Götter, Engel, Dämonen und das Meer von Diracdet (Teil 5 des Detektiv Conan-Noir Crossovoers) ================================================================================ Kapitel 3: Just another manic Monday... --------------------------------------- Hallo an alle Lesenden, schönen guten Morgen/Tag/Abend!^^ Erst einmal wieder ein herzliches Danke schön an alle Kommischreiber und eure Einfälle zu meinem Geschreibsel vom letzten Mal. Wenn ich ehrlich bin, am besten getroffen hatte es fahnm mit der kurzen Andeutung, dass es ein Mehrfrontenkrieg wird auf diesem Schiff... Ich denke aber, dieses neue Kapitel wird da sehr aufschlussreich... oder eher noch verwirrender... ;p Also auf gehts in diesen 'Montag': Viel Spaß beim Lesen, bis nächste Woche. lG, Diracdet ___________________________________________________________________________________ Kapitel 3: Just another manic Monday! Der Montag schien nach außen ein fast normaler Tag zu werden. Nach außen... Kogoro verbrachte den ganzen Tag zu hause, suchte seine, aus typischem Fan Dasein entstandene Sammlung über Yoko Okino durch, ob er irgendwo auf mögliche Feinde stoßen würde. Dies als die Nadel im Heuhaufen zu bezeichnen wäre in mehrfacher Hinsicht falsch. A, er hatte eigentlich keine Ahnung, ob es diesen mysteriösen Autor unter seinen Dokumenten überhaupt geben würde. Niemand hatte sie jemals offen angefeindet. Andererseits... sie war nun mal ein Star. Neid war schon so oft ein Motiv, wie er selbst festgestellt hatte. Letzteres brachte ihn auf den Gedanken mit der Nadel. Zumal... es war ja von mehreren die Rede. Oder bedeutete 'Pünktlich werden sie kommen' etwas anderes? Nein, es stand definitiv für einen Plural. War aber vielleicht auch eine Warnung für Yoko. Eine... positiv gemeinte Warnung vor Gefahr? Aber dann hieß es nur umso mehr, dass die Person, oder oder die Personen hinter der Nachricht unter ihren Fans sein müssten. Und er kannte alle, wirklich alle japanischen Fanclubs von Yoko Okino. Allerdings... 'B, Ist noch nicht einmal gesagt, dass es wirklich um Yoko geht. Mit dem Drohbrief ging sie zur Polizei, wie eigentlich zu erwarten. Diese beruhigte sie... was auch zu erwarten war. Hmm... Was war noch gleich der Sinn eines Drohbriefes? Als erstes, eine Person von einer Handlung durch Suggestion von Gefahr abzuhalten. Das ist stets das Naheliegendste, wird aber normalerweise auch direkt formuliert.' „Geh ja nicht zu deinem Auftritt auf der Ocean Goddess, Yoko, sonst wirst du sterben!“, sprach er gedankenversunken vor sich hin. Als er bemerkte, was er gerade laut gesagt hatte, wandte er sich peinlich berührt nach allen Seiten um, ob ihn auch ja niemand gehört hatte. Eigentlich absurd, er war ja allein. 'Dennoch... nur zur Sicherheit.' Er räusperte sich. „So... in etwa würde es normal sein bei einem Drohbrief, was wir hier aber nicht vorliegen haben.“ Er setzte sich in Ruhe wieder hin... 'Der zweite Aspekt eines Drohbriefes ist...' „...Ablenkung?!“ Der Professor sah völlig erstaunt zu Conan, der ihm gegenüber auf dem Sofa saß und einen Kaffee genoss. Ai saß neben dem alten Mann, trank ebenfalls das heiße Koffein, das ihrem nächtlichen Treiben so oft Flügel verleihte, und starrte, ohne einmal die Miene zu verziehen auf den kleinen Detektiv. Nichts, aber auch gar nichts schien sie beitragen zu wollen, zu dem Gespräch, überhaupt war sie ausgesprochen ruhig den ganzen Tag. In einem Moment, als der Hausherr den Kaffee in der Küche holte, wandte sie sich kurz an Conan, drückte ihm unauffällig etwas in die Hand und flüsterte in sein Ohr: „Sherlock. Unterschätze niemals die Macht einer Frau!