Der Hochmütigen Zähmung von AudreyBlanche (Wichtelgeschichte für Pokerface) ================================================================================ Der Hochmütigen Zähmung ----------------------- Ihren Blick auf die gegenüberliegende Wand gerichtet, offenbarte diese ihr nicht viel Neues. Sie war immer noch leer, grau und schäbig. Vor genau dreiundsechzig Minuten war ihr die Beschäftigung ausgegangen, seitdem starrte sie begeistert an diese Wand und versuchte ihr etwas Interessantes zu entlocken. Doch leider schwieg sie genauso beharrlich... Mittlerweile waren es vierundsechzig Minuten ohne einen nennenswerten Vorgang. Wie lange genau sie sich bereits hier unten befand, konnte sie auch nicht mehr exakt sagen. Entweder waren es inzwischen drei Tage, dreiundzwanzig Stunden und achtzehn Minuten oder eben vier Tage, null Stunden und siebenunddreißig Minuten. Nein, die Sekunden hatte sie nicht gezählt, wer würde schon so kleinlich sein. Aber es wurmte sie, dass sie sich nicht mehr erinnern konnte, wie spät es genau gewesen war, da sie diesen Raum hier betreten hatte. Doch irgendwie war die Zeit das unwichtigste gewesen, was es damals hatte geben können. Sechsundsechzig Minuten. Ein Jucken an ihrem rechten Arm lenkte sie von ihren trübseligen Gedanken ab und ihrer einzigen Mitbewohnerin hier zu. Der Spinne, deren Bekanntschaft sie bereits kurz nach ihrer Ankunft gemacht hatte, kein Grund zur Panik, also. Kein Grund zur Panik?! Kreischend sprang die Brünette auf, schüttelte ihren Arm wie verrückt, hüpfte durch das Zimmer und quietschte nach jedem Luftholen ein wenig lauter. Sie übertrieb dabei keineswegs, auch wenn es für Unbeteiligte so aussehen mochte, schließlich war das nicht eines dieser süßen, ameisengroßen, harmlosen Hausspinnen, sondern eine widerliche, überdaumengroße, langbeinige, behaarte, sehr wahrscheinlich giftige Monsterspinne! Wer konnte schon sagen, was für Krankheiten die übertrugen, oder ob sie so kleine, rote, hässliche Bissspuren hinterließen, wenn sie sich an ihr gütlich getan hatten. Aber das sollte doch eigentlich gar nicht ihr Problem sein. Mit einem schrägen Seitenblick auf die dunkle Nische, in die sich das Spinnchen verkrochen hatte, setzte sie sich auf die am weitesten davon entfernte Ecke der Bank. Auf den Boden würde sie sich nicht setzen, der war sicher furchtbar dreckig. Ihr Blick hob sich wieder auf die gegenüberliegende Wand. Wo war sie nochmal stehen geblieben? „Du verdammtes, kleines Biest hast mir meine ganze Zählung verdorben! Was soll ich denn sagen, wenn mich Papa jetzt holen kommt? Ich starre seit einer halben Minute diese grau Wand hier an?!“ Mit einem frustrierten Ausschrei endete ihr Monolog und sie erhob sich. Sicher ging es schneller, wenn sie einfach mehrmals durch den Raum lief, bis sie behaupten konnte, sie sei bereits mehrere hundert Male aus lauter Langeweile hier im Kreis gelaufen. Dann müsste er ihr Pathos einfach begreifen! Ihr Vorhaben wäre ihr auch beinahe geglückt, wäre nicht bei der sechsundneunzigsten Runde plötzlich die Tür aufgegangen und hätte sie unterbrochen. „Ich habe keine Lust mehr!“, jammerte Jessica, eine hübsche Brünette Mitte zwanzig. Es war Vormittag und sie saß im Beautysalon ihrer Familie zur wöchentlichen Maniküre. Ihr gegenüber saß eine ziemlich hübsche Blondine, die sich gerade mit tiefer Hingabe daran machte, ihre Nägel zu verzieren. „Ich habe keine Lu~st!“, wiederholte Jessica mit mehr Nachdruck. „Papa ist schon wieder nach Deutschland gefahren und mich nimmt er nicht mit! Was soll ich denn hier? Ich sterbe irgendwann noch vor lauter Langeweile!“ Kurz blickte die blonde Bettina auf, dann konzentrierte sie sich wieder ganz auf die Nägel. Dieses Mädel hat ja Probleme! „Dann komm doch für ein paar Tage zu mir.