Dreaming Society von Gepo (Fortsetzung von Dead Society) ================================================================================ Kapitel 74: Begegnung --------------------- Wieder einmal ist eine Woche rum, wieder einmal habe ich keine Ahnung, wie ich es geschafft habe ein Kapitel fertig zu stellen und wieder einmal habe ich Kopfschmerzen. Aber egal. Ab morgen habe ich weniger zu tun. Die hoch stressige Zeit, wo ich täglich mindestens zehn Stunden in der Uni war, ist vorbei. Ich muss zwar immer noch morgens um acht Uhr in die Vorlesung (was mich auch immer noch total fertig macht, weil ich echt kein Morgenmensch bin), aber wenigstens trägt ab morgen wieder jemand vor, wo ich nicht neben dem Zuhören noch Schuhe reparieren und mich unterhalten kann ohne dabei etwas zu verpassen -.- Auch wenn dieses Kapitel in Hast und Stress gedieh, so ist es mir tierisch ans Herz gewachsen. Auf diese Szene habe ich mich schon lange gefreut. Ebenso wie auf eure Reaktion ^.^ Viel Spaß beim Lesen! ___________________________________________________________________________________ Knock. Knock. „Komme!“, erscholl eine junge Stimme von drinnen und das Geräusch von Schritten auf einem festen Untergrund war zu vernehmen, bevor sich die Tür – mit Vorhängeschloss – öffnete. Katsuya schob dezent das herab hängende Ende seines Eisenrohrs in den Spalt. „Äh...“, die Kinnlade des jungen Mannes, der die Tür geöffnet hatte, blieb unten, während sein Blick an den zwei Gestalten auf und ab wanderte. Auf den ersten Blick ein ganz annehmbar aussehender Kerl, schwarze Haare, zwei Ponysträhnen, junges, dünnes Gesicht. „Ryuji Otogi?“, fragte Bakura emotionslos. „Äh...“, der Jugendliche schüttelte langsam den Kopf, „Hört mal... ich habe nichts mit der Yakuza am Hut. Wir zahlen ordentlich unsere Miete und Schulden haben wir auch nicht...“ „Es wäre besser, du würdest uns rein lassen.“, informierte ihn Katsuya ruhig. Ah, die Ruhe... lang nicht mehr getroffen den alten Freund. Jahre in der Gosse ließen ihre Spuren und diese abzuwaschen war nicht nur eine Frage von Zeit sondern auch von Willen. Ob er diesen Willen hatte, war dem Blonden nicht wirklich klar. Diese kalte, ruhige Art half äußerst das Gegenüber einzuschüchtern. Es hatte schon fast etwas von Seto, wenn man es genau betrachtete. Vielleicht hatte aber auch Seto etwas dieser Art – weil sie Menschen mit ihren Erfahrungen die Fähigkeit verlieh andere den eigenen Terror spüren zu lassen. Eher gesagt den, den man selbst erlebt hatte. Genau genommen imitierten sie nur jene, die sie wie große Teufel in ihren Kinderträumen verfolgt und ihre Angst geschürt hatten. Und jetzt drehte er den Spieß um. Gegen einen Sechzehnjährigen. Gegen einen Vater, der sein Kind vernachlässigte. Ungewollt? Gewollt? Spielte es eine Rolle? „Jetzt.“, präzisierte Katsuya. Ryuji schluckte. Sein Atem trat zittrig, leicht hörbar wieder aus. Seine Augen huschten noch einmal die große Gestalt entlang, bevor er die Tür gegen das Rohr drückte und am Öffner hantierte. „So kriege ich das Schloss nicht auf.