezen. Bei unserem ersten Mal hatte er so lange gesucht und dabei nichts anderes getan, als mich zu streicheln und zu küssen, bis er meine empfindlichste Stelle, mit der er mich nach Lust und Laune in den Wahnsinn treiben konnte, gefunden hatte. Und dann hatte er es getan. Mich wahnsinnig gemacht. Ich wusste gar nicht mehr, wie lange es danach gedauert hatte, bis ich wieder in der Lage gewesen war, einen einigermaßen klaren Gedanken, in dem ich nicht wieder von einer Welle der Leidenschaft überrollt wurde, zu fassen. Aber es hatte sehr, sehr lange gedauert. Was musste dieser Kerl auch alles so herauszögern?! Andere Kerle machten ihre Partner kurz heiß und fielen dann gnadenlos über sie her, doch mit seiner Geduld… „Kashi~“, hauchte ich warnend, als ich bemerkte, dass er wieder drauf und dran war, es zu tun, erntete blöderweise nur ein weiteres Lachen. Wie er es liebte, mir den Verstand zu rauben…und dass er dabei auch noch so verdammt gut war... Mit aufs Äußerste gereizten Nerven drückte ich meinen Hintern noch mehr in seine Richtung, um ihn endlich dazu zu bewegen weiterzumachen. Hinter mir blieb es allerdings bewegungslos. Ein bisschen besorgt drehte ich mich zu ihm, doch er entzog sich meinem Blickfeld. „Äh…Kashi…?“ Immer noch keine Antwort. Langsam schnürte mir Panik die Brust zu. Was hatte er? War ihm nicht gut? Machte er deshalb nicht weiter? Ach, wenn es ihm schlecht ginge, bräuchte er sich nicht vor mir zu verstecken, dann würde er schon was sagen…und wenn doch~? Ich wollte schon noch mal nachfragen, mich sogar richtig herumdrehen, damit er sich nicht länger vor meiner Besorgnis verstecken konnte, als ich es spürte. Sofort stellten sich alle meine Nackenhaare auf und ein heißer Schauer strich um meine empfangsbereiten Zellen herum. Wie elektrisiert begann mein Glied zu pochen. Ich war ungeduldig, oh ja. Deshalb klang der Schrei, den ich von mir gab, als er mir so sanft über die feuchte Ritze pustete, wohl auch so sinnlich und sehnsüchtig, mit einem Hauch von Überraschung. So was hatte er noch nie gemacht… Wahnsinn, was für Ideen einem ein neue Lebensjahr bringen konnte! Ich stöhnte heiser auf, erbebte und presste sein armes Kissen fester an mich. Sein Pusten wurde noch sachter, war kaum noch zu spüren; meine zitternde Spitze wurde unter den übervorsichtigen Streicheleinheiten seiner Fingerspitzen ganz feucht und ich… Ich wand mich vor zurückgehaltenem Entzücken vor ihm auf den Laken; genauso wie er es haben wollte, dieser Sadist. Und dann war er auf einmal in mir drin. So schnell, dass ich es kaum registrieren konnte, war er in mich eingedrungen und stieß meinen Lustschrei geradezu aus mir heraus. Oh Mann, wenn er so weitermachte, würde er noch seine Nummer vier…nein, die bekam er ganz sicher. Aber vielleicht noch Nummer fünf…oder gar Nummer sechs… Mit seinem Talent… Takashi fackelte nicht lange, da mein Körper bereits seit Monaten an ihn gewöhnt war, sondern setzte sofort mit seinen aufreizenden Stößen, die mich zum Schreien brachten, obwohl meine Stimme von vorhin noch ganz rau und heiser war, ein. Aber meine Halsschmerzen gingen mir in diesem Augenblick sprichwörtlich am Arsch vorbei, zu groß war das Verlangen, das er mir bescherte. Und die Welle der Erregung, auf die er mich getrieben hatte, wurde immer und immer größer, je tiefer und schneller er mich nahm. Da konnte ich nicht einfach still daliegen und ihm nicht zeigen, wie sehr es mir gefiel, auch wenn mein zuckend schmelzendes Glied der allerbeste Beweis dafür war. Ein zartes Kneifen in meine Körpermitte ließ mich fast die Besinnung verlieren, so sehr schwindelte es mir. „Mmh…! Mehr~!“, forderte ich gierig und ich bekam es. So wurde mein ohnehin schon haltloses Bewusstsein von einem Nebel der Ekstase ertränkt, der mich nichts anderes mehr wahrnehmen ließ als diese unglaublichen Bewegungen, die mich unbarmherzig auf den Höhepunkt zutrieben. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz „Rei~…Re–hei~“ Zärtlich wurden mir ein paar Strähnen aus dem Gesicht gestrichen. „Aufwachen…meine Eltern möchten mit uns essen…“ „Mmh…“, erwiderte ich verpennt und vergrub mich in der warmen Hand, die mich so liebevoll geweckt hatte. Ein leises Lachen umschmeichelte meine Gehörgänge. „Och, Süßer, willst du dein Lieblingsessen etwa nicht? Meine Mutter hat sich nur wegen dir so viel Mühe gegeben.“ „Ach, sei leise.“, maulte ich zur Antwort. „Erst vögelst du mich halb ohnmächtig und dann verlangst du von mir, dass ich mich danach noch bewege? Pah~!“ Meine Hände wanderten nach oben in Kashis Nacken und zogen ihn fordernd zu mir nach unten. „Findest du nicht auch, dass du mich erst mal ein bisschen entschädigen solltest?“ „Entschädigen? Wofür denn? Dafür, dass ich dich vor Lust zum Schreien gebracht hab? Moment mal, du hast mich doch sogar noch angefleht, mal me–„ Weiter kam er nicht, weil ich ihm mit vor Wut – selbstverständlich nicht vor Scham! –rauchendem Gesicht das Kissen, das unter mir gelegen hatte, in den Mund gestopft hatte. „Du bist so ein mieser Vollidiot! Dich lasse ich nie wieder ran!“, fauchte ich ihn an und war schwuppdiwupp aus dem Bett gesprungen, schnappte mir meine Sachen und stürmte mit einem giftigen „Bin im Bad!“ hinaus – verfolgt von seinem Gelächter. In seinem – mittlerweile unserem – Badezimmer angekommen musste auch ich grinsen, während ich mich an die Wand lehnte und versuchte, mein wild schlagendes Herz ein bisschen zu beruhigen. Doch das Glück, von dem es erfüllt war, machte mir diese Aufgabe gar nicht so einfach. Denn immer, wenn ich glaubte, es endlich beruhigt zu haben, erlitt es einen neuen Anfall von unaufhaltsamer Hüpfwut. Aber wenn ich ehrlich war, wollte ich auch gar nicht, dass es aufhörte, so verrückt zu spielen, wenn ich in der Nähe meines Freundes war. Es tat doch so gut… Leise vor mir hinsummend brachte ich mich wieder in einen vorzeigbaren Zustand – eben jenen zerstörte Kashi ja so gerne, indem er über mich herfiel. Und er war sehr talentiert darin, besonders, wenn er– Nein, nein! Wenn ich jetzt anfing, davon zu träumen, was er dauernd mit mir anstellte, würde ich niemals wieder vernünftig aussehen! Also verscheuchte ich diese Gedanken so gut es ging aus meinem Kopf, spritzte mir mein Gesicht ein letztes Mal mit kaltem Wasser ab und hüpfte anschließend – wie mein Herz – aus dem Raum. Ich wurde schon erwartet…und zwar von einem Dackelblick! „Süßer, wir hätten doch zusammen duschen können… Ich hab mich so darauf gefreut~!“ Ich schnippte ihm grinsend gegen die Stirn und ließ mich in seine starken – mjam~! – Arme fallen. „Ich dachte, deine Eltern wollen mit uns essen. Das bekommen wir doch nie hin, wenn wir gemeinsam unter der Dusche stehen. Die würden uns dann frühestens in zwei Stunden zu Gesicht bekommen!“, sagte ich verschmitzt und stahl meinem Freund ein Küsschen. „Außerdem…wer sagt, dass ich tatsächlich geduscht habe und damit nicht bis nachher warten wollte?“ „Ehrlich?“ Das kindlich erstaunte Blitzen in seinen Augen brachte mich zum Lachen. „Ja, ganz ehrlich!“ Mein Versprechen verhalf nun auch meinem Freund zu einem breiten Grinsen. „Okay! Dann sollten wir jetzt wirklich nach unten gehen, sonst bekommt meine Mutter einen Anfall, weil wir ihr Essen haben kalt werden lassen.“ „Oh Gott, dieses Risiko dürfen wir keinesfalls eingehen! Nicht auszudenken, was dann passieren würde!“ „Vielleicht brechen danach hier ein paar Vulkane aus.“ „Oder die Sintflut kommt.“ „Oder ein Stern kracht auf die Erde.“ „Das wäre doch gar nicht so schlimm!“, protestierte ich sofort. „Deswegen gäbe es doch nur ein kleines Beben oder eine Welle, im schlimmsten Fall beides, aber mehr passiert garantiert nicht, nur weil so ein kleines Steinchen, das eh in der Atmosphäre verglüht, runterkommt!“ „Aber die Dinosaurier hat solch ein Steinchen, wie du so schön sagtest, auch ausgerottet.“ „Ja, allerdings eher indirekt durch einen starken Klimawandel.“ „Siehst du? Ein kleines Steinchen hat das bewirkt!“ „Menno~“, maulte ich, bei unserem kleinen Wortgefecht geschlagen. „Warum sagst du dann nicht lieber, dass die Welt untergeht?“ „Weil die danach wahrscheinlich bestehen bleibt. Halt nur ohne uns Menschen…“ Ich verdrehte die Augen, musste dank seiner leicht verqueren Logik dann aber trotzdem grinsen. „Du bist echt bescheuert!“ „Oh, welch eine Ehre, trotzdem von Euch gemocht zu werden!“, frotzelte er prompt und handelte sich damit eine ordentliche Kopfnuss von mir ein. „Du ahnst ja gar nicht, wie groß diese Ehre wirklich ist, du Wicht!“, knurrte ich ihm mit einem großspurigen Nicken entgegen. Sofort fiel Kashi vor mir auf die Knie. „Oh Rei~! Größter aller Großgötter! Bitte vergebt mir mein anmaßendes Verhalten, aber…ich muss Euch einfach die Füße küssen!“ Gesagt, getan. Es dauerte nur wenige Sekundenbruchteile, bis meine Füße mit sachten Küssen bedeckt wurden. Siegessicher stellte ich meinen rechten Fuß auf seiner Schulter ab. „Oh ja! Knie nieder vor deinem Herrn, Unwürdiger!“, war mein hoheitsvoller Kommentar dazu. Aber in meinem Hochmut hatte ich indessen vergessen, dass mein nacktes Bein geradezu appetitanregend und auf einem Silbertablett serviert wirken musste, weshalb ich auch auf der Stelle für meine Dummheit bestraft wurde. „Kashi…aus! Wir sollten doch essen…“ „Ach, ich hätte echt nichts dagegen, eine Mahlzeit nur für mich zu haben, Süßer~“ Seine Lippen stockten nicht ein einziges Mal, während er sprach, sonder wanderten höher…und höher…und höher… „Uhn~“, entfuhr es mir ganz leise, als seine Zunge in meine Kniekehle glitt, um mich dort ein wenig zu verwöhnen, beziehungsweise in den Wahnsinn zu treiben. Oh Mann, allein schon die Geräusche, die dabei entstanden, waren– „Rei~! Takashi~! Beeilt euch, sonst wird das Essen kalt, ihr Lieben!“ Toll. Seine Mutter mal wieder. Ich mochte Minako–san wirklich gerne, aber…wie sie es immer wieder schaffte, uns in ganz bestimmten Situationen zu unterbrechen, war ein Rätsel für sich. Okay, man sagt Frauen ja nach, dass sie eine unglaubliche Intuition haben, aber bei solchen Angelegenheiten sollte frau sich mal ihr blödes Bauchgefühl an den Hut stecken können. „Ja, Mama! Wir kommen!“ Blitzschnell war Kashi wieder auf den Beinen und schnappte sich meine Hand. „Also, mein kleiner Spatz. Auf ins Fressvergnügen!“ Und schon wurde ich von ihm die Treppen hinuntergezerrt. Romantischer wäre es natürlich gewesen, wenn er mich auf die Arme genommen und dann nach unten getragen hätte, aber meinem Freund mal ein Fünkchen Romantik abzuringen war meist nahezu unmöglich und mit einem Haufen Knochenarbeit verbunden. Ausgerechnet jetzt musste auch noch dieses Höschen zwicken! Ich zupfte es ein wenig zurecht, hatte dabei allerdings nicht allzu viel Spielraum, da es peinlicherweise eher so aussah, als würde ich mir den Hintern kratzen. Also eins weiß ich ganz sicher:, brummelte ich stumm in mich hinein. Ich werde nie, nie wieder eins von diesen Dingern anziehen! Das ist viel zu…bah! Aber es hat ihm doch so gut gefallen~, meldete sich da wie zu erwarten ein Stimmchen aus dem Off. Sei doch nicht so fies und gönn ihm dieses Bisschen an Freude. Ja, ja, ist ja gut. Aber nur zu Ostern, Weihnachten und seinem Geburtstag. Und allen anderen Feiertagen! Bist du völlig verrückt geworden?! Nein, aber Kashi würde sich außergewöhnlich darüber freuen und so wie vorhin abgehen., versprach das Stimmchen mit verlockendem Tonfall, doch ich blieb hart. Quatsch! Irgendwann ist es auch nichts Besonderes mehr! Und dann wird er sich auch nicht mehr besonders viel Mühe geben. Also halt endlich die Klappe! Mennöö…aber du musst doch zugeben, dass– Ich unterbrach das nervige Geschwätz mit einem lautlosen Stöhnen. Langsam hatte ich echt keine Lust mehr dazu, mich mit mir selbst zu streiten. Außerdem waren wir schon längst unten in der Küche angekommen; Kashi saß sogar schon bei seinen Eltern am Tisch und sah mich gemeinsam mit ihnen ziemlich…na ja, der beste Ausdruck hierfür war wohl konsterniert…an. „Willst du dich denn gar nicht setzen, Rei–Schatz?