Blutrache von Kikoro (KakashixAnko) ================================================================================ Kapitel 1: Too late ------------------- Die warme Nachmittagssonne prallte auf ihre nackten Schultern und bescherte ihr ein angenehmes Gefühl. Es war ein heißer Spätnachmittag im Sommer, der Himmel war strahlend blau und Anko kam gerade vom Einkaufen zurück. Die Straßen Konohas waren überfüllt von Menschen und der Lärmpegel war ausgesprochen hoch, was an einem solch schönen Tag auch nicht anders zu erwarten war. Anbus, die von einer ihrer Missionen zurückkehrten und sich auf ihre Familien freuten, gingen raschen Schrittes an ihr vorbei, die Gesichter voller Freude auf das bevorstehende Wiedersehen ihrer Familien. Eine Gruppe kleiner Kinder, die quietschvergnügt umherrannte und spielte, lachte unbeschwerlich. Anko musste schmunzeln. Wie gerne würde sie ein ebenso glückliches Leben führen und nicht mehr an ihre bittere Vergangenheit denken müssen? Sie wollte auch unbeschwert sein, einfach nur das Leben genießen. Sie blieb kurz stehen um die frische Luft einzuatmen, ehe sie ihren Weg fortsetzte. Inzwischen hing die Sonne ein wenig tiefer am Himmel und der Tag neigte sich langsam dem Ende zu. Der Himmel hatte ein zartes rotorange angenommen und am Horizont sah man auch schon den Mond hinter den hohen Bergen warten, bereit dazu, Einzug zu halten, wenn die Sonne endgültig verschwunden war. Eine alte Frau mit ihrem Hund überquerte vor ihr die Straße und für einen kurzen Moment war Anko abgelenkt. Es war zu spät, als sie merkte, dass sie in irgendjemanden reingelaufen war. Ihre Tüte fiel zu Boden und sämtliche Einkäufe breiteten sich auf dem Boden aus. "Oh, bitte entschuldigen Sie. Ist alles in Ordnung?", hörte Anko eine Männerstimme wispern. "Nein, ich muss mich entschuldigen. Es war meine Schuld" Noch immer völlig verwirrt kniete sie sich hin. Ihr Gegenüber half ihr dabei, ihre Einkäufe einzusammeln. Erst jetzt bemerkte sie das silberfarbende Haar, das in der untergehenden Sonne leuchtete. "Kakashi?", kam es leicht überrascht von Anko. Der Angesprochene sah auf und hob überrascht eine Augenbraue, als er sah, mit wem er da zusammengestoßen war. "Oh, Anko, du bist es", stellte er nüchtern fest und kratzte sich leicht verlegen am Kopf. "Was machst du denn um diese Uhrzeit noch hier?" Ein milder Wind setzte ein und fuhr durch Ankos Haare. "Ich komme gerade vom Einkaufen zurück und war auf dem Weg nach Hause", entgegnete sie und gähnte mit vorgehaltener Hand. "Und vielleicht wäre es auch besser, meinen Weg fortzusetzen" Kakashi nickte ihr zu und fuhr sich durch die Haare. "Ich begleite dich besser. Nachts ist es sehr gefährlich auf den Straßen. Wer weiß, was hier für Gestalten herumlaufen!", neckte er die hübsche Kunoichi und grinste breit. Anko lachte theatralisch. "Genau. Und diese Gestalten machen ganz bestimmt einen großen Bogen um dich, wenn du dein Flirtparadies zückst und ihnen damit vor der Nase rumwedelst" Kakashi, dem dazu nichts einfiel, blies nur beleidigt seine Backen auf, ergriff Ankos Hand und ging mit raschem Schritt los. Die zwei liefen nebeneinander durch die düsteren Gassen Konohas. Inzwischen war es dunkel und der Mond leuchtete, umgeben von hunderter kleine Sterne, hell am Firnament. Kakashi schien immernoch beleidigt, hatte er in den letzten fünf Minuten doch kein Wort mehr gesagt. Also beschloss Anko, das Schweigen zu brechen. "Und du? Wo wolltest du noch hin?" Als er plötzlich Ankos Stimme vernahm, wandte sich Kakashi um. Er war so in Gedanken gewesen, dass er um sich alles herum