Dell'Arte della guerra von abgemeldet ((Von der Kunst des Krieges) [Rufus/Reno/Tseng]) ================================================================================ Kapitel 1: Dannazione --------------------- Disclaimer (der nur dazu dient, alle weiteren Autorenkommentare zu ersparen): Warnungen: Suizid, Slash, Lemon, Fluff, M/M, Drogen... Pairings: Reno/Tseng, Tseng/Rufus, Rufus/Reno, Rude/Elena Rating: sehr hartes R (Leitthema der Story) Copyright: Das Copyright aller Figuren liegt bei Square Enix, wo es wohl auch bleiben wird. Autoren: Kabuki und Noctifer Titel und Kapitelüberschriften sind eine direkte Verbeugung vor Machiavelli Teil des Twilight-Arcs(http://www.fanfiktion.de/u/Kabuki) und Fortsetzung von 'Kein Blick zurück' (http://www.fanfiktion.de/s/48c938260000506506a003ec) Dannazione Der Anruf kam mitten in der Nacht. Ein Anruf auf den Elena gewartet hatte. Wartete, seit sie Rufus Geschenke erhalten hatte. Rude hatte sie an diesem Abend nur angesehen. Schweigend. Hatte ihre Hand gegriffen, und den Ring auf ihren Finger geschoben. Wortlos. Der Ring, der auch jetzt strahlte und funkelte. An ihrem Finger schimmerte. Während sie wartete. In ihrer neuen Wohnung wartete. Mit dem grandiosen Blick über die Midgar-Ebene. Eine Aussicht für welche andere töten würden. Sie, die schon zu oft den Abzug der Pistole durchgezogen hatte, fand die Aussicht nur hübsch. Grandios fand sie den Ring an ihrem Finger. Als junges Mädchen hatte sie sich einen Heiratsantrag romantischer vorgestellt. Hatte gehofft, dass der Mann vor ihr auf die Knie sinken würde, ihr die ewige Liebe beschwor. Rude musste nichts sagen. Aber perfekter könnte ein Heiratsantrag nicht sein. Elena bewegte die Hand, musterte den schmalen Goldstreifen. Die Reflektion des Lichts auf ihm, welches durch geschlossene Jalousien herein fiel. Helles Licht, gespiegelt von den fallenden Schneeflocken. Der Ring war Rufus Shinras Geschenk. Abschiedsgeschenk. "Idiot!" wisperte sie in die Dunkelheit. "Arschloch!" Ihre Faust schlug in das Sofakissen. Bezogen mit dem teuersten Stoff den man in Edge kaufen konnte. Sie weinte nicht um den Bezug, der unter ihrem Schlag riss. Keine Tränen für ein Sofa. Warme Tropfen auf ihren Wangen für einen Mann, den sie einmal gehasst hatte. Der zu einem Freund geworden war. Wann und wie? Kein Zeitpunkt, den sie bestimmen konnte. Es war passiert. Genauso wie es passierte, dass sie einen anderen Freund verlor. Jeden Tag ein Stück mehr. Ihn nicht mehr fand hinter den Akten, die er wie einen Schutzwall auf seinem Schreibtisch stapelte. Ihn nicht mehr erreichen konnte, weil er mal wieder einen Job erledigte. Irgendwo. In Kalm. In Modeoheim. In Junon. Nur nicht in Edge. Niemals alleine. Immer mit Partner. Eine Regel, ein ungeschriebenes Gesetz. Bis der Direktor des Departments dieses Gesetz für sich selbst aufgehoben hatte. Alleine verschwand. Erst nur für ein paar Stunden. Dann Tage. Schließlich Wochen. Er musste niemand Auskunft geben. Diese Sonderregelung stand in seinem Vertrag. Kam und ging wie ein Schatten. Wurde immer mehr selbst zu einem Schatten. Elena wischte sich die Tränen von den Wangen. Idioten! Und zuckte zusammen, als neben ihr das PHS surrte. Renos Klingelton. Ausgerechnet Renos. Ihre Hand zitterte. Der Ring funkelte in der Dunkelheit. "Ja?" Wie sie es schaffte, das Gespräch anzunehmen, wie sie sich selbst zwang das PHS an ihr Ohr zu halten, konnte sie sich nicht erklären. "Laney... ich... Fuck, Laney, Strife hat mich angerufen." Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang konfus, regelrecht panisch. Selten hatte Elena ihn so sprechen hören. "Es ist Rufus ... er..." "Reno!" Sie wollte sich vorbeugen, den Inhalt ihres Magens auf dem teuren Teppich verteilen. Wollte nicht hören, was mit Rufus passiert war. Und fragte doch, das Zittern in ihrer eigene Stimme so weit es ging kontrollierend: "Was ist mit Rufus?" "Strife hat ihn gefunden. Mit 'ner Nadel im Arm. Überdosis. Ich bin jetzt mit ihm im Krankenhaus. Fuck! Laney, es sieht echt scheiße aus!" Sie atmete ein. Wieder aus. Legte sich die Worte zurecht. Jetzt bloß nicht hysterisch werden. "Ich komme sofort zu euch. Welches Krankenhaus?" Noch während