“, fragte seine Mutter gerade und färbte dadurch meine Wangen knallrot. Wie lange hatte ich da wohl gestanden…?! „Doch, doch. Natürlich. Ich war nur ein bisschen…in Gedanken.“, erwiderte ich ein wenig stammelnd und unsicher. „Das hat man gesehen!“ Kashis Vater lachte dröhnend, während mein Freund einfach nur still dasaß, als ich mich setzte, und mich mit einem nicht einzuordnenden Blick bedachte. Aber davon wurde ich schnell abgelenkt, da direkt vor meiner Nase ein Riesenteller mit Leckereien auftauchte und mich schnell auf andere Gedanken brachte. „Ooh…das sieht aber lecker aus!“, murmelte ich leise vor mich hin. „Da könnt ich mich ja glatt reinlegen und~“ Allgemeines Gelächter folgte meinem Monolog und ließ mir wieder die Schamesröte ins Gesicht schießen. Scheiße, ich hatte gedacht, dass ich so leise gewesen war, dass keiner ihn mitbekam! Aber nein, selbstverständlich musste ausgerechnet jetzt jeder in meiner Umgebung seine Lauscher auf extrasuperfein eingestellt haben, um jeden meiner geistigen Ergüsse aufschnappen zu können. Haha, das war ja mal wieder typisch. Nun ja, wenigstens wurde ich durch das wirklich himmlischen Essen entschädigt und mein Drang, immer weiter zu fressen, beruhigte sich auch nur nach und nach in der nächsten halben Stunde. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz „Also dann…“ Kashi lächelte mir ein letztes Mal zu. „Schlaf gut.“ „Das werde ich – dank dir…“ Mit einem vielsagenden Grinsen gab ich meinem Freund ein Gutenachtküsschen auf den Mund, winkte ihm zu und drehte mich um, um ihn und die letzten drei äußerst schweigsamen Stunden hinter mir zu lassen. Er hatte kaum etwas gesagt seit dem Abendessen, wohl weil er noch ein wenig zu müde gewesen war, und ich hatte ihn nicht dazu gedrängt, mit mir zu reden, schließlich war ich ja der Grund, warum er so müde war. Im Endeffekt hatten wir nicht mal zusammen geduscht, da ich Kashis Mutter nach dem Essen mit dem Abwasch geholfen hatte und er selbst schon mit dem Waschen fertig gewesen war, als ich nach oben kam. Und nachdem auch ich mich endlich auf einen Sauberkeitsstatus von fast hundert Prozent gebracht hatte, hatten wir nur noch dagelegen und gekuschelt. Für uns eine recht merkwürdige Situation, weil wir sonst immer in Bewegung waren, aber mir hatte sie trotzdem gefallen und so war sie auch etwas von mir ausgenutzt worden. Leise – diesmal wirklich leise! – vor mich hinsummend lief ich die Einfahrt zu unserem Häuschen hinauf, schloss die Tür auf und hopste – nun singend – hinein. Prompt tauchte mein grinsender Vater vor mir auf. „Na, ich glaube, ich muss gar nicht mehr fragen, ob es schön war, oder?“ „Nee…es war wunderschön!“, prahlte ich mit glänzenden Augen. „Er war heute sehr…einfallsreich~!“ „Aha…“ Mein Pa hob weiterhin grinsend eine Augenbraue. „Ich glaube, die schmutzigen Details kannst du für dich behalten.“ „Nein! Ich muss dir doch ganz genau erzählen, wie er es mir mit der Erdbeersoße gemacht hat!“, protestierte ich scherzhaft und kassierte so einen Klaps auf den Hinterkopf. „Ich les das dann ja später in deinem Tagebuch. Magst du eigentlich noch etwas essen?“ „Nee, Paps, ich hab mich dumm und dämlich gefressen. Ich geh schon mal schlafen; Kashi hat mich so sehr ausgelaugt, weißt du…“ „Du kleiner Frechdachs! Warum erzählst du das einem alten, sexuell frustrierten Knacker? Pass ja auf, dass du mich nicht so sehr provozierst, dass ich über dich herfalle!“ „Ooh…da hab ich aber Angst~!“ „Das solltest du auch!“, gab mein Vater trocken zurück und stürzte sich, nachdem er mich einen Augenblick lang stumm gemustert hatte, mit einem Kampfschrei auf mich. Ich quietschte erfreut auf, warf mit einem übertriebenen „Hilfe!“ die Arme in die Höhe und ließ mich auf seine Verfolgungsjagd ein. Wir stürmten brüllend, kreischend und lachend durch das gesamte Haus, Treppen hoch, Treppen wieder runter, durch Türen, über Möbel, und so weiter und so fort, bis ich schließlich mit einem Hechtsprung im Bad landete und hastig die Tür zuwarf, abschloss. Pa lief mit einem Ächzen dagegen, während ich auf der anderen Seite keuchend am Holz hinunterrutschte. „Hey, Kleiner! Komm da raus!“ „Nein! Es reicht mir! Ich habe genug von dir! Ich mache Schluss!“, entgegnete ich derart theatralisch, dass ich nur mit Mühe ein lautes Lachen unterdrücken konnte. Ich musste mich sogar so sehr anstrengen, dass es mir Tränen in die Augen trieb. „Was? Ich soll nur wegen der dummen Gesellschaft, deren Intoleranz gegenüber unserer Liebe keine Grenzen kennt, auf dich verzichten?! Was verlangst du von mir?“ „Mein Romeo, ich muss!“ „Nein, Juliet! Tu’s nicht!“ „Doch!“ „Nein!“ „Doch!“ „Nein!“ „Doch!“ Der kindische Streit gab mir endgültig den Rest. Wir brachen beide in schallendes Gelächter aus und ich ging dabei endgültig zu Boden. Gott, wie konnte man(n) bloß so durchgeknallt sein? Nachdem wir uns beide endlich beruhigt hatten, klopfte Paps sanft gegen die Tür. Ich konnte sein Grinsen förmlich vor meinen Augen sehen. „Okay, meine Juliet. Dann ruhe gut, möge der Erhabene dir süße Träume schenken.“ „Euch auch, verehrter Romeo.“ Ich hörte ein letztes Glucksen von ihm, dann entfernten sich seine Schritte vom Bad und er begann kurz darauf, in der Küche zu rumoren. „Oh Mann, wenn uns einer hier so sehen würde…“, seufzte ich immer noch schmunzelnd und ging zum Waschbecken hinüber, um mir die Zähne zu putzen. Das hatte ich zwar schon bei Takashi getan, hatte jetzt aber irgendwie das Verlangen danach. Komische Welt. Während ich mir die Zähne so putzte, musterte ich mich neugierig im Spiegel. Ich sah so unheimlich glücklich aus, dass es im wahrsten Sinne des Wortes unheimlich war. Meine schwarzen Haare und meine braunen Augen glänzten geradezu um die Wette, nicht zu vergessen meine Zähne, obwohl die im Moment von einer Schicht Zahnpastaschaum bedeckt waren. „Tehee~“ Ich spuckte besagten Schaum munter aus, begutachtete kurz meine Zähnchen und steckte mir die Zahnbürste kurzerhand wieder in den Mund, um mein Werk zu vervollständigen. Ich war schon fast fertig, als auf einmal mein Handy klingelte. Überrascht und ohne den blassesten Schimmer, wer jetzt noch etwas von mir wollen könnte, kramte ich es hervor und drückte hastig auf den grünen Hörer, um den Anruf anzunehmen. „Ja?“ Schweigen erwartete mich. „Hm?“ Ich wartete noch einen Augenblick und sah dann auf das Display meines Handys, um zu sehen, von wem der Anruf kam. Noch in derselben Sekunde hätte ich meinen Kopf am liebsten gegen die nächste Wand gehämmert. Der vermeintliche Anruf, war nämlich gar kein Anruf, sondern eine SMS. Haha. Was musste ich denn auch für beides den gleichen Klingelton nehmen? Gut, er gefiel mir außergewöhnlich gut – Kashi hatte ihn ja schließlich selbst komponiert –, aber trotzdem sollte niemand, der Anrufe annahm, ohne nachzuschauen, ob sie wirklich das waren, was sie vorgaben zu sein, so selten dämlich wie ich sein. Na ja, mein Trostkeks war, dass die SMS von Kashi stammte. Wahrscheinlich denkt er, dass sein Abschied von vorhin nicht ausführlich genug gewesen ist, und will das jetzt nachholen., dachte ich und freute mich schon riesig auf die süßen Dinge, die mir gleich um die Ohren fliegen würden, als ich in aller Ruhe die Kurznachricht aufrief und sie las. Meine Augen wurden tellergroß. „Was?“, entschlüpfte es mir, ich las den Text noch ein weiteres Mal, sofort danach noch ein drittes und viertes Mal, so unglaublich war das, was ich dort sah. Rei, Ich hab genug von dir. Halt dich ab jetzt von mir fern. Ich mache Schluss. Takashi Wie vom Donner gerührt stand ich da und starrte auf das Display. Ich verstand rein gar nichts. Genauso gut hätte dort jetzt stehen können: Schatz, die grüne Porzellankuh, die du mir vorletztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hast, ist nach Kuba geflogen, um sich billiges Ecstasy zu brennen. Lieber Gruß, dein Kashi Es machte keinen Sinn, ich begriff es nicht. Nach einer Weile hob ich ganz mechanisch mein Handy an und wählte Kashis Nummer. Ich wollte eine Erklärung für diesen mehr als nur unverständlichen Text. Er kam mir schwerer vor als jede Matheklausur, auch wenn er aus nur so wenigen Worten bestand. Mit dem Hörer am Ohr lauschte ich. Doch alles, was außer der Stille zu hören war, war ein regelmäßiges Tuten. Ich probierte es zwei, drei Mal, traf aber jedes Mal nur auf Geräuschlosigkeit. Leere in mir breitete sich aus. Meine Hände zitterten und meine Füße suchten fahrig nach Halt, trafen dabei aber nur auf meine schaumige Zahnbürste. Seit wann lag die denn auf dem Boden? Noch mehr, das ich nicht begriff. Zum gefühlten tausendsten Mal rief ich die Nachricht auf. Nichts, woran ich mich festklammern konnte. Da waren nur diese kalten, unpersönlichen Worte, die mir einfach so die glücklichste Zeit meines Lebens entreißen wollten. Ich konnte es immer noch nicht glauben. Warum sollte Kashi denn Schluss machen? Es war doch alles in bester Ordnung. Wir hatten nicht mal eine Krise, einen Streit oder sonst was! Da war gar nichts. Gar nichts… Meine Kehle schnürte sich wie von selbst zu. „Kashi…?“ Ich wartete auf eine Antwort, doch es kam keine. Auch dann nicht, als ich bereits eine geschlagene halbe Stunde auf das dunkle Display gestarrt hatte. Kein „April, April“, kein „Hoppla, falsche Nummer“, nicht einmal ein kleines „Scherz“. Ich durfte nur weiterstarren. Plötzlich klopfte es an der Tür zum Badezimmer. „Rei? Ist bei dir alles okay? Du bist schon fast eine Stunde da drin. Ist dir vielleicht schlecht? Soll ich dir eine Tablette holen?“ Die besorgte Stimme meines Vaters drang gedämpft an meine Ohren und holte mich gnadenlos in die harte Welt der Realität zurück. Mein Freund hatte mich verlassen. Mein Kashi hatte mit mir Schluss gemacht, weil er genug von mir hatte. Er wollte, dass ich wieder alleine war… Als mir das klar wurde, begann ich zu weinen und wollte nie wieder aufhören. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz I wie Intoleranz – Ende Weiter geht’s in: J wie Jungfrau Kapitel 10: I wie Intoleranz - jugendfrei [korrigiert~♥] -------------------------------------------------------- I wie Intoleranz Leise vor mich hinsummend hüpfte ich die Treppen zu Kashis Zimmer hinauf. Seine Mutter hatte mich gerade hereingelassen und dann nach einem leichten Augenverdrehen lächelnd mit dem Kopf nach oben gedeutet. Das Geschenk in meinen Händen klapperte leise und ich ließ voller Vorfreude meine Schritte schneller werden. Ich hatte wochenlang danach gesucht, um es ja rechtzeitig zu seinem Geburtstag zu haben. Und ich wusste, dass er sich riesig darüber freuen würde, schließlich war ich es gewesen, der ihn getröstet hatte, als es schon fünf Minuten nach Verkaufsstart ausverkauft gewesen war. Also hatte ich gute Karten. Strahlend kam ich vor seiner Tür an, richtete kurz meine Haare und riss nach einem kurzen – sehr kurzen – Klopfen auch schon eben jene auf. „Überraschung!“, brüllte ich und stürzte mich auf einen sprachlosen Takashi. Bevor er auch nur „Piep“ sagen konnte, hatte ich auch schon die Arme um seinen Hals geschlungen und ihn in einen leidenschaftlichen Kuss gezogen. Seine Arme legten sich kurz darauf ebenfalls um meine Hüften, aber etwas zögerlicher, was vermutlich an der Verwirrung, der ich ihn ausgesetzt hatte, lag. Bestimmt trudelten gerade tausende von Fragen in seinem Kopf herum, doch ich hatte keineswegs vor, im Moment auch nur eine von ihnen zu beantworten. So war es nur zu verständlich, dass seine Erwiderung des Kusses ein wenig kärglich ausfiel und ich löste mich dementsprechend schnell. Es war nur zu offensichtlich, dass ich keine schöneren Reaktionen aus ihm hervorkitzeln konnte, solange er verwirrt war. Schade. Trotzdem strahlte ich ihn an. „Alles Gute zum Geburtstag, Kashi~!