“ Sie lächelte Jessica an. „Du solltest da dringend mal raus.“ Angestrengt dachte die Brünette über diesen Vorschlag nach, während sie mit ihrer rechten Hand leicht wedelte, damit der Lack schneller trocknete. Es war nicht so, als wäre sie noch nie von zu Hause weggelaufen, aber vielleicht lohnte es sich ja dieses Mal wirklich... Entrüstet war Jessica herumgefahren um zu erfahren, wer sie denn diesmal störte. Natürlich, Betty, wer sollte es sonst sein? Die blonde Frau stand im Rahmen mit einem Tablett in der Hand. Nachdem sie sorgfältig die Tür hinter sich geschlossen hatte, ging sie auf Jessica zu und stellte das Tablett vor ihr auf den Boden, dann setzte sie sich im Schneidersitz davor. Die Brünette blieb steif stehen und blickte auf die andere Frau herab. Ein paar Sekunden verharrten beide so, dann blickte die Sitzende auf. Ihre Augen trafen sich und sie hielten Kontakt, bis- „Setz dich hin.“ Beleidigt schnappte Jessica: „Sag mir nicht, was ich zu tun habe!“, ließ sich dann aber trotzdem auf dem Boden nieder. Mit viel Vorsicht und nicht ohne vorher ein wenig linkisch den Boden gereinigt zu haben, aber immerhin saß sie. Ohne ein weiteres Wort begann Betty jetzt zu essen, während das Töchterchen aus reichem Hause sich lieber darüber beschwerte, dass man ihr doch nicht so einen Fraß vorsetzen konnte, das konnte frau ja nicht essen, und überhaupt, wo war ihr Salat und der Nachtisch! Schließlich legte Betty ihr Besteck auf den Teller und blickte auf. Augenblicklich verstummte Jessica. Rasch begann sie jetzt mit Essen. „Kannst du mir nicht wenigstens einen CD-Spieler runterbringen?“, nuschelte sie mit vollem Mund, sodass Betty sie nur mit Mühe verstand. Ungerührt schüttelte ihr Gegenüber jedoch den Kopf. „Hier unten gibt es keinen Stromanschluss.“ „Mist!“ Dann legte sich wieder Schweigen über die beiden, während Jessica nicht mehr ganz so enthusiastisch weiter aß. Dennoch leerte sie den Teller vollständig, schließlich hatte sie heute bereits das Frühstück ausfallen lassen. Kaum hatte sie ihr Besteck abgelegt, erhob sich Betty mitsamt dem Tablett und verließ den Raum. Und wieder war Jessica alleine mit sich - und einer kleinen, großen Spinne. Keuchend stand eine braunhaarige Frau vor der Tür eines Einfamilienhauses und klingelte aufgeregt. Ihre Haare waren zerzaust, aber ansonsten hatte alles an ihr seine Richtigkeit. Hätte sie es nicht so eilig gehabt, wäre auch ihre Frisur noch immer tadellos. Doch eine schon kindlich anmutende Freude hatte sie die letzten Meter hier herauf rennen lassen. Jedenfalls soweit das mit den Stöckelschuhen und dem Koffer möglich gewesen war. Sie klingelte ein zweites Mal, ungeduldig, als auch bereits vor ihr die Tür aufgerissen wurde und eine angenervte Blonde im Bademantel im Rahmen stand. „Ich hab's getan!“ Wie verrückt wirbelte Jessica mit ihren Händen durch die Luft, um Bettina begreiflich zu machen, was sie meinte. „Ich habe einfach meine Sachen gepackt und bin abgehauen!“ Mit hochgezogener Augenbraue blickte Bettina an ihr vorbei auf ihre Einfahrt. „Mit deinem Chauffeur“, stellte sie nüchtern fest. „Ach, beachte ihn einfach nicht. Das Beste ist nämlich, dass niemand weiß, dass ich weg bin, und auch nicht, wo ich bin!“ „Außer deinem Chauffeur...“ „Ich sagte doch, beachte ihn einfach nicht. Hörst du mir überhaupt zu?“ „Ja, tu ich“, meinte die Blonde mit einem weiteren Blick auf den Chauffeur, dann öffnete sie die Tür ein Stück weiter. „Komm rein.“ Freudig hüpfte Jessica an ihr vorbei. Bettina blickte ihr kurz hinterher, dann wandte sie sich an den Mann, der immer noch in ihrer Auffahrt stand. „Möchten Sie auf einen Kaffee hereinkommen?“ „Nein, danke, Ma'm.