“ Dies waren bis jetzt die einzigen Worte, die er von ihr heute gehört hatte. „Ja... Professor, es ist zumindest denkbar.“, antwortete er gelassen. „Der zweite Aspekt eines Drohbriefes ist die Suggestion gegenüber anderen Leuten, zum Beispiel der Polizei. Die wird automatisch auf dem Schiff vertreten sein, so viel war bekannt. Mit dem Drohbrief wird es besondere Aufmerksamkeit für Yoko Okino geben. Das Problem eines solchen Briefes ist eben, wenn man die angesprochene Person nicht abschreckt, macht man sich nur selbst das Leben schwer, weil diese Zielperson dann eigentlich noch besser geschützt ist.“ „Ja... aber zum Beispiel Kaito Kid...“ „Verschickt ebenfalls Karten, ich weiß. In seinem Fall ist es wohl eine von zwei Erklärungen... oder beide. Entweder, er ist einfach auf den Kick aus. Er kann die ganze Polizei zum Narren halten, wenn er will, aber wenn er in ein gewöhnliches Museum oder so einbricht, wäre das ja schon eine Beleidigung für seine Fähigkeiten. Aber... viel wahrscheinlicher, wie ich mittlerweile denke...“, er fasste sich unwillkürlich ans Kinn und behielt im Augenwinkel Ais Blick, „...versucht er, jemanden auf sich aufmerksam zu machen.“ „Jemanden... auf sich aufmerksam zu machen?“ Der Professor staunte gleich noch mehr, wie fast unbeteiligt der kleine Junge das sagte. Ai hielt ihre Tasse ebenfalls ungerührt an ihren Mundwinkeln. 'Glaub ja nicht, dass ich dir jetzt irgendetwas bestätige, Kudo!' „Ja, er versucht, Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber lassen wir das vorläufig.“ Er nippte kurz wieder an seiner Tasse. „Was ich meinte, ist, dass man damit auch ablenken kann, von dem wahren Ziel. Denn ehrlich..., so abschreckend finde ich die Formulierung eigentlich nicht. Und einen Sinn muss der Brief ja haben.“ „Also täuscht der Autor vor... es ginge um Fräulein Okino, und in Wahrheit geht es um... jemand anderes?“ Der Professor starrte verstört zu seinem ehemaligen Nachbarn, dieser wollte gerade antworten, wurde dann aber von Ai unterbrochen, die sich nun doch endlich zu Wort meldete. „Das macht keinen Sinn, Kudo. Es ist mit Ausnahme Yokos doch kaum einer der Gäste auf diesem Schiff bekannt.“ Ein Lächeln in den Augen des Jungen verriet ihr, dass er dieses Problem schon bearbeitet hatte... aber auch noch nicht wirklich gelöst. „Ja... und nein, Ai. Es stimmt schon, dass die Liste geheim ist. Mehr... oder minder. Teile der Attraktionen des Schiffes sind bereits durchgesickert und damit auch Andeutungen über einige der Gäste. Des weiteren... das Schiff selbst... Die 'Ocean Goddess'. Göttin des Ozeans. Das Schiff selbst könnte das Ziel sein, auch wenn ich das für unwahrscheinlich halte.“ „Wieso unwahrscheinlich?“, hakte die Forscherin nun doch überrascht nach. „Nun... es ist natürlich denkbar, dass ein Feind des Besitzers, Schrägstrich Erbauers des Schiffes ihm diese Jungfernfahrt vermasseln will. Aber... irgendwie passt da die Formulierung nicht.“ „Findest du?