“ Die Herzchen, die mit meiner Stimme flogen, konnte man beinahe sehen, so aufgeregt war ich. „Äh… Danke, Süßer…“, murmelte mein Freund und sah ziemlich perplex auf das Päckchen, das ich ihm soeben in die Hand gedrückt hatte, hinunter. „Sei mir jetzt bitte nicht böse, aber…was zum Henker tust du hier?“ Bei dieser Frage grinste ich ihn an wie das berühmte Honigkuchenpferd; ich hatte sie schon sehnsüchtig erwartet. „Na ja…sagen wir’s mal so: ich habe mich ordentlich rangehalten, damit ich meine „Mission“ rechtzeitig zum Geburtstag von meinem Schatz beenden konnte. Und tadaa~! Hier bin ich!“ „Wow…das hätte ich echt nicht gedacht~“, war seine recht merkwürdige Antwort. Flugs runzelte ich die Stirn. Konnte es sein, dass ich mich täuschte, oder freute mein Freund sich wirklich nicht darüber, mich zu sehen? Beklemmung machte sich in meinem Herzen breit, drohte mein Herz zu sprengen und – Da war es ja endlich! Das spitzbübische, ein bisschen irre wirkende Grinsen, das meinen Freund so süß machte. „Ich bin wohl echt blöd gewesen, zu glauben, dass ausgerechnet du meinen Geburtstag verpassen würdest. Du setzt doch immer Himmel und Hölle in Bewegung, um zu mir zu kommen. Da hab ich mich anscheinend umsonst auf einen einsamen Geburtstag eingestellt.” „Das hast du wirklich gedacht? Och, Kashi~“ Mein Griff wurde fester, sodass er sich zu mir nach unten beugen musste. „Das tat dir bestimmt nicht gut.“ Langsam ging ich rückwärts, zog meinen Freund mit mir weiter ins Zimmer hinein und lächelte ihn an. Erst liebevoll, dann verführerisch. Mein zweites Geschenk sollte er auch noch zu Gesicht bekommen, ich wollte diese Peinlichkeit letzte Woche ja nicht umsonst auf mich genommen haben… „Hast du vielleicht irgendetwas Bestimmtes vor, mein Kleiner?“, schnurrte er mir ins Ohr, während er mir folgte und mich etwas enger an sich drückte. „Nein…sollte ich etwa~?“ „Nun ja…deine Augen sagen mir, dass du etwas mit mir geplant hast.“ „Aah…und was sagt mein Blick? Was habe ich vor?“ Wir waren derweil an seinem Bett angekommen und ich ließ mich langsam darauf sinken, natürlich nicht ohne ihn mit mir mitzuziehen. Ein breites Grinsen war der erste Teil seiner Antwort. „Sagen wir’s mal so…ich habe eine zarte Vermutung~“ „Im positiven oder im negativen Sinne?“, flüsterte ich gegen seine Lippen, strich kurz mit meinen über sie und funkelte ihn eindeutig zweideutig an. „Deutlich erkennbar positiv!“, raunte er mir zu und dann küsste er mich, und wie! Japsend krallte ich mich in seinen Nacken und erwiderte seinen Kuss mindestens genauso heißblütig und leidenschaftlich. Es dauerte nicht lange, bis auch er völlig außer Atem war, mir ungeduldig an den Klamotten zerrte und mich dann blitzschnell von meinem Shirt – auch das hatte ich extra für heute gekauft, was für eine Verschwendung! – befreite. Gierig strich er mit den Fingerspitzen über meine sensible Haut, ließ mich die Hitze spüren, die sich langsam in ihm regte. Als er dann auch noch seine Lippen von meinen löste, um meine Ohren damit zu liebkosen, entfuhr mir ein süßes Seufzen. Sie wanderten weiter nach unten, ließen mich wieder und wieder erschauern. „Das ist so niedlich von dir~“, raunte er dabei knapp unterhalb meiner Brustwarzen. „Hnn? Was denn?“, keuchte ich, nachdem ich mich an seine Haare geklammert und etwas mehr gereckt hatte. „Dein ganzes Verhalten.“ Ein sanftes Lachen ertönte. „Aber vor allem, dass du so gerne bei mir bist.“ „Pft! Wer sagt denn, dass ich gerne bei dir bin?“, neckte ich ihn und drückte erwartungsvoll seinen Kopf nach unten. „Dein Körper vielleicht?“ „Nein. Der bezieht sich nur auf das, was dein Körper macht. Alles andere…hat ihn nicht zu interessieren.“ „Oh, na dann~“ Kashi stützte sich auf mir ab, seine Liebkosungen wurden wilder, gieriger. Innerhalb von wenigen Augenblicken entlockte er mir ein lautes Stöhnen, so gut war es. Besonders das, was seine Hände dort ziemlich weit unten so trieben. „Uhn…K–Kashi~! Mach ruhig…mee…ah!“ Hoffentlich hört mich seine Ma jetzt nicht!, schoss es mir noch durch den Kopf, bevor alle meine Gedanken von einem weiteren lusterfüllten Laut meinerseits weggewischt wurden. Vollständig von seinen Berührungen gefangen genommen presste ich meine bebenden Hüften seinen forschenden Fingern entgegen und drückte ihn erneut tiefer. Endlich spürte ich, wie er sich meiner erbarmte und meine Hose übertrieben vorsichtig nach unten streifte. Und plötzlich hielt er inne. Sein heißer Atem verharrte fliegend direkt über meinem Schritt, sonst tat er nichts. Sofort wurde ich ein wenig unruhig und schielte nach unten. Gefiel es ihm etwa nicht? „Schick~“ Er unterbrach das Jammern, das ich gerade anfangen wollte. „Hast du das extra für mich geholt?“ „Na…natürlich für dich! Für wen denn…hah…sonst?“ „Vielleicht für deine Meerschweinchen?“ „Die sind gestorben, bevor ich dich überhaupt kennen gelernt habe!“ Jetzt wurde ich ein bisschen bockig, was auch Takashi auffiel. Er strich besänftigend über die Innenseiten meiner Oberschenkel, küsste meine Haut dort. „Na, na…das heißt ja, dass ich mir heute ganz besonders viel Mühe geben muss~!“ „Ich bitte darum! So eine Pa–! Aah~!“ Gott sei Dank kam er nun meiner nicht ganz so stummen Aufforderung nach; seine Lippen schlossen sich eng um mich, ich bekam seine Zähne zu spüren und schmolz. Anders konnte man meine Reaktion auf sein Treiben wirklich nicht nennen. Mir wurde heiß, heißer als heiß und seine Zunge…verschlang mich begierig. Immer wieder, fast unaufhörlich entlockte Kashi mir meine Freudesbekundungen zwischen den bebenden Lippen hervor. Seine Liebkosungen waren so schön, dass es gar nicht lange dauerte, bis er mich das erste Mal zum Höhepunkt brachte – und ich ihn damit zu einem kindlichen Grinsen. „Eins~“, war sein hocherfreuter Kommentar, der ihn allerdings nicht davon abhielt, mich weiter zu bestürmen. Schon hatte er seine Finger in mir versenkt und malträtierte mit ihnen mein aufs höchste sensibilisierte Innere. Gott, mir war so heiß…mir schwindelte…waren das da etwa Sternchen? Mit einem zügellosen Schrei, der mich in tiefste Verlegenheit gestürzt hätte, wenn ich nicht so erregt gewesen wäre, kam ich ein weiteres Mal. „Zwei~!“ Das hüpfende Herzchen, das hinter seinem Wort hing, konnte ich förmlich greifen. Sein Gesicht allerdings nicht mehr, denn er hatte mich auf den Bauch gedreht und mein süßes Popöchen, wie er meinen Fettarsch des Öfteren nannte, zu sich nach oben gezogen. Mir war klar, was jetzt kommen musste – ja, ich! Haha… -, trotzdem konnte ich mir einen überraschten Laut nicht verkneifen. „Uhn~!“ Sein Kissen, in dem ich mein Gesicht versteckt hatte, erstickte ihn zwar, aber das schien eine Art Aufruf für ihn zu sein, seine Hand durch meine Beine hindurch nach vorne zu schieben und mich beharrlich auf einen weiteren Gipfel der Lust zu treiben. „Hya~!“ „Drei…“ Sein beglücktes Lachen über meine überdeutlichen Ausdrücke meiner Lust hätte mich eigentlich in das tiefe Loch der Scham stürzen sollen, aber das tat es nicht. Schon lange nicht mehr. Am einfachsten war das so zu erklären: Normalerweise war Takashi ein wahrhaftiger Engel in Persona, ein verdammt gutaussehender und sexy Engel, aber ein Engel. Dessen ungeachtet wusste ich, seitdem ich fest mit ihm zusammen war, dass er im Bett ein wahrer Teufel war. Und zwar ein verflucht geschickter. Es musste immer so laufen, wie er es haben wollte; er gab mir kaum die Gelegenheit dazu, selbst die Oberhand zu haben, nur zu bestimmten Anlässen. Und er liebte es, seinen Willen durch Triezen zu bekommen. Oh ja, triezen. Bei unserem ersten Mal hatte er so lange gesucht und dabei nichts anderes getan, als mich zu streicheln und zu küssen, bis er meine empfindlichste Stelle, mit der er mich nach Lust und Laune in den Wahnsinn treiben konnte, gefunden hatte. Und dann hatte er es getan. Mich wahnsinnig gemacht. Ich wusste gar nicht mehr, wie lange es danach gedauert hatte, bis ich wieder in der Lage gewesen war, einen einigermaßen klaren Gedanken, in dem ich nicht wieder von einer Welle der Leidenschaft überrollt wurde, zu fassen. Aber es hatte sehr, sehr lange gedauert. Was musste dieser Kerl auch alles so herauszögern?! Andere Kerle machten ihre Partner kurz heiß und fielen dann gnadenlos über sie her, doch mit seiner Geduld… „Kashi~“, hauchte ich warnend, als ich bemerkte, dass er wieder drauf und dran war, es zu tun, erntete blöderweise nur ein weiteres Lachen. Wie er es liebte, mir den Verstand zu rauben…und dass er dabei auch noch so verdammt gut war... Mit aufs Äußerste gereizten Nerven drückte ich meinen Hintern noch mehr in seine Richtung, um ihn endlich dazu zu bewegen weiterzumachen. Hinter mir blieb es allerdings bewegungslos. Ein bisschen besorgt drehte ich mich zu ihm, doch er entzog sich meinem Blickfeld. „Äh…Kashi…?“ Immer noch keine Antwort. Langsam schnürte mir Panik die Brust zu. Was hatte er? War ihm nicht gut? Machte er deshalb nicht weiter? Ach, wenn es ihm schlecht ginge, bräuchte er sich nicht vor mir zu verstecken, dann würde er schon was sagen…und wenn doch~? Ich wollte schon noch mal nachfragen, mich sogar richtig herumdrehen, damit er sich nicht länger vor meiner Besorgnis verstecken konnte, als ich es spürte. Sofort stellten sich alle meine Nackenhaare auf und ein heißer Schauer strich um meine empfangsbereiten Zellen herum. Ich war ungeduldig, oh ja. Deshalb klang der Schrei, den ich von mir gab, als er mir so sanft über die feuchte Haut pustete, wohl auch so sinnlich und sehnsüchtig, mit einem Hauch von Überraschung. So was hatte er noch nie gemacht… Wahnsinn, was für Ideen einem ein neue Lebensjahr bringen konnte! Ich stöhnte heiser auf, erbebte und presste sein armes Kissen fester an mich. Sein Pusten wurde noch sachter, war kaum noch zu spüren; mein zitternder Körper wurde unter den übervorsichtigen Streicheleinheiten seiner Fingerspitzen ganz unruhig und ich… Ich wand mich vor zurückgehaltenem Entzücken vor ihm auf den Laken; genauso wie er es haben wollte, dieser Sadist. Und dann war er auf einmal in mir drin. So schnell, dass ich es kaum registrieren konnte, war er in mich eingedrungen und stieß meinen Lustschrei geradezu aus mir heraus. Oh Mann, wenn er so weitermachte, würde er noch seine Nummer vier…nein, die bekam er ganz sicher. Aber vielleicht noch Nummer fünf…oder gar Nummer sechs… Mit seinem Talent… Takashi fackelte nicht lange, da mein Körper bereits seit Monaten an ihn gewöhnt war, sondern setzte sofort mit seinen aufreizenden Stößen, die mich zum Schreien brachten, obwohl meine Stimme von vorhin noch ganz rau und heiser war, ein. Aber meine Halsschmerzen gingen mir in diesem Augenblick sprichwörtlich am Arsch vorbei, zu groß war das Verlangen, das er mir bescherte. Und die Welle der Erregung, auf die er mich getrieben hatte, wurde immer und immer größer, je tiefer und schneller er mich nahm. Da konnte ich nicht einfach still daliegen und ihm nicht zeigen, wie sehr es mir gefiel, auch wenn mein lustverhangener Blick garantiert der allerbeste Beweis dafür war. Ein zartes Kneifen in meine Körpermitte ließ mich fast die Besinnung verlieren, so sehr schwindelte es mir. „Mmh…! Mehr~!“, forderte ich gierig und ich bekam es. So wurde mein ohnehin schon haltloses Bewusstsein von einem Nebel der Ekstase ertränkt, der mich nichts anderes mehr wahrnehmen ließ als diese unglaublichen Bewegungen, die mich unbarmherzig auf den nächsten Höhepunkt zutrieben. