Living a Lie von woaini (Taito) ================================================================================ Kapitel 18: Tanaka ------------------ Kapitel 18 Tanaka ~~Yamatos Pov~~ Müde und geschafft trete ich in mein Zuhause ein. Die Arbeit war heute ganz schön frustrierend. Wer hätte ahnen können, dass es so schwer ist, einer anderen Band seine Musik zu erklären, geschweige denn, wie das Lied gemeint ist. Herr Gott noch mal! Im Songtext stirbt einer, da passt es nicht dazu, wenn der Sänger im Video sich dann auszieht und lasziv mit der Kamera vögelt! Hat den niemand heutzutage mehr hart gearbeitet für seine Musikkarriere, erstmal die Schule fertig gemacht, dann noch 2 Jahre Musik studiert und sich erst dann für den Berufsweg entschieden? Woher kommen diese ‚Ich breche die Schule ab um ein Star zu werden’ Idioten?? Frustriert atme ich tief durch. Sofort muss ich lächeln. Es riecht heimisch. Leise kann ich Karis Stimme hören, wie sie ihren Bruder liebevoll tadelt. Wenn ich mich nicht irre, sind die beiden in der Küche und machen Pizza. Ich bin zu Hause. Ich bin wirklich zu Hause. Fröhlich pfeifend schlendere ich den Flur entlang, marschiere Richtung Küche, in der ich den Rest der Familie vermute. Tai sitz auf dem Tresen, seine Schwester über ihn gebeugt, tadelnd. Ich muss lachen. Beide Geschwister drehen sich verwundert zu mir herum, sodass ich noch mehr lachen muss. Was hat Tai nun wieder angestellt? Von Pflastern mit Teddybären kleben ihm gleich 3 im Gesicht. Eins auf der Wange, das andere auf dem Kinn und das letzte quer über seiner Nase. Normalerweise würde ich nicht lachen, eher besorgt sein, wegen den Schrammen, doch ich weiß, was er versucht hat. Seine Schwester wollte ihm doch heute Fahrradfahren beibringen. Das Ergebnis sehen wir hier: Einen völlig zerfledderten Tai. Mag ihn sein Trainer auch in den höchsten Tönen loben, wenn er Fußball spielt, doch ich weiß es besser, mein Taichi ist ab und an gerne ein richtiger Tollpatsch! Und ein niedlicher noch dazu! Kaum zu glauben, dass er nach 3 Tagen schon gelernt hat, das Fahrrad so geübt zu benutzen, dass er damit sogar über Äste springen kann… Generell scheint die Zeit zu verfliegen. Von Tag zu Tag erwartet mich meine Familie mehr, wenn ich von der Arbeit komme. Tai sitzt immer munterer in der Küche ärgert seine Schwester manchmal, oder, was mich überrascht, brütet über eines von Karis alten Schulbüchern, die sie behalten durfte. Es war Zufall, als ich erfahren habe, was er vorhatte. Während Tai im Garten Fußball spielte, beschloss ich in sein Zimmer zu schleichen und alte Schreibblöcke zu suchen, mit seinen Gedanken, Notizen, Worten. Ich suchte seinen Schreibtisch ab, fand seltsamerweise einen Zettel, wo er nur Striche gemacht hatte, wie die Knackis im Knast, wenn sie ihre Tage zählen. Auf dem Zettel waren circa 30 Striche, doch ich hatte keine Ahnung, was genau er da zählt. Schultern zuckend hatte ich weiter gesucht, bis ich etwas anderes fand. Unterlagen für Nachmittagsschulen, so etwas wie für eine Abendschule. Ich war verwirrt, als ich auch noch ein ausgefülltes Bewerbungsformular fand. Und dann auch noch eine Aufnahmebestätigung. Wann hatte Tai sich bitte dafür beworben?? Als ich ihn zur Rede stellte, war ich ganz schön durch den Wind. Da bewirbt sich mein Tai, mein Tollpatsch, mal eben, ohne Hilfe von mir, ohne mir irgendetwas davon zu erzählen, an