Faust von abgemeldet (Wenn die Welt Kopf steht) ================================================================================ Kapitel 3: Punk'd ----------------- Keuchend rannte ich die eiserne Treppe des Parkplatzes hinauf und kam stolpernd zum Stehen. Ich musste mich am Treppengeländer festhalten, da mein Körper sich anfühlte als wäre er auf einmal dreimal so schwer wie zuvor. Japsent rang ich nach Luft und richtete mich wieder etwas auf. „Alles- Alles okay Murdoc-sama?“, hustete ich besorgt dem humpelnden Bassisten entgegen, der auf 2D‘s Schulter gestützt die Stufen hinaufschlurfte. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen würde er am liebsten auf die Hilfe des Sängers verzichten und ihn von sich stoßen, denn es verletzte seinen Stolz. Doch Gesundheit stand im Moment über Stolz, das wusste auch er. „Natürlich“, knurrte er, „Ist doch nur ein Kratzer.“ Ich verdrehte die Augen. Typisch Murdoc. „Na schön“, entgegnete ich, schon wieder etwas bei Kräften. Dann schwieg ich einen Augenblick und warf einen Blick hinter die beiden, auf den Platz. Er war wie leer gefegt. Abgesehen von den drei Leichen in 2D‘s Zimmer natürlich. Doch weitere Untote waren, zu meiner maßlosen Erleichterung, nicht in Sicht. „Glaubt ihr da kommen noch mehr?“, fragte ich trotzdem. Der Sänger nickte wissend. „Ich hab noch nie einen Film gesehen in dem nur zwei Zombies aufgetaucht sind… Eigentlich kommen die immer in ganzen Armeen und dürsten nach dem Blut und dem Fleisch der Lebenden…“ 2D senkte verschwörerisch die Stimme, wie ein Märchenerzähler der nun beim Höhepunkt seiner Geschichte angelangt war. Murdoc versetzte ihm mit dem gesunden Bein einen Tritt. „Hör auf Schwachkopf! Du machst ihr Angst.“ Tatsächlich war mir der Schweiß auf die Stirn getreten. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Ich schluckte mühsam die brennende Galle hinunter, die sich in meinem Hals angesammelt hatte und drehte mich weg. Noch mehr Zombies? Das würde ja bedeuten noch mehr Kämpfe und noch mehr… Leichen! Was wenn noch einer von uns verletzt würde? Oder noch schlimmer: Verwandelt?! Ich dachte angestrengt an den letzten Zombiefilm den ich gesehen hatte. Wie wurde ein Mensch noch gleich zu einem Zombie? Oh mein Gott! Ich wirbelte herum und deutete erschrocken auf Murdocs tiefen Riss im Oberschenkel. „Er- Murdoc-sama! Er wurde verletzt! Hei- Heißt das etwa-?“ Mir versagte die Stimme, also zeigte ich nur weiterhin mit zittrigem Finger auf den, sich stetig vergrößernden, Blutfleck. „Unsinn! Sag‘s ihr 2D! Man muss gebissen werden!“, erwiderte Murdoc, doch es klang weit weniger überzeugt, als vielleicht beabsichtigt. Der Angesprochene hüllte sich in betretenes Schweigen. Und genau wie auf Murdocs Gesicht, breitete sich wohl auch auf meinem das Entsetzen aus. „2D-chan?!“, sagte ich. „2D-chan, er wird doch jetzt nicht zu- zu einem-“ Ich wagte es nicht das Wort Zombie auszusprechen. Denn das klang albern und würde außerdem bedeuten das ich akzeptierte das verrückt gewordene Untote, die aus ihren Gräbern stiegen, existierten. Und das tat ich nicht! „Hä? Was?“ Der Sänger hob den Kopf und starrte mich verwirrt an. „Nein, nein! Murdoc hat recht, er muss gebissen werden- AUA!