Reno die Adresse stammelte, schlüpfte sie in das weiße Hemd, das vor dem Sofa lag. Streifte sie sich ihren Blazer über, der vor ein paar Stunden in der Mitte des Wohnzimmers auf den Boden gefallen war. Band die Krawatte korrekt, welche gerade noch um eine Stuhllehne im Esszimmer verknotet war. Rude hatte seine bereits weg geräumt. Und atmete erleichtert auf, als ein großer Schatten in der Tür erschien. Wortlos mit den Autoschlüsseln klimperte. Die beiden Turks schwiegen auf der Fahrt. Hatten nicht einmal das Radio angestellt. Rude saß auf dem Fahrersitz. Stoisch. Den Blick hinter seiner Sonnenbrille verborgen. Elena musste ihm nicht die Brille abnehmen, musste ihm nicht in die Augen sehen, um zu wissen, was ihm durch den Kopf ging. Idiot! Nicht die korrekte Bezeichnung für den eigenen Chef. Der Wagen wurde im Halteverbot abgestellt. Direkt vor dem Haupteingang des Krankenhaus. Sie konnten es sich erlauben. Sie waren Turks. Passten ihnen Gesetze nicht, wurden sie den eigenen Bedürfnissen entsprechend geändert. So war es immer gewesen. So würde es auch weiter sein? Schon einmal hatten sie sich diese Frage stellen müssen. Waren zu dem Entschluss gekommen, das ohne Shinra auch die Turks undenkbar waren. Die Konsequenz dieses Gedankenspiels ließ sie wie immer zusammen zucken. Sie waren Turks. Sie waren konsequent. Immer. Unter ihren Füßen knirschte der frisch gefallene Schnee, als sie beide eilig auf die Doppeltür zu hielten. Elena drehte ihren Kopf, sah sich suchend um. Nur zwei Autos blockierten die Auffahrt. Nirgends wo war ein schwarzer Sportwagen zu entdecken. Kein Motorgeräusch in ihren Ohren. Der fallende Schnee verschluckte jedes Geräusch. "Er wird gleich kommen." Rude hielt ihr die Tür auf. "Es geht um Rufus." Elenas Antwort war ein Schnauben. Ein zweifelnder Blick. Rudes bestätigendes Nicken konnte sie ausnahmsweise einmal nicht beruhigen. Eine junge Frau, jünger als die Turk, hielt direkt auf sie zu, kaum standen sie im Foyer des Krankenhaus. Ein weißer Kittel wehte um ihre zierliche Figur, ganz dem Stereotyp entsprechend baumelte ein Stereoskop um ihren Hals. Ein winziges Detail an welchem Elena sich für ein paar kostbare Sekunden fest halten konnte. Wenn sie hier von einer Ärztin, die allen Klischees entsprach, empfangen wurden, würde ihnen diese Ärztin doch auch sicherlich mitteilen, das alles in Ordnung war, sie sich keine Sorgen machen müssten. " ... Koma. Wir wissen nicht wann und ob er überhaupt wieder erwachen wird. Ganz zu schweigen von den Hirnschäden." Worte, die nur langsam durch sickerten. Die sich behäbig in Elenas Gehirn fraßen. Arschloch! Egoistisches Schwein! Hast du eine Sekunde daran gedacht, dass du uns wichtiger bist, als jedes beschissene Apartment, jeder Ring? Für Rufus musste alles so perfekt logisch gewesen sein. In seinem verdrehten Hirn hatte alles zusammen gepasst. Sonst wäre er nicht so weit gegangen. "Wir müssen zu ihm." Es war die Turk die sprach. Kühl. Fokussiert. Dass hatte sie gelernt. "Jetzt!" Verdammt, sie klang sogar wie er. Wie der Mann, der ihr beigebracht hatte, was es bedeutete diesen Anzug zu tragen. Die Ärztin zuckte zusammen. Öffnete den Mund um etwas zu erwidern. "Jetzt!" wiederholte Elena. Ihre Stimme echote hohl durch das Foyer. Menschenleer bis auf die beiden Turks und die junge Frau, die gerade noch so viele gute Gründe parat gehabt hatte, weshalb die beiden Gestalten in den Anzügen warten zu hatten. Die jetzt nur nickte. Heiser murmelte: "Folgen sie mir." Zwei Köpfe, die nickten. Zwei Turks, welche die Ärztin vor laufen ließen. Die zu gebannt auf die Anzeige des Fahrstuhls starte. Nicht bemerkte, wie sich Rudes Arm um die Schulter der Frau an seiner Seite legte. Nicht bemerkte, wie diese Frau sich kurz gegen den Mann an ihrer Seite lehnte. Dankbar dafür, dass er da war. Dankbar dafür, dass er nichts sagte. Sie dachten beide eh das selbe. SHIT in flammenden großen Buchstaben. Der grüne Neonpfeil, welcher auf das Wort zeigte inklusive. Das Öffnen der Fahrstuhltür; dazu ein melodische Glockenspiel, das die Laute der Hydraulik übertönte, ließ Elena zusammen zucken. Ließ den Moment der gegenseitigen Beruhigung wie eine Seifenblase zerplatzen. Rude