einer Schule und wird auch noch angenommen, fängt schon in 3 Monaten mit der Schule an, wie jeder Schüler, macht dort seinen Abschluss mit Zeugnis und allem. Und das alles still und heimlich. Ich konnte es nicht glauben. Ich konnte ihm auch gar nicht böse sein. Er hatte sich nur an meinen Ratschlag gehalten und hat im Internet mal nach einer Möglichkeit für eine Schule gesucht. Bevor er es an die große Glocke hängen wollte, wollte er sehen, ob er überhaupt genommen werden würde, ob er den Einstiegstest überhaupt bestehen würde… Und er hatte es geschafft. Und ich war irgendwie stolz auf ihm. Und so haben wir gefeiert. Haben mit Bier angestoßen, haben uns noch mehr als sonst amüsiert und sind nicht vor Sonnenaufgang ins Bett gegangen. Ich hab Tai noch nie besoffen erlebt, nicht mal beschwipst. Auch an dem Abend nicht. Yoshi dagegen hat fast nackt auf dem Tisch getanzt, so betrunken war er. ~~Taichis Pov~~ »Sunday morning rain is falling Steal some covers share some skin (I like that) Clouds are shrouding us in moments unforgettable You twist to fit the mold that I am in« Es ist Montag. Gut gelaunt fahre ich mit meinem Fahrrad fröhlich von der Stadt zurück nach Hause. Jetzt, wo ich das Höllending bedienen kann, finde ich es sogar richtig cool. Ich fahre gerne, genieße den Fahrtwind in vollen Zügen. Nun, wo ich aus der Stadt raus und etwas der Hektik entkommen bin, kann ich in Ruhe nachdenken. So fahre ich Schlangenlinien, langsam, breit grinsend. »But things just get so crazy Living life gets hard to do And I would gladly hit the road Get up and go if I knew That someday it would lead me back to you That someday it would lead me back to you« Es ist verrückt. In nur wenigen Monaten hat sich mein Leben komplett umgekrempelt, ist ganz anders geworden, besser, so viel besser als meine Erwartungen. Und das nur wegen ihm. Schon komisch, was so ein Blondchen alles bewerkstelligen kann. Wie er einen beeinflussen und manipulieren kann. Er meint es nicht böse. Er ist nur neugierig. Ich mag ihn ja. Nur manchmal nervt er. Trotzdem, irgendwie kann ich mir irgendwie nicht mehr vorstellen, wie es ohne ihn war. Oder ohne diese Träume mit ihm. Ach, da fällt mir ein, ich muss einen Strich hinzufügen, nachdem Yama heute Morgen noch keuchend und stöhnend auf der Gepäckablage von meinem Fahrrad lag. Ja ja, meine Liste. Ich schäme mich nicht für sie. Ist doch normal so was zu denken, für einen Kerl in meinem Alter. „Fortpflanzungstrieb“, so nennt man das! »That may be all I need In darkness she is all I see Come and rest your bones with me Driving slow on Sunday morning And I never want to leave« Grinsend biege ich auf unser Grundstück ein. Noch bin ich alleine. Noch hab ich Zeit die Einkäufe weg zu packen. Baka- Chi war einkaufen. Gut, ich wollte hauptsächlich einen Pudding haben, nachdem anstrengenden Fußballtraining, aber dann hab ich auch gleich noch fürs Abendessen eingekauft. Leise schließe ich die Tür auf, es riecht hier gut. Ausnahmsweise mal nicht nach Essen, aber es riecht heimisch. Ich mag das. Es riecht nach ihm. Kein Wunder, seine Jacke hängt hier, gleich neben mir. Ich mag seinen Geruch. Ich mag es, wie seine Haare riechen. Wie er sich, wenn er nervös ist, gedankenverloren durch die Haare streicht oder beginnt mit seinen Händen zu spielen. Ich mag es, wenn er lächelt oder mich mit großen Augen ansieht. Wenn er guckt, wie