“ Der Bassist hatte 2D einen weiteren saftigen Tritt verpasst. „Dann sag das doch gleich du Vollidiot und jag uns nicht einen solchen Schrecken ein! Matschbirne“, zischte er wütend. Der Sänger rieb sich die schmerzende Kniekehle und verzog entschuldigend das Gesicht. Wie schon so oft an diesem Tag schüttelte ich fassungslos den Kopf. 2D hatte schon immer eine viel zu lange Leitung gehabt. Doch ich hielt inne. Ich glaubte nahe Murdocs Wunde etwas Dunkles schimmern zu sehen und deutete noch einmal, wie vor wenigen Augenblicken, auf sein Hosenbein. „Murdoc-sama“, wiederholte ich, zwar etwas weniger panisch als zuvor, doch wenn ich mit meiner Vermutung richtig lag, was den Dunklen Schatten betraf, sollten wir so schnell wie möglich ein Krankenhaus aufsuchen. Was wiederum doch zur Panik aufrief, hier in diesem TEil von Essex*. „Noodle“, entgegnete Murdoc müde, „Mir passiert schon nichts. D hat doch eben gesagt man müsse gebi- Was zur Hölle tust du denn da?!“ Ich hatte mich vor Murdoc niedergekniet um die Innenseite seines Oberschenkels zu untersuchen. Mir war durchaus bewusste wie es für einen Außenstehenden aussehen musste, trotzdem tastete ich seinen Schenkel ab. „Noodle dafür ist jetzt wirklich keine Zeit! Ich fühle mich zwar geschmeichelt , Liebes, aber-“ „Ach, halt den Mund“, unterbrach ich ihn barsch und versuchte den dicken Stoff seiner Jeanshose zu zerreißen. Als ich merkte das jegliches Zerren und Ziehen vergebens war, beugte ich mich vor um die Fasern zu zerbeißen. Ich hörte 2D‘s entsetztes Keuchen und auch Murdoc schnappte, scheinbar erschrocken, nach Luft. Ich verdrehte die Augen. Das sie auch immer gleich solche Gedanken haben mussten. Ich schmeckte Murdocs Blut und verzog das Gesicht. Ich musste mich wirklich zusammenreißen um nicht zu würgen und versuchte den bitteren Metallgeschmack zu ignorieren. Dann, endlich, erklang ein lautes Ratsch und Murdocs Hosenbein war entzwei. Schnell spuckte ich einen Teil des Stoffes, der sich in meinen Mund verirrt hatte aus, und wischte mir mit dem Ärmel über die blutverschmierten Lippen. „Noodle! Du fängst an mir Angst zu machen.“ „Sie dreht durch.“ Ich beachtete sie nicht. Hatte ich es mir doch gedacht. Von der, nebenbei bemerkt, wirklich nicht schön anzusehenden Fleischwunde, führte eine deutlich sichtbare, beinahe schwarze Ader in Richtung Hüfte. Eine Blutvergiftung. Ich sprach meine Entdeckung aus. „Blutvergiftung?“ Murdoc wirkte auf eine eigenartige Weise erleichtert, aber dennoch besorgt. Erleichtert wahrscheinlich deshalb, da seine versauten Gedanken nun doch nicht zur Realität geworden waren. Es schüttelte mich innerlich, wenn ich daran dachte. „Ja, Blutvergiftung. Das muss behandelt werden, andernfalls kann das böse enden“, klärte ich ihn auf. „Woher weißt du so was?“, wollte 2D wissen. Ich zuckte mit den Schultern. „Fernsehen.“ „Welche Sendung?“ „CSI glaube ich… Könnte auch Cold Case oder so etwas gewesen sein.“ Murdoc räusperte sich hörbar. „Ich möchte eure aufregende Unterhaltung ja nur ungern stören… Aber wir bekommen Besuch.“ Er deutete hinter sich. Und tatsächlich: durch das große Loch in der Mauer des Parkplatzes (ich wusste nicht woher es kam und eigentlich war es mir auch egal) steuerten eine kleine Zahl Untote auf die Treppe zu. Einige andere machten sich über die Leichen her, wider andere schlurften auf Murdocs Wohnwagen zu. „Wenn diese hässlichen Kackbratzen, meinen frisch geputzten Winnebago auch nur anrühren dann werd ich-“ „Wir haben im Moment größere Probleme Murdoc! 