Das Mädchen aus Kumo-Gakure von lythana (Kap 6 ist on) ================================================================================ Kapitel 6: Der Sturm -------------------- Grelle Blitze zuckten über den Himmel und machten die Nacht zum Tag. Das stete Plätschern von Wasser, das Heulen des Windes und das tiefe Donnern vervollständigten die Kulisse einer wirklich schaurig stürmischen Nacht. Sachii lag in ihrem Zimmer und starrte an die Decke, fasziniert von den Mustern, die bei jedem Blitz dort erschienen. Sie konnte nicht schlafen. Nebenan schliefen Heiji und Arashi. Sie hatte nachgesehen. Arashi eingewickelt in seine Decke, Heiji leise schnarchend. Ob Amara-Sensei schlafen konnte wusste sie nicht, sie schlief einige Zimmer weiter. Im Haus war es ruhig, nur erfüllt durch die Geräusche des Unwetters. Irgendwo tropfte Wasser durch das undichte Dach und ein Fensterladen schlug immer wieder gegen die Wand. Shiroi lag neben ihr. Sein Atem ging ruhig, der Sturm schien seinen Schlaf nicht zu stören. Seufzend stand sie auf und ging in die Küche. Überall war es dunkel und Sachii stieß sich an einer Kante den Zeh. Leise fluchend füllte sie sich einen Becher mit Wasser und sah aus dem Fenster. Die Bäume wiegten sich im Wind und wirkten wie geisterhafte Tänzer. Wasser lief an der Scheibe hinab und nur undeutlich konnte Sachii nach draußen blicken. Plötzlich vermeinte sie einen Schatten zu sehen, der quer durch den ehemaligen Garten huschte und durch die Pforte in der Mauer verschwand. Rasch stieß sie die Hintertür auf und spähte hinaus. Aber da war nichts. Eine bloße Einbildung. Gerade als sie die Tür wieder schließen wollte schnellte ein fauchendes Bündel an ihr vorbei und verschwand im hohen Unkraut. „Shiroi“, brüllte sie in den wütenden Sturm. Ohne darauf zu achten, dass sie nur Hosen und Hemd trug, rannte sie in den strömenden Regen. Sogleich war sie bis auf die Haut durchnässt. Undeutlich konnte sie den weißen Puma an der offenen Pforte ausmachen ehe er draußen verschwand. Sie folgte ihm und versuchte durch Rufen den Kleinen zum Stehen zu bewegen. Aber er rannte immer weiter. Der Wald war finsterer als am Morgen, wo sie ihn durchquert hatten. Äste zerrten an ihren Haaren und zerkratzten ihre Haut. Steine bohrten sich in ihre Sohlen, aber ihre Gedanken galten nur Shiroi, dessen weißes Fell undeutlich durch den strömenden Regen zu sehen war. Doch dann war er verschwunden. Sie blieb stehen und schaute sich um. In der Ferne vernahm sie plötzlich Heijis Stimme, der nach ihr rief. Sie rief zurück, aber der Wind riss ihr die Worte von den Lippen. Sie überlegte ob sie Heiji herholen sollte um nach dem Puma zu suchen, aber sofort verwarf sie den Gedanken wieder. In der Zwischenzeit konnte sonst etwas mit dem Kleinen passieren. Ein Maunzen schreckte sie auf und sogleich folgte sie dem Geräusch. Blind tauchte sie in ein Gebüsch ein und wäre fast einen Abhang hinunter in den Fluss gefallen. Erschrocken blieb sie stehen und schaute sich um. Und da war er. Er hatte sich mit den Pfoten an einer freigespülten Wurzel festgekrallt und maunzte jämmerlich um Hilfe. Der Fluss, der am Morgen noch sanft im Sonnenschein geplätschert hatte, war zu einem reißenden Strom geworden, der Äste und gar kleine Bäume in den trübgrauen Fluten transportierte. Vorsichtig kletterte sie den Abhang hinab um zu Shiroi zu gelangen. Doch der Untergrund war viel zu aufgeweicht, so dass Sachii mit einem Ausruf des Erschreckens ausrutschte und in den Fluss schlitterte. Gerade so konnte sie sich noch an der Wurzel festhalten, an die sich Shiroi klammerte. Doch der Kleine fasste Sachiis Anwesenheit als Rettung auf und sprang auf ihren Kopf. Wasser drang ihr in den Mund und ließ sie husten. Sie spürte wie die Kälte in ihren Körper drang und Shiroi’s kleiner Leib schwer auf ihren Kopf lastete. Krampfhaft versuchte sie sich aus dem Wasser zu ziehen, aber die Wurzel war klitschig und der Untergrund bot keinen Halt. Dann spürte sie nur noch wie etwas hart gegen ihre Schulter stieß und sie vor Schmerz und Schock die Wurzel losließ. Sogleich wurde sie von der Strömung erfasst und den Fluss hinab getragen. Shiroi’s Krallen gruben sich schmerzhaft in ihre Kopfhaut und Sachii war schwindlig und schlecht vor Schmerz und Kälte. Sie wusste nicht wie lange der Fluss sie herumgewirbelt hatte, aber letztendlich hatte er sie zerschunden wieder ausgespuckt. Halb ohnmächtig lag sie am Ufer. Steine drückten sich in