ein Chibi, würde ich ihm am liebsten aufs Bett werfen und böse Dinge mit ihm anstellen. Kichernd schleiche in die Küche. »Fingers trace your every outline (oh yeah) Paint a picture with my hands (oh oh) And back and forth we sway Like branches in a storm Change of weather Still together, waiting That may be all i need In darkness she is all I see Come and rest your bones with me Driving slow on Sunday morning And I never want to leave« Ich schalte das Radio ein, stelle die Einkaufstüten auf den Tresen. Glücklich widme ich mich meinem Pudding, nehme mir den größten Löffel, den wir haben und widme mich der köstlichen Nachspeise. Wieso bin ich eigentlich so verrückt nach ihr? Grübelnd nuckele ich am Löffel, ehe ich die Schultern zucke und mich an die Arbeit mache, schließlich sollten die Einkäufe weggeräumt werden. »But things just get so crazy living life gets hard to do Sunday morning rain is falling and I'm coming home to you, Singing someday it'll bring me back to you Find a way to bring myself back home to you May not know, That maybe all I need In darkness she is all I see Come and rest your bones with me Driving slow on Sunday morning Driving slow, yeah yeah, oh yeah yeah Oh yeah yeah, oh yeah yeah Oh yeah yeah, oh yeah yeah There's a flower in your hair I'm a flower in your hair Oh Oh, yeah yeah, oh yeah yeah, Oh, Ohh, Yeah May not know, That maybe all I need In darkness she is all I see Come and rest your bones with me Driving slow on Sunday morning Driving slow, yeah yeah, oh yeah yeah Oh yeah yeah, oh yeah yeah Oh yeah yeah, oh yeah yeah « Ob er sich freuen wird? Ich hab ihm Lasagne gekauft, die, die er so gerne isst. Vielleicht trinkt er auch wieder mit mir. Der glasige Blick von ihm war wirklich… interessant. Baka- Chi, nicht träumen, einräumen! Schnell noch einen Löffel Pudding zwischen die Lippen schieben, sich die Tüten krallen und anfangen. Mehl, Zucker und irgendwo war doch noch Salz… Ein Geräusch hinter mir. Ich will mich umdrehen, doch da erwischt mich etwas, am Hinterkopf, dort wo es wehtut. Sterne tanzen vor meinen Augen, werden abgelöst von einer gnädigen Schwärze, die mir alle Sinne raubt. „Tanaka hat schon mal fester zugeschlagen“, schießt es mir durch den Kopf, dann bin ich ohnmächtig. ~~Yamatos Pov~~ Ich schließe die Haustüre, finde Tais Schuhe und Jacke, freue mich. Heute sind Tai und ich alleine, Männerabend, möchte man meinen, aber Kari übernachtet lediglich bei einer Freundin aus der Schule. Trotzdem habe ich eine Flasche Wein mitgebracht. Irgendwie hatte ich heute eine kreative Phase, als ich darüber nachdachte, dass ich gerne mal mit Tai ein Candlelightdinner haben möchte. In einer romantischen Atmosphäre, wer weiß, vielleicht spielt der Brünette ja mit. Vielleicht bestellen wir uns eine Lasagne beim Italiener und machen uns einen schönen Abend, nur zu zweit. Leise summend betrete ich den Flur, schiebe meine freie Hand in die Hosentasche, schlendere mit Blick gen Boden Richtung Wohnzimmer, wo ich Tai vermute. War da eben nicht eine Stimme? Verwundert sehe ich in unsere offene Küche, jedenfalls den Abschnitt, den ich sehen kann. Der Eingang, die Seite, die einen wunderschönen Blick auf unseren Küchentresen verschafft. Ein Löffel liegt im Flur. Zusätzlich rollt ein halb aufgegessener Pudding über den Flurboden, klappt um, macht einen dreckigen, braunen Fleck. Wieder diese Stimmen, wie