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz „Rei~…Re–hei~“ Zärtlich wurden mir ein paar Strähnen aus dem Gesicht gestrichen. „Aufwachen…meine Eltern möchten mit uns essen…“ „Mmh…“, erwiderte ich verpennt und vergrub mich in der warmen Hand, die mich so liebevoll geweckt hatte. Ein leises Lachen umschmeichelte meine Gehörgänge. „Och, Süßer, willst du dein Lieblingsessen etwa nicht? Meine Mutter hat sich nur wegen dir so viel Mühe gegeben.“ „Ach, sei leise.“, maulte ich zur Antwort. „Erst vögelst du mich halb ohnmächtig und dann verlangst du von mir, dass ich mich danach noch bewege? Pah~!“ Meine Hände wanderten nach oben in Kashis Nacken und zogen ihn fordernd zu mir nach unten. „Findest du nicht auch, dass du mich erst mal ein bisschen entschädigen solltest?“ „Entschädigen? Wofür denn? Dafür, dass ich dich vor Lust zum Schreien gebracht hab? Moment mal, du hast mich doch sogar noch angefleht, mal me–„ Weiter kam er nicht, weil ich ihm mit vor Wut – selbstverständlich nicht vor Scham! –rauchendem Gesicht das Kissen, das unter mir gelegen hatte, in den Mund gestopft hatte. „Du bist so ein mieser Vollidiot! Dich lasse ich nie wieder ran!“, fauchte ich ihn an und war schwuppdiwupp aus dem Bett gesprungen, schnappte mir meine Sachen und stürmte mit einem giftigen „Bin im Bad!“ hinaus – verfolgt von seinem Gelächter. In seinem – mittlerweile unserem – Badezimmer angekommen musste auch ich grinsen, während ich mich an die Wand lehnte und versuchte, mein wild schlagendes Herz ein bisschen zu beruhigen. Doch das Glück, von dem es erfüllt war, machte mir diese Aufgabe gar nicht so einfach. Denn immer, wenn ich glaubte, es endlich beruhigt zu haben, erlitt es einen neuen Anfall von unaufhaltsamer Hüpfwut. Aber wenn ich ehrlich war, wollte ich auch gar nicht, dass es aufhörte, so verrückt zu spielen, wenn ich in der Nähe meines Freundes war. Es tat doch so gut… Leise vor mir hinsummend brachte ich mich wieder in einen vorzeigbaren Zustand – eben jenen zerstörte Kashi ja so gerne, indem er über mich herfiel. Und er war sehr talentiert darin, besonders, wenn er– Nein, nein! Wenn ich jetzt anfing, davon zu träumen, was er dauernd mit mir anstellte, würde ich niemals wieder vernünftig aussehen! Also verscheuchte ich diese Gedanken so gut es ging aus meinem Kopf, spritzte mir mein Gesicht ein letztes Mal mit kaltem Wasser ab und hüpfte anschließend – wie mein Herz – aus dem Raum. Ich wurde schon erwartet…und zwar von einem Dackelblick! „Süßer, wir hätten doch zusammen duschen können… Ich hab mich so darauf gefreut~!“ Ich schnippte ihm grinsend gegen die Stirn und ließ mich in seine starken – mjam~! – Arme fallen. „Ich dachte, deine Eltern wollen mit uns essen. Das bekommen wir doch nie hin, wenn wir gemeinsam unter der Dusche stehen. Die würden uns dann frühestens in zwei Stunden zu Gesicht bekommen!“, sagte ich verschmitzt und stahl meinem Freund ein Küsschen. „Außerdem…wer sagt, dass ich tatsächlich geduscht habe und damit nicht bis nachher warten wollte?“ „Ehrlich?“ Das kindlich erstaunte Blitzen in seinen Augen brachte mich zum Lachen. „Ja, ganz ehrlich!“ Mein Versprechen verhalf nun auch meinem Freund zu einem breiten Grinsen. „Okay! Dann sollten wir jetzt wirklich nach unten gehen, sonst bekommt meine Mutter einen Anfall, weil wir ihr Essen haben kalt werden lassen.“ „Oh Gott, dieses Risiko dürfen wir keinesfalls eingehen! Nicht auszudenken, was dann passieren würde!“ „Vielleicht brechen danach hier ein paar Vulkane aus.“ „Oder die Sintflut kommt.“ „Oder ein Stern kracht auf die Erde.“ „Das wäre doch gar nicht so schlimm!“, protestierte ich sofort. „Deswegen gäbe es doch nur ein kleines Beben oder eine Welle, im schlimmsten Fall beides, aber mehr passiert garantiert nicht, nur weil so ein kleines Steinchen, das eh in der Atmosphäre verglüht, runterkommt!“ „Aber die Dinosaurier hat solch ein Steinchen, wie du so schön sagtest, auch ausgerottet.“ „Ja, allerdings eher indirekt durch einen starken Klimawandel.“ „Siehst du? Ein kleines Steinchen hat das bewirkt!“ „Menno~“, maulte ich, bei unserem kleinen Wortgefecht geschlagen. „Warum sagst du dann nicht lieber, dass die Welt untergeht?“ „Weil die danach wahrscheinlich bestehen bleibt. Halt nur ohne uns Menschen…“ Ich verdrehte die Augen, musste dank seiner leicht verqueren Logik dann aber trotzdem grinsen. „Du bist echt bescheuert!“ „Oh, welch eine Ehre, trotzdem von Euch gemocht zu werden!“, frotzelte er prompt und handelte sich damit eine ordentliche Kopfnuss von mir ein. „Du ahnst ja gar nicht, wie groß diese Ehre wirklich ist, du Wicht!“, knurrte ich ihm mit einem großspurigen Nicken entgegen. Sofort fiel Kashi vor mir auf die Knie. „Oh Rei~! Größter aller Großgötter! Bitte vergebt mir mein anmaßendes Verhalten, aber…ich muss Euch einfach die Füße küssen!“ Gesagt, getan. Es dauerte nur wenige Sekundenbruchteile, bis meine Füße mit sachten Küssen bedeckt wurden. Siegessicher stellte ich meinen rechten Fuß auf seiner Schulter ab. „Oh ja! Knie nieder vor deinem Herrn, Unwürdiger!“, war mein hoheitsvoller Kommentar dazu. Aber in meinem Hochmut hatte ich indessen vergessen, dass mein nacktes Bein geradezu appetitanregend und auf einem Silbertablett serviert wirken musste, weshalb ich auch auf der Stelle für meine Dummheit bestraft wurde. „Kashi…aus! Wir sollten doch essen…“ „Ach, ich hätte echt nichts dagegen, eine Mahlzeit nur für mich zu haben, Süßer~“ Seine Lippen stockten nicht ein einziges Mal, während er sprach, sonder wanderten höher…und höher…und höher… „Uhn~“, entfuhr es mir ganz leise, als seine Zunge in meine Kniekehle glitt, um mich dort ein wenig zu verwöhnen, beziehungsweise in den Wahnsinn zu treiben. Oh Mann, allein schon die Geräusche, die dabei entstanden, waren– „Rei~! Takashi~! Beeilt euch, sonst wird das Essen kalt, ihr Lieben!“ Toll. Seine Mutter mal wieder. Ich mochte Minako–san wirklich gerne, aber…wie sie es immer wieder schaffte, uns in ganz bestimmten Situationen zu unterbrechen, war ein Rätsel für sich. Okay, man sagt Frauen ja nach, dass sie eine unglaubliche Intuition haben, aber bei solchen Angelegenheiten sollte frau sich mal ihr blödes Bauchgefühl an den Hut stecken können. „Ja, Mama! Wir kommen!“ Blitzschnell war Kashi wieder auf den Beinen und schnappte sich meine Hand. „Also, mein kleiner Spatz. Auf ins Fressvergnügen!“ Und schon wurde ich von ihm die Treppen hinuntergezerrt. Romantischer wäre es natürlich gewesen, wenn er mich auf die Arme genommen und dann nach unten getragen hätte, aber meinem Freund mal ein Fünkchen Romantik abzuringen war meist nahezu unmöglich und mit einem Haufen Knochenarbeit verbunden. Ausgerechnet jetzt musste auch noch dieses Höschen zwicken! Ich zupfte es ein wenig zurecht, hatte dabei allerdings nicht allzu viel Spielraum, da es peinlicherweise eher so aussah, als würde ich mir den Hintern kratzen. Also eins weiß ich ganz sicher:, brummelte ich stumm in mich hinein. Ich werde nie, nie wieder eins von diesen Dingern anziehen! Das ist viel zu…bah! Aber es hat ihm doch so gut gefallen~, meldete sich da wie zu erwarten ein Stimmchen aus dem Off. Sei doch nicht so fies und gönn ihm dieses Bisschen an Freude. Ja, ja, ist ja gut. Aber nur zu Ostern, Weihnachten und seinem Geburtstag. Und allen anderen Feiertagen! Bist du völlig verrückt geworden?! Nein, aber Kashi würde sich außergewöhnlich darüber freuen und so wie vorhin abgehen., versprach das Stimmchen mit verlockendem Tonfall, doch ich blieb hart. Quatsch! Irgendwann ist es auch nichts Besonderes mehr! Und dann wird er sich auch nicht mehr besonders viel Mühe geben. Also halt endlich die Klappe! Mennöö…aber du musst doch zugeben, dass– Ich unterbrach das nervige Geschwätz mit einem lautlosen Stöhnen. Langsam hatte ich echt keine Lust mehr dazu, mich mit mir selbst zu streiten. Außerdem waren wir schon längst unten in der Küche angekommen; Kashi saß sogar schon bei seinen Eltern am Tisch und sah mich gemeinsam mit ihnen ziemlich…na ja, der beste Ausdruck hierfür war wohl konsterniert…an. „Willst du dich denn gar nicht setzen, Rei–Schatz?“, fragte seine Mutter gerade und färbte dadurch meine Wangen knallrot. Wie lange hatte ich da wohl gestanden…?! „Doch, doch. Natürlich. Ich war nur ein bisschen…in Gedanken.“, erwiderte ich ein wenig stammelnd und unsicher. „Das hat man gesehen!“ Kashis Vater lachte dröhnend, während mein Freund einfach nur still dasaß, als ich mich setzte, und mich mit einem nicht einzuordnenden Blick bedachte. Aber davon wurde ich schnell abgelenkt, da direkt vor meiner Nase ein Riesenteller mit Leckereien auftauchte und mich schnell auf andere Gedanken brachte. „Ooh…das sieht aber lecker aus!“, murmelte ich leise vor mich hin. „Da könnt ich mich ja glatt reinlegen und~“ Allgemeines Gelächter folgte meinem Monolog und ließ mir wieder die Schamesröte ins Gesicht schießen. Scheiße, ich hatte gedacht, dass ich so leise gewesen war, dass keiner ihn mitbekam! Aber nein, selbstverständlich musste ausgerechnet jetzt jeder in meiner Umgebung seine Lauscher auf extrasuperfein eingestellt haben, um jeden meiner geistigen Ergüsse aufschnappen zu können. Haha, das war ja mal wieder typisch. Nun ja, wenigstens wurde ich durch das wirklich himmlischen Essen entschädigt und mein Drang, immer weiter zu fressen, beruhigte sich auch nur nach und nach in der nächsten halben Stunde. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz „Also dann…“ Kashi lächelte mir ein letztes Mal zu. „Schlaf gut.“ „Das werde ich – dank dir…“ Mit einem vielsagenden Grinsen gab ich meinem Freund ein Gutenachtküsschen auf den Mund, winkte ihm zu und drehte mich um, um ihn und die letzten drei äußerst schweigsamen Stunden hinter mir zu lassen. Er hatte kaum etwas gesagt seit dem Abendessen, wohl weil er noch ein wenig zu müde gewesen war, und ich hatte ihn nicht dazu gedrängt, mit mir zu reden, schließlich war ich ja der Grund, warum er so müde war. Im Endeffekt hatten wir nicht mal zusammen geduscht, da ich Kashis Mutter nach dem Essen mit dem Abwasch geholfen hatte und er selbst schon mit dem Waschen fertig gewesen war, als ich nach oben kam. Und nachdem auch ich mich endlich auf einen Sauberkeitsstatus von fast hundert Prozent gebracht hatte, hatten wir nur noch dagelegen und gekuschelt. Für uns eine recht merkwürdige Situation, weil wir sonst immer in Bewegung waren, aber mir hatte sie trotzdem gefallen und so war sie auch etwas von mir ausgenutzt worden. Leise – diesmal wirklich leise! – vor mich hinsummend lief ich die Einfahrt zu unserem Häuschen hinauf, schloss die Tür auf und hopste – nun singend – hinein. Prompt tauchte mein grinsender Vater vor mir auf. „Na, ich glaube, ich muss gar nicht mehr fragen, ob es schön war, oder?“ „Nee…es war wunderschön!“, prahlte ich mit glänzenden Augen. „Er war heute sehr…einfallsreich~!“ „Aha…“ Mein Pa hob weiterhin grinsend eine Augenbraue. „Ich glaube, die schmutzigen Details kannst du für dich behalten.“ „Nein! Ich muss dir doch ganz genau erzählen, wie er es mir mit der Erdbeersoße gemacht hat!“, protestierte ich scherzhaft und kassierte so einen Klaps auf den Hinterkopf. „Ich les das dann ja später in deinem Tagebuch. Magst du eigentlich noch etwas essen?“ „Nee, Paps, ich hab mich dumm und dämlich gefressen. Ich geh schon mal schlafen; Kashi hat mich so sehr ausgelaugt, weißt du…“ „Du kleiner Frechdachs! Warum erzählst du das einem alten, sexuell frustrierten Knacker? Pass ja auf, dass du mich nicht so sehr provozierst, dass ich über dich herfalle!“ „Ooh…da hab ich aber Angst~!