Haruka von Mrs_Miyawaki ================================================================================ Kapitel 9: Wehrlos ------------------ Haruka IX ~Wehrlos~ Yune wollte es sich nicht entgehen lassen, wie Ruki panisch zur Schule geeilt kam um nach Reita zu sehen. Immerhin war er so gnädig gewesen den Sänger anzurufen. Er hätte Reita ja auch einfach dort liegen lassen können, aber er wollte sehen, wie es dem Jüngeren weh tat, wenn er seinen neuen Freund so verletzt da liegen sah. Was bildete sich Ruki auch ein, dass er einfach mit ihm Schluss machen konnte? Das war albern, wenn jemand Schluss machte, dann er selber. Yune hatte gedacht, dass er noch etwas länger mit dem Jüngeren hätte spielen können, was ihm unglaublichen Spaß gemacht hätte. Von Anfang an hatte er Ruki und den Bassisten um ihre enge Beziehung beneidet und als der Brünette dann angefangen hatte ihm immer mehr Beachtung zu schenken, am Ende sogar regelrecht an seinen Lippen hing, da hatte er sich bestätig und gut gefühlt. Er hatte es genossen, dass fast alles mit dem Sänger anstellen konnte. Dieses Gefühl von Macht hatte ihm gefallen. Ob er Ruki geliebt hatte, wusste er nicht. Jedenfalls fand Yune ihn schon attraktiv und fühlte sich durch die Gefühle, die ihm entgegen gebracht wurden geschmeichelt. Doch er hatte einsehen müssen, dass er Reita nicht ersetzen konnte. Rukis enge Beziehung zu dem Blonden hatte sich nicht verschlechtert. Yune war klar geworden, dass er den Jüngeren nie für sich alleine haben würde. Er war sehr wütend gewesen, als er mitbekommen hatte, dass der Sänger zuerst mit Reita über sein Problem geredet hatte und nicht mit ihm. Dabei betraf es doch sie beide. Der Schlagzeuger war immer wütender auf den Blonden geworden, er hatte alles kaputt gemacht. Auf die Idee, dass er Ruki mit seinem Verhalten verletzt hatte, kam ihm nicht. In seinen Augen hatte der Bassist Schuld daran, dass der Sänger sich von ihm abgewandt hatte. Es erschien ihm vollkommen gerechtfertigt, dass Reita zusammengeschlagen worden war. Für die Demütigung, die er ihm zugefügt hatte, sollte der Blonde büßen, genau wie Ruki. Außer Atem erreicht Ruki das Schulgelände. Nur die Angst um Reita hatte ihn weiterlaufen lassen, er war fix und fertig. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er zuletzt so gerannt war. Japsend legte er die letzten Meter zurück, zu der Stelle, die Yune ihm genannt hatte. Als er um die Ecke des Gebäudes bog, sah er die zusammen gekrümmte, gegen die kalte Wand des Schulgebäudes gelehnte Gestalt des Bassisten. Die letzten Schritte stolperte der Sänger nur noch zu seinem Freund hin. „Reita!“, rief er panisch. Stöhnend vor Schmerzen hob der Bassist den Kopf, als er Rukis Stimme wahrnahm. Er hatte versucht aufzustehen, nachdem Yune und seine feinen Freunde gegangen waren, doch er hatte sich einfach nicht auf den Beinen halten können. Sie war zu wacklig gewesen und ihm war zu schwindlig. Sein Kopf fühlte sich an, als wenn jemand einen Presslufthammer darin angeschmissen hatte. Ruki kniete sich neben den Blonden. Reita sah erbärmlich aus. Seine linke Wange war leicht angeschwollen und dabei sich blau und grün zu färben, während die Lippen an mehreren Stellen ausgeplatzt waren. Nasenbluten schien er auch gehabt zu haben. An seinem Handrücken war Blut zu sehen, wahrscheinlich hatte er sich damit das Blut aus dem Gesicht gewischt. An seinen Handgelenken konnte man deutlich die Abdrücke seiner Peiniger erkennen. Dazu fanden sich mehrere blutige Kratzer und blaue Flecken an den