sie sich Befehle zu zischen. Mir egal. Ich starre nur hypnotisiert auf eine braungebrannte Hand, die da im Kücheneingang liegt und sich nicht mehr selbstständig regt. Wieder dieses Zischen, dann, mit einem kräftigen Ruck, wird die Hand und vermutlich der Körper dahinter, weggeschleift. Ich höre, wie sie ihn irgendwo hin schleifen, maulen, dass er so schwer ist, dann eine Tür. Der Wein entgleitet mir, fällt zerschellend zu Boden. Meine Atmung geht schnell. Mein Hals ist trocken. Einbrecher. Zwei, wenn ich mich nicht irre. Mit schnellen Schritten bin ich in der Küche, starre das Pärchen an, dass es gewagt hat, mein Haus zu betreten. Ein Mädchen und ein Junge sehen mich erschrocken an. „Es ist Matt!“, schreit die Kleine und hüpft wie ein Flummi auf und ab. Mein Blick wandert zu dem Jungen, der sich nervös an seinem Ohrring spielt, immer wieder unschlüssig zur Abstellkammer hinter sich linst, sie sogar versucht mit seinem Körper zu verstecken. Doch das alles interessiert mich nur in zweiter Linie. Geschockt starre ich auf den kleinen Fleck in der Küche. Nicht den scheiß Puddingfleck. Nein, dieser Fleck hier ist noch widerlicher. Rot und fast dickflüssig. Tais Blut. Nicht viel, aber die Schleifspur Richtung Abstellkammer erklärt, wo sich mein Brünetter nun befindet. „Was habt ihr gemacht?“, frage ich aufgebracht, spüre meine Wut. Sie haben ihm wehgetan! Sie haben ihn verletzt! Meine Hände ballen sich zu Fäusten. Er blutet. Er blutet wegen ihnen! Zornig funkele ich die beiden an, die mich immer noch begeistert anblicken. Sie haben ihn eingesperrt. Wer weiß, in was für einem Zustand. „Was habt ihr verdammt noch mal mit ihm gemacht!?“, schreie ich, sehe mit Genugtuung, dass die beiden zusammenzucken. Der Junge hebt beschwichtigend die Hände, hat trotzdem ein strahlendes Lächeln im Gesicht, als er mich ansieht. Arschloch! So lächeln darf hier wenn überhaupt nur Tai! Und der liegt jetzt wahrscheinlich gefesselt und geknebelt und nicht zuletzt noch schwer verletzt im Schrank zwischen Mopp und Besen! „Yamato Ishida! W-warte! Ich heiße Yun und das hier ist Mao! W- wir sind deine allergrößten Fans, wir-“ „Wir lieben dich!“, kreischt das Mädchen begeistert und kichert wie auf Ecstasy. Selbst der Junge, dieser Yun, sieht mich verlegen an, nickt dann aber. „Ich hab nicht danach gefragt, ob ich mich mögt oder nicht, ich wollte wissen, WAS HABT IHR MIT IHM GEMACHT???!!“, brülle ich noch mal, deute angewidert auf die Blutlache unter mir. Yun und Mao, beide brünett, tauschen besorgte Blicke aus. „Das ist jetzt nicht wichtig! Wir sind wegen dir hier, also, beruhige dich, okay?“, beginnt der Schwule vorsichtig. „Wir sind deine allergrößten Fans! Und wir mussten dich sehen! Wir mussten mit dir sprechen und dir sagen, dass wir dich beide abgöttisch lieben! Wir haben dir soooooo viele Briefe geschrieben und haben wochenlang versucht herauszufinden, wo du wohnst! Und es hat doch so lange gedauert, bis wir es wussten! Und heute, sind wir dann hierher gekommen und so ein komischer Kerl war hier in der Küche und dann…“, sie blickt unsicher von links nach rechts. „Dann haben wir mit ihm geredet, ihm unser Anliegen erklärt und er hat sich verpisst!“, beendet Yun und glaubt, dass ich ihm diese Lüge abkaufe. Ich kann nicht sagen, wann ich das letzte Mal so wütend war. „Verkauft mich nicht für dumm! Tai wäre nie einfach so abgehauen, außerdem ist hier, scheiße noch mal, sein Blut auf dem Fußboden! Zum letzten Mal: Was habt ihr mit ihm gemacht?