vergessen hatte. Nie zuvor hatte er bemerkt, wie weich und sanft Ankos Stimme doch war. Er räusperte sich wichtigtuerisch, so, als würde er einen äußerst passablen Grund dafür haben, weshalb er spät nachmittags durch Konohas Straßen lief und Frauen mit Einkaufstüten umrannte. "Nun, eigentlich wollte ich zu meinem Team. Aber ich habe mich da wohl ein wenig verspätet", erwiderte der Jonin und warf einen kurzen Seitenblick zu Anko. Dann fügte er noch leise hinzu: "So ungefähr um sechs Stunden" Anko grinste breit, sichtlich darum bemüht, sich ein Lachen zu verkneifen. "Du bist wirklich unmöglich, Kakashi Hatake", entgegnete sie und strubbelte ihm durch seine silberne Haarpracht. Nun musste auch Kakashi grinsen. Er mochte es, Anko zu necken. "Aber sag mal, wie kommt es denn dazu, dass du ständig zu spät kommst?", fragte Anko und strich sich eine ihrer Haarsträhnen aus dem Gesicht. Das tat sie immer, wenn sie glücklich war. Im nächsten Augenblick wunderte sich der silberhaarige Jonin sehr darüber, wieviel er eigentlich über Anko wusste. Dabei kannten sie sich noch nicht allzu lange. Er sah auf den Boden und schien zu überlegen. "Ich bin ein vielbeschäftigter Mann", murmelte Kakashi und blieb dann stehen. Er wandte sich um und sah Anko tief in die Augen. "Schließlich bin ich ständig damit beschäftigt, dem Pfad des Lebens zu folgen" Kakashi grinste und erhielt im nächsten Augenblick eine Kopfnuss von Anko, die es in sich hatte. "Baka!", erwiderte Anko lachend und knuffte Kakashi in den Arm. "Jetzt mal Spaß beiseite. In Wirklichkeit bist doch bloß auf Frauensuche!" Plötzlich wich all die Fröhlichkeit aus seinem Gesicht. Er versuchte, zu lächeln, doch Anko konnte in seinen Augen sehen, dass ihn irgendetwas betrübte. Hatte sie ihn mit seinen Worten verletzt? Oder hatte sie irgendwelche Erinnerungen in ihm geweckt? Erinnerungen, die ebenfalls so tragisch wie die ihren waren und die keiner zu verdrängen vermochte? Sie kannte Kakashi noch nicht sehr lange, aber sie war eine intelligente Frau und merkte, dass irgendetwas nicht stimmte. "Ist alles in Ordnung?", fragte Anko ziemlich besorgt und legte dem Jonin eine Hand auf die Schulter, so, wie sie es oft tat, um ihre Freunde zu beruhigen. Kakashi erwiderte darauf nichts. Er steckte bloß seine Hände in die Taschen seiner blattgrünen Jounin-Weste und schaute die ganze Zeit über auf den Boden. Anko konnte es ihm nicht mal verübeln, auch wenn sie sie seine kleinen Späße vermisste. So verlief der Rest des Weges recht schweigsam. "Wir sind gleich da", entgegnete Anko und deutete auf das kleine Häuschen, welches sich direkt vor ihnen auftat. Es war eines dieser winzigen Häuser, von denen es in Konoha eine Menge gab, und die am liebsten von alleinlebenden Shinobis bezogen wurden. Die Fassade des Gebäudes war schlicht in weiß gehalten und hob sich aus dem Schatten der tiefschwarzen Nacht ab. Vor Ankos Haus verabschiedeten sich die beiden. Kakashi hob die Hand und lächelte angebunden. "Eine schöne Nacht, Anko-chan", murmelte Kakashi, wandte sich um und verschwand. "Bis morgen", rief ihm Anko hinterher, doch Kakashi schien es nicht mehr mitbekommen zu haben. Mit einem Schulterzucken drehte Anko sich um. "Er ist heute wirklich merkwürdig", murmelte sie gedankenverloren, während sie in ihrer Jacke nach den Haustürschlüsseln kramte. "Vielleicht ist er heute auch einfach bloß mit dem falschen Fuß aufgestanden" Sie öffnete vorsichtig die Tür und trat samt Einkaufstüte hinein. Der Flur war dunkel und schemenhafte Schatten huschten über den Boden. Anko tastete nach dem Lichtschalter, den