Schall und Rauch von Ryu-Stoepsel (Which path will you choose?) ================================================================================ Kapitel 17: ------------ Als Glinda an diesem Morgen aufgewacht war, fühlte sie sich schrecklich. Mal ganz davon abgesehen, dass sie Montage sowieso verabscheute, hatte sie auch noch schlecht geschlafen. ‚Was habe ich da wieder für einen Blödsinn geträumt?’, ließ sie ihre Gedanken kreisen, ‚Irgendetwas mit Elphie. Und… war das Ramón? Ach, keine Ahnung.’ Sie verwarf ihre Gedanken und versuchte, noch einmal einzuschlafen, auch, wenn es schon nach Mittag gewesen war. Sie erinnerte sich daran, dass ihr Vater ihr einmal erklärt hatte, dass man von dem träumt, an den oder an was man als letztes vor dem Einschlafen gedacht hatte. ‚Das würde wohl auch den Elphie-Traum erklären. Aber wieso Ramón?’, wunderte sie sich. Sie konnte sich auch nicht mehr ganz an den Traum erinnern, er war nun viel zu verschwommen und undeutlich. Also beschloss sie, den Gedanken nun endgültig fallen zu lassen. Sie schob die ganzen Elphaba-Thropp- Gedanken auf den kommenden Samstag und dachte kurz bevor sie abermals einschlief, an einen riesen Schuhladen, für sich ganz alleine. Am späten Nachmittag erwachte Glinda aus ihren Träumen, in der festen Überzeugung, sie wäre shoppen gewesen. Doch als sie in ihrem bett aufwachte – ohne die 43 Tüten im Traum voller Schuhe – war sie etwas traurig. „Wäre auch zu schön gewesen!“, lachte sie. Mit einem Blick auf den rosa Wecker auf ihrem Nachttisch erschrak sie: „Was? Schon 17 Uhr? Heilige Lurline!“ Normalerweise vermied Glinda es, zu fluchen und wenn sie es tat, dann entweder nur im Namen von Oz und des Unionismus. Aber irgendwie war sie gerade in dem Moment schlecht auf den Zauberer zu sprechen gewesen und hatte sich mal eben am Lurlinismus bedient. „Fluchen ist Fluchen…“, kicherte sie. Irgendetwas sagte ihr, dass ihr aufsteigender Missmut dem Zauberer gegenüber etwas mit ihrem Traum zu tun hatte. Die blonde Schönheit hüpfte aus ihrem bett und nahm ein schnelles Bad, bevor sie sich in ihren Morgenmantel einwickelte und zur Küche schlenderte. Dort stibitzte sie etwas zu Essen und setzte sich damit an ihren großen Schreibtisch im Arbeitszimmer. Sie hatte viel zu erledigen. Die ganze Post vom Wochenende war liegen geblieben. Sie ließ sich in den großen, bequemen Schreibtischstuhl fallen und stellte ihre Tasse Kaffee auf den dafür vorgesehenen Untersetzer. Als sie den Stapel Post durchging, hielt sie nach ca. 9 weißen Umschlägen abermals einen knall-pinken in ihren Händen, wie damals. Erfreut öffnete sie ihn und las: „Liebstes Lindalieschen, geht es dir gut? Wir haben schon lange nichts mehr von dir gehört – Nun, zumindest persönlich. Die Leute erzählen sich hier, du hättest jemand Nettes kennen gelernt? Wirst du mit ihm am Samstag zum Ball gehen? Wir sind ja schon ein bisschen neugierig! Lass uns nicht zu lange warten, mein Fräulein! Kommen wir zu einem anderen Thema: Dein Vater ist zurzeit unausstehsam! Er hat nun seit zwei Wochen Urlaub und entschieden, es sei an der Zeit, unser Wohnzimmer mal neu zu streichen. Nachdem er sich in künstlerischer Freiheit etwas verausgabt hat, können wir auch direkt eine neue Inneneinrichtung kaufen. Ich sagte ihm, wenn wir uns nun keinen anständigen Maler ins Haus holen, lasse ich mich scheiden! …“ An dieser Stelle des Briefes hatte ihr Vater an den Rand gekritzelt: „*Stimmt gar nicht, Mutti übertreibt wie immer. Dabei hatte sie äußerst viel Spaß an unseren gemeinsamen Malprojekten!