“, ließ der Junge unsicher verlauten. Katsuya hob nur seine Augenbraue, zog die Waffe zurück und stellte sie mit einem leisen Klonk neben sich. Die Tür vor ihnen währenddessen schloss sich – komplett. Still zählte der Blonde bis drei, zeigte Bakura dabei mit seinen Finger die Zahlen an. „Ryuji... glaube mir, es ist viel einfacher uns reinzulassen. Es kann sehr traumatisch sein, wenn einem Leute die Tür eintreten. Man fühlt sich in den eigenen vier Wänden nicht mehr sicher. Wenn man sie selbst rein lässt, geht es dem Kopf langfristig gesehen besser – und den Finanzen auch.“, erklärte Katsuya ohne größere Emotion. „Lasst mich in Ruhe!“, schrie dieser mit verweinter, ängstlicher Stimme. „Ryuji, wir wollen nur reden.“, während dieser Worte begann der Wolf neben ihm bestialisch zu grinsen, „Wir müssen es nicht zu Gewalt kommen lassen.“ „Haut ab! Haut ab!“, gefolgt von einem Schluchzen. „Wenn du möchtest... geh aus dem Flur, ich will dich nicht wegen einer Gehirnerschütterung ins Krankenhaus bringen.“, ein zweites Mal zählte Katsuya drei Sekunden mit den Fingern ab, bevor er leise seufzte und den Kopf schüttelte, „Er will es nicht anders...“ Er reichte Bakura das Eisenrohr, machte einen Schritt zurück und trat mit einer fließenden Bewegung knapp unter den Türknopf. Ein Knacken, ein Splittern, doch keine Öffnung zu erkennen, wodurch er es wiederholte. „Zähes Teil.“, murmelte er nach dem vierten Mal, nahm sein Eisenrohr zurück und drückte mit der Hand gegen das Holz, wonach es mit einem weiteren hellen Splittern nachgab. In der Ecke des Flurs, der dahinter lag, kauerte Ryuji in der Ecke, wimmerte auf und stolperte in den Raum hinter sich, dessen Tür offen war. „Hübsch hier.“, urteilte er und sah sich einen kurzen Moment in dem Wohnzimmer um, bevor er wieder Ryuji fixierte, der hinter dem Sofa versuchte seine Tränen und seine hektische Atmung unter Kontrolle zu kriegen. „Komm raus, du Wurm.“, befahl Bakura und blieb an der Tür stehen, während Katsuya vor trat und sich über das Sofa lehnte. „Na los. Steh auf, setz dich, nur keine Scheu.“, mit dem Eisenrohr tappte er ihn gegen den Rücken, was beim ersten Mal ein Wimmern hervor rief, „Je besser du kooperierst, desto schneller sind wir wieder weg.“ „Und desto weniger Schaden nehmen du und die Wohnung.“, fügte Bakura leise hinzu. Mit weit geöffneten Lidern, die Augen zitternd wie die eines in die Ecke getriebenen Kaninchens, sah der Schwarzhaarige hoch, betrachtete einen Moment lang Katsuyas ausdrucksloses Gesicht, bevor er mit einem Schluchzen aufstand und um das Sofa herum ging, um sich zu setzen. „Geht doch.“, der Blonde drehte sich, sodass er – statt über dem Möbelstück zu lehnen – darauf saß und stellte sein Eisenrohr auf den Boden, eine Hand lässig darauf liegend, „Dein Name ist Ryuji Otogi?“ Der Junge nickte, doch starrte den Fußboden an, die Arme um sich selbst geschlungen. „Und du bist ein Freund von Shizuka Kamiya?“ „Shizuka?“, der Jüngere sah auf, die Züge von Entsetzen entgleist, „Was ist mit ihr?“ „Sie hat ein Kind bekommen.“, erwiderte Katsuya mit gespielter Ruhe, „Dein Kind, wenn wir richtig informiert sind.“, er lehnte sich näher, „Sind wir doch, nicht wahr?“ „Äh- äh... ja, aber- also- das... das war nicht... das war ein Unfall.“, die Augenbrauen des Jungen zogen sich zusammen und er atmete schubhaft, „Das wollte ich nicht, das... das...“ „Ein Unfall?“, eine blonde Augenbraue hob sich. „Wir- wir- wir haben nicht aufgepasst.“, Ryuji wich, so gut er konnte, auf der Couch zur Seite, „Ich habe ihr versprochen, dass ich ihr helfe und war mit ihr in der Klinik und, und, und... ich... ich habe es wirklich nicht böse gemeint.