“ „Das solltest du auch!“, gab mein Vater trocken zurück und stürzte sich, nachdem er mich einen Augenblick lang stumm gemustert hatte, mit einem Kampfschrei auf mich. Ich quietschte erfreut auf, warf mit einem übertriebenen „Hilfe!“ die Arme in die Höhe und ließ mich auf seine Verfolgungsjagd ein. Wir stürmten brüllend, kreischend und lachend durch das gesamte Haus, Treppen hoch, Treppen wieder runter, durch Türen, über Möbel, und so weiter und so fort, bis ich schließlich mit einem Hechtsprung im Bad landete und hastig die Tür zuwarf, abschloss. Pa lief mit einem Ächzen dagegen, während ich auf der anderen Seite keuchend am Holz hinunterrutschte. „Hey, Kleiner! Komm da raus!“ „Nein! Es reicht mir! Ich habe genug von dir! Ich mache Schluss!“, entgegnete ich derart theatralisch, dass ich nur mit Mühe ein lautes Lachen unterdrücken konnte. Ich musste mich sogar so sehr anstrengen, dass es mir Tränen in die Augen trieb. „Was? Ich soll nur wegen der dummen Gesellschaft, deren Intoleranz gegenüber unserer Liebe keine Grenzen kennt, auf dich verzichten?! Was verlangst du von mir?“ „Mein Romeo, ich muss!“ „Nein, Juliet! Tu’s nicht!“ „Doch!“ „Nein!“ „Doch!“ „Nein!“ „Doch!“ Der kindische Streit gab mir endgültig den Rest. Wir brachen beide in schallendes Gelächter aus und ich ging dabei endgültig zu Boden. Gott, wie konnte man(n) bloß so durchgeknallt sein? Nachdem wir uns beide endlich beruhigt hatten, klopfte Paps sanft gegen die Tür. Ich konnte sein Grinsen förmlich vor meinen Augen sehen. „Okay, meine Juliet. Dann ruhe gut, möge der Erhabene dir süße Träume schenken.“ „Euch auch, verehrter Romeo.“ Ich hörte ein letztes Glucksen von ihm, dann entfernten sich seine Schritte vom Bad und er begann kurz darauf, in der Küche zu rumoren. „Oh Mann, wenn uns einer hier so sehen würde…“, seufzte ich immer noch schmunzelnd und ging zum Waschbecken hinüber, um mir die Zähne zu putzen. Das hatte ich zwar schon bei Takashi getan, hatte jetzt aber irgendwie das Verlangen danach. Komische Welt. Während ich mir die Zähne so putzte, musterte ich mich neugierig im Spiegel. Ich sah so unheimlich glücklich aus, dass es im wahrsten Sinne des Wortes unheimlich war. Meine schwarzen Haare und meine braunen Augen glänzten geradezu um die Wette, nicht zu vergessen meine Zähne, obwohl die im Moment von einer Schicht Zahnpastaschaum bedeckt waren. „Tehee~“ Ich spuckte besagten Schaum munter aus, begutachtete kurz meine Zähnchen und steckte mir die Zahnbürste kurzerhand wieder in den Mund, um mein Werk zu vervollständigen. Ich war schon fast fertig, als auf einmal mein Handy klingelte. Überrascht und ohne den blassesten Schimmer, wer jetzt noch etwas von mir wollen könnte, kramte ich es hervor und drückte hastig auf den grünen Hörer, um den Anruf anzunehmen. „Ja?“ Schweigen erwartete mich. „Hm?“ Ich wartete noch einen Augenblick und sah dann auf das Display meines Handys, um zu sehen, von wem der Anruf kam. Noch in derselben Sekunde hätte ich meinen Kopf am liebsten gegen die nächste Wand gehämmert. Der vermeintliche Anruf, war nämlich gar kein Anruf, sondern eine SMS. Haha. Was musste ich denn auch für beides den gleichen Klingelton nehmen? Gut, er gefiel mir außergewöhnlich gut – Kashi hatte ihn ja schließlich selbst komponiert –, aber trotzdem sollte niemand, der Anrufe annahm, ohne nachzuschauen, ob sie wirklich das waren, was sie vorgaben zu sein, so selten dämlich wie ich sein. Na ja, mein Trostkeks war, dass die SMS von Kashi stammte. Wahrscheinlich denkt er, dass sein Abschied von vorhin nicht ausführlich genug gewesen ist, und will das jetzt nachholen., dachte ich und freute mich schon riesig auf die süßen Dinge, die mir gleich um die Ohren fliegen würden, als ich in aller Ruhe die Kurznachricht aufrief und sie las. Meine Augen wurden tellergroß. „Was?“, entschlüpfte es mir, ich las den Text noch ein weiteres Mal, sofort danach noch ein drittes und viertes Mal, so unglaublich war das, was ich dort sah. Rei, Ich hab genug von dir. Halt dich ab jetzt von mir fern. Ich mache Schluss. Takashi Wie vom Donner gerührt stand ich da und starrte auf das Display. Ich verstand rein gar nichts. Genauso gut hätte dort jetzt stehen können: Schatz, die grüne Porzellankuh, die du mir vorletztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hast, ist nach Kuba geflogen, um sich billiges Ecstasy zu brennen. Lieber Gruß, dein Kashi Es machte keinen Sinn, ich begriff es nicht. Nach einer Weile hob ich ganz mechanisch mein Handy an und wählte Kashis Nummer. Ich wollte eine Erklärung für diesen mehr als nur unverständlichen Text. Er kam mir schwerer vor als jede Matheklausur, auch wenn er aus nur so wenigen Worten bestand. Mit dem Hörer am Ohr lauschte ich. Doch alles, was außer der Stille zu hören war, war ein regelmäßiges Tuten. Ich probierte es zwei, drei Mal, traf aber jedes Mal nur auf Geräuschlosigkeit. Leere in mir breitete sich aus. Meine Hände zitterten und meine Füße suchten fahrig nach Halt, trafen dabei aber nur auf meine schaumige Zahnbürste. Seit wann lag die denn auf dem Boden? Noch mehr, das ich nicht begriff. Zum gefühlten tausendsten Mal rief ich die Nachricht auf. Nichts, woran ich mich festklammern konnte. Da waren nur diese kalten, unpersönlichen Worte, die mir einfach so die glücklichste Zeit meines Lebens entreißen wollten. Ich konnte es immer noch nicht glauben. Warum sollte Kashi denn Schluss machen? Es war doch alles in bester Ordnung. Wir hatten nicht mal eine Krise, einen Streit oder sonst was! Da war gar nichts. Gar nichts… Meine Kehle schnürte sich wie von selbst zu. „Kashi…?“ Ich wartete auf eine Antwort, doch es kam keine. Auch dann nicht, als ich bereits eine geschlagene halbe Stunde auf das dunkle Display gestarrt hatte. Kein „April, April“, kein „Hoppla, falsche Nummer“, nicht einmal ein kleines „Scherz“. Ich durfte nur weiterstarren. Plötzlich klopfte es an der Tür zum Badezimmer. „Rei? Ist bei dir alles okay? Du bist schon fast eine Stunde da drin. Ist dir vielleicht schlecht? Soll ich dir eine Tablette holen?“ Die besorgte Stimme meines Vaters drang gedämpft an meine Ohren und holte mich gnadenlos in die harte Welt der Realität zurück. Mein Freund hatte mich verlassen. Mein Kashi hatte mit mir Schluss gemacht, weil er genug von mir hatte. Er wollte, dass ich wieder alleine war… Als mir das klar wurde, begann ich zu weinen und wollte nie wieder aufhören. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz I wie Intoleranz – Ende Weiter geht’s in: J wie Jungfrau Kapitel 11: J wie Jungfrau [noch nicht korrigiert ^^"] ------------------------------------------------------ J wie Jungfrau „Oh verdammt, verdammt, verdammt!“, brüllte ich aufgebracht, während ich wie ein Wilder meine Schulsachen in eine Tasche stopfte, nach dem Ordner mit den Akten für die Schülerversammlung grabschte und anschließend einen mittleren Schreikrampf erlitt, weil ich von einem Kissen getroffen worden war. „Halt den Rand, Schwuchtel.“, maulte mein Lieblingsmistkerl unter einem Berg von Decken – er hatte anscheinend mitten in der Nacht die Decke seines Bruders gestohlen, denn dieser lag gerade ohne besagte Decke, dafür aber mit entblößtem Oberkörper (hui~!) auf dem Doppelklappbett – hervor und tastete verpennt über den Stoff, auf der Suche nach einem zweiten Kissen, mit dem er mich bewerfen konnte; denn ich nutzte seinen momentanen Zustand prompt aus, um noch mal ordentlich mit der Tasche Lärm zu machen – selbstverständlich mit dem nettesten Lächeln der Welt auf den Lippen. „Oh, bitte vergebt mir dummen Diener, Hochwohlgeboren. Es tut mir so außerordentlich Leid, dass Ihr Euren äußerst wichtigen Schönheitsschlaf nicht in meinem Zimmer finden könnt. Vielleicht sollten wir doch noch mal darüber reden, Eure Schlafstatt ins Wohnzimmer zu verlegen. Selbstverständlich nur, wenn Ihr –“ „Verpiss dich!“, wurde meine kleine Rede rüde unterbrochen. „Noch ein Wort und dir wird Hören und Sehen vergehen.“ Okay. Das war eine ernstzunehmende Drohung. Schwuppdiwupp hatte ich den Raum verlassen und hechtete die Treppen hinunter, verfiel dabei wieder in meine vorhergehende Hektik. Schließlich hatte ich Vollidiot selbst eine Sondersitzung des Schülerrates wegen Schulfestes einberufen und sie, um alle mal wieder gehörig zu ärgern, auf die Stunde vor dem Unterrichtsbeginn gelegt. Zu dumm, wenn ich da selbst zu spät käme… Oh Rei, du kannst manchmal ein echter Vollpfosten sein!, stöhnte ich innerlich und schlüpfte derweil in meine Schühchen. Kashiwazaki zu nerven mag ja schön und gut sein und vor allem für einen gelungenen Start in den Tag sorgen, aber du darfst dir wegen ihm nicht so eine Blöße geben. Außerdem musst du die nächsten Tage wie ein Bescheuerter aufpassen, dass dieser Kerl dich nicht alleine erwischt. Zaki hat dir zwar seine Hilfe angeboten, aber der ist ja auch immer seltener zu Hause. Ach Scheiße, warum musste er hier so schnell neue Freunde finden…?! So stumm vor mich hinfluchend eilte ich aus dem Haus zur U–Bahn–Station – und bekam postwendend den nächsten Mist hineingewürgt: Dieses dumme Ding von einem öffentlichen Verkehrsmittel fuhr mir doch tatsächlich vor der Nase weg! Verdammt! Was sich die Geräte von heutzutage alles herausnahmen…! Nun doch lauthals fluchend und damit sowohl irritierte als auch missbilligende Blicke kassierend verließ ich dich Station und düste zur nächsten Bushaltestelle, um dort mein Glück zu versuchen. Ebenda schien es mir endlich wieder hold sein zu wollen, denn kaum war ich an besagter Haltestelle angekommen, fuhr auch schon der Bus, der in der Nähe meiner Schule hielt, ein. Einfach fantastisch wieder eine Chance aufs Pünktlichsein zu haben! Breit grinsend und völlig entspannt ließ ich mich auf einen freien Platz am Fenster fallen und schloss die Augen, um die letzten freien Minuten meines Tages zu genießen. Sie waren ja nicht umsonst sehr wertvoll. Stumm vor mich hinsummend sann ich also über die folgenden Stunden nach. Wer wohl mit welcher Ausrede zu spät kommen würde? Wer sich wohl gar nicht so früh in der Schule blicken lassen würde? Und ob meine Hausaufgaben wohl a–?! Voller Entsetzen richtete ich mich kerzengerade auf meinem Sitz auf und ignorierte den konsternierten Blick der Omi neben mir einfach. Die Hausaufgaben…, fiel es mir siedend heiß ein. Scheiße, du hast rein gar nichts gemacht, weil die Sache mit dem Mistkerl dich so sehr beschäftigt hat! FUCK! Was mach ich denn jetzt?! Ich kann doch nicht einfach…Um Himmels Willen! Wie ein Rasender begann ich, in meiner Tasche zu kramen, woraufhin die Omi verängstigt ihren Platz verließ. Sicher war sie jetzt der festen Überzeugung, ich sei vom Teufel besessen. Haha. Dabei war es doch noch viel schlimmer! Endlich hatte ich das Heft für die heutige erste Stunde gefunden und stürzte mich regelrecht auf die drei Aufgaben, die dort drin verzeichnet waren. Ich hatte jetzt noch eine knappe Viertelstunde Zeit, wie ich bei einem Blick aus dem Fenster feststellte, und wenn ich noch die Pausen dazu nahm und die Wartezeit, bis alle Schülerversammlungsmitglieder eingetröpfelt waren, musste ich das eigentlich schaffen… Ich war schon fast mit der ersten Aufgabe fertig, als mir plötzlich eine merkwürdige Unregelmäßigkeit auffiel. Wieder sah ich aus dem Fenster – und wurde ganz blass. Das…fährt der Bus nicht in die falsche Richtung?! Ein weiteres Mal völlig außer mir vor Bestürzung sprang ich auf und rannte durch den schwankenden Bus zu dessen Fahrer, stopfte währenddessen wie schon einige Minuten zuvor mühsam meine Schulsachen in die Tasche. „E–entschuldigen Sie, bitte…“, begann ich schließlich keuchend und sah den etwas älteren Mann am Steuer fast schon flehend an. „Fahren Sie noch…an der Tokui–Schule vorbei?