“ Ai stellte ihre Tasse beiseite und sah ihm eine Weile stumm in die Augen. „Du fragtest doch noch gestern Abend, ob es überhaupt möglich wäre Götter zu töten. Wenn es um Menschen geht, ist das fast schon banal einfach, aber dieses riesige Schiff... das kommt deiner Frage schon deutlich näher. Der moderne Stahl, der den Eisberg der Titanic zerlegt hätte, statt umgekehrt, die Sicherheitseinrichtungen bis zu Überwachungssystemen, die geordnete Kommandostruktur, der moderne Radar und Funkverkehr, die gesetzlich festgeschriebene Zahl an Rettungsbooten, die wie erwähnt vielen Polizisten an Bord, dazu noch die kurze Strecke, die das Schiff bei dieser Fahrt nur nehmen wird. Wenn du mich fragst, dieses Schiff in Seenot zu bringen kommt einem Göttermord an Schwierigkeit gleich.“Sie schloss mit der Andeutung eines überzeugten Nicken und nahm wieder ihre Tasse. „Und genau deswegen erscheint es mir unrealistisch. Die Polizisten und die kurze Strecke. In einer Woche begibt sich das Schiff auf eine erste Weltumfahrung, vorbei am Kap Hoorn und Kap der guten Hoffnung. Da wäre das viel... einfacher.“ „Mal so nebenbei gefragt... dieser Eigner, dieser Herr...“ „Sinjo Tanahi, Herr Professor. Ein Milliardär, der reichste Mensch Japans laut Forbes Liste, sogar einer der 50 reichsten auf dieser Liste, also auf der ganzen Welt. Konzernchef. Ein riesiger internationaler Verkehrsriese. Flugzeuge, Schiffe, Baufahrzeuge, die Schiffe und Flugzeuge bauen... Die Ocean Goddess ist die Krone seiner Schöpfungen, er hat vielfach bei der Planung und Konstruktion, die zusammen die letzten 8 Jahre ausgemacht haben, mitgewirkt. Eine ingenieurstechnische Meisterleistung, so wird es in der Presse beschrieben. Eine schwimmende Stadt, gewissermaßen.“ Kühl ratterte Conan seine Informationen ab. „Und ein Problem für alle, die sonst im Kreuzfahrtschiff-Gewerbe mitreden wollen. Und vor allem ist er eine der wenigen Personen, von denen wirklich jeder weiß, dass er da sein wird.“, vollendete Ai. Conan nickte nur stumm. 'Und damit ist dieser Sinjo Tanahi natürlich auch ein mögliches Ziel.' Kogoro hatte die gleichen Gedanken und konnte somit auch zu diesem Schluss kommen. 'Nur... Neptunia... das ist doch eindeutig weiblich, oder? Also doch sein Schiff? Nun ja... egal wie reich er ist, wenn er das Schiff als Eigner betreibt... haftet er auch dafür... und dann würde er finanziell mit dem Schiff untergehen können. Wörtlich, wie im übertragenen Sinne. ...Die Konkurrenz dieses Tanahi, das wäre für dieses 'sie' denkbar. Aber warum dann an Yoko? Weil sie die Einzige war, die hier in Japan als Ehrengast bekannt wurde? Nicht doch, so geheim wird die Liste auch nicht sein und als Konzernchef wird dieser Tanahi schon darauf achten, seine Geschäftspartner einzuladen. Dafür muss man kein Wirtschaftsgenie sein um in dieser Hinsicht ein Dutzend Gäste aus dem Bericht seines Konzerns über das letzte Jahr abzulesen. Aber Neptunia... das kann doch nur... entweder Yoko... oder das Schiff sein. Nur... in Anbetracht des Polizeiaufgebots und der vielen anderen Gäste... ein Anschlag auf das Schiff... das wäre fatal. Und dann in Anführungsstrichen nur ein einzelner Drohbrief an eine einzelne Person? Nein, das wäre lächerlich. Dann hätte man überhaupt nichts schicken brauchen. Der Brief geht doch unter in diesem Rahmen.' Resignierend schüttelte er den Kopf. Eigentlich musste er mit dieser geistigen Entwicklung zufrieden sein. Nicht auszudenken, er nehme seine eigene Tochter und den kleinen Jungen, auf den er aufpasste, mit auf ein Schiff, das untergehen könnte! Und dennoch, die für ihn logische Schlussfolgerung war klar... und ernüchternd. Die gesuchte Göttin war doch Yoko. Unwillkürlich griff er zu seiner Zigarettenpackung, zündete sich eine an und lehnte sich in seinen Sessel zurück. „Na, wie findest du es, Mama?