“ „Sie ist ein junges, unschuldiges Ding.“, fuhr Katsuya fort, „Noch ganz zierlich und naiv. Für sie ist das nicht leicht...“, er schüttelte mit bedauernder Miene den Kopf, „Sie hat sich gewünscht, dass du bei der Geburt dabei wärst, wusstest du das?“ „Ähm...“, der Schwarzhaarige zog die Beine an sich und kauerte sich dahinter zusammen. „Setz dich gerade hin, du jämmerlicher Haufen Scheiße.“, wies Bakura ihn zurecht, die Stimme voll eingekerkerter Wut. „Es tut mir Leid...“ Katsuya seufzte. Okay, er war sechzehn. Er war allein. Er hatte augenscheinlich Angst vor zwei bewaffneten Typen in schwarzen Mänteln. Aber musste er sich so in die Hosen pissen? Sie hatten doch nichts gemacht außer eine Tür einzutreten. Er langte zu der zusammen gekauerten Gestalt herüber, packte sich einen Arm und zog das Wesen in die Mitte der Couch, bevor er dessen Beine runter drückte, um ihn in eine ordentliche Sitzposition zu stemmen, während das Eisenrohr zur Seite kippte und scheppernd auf dem Boden landete. „Jetzt mal Klartext.“, seine Lider verengten sich, „Wohnst du hier allein?“ „Mit meinem Vater...“, kam wie ein Piepsen aus Ryuji, während zwei Tränen über seine Wangen rannen. „Wo ist der?“ „E- er- auf der Arbeit!“, der Junge kniff die Lider zusammen. „Was arbeitet der?“, setzte Katsuya das Kreuzverhör gnadenlos fort. „Mu- Museums... ein Führer... im Museum.“ Na klasse. Ganz sicher. Mit Verbrennungen im Gesicht und Angst sich anderen zu zeigen arbeitete man ganz sicher als Führer im Museum. Aber gut, dass das eine Lüge war, hatte man sich denken können. „Dann habt ihr genug Geld, um Unterhalt für ein Kind zu zahlen, meinst du nicht?“ Ryuji erwiderte nur mit einem Schluchzen, während sein ganzer Körper unter dem Schluckauf erschütterte, den er bekommen hatte. Zu den Tränen auf den Wangen gesellte sich Rotz, der aus seiner Nase über seine Lippen lief. Er versuchte nicht einmal sich gegen Katsuyas Griff zu wehren. „Hat er sich schon in die Hosen gepisst?“, erkundigte sich Bakura von der Tür aus. „Wehe ihm...“, murmelte der Blonde nur, „Du hast Shizuka gesagt, sie könnte hier wohnen, falls ihre Mutter sie rauswirft, erinnerst du dich daran?“ Schluchzen. „War das ein leeres Versprechen?“ Schluchzen. Katsuya seufzte genervt, packte die Oberarme des Jungen und schüttelte ihn einmal. „Mach die Augen auf und gib mir eine Antwort, du Dreckskerl!“ „Tut mir Leid...“, fiepte dieser, „...Leid...“, der Rest war nur ein hohes Wimmern. „Und du hast ihr gesagt, sie könne deinen Vater nicht treffen, weil er Angst vor Menschen hat und Verbrennungen im Gesicht – war wohl auch eine Lüge, was?“ Ryuji zuckte zusammen und hob die Arme, um Kopf und Brust zu schützen, obwohl Katsuya nicht mal eine Hand frei hatte. „Weiß dein Vater überhaupt, dass er einen Enkel hat?“ Unter jämmerlichen Schluchzen schüttelte der Junge den Kopf. „Heeech...“, Katsuya seufzte tief, ließ den Anderen los und richtete sich auf, „Lass mich schauen, ob ich das richtig verstehe... du schwängerst ein Mädchen, versprichst ihr das Blaue vom Himmel herab, worauf sie sich entschließt das Kind zu behalten, lässt sie dann sitzen und tust so, als wäre nie etwas gewesen?“ „Es tut mir Leid...