ihre Wange. Shiroi saß neben ihr, nass, mit schmutzigen Fell und jämmerlich maunzend, aber vollkommen unversehrt. Die schäumenden Wasser des Flusses zogen an ihren Beine und Äste schlugen dagegen. Der Regen prasselte unaufhörlich auf sie nieder. Keuchend versuchte sie die Arme zu bewegen um sich aufzurichten. Aber ihr Körper gehorchte ihr nicht mehr. Ein reißender Schmerz zog durch ihre Schulter und schoß wie glühende Lava durch ihren gesamten Körper. Sie schaffte es nicht den Schmerzenschrei zu unterdrücken und erschrak heftig über ihre krächzende Stimme. Plötzlich hörte Shiroi zu maunzen auf. Ein Paar Füße erschienen vor ihrem Gesicht, die sich dann umwanden. „Lass sie liegen“, hörte sie undeutlich eine Stimme. Der strömende Regen verzog die Stimme zu einem tiefen Säuseln. „Das kannst du doch nicht machen“, entgegnete eine andere Stimme, näher an ihr dran. „Sie wird nicht alleine unterwegs sein. Irgendwo könnten sich noch mehr herumtreiben.“ „Hast du etwa Angst“, spottete der Mann neben ihr. „Bring mich nicht dazu dich zu töten“, zischte der andere Mann und sie hörte plötzlich Schritte. Ein weiteres Paar Füße gesellte sich zu den ersteren. Ein Fuß wurde ihr in die Seite gestoßen und sie stöhnte vor Schmerz auf. Unsanft wurde sie auf den Rücken gerollt. Regen tropfte ihr hart ins Gesicht und sie musste die Augen schließen. „Verdammt!“ „Hä… oh, das Mädchen aus dem Dorf“, hörte sie nur noch ehe die Ohnmacht über sie kam. Das erste was sie spürte, war Wärme, und dann Schmerz. Vorsichtig öffnete sie die Augen und starrte in ein lustig prasselndes Feuer. Eine raue Zunge fuhr über ihre Wange. Langsam drehte sie den Kopf und sah in Shiroi’s dunkle Augen. Er maunzte leise und stapfte davon. Sie versuchte sich aufzusetzen, doch da war wieder der Schmerz in ihrer Schulter. Erschöpft fiel sie zurück auf den harten Boden. Erst da kam es ihr in den Sinn sich zu fragen, wo sie eigentlich war. Sie blickte sich um und stellte fest, dass sie in einer Höhle lag. Draußen regnete es immer noch in Strömen, aber das Gewitter hatte aufgehört und es begann schon hell zu werden. „Na, endlich aufgewacht“, fragte eine Stimme und sie drehte den Kopf zum Feuer. Sie hatte ihn gar nicht gesehen. Shiroi stolzierte an ihm vorbei, maunzte und erntete ein Kopftätscheln. „Du“, entfuhr es ihr. Angst kroch in ihr auf und sie versuchte erneut aufzustehen. Tatsächlich schaffte sie es, sich aufzusetzen. Doch mehr machte ihr Körper nicht mit. Schweiß stand ihr auf der Stirn, ihr Atem kam keuchend. „Na, mach mal sachte“, meinte er und kam zu ihr. Er hockte sich vor sie und schaute ihr ins Gesicht. Erstarrt blickte sie in seine blauen Augen. Wenn sie nicht gewusst hätte, wer er war, dann hätte sie ihn für harmlos gehalten. Er streckte die Hand aus und Sachii hielt den Atem an. Doch er wischte ihr nur etwas Dreck von der Stirn. „Angst, oder“, fragte er und kicherte. „Brauchst du nicht. Ich tue dir bestimmt nichts.“ „Aber ich tue dir gleich was, wenn du nicht aufhörst hier den gutmütigen Samariter zu spielen“, sprach eine Stimme kalt. Ein dunkler Schatten schälte sich aus dem Eingang. Wasser tropfte von dem Strohhut. Das Glöckchen klingelte leise. „So, wir müssen los“, meinte der Blonde. Doch Sachii hörte ihm nicht zu. Gebannt starrte sie die Gestalt an, von der sie wusste, dass er seinen eigenen Clan ausgelöscht hatte. Eigentlich hätte sie Angst haben müssen, aber sie verspürte nur eisige Kälte, die sich um ihren Hals legte und ihr die Luft zum atmen raubte. Seine Augen bohrten sich in ihre und er schien förmlich ihre Gedanken zu lesen. Dann wandte er sich ab und beide verließen die Höhle. Schnell waren sie im strömenden Regen verschwunden und erst dann merkte Sachii wie verspannt sie gewesen war. Shiroi sprang in ihren Schoß und rollte sich zusammen. Irgendwie erleichtert begann sie sanft sein weiches Fell zu streicheln. Als sie erneut aufwachte war das Feuer heruntergebrannt. Es hatte aufgehört zu regnen und graues Zwielicht hatte sich in die Höhle verirrt. Der Ruf eines Eichelhähers erklang warnend nahe dem Eingang und kündigte einen Eindringling an. Vorsichtig schob sie Shiroi von sich herunter und erhob sich stöhnend. Dann schleppte sie sich zum Eingang. Etwas raschelte in einem Gebüsch in der Nähe und Sachii hob einen Stein auf. Doch als die Gestalt hervor trat knickten ihr vor Erleichterung die Beine ein. Heiji hatte sie endlich gefunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)