“ Ran trat sehr zufrieden lächelnd aus der Umkleidekabine heraus und drehte sich in der Robe herum. Ihre Mutter sah nachdenklich an ihr auf und ab, wirkte bei weitem weniger zufrieden als die Tochter. „Dunkelblau? Ich dachte du magst rot?“ „Ja!“, seufzte Ran entnervt, als sie ihre gute Stimmung im Blick Eris untergehen sah. „Normalerweise ja, aber es ist doch eine Schifffahrt und ein doch sehr... nobler Anlass. Rot wäre da zu aufreizend und blau passt doch zum Meer.“ „Ach... und ein trägerloses Kleid ist nicht aufreizend?“ „Äh...“ Leicht errötend sah Ran auf ihre entblößten Schultern, die im Moment noch von den Trägern ihres BHs verdeckt waren. Darunter fiel ihr Blick dann auf das weitläufige Kleid. Doch, es war eine sehr feine Robe, das musste auch Eri in Gedanken zugeben. „Ach was, Mama, das passt doch wunderbar.“, wollte sie sie beschwichtigen, doch ihre Mutter blickte sie auf einmal spöttisch von der Seite an. „Habe ich da was falsch verstanden gestern am Telefon, oder war nicht genau das das Problem?“ „ÄH... Haha... hups, dann wohl doch ein anderes. Ist da noch was in diesem Blauton?“ Eri's Blick wurde keinen Funken heller. Im Gegenteil, ein zynisches Funkeln durchzog ihre Augen. „Weiß ich nicht. Aber wie wäre es denn eher mit diesem hier, das sieht fast genau so aus, müsste aber deinen Anforderungen gerecht werden.“ Sie holte ein fast identisches Kleid hervor aus den Kleiderständern, mit einem winzigem Unterschied versehen, der Ran aber kurzzeitig die Farbe aus dem Gesicht trieb. „NEIN! Kein schwarzes Kleid!“ Eri zuckte bei dem Ausruf fast zusammen. „Bitte, Mama...“, begann die Oberschülerin, als sie sich wieder gefasst hatte, zog sie zu sich und flüsterte in gedämpftem Ton. „Schwarz.... tragen sie anscheinend alle. Das ist... so was wie ihr Markenzeichen.“ Mit einem mal war auch Eri wieder ernst, wenn auch sie ihrer Tochter keinen rechten Glauben schenkte. „Du meinst... die Leute, von denen du erzählt hast, die angeblich hinter Shinichi her sind? Obwohl du das weder von ihm gehört hast, noch sonst irgendeinen Beweis besitzt? Zumindest keinen, den du mir zeigen willst. Und aus einer Quelle, die du mir auch nicht nennen willst, weißt du, dass auf der Ocean Goddess eine dieser Personen sein wird, obwohl die Liste der Gäste offenbar geheim ist. Ach... die Leute, wie konnte ich das nur nicht wissen?!“ Der Sarkasmus in ihrer Stimme war so beißend, dass Ran fast bebte vor innerem Verlangen, sie aufzuklären. Aber genau das wollte die Anwältin ja, dass sie ausspricht, was sie verheimlichte, ihrer Mutter reinen Wein einschenkte. Eri kannte ihre Tochter gut genug, um zu wissen, wie weit ihre Fantasie reichte und wo sie die Realität und die Fiktion erkennen würde. Das, was sie ihr am Telefon sagte, das war Realität, sie spürte es. Und genau das machte ihr Angst. Ran verschwieg, woher sie diese Informationen hatte. Es war zu konfus, das konnte sie sich nicht ersinnen, dann würde sie eher an sich selbst zweifeln. Sie zweifelte aber nicht, im Gegenteil, selten hatte Eri diese Zuversicht in Rans Augen gesehen... gepaart jedoch mit so viel Angst... 