Chocolate that tastes like Blood von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Orgiengleich werden Leichen in ihrer letzte Ruhe gestört. Die Grabsteine, ach... sie haben sie alle umgeschmissen und mit widerlichen Zeichen geschändet. Ich fühle mich gekränkt. Und traurig. Wieder einmal wende ich einem Friedhof den Rücken zu und suche nach einem neuen, wo ich in Ruhe sein kann. Bis jetzt fand ich nie länger als ein paar Jahre meine Ruhe. Ziel- und ruhelos wandere ich seit Jahrhunderten - mittlerweile sind es schon fast sechs - durch Europa und kenne so gut wie alle Friedhöfe. Ich frage mich nun, ob es noch einen gibt, wo ich noch nicht war... dessen Frieden ich noch nicht spüren konnte, obgleich dieser nach kurzer Zeit gestört wurde. Mein Name ist Noyn. Seit nunmehr 597 Jahren bin ich unterwegs... und wurde doch immer wieder vertrieben, wurde weiter gescheucht. Ich gebe niemals meine Suche auf. Obwohl ich nicht einmal mehr weiß, wonach ich suche. Nach Ruhe? Amüsement? Ich bin mir meinem Bedürfnis nicht genau bewusst, alles ist verschleiert. Und langsam bin ich es müde, immer weiter zu suchen - und doch nie etwas zu finden. Wenn etwas keinen Sinn hat, sollte man es doch lassen und aufgeben, oder? Was bringt es schon, sich noch weiter an dieser Sache festzuhalten und daran zu glauben, dass irgendwann ein Sinn darin zu finden ist? Ich befinde mich in einem Land, welches mir irgendwie vertraut vorkommt. Alte Gebäude, Schlösser, Kirchen bestimmen das Landschaftsbild, dichte, dunkle Wälder ebenfalls. Ein Gefühl beschleicht mich, welches mir so vorkommt, als würde ich in meiner Heimat sein. Kann das wirklich sein? Wenn das so wäre, müsste ich mich in Osteuropa befinden... Ich verspüre außerdem ein leichtes Hungergefühl, was mich dazu veranlasst, einen bäuerlich gekleideten Mann zu fragen, wo ich mich hier befinde und wo ich eine Herberge finden kann. Es ist schon fast finster und ich möchte mich nicht weiter allein durch das Dunkel bewegen. Das habe ich jetzt lang genug getan. Mich dürstet... Der Mann mustert mich ein wenig argwöhnisch und nennt mir dann einen Ortsnamen, der mir nichts genaues sagt, aber meine Vermutung bestätigt, dass ich mich im Osten Europas befinde. Außerdem zeigt er den Pfad hinunter, in die Richtung, aus der er gerade gekommen ist und meint, dass sich dort ein Wirtshaus befindet, mit einer Möglichkeit zum Übernachten. Es würde auch nicht viel kosten. Ich bedanke mich mit einem Kopfnicken und trete noch einen Schritt auf ihn zu. Der Mann zieht eine Augenbraue hoch, mustert mich noch einmal mit seinem Blick und will weitergehen. Doch ich grinste nur und entblöße so meine spitzen Eckzähne, die ich ihm einen Augenblick und einen spitzen Schrei seinerseits in den Hals ramme. Anfangs will er mich noch mit seinen Händen weg drängen, schreit nach Hilfe suchend laut und ängstlich, doch langsam nimmt seine Abwehr ab, bis er nur noch ein wenig zuckt. Sein Körper wird immer schwerer, da er seine Muskeln nicht mehr unter Kontrolle hat und ich lasse mich mit ihm auf den Boden herunter, vergrößere die Wunde in seinem Hals und labe mich an seinem Blut. Gut schmeckt es nicht, aber es befriedigt mein Bedürfnis nach dem Lebenssaft. Meine Wangen sind ein wenig gerötet und ich schmatze laut, während ich mich weiter an ihm gütlich tue. Der bleiche Mond wirft seinen Schatten auf uns und das Pferd des Mannes, welches mit Körben voll Gemüse und Obst beladen ist, leise wiehert und seine Mähne schüttelt. Wahrscheinlich war dieser Mann auf dem Markt des Dorfes und wollte die übrig gebliebenen Waren wieder nach Hause schaffen. Ich lasse von ihm ab und lecke mir über die Lippen, säubere sie nachträglich mit einem weißen Stofftaschentuch, was ich aus meiner Brusttasche hole. Dann erhebe ich mich und betrachte den erblassten und erkalteten Menschen zu meinen Füßen. Kurz danach wende ich mich ab und gebe dem Pferd einen Klaps, sodass es los läuft. Nun kann ich mich gesättigt auf den Weg zur Herberge machen. Falls ich noch Blutspritzer im Gesicht oder auf der Kleidung kleben haben sollte, werde ich die alte, aber immer wieder wirkende Ausrede nehmen, dass mich ein wildes Tier angefallen hat. Das beruhigt die Menschen und ich habe meine