“ Ich möchte sie töten, zerfleischen, schlagen, treten. „Dieser Tao ist doch jetzt scheiß egal! Wir sind wegen dir hier, Mann!“, blafft mich Yun an. „Seid ihr verrückt? Ich will jetzt wissen, was ihr mit ihm gemacht habt, also schließt die scheiß Tür da auf, ehe ich mich vergesse!“, donnere ich los. Ich muss ihn sehen! Das Mädchen scheint sich zu fürchten, sie halte ich am Ehesten noch für normal, nur der andere erscheint mir bis zum Äußersten bereit. Gebt ihn mir wieder! Meine Drohung scheint zu wirken, denn zögerlich treten beide von der Türe weg. Irgendwas in seinen Bart nuschelnd, öffnet der Junge die Tür, will es langsam machen, doch es kommt so anders. Kaum ist die Tür einen Spalt offen, da fallen Tais Füße im hohen Bogen um, mir entgegen. Wie blöd kann man eigentlich sein und jemanden falsch herum in den Schrank sperren?? Wie kann man ihn mit dem Kopf nach unten, die Beine in die Luft, an die Tür gelehnt, einfach so abstellen, wenn er am Kopf blutet und ihm das ganze Blut in den Kopf schießt? Er ist doch kein Spielzeug, das man behandeln kann, wie man will! Ein lauter Wumms, da liegt Tais Körper auf dem Boden, sein Gesicht kann ich nicht sehen, da er auf dem Bauch liegt, nur seine Haare sehe ich, wie sie dunkelrot verklebt auf seinem Hinterkopf sind. In der Abstellkammer ist viel Staub, hoffentlich ist nichts in seine Kopfwunde gekommen. Hoffentlich lebt Tai noch. Warum bewegt er sich nicht? Warum kann ich ihn kaum atmen sehen? Warum muss er bluten? Warum er? Ich will zu ihm, will ihn in den Arm nehmen, seinen Namen rufen, doch alles läuft schief. „Vielleicht ist er tot!“, jappst das Mädchen, wird panisch, rüttelt an ihrem Begleiter, der so langsam aber sicher die Nerven verliert. Noch ehe ich zu ihm gehen kann, noch ehe ich ihn in den Arm nehmen kann, kommt Yun auf mich zu, packt mich an den Handgelenken. „Vergiss ihn! Wir müssen hier weg!“, ordert er, sieht sich gehetzt um. Will der mich verarschen? Ich reiße mich los. Nein, nicht. „Ich gehe nirgendwohin! Ihr seid wahnsinnig! Ihr könnt ihn doch nicht einfach halbtot schlagen und dann liegen lassen?! Er braucht sofort einen Notarzt, man!“ Bitte lieber Gott, lass sie noch ein Gehirn haben. Das Mädchen bückt sich tatsächlich, beäugt kritisch meinen Freund, nur, versteht sie auch? „Ich glaube, er braucht wirklich einen Arzt, er-“, doch sie wird unterbrochen, ein leises Stöhnen kommt von Taichi, als er sich zaghaft bewegt und sich seinen Kopf hält. Er lebt noch! Sofort springt Mao weg, kreischt. » How dare you say that my behavior is unacceptable So condescending unnecessarily critical I have the tendency of getting very physical So watch your step cause if I do you'll need a miracle« Yun packt mich, grob, zu fest, am Arm. Mao schreit, rennt zu mir, hält sich auch an mir fest. „Seht ihr Idioten nicht, dass er einen Arzt braucht?! Tai! Tai!“, wütend versuche ich mich loszureißen, doch der Fan hat mich. „Halt die Fresse! Ich muss nachdenken! Mao, her mit dem Seil, ich weiß, dass du es eingesteckt hast, gib’s her, aber schnell!