2D dein T-Shirt!“, verlangte ich. Der Bassist verstummte, 2D zog sich, ohne ein Wort des Widerspruchs, aus und reichte mir sein Oberteil. Wie ich es schon vorher bei Murdocs Jeanshose getan hatte, riss ich das T-Shirt des Sänger in zwei Fetzen und schnürte eine Hälfte um den Oberschenkel des Bassisten, dort wo die dunkle Ader endete. Ich war insgeheim froh das das Ende sich noch unterhalb seines Schritts befand. Dann reichte ich 2D die Überreste seines Shirts. Er betrachtete sie einen Augenblick schweigend, dann warf er sie hinter sich und folgte mir, mit dem immer noch humpelnden Murdoc. „Wir müssen Russ wecken“, keuchte 2D. Der Bassist war scheinbar nicht gerade eine Feder. „Warum? Wir können ihn denen doch einfach übergeben, dann hätten die ein paar Stunden lang was zu futtern und wir könnten uns aus dem Staub machen!“ Ich warf Murdoc einen vernichtenden Blick zu. „War ja nur ‘n Scherz!“, versuchte er mich zu besänftigen. „Der war aber nicht witzig, Muds“, nuschelte 2D. Murdoc grummelte etwas unverständliches. Ich wartete nicht ab bis wir vor der Tür des Drummers standen und rief bereits einige Meter vorher laut seinen Namen. Russel wecken. Na wenn‘s weiter nichts ist! Wie erwartet rührte sich rein gar nichts. „Russel! RUSSEL!“ Meine Stimme überschlug sich, als ich neben meinem Geschrei den eigenartigen unmenschlichen Ruf eines Untoten vernahm. „Scheiße“, fluchte Murdoc. „Die Mistviehcher müssen herausgefunden haben wozu die Treppe gut ist.“ „RUSS! AUFWACHEN!“, versuchte nun auch 2D sein Glück. „Russel! Russel, bitte“, flehte ich mit brüchiger Stimme. „Uaaahh“, stöhnte etwas, nicht weit entfernt. Sie kamen näher. „HEY DU WALROSS WACH AUF ODER ICH TRETE DIE TÜR EIN!“ Auch Beschimpfungen halfen nichts. Ich war kurz davor verzweifelt zusammenzusacken, als mir ein Licht aufging. Ich räusperte mich vernehmlich und sagte, im unschuldigsten und beiläufigsten Ton, den ich in der gegenwärtigen Situation zustande brachte: „Russel-chan! Aufwachen, das Frühstück ist fertig!“ Ich könnte losheulen vor Erleichterung, als im nächsten Augenblick tatsächlich die Tür aufflog und ein hellwacher Russel vor mir stand. „Frühstück? Klasse was gibt‘s denn?“, fragte er und rieb sich erwartungsvoll die Hände. „Wenn wir hier weiter so dämlich rum stehen: Uns!“, gab Murdoc zur Antwort. „Hä?“ „Wir haben jetzt keine Zeit für Erklärungen, Russel“, sagte ich gehetzt und packte sein Handgelenk, um ihn hinter mir her zu ziehen. Der massige Drummer rührte sich nicht einen Millimeter. Also stemmte ich mich mit aller Kraft gegen seinen Rücken, was ihn allerdings ebenfalls ziemlich unbeeindruckt ließ. „Mann Muds! Was haste denn mit deinem Bein gemacht?“, wollte er stattdessen wissen. „Russel-sama! Bitte… Wir… müssen… uns… uns beeilen!“, schnaufte ich. „Wir reden wenn wir draußen sind!