Ruhe. Nachprüfen tut es sowieso niemand. Warum denn auch? Jeder weiß, dass in den dunklen Wäldern Tiere leben, die die Menschen anfallen, wenn sie Hunger haben. Mit einem kleinen Grinsen drücke ich mein Verständnis für sie aus. Denn in gewisser Weise bin ich so ähnlich wie sie. Nur mit dem Unterschied, dass mein Leben niemals endet. Ich bin der Graf der Finsternis, der Dämon der Unendlichkeit - und Herrscher über alle Vampire. Denn ich war der Erste. Nach mir kamen all die anderen. Ich bin ihr Vater, ihr Schöpfer... Ich erreiche das Wirtshaus, welches sich am Rande eines kleinen Dorfes befindet und ziemlich nobel aussieht. Nun, jedenfalls ist es nicht schäbig und heruntergekommen. Ich bin in der Lage, das zu beurteilen. Schließlich sieht man einiges, wenn man an die sechs Jahrhunderte durch einen Kontinent zieht. Das kann man mir ruhig glauben. Denn ich weiß ebenfalls, dass es nichts bringt, die Unwahrheit zu sagen. Weder mir noch anderen. Ich habe es oft genug versucht. Ich trete in die Herberge ein und sehe mich um. Das alte Fachwerkhaus sieht von innen auch noch gut aus. Neben kleinen Sitzecken aus Holztischen und -stühlen, in denen zahlreiche Gäste sitzen, entdecke ich einen Tresen und eine ziemlich beleibte Frau, die gerade dabei ist, einige Gläser abzutrocknen. Ich schaue ihr eine Weile dabei zu, dann setze ich mich an einen der Holztische, der noch frei ist und der nicht zentral im Raum steht, sondern weiter bei der Wand. So habe ich das Geschehen in dem gut besuchten Wirtshaus im Überblick. Denn etwas lernt man auch noch, wenn man so lange Zeit schon umher wandelt: Vorsicht und Argwohn. Man sollte nicht glauben, dass ich allein bin, weil ich niemanden um mich haben möchte, das ist es nicht. Ich kann meine Partner nicht einmal mehr an beiden Händen abzählen - es waren weitaus mehr. Ich hatte Frauen als auch Männer, die mir geschworen hatten, mir ewig die Treue zu halten und an meiner Seite zu bleiben. Doch unsere Wege trennten sich nur viel zu oft, manchmal kannten wir uns nur eine Nacht. Das war besonders in den ersten dreihundert Jahren so. Aber ich lernte aus meinen Fehlern und wurde vorsichtiger. Nicht jede, die mir die Schwärze der Nacht versprach, machte ich zu einem Vampir, der mir ebenbürtig war. Viele wurden nicht einmal annähernd so stark wie ich, andere benutzte ich einfach nur, um meine Gier nach Blut und Nähe zu befriedigen. Egoistisch? Nein. Gerecht. Meine dunkelgrauen Augen nehmen jede Regung der Menschen um mich herum auf, ich beobachte sie, ohne dass sie es bemerken. Das ist ein Können, welches nur Vampire haben. Wenn ein Mensch einen anderen Mensch beobachtet, merkt dieser immer, dass ein anderer gerade auf ihn fixiert ist und alles genaustens in sich aufnimmt, was der andere tut... Wie amateurhaft. Die Wirtin kommt auf mich zu und fragt mich mit einem freundlichen Lächeln, ob sie mir etwas bringen könnte. Ich erkundige mich nach einem freien Zimmer und ignoriere ihre Frage. Sie ist ein wenig verwirrt, bejaht aber und fordert mich auf, mit zum Tresen zu kommen, wo sie mit mir über den Preis sprechen will. Ich erhebe mich und folge hier, betrachte ihr ausladendes Hinterteil, was man unter dem weiten Rock erahnen kann und spürte ein leichtes Verlangen danach, mich mit diesem Weib zu vergnügen. Meine Gedanken werden unterbrochen, von mir selbst und von der Frau, die mir einen Schlüssel hin hält und meint: "Eine Nacht kostet 50 Taler, die darauffolgende 40. Oder wollen Sie sich länger einquartieren, mein Herr?" "Nun, ich würde mich sehr erfreut schätzen, wenn ich das Zimmer für zwei Wochen bewohnen könnte, Gnädigste." Die Wirten lächelt und nickt zustimmend, händigt mir den Schlüssel aus. "Wie möchten Sie bezahlen? Vor jeder Nacht oder alles auf einmal?" Ich gebe ihr 700 Taler und sehe sie mit einem langen Blick an. Sie nimmt mit einem leicht gierigen Gesichtsausdruck das Geld an sich und nickt eifrig. Innerlich schüttle ich den Kopf. Nein, mit so einem dämlichen und geldgeilen Weib will ich mich nicht vergnügen. Wer sich so viel aus materiellen Dingen macht, ist meiner nicht würdig. Das ist auch eine Eigenschaft der Menschen, die ich nicht verstehe: Dieses ausgerichtet sein nach Materialismus widerstrebt mir sehr und