'Angst... und Hoffnung. Hoffnung und Angst... Das ist eine gefährliche Mischung, Ran. Weißt du das nicht? Oder... hast du es... für ihn... vergessen?' Der Professor stand noch lange in der Tür, nachdem Conan hinter der nächsten Ecke verschwunden war. Ai stand ebenfalls in die Tür gelehnt, beobachtete still die fallenden Blätter im Garten des Hausherren. „Sagen Sie...“, begann sie nach einer Weile, als es eigentlich beiden kalt wurde und sie rein gehen wollten, „Sie kennen sich doch auch ein bisschen mit Sherlock Holmes aus, Professor?“ Dieser starrte verwirrt zu seiner Mitbewohnerin hinunter. Ai rührte sich keinen Millimeter, stand, die Arme verschränkt, vollkommen ruhig da und sah den Jahreszeiten beim Wirken zu. Er wusste, sie wartete geduldig auf seine Antwort, aber dennoch machte ihm diese Art an ihr Angst. 'Wie... eine Maschine! Genau, wie eine Maschine. Nach der Anfrage an den Benutzer stört es das Gerät nicht, ob es nach einer Sekunde oder zehn Stunden die Antwort erhält, die Maschine harrt seelenruhig aus.' Und so war auch Ai. Öfters sogar. In diesen Momenten schoss ihm die Frage durch den Kopf, wie man wohl in der Organisation einem Kind solch eine gefühllose, ja eigentlich die eigene Existenz als denkendes, empfindendes Lebewesen verleugnende Handlungsweise eingebläut hatte. Und jedes mal schauderte es ihm vor der Antwort. „Nun... naja, ein bisschen, ja, aber sicher nicht so wie Shinichi...“ „Das ist auch nicht nötig.“, unterbrach sie ihn in vollkommen monotoner Weise. 'Schon wieder! Schon wieder wirkt sie wie eine Maschine.' „Ich wollte nur wissen... abgesehen von Professor Moriarty... hat Sherlock Holmes sonst jemals einen Täter getötet oder anderweitig... unrechtmäßig behandelt?“ Eine Weile schaute der alte Mann skeptisch auf das junge Mädchen, bis Ai sich dann doch bequemte, zu ihm aufzublicken und damit die Ernsthaftigkeit der Frage zu betonte. Schließlich fasste er sich kurz an die Nase, als wolle er seine in Falten gezogene Stirn gerade ziehen. „Unrechtmäßig? Hm...“ Es klang wie ein schwaches Lachen, dass er unterdrückte. „London war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts... eine der ersten, nein, die erste moderne Großstadt im westlichen Stil. Die industrielle Revolution war vollzogen, die Menschen zogen in Scharen in die Städte, bildeten die ersten Elendsviertel und Slums, aus deren Kindern sich auch die Baker Street Bande entwickelte, die Holmes unterstützte. Die Themse wurde zunächst verseucht, was eine größere Epidemie bewirkte, als Jahrhunderte zuvor die schwarze Pest, nur um dann durch das erste Kanalisationssystem der Welt gereingt zu werden. Scotland Yard wurde gegründet, um der wachsenden Kriminalität Herr zu werden und Jack The Ripper trieb die Leute in Panik. Alles unter der schier endlosen Regentschaft Viktorias der zweiten. In dieser Zeit, in der die einfachen Leute das Vertrauen in die helfende Hand ihrer Herrscher verloren oder zu verlieren drohten, als Recht die Gerechtigkeit ablöste und viele Menschen sich hilflos fühlten, keimte die Sehnsucht nach einer helfenden Hand jenseits des Staates, jenseits der Gesetze, auf. Nach jemandem, der einfach hilft, wenigstens ein paar Probleme zu lösen. Diese Sehnsucht griff Arthur Conan Doyle auf, vermutlich auch motiviert durch viele Patientenschicksale, die er in seiner Praxis erfuhr. Er erschuf eine Figur, die nicht nur diese Sehnsucht befriedigte, sondern auch die Angst, die die Leute mittlerweile mit dem Neuen verbanden, zu nehmen versuchte. Die das Positive heraus filterte, für Conan Doyle offensichtlich