zog seinen Arm zurück. Trat neben Elena in die Kabine. "... fünf Minuten später gefunden worden, hätten wir ihn nicht mehr retten können." Die Stimme der Ärztin fraß sich in ihren Kopf. Worte. Elena hätte gerne ihre Hand gehoben, die Finger um die Kehle der jüngeren Frau gelegt. Zugedrückt. Beobachtet, wie sich erst das Gesicht verfärben würde, dem Röcheln gelauscht. Dann dem leblosen Körper in die Eingeweide getreten. Fantasien, die für den Moment reichen mussten. Kurze Erleichterung verschafften. Die gefühlte Ewigkeit, die sie in diesem Fahrstuhl verbringen musste, angenehmer gestalteten. Ein weiteres viel zu melodisches Glockenspiel verkündeten ihre Ankunft in der Notaufnahme. Die Tür hatte sich noch nicht einmal ganz geöffnet, da hörte sie bereits Reno. "Minerva seien 300 Trankopfer gebracht. Ihr seid hier!" Seine Schritte klangen laut auf dem Linoleum. Er rannte ihnen entgegen. Rude schob sich wortlos vor sie. Verließ als erster den Fahrstuhl. Ging zu Reno. Legte ihm seine Pranke von Hand auf die Schulter. Eine so simple Geste, die niemals ihre Wirkung verfehlte. Rude konnte Reno immer beruhigen, ihm immer wieder helfen, sich auf das wichtige, auf das offensichtliche zu konzentrieren. Deshalb waren sie Partner. Und Elena sah sich um. Suchte ihren Partner. Der nicht hier war. Das einzige was sie entdecken konnte war die Silhouette eines Mannes, den sie hier als aller letztes erwartet hatte. Blonde, stachlige Haare. Immer das erste Merkmal, das einem ins Auge sprang. Auch ihr. Sie schob sich an der Ärztin vorbei, die vielleicht irgendwann ihren Namen genannt hatte, und der von Elena als vollkommen unbedeutend ein geordnet worden war. Drängte sich an Rude vorbei, der Reno beruhigte - wortlos, alleine durch seine Anwesenheit. Und hielt auf Strife zu. Ex-SOLDAT, Lieferant. "Du hast ihn gefunden?" Keine freundliche Begrüßung. Alles was sie wollte, waren Fakten. Und sie hätte gelacht, hätte jemanden freundschaftlich in die Rippen geboxt, ihn daran erinnert, dass er sie verdorben hatte ... wäre er hier. Strifes Nicken nahm sie zur Kenntnis. Akzeptierte es als ein 'Ja' auf ihrer Frage. "Wo?" Die Frage; die Art wie sie diese Frage stellte, ließ nicht nur Elena selbst zusammen zucken. "Auf den Überresten von Sektor 7." Es war nicht der Lieferant, der ihr antwortete. Gerade gab ein ShinRa-Gefreiter seinen Bericht ab. "Wie bist du darauf gekommen, dass er dort ist?" Es spielte keine Rolle, dass sie zu ihm aufsehen musste, dass sie mehr als einen Kopf kleiner war als Cloud Strife. Gerade stellte ein Turk einen SOLDAT zur Rechenschaft. "Er war in der Bar. Im 7th Heaven. Und hat sich sehr seltsam benommen. Ich bin ihm gefolgt." Elena akzeptierte diese Aussage. Genauso wie sie akzeptierte, das Cloud ausgerechnet Reno angerufen hatte. Details, die sie sich gar nicht weiter ausmalen wollte. Und doch war er da. Der gehässige Gedanke: Strife, du gehörst zu den wenigen, denen Reno nach einem Blowjob seine Telefonnummer da gelassen hat. Wundern würde sie es nicht. Weiter nach fragen würde sie auch nicht. Was sie wissen wollte, waren Fakten. "Du bist ihm gefolgt. Was ist dann passiert?" Ihm. Rufus Shinra, der irgendwo weiter den Gang herab hinter einer der Türen lag, und um sein Leben kämpfte. Wenn er überhaupt noch kämpfen wollte. "Ich habe ihn gefunden." Strife unterbrach ihre Gedanken. "Mit der Nadel im Arm. Und ich hatte nur die Nummer von Reno. Den ich angerufen habe." Kurz, für die Dauer eines Augenblicks beneidete Elena Cloud um seine Ignoranz. Um die Fähigkeit die Welt immer noch in Schwarz und Weiß einteilen zu können. Nicht, dass sie ihn für dumm hielt. Naiv wäre auch das falsche Wort. Sie brach den Gedankengang ab, ehe er ins Leere laufen konnte. Quetschte ein knappes: "Danke." heraus. Konzentrierte sich dann auf die nahe liegenden Probleme: "Wer weiß, dass er hier ist?" Es war Reno, der mit seinen Schultern zuckte. "Niemand." Eine Zigarette zwischen seine Lippen schob. Auf dem Filter herum kaute. "Noch nich'." Die Köpfe der Turks drehten sich zu der Ärztin. Blicke bohrten sich in ihr junges, hübsches Gesicht. "Und das bleibt auch so." Elena hatte gerade überhaupt keine Schwierigkeiten in ihren ganz