Drachenherz von Alaska (Zusammenarbeit von Ulysses und Alaska) ================================================================================ Kapitel 5: Enthüllte Geheimnisse -------------------------------- Titel: Drachenherz Teil: 5/9 Autor: Ulysses und Alaska Genre: Fantasy, Shounen-Ai Kommentar: Da heute so ein schöner, sonniger Tag ist und ich endlich meine mündlichen Prüfungen hinter mir habe, bekommt ihr ein neues Kapitel ^^ Es sollten sich einige Fragen klären ^^ Bin gespannt, was ihr dazu sagt ^^ Viel Spaß beim Lesen! Enthüllte Geheimnisse Am nächsten Tag verhielt sich Nargonim sehr seltsam. Er lag morgens draußen vor der Höhle und starrte reglos vor sich hin. Die Sonne ließ seine Schuppen glänzen, doch dieser Glanz fand sich nicht in den Augen wieder. Als Eri sich aus ihrer Behausung traute, wandte der Drache ihm einfach nur den Rücken zu und rollte sich zusammen. Obwohl er eingeschlafen war, hatte der Junge in dieser Nacht nicht viel Ruhe gefunden. Schon bald war er wieder erwacht und hatte sich stundenlang herum gewälzt. Er versuchte erst gar nicht mit Nargonim zu reden, sondern wusch sich und zog sich wieder in die Höhle zurück. Er wollte den Drachen nicht wütend machen und den Zorn erneut auf sich ziehen. Die Tage verliefen immer gleich. Nachts lag die schwarze Echse vor dem Eingang und am Tag vor der Höhle. Doch egal, wann Eri auftauchte, Nargonim drehte sich immer weg. Der Schmerz des Drachen war fast greifbar und es passierte sogar, dass er leiderfüllt aufbrüllte und dann einfach zusammensackte. Er suchte auch keine Nahrung für Eri und sich, sondern überließ den Jungen sich selbst. Nichts konnte das gewaltige Wesen aufheitern und er war nicht bereit den Rothaarigen anzuhören. Auch Eri litt in dieser Zeit. Aber nicht, weil er wenig zu essen bekam, trotz seiner Fähigkeit zu jagen, sondern weil er sah, wie Nargonim sich quälte. Er verbrachte viel Zeit im Schatten des Höhleneinganges und beobachtete ihn. Sein schlechtes Gewissen wurde von Tag zu Tag größer, je stärker die Erkenntnis über das ganze Ausmaß von Nargonims Leid wurde. Und durch seine end- und freudlosen Stunden des Nachdenkens wurde Eri sich über vieles klar. Egal, wie groß seine Liebe zu Goran war, die Einsamkeit Nargonims war größer. Größer als alles, was er sich vorstellen konnte. Der Drache war so mächtig...und dabei so allein. Alles, was er sich wünschte, war Gesellschaft, ein Gefährte, der bei ihm war und diese schreckliche Einsamkeit mit seiner Wärme zum Schmelzen brachte. Nargonim war nicht böse, nicht brutal oder schrecklich. Er hatte Gefühle wie jedes andere Wesen und er, Eri, hatte auf ihnen herumgetrampelt. Er betete dafür, dass Goran seine Entscheidung verstehen würde. Er musste sie treffen. So kam der Moment, da Eri sich in der Nähe des Drachen auf den Boden hockte, wieder auf die Knie. „Ich...ich werde bei dir bleiben. Als dein Gefährte...wenn du mich noch willst.“ Zunächst reagierte Nargonim gar nicht, dann verlagerte er den Kopf so, dass er von Eri weg zeigte. Der Junge sank ein wenig zusammen. „Ich verstehe dich. Ich verdiene deine Vergebung wahrscheinlich auch nicht, ich habe dir zuviel angetan. Auch das mit dem...mit dem Jäger...“ Er zog die Nase hoch. „Das war meine Schuld...“ Nargonim rührte sich nicht. Nur eine feine Rauchspur schlängelte sich durch die Luft, deren Ursprung in seinen Nüstern lag. „Aber versteh mich doch bitte!“ fuhr Eri fort. „Ich habe einen schweren Fehler begangen...nein, eigentlich zwei. Ich habe Goran in mein Herz gelassen und ich habe diesem Jäger geholfen, weil ich für Goran frei sein wollte.