“ Er neigte den Kopf leicht, dann setzte er sich hinter das Steuer seiner Limousine und fuhr in gemächlichem Tempo aus der Straße. Bettina sah ihm nach, bis ein lautes Scheppern aus ihrem Haus ihr klar machte, dass die Schadensbegrenzung im eigenen Heim erstmal Vorrang haben musste. „Es sind mittlerweile sieben Tage, acht Stunden und vierundzwanzig Minuten!“, verkündete Jessica anklagend, als Bettina zum täglichen Abendessen zu ihr herunter kam. Die Ausreißerin hatte sich entschieden, den früheren Zeitpunkt zu nehmen und von da an die Dauer ihres Aufenthaltes zu berechnen. Als jedoch von seiten der Blonden keine Reaktion kam, wurde auch sie still. Beide Frauen ließen sich auf dem Boden nieder und begannen schweigend zu essen. Irgendwann jedoch platzte es förmlich aus Jessica heraus. „Wann darf ich denn endlich wieder mal duschen? Ich kann den Schmutz bereits wie eine zweite Haut spüren, jedes Mal, wenn ich mich bewege! Und meine Haare triefen vor Fett! Wahrscheinlich verfilzen sie so sehr, bevor ich hier herauskomme, dass ich sie nie wieder richtig durchkämmen kann! Dabei habe ich so wunderschöne Haare. Womöglich müsste ich sie dann abschneiden. Stell dir mich mal mit Glatze vor! Das kannst du einfach nicht wollen!“ Emotionslos hörte Bettina ihrem Gegenüber zu, beobachtete sie in ihren Anstrengungen, Mitleid zu erzeugen. „Und du musst unbedingt etwas gegen dieses ...Viech unternehmen! Ich kann nicht mehr ruhig schlafen, seit sie an mir herumkrabbelt! Wer weiß denn schon, was für Krankheiten die überträgt?!“ „Spinnen übertragen keine Krankheiten. Und ich finde dich hübsch, so wie du jetzt bist.“ Und mit einem Schlag war Jessica aller Wind aus den Segeln genommen. Sie öffnete den Mund, um weitere Beschwerden vorzubringen, aber solange, wie Bettina ihr direkt in die Augen sah, war es ihr unmöglich, noch weiter so kindische Allüren zu vertreten. Denn Bettina sah sie nicht als Kind. Sie wartete einige Zeit, ob Jessica weitersprechen würde. Dann erhob sie sich schließlich und verließ samt Tablett das Zimmer. Es war Dienstag und noch keine zwei Tage her, dass Jessica bei ihr untergeschlüpft war, da wurde Bettina zu ihrem Chef, Jessicas Vater, bestellt. Ausdruckslos verließ sie ihren Arbeitsplatz und begab sich zu seinem Arbeitszimmer. Ihr war klar, weshalb er sie rief, darum ließ es sie allgemein kalt. Ungerührt klopfte sie. „Wie geht es ihr?“, überfiel der bereits etwas ältere Mann sie, kaum dass sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Keine nennenswerten Vorfälle.“ „Isst sie denn auch richtig?“ „Mittlerweile ja.“ „Und sonst? Geht es ihr gut? Zeigen sich bereits Veränderungen?“ „Nein, sie hat sich noch nicht auf die ganze Situation einstellen können.“ „Du meldest dich, wenn sich erste Fortschritte abzeichnen!“ Durchdringend blickte er sie an. Kein Muskel zuckte in ihrem Gesicht. Er mochte sie nicht! Sie war ihm unangenehm, so emotionslos, wie sie war. Leider war sie aber die Einzige, zu der sein kleines Baby Vertrauen geschlossen hatte, und er nun deshalb auf ihre Hilfe angewiesen war. Doch das würde nichts an der Tatsache ändern, dass er sie nicht mochte! „Ja“, antwortete sie unbewegt, dann drehte sie sich weg. Das Gespräch war offenkundig damit beendet. Kurz vor der Tür blieb sie allerdings noch einmal stehen und wandte sich zurück an ihren Arbeitgeber. „Es könnte zu Komplikationen kommen, wenn ich sowohl ihre Tochter als auch meine Arbeit gewissenhaft und ausgiebig handhaben soll.“ Es klang wie eine Drohung, obwohl sie es völlig gleichgültig sagte. In solchen Momenten wusste er nie, was er von ihr halten sollte. „Natürlich hat Jessica Priorität!“ Ihr Blick hatte sich nicht verändert, ob seines kalten Tonfalls, aber die Tatsache, dass sie stehen blieb, zeigte, dass ihr das nicht genügte. „Und selbstverständlich werden Sie für den zusätzlichen Aufwand entschädigt.“ „Vielen Dank.