“, wimmerte dieser noch einmal. Er fuhr sich mit einer Hand durch das Haar und sah auf Ryuji herab. Nach einem Moment der Betrachtung hob er Bein, schlängelte sich mit einer fließenden Bewegung zwischen den erhobenen Armen empor und drückte mit der Schuhsohle knapp unter der Kehle des Sechzehnjährigen diesen gegen die Rückenlehne des Sofas. „Ihre Mutter hat sie rausgeworfen, weißt du das?“, nicht ganz wahr, aber auch nicht unbedingt falsch, „Sie muss ins Heim ziehen. Allein mit ihrem Sohn. Sie wird nach der Mittelschule ihre Ausbildung abbrechen, um zu arbeiten, weil sie nicht genug Geld hat, um Schule, Wohnung und Kind zu bezahlen. Sie wird niemals studieren. Und sie ist – ganz – allein.“, betonte Katsuya scharf, „Alles, was sie sich wünschte, war, dass du sie auch nur einmal im Krankenhaus besuchst. Alles, was du tust, ist vor jeder Verantwortung davon zu rennen. Du hast sie belogen, betrogen und im Stich gelassen. Willst du wissen, was ich dir dafür antun könnte, du Kakerlake?“ Ryuji atmete so schnell, dass er sicherlich bald das Bewusstsein verlieren würde. Seine Hände hatten sich um Katsuyas Fußgelenk geschlossen, doch nur ein wenig Umverlagerung seines Gewichts durch Vorlehnen und es war dem Jungen unmöglich den Fuß zu bewegen. Sein Mund stand offen, entließ den Schmerz und Terror, der seinen Körper schüttelte. Der Neunzehnjährige riss seinen Fuß weg, griff stattdessen mit der linken nach Ryujis Shirt und zog ihn in eine stehende Position. Er trat heran, sodass sein Gesicht sich nur wenige Zentimeter von dem des anderen befand und zischte: „Willst du es wissen?“ Unter weiteren Schluchzern schüttelte der Schwarzhaarige den Kopf. „Gut.“, er zog sich ein wenig zurück und holte Luft, bevor er weiter sprach, „Du wirst morgen Shizuka besuchen und ihr und Isamu Geschenke mitbringen. Du wirst ihr alles erklären, ihr jede Lüge beichten und dich entschuldigen. Ansonsten wirst du deinem Vater alles sagen und dafür sorgen, dass er Shizuka monatlich Alimente überweist. Und das alles wirst du bis zum Ende dieser Woche tun, haben wir uns verstanden?“ Der Junge nickte wie wild, die Lider fest zusammen gekniffen. Ein Faden von Rotz war auf Katsuya Hand hinunter getropft, sodass er diese zurück zog und am T-Shirt des Sechzehnjährigen sauber machte. „Ich denke, ich brauche nicht erwähnen, dass es für dich sehr unangenehm wäre unseren gut gemeinten Rat nicht zu befolgen, nicht wahr?“, fügte Katsuya freundlich hinzu, was den starr stehenden, zitternden Jungen nur nicken ließ, „Und falls du auf irgendwelche dummen Ideen kommst...“, meinte er leise und lehnte sich noch einmal vor, „...wir werden es wissen.“ Mit einem letzten Blick auf den verheulten, verrotzten, schluchzenden Teenager trat er zur Seite, hob sein Eisenrohr auf und folgte Bakura, der sich bereits abgewendet hatte und gerade den Flur herunter Richtung Eingangstür ging. Den Resten der Tür. Katsuya zuckte im Vorbeigehen mit den Schultern. Sachschaden brachte einen meist nicht ins Gefängnis. Unbefugtes Betreten einer Privatwohnung vielleicht. Aber... na ja... „Du wirst ein Auge auf die eingehenden Anzeigen bei euch werfen?“, wandte sich der Blonde an den Polizisten, der mit einem breiten Lächeln neben ihm her schritt. „Aye...“, gab dieser nur mit einem zutiefst befriedigt klingenden Hauchen zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)