“ An dieser Erkenntnis hatte er lange gesessen. „Aber ich habe eines nicht begriffen! Ich sah mich als dein Gefangener, ich habe nie erkennen wollen, was ich für dich bin. Nicht nur jemand, der dich krault oder der auf deinem Rücken reitet. Ich bin der Einzige, der deine Einsamkeit mit dir teilt und glaube mir, als ich endlich begriff, wie sehr ich dir weh getan habe...ich hatte kein Recht dazu...“ Der Rauch verdichtete sich, doch Nargonim rührte immer noch keinen Muskel. Dann plötzlich hob er den Kopf und sah Eri durchdringend an, um sein Haupt gleich wieder zu senken. Dieses Mal dem Rothaarigen zugewandt. Der Junge war zusammengezuckt, es war sein Schuldbewusstsein, das dies verursachte. „Ich weiß...ich weiß, wie viel Schande ich über mich gebracht habe, wie sehr ich dich enttäuscht und verletzt habe, aber ich wollte das nicht!“ Er wischte sich über die Augen. „Ich weiß nicht, ob ich dich je lieben kann...so wie ich Goran liebe...“ Sein Blick war nun fest auf das Grün des Drachen gerichtet. „Aber ich will bei dir bleiben...wenn du mich lässt. Ich werde Goran nie wiedersehen und dein Gefährte sein. Und vielleicht lerne ich ja auch, dich zu lieben, denn gern habe ich dich, auch wenn ich zu dumm war, das zu sehen.“ Leises Knurren drang aus der Drachenkehle und die Augen verengten sich. Nargonim schien ihm immer noch nicht zu glauben. Er hatte auch genug von diesem Gewimmer, es nervte. Eri jammerte und suhlte sich in Selbstmitleid. Gleichzeitig glaubte der Drache auch nicht, dass es etwas anderes als Mitleid war, das der Junge für ihn empfand. Mit einem Ruck stand er auf und breitete die Flügel aus. Ein letzter Blick traf den Rothaarigen, dann stieß sich die Echse kraftvoll ab und flog davon. Eri sah zu und war wie vor den Kopf gestoßen. Er öffnete Nargonim sein Innerstes und der ließ ihn sitzen. Eri sprang auf die Beine. „Was willst du denn noch?! Was soll ich tun?!“ brüllte er ihm hinterher. „Ich kann es doch nicht ungeschehen machen!“ Er trat gegen einen Stein, der in den Teich flog. „Verdammt!“ Wütend ging er in die Höhle. Auch am nächsten Tag kam der Drache nicht zurück. Eri tappte weiterhin im Dunkeln, denn er wusste nicht, woran er war. Würde Nargonim ihm verzeihen oder sah er für den Rest seines Lebens den Verräter in ihm? Aus Wut und Frustration zerstörte er einige seiner Kunstwerke an den Höhlenwänden und schrie seine Verzweiflung hinaus. Das Echo wurde noch viele Meilen weiter getragen. Die Sonne sank spät zu dieser Jahreszeit und Eri war müde und legte sich früh schlafen. Es war ganz still in seinem Zuhause. Kein regelmäßiger tiefer Atem wie in den letzten Tagen. Absolute Stille. Er klammerte sich in seine Felldecke und ballte die Fäuste. Es war alles dahin. Nargonim hatte ihn vielleicht nicht getötet, dafür aber verstoßen. Eri fühlte sich schrecklich, das hatte der Drache nicht verdient. Irgendwann schlief er endlich ein, obwohl die Stille in der Höhle ihn beinahe erdrückte. Es war mitten in der Nacht, als sich eine Gestalt der Schlafstätte näherte. Sie setzte sich auf die Bettkante und streckte eine Hand aus, um dem Schlafenden einige Strähnen aus dem Gesicht zu streichen. Eri fuhr wie von der Tarantel gestochen hoch. Sein Schlaf war nur leicht, seine Nerven angespannt. Panisch zuckte er zurück, erwartete schon wieder jemanden wie Tjerke, doch als er die Gestalt erkannte, war es nicht viel weniger schlimm als ein Drachenjäger. „Was tust du hier?!“ zischte er Goran zu. „Ich wollte dich sehen. Ich habe dich vermisst.“ Der Mann lächelte traurig und ließ seine Fingerspitzen über Eris Wange wandern. „Lass das!