Close the Door von -Ray- ================================================================================ Kapitel 11: Kapitel 11 ---------------------- Close the Door Kapitel 11: Joseph schlief die nächsten anderthalb Tage komplett durch. Seto lenkte sich stattdessen ab. Ging am nächsten Tag zur Schule, danach bis spät nachts in die Firma um die aufgeschobene Arbeit endlich nachzuholen. Gegen zwei Uhr machte er sich auf den Heimweg und fiel erschöpft ins Bett. Er brauchte dringend Schlaf. Mein Kopf schmerzte. Ich fühlte mich zerschlagen. Meine Glieder waren ganz steif und als ich mich aufsetzte wurde mir für einen Moment schwarz vor Augen. Ich stöhnte leise. Schwang dann meine Beine aus dem Bett und versuchte aufzustehen. Zwei Sekunden später fand ich mich auf dem Boden liegend wieder. Oh mein Gott! dachte ich und versuchte mich wenigstens wieder aufzusetzen. Hilfe? Also zog ich mich zurück ins Bett und verkroch mich wieder unter der Decke. Das Atmen fiel mir schwer. Meine Lunge schmerzte. Kurz sah ich auf die Uhr. Riss erschrocken die Augen auf. Es waren drei Tage vergangen? Wie sollte das denn gehen. Hatte ich etwa einen Filmriss? Angestrengt überlegte ich, was in den letzten drei Tagen passiert sein könnte. Runzelte dann die Stirn. Mir kamen ein paar Bilder in den Sinn. Von Kaiba, der neben mir auf dem Bett lag und schlief, von der Haushälterin, die ein weißes Tuch in der Hand hielt, vom Arzt, der mich besorgt musterte und wieder von Kaiba, der wie verrückt auf die Tastatur seines Notebooks hämmerte. Hä? Inzwischen vollkommen verwirrt, startete ich einen zweiten Versuch mich aufzurappeln. Diesmal ging es leichter. Bevor ich erneut stürzen konnte, hielt ich mich an einem der Bettpfosten fest. Stolz bildete sich ein leichtes Grinsen auf meinen Lippen. Nach einigen Sekunden fühlte ich mich sogar dazu in der Lage ein paar Schritte zu gehen. Und tatsächlich, die Kraft schien scheinbar langsam zurück zu kehren. Etwas unsicher stolperte ich ins Bad, verrichtete meine Notdurft, putzte mir die Zähne und wusch mir das Gesicht. Ich sah an mir herunter. Ein schwarzes T-Shirt und blau karierte Boxershorts bedeckten meinen Körper. Irgendwer schien mir etwas anderes angezogen zu haben. Oder ich war es selbst, und hatte tatsächlich einen Filmriss. Ich schüttelte die Gedanken ab, trottete zurück in den Schlafraum und griff nach der schwarzen Jogginghose, die auf dem Stuhl, rechts vom Bett lag. Ich sollte mich dafür lieber hinsetzen, kam es mir in den Sinn und hockte mich kurzerhand auf den Stuhl um mir die Hose überzustreifen. Ja…tatsächlich war es eine gute Entscheidung gewesen. Denn sobald ich wieder aufstand, übermannte mich ein ekelhaftes Schwindelgefühl, das sich scheinbar in meinen Kopf einnisten wollte. Kurz überlegte ich, mich einfach wieder zurück ins Bett zu legen, doch eigentlich hatte ich dazu im Moment so gar keine Lust. Ich war jetzt lang genug im Bett gelegen, langsam musste es doch mal wieder aufwärts gehen. Also ignorierte ich den Schwindel so gut es ging und machte mich auf den Weg zur Tür. Auch ein verletzter Hund brauchte Auslauf. … Oh Gott…was war dass denn jetzt? Jetzt war ich scheinbar total durchgeknallt… Ich strich den letzten Gedanken einfach aus meinem Kopf und öffnete die Tür um mich auf Erkundungsreise zu begeben. Ein Rollstuhl wäre jetzt klasse, kam es mir in den Sinn. Das würde so einiges vereinfachen. Kurz dachte ich darüber nach, mir einen Stuhl mitzunehmen, um mich gegebenenfalls darauf ausruhen zu können, doch das war mir letztendlich doch zu absurd. Das war dann doch zu peinlich. Du drehst scheinbar eh langsam