“, bekräftigte nun auch 2D, der einige Meter vor gelaufen war um die Tür zur Lobby zu öffnen, und uns zu sich winkte. Murdoc hatte sich derweil an Russels Pullover festgekrallt. Er verzog unglücklich das Gesicht. Musste ja ziemlich schmerzhaft sein, diese Wunde. „Ich gehe nicht weg, bevor mir nicht jemand gesagt hat was hier los ist“, stellte der Drummer sich stur und verschränkte die Arme vor der Brust wie eine bockiges Kind. Ich war ein weiteres Mal kurz davor in Tränen auszubrechen, dieses Mal jedoch aus Verzweiflung. In einiger Entfernung hörte ich die schlurfenden Schritte der Untoten. „Russel!“, quiekte ich und wollte ihm mit voller Wucht meine Schulter in die untere Hälfte seines Rückens rammen. Ich holte aus und… verlor für einen kurzen Augenblick den Boden unter den Füßen. Ehe ich mich versah, saß ich auf dem Schultern unseres Drummer, der wie ein wilder Stier an dem verwunderten 2D vorbeistürmte. Er hatte sich Murdoc unter den Arm geklemmt wie ein Gepäckstück, was diesem sichtlich missfiel. Doch er leistete keinen Widerstand. Er schimpfte nicht. Er fluchte nicht. Langsam begann ich mir wirklich Sorgen um Murdocs gesundheitlichen Zustand zu machen. Bei einer scharfen Kurve in Richtung Ausgang krallte ich mich mit den Finger in Russels Gesicht um nicht den Halt zu verlieren. „Au!“ „‘Tschuldige!“ Als wir durch den Ausgang stampften, erkannte ich aus dem Augenwinkel den Grund für den plötzlichen Sinneswandel des Drummers: Die Untoten folgten uns in einer Geschwindigkeit, die mir nicht wirklich gefallen wollte. Rennende Zombies, gaben ein ziemlich komisches Bild ab- wie ihre Arme unbeholfen herumflogen, sie ab und zu gegen eigentlich unübersehbare Mauern rannten oder gar über ihre eigenen Füße stolperten. Schwebten wir nicht in Lebensgefahr, würde ich lachen. „Zombies!“, hörte ich Russel unter mir ungläubig sagen. Wie gern würde ich in diesem Moment von seinen Schultern springen, ihn stoppen und sagen Haha, nein das sind keine Zombies, das sind verkleidete Schauspieler! Dann würde Ashton Kutcher, oder sonst wer, um die Ecke kommen und Man Russel, you get punk‘d schreien. Doch das geschah nicht. Dies alles passierte wirklich. Ich schluckte. Der Drummer bremste ab. Fast hätte mich der abrupte Stillstand Russels über ihn hinweg fliegen lassen, sein Hinterkopf wurde in meinen Magen gewuchtet. Ich stöhnte und rieb mir den Bauch. Ich schmeckte Galle. Mir war schlecht. „Was ist los“, konnte ich dennoch zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurchpressen. Doch ich brauchte gar nicht auf eine Antwort zu warten. Als ich die Augen wieder öffnete, sah ich das Unglück. Dutzende, wenn nicht sogar hunderte Zombies, hatten sich vor dem Studio versammelt. Wir hörten die Untoten hinter unseren Rücken, wir sahen die Untoten vor unseren Augen. Wir waren umzingelt. Wir waren verloren. Wer war noch gleich auf die beschissene Idee gekommen das Kong auf einem Friedhof zu erbauen? Ich verfluchte den Vorbesitzer. *Essex: Stadt in England, Standort des Kong Studios -----------------------------------> ~ Wieder einmal bin ich unzufrieden ._. Ich hatte ein totales Blackout als ich dieses Kapitel geschrieben habe! Kennt ihr das, wenn es solche Tage gibt an denen ihr nichts mehr wisst? Mir ist nicht mehr das Wort -ignorieren- eingefallen, oder ich wusste keine andere Bedeutung für -sagen- mehr... Boah schrecklich -.- Aber ich habe mir immer gesagt: Jana, das wird schon wenn du weiter schreibst! Und dann hab ich weitergeschrieben... Ich hasse mich dafür ~.~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)