“ Eri wich zurück, entfernte sich von den Fingern, deren Berührung so unendlich gut tat. „Du darfst nicht hier sein! Er wird dich töten!“ „Er ist nicht hier. Eri, ich habe nachgedacht.“ Goran machte ein ernstes Gesicht und starrte blicklos in das so schöne Antlitz. „Lass uns fliehen. Wir müssten es nur bis zum Tal der tausend Flüsse schaffen, dort ist die Grenze für alle Drachen. Keiner könnte sie übertreten ohne zu sterben, denn dort werden sie erbittert gejagt.“ Er ergriff Eris Hände und drückte sie gegen seine Brust. „Ich liebe dich und ich will mit dir zusammen sein, egal, was es kosten mag. Du bist mir das Liebste im Leben geworden. Du bedeutest mir mehr, als Nargonim es je konnte.“ Eri sah ihn an, musterte seine Hände auf der breiten Brust, fühlte den Herzschlag und die Wärme. Alles in ihm schrie danach, sofort zuzustimmen. Mit Goran wegzulaufen und vielleicht wirklich glücklich zu werden. Oder zusammen zu sterben. Doch Eri wusste, welche Entscheidung er zu treffen hatte. Und das zeigte vielleicht am deutlichsten, wie reif er geworden war. „Nein.“ Er löste seine Hände von Goran und stand auf, brachte Distanz zwischen sich und den Mann, den er so sehr liebte. „Nein.“ „Warum nicht?“ Goran stand auf und ging einen Schritt hinter Eri her. Auf seinem Gesicht konnte man den Unglauben und die Verletztheit ablesen. Eri machte sofort einen weiteren Schritt zurück. „Weil es nicht richtig ist! Ich liebe dich, Goran, ich liebe dich so sehr, dass es schmerzt. Aber wir können nicht zusammen sein! Ich gehöre zu Nargonim und er hat es nicht verdient, dass ich so auf seinen Gefühlen herumtrampele! Bitte geh!“ Er wunderte sich, wie leicht er die Worte über die Lippen brachte. „Du ziehst ihn mir vor, obwohl du mich liebst? Obwohl dein Herz mir gehört, willst du weiter bei ihm bleiben? Aus Mitleid?“ Goran zeigte keine tiefe Gefühlsregung, da war nur Wachsamkeit. „Ja. Ich habe Mitleid mit ihm, aber es ist nicht nur das. Nargonim ist ein wundervolles Wesen und ich will nicht, dass er auf ewig allein sein muss. Ich will für ihn da sein, so gut ich es kann. Und ich bin mir sicher, dass ich auch lernen werde, ihn zu lieben und nicht nur gern zu haben.“ Eri drehte sich weg, schaute auf die andere Wand. Sein Herz zerriss in diesem Moment, aber er blieb stark. „Bitte geh und komm nicht wieder her. Vergiss uns, mich, alles.“ Goran ballte die Hände zu Fäusten und sah ihn weiterhin an. Seine Stimme war ruhig und bar jeglichen Zitterns, trotzdem konnte man aus ihr den tiefen Schmerz hören. „Das ist unmöglich. Aber wenn es dein Wunsch ist, werde ich gehen und dich nie mehr sehen.“ Er trat dicht hinter Eri und umschlang ihn ein letztes Mal leidenschaftlich mit seinen Armen. Der zierliche Körper passte so perfekt in seine Umarmung. Goran vergrub sein Gesicht in der feurigen Mähne und sog ihren Duft tief ein. Ein letztes Mal küsste er Eri auf die Wange. „Ich werde dich immer lieben.“ flüsterte er in sein Ohr und trennte sich wieder. Im nächsten Moment war er schon aus der Höhle verschwunden. Eri blieb einfach stehen. Er drehte sich nicht um, rührte sich nicht. Nur die Träne auf seiner Wange wischte er mit dem Handrücken weg, versuchte die Erinnerung an die Wärme der eben erlebten Umarmung zu verdrängen. „Leb wohl.