durch, dachte ich bei mir und seufzte resignierend. Ich wandte mich nach rechts und tastete mich vorsichtig an der Wand entlang. Lieber kein unnötiges Risiko eingehen. Nach wenigen Metern legte ich eine kurze Pause ein um zu verschnaufen. Wer hätte gedacht, dass ein Mensch nach wenigen Tagen Ruhe so schwach sein könnte. Meine Lunge schmerzte immer noch, und das Atmen fiel mir schwer. Einfach ignorieren, entschied ich. Bis ich das Ende des Flurs erreicht hatte, vergingen bestimmt fast zehn Minuten. Brauchte auch eine Pause nach der anderen. Aber ausnahmsweise wollte ich vernünftig sein und meinen Ausflug langsam angehen lassen. Außerdem hatte ich Durst, da musste ich wohl oder übel die Küche erreichen…wo war überhaupt die Küche? Angestrengt die Stirn runzelnd überlegte ich eine Weile. Definitiv im Erdgeschoss…glaubte ich zumindest. Wahrscheinlich hinter dem Speisesaal…und der war…ja genau rechts neben der Haupteingangstür. Also los geht’s! Schließlich kam ich an der Treppe an, atmete einmal tief durch und nahm dann eine Treppenstufe nach der anderen in Angriff. Ein Sturz wäre jetzt wirklich sehr unpraktisch und mit Sicherheit extrem schmerzhaft. Nach dem ersten Absatz, hörte ich schließlich Schritte und Seto Kaiba, der Besitzer dieser wundervollen Villa kam mir entgegen. Er trug die Schuluniform und hatte sein Notebook unter dem linken Arm geklemmt. Als er mich erkannte, blieb er ruckartig stehen und sah mich verwundert an. Ich grinste und hob die Linke um zu Winken. Totenschädelgrinsen! Kam es Seto in den Sinn. Verwirrt runzelte er die Stirn. Warum steckte dieser Idiot nicht in seinem Bett und kurierte sich aus? „Was tust du hier?“ Ich zuckte leicht mit den Schultern. „Spazieren gehen.“ „Aha.“ „Ja…ich brauchte etwas Bewegung.“ „…“ „Habs nicht mehr ausgehalten im Bett.“ „Hm…“ „War langweilig. Und wie du siehst, klappt das mit dem Laufen schon ganz gut. Hab nur zehn Minuten gebraucht bis hier her.“ „Aha.“ „Ich dachte ich sehe mich hier ein bisschen um.“ „…“ „Und außerdem habe ich Durst. Ich dachte ich finde zufällig die Küche.“ „Hm…“ „Ähm…kannst du auch normale Antworten geben?“ „Die willst du nicht hören.“ „Was wären das denn für Antworten?“ „Eine Mischung aus: ,Was zum Teufel soll das?`, ,Verschwinde sofort wieder ins Bett!` und ,Hast du den Verstand verloren?`“ „….Oh.“ „Ja, Oh. Und jetzt hau ab.“ „Wohin?“ „Na ins Bett!“ „Aber…!“ „Nichts aber.“ „Bitte…“ „Nein.“ „Seto....“ „Was denn?“ „Ich will nicht.“ „Verschwinde!“ Ich zuckte zusammen. Wieder diese Kälte in seinen Augen… Ich sah weg. Biss die Zähne zusammen. Verschwinde… Wie er das Wort ausgesprochen hatte…es erinnerte mich… Nein, nicht darüber nachdenken! verbot ich mir. Ich schloss für einen Moment die Augen. Hörte Schritte. Kaiba kam auf mich zu, strich mir kurz durch das Haar. „War das zu hart?“, fragte er mich leise. Ich nickte. Genoss diese leichte, zarte Berührung seiner Hand. Ich öffnete die Augen und sah ihn an. „Tut mir leid.“, flüsterte er. Ich konnte seinen Blick nicht deuten. „Ich kann keine Sekunde länger in diesem Zimmer bleiben. Bitte…“ Schließlich gab er nach. Ich bildete mir sogar ein ganz kleines Lächeln auf seinen Lippen ein. „Dann komm mit.“, entgegnete er und trat an mir vorbei, die Treppen hoch. Ich folgte ihm langsam, darauf bedacht, mich nicht zu überfordern. Er führte mich in einen Raum, schräg gegenüber dem Gästezimmer, das ich bewohnte. Neugierig sah ich mich um. Es war sein Büro. Links stand eine Couch mit einem eleganten Glastisch davor. Direkt gegenüber der Tür stand sein Schreibtisch, so gedreht, dass er die Tür immer im Blickfeld hatte. Es standen mehrere Regale an der rechten Seite, die eine Vielzahl von Büchern, Akten und Ordnern beherbergte. „Setz dich, oder noch besser: Leg dich hin.