The Healing Touch von MayTanner (This was love at first sight, love everlasting, a feeling unknown, unhoped for, unexpected...) ================================================================================ Kapitel 24: Home Sweet Home --------------------------- X X X „NEIN!“ Candy setzte sich abrupt in ihrem Bett auf und sah sich mit weit aufgerissenen Augen um, weil sie im ersten Moment des Schreckens keine Ahnung hatte, wo sie war. Sie war eben aus einem Alptraum durch ihren eigenen Aufschrei aufgeschreckt worden und atmete gehetzt, als wäre sie eben noch vor etwas oder jemandem davongerannt. „Hey! Ganz ruhig! Es ist alles in Ordnung!”, flüsterte eine tiefe Stimme neben ihr, und jemand setzte sich zu ihr sie auf die Matratze. „LOGAN?!“, rief sie erleichtert aus, als sie ihn nach der ersten Verwirrung erkannt hatte. Candy warf sich förmlich in seine Umarmung und brach dann unvermutet in Tränen aus. Die ganze Anspannung der letzten beidenTage fiel von ihr ab, obwohl sie nicht sicher war, welcher Tag heute war, sie hatte jegliches Gefühl für die Zeit verloren. Sie war in Sicherheit! In der Xavier Mansion, ihrem wirklichen Zuhause, das sie garantiert nicht bei den Morlocks finden würde. Mein Platz ist hier!, dachte sie vollkommen von der Richtigkeit ihrer Entscheidung überzeugt. Logan hielt sie einfach fest und strich ihr immer wieder beruhigend über den Rücken, drückte sein Gesicht in ihr duftendes Haar und ließ sie sich erst einmal in Ruhe ausweinen. Er konnte verstehen, daß ihr die ganzen Erlebnisse schwer auf der Seele lasteten, auch wenn es schließlich glimpflich ausgegangen war. „Wie geht es dem Professor?“, fragte Candy nach einer Weile leise und hielt ihr erhitztes Gesicht an seiner Brust verborgen. Logans Mundwinkel verzogen sich zu einem sehr erleichterten Lächeln: „Es geht ihm schon viel besser!“ Er tippte ihren Kopf mit einem Finger unter ihrem Kinn zu sich hoch, damit er ihr in die Augen sehen konnte. „Ich meine, mich zu erinnern, daß er darauf besteht, ab jetzt von dir Charles genannt zu werden! Immerhin verdankt er dir sein Leben!“ Candy schniefte und kämpfte gegen weitere aufsteigende Tränen an, die ihr in der Kehle steckten. Es waren einfach zu viele Eindrücke gewesen, die durch ihre Fähigkeiten verstärkt auf sie eingestürmt waren, sie würde noch Tage wenn nicht Wochen brauchen, um das alles wirklich zu verarbeiten. Die Heilung des Professors war anstrengender gewesen als die von Rogue, aber diesmal hatte sie ja dank Hank gewußt, wie sie ihre Kräfte noch während der Behandlung aufladen konnte. Den Professor von der Schwelle des Todes zurückzuholen, war der größte ihrer bisherigen Behandlungserfolge gewesen, auch wenn sie keine Genugtuung daraus zog. Die Verbindung zu diesem besonderen Mann hatte sie allerhöchstens Demut gelehrt. Sie spürte seine unerträglichen Schmerzen, seinen Kampf ums Überleben und schließlich seine Gedanken in ihrem Kopf, als er sich an sie geklammert hatte, um einen Führer aus der Dunkelheit zu finden, die ihn zu verschlingen drohte. Dann war eine Welle der Erleichterung über sie hinweg geschwappt, als er die Augen aufschlug und leise um ein Glas Wasser bat. Candy zitterte bei dem Gedanken, daß sie auch hätte versagen können. Vielleicht hätte sie das auch, wenn Chiron ihn zuvor nicht mit all seiner Energie versorgt hätte. Seine Angreifer hätten ihn elendig in seinem Blut zugrunde gehen lassen, als wäre er nichts weiter als ein sterbendes Tier. Und denen gewährte man wenigstens den Gnadenschuß… „Wie spät ist es? Ich sollte wohl aufstehen, oder? Und nach ihm sehen, ob es ihm wirklich gut geht?