“ Langsam ging er zu seinem Lager zurück und rollte sich zusammen. Und so blieb er auch am nächsten Tag. Vergraben in seiner kleinen Welt aus Stein und Kälte. Er rührte sich nicht, aß nichts. Blieb einfach liegen. Die Sonne ging auf und zog am Himmel entlang, überschritt bald schon ihren Zenit. Nargonim verbracht die Zeit mit der stärksten Sonnenstrahlung draußen und ließ sich wärmen. Er hatte morgens kontrolliert, ob Eri noch da war und ihn seitdem nicht mehr gesehen. Das kleine Häuflein Elend weigerte sich das Futter anzurühren, was er ihm gebracht hatte und Nargonim roch immer wieder den Schmerz des Kleinen. Jetzt da die Sonne langsam dem Horizont zuwanderte, erhob sich der Drache und marschierte in die Höhle. Er betrachtete Eri und knurrte dann dunkel auf. Der Junge hob nicht einmal den Kopf. „Ich möchte nicht aufstehen. Bitte...“ Nargonim scharrte mit den Krallen und gab auffordernde Laute von sich. Diese Trübsal war nicht zu ertragen. „Ich möchte heute nicht raus. Bitte lass mich einfach.“ Eri erhob sich dennoch etwas und sah den Drachen flehend an. „Nur heute...bitte...“ Die Echse schüttelte den Kopf und zischte. Als wolle er in die viel zu kleine Höhle eindringen, rammte Nargonim mehrmals mit den Schultern gegen die Öffnung, so dass sich einige Stücke des Felsens lösten und herab fielen. Wenn es nötig war, würde er Eri aus seinem Bett schleifen. Und wenn er den ganzen verdammten Berg zerstören musste. Eri zuckte zusammen und stand nun doch auf, wenn auch sehr widerwillig. Von einem Trümmer erschlagen zu werden, war ja nun auch keine Alternative. Er kam auf den Drachen zu, damit dieser endlich mit seinem infernalischen Treiben aufhörte. „Soll ich dich etwas kraulen?“ fragte er lustlos. Wieder schüttelte Nargonim kaum merklich den Kopf und wandte sich einfach ab, um nach draußen zu gehen. Eri schnaubte, wagte aber nicht sich wieder hinzulegen. Mehr als unwillig folgte er dem Drachen ins Sonnenlicht des Nachmittags. Auf dem Vorplatz wartete die Echse bereits. Sie sah Eri durchdringend an und verhielt völlig reglos in der ihm angeborenen imposanten Pose. Der Kopf war majestätisch vorgereckt, die Flügel locker an die Flanken gelegt, so dass man ihre Spanne nur erahnen konnte. Er wirkte völlig entspannt und die grünen Augen wurden weicher, fast liebevoll. Leises Gurren ertönte, das Eri näher locken sollte. Allmählich konnte der Junge nicht anders als zu lächeln. Nargonim sah immer wieder atemberaubend aus, besonders jetzt, die Sonne ließ ihn regelrecht strahlen. Ein wunderschönes Wesen voller Magie, ein Anblick, den man nie im Leben vergaß. „Ich bin ja hier.“ Er lächelte immer noch. Nargonim wollte ihn offenbar aufheitern, vielleicht verzieh er ihm ja doch. Der große Kopf senkte sich zu ihm herab und stupste Eri hauchzart an. Es war eine sehr zärtliche Geste für einen Drachen. Mit einem lauten Brüllen richtete er sich dann wieder auf und sein Körper begann plötzlich zu verschwimmen. Die Form löste sich auf und schrumpfte immer mehr zusammen. „Bei den Göttern! Was...?!“ Eri wich zurück. Er war kreidebleich. Was ging hier vor? Starb Nargonim etwa?! Von dem Drachen war bald tatsächlich nichts mehr übrig. Er hatte sich aufgelöst und dafür einen nackten Mann mit kurzen schwarzen Haaren zurück gelassen, dessen grüne Augen Eri liebevoll betrachteten. Goran sagte kein Wort, sondern lächelte nur leicht. Eri brachte keinen Laut hervor. Er stolperte zurück, fiel hin. Was passierte hier? Er starrte Goran voller Verständnislosigkeit an. Dieser setzte sich in Bewegung und kam langsam auf sein Feuerkind zu. „Du guckst, als hättest du einen Geist gesehen.“ schmunzelte er und kniete auf ein Bein nieder. „Oder sehe ich so umwerfend aus?“ Eri starrte ihn nur an, den Mund halb geöffnet. Gorans Miene wurde ernst und er streckte die Hand aus, um sie auf die Wange des anderen zu legen. Eris Blick war immer noch auf ihn gerichtet. Er schreckte fast vor der Hand zurück. „Was...?“ „Fürchtest du dich vor mir? Nun, da du weißt, was ich bin? Nun ja, eigentlich wusstest du es ja die ganze Zeit.