sie schließlich bediente. Warmes Licht durchflutete den Flur und sie stapfte Richtung Küche, wurde die Tüte doch allmählich schwer. Als sie die Küche betrat, stutzte sie. "Merkwürdig, ich könnte schwören, ich hätte das Licht hier ausgemacht, bevor ich losgegangen bin", sinnierte sie und sah sich um. Verunsichert stellte sie die Tüte auf den großen Holztisch in der Mitte des Raumes und ging schließlich zum Fenster um es nach Einbruchspuren abzusuchen. Allerdings fand sich nichts dergleichen. Wahrscheinlich hatte sie einfach bloß vergessen, das Licht auszuschalten. Sie war heute ziemlich spät dran gewesen und in ihrer Eile musste sie wohl vergessen haben, das Licht auszuschalten. Müde schleppte sie sich die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer hoch. Der Tag war ziemlich anstrengend gewesen und sie wollte einfach nurnoch schlafen. Gähnend trottete sie ins Bad, entledigte sich ihrer Kleidung und wusch sich, ehe sie schlaftrunken unter ihre Bettdecke kriechte. Wie jeden Abend dachte sie über ihre Vergangenheit nach, ehe sie der Schlaf übermannte. Wieso hatte sich damals bloß Orochimaru angeschlossen? Wie konnte sie bloß so naiv sein? Sie starrte gen Zimmerdecke. Hätte sie gewusst, was das für Folgen tragen würde, wäre sie ihm wohl nie gefolgt. Aber der alte Sack war ein Überredungskünstler, ein wahrer Meister in seinem Gebiet.. Er hatte ihr das Blaue von Himmel versprochen, eine prächtige Zukunft. Und dann hatte er sie einfach fallen lassen, zurückgelassen mit diesem Mal auf der Schulter. Es ist noch garnicht allzu lange her, als Anko einen Teil ihrer Erinnerungen wiedergefunden hatte. Sie waren plötzlich wieder aufgetaucht, einfach so. Aber lieber hätte sie ihr gesamtes Gedächtnis verloren, als sich an ihre schreckliche Vergangenheit erinnern zu können. Sie drehte sich auf die Seite. Das beste, was ihr damals passiert war, waren diese zwei Ninja, die sie gefunden und mit nach Konoha genommen hatten. Der Hokage hatte sie nicht fortgeschickt, hatte ihr geholfen und sie herzlich aufgenommen. Konoha war ein wünderschöner Ort. Es war ihr Zuhause, ganz gleich, wo sie wirklich geboren wurde und wer ihre Eltern waren. Ein lautes Geräusch ließ sie zusammenzucken. Sie setzte sich fluchtartig auf und starrte auf die Tür, die hinaus auf den Flur führte. Schritte erklangen und dann wurde die Tür geöffnet. "Anko?", ertönte eine ihr bekannte Stimme und im nächsten Moment sah sie Kakashis Kopf im Türrahmen. "Ist alles in Ordnung mit dir? Ich habe auf dem Weg zu mir einen vermummten Mann getroffen, der in deine Richtung lief. Und da wollte ich bloß mal nachsehen, ob mit dir alles in Ordnung ist" "Kann es sein, dass du dir vielleicht Sorgen um mich machst?", neckte ihn Anko und musste unwillkürlich grinsen. Kakashi war schon irgendwie süß. Lange Zeit schwieg der Silberhaarige, dann sah er sie an. "Ja, das tue ich" Er sah sich um. "Aber anscheinend geht es dir ja gut" Er wandte sich zum Gehen. "Gute Nacht, Anko" Ehe Anko etwas erwidern konnte, war Kakashi auch schon verschwunden. Er machte sich Sorgen um sie? Anko wusste nicht wirklich, ob sie das freuen oder eher beunruhigen sollte. Wusste Kakashi vielleicht etwas, das sie nicht wusste? Noch lange dachte die Kunoichi darüber nach, ehe sie schließlich in einen tiefen Schlaf fiel. ●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙˙·٠•●●•٠·˙ "Anko! Wach auf! Anko!" Die Kunoichi wurde sanft geschüttelt. Benommen öffnete sie die Augen und erblickte Tsunades besorgtes Gesicht. Sie sah unausgeschlafen aus; das blonde Haar hing ihr in wirren Strähnen im Gesicht und