“ Sie deutete eine Verbeugung an, dann verließ sie sein Büro. Seufzend lehnte sich Jessicas Vater in seinem Sessel zurück. Er vermisste sein Baby. War es wirklich eine so gute Idee gewesen, sie in die Obhut dieser unberechenbaren Frau zu geben? Er hoffte es; bei Gott. „Dein Vater gibt mir morgen frei.“ Freude zeigte sich auf Jessicas Gesicht, während sie ihre Kartoffeln zerdrückte. „Das heißt, ich darf nach Hause, oder?“ „Noch nicht. Bis Samstag musst du noch hier bleiben, aber es bedeutet, dass ich morgen mehr Zeit für dich habe.“ „Gut.“ Sie lächelte und schob sich die volle Gabel in den Mund. Das Zimmer hatte sich verändert, seitdem Jessica aufgehört hatte, die Minuten zu zählen, die sie schon hier unten verbrachte. Jetzt lagen überall auf dem Boden weiße Blätter verstreut, mehr oder weniger bekritzelt. Nach anderthalb Wochen hatte die Brünette ihre Freundin auf einmal nach einem Block gebeten und angefangen zu malen; alles, was ihr gerade in den Sinn gekommen ist. Viele Versuche hatte sie auch zerrissen, schließlich war es viele Jahre her, dass sie das letzte Mal gemalt hatte, aber bald schon hatte ihre alte Freude daran auch ihre früheren Fähigkeiten zurückgebracht. Sieben Jahre habe sie nicht mehr gezeichnet, erzählte sie Bettina. Damals, als sie die Schule verließ, habe sie aufgehört. Sie habe die Freude vergessen, die entstehen konnte, wenn man einen Moment einfangen und für immer festzuhalten vermochte. Nun malte sie wie eine Besessene, den ganzen Tag lang und schlief abends über dem Malblock ein. Ihre Phantasie schien unerschöpflich, was Motive anging und so überraschte es sie immer öfter, wenn Bettina plötzlich mit dem Essen im Raum stand. Bettina äußerte sich nicht zu dem Chaos, war sie doch froh, dass sich endlich Fortschritte zeigten. Es freute sie, dass Jessica wahrhaftig so passioniert an einer Sache arbeiten konnte. „Meine Schicht heute abend könnte länger dauern“, meinte Bettina noch, nachdem beide zu Ende gegessen hatten. „Okay.“ Dann erhob sie sich und wollte den Raum verlassen, als ihr scheinbar noch etwas einfiel. „Wenn du möchtest, kannst du nachher oben duschen gehen. Das Bad ist im ersten Stock gleich links. Ich lass die Tür offen, wenn ich gehe.“ Bei diesen Worten erhellte das schönste Lächeln, das Bettina je gesehen hatte, Jessicas Gesicht. Dann fiel die Tür vor ihr ins Schloss. Ein Klopfen an seiner Tür ließ Jessicas Vater aufsehen. Auf sein 'Herein' trat die Frau ein, auf die er seit einer geschlagenen Woche wartete. Bettina. Er schob die Dokumente vor sich zusammen, bis sie vor seinem Schreibtisch stand und bemühte sich, nicht allzu neugierig zu wirken. „Guten Abend.“ „Guten Abend“, erwiderte Bettina, ihr Blick steif auf sein Gesicht gerichtet. Ihre Arme hatte sie hinter dem Rücken verschränkt. Ungewöhnlich für die sonst so lockere Frau. „Weshalb sind Sie hier?“ Er wusste genau, weshalb sie hier war, aber er verabscheute es einfach, dass sie darauf wartete, dass er nachfragte. Sie war die Angestellte und trotzdem bekam er ihr gegenüber immer das Gefühl unterlegen zu sein. „Es geht um Jessica.“ Ja, das hatte er sich gedacht. Wieder trat eine Pause ein. „Wie geht es ihr?“ Er würde sie feuern, wenn das hier vorbei war, beschloss er. Egal, was Jessica dazu sagen würde. Die Anmaßung dieser Frau kannte keine Grenzen, aber er würde sich das nicht weiter gefallen lassen! „Sie zeigt erste Anzeichen eines Fortschritts. Gestern hat sie begonnen zu zeichnen. Ich denke, in einer Woche werde ich sie zu Ihnen nach Hause schicken.“ Der Vater ließ sich nicht anmerken, wie sehr es ihn freute, das zu hören. Er war schon lange skeptisch gewesen, ob diese Frau tatsächlich wusste, was sie tat, als sie vorgeschlagen hatte, Jessica diese Arroganz abzugewöhnen. Eigentlich hatte er nur zugestimmt, weil seine Tochter kurz darauf die Koffer gepackt hatte und zu eben dieser Angestellten verschwunden war. Ihm war klar gewesen, dass er sie nicht mit Gewalt zurückholen konnte. „Gut. Ich schicke dann jemanden, der sie abholt.