die Fähigkeiten der Wissenschaft und des modernen, rationalen, weltoffenen Geistes. Sherlock Holmes. Ich will sagen, Holmes war kein Polizist und auch kein einfacher Kriminologe. Er war auch öfters Richter über die Täter, die er zuvor überführte. Und handelte nach dem Verständnis der einfachen Leute, nicht nach dem Recht. Er hat einige Male einen Täter laufen lassen. Das war zum Beispiel... im Fall der Pappschachtel. Ein übler Scherz, der viel mehr Unheil bewirkte, als ursprünglich erdacht und der Drahtzieher war letztlich selbst an den Rand des nervlichen Zusammenbruchs gekommen. Da ließ es Holmes dabei bewenden, ihn mit dieser Schocktherapie leben zu lassen.“ „Jaja, er war so toll, ich habs kapiert, Professor.“, unterbrach sie ihn genervt. „Ich meinte eigentlich...“ „Das gefleckte Band.“ Nun hatte er sie unterbrochen und aufmerksam gemacht. „Was?“ Sie sah verwundert zu ihm auf. Sein Blick wurde sehr ernst. „Holmes hat es nicht gescheut, das Gesetz zum Lösen eines Falles zu brechen, wenn er es als hilfreich und... verzeihlich ansah. Im gefleckten Band ging es um eine asiatische Giftschlange, die der Täter durch einen Luftschacht zum Opfer schickte und es damit ermordete. Das Opfer konnte einer Zeugin nur noch diese Worte aus der Erinnerung wieder geben, die diese dann Holmes weiter gab. Holmes hat sich an den Tatort begeben, wohl wissend, dass der Täter es wusste und die Schlange wieder schicken würde um sich selbst vor der Überführung zu schützen. Er erschreckte das Tier und scheuchte es zurück durch den Schacht zu seinem Herren, der folgerichtig nun den tödlichen Biss erhielt.“ Nun wirkte Ai wirklich schockiert. Diesen Aspekt von Holmes hatte sie nie mitbekommen. „Holmes meinte im Nachhinein zu Watson, dass er sicher damit zum Tod des Mörders beigetragen, ihn sogar stark mit verschuldet habe, dass ihn das in seiner Seele aber nicht im geringsten störe.“ „Sie meinen...“, ihre Stimme und ihr Blick verrieten die deutlich Anspannung. „Sherlock Holmes war der Mann, der fast immer handelte, wie man es damals wollte, nicht, wie man es sollte.“ „Und Shinichi? Ich meine... er ist doch vernarrt in Holmes Methoden, Ansätze, Denkweisen. Sicher, er würde nicht losgehen und jemanden töten, aber...“ „Ai, was machst du dir immer für Sorgen?“, beschwichtigte er, fast mit einem Lächeln auf den Lippen, als ihm endlich der Zusammenhang der Frage erörtert wurde. „Shinichi sucht immer nach der Möglichkeit, niemandem zu schaden und er würde auch nie für seine eigene Vorstellung von Gerechtigkeit davon abweichen. Er ist da viel zu sehr...“ „Idealist? Tse.“ Nun musste sie ironisch lächeln. „Professor... er ist sicher bestrebt, idealistisch zu sein, aber... Sie haben ihn nicht erlebt. Damals im Tropical Land, vor diesem Spiegelkabinett... mit Wodka... als die Wut ihn übermannte. Niemand kann wirklich dauerhaft für seine Gefühle garantieren, dass sie ihm keinen Streich spielen. Holmes hat sich in Ihrer Geschichte verteidigt, auch wenn Kudo sicher nach einem anderen Weg gesucht hätte. Was ich meine... ist... ob er einen Menschen, dem seine ganze Wut gilt, wenn auch nur in einem Moment... zerstören könnte? Nicht physisch... mental.“ Sie wandte sich zur Seite, wollte ihn jetzt nicht ansehen. Oder genauer, er sollte sie nicht sehen. „Das wäre..., meiner Meinung nach sowieso die wahre Form der Zerstörung eines Menschen.“ „A...Ai...?