tiefe Sorgenfalten durchzogen ihr sonst so hübsches Gesicht. Anscheinend war sie in der Nacht nicht wirklich zum Schlafen gekommen. Etwas schwerfällig setzte sich Anko auf. Ihr ging es schrecklich. Ihr Kopf dröhnte und sie verspürte schreckliche Schmerzen in ihrer linken Schulter. "Was ist denn los?", fragte sie und versuchte, wach zu werden. Tsunade sah sie eindringlich an, ehe sie seufzte. "Es tut mir Leid, dass ich einfach so mit der Tür ins Haus falle und ungefragt dein Haus betrete, aber es ist wirklich wichtig!" Die Hokage setzte sich ans Fußende ihres Bettes und atmete tief ein und aus. Dann blickte sie fast entschuldigend zu Anko. "Orochimaru wurde heute morgen in der Nähe von Konoha erblickt. Und er soll stärker als je zuvor sein. Ich befürchte, er ist auf Rache aus. Du, weißt schon, weshalb..." Anko hörte nur mit halbem Ohr zu. Orochimaru war in der Nähe? Das erklärte auch den stechenden Schmerz in ihrer Schulter. Aber was wollte er in Konoha? Wollte er etwa zu ihr? Hatte er immernoch nicht mit ihr abgeschlossen? 'Du weißt schon, weshalb...' Ja, sie wusste, warum. Aber das konnte er ihr doch nicht allen Ernstes antun! "Anko? Ist alles in Ordnung?", fragte Tsunade, die Ankos Angst spürte, besorgt und legte ihr einen Arm um die Schultern. Aber Anko schüttelte bloß den Kopf. "Nein, nichts ist in Ordnung. Rein garnichts" Kapitel 2: Todesangst und ihre Folgen ------------------------------------- Es war viel zu heiß in Tsunades kleinem Büro. Die Klimaanlage war kaputt und auch Shizune, die mit einem großen Fächer Abhilfe zu schaffen vermochte, stand recht nutzlos neben der Hokage und warf ratlose Blicke in die Runde. "Was ist los? Weshalb hast du mich rufen lassen?", erkundigte sich Kakashi, der auf einem Stuhl vor Tsnades Schreibtisch saß und gebannt auf eine Antwort wartete. "Es geht um Anko", erwiderte die blondhaarige Kunoichi und drehte den Bleistift, der neben einem großen Stapel Akten vor ihr auf dem Tisch lag, zwischen den Fingern. Durch das geöffnete Fenster drang der Duft von frisch gemähtem Gras und Blumen und erfüllte den Raum mit einer angenehmen Frische. "Anko?" Der Silberhaarige hob eine Augenbraue. "Was ist mit ihr?" Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was mit Anko war. Er hatte sie gestern doch höchstpersönlich nach Hause begleitet und auch nochmal des Nachts bei ihr vorbeigeschaut. Ihr war doch nichts passiert, oder? Er könnte es sich niemals verzeihen, wenn Anko irgendetwas zugestoßen war. "Ist ihr etwas zugestoßen?", wollte Kakashi wissen, sichtlich bemüht darum, nicht die Fassung zu verlieren. Die Hokage schüttelte den Kopf und blickte Kakashi eindringlich an. "Es ist noch viel schlimmer" Bei diesen Worten sprang der Jonin von seinem Platz auf und lehnte sich weit über Tsunades Schreibtisch um der Hokage direkt in die Augen sehen zu können. "Was?! Was ist mit Anko los?" Plötzlich war es totenstill in dem kleinen Raum; nur das Gezwitscher der Vögel, draußen vor dem Fenster, war zu vernehmen. "Setzt dich erstmal hin. Ich erzähle dir dann alles", erwiderte Tsunade und versuchte, Kakashi zu beruhigen. Dies gelang ihr auch, denn im nächsten Moment ließ sich der Silberhaarige wieder auf den Stuhl sinken und wartete gespannt auf die Ausführungen seines Gegenübers. Er wusste selbst, dass er jetzt seine Ruhe bewahren musste. "Also", setzte Tsunade an und seufzte. "Heute morgen hat einer unserer Anbus, nahe des Waldes von Konoha, Orochimaru und seine Anhänger gesehen. Er soll eine Menge neuer Jutsus beherrschen, die er seinen Anhängern zu Schau gestellt hatte. Als sich der