“ Er betrachtete mich erst irritiert und schüttelte dann langsam den Kopf. „Nein, die Route ist wegen einer Baustelle umgelegt worden. Zu dieser Schule fährt jetzt der Neunundsiebziger…“ „Bitte?! Oh mein Gott, Sie müssen mich hier sofort rauslassen!“ Ich hechtete zur Tür und rüttelte daran, was dem armen Mann fast das Herz stehen bleiben ließ, so wie sich seine Stimme danach anhörte. „Ich…das geht nicht, der nächste Halt ist doch erst in vier Minuten…“ „In vier Minuten?! Ich sagte: sofort!“ Mir war früher nie bewusst gewesen, dass ich tatsächlich solche Züge von Vandalismusfreude in mir trug, aber angesichts dieser baldigen Blamierung, trat ich doch gegen die Bustür, um meine Worte zu unterstreichen. Das war dem Busfahrer zu viel. Er hielt auf der Stelle an und öffnete die Türen. „Raus mit Ihnen! Und wagen Sie es nicht noch einmal, hier einzusteigen, dann werden Sie verklagt!“, schrie er mir hinterher, während ich hinaushüpfte und schnurstracks in die Richtung meiner Schule davonstürmte. Anstatt um seinen Bus, sollte dieser Typ sich lieber mal um seien Blutdruck kümmern…, war mein einziger und stummer Kommentar dazu, dann legte ich auch schon meine gesamte Konzentration und Kraft in die Bemühungen, doch noch pünktlich zur Versammlung zu kommen. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Ich schaffte es. Zwar knapp, aber immerhin. Und dieses Mal dankte ich sogar der Unzuverlässigkeit der Anderen, denn so hatte niemand meine Anstrengung mitbekommen. Sie waren ja alle ausnahmslos mindestens fünf Minuten zu spät gekommen – sogar der kleine Zwerg von letztens – und hatten mir dann jeder eine andere abgebrühte Lüge, die von „Mein Hund hat die Unterlagen gefressen“ über „Der Zug wollte einfach nicht kommen“ bis zu einem schlichten „Meine Mutter wollte nicht, dass ich so früh das Haus verlasse“ gingen, aufgetischt. Haha. Völlig entnervt verließ ich also eine knappe Stunde später den Schülerversammlungsraum und machte mich auf den Weg zum Unterricht. Nicht dass ich große Lust darauf verspürt hätte, schließlich stand in der ersten Stunde Mathematik – allein der Name dieses Faches sagt ja schon alles – auf dem Plan, aber Schwänzen kam blöderweise auch nicht in Frage, da wir im Moment ein ziemlich wichtiges Thema – Ableitungen und den ganzen Mist drum herum – behandelten. Zu allem Überfluss fiel mir dann auch noch, kurz nachdem ich mich auf meinen Platz hatte plumpsen lassen, ein, dass ich meine Hausaufgaben immer noch nicht gemacht hatte. Verdammt! Ich wollte schon meine Sachen hervorholen und weitermachen, als unser Mathelehrer auch schon wie immer aufs Pünktlichste genau den Raum betrat. Och nee… Ich verzog das Gesicht und legte hastig meinen soeben gezückten Stift zur Seite. Nicht dass dieser Typ auch noch auf unangenehm richtige Gedanken kam… „Soo, meine Damen und Herren. Ich hoffe, Ihnen haben die Hausaufgaben wohl gemundet~!“ Allgemeines Stöhnen war die Antwort auf seine gute Laune, die im Übrigen nichts Gutes für uns zu bedeuten hatte. Wir alle holten möglichst leise unsere Unterrichtsmaterialien heraus, während er dabei war, die Anwesenheitsliste zu überprüfen. „Jiruta?“ „Hier, Sensei.“ „Jurai?“ „Ja.“ „Kage?“ „Hmhmm…“ „Kashiwazaki?“ Schweigen. Erstaunt hob unser Lehrer den Blick von dem Zettel und sah gemeinsam mit uns zu dem leeren Platz neben meinem. Dann wanderten seine Augen zu mir. „Kousaka, wo haben Sie denn ihren Mitbewohner gelassen?“ Ich zuckte ein wenig hilflos mit den Schultern. „Heute Morgen ging’s ihm noch gut. Aber ich bin wegen einer Versammlung früher gegangen, da weiß ich nicht, ob er sich nicht schon wieder versehentlich heißen Tee über sich geschüttet hat…“ Wieder herrschte Stille und diesmal glotzte wirklich jeder im Raum mich an. Natürlich wussten alle, weshalb ich das kleine Wörtchen sich so sehr betont hatte. Tja…es war schon praktisch, diese Dämlacken hier so einfach belügen zu können! Unser Mathelehrer fing sich als erster wieder. „Nun…dann müssen wir uns wohl vorerst ohne…Kashiwazaki dem Sto–“ „Ich bin doch hier, Sensei!“, kam es da auf einmal von der Tür. Und tatsächlich stand er dort, in all seiner arroganten, unsympathischen und nervenraubenden Herrlichkeit. „Sie können also ganz beruhigt ein Häkchen neben meinen Namen setzen.“ In aller Ruhe schritt er den Gang entlang zu seinem Stuhl und es war ganz offensichtlich, wie sehr er es genoss, von allen Seiten – sogar ein bisschen von dem Kerl an der Tafel! – angeschmachtet zu werden. Er sagte kein Wort mehr; keine Entschuldigung, keine mehr oder weniger ausgeklügelte Ausrede, nichts. Und dieser Idiot von einem Pauker verlangte nicht einmal danach! Also musste ich sie wohl alle mal wieder aus ihrem totenähnlichen Schmachtschlaf erwecken…! „Sag mal, Kashiwazaki…warum bist du eigentlich erst so spät gekommen?“, fragte ich lautstark, damit wirklich jeder dieser Dummköpfe mitbekam, dass da etwas nicht mit rechten Dingen abgelaufen war. Von dem Finsterling erhielt ich für diese Bemühung einen eiskalten, verachtenden Blick, von meinen Mitschülern kamen nur verwirrte. „Aber Kousaka…du hast doch gerade schon erzählt, was wohl passiert ist…“, meldete sich wieder dieser Nichtsnutz von einem Lehrer und schob seine Brille etwas höher. „Ach so…ja, klar!“, erwiderte ich eilig und senkte den Kopf, damit ja niemand mitbekommen konnte, wie mein Gesicht erst blass und dann knallrot wurde. Wie groß war eigentlich die Chance auf den Erfolg meiner Strategie, wenn ich nahezu aller Augen auf mir ruhen spüren konnte? „Gut…nun denn, dann…weiter in der Anwesenheitsliste. Kousaka ist da…was ist mit Matsumoto?“ „Ja?“ Er verbrauchte noch weitere fünf Minuten dafür, alles zu kontrollieren, dann ging er ohne Überleitungen zur Hausaufgabe über. Zwei Leute wurden nacheinander drangenommen, die die ersten beiden Aufgaben an der Tafel lösen und erläutern sollten und ich wähnte mich schon glücklich in Sicherheit, als er Yagami für die dritte und letzte Auflösung aufrief, hatte dabei allerdings eine klitzekleine Kleinigkeit übersehen… „Yagami ist doch heute gar nicht da!“, berichtigte ihn sofort die Sitznachbarin, die gleichzeitig auch Yagamis Freundin zu sein schien. „Oh. Stimmt, Sie hatten ja gesagt, dass er seit gestern erkältet ist. Nun gut, dann nehmen wir…ja, Kousaka, Sie sehen mich so flehend an. Natürlich dürfen Sie die Aufgabe vorrechnen~!“ Nein, nein, nein, nein, nein!, brüllte es in mir, mein Antlitz wurde ein weiteres Mal von sprachlosem Entsetzen heimgesucht. Das kann der doch nicht… Also… Bitte nicht! Mehr als nur fassungslos starrte ich unseren Lehrer an und war versucht, wie ein Wilder mit dem Kopf zu schütteln. Logischerweise tat ich das nicht, obwohl es sehr ratsam gewesen wäre… „Sensei, ich…“ Ich brach wieder ab, seine Augenbrauen hoben sich. „Was ist? Haben Sie etwa Ihre Hausarbeit nicht gemacht?“ Seine Worte gefährlich scharf. „Also, ich–“ „Natürlich hat Rei seine Aufgaben gelöst! Er hat mir nur kurz sein Heft gegeben, damit ich mein Ergebnis korrigieren konnte.“, unterbrach mich eine tiefe Stimme. Oh–oh… Das ist nichtgut…!, dachte ich, während Kashiwazaki mir sein Heft vor die Nase legte. Ich wollte es schon zur Seite schieben und meine Sünde beichten, als mir eine kleine Notiz ganz oben rechts auf dem Papier auffiel. Wenn du dich weigerst, lynch ich dich!, stand dort in kleinen Buchstaben. Reizend, nicht wahr? Ich schluckte und nickte zustimmend. Der Matheheini sah immer noch zweifelnd zu unserem Tisch. „Ach ja?“ „Ja.“ Wie konnte dieser Mistkerl eigentlich in einer solchen Situation so ruhig bleiben?! „Ah…na schön… Dann kommen Sie nach vorne, Kousaka.“, forderte mich der Lehrer auf. Er wusste offensichtlich nicht, was er jetzt tun sollte. Dafür war ihm aber wohlbekannt, wie er mich richtig wütend machen konnte. „Ach ja, bevor Sie es wieder vergessen…auch Erklärungen sind in diesem Fach wichtig!“ „Selbstverständlich…“, erwiderte ich möglichst freundlich und mit einem leichten Zucken unter meinem rechten Auge. Zwei Männer, die mich in den Wahnsinn treiben. Wenn man so etwas hat, braucht man echt nicht noch mehr Feinde! Nur leider hatte Gott, Jahwe, Buddha, Allah oder wer auch immer für das menschliche Schicksal verantwortlich war, bei mir nicht so ganz aufgepasst und mir doch mehr aufgehalst. Witzig, witzig! Absolut nicht amüsiert erhob ich mich und lief zur Tafel, schnappte mir dort ein Stückchen Kreide und fing an, stumm all das aufzuschreiben, was auf der Seite, die der Finsterling für mich geöffnet hatte, stand. Gleichzeitig überlegte ich mir ein paar Sätzchen, die ich anschließend als Erklärung von mir geben konnte. Bis jetzt sah ja alles ganz richtig aus, auch wenn die Aufgabe offensichtlich nicht gerade die einfachste gewesen war. Und das konnte ich sogar mit meinen minderbemittelten mathematischen Gehirnzellchen feststellen. Was ich ebenfalls registrieren konnte, war, dass ich angestarrt wurde. Und wie! Mit roten Wangen begann ich, vor mich hinzuquatschen. Glücklicherweise nickte unser Lehrer immer wieder zustimmend, sodass ich nicht in die Gefahr lief, mich völlig in etwas zu verrennen oder sogar von der falschen Aufgabe zu reden! „Tja…und deshalb kommt das hier halt raus.“, beendete ich meine Rede ein wenig kleinlaut und blickte nervös in die Runde, musste mich sogar ein wenig räuspern, weil mir die Stimme blöderweise ein wenig weggebrochen war. Kurz darauf erhielt ich erneut ein Nicken. „Also schön…deine Hausaufgaben sind heute mal ausnahmsweise völlig richtig gewesen… Ich muss schon sagen, ich freue mich schon auf deine nächste Klausur.“ Grrr, Arschloch! Das ist schon fast Rufmord! Mit einem zuckersüßen Lächeln auf den Lippen neigte ich ein wenig meinen Kopf, um ihm meine – mehr oder weniger völlige – Zustimmung zu geben, während ich zu meinem Platz schritt und mich auf den Stuhl plumpsen ließ. Im nächsten unbeobachteten Augenblick gab ich das Heft seinem Besitzer zurück und schon war wieder alles in Ordnung. Nicht der kleinste Betrug ließ sich ab jetzt nachweisen. Trotzdem seufzte ich erschlagen. Der und ich Komplizen…etwas, das ich immer für unmöglich gehalten hatte, war wahr geworden. Ich lachte hell auf und schüttelte den Kopf. Mir passierten schon Sachen…! Plötzlich fiel mir auf meinem eigenen Heft, das aufgeschlagen vor mir lag, ein Zettelchen auf, das vorher ganz bestimmt noch nicht da gewesen war. Na super, jetzt hieß es auch noch Briefchenschreiben. Waren wir nicht schon seit einer ganzen Weile aus diesem Alter raus? Okay, eine gewisse Person neben mir war wirklich zurückgeblieben, aber so… Ich starrte das Papier an, war ein wenig unschlüssig, ob ich seine Botschaft lesen oder sie doch so schnell wie nur möglich verbrennen sollte. Alles in mir verweigerte sich dem ersteren Vorhaben, schließlich ging eine düstere Aura von dem Ding aus. Aber andererseits… Was auch immer dort drauf stand, wenn ich es nicht las, würde das, was kommen musste, mich völlig unvorbereitet treffen und ungleich schrecklicher werden. Warum also nicht jetzt schon in den sauren Apfel beißen~? Stumm etwas in meinen nicht vorhandenen Bart murmelnd knibbelte ich den Zettel auseinander, um den Horror schnell hinter mich zu bringen. Augenblicklich verdrehte ich die Augen. Na super, hätte dieser Mistkerl es nicht ein einziges Mal einfach nur nett meinen können?! Nein, natürlich nicht. Es war ja anscheinend um ein Vielfaches lustiger, mir tagtäglich und mit beunruhigender Zielsicherheit noch mehr von meinem letzten Nerv zu rauben! Denk bloß nicht, damit war’s das für dich. Ich bekomme natürlich noch ein Dankeschön! Was für eine Frechheit! Was dachte dieser Blödmann sich eigentlich? Und überhaupt: konnte das da wirklich denken?! Wohl eher nicht. Vollkommen von meinem gedanklichen Monolog gefangen bemerkte ich nicht, wie sich mir eine Person näherte. Meine Sensoren, die mich normalerweise immer warnten, hatte ich versehentlich außer Gefecht gesetzt. Ganz, ganz dämlich… „Oh, Kousaka. Wie fleißig Sie mal wieder alles mitschreiben…! Sind Sie sich ganz sicher, dass Ihnen da so ein kleiner Zettel ausreicht?