persönlichen Zickenmodus zu schalten. Für sie alle zu sprechen. Eine Aufgabe, die Reno ihr dankbar überließ. Schuldgefühle? Nichts dass sie etwas wie Reue von ihrem direkten Vorgesetzten erwarten würde. Aber er ließ sie reden, agieren. Vermied den Blick auf die Tür, hinter welcher Rufus Shinra lag. Und wie ein Fremdkörper im System, wie etwas auf das sich gleich die Abwehrmechanismen des Körpers stürzen würden, stand Cloud Strife zwischen ihnen. "Cloud." Elena versuchte ihrer Stimme einen weichen Klang zu verleihen. Etwas freundliches. "Es ist besser wenn du jetzt gehst. Das hier ist unser Problem." Und ihr Blick streifte Rude und Reno. "Wir melden uns." Eine so neutrale Aussage, wie sie nur ein Turk geben konnte. Das Nicken in Richtung des Fahrstuhls. Strife verstand. Drei Augenpaare, die sich in die langsam schließenden Fahrstuhl brannten. "Was jetzt?" Reno kratzte sich im Nacken. In seinem Blick etliche unausgesprochene Fragen. Rude zuckte mit den Schultern, nahm die Sonnenbrille von der Nase, polierte sie ausgiebig. "Warten?" murmelte er leise. Elena sah zu ihm auf. Zog ihre Brauen zusammen. "Sehr witzig." Und hätte sich am liebsten die Zungenspitze abgebissen. Schon wieder klang sie wie er. Wie der Turk, der in ihrer Runde fehlte. Der Turk, von dem sie erwartet hatte, dass er der erste sein würde, der auftauchte. Der einer viel zu jungen Ärztin Befehle erteilen würde. Der ihnen sagte, was zu tun war. Ruhig. Konzentriert. Der ihnen die Verantwortung abnehmen würde. Doch er war nicht hier. Es blieb an ihnen hängen, an ihren Entscheidungen. "...stabilisiert." Ein weiteres Mal hörte Elena nicht den ganzen Satz der Ärztin. Wieder nur ein Bruchstück. Sah sie durch einen Aktenordner blättern. Papiere, die ihr gerade in die Hand gedrückt worden waren. "Was heißt stabilisiert?" Nur ein winziger Schritt, eine minimale Bewegung und Elena stand direkt an Rudes Seite. Es waren nur Zentimeter, die sie trennten. "Künstliches Koma." Die Ärztin vergrub sich hinter ihren Akten. "Er atmet wieder selbstständig. Der Kreislauf wurde stabilisiert. Er kommt durch. Ohne größere Hirnschäden davon zu tragen." "Sind. Sie. Sich. Sicher?" Jedes einzelne Wort betont, auf die Aussprache achtend. War es wirklich schon so lange her, das neben ihr jemand skeptisch die fein geschwungene Augenbraue gehoben hatte? Sie reden ließ. Und mit jedem Wort aus ihrem Mund das wachsende Missfallen durch das Kräuseln der Nasenspitze, ein kurzes Fauchen zu fressen gab? Elenas Kopf neigte sich. Ihre Haarsträhnen verdeckten den Blick, der unauffällig den Gang herab glitt. Ein Flur; zu viele Türen. Chrom-blitzende Fahrstuhltüren. Graues Laminat, graue Wände. Ein verloren vor sich hin gurgelnder Wasserspender. Eine einsame Zimmerpalme in einem billigen Übertopf. Ein generischer Flur in einem generischen Krankenhaus. Sie hatte viel zu viele Stunden auf einem Flur wie diesem gewartet. "Reno, lass uns Kaffee holen. Hier um die Ecke gibt es einen Laden der auch in der Nacht geöffnet hat." Fahrig strichen ihre Finger die Haare zurück. Genauso fahrig streiften ihre Augen Rude. Der verstand. Und nicht fragte. Die Fragen waren geklärt worden. In schlaflosen Nächten, in welchen sie sich gegenseitig fragten, wann es begonnen hatte, so katastrophal schief zu laufen. In denen sie überlegten, was die Gründe waren. Sie hatten die Erklärungen gefunden. Erklärungen, die ihnen beiden nicht gefielen. Deshalb ließ Rude sie schweigend den Arm um Renos Schulter legen. Sanfter Druck, der ihn zum Fahrstuhl leitete. Auch Reno musste erfahren, was tatsächlich passiert war. Hinter der schillernden Fassade der Firma, die keinen Turk blenden konnte. Ein weiteres Mal ein melodischer Glockenton in ihren Ohren. Und dann waren sie alleine. Standen nur sie beide in der viel zu engen Kabine. Elena lehnte sich an die Wand. Musterte Reno. Den schlaksigen Mann, der sich ihr gegenüber gegen den Spiegel lehnte. Die Arme verschränkt hielt. Abwehrend vor der Brust. "Was'n?" Sie hätte sich eher die Zunge abgebissen, als zugeben zu müssen, dass sie seinen Dialekt mochte. Dass sie seine ganze Art, seine ganze vorgeschobene Lässigkeit seit dem ersten Tag an welchem sie sich über den Weg gelaufen