“ „Ich verstehe das nicht...“ Eris Stimme war so schwach und zittrig. „Ich bin Nargonim und Nargonim ist ich.“ lächelte Goran und seine Augen flackerten in den verschiedensten Grüntönen. „Ich brauchte lange, um zu verstehen, dass es für dich nicht einfach ist, als Mensch einen Drachen zu lieben und ich war wütend, weil du nur für meine menschliche Gestalt gefühlt hast.“ Eri stierte ihn nur weiter an. Er konnte die Worte kaum aufnehmen, sie entglitten seinem Geist wie Sand zwischen den Fingern. Das alles war so verwirrend, so unerwartet. Langsam, unendlich langsam, begriff er. Nargonim und Goran waren ein und die selbe Person. Oder eher ein und das selbe Wesen. Goran hatte die ganze Zeit... Eris Hand klatschte in das liebevoll Gesicht. „Du hast nur mit mir gespielt!“ schrie er den Drachenmann an. Dieser wirkte nicht verwundert über diese Reaktion. Sein Kopf war zur Seite geschnellt, wo er nun erst einmal blieb. „Nein, das habe ich nicht.“ Goran sah Eri wieder an. Ernst, aber nicht wütend. „Ich habe dich auf die Probe gestellt.“ „Du gemeiner Hund! Du Mistkerl!“ Eri warf sich gegen den Mann und schlug ungezielt zu. Er wollte Goran weh tun, ihm Schmerzen zufügen. Solche wie die, die er durchgestanden hatte. „Du Hund!“ „Nein, Drache.“ Damit packte der Mann mit einer Kraft die Handgelenke des Jungen, die man ihm nicht zugetraut hätte, auch wenn Goran nicht schwach aussah. Aber er war immer noch ein Drache und besaß somit auch dessen Fähigkeiten und Kräfte. „Beruhige dich.“ Er schloss Eri in die Arme und drückte ihn erbarmungslos gegen sich. Der Rotschopf weinte und schrie zunächst, doch seine Gegenwehr erschlaffte zusehends in den Armen seines Geliebten. Schließlich lag er nur noch wimmernd darin und presste sich an den warmen Körper, der ihm in so vielen wundervollen Nächten Schutz und Geborgenheit geschenkt hatte. Goran hielt ihn an sich gedrückt und sagte nichts, bis Eri sich beruhigt hatte. Er wollte ihm Zeit lassen, um das Gesehene zu verarbeiten. „Lass uns rein gehen. Dort können wir über alles reden.“ Eri nickte nur und klammerte sich an ihn, als habe er Angst, gleich aus einem Traum zu erwachen. Goran brachte sein Anhängsel in die Wohnhöhle und legte sich mit Eri aufs Bett, da er befürchtete der Kleine würde vom Stuhl fallen bei den folgenden Erläuterungen. „Eri...du musst mich verstehen. Es war der einzige Weg, um herauszufinden, ob du mich liebst oder lieben kannst. Lieben, egal in welcher Form ich bin.“ „Aber ich...ich habe dir doch schon lange gesagt, dass ich dich liebe!“ Eri weigerte sich standhaft, die Hand Gorans freizugeben. „Ja, du hast gesagt, dass du Goran liebst und warst bereit dafür Nargonim töten zu lassen.“ Es klang nicht wie ein Vorwurf, denn der Schwarzhaarige wollte Eri lediglich die Zusammenhänge erklären. „Der Drache war für dich die Bestie, die dich entführt hat, aber kein Wesen, das fühlen und leiden kann.“ „Ich war blind aus Liebe zu dir.“ flüsterte Eri, eine Selbsterkenntnis, die schmerzhafter nicht sein konnte. „Deshalb konnte ich mich dir nicht sofort offenbaren, denn dann hättest du mich als Drache nicht geliebt, sondern nur die Gewissheit, dass ich auch eine menschliche Form annehmen kann. Aber du musst dir im Klaren darüber sein, dass ich ein Drache bin. Kein Mensch. Nargonim ist kein anderes Wesen, sondern ich. Verstehst du das? Die Gestalt, die du jetzt siehst, habe ich nur, weil du ein Mensch bist und ich als Drache mit dir nicht zusammen sein könnte. Wärst du ein anderes Wesen, wäre ich es auch. Nur der Drache bleibt.“ „Das ist alles so...verworren.“ Er lächelte. „Aber ich glaube, ich verstehe.