“ Och nee…muss das jetzt sein?, fragte ich mich und musste ziemlich hilflos mit ansehen, wie mir Kashiwazakis Nachricht zwischen den Fingern hervorgezogen wurde. Nicht gut… Unser Mathelehrer las sich mit hochgezogenen Brauen das Geschriebene durch, drehte dann kurz das Blatt, um dessen Rückseite zu überprüfen und sah mich dann ein wenig durcheinander an. Er wusste offensichtlich nicht, was er davon halten sollte, hatte es doch rein gar nichts mit seinem Unterricht und den Beschimpfungen gegen ihn, die üblicherweise in solchen Briefchen aufkreuzten, zu tun. „Nun denn, das bleibt vorerst bei mir~“, verkündete er schließlich und steckte das winzige Blättchen ein. „Tun Sie sich keinen Zwang an, Sensei.“, erwiderte ich ruhig. Es war mir eh egal, was mit diesem Zettel passierte, beziehungsweise wozu er ihn missbrauchte. Viel wichtiger war es, wie ich die verbliebenen Stunden überstehen sollte, ohne völlig ballaballa im Kopf zu werden. Denn eines war sicher: Das Dankeschön, das mein Lieblingsfeind haben wollte, würde mir zu hundert Prozent überhaupt nicht gefallen. Wen würde es also wundern, dass ich jetzt schon einen leichten Anflug der Panik in mir aufsteigen spüren konnte? Wääh! Und alles nur wegen diesem Arsch! Der ist das ganze Chaos doch überhaupt nicht wert!, dachte ich und atmete erleichtert auf, als es auf einmal zum Ende der ersten Stunde klingelte. Ich streckte mich ein bisschen, um damit die Anspannung schleunigst aus meinen Gliedern zu vertreiben, bevor ich mich eifrig an die noch ausstehenden Hausaufgaben ranmachte. Das Ekel rechts von mir hielt derweil zu seinem Glück die Klappe, war wohl zu beschäftigt mit seinem Essen. So schaffte ich es doch tatsächlich, den Großteil der Arbeit hinter mich zu bringen, bevor es zur nächsten Stunde schellte und der Mathefutzi mir dem Unterricht fortfuhr. Und diesmal konnte ich mich sogar ganz entspannt zurücklehnen und zuhören, wurde von niemandem behelligt und verstand – oh Wunder! – das neueste Thema. Hach, war dieses Leben toll! vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Nach der Schule beeilte ich mich sehr, schnell nach Hause zu kommen. Besonders mein Hunger trieb mich mal wieder an; mir war schon seit der vorletzten Stunde so gewesen, als hätte sich mein Magen selbst ein Loch hineingefressen, so nagend war dieses Gefühl. Natürlich war diese Vermutung Schwachsinn, aber ich wollte es nur sehr ungern darauf ankommen lassen und lieber die Halluzination aus meinem Körper verbannen. Deshalb fiel es mir auch erst sehr spät auf. Um genau zu sein, erst dann, als jemand sich mir gegenüber in der Bahn niederließ. Mit einem Schlag war meine Laune verdorben. Verdammt, der wollte ja noch dieses „Dankeschön“…Kacke! Ich schluckte und nestelte unruhig an meinem Hemd herum. Bah! Allein schon seine bloße Anwesenheit genügte, um mir heißkalte Schauer der Angst den Rücken herunterrasen zu lassen! Das war doch schon nicht mehr normal! Und dadurch, dass sein durchdringender Blick auf mir ruhte und sich einfach nicht von mir lösen mochte, wurde das Ganze natürlich auch nicht besser. Eine unangenehme Hitze stieg mir ins Gesicht; ich starrte verkrampft auf mein erbärmliches Spiegelbild im Fenster der Bahn und versuchte, sein Gesicht nicht zu beachten. Gar nicht so einfach, weil irgendetwas in mir – was auch immer es war, es gehörte verflucht! – meinen Blick immer wieder in seine Richtung zog. Scheiße, ja, er war beim besten Willen nicht abstoßend, oder so, aber das war doch noch lange kein Grund, ihn so unverschämt anstarren zu wollen! Abrupt erhob ich mich und stürmte geradezu zur Tür hin, auch wenn es noch drei Stationen waren, bis ich eigentlich aussteigen musste. Aber ich konnte im Moment diesen Anblick, geschweige denn seine Anwesenheit, nicht ertragen. Unmöglich. Da lief ich lieber zu Fuß nach Hause! Gesagt, getan. Entschlossen sprang ich durch die Tür nach draußen, sobald diese sich geöffnet hatte, und ließ die Bahn und damit Gott sei Dank auch diesen Vollidioten eiligen Schrittes hinter mir. Nachdem ich die Station verlassen hatte, atmete ich befreit auf. Wenn ich mich beeilte und ein bisschen rannte, würde ich sogar ein, zwei Minuten früher als Kashiwazaki zu Hause sein und konnte mich dann verbarrikadieren…Ein guter Plan! Ich dankte dem Schicksal stumm für diese Lösung, die es für mich eröffnet hatte, und düste weiter. Vielleicht sollte ich diesen Weg durch den Park ein wenig öfter benutzen… Aber wir hatten fast direkt vor dem Haus die U–Bahn–Station und eine Bushaltestelle war auch nicht viel weiter weg. Und ich musste den Umweg, den beide Verkehrsmittel machten, ja nicht zu Fuß laufen. Tja, Bequemlichkeit ging halt über Bequemlichkeit und alles war Bequemlichkeit. Nur noch fünf Minuten, dann– „Willst du etwa durch den Stadtwald?“, fragte auf einmal jemand hinter mir, während er ruhig zu mir aufholte. „Was? Ja, na klar!“, erwiderte ich lockerflockig. „Da ge–“ Der Rest blieb mir im Hals stecken. Gleichzeitig brachen meine Gedanken in ein frustriert–resigniertes Heulen aus. Neeeeeiiiiin! Warum konnte dieser Vollhonk nicht einfach sitzen bleiben?! Das ist doch viel angenehmer! Waaaaah! Ich roll dem die Füße platt! Will der noch dünner werden? Verpiss dich, du dummes, gutaussehendes Arschgesicht! Meine innerlichen Ausbrüche blieben ungehört. Ich bemühte mich eher mit fast disziplinarischer Strenge dazu, ein ruhiges Äußeres zu behalten. Ansonsten hätte ich ihm wohl wirklich irgendetwas – zum Beispiel meine wunderbar schwere Schultasche, in der sich jetzt wieder mein heißgeliebter Physikwälzer befand – in die Weichteile gedonnert. Mir tat die Frau, die einmal seine Nachkommen austragen sollte, jetzt schon Leid. Allein schon die Vorstellung, dass noch mehr von seiner Art existieren sollten… An ihrer Stelle würde ich mich wahrscheinlich sofort vom nächsten Turm stürzen. Freiwillig tat sich nämlich bestimmt niemand so etwas an. Ich bekam ja jetzt schon Angstzustände und ich stand nicht mal zur Auswahl! „Na, hat dir mein wunderbares Antlitz die Sprache verschlagen?“, fragte mein Lieblingsfeind, als wir den besagten Park gerade erreichten. Am besten wäre es wahrscheinlich, so eine Frau gäbe es gar nicht! „Tut mir ja Leid, aber da muss ich dich unglücklicherweise enttäuschen.“, war meine zuckersüße Antwort. „Nichtsdestotrotz versuche ich zu diesem Zeitpunkt, ein bisschen Luft zu finden, das noch nicht von deinem schlechten Geruch verpestet ist. Schon mal darüber nachgedacht, ein anderes Parfüm zu benutzen? Oder sind das gar deine eigenen Ausdünstungen?“ Bei meinen letzten Worten riss ich gespielt entsetzt die Augen auf, blinzelte ihm unschuldig-verängstigt an. Mir war klar, dass ich momentan auf einem sehr schmalen Grat wanderte, aber anders als am Anfang lockte mich nun die Vorstellung, ihn bis aufs Blut zu reizen, ungemein. „Rei…“ Seine Stimme war ein bedrohliches Knurren. Okay. Das hieß dann wohl: Nimm die Beine in die Hand und lauf um dein Leebeeeen~! Doch so weit kam ich erst gar nicht. Bevor ich auch nur den ersten Schritt von Kashiwazaki weg gemacht hatte, wurde ich schon von diesem an der Hand gepackt und gnadenlos mitgezogen. Geradewegs ins Gebüsch hinein. Nee, oder? Nicht hier! Bitte alles, aber nicht hier!, dachte ich panisch und zappelte in seinem Griff. Wie wenig Erfolg ich damit hatte, wurde vor allem dadurch klar, dass ich keine zwei Minuten später an einen Baum gedrängt wurde, der weitab aller Zivilisation - sofern man das in einem Park behaupten konnte - lag. Gut, stand. Ich ächzte leise auf und versuchte nun, von dort zu fliehen, aber es war hoffnungslos. Die Kraft, die in seinen verhältnismäßig schlanken Händen steckte, fixierte mich so am Stamm, dass ich mich kaum zu regen vermochte. „Noch irgendwelche letzten Wünsche?“, raunte Kashiwazaki in mein Ohr und ließ mich dadurch erschauern. Oh ja, er wusste, wie er seine Stimme einzusetzen hatte… „Reißt du dir gleich freiwillig die Eier ab oder muss ich das machen, wenn du mit mir fertig bist?“, zischte ich ein wenig zittrig, versuchte aber, diesen mir unliebsamen Umstand zu verbergen. Ein bisschen Stolz hatte ich ja noch. Der Finsterling sah indes ziemlich erstaunt zu mir herunter, blinzelte, war wohl konsterniert wegen meiner krassen Wortwahl. Aber er fing sich - sehr zu meinem Bedauern - bald darauf wieder. „Ich bedaure, aber beides wird leider nicht zutreffen, Schwuchtelchen. Du bist einfach zu schwach~“ Als wolle er seine Worte noch untermalen, wurde sein Griff um meine Handgelenke fester und der gesamte Druck auf meinen Körper stärker. Eigentlich war ich immer der Meinung gewesen, Holz wirklich zu mögen; es allerdings so in den Rücken gedrängt zu bekommen, war dann schon nicht mehr ganz so toll. „Gnh~!“ Ich konnte nicht verhindern, dass mir ein unwilliger Laut entfloh, als ich meinen wütenden Blick erneut auf das große Arschloch vor mir richtete. „Lass den Scheiß!“, knurrte ich erbost, zerrte gleichzeitig an seinem Griff. „Ich bin kein Spielzeug, auch wenn ich noch so niedlich aussehe!“ Meine Antwort brachte ihn bloß zum Lachen. „Niedlich? Du? Wer hat dir denn diesen Mist verklickert?! Etwa einer von deinen schwulen Freunden?“ Wieder musste er lachen. „Tut mir ja schrecklich Leid, dass ich deine Wunschtraumvorstellung jetzt zerplatzen lassen muss, aber ich habe an dir bis jetzt noch gar nichts Süßes entdeckt! Da sind nur verabscheuungswürdige Dinge, die ich dir sehr, sehr gerne austreiben werde~!“ Okay. Das war jetzt schon eher besorgniserregend. Ich schluckte. Dieser Unterton machte mir, um ehrlich zu sein, nicht gerade sehr viel Hoffnung, seinen finsteren Plänen - was auch immer das für welche waren - zu entkommen. Aber bekanntlich ist es ja jeder Versuch wert… „Du…sag mal…willst du dir nicht lieber ein anderes Dankeschön aussuchen? Also, ein Eis, ein Drink oder vielleicht ein romantisches Wochenende mit deiner Freundin? Das alles kann doch nur besser sein als das, was du gerade vorhast. Na ja, und was das dann angeht, bin ich wirklich großzügig…“ „Das will ich auch hoffen. Das andere ist mir nämlich zu ordinär.“ „Was?! Auch das romantische Wochenende mit deiner Freundin?!“ „Ich habe keine Freundin.“ „Oh…will dich also tatsächlich keine?“ Scheiße! Das war zu viel! Leider hatte ich meinen Fehler erst viel zu spät erkannt und musste für diese Dummheit mit einem höchst unangenehmen Gefühl zwischen den Beinen büßen. „Halt‘s Maul oder ich drücke zu. Und glaub mir: das wirst du nicht mehr so lustig finden!“ „Ach? Hast du damit etwa schon deine Erfahrungen gemacht?“, lag mir auf der Zunge, aber ich verkniff es mir lieber, schließlich fand ich es ja jetzt schon nicht so lustig. Ich musste mich sogar richtig an den Riemen reißen, um mein Gesicht nicht verräterisch zu verziehen. So war ich ziemlich erleichtert, als seine Hände sich kurz darauf doch ein bisschen lockerten. Verständlich. Jedes männliche Wesen weiß, wie weh es tut, wenn einem die Eier halb eingequetscht werden… Leider war das kein Grund aufzuatmen. Bei Kashiwazaki wäre das sogar schlichtweg das Zeichen für einen überaus niedrigen IQ-Wert! So sah ich sehr angespannt und sowohl erleichtert, als auch ängstlich zu meinem Peiniger auf und wartete ab, was dieser nun vorhatte. Sein dreckiges Grinsen verhieß jedenfalls nichts Gutes. „Also, Rei-Schätzchen. Kommen wir endlich zu meiner Belohnung. Ich denke, du weißt bereits, was ich will, nicht wahr~? Ich hab ja gehört, dass du außerordentlich talentiert sein sollst, was das angeht.