“ Ich glaube es nicht. Eingeschüchtert überreicht die blöde Kuh diesem Wahnsinnigen das Seil, nur, damit mich dieser Mistkerl fesseln kann, während ich versuche mich loszureißen. Tai bewegt sich, er kriecht, schleift sich Millimeter für Millimeter voran, zum Tresen hin, will sich wohl an diesem hochziehen um aufzustehen. Chaos. Absolutes Chaos. Ich schreie, zappele, trete wild um mich, fluche wie ein Dachdecker. „Halt endlich deine Fresse! Du bist ein Star, du gehörst deinen Fans, also beschwer dich nicht! Mao und ich haben nicht all das auf uns genommen um jetzt hinter Gittern zu landen! Du kommst jetzt mit, verstanden!? Und hör auf hier herum zu zicken, ich kann auch sehr unangenehm werden!“ Der Kerl macht mir Angst. Er erinnert mich an Tanaka, an Omeda, oder an Ice. Ihm ist egal, was mit Tai ist. Ihm ist egal, über welche Leichen er stolpert. Er will nur seinen Spaß. Nur seine Begierde stillen. Ein Monster. Aus dem Augenwinkel sehe ich Tai, wie er seinen Arm streckt, versucht etwas zu finden, an dem er sich hochziehen kann, ist nicht ganz bei sich, hat wohl so etwas wie einen Schock oder so. Ich wehre mich. Kann nicht aufgeben. Doch es nützt nichts, die Fesseln schneiden mir nur noch mehr in die Handgelenke. „Das könnt ihr nicht machen! Ihr seid doch-“ Ein markerschütternder Schrei ertönt. Eine Stimme erschalt so laut und grausam, wie ich es noch nie gehört habe. Seine Stimme, tief, gepeinigt, laut, so laut. Entsetz rucken 3 Köpfe zu dem Verletzten. „Tai!“, kreische ich, kriege keine Luft mehr. Ein großes Messer, direkt in seiner rechten Schulter, dort wo das Tatoo ist. Es muss im Küchenhandtuch gelegen haben, nachdem er gegriffen hat, um sich hochzuziehen. Es steckt in seiner Schulter, nicht all zu tief, aber doch genug. Ich habe Angst. Seine Stimme. Ich habe sie noch nie so gehört. » You drain me dry and make me wonder why I'm even here This double vision I was seeing is finally clear You want to stay but you know very well I want you gone Not fit to funkin' tread the ground I'm walking on« Das Mädchen wird panisch. Nur Yun bleibt ruhig. „Wir müssen hier weg!“, sagt er mit einer Kälte in der Stimme, die mir die Nackenhaare aufstellt. Kümmert es ihn nicht? Hat er kein Herz? Sieht er nicht, wie Tai schmerzverzehrt sich zusammenkrümmt und immer noch schreit? Wie er Schmerzen hat? Wie er leidet? Er kann ihn doch hier nicht liegen lassen! Er ist verletzt! Die erste Träne fließt aus meinem linken Auge. Lasst ihn nicht so liegen! Macht mit mir, was ihr wollt, aber bringt Tai in ein Krankenhaus! » When it gets cold outside and you got nobody to love You'll understand what I mean when I say There's no way we're gonna give up And like a little girl cries in the face of a monster that lives in her dreams Is there anyone out there cause it's getting harder and harder to breathe Is there anyone out there cause it's getting harder and harder to breathe« Unbarmherzig zerrt mich Yun aus dem Haus. Fest und grob, wie man es von einem Mistkerl erwartet. Mao weint, weint unglaublich viel, schluchzt, doch folgt. Ich will nicht weg. Ich will zu ihm. Will ihn in den Arm nehmen. Will ihn anlügen, dass alles wieder gut wird, dass die Schmerzen weggehen. Ich kann es nicht vergessen. Seine Stimme. Wie sie in der Küche widerhallte. Ein grausiger Ton. So voller Schmerz. „Beweg deinen knackigen Arsch, Matt! Wir müssen hier weg! Keine Sorge, du vergisst ihn schnell! Dafür sorge ich schon! Ich bin besser als der!“ Ich kann nicht glauben, was er da sagt. Immer wieder wimmere ich nur seinen Namen, versuche zu entkommen, doch es hilft nichts. Das ist nicht richtig! Das ist so verdammt falsch! „In den Kofferraum!