Handgelenken. Und das war nur das, was Ruki so sehen konnte. Er nahm an, dass Reita noch mehr Blutergüsse hatte. Seine Schuluniform war dreckig, an ein paar Stellen sogar leicht eingerissen und einen Stück von ihm entfernt, konnte der Sänger erbrochenes im Gras sehen. Nach einem zweiten kräftigen Schlag in den Magen hatte Reita es nicht mehr geschafft seinen Mageninhalt bei sich zu behalten. Ihm war zu schlecht gewesen. Unter den spöttischen Blicken und bissigen Kommentaren der anderen hatte er sich schließlich übergeben. Die Schultasche des Blonden lag ein großes Stück von ihm entfernt, so dass er ohne weiteres nicht an sie heran gekommen wäre und somit auch nicht an sein Handy. Er hatte Ruki anrufen wollen, aber er war nicht soweit gekommen. „Mein Gott, Reita! Was haben sie mit dir gemacht?!“, entfuhr es dem Brünetten geschockt. Er zog den Älteren vorsichtig, um ihm nicht noch mehr wehzutun, in seinen Arm. Mit zitternder Hand strich der Bassist ihm kraftlos über die Wange, so als wenn er sich vergewissern musste, dass es wirklich Ruki war, der ihn da gefunden hatte. „Ruki…“, murmelte er erleichtert. Er war so froh, den Jüngeren zu sehen. So fühlte er sich schon besser. „War das wirklich Yune?“, wollte der Sänger entsetzt wissen. Er konnte es einfach nicht fassen, dass der Schlagzeuger zu so etwas fähig war. „Eher… seine Freunde, die … er dabei hatte…“, antwortete Reita. „Wie geht es dir?“, erkundigte sich Ruki, obwohl er wusste, wie lächerlich das klang. „Scheiße, aber jetzt wo du da bist, besser.“, erklärte der Blonde und zwang sich ein gequältes Lächeln ab. „Es tut mir so leid, dass ich dir nicht helfen konnte! Ich hätte das ahnen müssen … ich …“, stammelte der Jüngere. „Nein, es ist okay, Ruki. Dir muss nichts leid tun. Ich bin nur froh, dass er dir nichts getan hat.“, erwiderte der Bassist. „Aber er hat dich zusammenschlagen lassen, das ist nicht okay!“, meinte der Brünette empört. Er überlegte fieberhaft, was er tun konnte, damit der Schlagzeuger nicht noch einmal auf solche dummen Gedanken kam. „Nicht dass ich es okay finde, was Yune getan hat, aber ich werde es überleben. Mach dir keinen Kopf, ich denke nicht, dass er das noch mal machen wird. Aber ich befürchte, du musst mir helfen nach Hause zu kommen.“, entgegnete Reita. „Kein Problem, ich lass dich doch nicht hängen.“, erklärte Ruki. Er half seinem Freund auf die Beine zu kommen. Immer noch fühlten sich die Beine des Bassisten an, wie Gummi und er war wirklich froh, dass der Brünette ihn stützte. „Woher wusstest du eigentlich…?“, fragte der Bassist plötzlich. „Yune hat mich angerufen.“, antwortete Ruki. „Er hat gesagt, ich solle dich abholen…“ Es dauerte eine Weile bis sie die nächste Bahnstation erreicht hatten. Die meisten Leute, an denen sie vorbei kamen, warfen ihnen seltsame Blicke zu, doch keiner bequemte sich ihnen zu helfen. „Es tut mir leid, dass ich dir so viel Mühe mache.“, sagte der Blonde unvermittelt, als sie endlich in der Bahn saßen. Er hatte sich erleichtert in den Sitz fallen lassen und versuchte zu Atem zu kommen. Der Gang hierher hatte ihn wirklich angestrengt. „Das ist doch kein Problem. Wenn es sein muss, hätte ich dich auch nach Hause getragen.“, lachte der Jüngere am Ende. „Zum Glück sind meine Eltern noch nicht da.“, murmelte der Bassist. Als sie es endlich zum Haus von Reitas Eltern geschafft hatten, schloss der Blonde die Tür auf und stolperte mit Ruki in den Flur. „Scheiße, wie sollen wir das in mein Zimmer schaffen?!