waren, hinreißend fand. Sie äffte nur zurück: "Was'n! Reno, du bist ein Arschloch." "Ach?" Er hob nur eine Augenbraue. Schob eine Hand in seinen Nacken. "Laney, erzähl mir wat neues." Und wieder - er schaffte es ständig,in Elena das Bedürfnis aufkommen zu lassen ihm die Faust in das arrogante Grinsen zu schmettern. Sie schob die Hände in die Taschen. "Wo ist Tseng?" Gesprächstaktik, das ganze mit einer harmlosen Frage einleiten. Reno zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Seit heute Mittag verschwunden." "Er hat dir nicht gesagt wohin er ist?" Elenas Frage wurde mit einem lang gezogenem Seufzen beantwortet. "Laney, wem sagt er's schon in letzter Zeit. Nich' mal Rufus weiß, wo ..." mit einem betretenen Blick auf den Boden brach Reno den Satz ab. "Warum hat er..." murmelte er leise, konnte die Frage aber nicht ganz stellen, da sich die Fahrstuhltüren öffneten. "Warum er sich umbringen wollte?" Elena schob sich aus der Kabine, ging mit langen Schritten vor Reno her durch das Foyer. Sie sah ein Auto auf der Auffahrt stehen, dunkelrot lackiert. Und warf einen Blick über ihre Schulter zurück. "Weihnachtsgeschenk oder so. Dachte ich." Eine Zigarette wanderte zwischen Renos Lippen und mit einem Druck auf den Schlüssel öffnete sich die automatische Türsperre. Elena ließ sich auf den Beifahrersitz gleiten. "Nett. Sehr nett für ein ... Abschiedsgeschenk." Ihre linke Hand strich über die Armaturen, die rechte griff nach ihrem PHS. Vielleicht hatte sie es ja auf lautlos gestellt, vielleicht eine eingehende Nachricht nicht mitbekommen? Aber nur das Bild eines Leguans auf dem Display. Keine Anrufe, keine Textnachricht. "Hat er sich bei dir gemeldet?" Tseng wusste doch. was passiert war. Warum rief er nicht an? Warum war er nicht hier? Reno schüttelte den Kopf. "Noch nich'. Man, ich hab' keinen Plan was hier eigentlich los is'!" "Reno." Elena griff nach der Zigarettenschachtel, die zwischen den Sitzen lag. "Du weißt genau was los ist! Deine 'Ich bin der Idiot vom Dienst'-Masche zieht nicht bei mir." Sie bedankte sich mit einem schiefen Lächeln dafür, dass ihr die Zigarette angezündet wurde. "Du weißt, weshalb Rufus diese Art gewählt hat, sich umzubringen." "Ja, weil er ein Arschloch is'. Man, das bringt Tseng gleich mit in's Grab." "Das ist wahrscheinlich das letzte, was Rufus wollte." Elenas Stimme war plötzlichen leise, brüchig. "Tseng verletzten. Ja. Ihm weh tun. Ja. Aber nicht ihn umbringen." "Hrgn." Der Motor jaulte auf, mit durchdrehenden Reifen schlitterte das Auto die Auffahrt herab. "Laney, warum hat er es gemacht?" Die Turk hustete. Sie hatte vor einem Jahr endlich mit dem Rauchen aufgehört. "Weil er es nicht mehr ausgehalten hat. Einen Konzern zu leiten, den er niemals führen wollte. Und etwas direkt vor der Nase zu haben, das er nicht kriegen konnte. Korrektur: Nicht was sondern wen." Reno trat auf die Bremsen. "Laney! Das is' ne vollkommen bescheuerte Erklärung." "Für eine vollkommen bescheuerte Aktion. Reno, überlege doch bitte einmal!" Sie verdrehte die Augen. Der Name hatte nicht ausgesprochen werden müssen. Sie wussten beide wer gemeint war. "In den letzten Jahren wurde es immer offensichtlicher das ihr zusammen seid. Ihr habt euch sogar in der Öffentlichkeit geküsst." "Laney, sag das dem Pantoffeltierchen, dass 'Beziehung' im Wörterbuch nach schlagen muss." "Du glaubst gar nicht, wie oft ich schon versucht habe eine qualitative Unterhaltung mit ihm darüber zu führen." Sie grinsten beide. Murmelten beide gleichzeitig: "Hoffnungslos." Und genauso schnell wie die Stimmung sich etwas entspannt hatte, verschwand das Grinsen auch aus ihren Gesichtern. Elena drehte nachdenklich das silberne Feuerzeug zwischen ihren Fingern. Nicht Renos. Der bevorzugte die wegwerfbare Variante. "Was uns wieder zur Anfangsfrage bringt." flüsterte sie in die Stille, welche sich über sie gelegt hatte. "Warum will jemand wie Rufus Shinra Suizid begehen? Weil ein Pantoffeltierchen wie Tseng nie begreifen wird, was es heißt eine Beziehung zu haben. Und diese nicht vorhandene Beziehung hat er mit dir, Reno." "Das is' albern." "Reno, das ist nicht albern. Das ist tragisch." Elenas flache Hand schlug auf seinen