macht mich auch wieder traurig. Aber meine Sorge soll es nicht sein. Nicht jeder mir bekannte Mensch ist so - und spätestens wenn sie zu einem Vampir geworden sind, geben sie Ruhe und konzentrieren sich auf die wichtigeren Dinge in ihrem Dasein. Wer braucht schon Geld, wenn man doch ewig Zeit hat und in allen Genüssen schwelgen kann, die man sich nur wünscht? Die Wirtin führt mich nun auf mein Zimmer, welches sich im oberen Stock des Fachwerkhauses befindet. Ich nicke anerkennend und lasse meinen Blick über die Einrichtung gleiten, die fast nur aus Holz besteht: Ein großes, breites Bett mit frischen, weißen Laken, ein kleiner Tisch mit Stuhl und ein Regal sowie einige Kleiderhaken an der Wand. "Die Laken werden jeden Morgen gewechselt, dort hinter der Tür befindet sich eine Waschgelegenheit sowie die Toilette", erklärt mir die dicke Frau. "Vielen Dank. Sobald mich der Hunger oder andere menschliche Bedürfnisse plagen, melde ich mich bei Ihnen", ein Grinsen huscht für sekundenschnelle über mein Gesicht, als ich diesen Satz sage. Besonders im letzten Teil stecken lauter Doppeldeutigkeiten, die mich zum Schmunzeln bringen. Außerdem merke ich, dass ich mit meiner feinfühligen Anzüglichkeit genau den Geschmack der Frau getroffen habe, da sie ein wenig errötet, mir dann einen angenehmen Aufenthalt wünscht und schnell die Treppe hinunterläuft, die wir heraufgestiegen waren. Ich kann es also immernoch... meinen Charme ein wenig ausspielen. Ich habe Jahrhunderte lang erprobt, wie ich auf Frauen und Männer wirke. Ich kann auf ein Repertoire zurückblicken, was sich sehen lassen kann. Und ich kann nicht sagen, dass sich schon mal ein Wesen meinem Bann entziehen konnte. Meine Erfahrung, Intelligenz... und nicht zu vergessen mein gutes Aussehen macht jede und jeden schwach, den ich mir aussuche. Schade nur, dass es meist nicht für mehr reicht, als die körperliche Vereinigung. Es ist armselig, verdammt armselig... Ich trete zum Fenster und schaue hinaus in die schwarze Nacht. Hier oben ist es sehr ruhig, es dringt kaum Lärm vom Wirtshaus hier her. Das ist positiv. Lärm kann ich nicht leiden, genauso wie grelles Licht. Ich bin ein sehr starker Vampir, das ermöglicht es mir, auch bei Tag unterwegs zu sein. Nur direkte Sonneneinstrahlung ist schädlich für mich. Andere, schwächere Vampire zerfallen zu Staub, sobald sie nur einen Sonnenstrahl erblicken. Er muss sie nicht einmal direkt berühren, nur ein kleiner Schimmer des natürlichen Lichts reicht und sie waren einmal. Vorbei ist's mit der Ewigkeit... Das kann mir nicht passieren. Werde ich mit direktem Sonnenlicht konfrontiert, bekomme ich sehr leicht einen Sonnenbrand - ausgelöscht werde ich dadurch nicht. Ich doch nicht! Ich bin schließlich der Höchste der Vampire - der Fürst der Dunkelheit. Da werde ich mich doch nicht von ein paar lächerlichen Sonnenstrahlen ducken! Meine Augen erspähen eine Gestalt im Hof des Wirtshauses. Hellblonde Haare reflektieren das Mondlicht und blenden mich ein wenig. Auf den ersten Blick erkenne ich nicht, ob es sich bei diesem Menschen um ein Weib oder einen Jungen handelt, erst als ich die schmale Statur näher betrachte, bemerke ich die flache Brust, die schmalen Hüften und die leicht muskulösen Arme und Beine, wie sie keine Frau hat. Ich spüre, wie ihm bewusst wird, dass ich ihn beobachte und einen Augenblick später ruhen seine Augen ebenfalls auf mir. Beziehungsweise sie versuchen, eine Person am Fenster auszumachen. Ich ziehe meine Mundwinkel spöttisch nach oben und im nächsten Moment mache ich mich unsichtbar. Der Junge blinzelt verdutzt und ich kann noch einige Sekunden lang in seine strahlend blauen Augen sehen. Dann wendet er sich - immernoch verunsichert und verwirrt - ab und geht zurück ins Wirtshaus, aus dem er wohl auch gekommen war. Ich mache mich wieder sichtbar und grinse, lecke mir über meine spitzen Eckzähne, die leicht nach hinten gebogen sind, ideal um mich tief im Hals eines Menschen zu vergraben. Mich dürstet schon wieder... aber nach dem Blut von genau /diesem/ Jungen. Mit etwas anderem gebe ich mich nicht zufrieden. Und ich werde ihn auch bekommen. Denn ich habe ihn schon in meinen Bann gezogen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)