“ Eri lachte leise auf. „Wenn mir vor ein paar Monaten jemand gesagt hätte, dass ich einst einen Drachen lieben würde, ich hätte ihn für verrückt erklärt.“ Nun löste sich auch der angespannte Ausdruck auf Gorans Gesicht und er lächelte. Zärtlich strich er eine Strähne aus dem so schönen Antlitz und küsste Eri hauchzart. Es machte ihn glücklich, dass der Junge es verstand und damit zurecht kam. „Als du mir von dem Drachenjäger erzählt hast, dachte ich, alles wäre vorbei. Ich hätte dich am liebsten in Stücke gerissen.“ „Warum hast du es nicht getan?“ fragte Eri, doch dabei beugte er sich vor, nahm sich einen weiteren dieser herrlich süßen Küsse. „Warum hast du mich stattdessen...geliebt?“ „Weil ich nach und nach erkannt habe, dass es meine eigene Schuld war. Du bist so zerbrechlich und sensibel. Du brauchtest nicht nur Schutz, sondern auch Wärme, menschliche Wärme. Aber ich habe sie dir nicht gegeben, also musstest du unweigerlich solch eine Entscheidung treffen.“ Er brachte Eri halb unter sich, so dass er sich nur mit einem Ellenbogen neben ihm abstützte. „Außerdem hast du bereut. Es tat dir leid und du hattest es aus Liebe getan. Aus falscher Liebe zwar, aber dennoch.“ Goran küsste seinen kleinen Gefährten sanft und streichelte ihm über die Seite. „Und ich habe noch nie ein Wesen wie dich gesehen. Ein Feuerkind mit so einem herrlichen Körper und Geist.“ „Ich bin doch nichts Besonderes. In meinem Dorf haben sich immer alle über meine Haare lustig gemacht, keiner hatte so rote wie ich.“ Eri hatte die Augen halb geschlossen und atmete nun ruhig, die Berührungen waren so vertraut, so zärtlich. Er hatte nicht geglaubt, sie je wieder erfahren zu dürfen. „Sie sind wunderschön, wie Feuer.“ Goran griff in die dicke Mähne hinein und rollte sich ganz auf Eri. „Du bist wunderschön. Und dein Körper passt sich dem meinen perfekt an.“ Er streifte dem Jungen seine Hose von den Beinen und rutschte zwischen sie. Eri keuchte auf. Das hatte er nun nicht erwartet. Aber es war ihm willkommen. Er liebte die Schwere von Gorans Körper auf dem seinen, genoss jede Berührung, jede Sekunde, wenn der Mann ihm so nahe war. Und mit einem Mal wirkte er noch anziehender, noch geheimnisvoller. Es waren seine Augen. Sie waren nicht mehr einfach nur noch schön. Sie waren magisch. „Ich will dich, Eri.“ hauchte Goran und nippte an den vollen roten Lippen. „Ich bin dein...mein Körper, meine Seele, mein Geist und all meine Liebe gehören dir.“ Eri gierte regelrecht nach den Küssen. Das Verlangen zwischen ihnen war nicht mehr aufzuhalten und sie umschlangen sich wie Ertrinkende. Goran verschwendete keine Zeit, sondern hob das Becken des Jungen einfach an und drang in ihn, während eines tiefen Kusses. Eri verspürte keinen Schmerz, da sein Geliebter ihn mit seiner Macht fortgewischt hatte. Dieses Mal liebten sie sich nicht einfach nur, es war eine magische Vereinigung, die sie näher brachte, als jemals zuvor. Von dem Drachenmann floss etwas auf Eri und umgekehrt. Sie waren eins und Goran ließ es seinen Gefährten spüren. All die Macht, die Kraft und Erfahrung. Er teilte sie mit Eri in einem berauschenden Tanz ihrer Körper. Der Rothaarige klammerte sich überwältigt davon an den starken Körper. Mehr denn je hatte er das Gefühl, in Gorans Feuer zu verbrennen. Und lieber als heute, hatte er es nie getan. Er gab sich dem Drachen hin, alles von sich. Für alle Ewigkeit, wenn Goran es so wollte. Später lagen sie friedlich nebeneinander, Eri eng gegen seinen Drachen geschmiegt. Es war wieder ganz ruhig in der Höhle. Die Echos ihrer ekstatischen Schreie waren in der Nacht verklungen. In der Umarmung aus Wärme und Liebe fühlte sich der Junge zum ersten Mal vollkommen sicher. Verträumt schaute er sein magisches Wesen an, ergötzte sich an dem Anblick seines wunderschönen Gesichtes. Er hatte schon lange festgestellt, dass er sich an Goran nie satt sehen konnte. „Darf ich dich was fragen, Goran? Oder soll ich nur noch Nargonim sagen?