Hinterkopf. Eher ein sanftes Knuffen. "Du wusstest, das Rufus mit Tseng befreundet war. Sehr gut befreundet." "Ja. Und?" "Und? Ist das jetzt dein Chromosomensatz, der dir im Weg steht?" Elenas Hand krallte sich in die langen Haarsträhnen und es kostete sie alle Beherrschung Renos Kopf nicht auf das Lenkrad zu schlagen. "Nehme mal hypothetisch an, es war mehr als Freundschaft. Und dann nehme dazu hypothetisch ein Pantoffeltierchen, dass sich vor den Augen des Präsidenten hypothetisch flach legen lässt. Ausgerechnet DAS Pantoffeltierchen!" Sie griff nach der nächsten Zigarette in dem Moment, in welchem sie die gerade gerauchte ausdrückte. "Rufus sah in Tseng den Kerl zu dem man hin rennen konnte. Den 'großen Bruder'. Was das Pantoffeltierchen nie so ganz verstanden hat. Und wenn der große Bruder dann ausgerechnet von dem bösen Scheißkerl, der einen immer ärgerte, gefickt wird, ist es nicht albern, sondern dramatisch." "Wir habn's nie vor Rufus Augen getrieben!" "Bitte, was habt ihr nicht? Du erinnerst dich an die Weihnachtsfeier vor einem Jahr? Auf die wir alle keine Lust hatten, weil Tuesti und so auch noch herum sprangen. Du erinnerst dich an den Ooops-Moment im Büro?" Jeder andere wäre jetzt rot geworden, Reno grinste nur dreckig. "Ja, ich erinnere mich grob." "Du hast Tseng auf deinem Schreibtisch gevögelt, Reno. Bei offener Tür. Okay, ihr wart beide betrunken, was ja immer noch die Universal-Ausrede ist für alle, die nicht so verdorben wie ich sind. Aber da war jedem bis auf das Pantoffeltierchen klar, das ihr etwas miteinander am Laufen habt." "Hm." Elena konnte förmlich sehen, wie Renos Hirn das Denken wieder aufnahm. Nach der besagten Feier war zwischen Rufus und Tseng die Eiszeit ausgebrochen. Hatte Rufus seinen Turk aus seinem Leben ausgeschlossen. Ohne Erklärung. "TsengTseng glaubt, dass..." begann Reno leise. Elena hob die Hand, unterbrach ihn. "Ich weiß, was Tseng glaubt. Das er schuld ist, es an seinem Kontrollverlust liegt. Blahblah. Man kann sich ja nicht so gehen lassen, und so weiter und so fort. Wie viele Neurosen hat es ihm eingebracht?" Ein gemeinsames Schnauben klang durch den Wagen. "Zu viele." Auch das wurde im Duett gemurmelt. "Reno, noch einmal für dich zum Mitschreiben: Rufus idealisiert Tseng. Tseng hat die Kontrolle. Immer. Tseng lässt sich nicht ficken. Erst recht nicht von dir. Passt nicht in Rufus Weltbild." "Jetzt bin ich schuld daran, dass er sich umbringen wollte?" Der schwache Ansatz zur Selbstverteidigung. Jeder Ansatz eines Grinsen war aus dem hohlwangigem Gesicht gewischt. "Laney, mach ma' nen Punkt." Elena verdrehte die Augen. "Die Umstände, Reno. Die Umstände." "An denen sich aber auch nix ändern wird, wenn Rufus auf die Beine kommt." Zwei Zigaretten wurden angezündet. Ein Jahr keine einzige Kippe und in einer Stunde mutierte sie erneut zur Kettenraucherin. "Das ist das Problem. Und ich habe nirgendwo in meiner Jobbeschreibung den Abschnitt stehen, dass wir einen Präsidenten ständig davon abhalten müssen, sich aus dem Fenster zu werfen." Die Beine wurden angezogen und Elena vergrub frustriert ihren Kopf zwischen den Armen, die sie über dem Knie verschränkt hatte. "Hm, und wenn Rufus von'ner Brücke springt, hechtet Tseng hinter her. Der war nach dem letzten Entzug von Cheffe ja so was von komplett fix und im Arsch und konnte erstmal selbst wieder von dem scheiß Speed runter kommen." Elena drehte den Kopf, sah zu Reno. "Lass uns Kaffee holen. Oder ich bringe erst dich im Affekt um, dann Tseng und dann Rufus. Das wäre kontraproduktiv." 10 Minuten später mischte der Geruch von frischem Kaffee sich in die Melange aus kaltem Zigarettenqualm und den Ausdünstungen Fabrikneuen Plastiks. Reno grübelte über ihre Unterhaltung. Das verriet die steile Falte zwischen seinen Brauen. "Laney?" Sie kräuselte ihre Nasenspitze. Begann Reno einen Satz so, bedeutete es meistens nichts gutes. "Wenn Shinra seinen Willen bekommen würde - zum Teil -, meinst du, er würde sich wieder fangen?" Der Subplate-Dialekt war aus seiner Stimme gewichen. Was Elena noch vorsichtiger werden ließ. "Was meinst du?" fragte sie lauernd. "Ich meine, wenn er Tseng kriegen würde, wären dann die dämlichen