Anbu Orochimarus Lager unbemerkt näherte, vernahm er Satzfetzen. Angeblich ist Orochimaru nach Rache gesinnt. Und wenn Orochimaru etwas vor hat, dann gelingt es ihm meistens. Wir wissen zwar nicht, an wem er sich rächen will, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass es Anko ist. Du weißt, was sie damals getan hat und diese Tat hat er bis heute nicht vergessen" Sie hielt eine bedeutungsvolle Pause. "Ich sah es als Pflicht als Hokage an, Anko davon zu unterrichten. Das sie in Panik ausbrechen würde, war mir klar, aber ich hätte nie geahnt, dass sie soweit gehen und sich in ihrem Haus ensperren würde. Sie hat sich darin verbarrikadiert, alle Türen und Fenster geschlossen und kommt einfach nicht hinaus. Ich habe schon alles versucht" Kakashi atmete erleichtert aus, dennoch verschwand die Besorgnis aus seiner Miene nicht. Er hatte mit dem schlimmsten gerechnet und war insgeheim ein wenig erleichtert, dass sie nicht verletzt oder gar tot war. "Und was ist jetzt meine Aufgabe?", erkundigte sich der Jonin und begann, seine Schläfen zu massieren um besser nachdenken zu können. "Du sollst sie da rausholen!" "Ich?" "Ja" "Aber wieso ich?" "Weil du, Kakashi, der einzigste bist, auf den sie hören wird. Zu dir pflegt sie das beste Verhältnis und ich denke, ansatzweise vertraut sie dir auch. Du kannst es zumindest versuchen" Tsunade hatte Recht mit dem, was sie sagte. In letzter Zeit war sein Verhältnis zu Anko wirklich ganz gut. Also nickte er zaghaft. "Gut, ich werde es versuchen" Eine halbe Stunde später stand der Jonin vor dem kleinen Häuschen, vor dem er sich gestern von Anko verabschiedet hatte. Das Haus wirkte verlassen, sämtliche Türen und Fenster waren fest verschlossen. Nirgendwo brannte Licht und für einen kurzen Moment fragte sich Kakashi, ob Anko wirklich daheim war. Zaghaft trat er an die Eingangstür und klopfte. Im Inneren des Hauses regte sich nichts, sodass er noch einmal klopfte. Und wieder öffnete ihm niemand die Tür. Er legte erst eine Hand auf das edle Holz und schließlich seinen Kopf. "Anko!", rief er laut und lauschte auf Geräusche. Zwar antwortete ihm niemand, doch er glaubte, ein leises Schluchzen zu vernehmen Langsam ging er um das Haus herum und warf einen Blick durch jedes Fenster. Als er fast einmal ganz rum war, bemerkte er, dass sich im Wohnzimmer etwas regte. Er verengte die Augen zu Schlitzen und spähte ins Dunkel. Dann sah er eine Silhoulette, die kauernd auf dem Sofa saß, die Arme um die Knie geschlungen und am ganzen Körper zitternd. Er klopfte laut am Fenster, gestikulierte wild und versuchte, sich aufmerksam zu machen. Als sein Klopfen etwas lauter wurde, fuhr Anko erschrocken herum. "Wer ist da?", fragte sie mit tränenerstickter Stimme und drückte sich enger ins Polster. Als ihr niemand antwortete, nahm sie all ihren Mut zusammen und schlich leise zum Wohnzimmerfenster, vor dem der silberhaarige Jonin verharrte. Als sie erkannte, wer da vor dem Fenster stand, ging sie darauf zu und öffnete es einen Spalt breit. "Kakashi?", fragte sie leise und versuchte, möglichst normal zu klingen. Doch es gelang ihr nicht, zitterte ihre Stimme doch noch immer. "Was willst du hier?" "Ich will mit dir reden. Bitte lass mich rein!" Sie sollte ihn reinlassen? Nie im Leben. "Woher soll ich dir glauben, dass du es wirklich bist?" Kakashi überlegte, dann hatte er eine Idee. "Ich erzähle dir etwas über dich, dass nur ich wissen kann" Schwach versuchte er zu lächeln. Anko nickte langsam. "Okay, dann fang an!" Während der Jonin seine grauen Hirnzellen anstrengte, zweifelte Anko immer mehr an