“ „Du musst nicht. Aber wenn du willst, kannst du es tun.“ Der Drachenmann lächelte auf seinen kleinen Gefährten herab. „Es spielt keine Rolle, wie du mich nennst, mein Feuerkind. Was möchtest du wissen?“ „Diese Geschichte...Goran und der Drache. Ihre Liebe, der Betrug...hast du dir das alles für mich ausgedacht?“ Seine Finger tanzten sanft über den kräftigen Arm des Drachen. „Nein, es ist wirklich geschehen. Vielleicht habe ich manches dazu erfunden oder weggelassen, aber er hat mich wirklich betrogen.“ Gedankenverloren strich Goran über die zarte Haut. „Er hieß Nica.“ Eri versuchte sich ein Gesicht zu dem Namen vorzustellen, seine Phantasie war sehr ausgeprägt, was ihm ja auch bei der Malerei zugute kam. „War er ein Opfer? So wie ich?“ „Sie waren immer Opfer so wie du. Aus deinem Dorf stammen all meine Gefährten, die ich im Laufe der Jahre hatte. Manche waren nur Freunde, andere Geliebte. Es gab nur wenige, die ich gefressen habe. Sie hatten es nicht anders verdient. Aber ich habe sie auch ziehen lassen, wenn es für ihr Seelenheil das Beste war.“ Goran lächelte schmerzerfüllt. Jeder Abschied war ihm schwer gefallen und er hatte keinen je wieder gesehen. Noch heute vermisste er diese Jungen und hoffte, dass sie ein glückliches Leben geführt hatten. Die Offenbarung, dass Nargonim durchaus auch Opfer gefressen hatte, ließ Eri kurz erschaudern, aber er konnte sich nicht denken, dass sein Drache das aus reiner Bosheit getan hatte. Trotzdem verscheuchte er den Gedanken aus seinem Kopf. So wollte er Goran nicht sehen. „Und Nica? Hast du ihn verstoßen? In wen hatte er sich verliebt?“ „Nica.“ Der Mann sprach den Namen fast zärtlich aus. Ein trauriger Zug lag um seine Augen. „Nica hatte viel Ähnlichkeit mit dir, obwohl er völlig anders aussah. Er hatte kurze blonde Haare und seine Augen waren so blau wie es nur der Himmel an besonders schönen Sommertagen sein kann. Sein Körper war wie deiner sehr zierlich, aber er war größer als du.“ Goran strich dabei weiterhin über die weiche Haut und küsste Eri sacht. „Aber er hatte nichts von deinem Wesen. Er war abenteuerlustig, rücksichtslos und sprunghaft. Ich habe ihm meine Identität sehr lange verheimlicht. Obwohl Nica bereits 21 war, hatte er deine Reife noch nicht erreicht. Für ihn war ich ein großes Tier, das ihn durch die Lüfte tragen konnte und an kalten Abenden wärmte. Goran war nichts, als ein Freund, mit dem er den Wald unsicher machen konnte. Dennoch habe ich mich in ihn verliebt, denn niemand konnte sich so kindlich über das Singen eines Vogel oder einen Regenbogen freuen wie er.“ Das Lächeln auf Gorans Lippen war innig, die Augen geschlossen und er erinnerte sich an die freudigen Züge des jungen Mannes. „Er hat mit dem, was er tat, nie etwas Böses gewollt. Man könnte sagen, er wusste es nicht besser. Als ich einige Zeit weg war, verliefen sich einige Jäger in dieses Gebiet. Normalerweise meiden sie es, weil sie wissen, dass es ihren Tod bedeuten könnte, aber diese kamen von weit her. Nica lief ihnen bei einem seiner Streifzüge über den Weg und da sein Herz immer offen war, verliebte er sich schnell in einen der Männer. Dabei hatte er mir Liebe geschworen, selbst wenn er sie nicht empfand.