“ „Ich werde es ihr ausrichten, aber ich denke nicht, dass das nötig sein wird.“ Verwundert krauste er die Stirn, aber sie fuhr nicht fort mit einer Erklärung. Diesmal würde er nicht nachfragen! „Gibt es sonst noch etwas?“, fragte er unwirsch. „Da ist in der Tat noch etwas.“ Sie holte ihre Arme hinter ihrem Rücken hervor. Jetzt sah er, dass sie ein Papier in der einen Hand hielt, dass sie nun vor ihm auf den Schreibtisch legte. Das Wort 'Kündigung' stach ihm direkt ins Auge. „Ich möchte unser Arbeitsverhältnis zu dem Tag kündigen, an dem Jessica nach Hause fährt.“ Überrascht blickte er auf. Konnte sie Gedanken lesen? Er verbarg seine Gedanken, als er antwortete. „Einverstanden.“ Es war ungewöhnlich, so kurzfristig zu kündigen, aber ihm war es nur recht. Da musste er sich wenigstens nicht rechtfertigen, wenn sie es selber tat. „Weiß es Jessica bereits?“ Er könnte nicht sagen, warum er sie das fragte, aber plötzlich machte er sich doch Sorgen, denn Jessica würde das sicher nicht so freudig sehen, wie er. Oder doch? „Nein, aber ich werde es ihr heute abend sagen.“ Und endlich verließ sie sein Büro. Barfuß marschierte eine brünette Frau durch die Küche, während sie einen großen Koffer hinter sich herzog. Diesen stellte sie dann im Flur ab, drehte sich zu der anderen Frau um, die sie bei dem gesamten Vorgang beobachtet hatte. „Hier sind meine Skizzen. Ich möchte, dass du sie für mich behältst“, lächelte sie. Ihr Haar fiel ihr locker ins Gesicht, als sie ihren Arm ausstreckte. Perplex nahm Bettina den Stapel Blätter an. „Willst du denn keine behalten?“ „Doch.“ Schelmisch grinste die Brünette. „Eines habe ich behalten.“ Sie zog ein Blatt aus ihrem Koffer. Es zeigte eine junge Frau vertieft in etwas außerhalb des Bildes. „Das ist ein Portrait von mir“, stellte Bettina überrascht fest und blickte die andere Frau fragend an. „Ja, so habe ich dich gesehen, jahrelang, während du meine Fingernägel lackiert hast.“ Sie lachte leise. „Ich dachte nicht, dass du deiner Umwelt so viel Aufmerksamkeit geschenkt hast.“ „Ich habe es auch nicht gewusst.“ Ihr Blick huschte von dem Blatt zu dem Gesicht der Blonden, beobachtete, wie Bettina ihr Portrait studierte. „Du hast mich gut getroffen“, meinte diese dann fachmännisch. „Nicht wahr?“ Selbstzufrieden grinste Jessica sie an. Dann lachten beide auf. Vorsichtig verstaute Jessica das Bild schließlich in ihrem Koffer. „Danke“, flüsterte die braunhaarige Frau, als sie wieder vor der anderen stand. „Wofür?“ „Für alles.“ Dann zog Jessica Bettina in eine Umarmung und küsste sie sanft auf den Mund. Ein wenig überrascht blickte die Geküsste auf die geschlossenen Augenlider vor sich, dann erwiderte sie aber die Umarmung und den Kuss zart. Ein Hupen vor der Tür riss die beiden aus ihrem Traum. Jessicas Taxi war da. Ihren Blick jetzt in den Augen des anderen, küssten sie einander noch einmal, dann löste sich Jessica vorsichtig. „Ich werde dich vermissen“, hauchte sie gegen Bettinas Lippen, drehte sich schwungvoll um und verließ aufrecht mit dem Koffer in der rechten Hand das Haus. Leise, mit einem unmerklichen Klicken schloss sich die Haustür hinter ihr und das Geräusch des Motors der Taxe wurde schnell leiser, bis es schon bald nicht mehr zu hören war. „Ich dich auch“, hauchte Bettina. * * * Dies war meine erste Shojo-ai Geschichte. Ich muss sagen, ich habe mir anfangs schwer getan, eine zu schreiben, aber ich bin mit dem Ergebnis ziemlich zufrieden. Wenn es dir auch gefallen hat, , wäre das natürlich noch sehr viel schöner. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)