“, wies er mich an und zeigte auf die Couch. Brav folgte ich seiner Aufforderung, setzte mich auf die Couch, stapelte alle Kissen auf einen Haufen und legte mich dann hin. Seto verschwand kurz im Nebenraum, den er durch eine Durchgangstür im rechten, hinteren Eck erreichen konnte, um mir eine Wolldecke zu holen. Dann kam er zu mir, drückte sie mir in die Hand und griff dann nach einer Wasserflasche, die neben seinem Schreibtisch stand. „Hier.“, sagte er und hielt sie mir vor die Nase. „Danke.“, entgegnete ich leise, griff nach der Flasche, öffnete sie und trank einen großen Schluck. „Ich muss noch ein paar Stunden arbeiten.“, erklärte er nebenbei und setzte sich hinter seinen Schreibtisch, legte das Notebook vor sich auf die Holzplatte und schaltete es an. „Störe ich dich nicht dabei?“, fragte ich verwundert. „Nein.“ „Sag mal…“, fing ich nach zirka zehn Minuten schließlich an. „Was ist?“, entgegnete er emotionslos. „Was ist in den letzten drei Tagen eigentlich passiert?“ Irritiert sah er auf und suchte meinen Blick. „Du kannst dich nicht erinnern?“ „Nein.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Hab ich irgendwas angestellt? Oder bin ich wieder gestürzt? Ich habe das Gefühl einen Blackout zu haben. Zusätzlich tut mir die Lunge weh, und ich hab eklige Kopfschmerzen. Was war denn los?“ „Du warst krank. Hattest über vierzig Grad Fieber. Der Arzt hatte den Verdacht auf eine Lungenentzündung. Die letzten drei Tage hast du komplett durch geschlafen.“ „Dann wolltest du deshalb, dass ich wieder ins Bett gehe…“, stellte ich fest und lächelte leicht. Er wandte den Blick wieder seinem Notebook zu und tippte weiter. Sagte nichts dazu. „Tut mir Leid…“ Seto hielt inne, klappte sein Notebook zu und sah mich einen Moment lang schweigend an. Dann stand er auf, kam auf mich zu und setzte sich an den Rand der Couch. Er zog ein Bein an und stützte seinen Ellenbogen darauf. Unsere Blicke trafen sich. „Warum entschuldigst du dich?“, fragte er leise. „Ich bereite dir nur Probleme.“ Er schloss für einen Moment die Augen, überlegte kurz und erwiderte dann: „Warum hältst du so sehr an dem Gedanken fest, dass du nur ein Problem für mich darstellen könntest, Joseph?“ Ich schwieg. Wandte den Blick ab. „Joseph…ich weiß dass ich in den letzten Jahren oft nicht fair zu dir war, und dass ich Dinge gesagt habe, die dich verletzt haben. Ich weiß, dass es schwer für dich ist, Vertrauen zu mir zu fassen, nach dem was alles vorgefallen ist. Mir ist klar, dass du das Gefühl hast, mich nicht zu kennen, ich kann mir vorstellen, dass du ein Problem hast, meine Handlungen dir und anderen gegenüber zu verstehen. Und trotzdem, wenn es etwas gibt, was du wissen solltest ist, dass ich nie, wirklich nie auf die Idee kommen würde, hier jemanden zu beherbergen, den ich Hasse, den ich Verabscheue, oder den ich als ein Problem ansehe. Also…wann hörst du auf, zu denken, du wärst mir lästig?“ Ich schluckte. Soviele Worte auf einmal aus Seto Kaibas Mund zu hören war ungewohnt. Und mir schwirrte der Kopf. Dann räusperte ich mich und flüsterte leise: „Tut mir leid.“ Seufzend schüttelte er mit dem Kopf. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen…“ Ich nickte, biss kurz die Zähne zusammen und sah ihn schließlich mit einem bittenden Gesichtsausdruck an. „Aber wenn du mich nicht hasst, was fühlst du dann?