“ Eri spürte bei diesem Anblick ein schmerzhaftes Ziehen in der Brust. Eifersucht. Obwohl ja völlig unbegründet. Er biss sich ein wenig auf die Lippen. „Liebst du ihn noch immer?“ Die Frage, die Art wie er sie stellte, verriet seine Gefühle leider nur zu deutlich. Er konnte eben nicht lügen. „Und was ist aus ihm geworden?“ „Ich liebe jeden meiner Gefährten immer noch, ja. Aber es ist nicht die Liebe, die ich für dich empfinde, Feuerkind.“ Er küsste Eri beruhigend und lächelte. Sogar wenn Eri eifersüchtig war, fand er ihn wunderbar. „Er ist mit den Männern weggegangen. Als ich zur Höhle zurück kam, war Nica verschwunden. Meine Sorge war unermesslich und ich suchte lange nach ihm. Meine Angst, ihm könne etwas zugestoßen sein, machte mich fast wahnsinnig.“ Die grünen Augen flackerten. „Schließlich habe ich sie gefunden. Nica war in einer schlechten Verfassung. Der Mann hatte es nicht ehrlich mit ihm gemeint und Nica Gewalt angetan. Ich habe die Jäger alle verschlungen und meinen Gefährten verstoßen. Ich wollte ihn nicht mehr nach diesem Betrug, denn ich konnte ihm weder vertrauen noch ohne Schmerz begegnen. Meine Enttäuschung war zu groß.“ Goran seufzte und schmiegte sich gegen Eri. Er duftete nach verglühendem Feuer, jedenfalls bildete er sich das ein. „Ich brachte Nica zu seinem Dorf, kehrte hierher zurück und versuchte mit dem Verlust zurecht zu kommen. Nach zwei Wochen tauchte Nica plötzlich auf und flehte um Vergebung. Er hatte erkannt, was er verloren hatte und das war auch das erste und einzige Mal, dass ich mich ihm gezeigt habe. Er war erschüttert, hat mich angebettelt, aber mein Entschluss stand fest. Doch Nica war nicht mehr fähig ohne mich zu leben. Er hatte Angst, war allein und in seinem Dorf nicht mehr gewollt. Er flehte mich an in meiner Nähe bleiben zu dürfen, also gestattete ich ihm in der Hütte im Wald zu leben.“ „Aber er war nicht dort.“ stellte Eri eigentlich recht überflüssig fest. Die Geschichte fesselte ihn immer mehr und machte die Eifersucht auf seinen Vorgänger vergessen. „Was ist aus ihm geworden?“ wiederholte er die Frage. „Er ist tot. Nica ist vor zwölf Jahren gestorben, im Alter von 87.“ Goran musste bei dem Gedanken an seinen alten Freund lächeln. „Er hatte ein gutes Leben, auch wenn es ihn schmerzte, dass ich einen neuen Gefährten hatte. Doch Tares starb bei einem tragischen Unfall und ich war wieder allein. Ich war es leid, dass jedes Wesen, dass ich liebte, irgendwann von mir gerissen wurde. Also beschloss ich zunächst kein neues Opfer zu fordern. Seit dem lebten Nica und ich nebeneinander. Er besuchte mich oft und unterhielt sich mit mir. Ich glaube, es hat ihm geholfen. Als er in seinen letzten Stunden nicht allein sein wollte, habe ich mich ihm noch einmal als Mensch gezeigt. Auch wenn der Betrug immer noch schmerzt, habe ich ihm vergeben und das auch gesagt. Er starb glücklich, denke ich.“ Eri antwortete nicht. Das Bild war vor seinem geistigen Auge, der alte Mann, einst ein stolzer und wilder Jüngling, der sein Leben lächelnd in Gorans Armen aushauchte. Ihm liefen die Tränen über die Wangen. Als die Tropfen auf Gorans nackte Haut trafen, sah er Eri verwundert an. Bestürzt seinen Geliebten zum Weinen gebracht zu haben, wischte er die Tränen fort und lächelte aufmunternd. „Warum so traurig?“ „Weil es mich gerührt hat.“ Eri kuschelte sich in seinen Arm, die Tränen verebbten langsam. „Ich schwöre dir, ich werde dich nie betrügen. Ich will immer an deiner Seite sein. Du wirst nie wieder Einsamkeit fühlen.“ Er schloss die Augen. Ja, genau das wollte er. Die Ewigkeit in den Armen seines geliebten Drachen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)