“ Er schluckte hart, sie machte ihm Angst. „Geht... geht das denn so einfach... einen Menschen mental zu zerstören..., wenn... wenn er noch nicht angeknackst ist?“ Als sie einen Moment zögerte, schöpfte er direkt Hoffnung, diese Diskussion als harmlose Gedankenspielerei abzutun. Dann aber wandte sie sich doch wieder an ihn. „Sie selbst haben es ihm einst ermöglicht.“ „Was?“ Ein Flüstern, mehr war nicht zu hören von Agasa. „Im Tropical Land... als wir Conan und Wodka fanden, wusste letzterer schon von Conans Identität. Dann kam der Schuss... die Kugel... die er dank Ihrer Erfindung in der Luft stehen lassen konnte. Ich habe Wodkas Worte im Moment danach immer noch in meinen Ohren. 'Du... du bist doch nicht wirklich sein Geist?' Damals hat Conan in einem einzigen Augenblick einen kaltblütigen Mörder mental gebrochen. Er hat seine Willenskraft zerstört. Deshalb musste er auch sterben, er hatte keine Zukunft mehr bei der Organisation.“ Die Angst steigerte sich immer weiter in dem Professor, er traute sich kaum die nächste Frage auszusprechen. Dennoch, es musste sein. „Aber... wenn er... wenn Shinichi tatsächlich schon... vor deinen Augen... so weit gegangen ist, wieso fragst du dann noch?“ „Ich hatte gehofft... dieser Fall hätte ihm bezüglich seiner Emotionen die Augen geöffnet. Nur...“ Sie wandte sich wieder ab. Diesmal ganz, sie glitt vom Eingangsbereich weg in die Stube. „Ai... warte! Nur... was?“ Tränen drückten von innen an ihre Augen. Sie wusste es ganz genau. Wenn er es tun würde... wenn er der Versuchung nicht widerstehen könnte... wenn er bis zum Äußersten gehen würde, würde sie verantwortlich sein. Er wäre womöglich nicht mehr der selbe. Er würde sehr... sehr viel... zu viel einbüßen von der Liebe in seinem Herzen. Das würde Ran ihr nie verzeihen. Das würde sie selbst sich nie verzeihen. „Ich habe... ich habe... ihm die Mittel gegeben, um eine weitere Person zu zerstören... und sich selbst womöglich mit!!“ Sie rannte unwillkürlich los, ließ den Professor völlig verwirrt stehen, hinab ins Labor, schloss die Tür ab und lehnte sich, herab gleitend dagegen. 'Es tut mir Leid, Ran! Bitte, Shinichi... überlegs dir... sie ist es doch nicht wert!' Sie konnte nicht mehr... sie hatte sich von dem Meisterdetektiv zum vielleicht größten Fehler ihres Lebens... ihres zweiten Lebens als Ai Haibara... hinreißen lassen. Plötzlich sprudelten ihr die Worte nur so hinaus, die sie in die Leere des Labors rief. „Bitte! Ihr könnt das doch nicht zulassen! Wenn ihr irgendetwas von diesem Detektiv wollt, dann könnt ihr nicht zulassen, dass er das tut! Das könnt ihr nicht!! Verdammt... Verdammt! Helft ihm doch, sonst wird es Übermorgen vielleicht keinen Meisterdetektiv des Ostens mehr geben!“ Scheinbar gehörlos verhallten ihre Worte, waberten nur sehr kurz, bevor die gepolsterten, verstärkten Wände des Labors alles abgedämpft hatten und nur das Schluchzen eines kleinen Mädchens noch blieb. Eine junge Frau legte die Kopfhörer zur Seite, senkte sich langsam zurück in ihren Stuhl. Ihre ernste Miene wich langsam aber stetig dem schwachen Lächeln. 'Nein, Ai. Du irrst dich, weil du nicht alles weißt. Shinichi hat bereits erlebt, was die Zerstörung eines Menschen ist... Aber das konntest du nicht wissen, er hat es dir nie erzählt. Er wird es kein zweites Mal so weit kommen lassen. Und wenn doch... Nein! Ich werde es nicht zu lassen. Niemals!' Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)