“ Überrascht weiteten sich seine Augen einen Moment. Dann schluckte er sichtlich. Er wandte den Blick von mir ab, sah irgendwo zwischen Sofa und Couchtisch auf den Boden und wirkte schon fast…verlegen. Seto Kaiba wirkte verlegen… Ein eigenartiger Gedanke… Schließlich drehte er sich wieder zu mir um, sah mir tief in die Augen und antwortete leise: „Das weiß ich noch nicht so genau…“ Enttäuscht brach ich den Blickkontakt ab und wandte mein Gesicht zur Lehne damit er meine Gefühle nicht so leicht erriet. „Joseph…“ Er wirkte überfordert, zögerte kurz und griff dann nach meinem Kinn um meinen Kopf in seine Richtung zu ziehen. Er erschrak, als er den Schmerz in meinem Blick erkannte und zögerte. Ich riss mich los und wollte mich aufsetzen doch er griff nach meinem Arm und wollte mich aufhalten. „Warte…“ „Nein“ Ich befreite mich erneut mit einem Ruck und kam schwankend auf die Beine. „Ist okay, das war Antwort genug.“, sagte ich schnell und drehte mich von ihm weg. Ich stolperte zur Tür, öffnete sie und verließ den Raum. Mit wenigen Schritten war ich an meinem Zimmer angekommen, stürzte hinein und ließ mich aufs Bett fallen. Ich vergrub mein Gesicht in den Kissen und atmete tief durch. Was hatte ich erwartet? Ein Liebesgeständnis? Wahrscheinlich. Wie konnte ich nur so dumm sein? Ich war so ein Idiot… Zu denken er könnte mich mögen. Gerade mich! Ich hatte mir so sehr eine positive Antwort erhofft. Dass er mich mochte, mich gern hatte, in irgendeiner Form Sympathie für mich empfand. Natürlich schien er mich nicht zu hassen, doch zu mögen schien er mich wohl auch nicht… Oder war es so schwer für ihn zu sagen was er für mich empfand? Wenn er denn überhaupt irgendetwas für mich fühlte… Leise klopfte es an der Tür. Ich ignorierte es. Hoffte er würde einfach wieder verschwinden. Schließlich öffnete sich die Tür einen Spalt breit. „Geh weg!“ rief ich ihm zu, gedämpft durch das Kissen. „Joseph bitte…lass mich erklären“, bat er leise. Mit einem Ruck setzte ich mich auf, griff nach dem Kissen das unter mir lag und schmiss es mit voller wucht Richtung Tür. Ich traf ihn an der Brust. Das Kissen prallte an ihm ab und fiel zu Boden. „Verschwinde!“, schrie ich ihm entgegen und sah ihn wütend an. Nicht er war es der diese Wut in mir hervorbrachte sondern ich selbst. Ich war wütend auf mich selbst. Schweigend drehte er sich um und schloss die Tür fast geräuschlos hinter sich. Ich vernahm leise Schritte die sich langsam entfernten. Mir wurde kalt. Schrecklich kalt. Ich wickelte mich in meine Decke ein und rollte mich zu einer Kugel zusammen. Ich zitterte am ganzen Körper. Mein Ausbruch tat mir sofort Leid. Er konnte ja nichts dafür… Ich war es gewesen der diese Situation heraufbeschworen hatte. Niemand hatte mich gezwungen ihm eine solch persönliche Frage zu stellen. Einem Seto Kaiba stellte man eben keine solch intimen Fragen. Tränen sammelten sich in meinen Augenwinkeln und bahnten sich langsam einen Weg über meine Wangen. Ich war wirklich ein Idiot! Ich wünschte mir so sehr von ihm gemocht vielleicht sogar geliebt zu werden. Wo er doch der einzige Mensch auf dieser Welt war der erkannte, was in mir los war, der wusste, was passiert war und der erahnte, was in mir vorging und was ich brauchte. Ich brauchte Nähe, brauchte seine Nähe und spürte, dass ich mich schon so sehr in seinen blauen Augen verloren hatte, dass es für mich kein zurück mehr gab. Auch wenn ich momentan noch nicht über meine Vergangenheit sprechen konnte, hatte ich ihm trotzdem längst all mein Vertrauen geschenkt, dass ich im Moment geben konnte. Auch wenn ich noch nicht über meinen Vater sprechen konnte, so gab es niemanden auf der Welt mit dem ich hätte über ihn reden wollen, außer ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)