Ideen Geschichte, sich selbst um zu bringen?" "RENO!" Fassungslos sah sie ihn an. Was für einen Plan hatte er da ausgearbeitet? "Laney, ma' ehrlich. Wenn Rufus abkratzt, macht Tseng es nich' länger als 'nen Monat. Dann dürfen wir auf die nächste Beerdigung. Und ich ..." es passierte nicht oft, dass Reno um Worte rang. "Ich will ihn nich' verlieren. Nich' ganz. Da is' so ein bisschen Teilen echt die bessere Alternative." Es war der Moment, in welchem Elena die Worte fehlten. Mit allem hätte sie gerechnet, nur nicht damit. Und sie musste sich eingestehen, dass sie ein paar Dinge vollkommen missverstanden hatte. Bis jetzt war sie im Glauben gewesen, Tseng wäre für Reno nur eine weitere Trophäe. Eine weitere Eroberung. Die Eroberung. Der unnahbare, kontrollierte Direktor des Departments. Der alles und jeden auf Distanz hielt. Den sie nie gekriegt hatte. Damals, vor einer gefühlten Ewigkeit, war sie sofort in seinen Bann gezogen worden. Von dem kühlen Blick, der vollendeten Körperbeherrschung. Welche Frau konnte nicht für so einen Mann schwärmen? Erst recht, wenn dieser Mann auch noch hoch intelligent war, sich ausdrücken konnte und Macht besaß. Das Material aus dem nicht nur feuchte Mädchenträume bestanden. Damals waren Bastarde einfach die attraktiveren Männer. Und plötzlich musste sie schmunzeln. Sah auf den Ring an ihrem Finger. Rude und Tseng. Unterschiedlicher konnten zwei Männer kaum sein. Sie hatte Tseng über die Jahre kennen gelernt. Den Mann hinter der Perfektion, hinter der Maske.. Wusste Dinge über ihn, die kaum ein anderer ahnen konnte. Wenn man jahrelang als Partner zusammen arbeitete, blieb so etwas nicht aus. Blieb es nicht aus, dass man begann sich während stundenlanger Obduktionen private Details zu erzählen. Sie hatten sich sogar geküsst, nach einer Mission, die das Adrenalin durch ihre Adern gejagt hatte. Ein langer Kuss, der vielleicht zu mehr geführt hätte, wäre er nicht plötzlich zurück geschreckt. Hätte sie nicht angestarrt wie ein verschrecktes Reh im Scheinwerferlicht ein Auto fixierte. Und in Elena die Frage wachsen ließ, weshalb er so vollkommen verdreht war. Darüber hatten sie nie gesprochen. Ihr reichten die wenigen Andeutungen; die Hinweise, welche sich an einer Hand abzählen ließen, um einen bitteren Geschmack in ihrem Mund zurück zu lassen. Vielleicht war sie immer noch zu sehr Frau. Aber selbst in ihrem abgeklärten Weltbild, einer Ordnung in welcher ein Leben nicht mehr wert war, als die Packung Kaugummi, die sie an der nächsten Tankstelle kaufte, durfte sich niemand auf diese Weise an Kindern vergreifen. Elena war sich nicht sicher, ob Reno es wusste. Rude hatte keine Ahnung - und sie wollte daran auch nichts ändern. Rude brauchte seine Illusionen. Tseng hatte der Kuss nichts bedeutet. Nichts außer Kompensation. Nichts außer das Hochzerren von Erinnerungen. Die fünf Minuten später schon wieder in die dunkelsten Ecken seines Geistes gedrängt wurden. Dinge dieser Art passierten in seinem Universum, ohne dass er einen weiteren Gedanken daran verschwendete. Verschwenden konnte. Es fehlte ihm einfach die Relation. Zu sich. Zu anderen. Zu Emotionen. Und jetzt saß Reno neben ihr und war bereit, dieses emotional unterentwickelte Pantoffeltierchen zu teilen, damit er ihm nicht vollkommen aus den Fingern glitt. "Wie, äh, hast du dir das vorgestellt?" Sie musste sich räuspern. "Montag, Mittwoch, Freitag - Sex mit Reno. Dienstag, Donnerstag, Samstag - Sex mit Rufus. Sonntag Verhandlungssache. Willst du ihm das in seinen Kalender schreiben, oder was?" "Na ja..." Reno kratzte sich im Nacken. "Laney, kannst du mit ihm sprechen?" platzte er nach einer Minute ungewohnten Schweigens heraus. "Mit dir redet er über so etwas." Wäre es nur eine von Renos seltsamen Ideen, seinen abstrusen Vorschlägen, Elenas Hand wäre in diesem Moment hoch gefahren, hätte einen roten Abdruck auf seiner Wange hinterlassen. Auch auf die Gefahr hin, dass er den teuren Sportwagen, dessen Gaspedal er gerade bis zum Anschlag durch trat, in die nächste Häuserwand setzte. Doch war es keine der dämlichen Ideen, die Reno sonst so gerne kultivierte. Dafür klang er viel zu ernst. Viel zu beherrscht. "Fuck!" Mehr