“, fragte er den Brünetten. Dieser zuckte mit der Schulter, an die sich Reita nicht lehnte, und meinte: „Irgendwie. So wie du mich da betrunken hochgekriegt hast.“ Es war nicht ganz so einfach, aber nach einiger Zeit hatten sie es tatsächlich geschafft und hatten Reitas Zimmer erreicht. Vorsichtig ließ Ruki den Blonden sich auf sein Bett legen. Der Bassist stöhnte, als er sich endlich lang machen konnte. „Kannst du mir Aspirin und was zu trinken besorgen?“, wollte der Bassist wissen. „Klar, wenn du mir sagst, wo ihr den Verbandskasten habt, dann verarzte ich dich auch.“, erklärte der Sänger. „Ist alles da, wo das Aspirin ist…“, sagte Reita. Der Sänger verschwand und kam kurze Zeit später wieder. Er hatte ein Glas Wasser in der einen Hand, mit dem kleinen Finger hatte er die verpackte Tablette an das Glas geklemmt und den Verbandskasten in der anderen Hand. Er stellte alles auf den Nachttisch und half Reita führsorglich sich etwas aufzurichten. Dann reichte er ihn das Glas und die Tablette. Dankbar nahm der Blonde das Glas, schluckte die Tablette und spülte sie mit dem Wasser hinunter. Das Wasser tat seiner trockenen Kehle wirklich gut. Ruki schnappte sich den Verbandskasten und machte sich daran, Reitas Wunden zu desinfizieren und versorgen. Nachdem er fertig war, brachte er den Verbandskasten wieder weg. Als er das Zimmer wieder betrat, lag der Bassist wieder ausgestreckt auf seinem Bett. „Kommst du zu mir?“, wollte er wissen. Ruki nickte und setzte sich zu dem Blonden auf das Bett. Sanft strich er Reita über die lädierte Wange, darauf bedacht, ihm nicht noch mehr weh zu tun. Spätestens jetzt hatte er beschlossen, dass er etwas unternehmen musste, damit Yune den Blonden nicht noch einmal so verletzen würde. Das würde er nicht zulassen. Der Bassist zog ihn etwas näher zu sich auf das Bett. Schließlich lag Ruki neben ihm und Reita hatte sich an ihn gekuschelt. So konnte er sich entspannen. Zärtlich strich der Sänger ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie sahen sich in die Augen, dann küsste Reita ihn liebevoll auf die Nase: „Danke, dass du da bist.“ „Ich lass dich nicht hängen, das weißt du. Ich liebe dich.“, antwortete der Brünette. „Ich dich auch.“, entgegnete der Bassist. Dann schloss er die Augen. Es dauerte nicht lange bis ihn die Erschöpfung übermannte und er einschlief. Ungefähr eine Stunde später klopfte es an der Tür zu Reitas Zimmer. Die Tür öffnete sich und Naoko betrat das Zimmer. Sie wollte etwas sagen, doch dann sah sie ihren Sohn und Ruki aneinandergekuschelt auf dem Bett liegen. Ihr Sohn schlief und sah furchtbar aus. Ruki wurde rot, als er bemerkte, dass Reitas Mutter das Zimmer betreten hatte und sie gesehen hatte. Dann sah er ihren besorgten Gesichtsausdruck. Naoko kam ein wenig näher: „Hallo, was ist denn mit ihm passiert?“ Sie sprach leise und versuchte möglichst gefasst zu klingen, aber man konnte ihr doch ansehen, dass sie sich Sorgen machte. „Hallo.“, begrüßte er sie. „Reita ist nach der Schule zusammengeschlagen worden. Es tut mir leid, dass ich ihm nicht helfen konnte.“ Der Brünette wollte sich nicht aufrichten, da er den Bassist so bestimmt geweckt hätte, aber er wusste, dass Naoko das verstehen würde. „Hast du ihn hierher gebracht und ihn verarztet?“, fragte sie. Stumm nickte der Sänger. „Dann hast du ihm doch geholfen, Takanori.“, meinte sie sanft. „Dafür bin ich dir sehr dankbar. Ich lasse euch jetzt erstmal wieder alleine, Akira kann mir ja später alles erzählen, wenn es ihm wieder besser geht.