“ Oh nein! Bitte nicht! Mein stummes Flehen schien auch in meinen Augen sichtbar zu sein, denn des Teufels Grinsen wurde breiter. „Oh ja. Ein paar deiner Exfreunde hatten wirklich Spaß daran, mir davon zu erzählen. Besonders das, was du danach immer getan hast, hat ihnen gefallen. Aber sei beruhigt. Ich will gar nicht, dass du dir vor meinen Augen einen runterholst; das wäre ja abartig. Nein, nett wie ich bin, begnüge ich mich damit, von dir einen geblasen zu bekommen. Mach schon, Schwuchtelchen. Lass mich dein Talent mal miterleben!“ Er lachte laut, rau und erschien mir dabei mehr denn je wie ein Dämon. „Bastard!“, zischte ich ohnmächtig der Macht, die er in aller Ruhe auf mich ausüben konnte, gegenüber. Aber mehr als ein „Tststs!“ brachte mir mein ohnehin erbärmlicher Ausbruch nicht ein und zu allem Überfluss wurde jetzt auch noch mein Kinn gepackt und in die Höhe gezogen. Super, noch unterwürfiger konnte ich wohl auch nicht mehr dastehen! Frustriert biss ich die Zähne aufeinander und erwiderte seinen kalten Blick trotzig. Er hielt dieses schweigende Anstarren nicht lange aus. „Und? Bist du gewillt, es zu tun, oder muss ich mir etwas anderes ausdenken, was du dann aber höchstwahrscheinlich nicht so gerne tust?“ „Pah! Als würde ich das gerne bei dir tun! Dieses Privileg durften noch nicht viele genießen~!“ „Ts, Lüge!“ Seine Augen funkelten gefährlich. „Du hast es doch bei jedem deiner Freunde gemacht, wenn du mal keine Lust hattest, mit ihnen zu schlafen und deshalb irgendetwas zum Vertrösten brauchtest!“ So ein Mist, der hat wirklich genau recherchiert! Warum quatschen diese Mistkerle auch bloß so viel?! „Tja, ich bin halt ein vorausblickender Mensch.“ Und meine Gedanken kann er auf einmal auch noch lesen. Toll. Ich musste mich wohl oder übel geschlagen geben. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz Es wunderte mich zwar ein wenig, dass er nichts dagegen hatte, wenn ein Mann ihm einen blies, aber ein Mund war schließlich ein Mund, egal ob männlich oder weiblich. Der einzige Unterschied war vielleicht, dass ich besser abschätzen konnte, was sich gut für einen Kerl anfühlt. Aber selbst das konnte man mit viel Herumexperimentieren und Üben leicht herausfinden und nachahmen. Ich atmete tief durch. „Gut, wenn du das so unbedingt willst…setz dich da hin.“ Ich nickte zu einem halbwegs freien Fleckchen Gras hin, wo für uns beide Platz genug war. Ohne irgendwie rumzumäkeln - leider aber auch ohne mich loszulassen - setzte er sich hin, fixierte mich dann mit seinen Augen. Jede noch so kleine Bewegung verfolgten sie. Er wollte sicher gehen, dass ich keine Chance hatte wegzulaufen. Aber so dumm war ich nicht; ich wusste ja, dass er mich spätestens zu Hause wieder einfangen würde. Ich musste doch eigentlich in der Lage sein, mich selbst zu verteidigen und die Typen hatten eh viel zu viel zu tun. Mit vor Panik laut klopfendem Herzen kniete ich mich vor ihm hin und schob seine Beine ein Stückchen auseinander, um ungehinderten Zugang zu seinem Hosenbund und damit zum Objekt der Begierde zu haben. Hastig öffnete ich den Reißverschluss. Meine Finger waren geübt darin, es auch bei anderen zu tun, deshalb klappte es ohne Probleme, aber heute kribbelten sie nicht voller Vorfreude, weil ich es endlich tun durfte, sondern zogen sich sehr, sehr gerne wieder zurück, nachdem sie den störenden Stoff seiner Boxershorts beiseite geschoben hatten. Ich wollte mich schon über seinen Schritt beugen, um mein Werk endlich zu beginnen, wurde allerdings von einer großen, starken Hand, in die ich mich nur zu gerne hineingekuschelt hätte, wenn es die seines Zwillingsbruders gewesen wäre, aufgehalten. „Ach und…Rei, kein faulen Tricks. Zu starkes Beißen, Kneifen oder was auch immer finde ich nicht allzu prickelnd. Solltest du dich diesem Verlangen dennoch hingeben… Du weißt ja, du kannst mir nicht entkommen. Und ich bin bereit, dir diesen Schmerz verzehnfacht zurückzugeben. Alles klar?“ Scheiße. Der hatte mir doch glatt meinen Herzenswunsch an der Nasenspitze angesehen. Wie ärgerlich! Ich nickte ergeben. „Verstanden. Keine faulen Tricks.“ Mein Mund wurde trocken, während ich sprach. „Also gut. Dann mal frisch ans Werk, Kleiner. Lass mich deine Fähigkeiten genießen~“ Ich schloss die Augen und presste meine Lippen aufeinander. Jetzt führte wohl kein Weg mehr an dieser Hölle vorbei… Sein erwartungsvoller Blick war ganz deutlich in meinem Nacken zu spüren, als ich den Kopf nun endgültig zu ihm hinabsenkte und ihn, jetzt doch ziemlich schüchtern geworden, in Augenschein nahm. Wie nicht anders zu erwarten war er angesichts seiner Körpergröße nicht gerade der Kleinste. Glücklicherweise aber auch noch nicht zu groß, um ihn in den Mund zu bekommen. Ich hob ihn ein wenig mit der Hand an und schob meine Zunge vorsichtig unter seine Spitze, zog sie sanft zwischen meine Lippen und umschmeichelte sie so zärtlich wie es mir bei diesem Kerl nur möglich war. Meine Berührungen zeigten sofort ihre Wirkung - Kashiwazaki war wohl einer von der ganz empfindlichen Sorte. Dieses Wissen zauberte ein dickes Grinsen auf meine Lippen, die ich im selben Augenblick noch ein wenig mehr anspannte, um ihn tiefer in mich hineinzusaugen. Es war so unglaublich einfach, ihn hart werden zu lassen. Ich musste kaum mehr tun, als ihn in mich aufzunehmen und gleichzeitig mit meinen Fingern ein bisschen weiter unten herumzustreichen. Kaum dass ich ihn so weit es ging in mir versenkt hatte, zog ich mich auch schon wieder zurück. Schön langsam natürlich, damit er genug Zeit hatte, die Bewegungen meiner Zunge, mit denen ich ihn ausgiebig reizte, zu genießen und das nachfolgende Kratzen meiner Fingernägel auf seiner empfindsamen Haut zu verfluchen. Zuckerbrot und Peitsche in den allerzartesten Anfängen, das mochten viele. Auch er. Dieser Dummkopf versuchte zwar, dies hinter einer möglichst kühlen Maske zu verbergen, aber das leichte Zucken, das durch seinen Unterleib ging, als ich verspielt mit der Zunge gegen seine Spitze gestupst hatte, offenbarte mir, was ich wissen wollte. Vermutlich wird er mir gegenüber nie wieder so ehrlich sein wie jetzt., dachte ich zynisch und nahm ihn einmal ruckartig auf. Ein überraschtes Keuchen war seine Reaktion, die er wohl sehr zu seinem Missfallen nicht hatte zurückhalten können. Mit einem noch breiteren Grinsen als vorher zog ich mich zurück. Der stand ja schon wie eine eins! Kategorie: ultrahochempfindlich~! Nachdem ich das herausgefunden hatte, wurde die Aktion für mich endlich etwas amüsanter. Schmunzelnd pustete ich über die feuchte Haut, wohl wissend, dass er dadurch sogar noch empfindlicher wurde. Der beste Beweis dafür waren sowohl die in den Boden gekrallten Hände, als auch die roten Ohren, die sein Gesicht umrahmten. Herrlich~! Er fand das anscheinend nicht ganz so lustig wie ich, denn sein Gesicht wurde beim Anblick meines Grinsens finster. Ich musste einfach noch mal pusten. „Lass das!“, fauchte er daraufhin aufgebracht, mit gepresster Stimme. „Du verhältst dich ja wie eine kleine Jungfrau, die nicht den blassesten Schimmer hat, wie sie es machen soll. Mach‘s endlich richtig, oder ich werde sauer!“ „Du bist es doch eh schon.“, war meine trockene Antwort auf seinen halben Wutausbruch. „Außerdem liegst du falsch. Ich weiß, was ich tue und ich sehe, dass sogar du darauf stehst. Du reagierst sogar noch mehr als irgendeiner meiner Exfreunde. Das sollte dir vielleicht zu denken geben…“, raunte ich kurz oberhalb von seinem erregten Glied, küsste es und begann, es mit meinen Zähnen zu verwöhnen, bevor er irgendetwas Blödes erwidern konnte. So versuchte er es auch gar nicht mehr. Ich spielte noch ein wenig mit ihm, vergriff mich entweder nur an seiner Spitze, tat so, als würde ich richtig loslegen, entzog mich ihm aber sofort wieder, brachte meine Fingernägel oder - jetzt, da ich wusste, dass er ums Verrecken nicht zugeben würde wie sehr er darauf stand - ein kleines Pusten zum Einsatz. Irgendwann wurde mir aber selbst das zu langweilig und in mir stieg das Verlangen auf, alles so bald wie möglich hinter mich zu bringen. Nicht einmal das zarte Zucken seiner Erregung, das mit seinen hochroten Öhrchen im Hintergrund durchaus nett anzusehen war, konnte mich von diesem Wunsch abbringen. Ich knabberte an ihm hinunter, nahm ihn tief in mich auf, zog mich zurück, wanderte wieder nach unten und verfiel nach und nach in einen sinnlichen Rhythmus, der Kashiwazaki, aus dessen Kehle immer wieder ein unterdrücktes Stöhnen entwich, unglaublich zusagte. Seine ursprünglich ins Gras gekrallten Hände vergruben sich in meinen Haaren, drückten mich tiefer und ihn in meinen Rachen. Es war unangenehm, am liebsten hätte ich gewürgt, aber dieses Zeichen der Unterwerfung verkniff ich mir; alles andere war ja schon so schlimm genug. Außerdem war ich diese Reaktion von seinen Vorgängern gewohnt, kein Grund zur Panik also… Ich machte weiter, liebkoste seine Corona, umschlang ihn mit der Zunge, biss sanft zu, jagte damit Schauer durch seinen Körper und ließ meine Finger über seine zum Bersten gespannten Hoden gleiten. Er wollte tiefer in mich hinein, hob hin und wieder die Hüften ein Stück an, doch ich drückte sie sofort wieder nach unten, so dass er sich mit geschlossenen Augen und in den Nacken gelegtem Kopf seinem Schicksal ergeben musste. Meine Bewegungen wurden schneller, seine Stimme, die er immer noch erfolglos unterdrücken wollte, lauter und sein Beben immer stärker. Nach einem letzten auffordernden Biss und einer winzigen Massage, rückte ich endgültig von ihm ab; gerade noch rechtzeitig, denn er ergoss sich fast im selben Moment. Dank seiner Hände, die immer noch in meine Haare gekrallt waren, bekam ich trotz meines Rückzuges noch etwas ab und verzog das Gesicht, während ich mir eben jenes sauber wischen musste. „Lass mich endlich los.“, knurrte ich daraufhin. Der Griff in meinem Haar war längst nicht mehr nötig. Er nickte ohne Protest, zog seine Hände zurück und ließ sie wieder ins Gras sinken. Oh ja, das hatte ihm gefallen. Noch jetzt konnte ich das an seinem Gesicht ablesen. Na, wenigstens etwas… Ich ersparte mir die Frage nach seiner Zufriedenheit und rappelte mich auf, strich mir die zerwuschelten Haare zurecht und richtete meine Klamotten. Wieder folgten mir dabei seine Augen. Um Gottes Willen, was will er denn jetzt?! „Willst du mich nicht endlich anziehen?“, kam die Forderung auch schon prompt. Ich hob ungläubig eine Augenbraue, mochte ihn kaum mehr eines Blickes würdigen. „Glaubst du nicht, dass du das alleine können solltest? Oder zittern deine Hände dank meiner Künste immer noch so sehr, dass du nichts richtig fassen kannst?“ Meine Blicke glichen kalten Pfeilen, abgeschossen in erbarmungslosen Kriegen. Kashiwazaki erwiderte nichts darauf, sondern stand einfach auf, zog seinen Reißverschluss wieder zu, wobei er peinlichst darauf achtete, dass alles dort saß, wo es hingehörte und sah mich anschließend aus seinen unergründlichen Augen an. „Vielleicht sollte ich dir öfters meine Mathehausaufgaben geben. Deine Übung zahlt sich ja ganz offensichtlich aus.“, meinte er grinsend. Angewidert drehte ich mich von ihm weg. „Vergiss es.“, war alles, was ich dazu zu sagen hatte, und dann ließ ich ihn stehen. vOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIszvOnAbIsz J wie Jungfrau – Ende Weiter geht’s in: K wie Krisenzeiten Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)