brachte sie nicht über die Lippen. Es war das letzte gesprochene Wort. Bis Reno den Wagen auf die Auffahrt lenkte. Hinter einem schwarzen, teurem Sportwagen hielt. Nicht das Auto, das seit heute Mittag in der Garage stand. Nicht Rufus Geschenk. Sein und Elenas Blick glitten zu dem schmalen Schatten, der am Eingang stand. Vor dessen hageren Gesicht der Zigarettenrauch in der Kälte kondensierte. "Ich rede mit ihm." flüsterte die Turk leise, mit belegter Stimme, den Blick weiter auf den Schatten gerichtet. "Reno, wann ist er so dünn geworden?" Der Mann neben ihr zuckte mit den Schultern. "Was glaubst du? Die letzten Weihnachten war'n fast so beschissen wie diese." Er stieg aus, nahm den Träger mit den Kaffeebechern entgegen und rief laut: "Ham dir vorsorglich auch einen mitgebracht. Hast also Glück. Is' noch nich' kalt." Elena hörte deutlich, was er sagte. Und es war das erste Mal, dass ihr die Betonung in Renos Stimme tatsächlich auffiel. Sachliche, neutrale Worte; sanft, besorgt ausgesprochen. Attribute, die sie mit Reno eigentlich nicht in Verbindung bringen konnte. "Danke." Tseng musste nicht laut sprechen. Musste er nie. Man hörte ihn trotzdem, auch wenn man Zwanzig Meter entfernt stand. Die Distanz, welche Elena gerade ein hielt. Erst Reno zu Tseng laufen ließ. Beobachtete wie Reno ihm einen der Becher in die Hand drückte. Seine Finger kurz auf der Hand des kleineren Wutainesen liegen blieben. Nichts verfängliches. Dafür waren sie beide zu vorsichtig geworden über die Jahre. Waren sie nüchtern. Aber wusste man, worauf man zu achten hatte, sah man es. Erkannte, wie das Pantoffeltierchen sich kurz gegen Reno lehnte. Wie der in einer nebensächlichen Geste, einer vollkommen beiläufigen Bewegung kurz an der Krawatte des Direktors zupfte. Den Stoff sofort wieder gerade zog. Es konnten alles versehentliche Berührungen seien. Freundschaftliche. Elena schluckte hart. Es wäre einfacher, könnte sie für einen Partei ergreifen. Sagen, dass einer der Beteiligten absolut recht hatte. Ein anderer vollkommen daneben lag. Doch diese wenigen Berührungen, die Blicke die gerade zwischen Reno und Tseng ausgetauscht wurden, negierten alle Vorurteile. Tseng war die Eroberung Renos. Die einzige, die ihm wirklich wichtig war. Sie nippte an ihrem Kaffee. Schwarz. Bitter. Und mit ihm wurde auch diese Erkenntnis herunter geschluckt. "Wer hat die Krankenakte?" Der ruhige Tonfall, die kontrollierte Stimme rissen Elena gerade rechtzeitig aus der langsam heran kriechenden Depression. Sie schmiss die Autotür zu und trat zu den beiden anderen. Das Dach über dem Eingang bot kaum Schutz vor dem fallenden Schnee. "Die Ärztin hat sie noch." Blonde Haarsträhnen wurden zurück gepustet. "Frag mich bitte nicht nach ihrem Namen. Ich habe vergessen sie danach zu fragen." Den letzten Satz murmelte Elena leise, den Blick auf ihre Schuhspitzen fixiert. "Der Name wird sich heraus finden lassen." Elena kaute auf ihrer Unterlippe herum. Hasste sich dafür, eingestehen zu müssen, wie sehr ihr genau dieser Tonfall gefehlt hatte. Die betont saubere Aussprache. Die saubere Artikulation jeder einzelnen Silbe. "Tseng." "Elena." "Was machen wir jetzt?" 'Sag mir, das wir das schaffen. Dass es alles nicht so schlimm ist.' "Aus diesem scheiß Schnee raus kommen." Tseng schnippte seine Zigarette in den Aschenbecher. Verdrehte die Augen Richtung Himmel. Und schien in diesem Moment Leviathan persönlich für das Wetter verantwortlich zu machen. Es war nicht die Antwort, die Elena hören wollte. Und als sie zu dritt das Foyer des Krankenhaus betraten, vermied sie einen Blick zurück zu werfen. Zurück auf die roten Flecken, die sich in den weißen Schnee gefressen hatten. Direkt neben dem Aschenbecher. Genauso wie sie vermied einen Blick auf Tsengs Arme zu werfen. Auf seine Fingernägel. Drei Stockwerke über ihnen wurde Rufus Shinra durch Maschinen künstlich am Leben erhalten. Daran gehindert, sich mit dem gestreckten, manikürten Mittelfinger von ihnen zu verabschieden. Hier unten, während sie auf den nervigen Glockenton eines sich öffnenden Fahrstuhls warteten, versuchten drei Turks so souverän wie möglich zu wirken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)