“, blafft Yun, zerrt wieder an meinem Arm. Was will er? „Ich sagte, du sollst in den Kofferraum! Man findet dich sonst schneller als mir lieb ist!“, er macht den Kofferraum meines Autos auf, will mich hinein zwängen. „FASS IHN NICHT AN!“, wieder ertönt diese donnergrollende Stimme. Am Türrahmen lehnt er, schwer atmend, blutend, dennoch ist seine Stimme so dermaßen fest, dass es mir kalt den Rücken hinunter läuft. » What you are doing is screwing things up inside my head You should know better you never listened to a word I said Clutching your pillow and writhing in a naked sweat Hoping somebody someday will do you like I did« Er ist gekommen. Er steht dort, vielleicht schwer verletz, aber er will mich retten. Wieso rettet er mich immer? „ICH SAGTE: LASS IHN LOS! DU NIMMST IHN MIR NICHT NOCH MAL WEG!“, schwankend taumelt er auf uns zu, versucht sich aufrecht zu halten, kann wohl seinen rechten Arm nicht richtig bewegen, lässt ihn baumeln. Er sieht so schwach aus. Nur sein Gesicht, sein blutverschmiertes Gesicht, zeigt eine solche Wut und Stärke, dass man ihn ernst nimmt, dass man ihn als Bedrohung sehen könnte. Seine Augen sehen so gruselig aus. Voller Hass. Wut. Abscheu. Ich habe Angst, wenn er so schaut. Yun greift in seine Tasche, zieht langsam eine Pistole aus seiner Jackentasche, richtet sie auf meinen Liebsten. Eine Pistole. Omeda. „Keine Bewegung, Arschloch! Oder willst du sterben??“, zischt er kalt, zielt auf Tai. Ich kann mich nicht rühren. Fühle mich hilflos, wie damals, als Omeda mir die Knarre an den Schädel hielt. Mir wird schwindelig, als ich mein Blut in meinen Ohren rauschen höre. Ich will das nicht. Ich will hier weg. » When it gets cold outside and you got nobody to love You'll understand what I mean when I say There's no way we're gonna give up And like a little girl cries in the face of a monster that lives in her dreams Is there anyone out there cause it's getting harder and harder to breathe Is there anyone out there cause it's getting harder and harder to breathe« Tai lacht. Nicht so melodisch wie sonst, es klingt heiser, kalt, so wie ich mir immer das Lachen eines Wahnsinnigen vorgestellt habe. Er soll nicht so lachen. „Du denkst, du kannst mir drohen? Du willst mich umbringen? Wolltest du das nicht schon mal und hast jämmerlich versagt? Lass ihn los, sonst passiert was!“, sagt mein Brünetter kalt, sieht zu uns. Dennoch habe ich das Gefühl, dass Tai gar nicht wirklich da ist. Er redet seltsam. Er wirkt wie aus einer anderen Welt. Liegt das an dem Schlag auf dem Kopf? „K-keinen Schritt weiter! Sonst schieß ich!“, irre ich mich, oder klingt der wahnsinnige Yun plötzlich leicht unsicher?? Er zittert. Tai hält nicht an. Er geht weiter, lacht leise. „Schießen? Kannst du Idiot das überhaupt? Lass ihn los. Sonst bereust du es! Noch mal nimmst du es mir nicht weg!“, wieder dieses kalte Lachen. Ist er überhaupt im Hier und Jetzt? Mao schluchzt auf, bettelt darum, dass ihr Komplize aufhört. Zugleich ertönt ein Schuss. Sämtliche Farbe weicht aus meinem Gesicht. » Does it kill Does it burn Is it painful to learn That it's me that has all the control Does it thrill Does it sting When you feel what I bring And you wish that you had me to hold« Nur kurz zuckt Tai zusammen, als er von der Kugel in die Brust getroffen wird. Etwas planlos streicht er sich mit der Hand über das Hemd, das er trägt, betrachtet sein Blut. So rot. „Du warst schon immer ein beschissener Schütze, Tanaka, deswegen nimmst du doch jetzt lieber deine Messer!