seiner Identität. "Also gut", setzte der Jonin an und legte eine Hand auf die Fensterscheibe. "Du liebst Dango über alles!" "Ich bitte dich!", entfuhr es der Kunoichi. "Das weiß nun wirklich jeder hier im Dorf" "Gut, du hast Recht", stellte Kakashi nüchtern fest. Er schloss die Augen und dachte weiter nach. "Gestern, da habe ich dich umgerannt. Dir sind die Einkäufe zu Boden gefallen und ich habe dir geholfen, sie wieder aufzusammeln. Ich habe dich gefragt, wo du hinwolltest und wir haben uns ein wenig unterhalten. Ich hab dich ein wenig geneckt und dann hast du mich als Baka bezeichnet. Später habe ich dich nach Hause gebracht" Anko schluckte, wollte Zeit gewinnen, so als wollte sie darüber nachdenken, ob der Kakashi, der vor ihrem Haus stand, der echte war. "Und was ist, wenn wir ausspioniert wurden? Woher soll ich wissen, ob du uns nicht einfach beonbachtet hast? Vielleicht gibst du dich ja bloß als Kakashi aus" Ihr Einwand war berechtigt. Kakashi musste unwillkürlich seufzen. Wie konnte er ihr bloß beweisen, dass er der echte Kakashi war? Er ging das gestern Geschehene noch einmal durch, durchforstete sein ganzes Gedächtnis, bis ihm plötzlich ein Licht aufging. Er lehnte sich an die kalte Wand und holte tief Luft. "Anko", flüsterte er in die Dunkelheit. "Gestern, als ich dir dabei geholfen habe, die Einkäufe einzusammeln, da bin ich aus Versehen auf eines der Essstäbchen getreten, die du gekauft hast. Aus Angst vor deinem Zorn hab ich es in meiner Westentasche versteckt" Mit diesen Worten griff er sich in die Westentasche und zog ein langes Stück fein verarbeitetes Holz hinaus. Es war in der Mitte beinahe komplett durchgebrochen. "Sieh nach, wenn du mir nicht glaubst" Doch Anko schüttelte bloß den Kopf und biss sich auf die Unterlippe. "Ich glaube dir!" "Also lässt du mich jetzt hinein?" "Hai", wisperte Anko und legte ihre Hand auf die Fensterscheibe. Kakashi lächelte ihr zu, ehe er seine Hand ebenfalls auf das kalte Glas presste. So leise wie möglich öffnete Anko das Fenster und ließ Kakashi hineinklettern. Dann verschloss sie es wieder. "Warum bist du hier?", erkundigte sie sich, knipste das Licht an und bedeutete ihm, sich zu setzen. Kakashi, der sich wie befohlen auf dem weichen Sofa niederließ, sah sie aus seinen eisblauen Augen heraus an. "Tsunade hat mir erzählt, was los seie, und auch, dass du dich hier verschanzen würdest" Er hielt kurz inne und Anko setzte sich neben ihn, die Arme fest um ihren Körper geschlungen. "Du brauchst keine Angst zu haben", setzte Kakashi an. "Orochimaru wäre doch nicht so dämlich und würde sich hier ins Dorf trauen. Du kannst dich doch nicht hier solange verschanzen, bis es Entwarnung gibt, und dich der Außenwelt entziehen" Sie erwiderte nichts, begann bloß, erneut zu schluchzen. Kakashi konnte nicht mitansehen, wie die junge Kunoichi so bitterlich weinte und schloss sie deshalb in seine Arme. Er strich ihr beruhigend über den Rücken und spendete ihr Trost. "Hab keine Angst, Anko. Ich werde dich schon vor diesem Monster beschützen. Aber bitte tue mir den Gefallen und verlasse wieder das Haus. Es ist Sommer und die frische Luft wird dir gut tun" Noch immer zitterte sie am ganzen Körper. "Versprichst du mir, dass du mich beschützt?", fragte sie, ohne aufzusehen. "Ja, ich verspreche es" "Weißt du, was mir am meisten Angst bereitet?", fragte Anko in die Stille und ergriff Kakashis Hand. "Nein. Was denn?", entgegnete dieser sanft und fuhr mit der freien Hand durch Ankos seidiges Haar. Er wusste garnicht, dass sich ihre Haare so weich und samtig anfühlen, beinahe, wie flüssige