“ Während Reita in seinem Arm geschlafen hatte, hatte der Sänger darüber nachgedacht, was er unternehmen konnte. Er war zu dem Schluss gekommen, dass er mit den Mitschülern, des Bassisten reden würde. Zur Not musste er ihnen halt Yune Brief zeigen, auch wenn er es nicht gerne tat, aber wenn es dem Blonden helfen konnte, dann musste er es probieren. Inzwischen wachte Reita langsam auf. Der Schlaf hatte ihm gut getan und er fühlte sich nicht mehr ganz so tot wie vorher. „Du bist noch da.“, bemerkte er noch etwas schläfrig. „Ich wollte gehen, aber du warst zu schwer. Ich konnte nicht.“, grinste Ruki. „Da bin ich aber froh.“, lächelte der Bassist. So früh war Ruki schon lange nicht mehr in der Schule gewesen. Er atmete tief durch, bevor er das Klassenzimmer von Reita betrat. Er wusste, dass der Blonde erst später kommen würde. Als er gestern gegangen war, hatte der Blonde ihm versichert, dass er morgen zur Schule kommen würde, auch wenn es ihm noch nicht ganz so gut ging. Doch Reita hatte keine Lust gehabt, Yune diesen Triumph zu gönnen. „Wen haben wir denn da? Suzukis kleinen Schnuffi.“, meinte einer als Ruki den Raum betrat. Der Sänger sah sich kurz um, Yune war nicht da. „Ihr wisst, dass er gestern zusammengeschlagen wurde?“, fragte der Brünette und ignorierte den Kommentar. Es gab zustimmendes Gemurmel, ein paar guckten erstaunt. „Und? Das geschieht ihm recht, nach allem, was er gemacht hat. Wie kannst du überhaupt mit ihm zusammen sein?!“, schnaubte jemand und baute sich vor ihm auf. „Und dann seid ihr auch noch beides Männer!“, warf jemand anderes ein. „Ich werde mich jetzt nicht rechtfertigen, für etwas, dass euch nichts angeht, aber dass er zusammengeschlagen wurde, das geht zu weit!“, fauchte Ruki ihm entgegen. Er hatte nicht vor sich jetzt einschüchtern zu lassen. „Ihr habt doch keine Ahnung! Ihr seid Yune voll auf den Leim gegangen! Yune hat mich mies behandelt und Reita hat höchstens versucht, mir zu helfen. Und aus der Band haben wir ihn nicht gekickt, er hat ein Angebot von einer anderen Band und hat Reita und mich erpresst, damit er bleibt und wir nicht dumm bei unserem Auftritt da stehen! Aber mir ist schon klar, dass ihr mir nicht einfach glauben werdet. Deshalb solltet ihr das lesen!“, damit knallte der Sänger den Jungen, der sich vor ihm aufgebaut hatte regelrecht den Brief und die Zeitschrift vor die Füße. „Vielleicht seht ihr dann ja ein, dass ihr Reita Unrecht tut!“ Reita sah Ruki gerade aus seinem Klassenraum gehen, als er über den Flur ging. „Oi, Ruki!“, rief er ihm hinterher. Der Brünette sah in seine Richtung und kam auf ihm zu: „Morgen Reita. Geht’s dir wieder besser?“ „Hm, ja schon. Besser als gestern jedenfalls. Außerdem müssen wir proben und unser Wochenende lass ich mir davon auch nicht versauen.“, grinste der Blonde. „Was machst du denn in meiner Klasse?“ „Ein paar Dinge richtig stellen, es jedenfalls versuchen.“, erklärte der Jüngere ruhig. „Ruki! Hab ich dir nicht gesagt, du sollst nichts unternehmen?!“, wollte der Bassist wissen, etwas wütender, als er es beabsichtigt hatte. Er hatte eine böse Ahnung, was der Sänger getan hatte. „Ja, ich weiß, was du gesagt hast, aber es ist nicht okay, wenn sie dich zusammenschlagen und ich will nicht, dass sie dir das noch mal antun! Ich kann dich auch beschützen!“, erwiderte Ruki bestimmt. „Sturkopf!“, meinte Reita. Dann wurde sein Gesichtsausdruck liebevoller: „Danke. Auf dich kann man sich verlassen, hm?“ „Du weißt doch: You and me…“, begann der Jüngere. „… are meant to be.“, vollendete der Bassist lächelnd. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)