“, grinst er. Es beginnt zu regnen. Dicke Regentropfen durchweichen binnen von Sekunden alle hier Anwesenden. Er steht vor uns, keucht, doch gibt nicht auf. Zielsicher greift er nach der Pistole, bricht mit einem kräftigen, fast eingeübt wirkenden Ruck Yun das Handgelenk, entreißt ihm die Pistole, nur um sie wegzuschmeißen. „Noch mal zerstörst du nicht mein Leben! Vorher bringe ich dich um, Arschloch!“, zischt Tai. Er weiß es nicht mehr. Er weiß nicht, wo er ist. Was ist. Wer vor ihm steht. Er sieht Tanaka. Er redet mit Tanaka. Er leidet wegen Tanaka. Doch Yun ist nicht Tanaka. „Scheiße, Mann! Bist du gestört!?? Du hast mir die Hand gebro-“, will er jammern, doch Tai holt einmal kräftig aus und trifft meinen verrückt gewordenen Stalker genau auf die Nase. Er lässt mich los. Fällt zu Boden. Und Tai steht. » When it gets cold outside and you got nobody to love You'll understand what I mean when I say There's no way we're gonna give up And like a little girl cries in the face of a monster that lives in her dreams Is there anyone out there cause it's getting harder and harder to breathe« Der Regen erschwert mir die Sicht. Wie ein Fisch nach Wasser schnappend stehe ich im Regen, sehe ängstlich zu meinem lieben, tollpatschigen Tai, wie er noch nie bedrohlicher aussah. Er blutet, ist schwer verletzt, aber auch dieses Mal hat er sich seine Freiheit erkämpft. Oder besser gesagt meine. „Tai!“, kommt es über meine Lippen, leise, vielleicht etwas ängstlich. Er reagiert nicht. Dreht sich um und geht, langsam verschwindet er im dichten Regen. „Tai! Warte!“, ich will ihm nach, doch ich bin gefesselt. Mao schluchzt, erringt somit meine Aufmerksamkeit. „Mach mich auf der Stelle los!“, herrsche ich sie an, sie gehorcht prompt. Ist zu geschockt, hat genug. Mir nur recht. Ich will Tai nach, doch vorher fessele ich das Mädchen und den verrückten Stalker. Die sollen ihr Fett noch wegkriegen. Ich stürme ins Haus, suche mein Handy, rufe Polizei und einen Krankenwagen an, flüchte sogleich wieder aus dem Haus, muss Tai finden. Ich irre eine Stunde lang durch den Regen, ehe mich die Polizei findet, mich nach Hause bringt. Ich hab ihn nicht gefunden. Die Polizei will ihn suchen, ich soll erstmal meine Aussage machen. In der Wohnung werden Fotos geschossen, von der Küche, meiner in Scherben liegenden Flasche Wein. Es werden Spuren entnommen, die beiden Fans kommen auf die Wache, werden verhört und die Pistole wurde sichergestellt. Die ganze Zeit sitze ich wie versteinert da. Er ist weg. Ich konnte ihn nicht beschützen. Ich habe versagt. Habe ihm Schmerz und Wunden beigebracht. Habe ihn in den Wahnsinn getrieben. In einer Welt, wo Tanaka ihm ein weiteres Mal das Leben zur Hölle macht. Wo sich Tai wehren muss, wo er die größten Schmerzen erleidet. Ich wünschte er wäre hier. Ein Funkspruch erregt meine Aufmerksamkeit. „Haben den Vermissten gefunden im hohen Gras, etwa einen halben Kilometer entfernt vom Haus. Er ist bewusstlos und wird gerade schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Und noch was, er hat in einen Stein einen Namen eingeritzt…“ Tanaka. »Is there anyone out there cause it's getting harder and harder to breathe« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)