Seide, und dass sie so gut roch. "Ich habe Angst vor mir selbst!", erklärte die Kunoichi und brach daraufhin wieder in Tränen aus. Kakashi drückte ihre Hand und legte seinen Kopf auf den ihren. "Ich bin seit dieser Sache vor drei Jahren richtig feige geworden. Damals hätte ich mich nicht in meinem Haus versteckt wie ein Kaninchen in seinem Bau. Ich wäre hinausgetreten und hätte dieses Schwein gesucht. Aber jetzt bekomme ich ja schon alleine eine Gänsehaut, wenn ich seinen Namen höre" Die darauffolgende Stille war unerträglich. Man hörte bloß das Ticken der Uhr, laut und unaufhörlich, so, als wollte sie demonstrieren, dass sie das Zentrum dieses Raumes sei. Aus der Küche her hörte er einen tropfenden Wasserhahn, der Kakashi beinahe wahnsinnig machte. "Magst du mir erzählen, was damals wirklich passiert ist? Die Geschichte, die im Dorf umgeht, kann wohl kaum der Wahrheit entsprechen", unterbrach der Silberhaarige die Stille. Anko sah auf. Ihr Gesicht war tränenverquollen und all die Freude, die er sonst immer in ihren Zügen sah, war verschwunden. Sie hatte sich wirklich verändert. Damals, da war sie trotzig und plump gewesen, sie hatte unantastbar gewirkt, mutig und stark. Man hatte das Gefühl, sie würde ihr Leben mit Fassung nehmen und ihre schlimme Vergangenheit einfach beiseite schieben. Und jetzt lag sie in seinen Armen, wirkte so zerbrechlich wie eine Puppe aus Porzellan. Was hatte Orochimaru bloß mit ihr angestellt? "Es war ein paar Jahre, kurz nachdem mich die Shinobis aus Konha in dieses Dorf gebracht hatten. Orochimaru hatte meine Spur aufgenommen und war mir bis hierhin gefolgt. Mit einem Jutsu hatte er meine Träume manipuliert und mich mit all meinen Ängsten konfrontiert. Daraufhin habe ich mich auf den Weg gemacht, um ihn zu suchen. Ich fand ihn in einer Höhle etwas abseits von Konoha. Ich wollte gegen ihn kämpfen, doch er wusste im Vorraus jeden meiner Gedanken. So war es ein leichtes für ihn, mich zu besiegen. Er schlug mich nieder und als ich wieder zu mir kam, lag ich gefesselt auf dem Boden irgendeines dunklen Raumes. Und dann" Sie schluchzte laut. "Dann hat er mir etwas so schreckliches angetan, dass ich heute noch zittere wie Espenlaub, wenn ich nur daran denke. Daraufhin habe ich mich an ihm gerächt" "Wie denn? Und was hat er dir schreckliches angetan?", wollte Kakashi wissen. "Das kann ich dir nicht sagen", war Ankos Antwort darauf und der Jonin wusste, dass es besser wäre, nicht weiter nachzuhaken. Es tat ihm in der Seele weh, Anko so leiden zu sehen. Sie war so ein toller Mensch. Er wollte ihr helfen, ihre Angst zu überwinden und ihr wieder ein Gefühl von Sicherheit geben. "Anko-chan?", neckte er sie und knuffte sie in die Seite. "Wie wäre es, wenn wir etwas unternehmen? Wir könnten ins Kino gehen, ich zeige dir dann, wieviel Popcorn in mein Mund passt oder wir könnten ein wenig durch Konoha schlendern" Der Jonin wartete auf eine Antwort, kratzte sich verlegen am Kopf und starrte auf die Kunoichi. Diese sah ihn mit ihren bernsteinfarbenen Augen eindringlich an. "Eine gute Idee. Ich war schon lange nicht mehr im Kino" Kakashi grinste frech. "Sehr gut. Da läuft nämlich gerade so ein toller Film namens ‚Titanic‘ und der..." Er wollte gerade weitererzählen, als er merkte, wie Anko in seinen Armen eingeschlafen war. Von dem ganzen Weinen musste sie ziemlich erschöpft sein. Er griff nach der Decke, die am Ende des Sofas lag und deckte sie zu. "Schlaf schön, Anko-chan", wisperte er ihr zu, lehnte sich zurück und schloss ebenfalls die Augen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)