“ An dieser Stelle musste Glinda laut auflachen. Sie hatte als Kind die künstlerische Ader ihres Vaters geliebt, bis zu dem Tag, als sie ihre Eltern dabei erwischt hatte, wie sie ‚gemeinsam’ ein Bild gemalt hatten. Als sie dann älter geworden war, hatte sie sich immer gefragt, wie bei solchen Aktivitäten so tolle Bilder entstehen konnten und damals hatte sie sich vorgenommen, auch mal so etwas auszuprobieren. Grinsend las sie weiter: „… Falls dein Vater hier nun noch irgendetwas einfügt, beachte ihn gar nicht! Ich habe ihn nämlich gebeten, den Brief dem Eilaffen mitzugeben. Und du kennst ihn ja!“ Erneut lachte Glinda auf. „Wie dem auch sei, Liebes, bitte melde dich bald. Ich dachte, dass du uns noch eine Einladung zu dem ball schicken würdest? Das hattest du uns doch mal geschrieben. Wir lieben dich! Auf bald! Mamsie & Papsi“ Nun war Glinda verwirrt. Sie hatte doch noch letzte Woche einen drei Seiten langen Brief an ihre Eltern geschrieben und ihn Londaro – Merediths Sekretär – mitgegeben. ‚Komisch…’, dachte sie. In diesem Brief hatte sie ihren Eltern nämlich alles über Ramón berichtet, was es zu berichten gab und auch eine hochoffizielle Einladung zum Feiertagsball war dabei gewesen. ‚Die Post ist auch nicht mehr das, was sie einmal war!’, dachte Glinda mürrisch. Also schrieb sie einen neuen Brief: „Hallo meine beiden Liebsten Künstler der Nacht, verzeiht mir, wenn ich euch warten ließ, aber um ehrlich zu sein schrieb ich letzte Woche schon einen Brief, welcher aber offensichtlich euch nicht erreicht hat. Nun, vielleicht freut sich nun jemand anderes über zwei hochoffizielle Einladungen zum Feiertagsball. Wie dem auch sei, ihr seid natürlich eingeladen! Diesen Brief schicke ich nun mit dem Eilaffen ab, damit er in den frühen Morgenstunden bei euch ist. Ihr könnt kommen, wann es euch passt. Lasst es mich nur vorher bitte durch den Eilaffen wissen, damit ich euer Zimmer herrichten lassen kann. Den Rest besprechen wir dann, wenn ihr hier seid. Bitte meldet euch in den nächsten zwei Tagen! Ich liebe euch, euer Lindalieschen.“ Zufrieden steckte sie den Brief in einen dunkelblauen Umschlag, schrieb die Adresse des Hauses in Gillikin darauf und rief den Eilaffen zu sich. Sie erklärte ihm kurz, was er zu tun hatte und schon flatterte er davon. Er war ein zuverlässiges Kerlchen, noch nie hatte er einen Brief nicht zum vorhergesehenen Zielort gebracht. Seufzend blickte Glinda wieder in die Realität – ein Schreibtisch voll mit lästigem Bürokram. Es war spät in der Nacht, als Glinda endlich mit allen Parlaments- und Politikbriefen und Dokumenten durch war. Sie war stolz auf sich. Ein bisschen hatte sie die Arbeit in letzter Zeit zu kurz kommen lassen. Dafür machte es ihr jetzt wenigstens wieder ein bisschen Spaß, sich mit diesem ganzen Papierkram um 00:24 Uhr am Dienstagmorgen herum zu schlagen. Zufrieden mit sich selber, legte sie sich nach einem halben Glas Wein wieder ins Bett und schlummerte bald ein. Den Rest der Woche verbrachte Glinda damit, höflich Ramóns anscheinend andauernde Abwesenheit zu ignorieren. Sie hatte eh sehr viel um ihre eigenen Ohren. Haare schnitten sich ja nicht von alleine, genauso wenig, wie sich Schuhe von selber anprobierten oder das perfekte Kleid für den Ball plötzlich in ihrem Kleiderschrank auftauchte. Und so war ‚Glinda die Gute’ bis Freitagabend mit den Vorbereitungen für den Feiertagsball beschäftigt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)