“ Logan lächelte nachsichtig: „Du gehst nirgends hin! Strikte Anweisung von Hank! Du sollst auf jeden Fall den ganzen Tag im Bett liegen bleiben! Keine Widerrede! Ich kann dich dazu zwingen!“ Logans leicht drohender Unterton veranlaßte Candy sogar zu einem zögernden Lächeln: “Ich habe bestimmt genug geschlafen, Logan! Es ist schon fast Mittag, das sind mehr als zwölf Stunden!“ Logan zog spöttisch die rechte Augenbraue nach oben und sein Grinsen wurde breiter. „Mach dreißig daraus, dann triffst Du es eher!“ Candy starrte ihn ungläubig an. Sie hatte einen ganzen Tag verschlafen, ohne es zu merken? Das konnte nicht sein. Niemand schlief so lange am Stück, wenn er gesund war und gesünder als sie konnte man doch gar nicht sein! „Hank meinte, daß Du dich im Schlaf am besten regenerieren würdest! Er wollte dir zwar ein Schlafmittel verabreichen, aber wie es scheint, hat dein Körper sich selbst solange ruhig gehalten, wie er es für nötig befunden hat!“, erklärte Logan ihr und strich ihr sanft über die leicht gerötete Wange. „Oh, Gott, Logan! Wie geht es den Kindern? Ich bin einfach noch so durcheinander! Ich muß nach ihnen sehen! Laß mich bitte aufstehen!“, verlangte Candy energisch, aber Logan hielt sie um die Schultern fest und seinem sanften aber dennoch nachdrücklichen Griff hatte sie nichts entgegen zu setzen. So langsam kam alles wieder hoch, was sich vor zwei Tagen ereignet hatte. Kein Wunder, daß sie nach der ganzen Aufregung einfach einen Tag verschlafen hatte. „Du darfst allerhöchstens ins Badezimmer, Gebieterin! Gib dir Zeit, wieder zu dir zu kommen! Das war ganz schön viel auf einmal! Ich warte hier solange, weil ich leider nicht auf dich vertrauen kann, auch wenn ich dir versichern kann, daß es den Kids gut geht! Die paar Blessuren, die sie davongetragen haben, dürfen gern auf normalem Weg heilen! Vielleicht lernen sie dann, daß man sich nicht in die Angelegenheiten von Erwachsenen mischt!“, grummelte er immer noch nicht gut auf die Bande zu sprechen, die losgezogen war, um Candy im Alleingang zu retten. Das hätte sowas von in die Hose gehen können! Logan schnappte sich Candy, hob sie mit Leichtigkeit auf seine starken Arme und trug sie zum Bad ihres Zimmers, in dem er die letzten beiden Tage Krankenwache gehalten hatte. Nun, er hatte jedenfalls darüber gewacht, daß sie niemand störte außer den Ärzten. Charles hatte ihm gesagt, daß sie Ruhe brauchen würde, um sich von dem ganzen Streß zu erholen. Der Professor selbst hielt noch Bettruhe ein, weil Jean in dem Punkt einfach nicht mit sich hatte reden lassen wollen. So außer sich hatte er die Ärztin noch niemals erlebt, aber er konnte es nachvollziehen, da Charles so etwas wie ihr Ersatzvater war. Und nun wussten alle, wie knapp es um ihn gestanden hatte. Logans Gesicht verdüsterte sich kurz, wenn er daran dachte, daß sie der blöden Sumpfratte aus New Orleans seine Rettung verdankten. Wenn er Candy nicht entführt hätte, dann hätten die Morlocks sie niemals rechtzeitig zu ihm bringen können. Der Kerl schmorte immer noch unten im Keller, und er würde sich hüten, Candy vorerst darauf anzusprechen, weil sie schon genug durchgemacht hatte. Ihr würde noch früh genug einfallen, wem sie die Entführung zu verdanken hatte. Und er war sich einhundertprozentig sicher, daß sie sofort nach unten stürmen würde, sollte sie davon Wind bekommen, daß der quakende Franzmann ihr Gefangener war. „Wie wäre es mit einem entspannenden Bad, Gebieterin? Ich kümmere mich derweil um etwas zu essen!“ Logan setzte sie vorsichtig auf ihre Füße ab und machte sich sogar daran, selbst das Wasser in die Wanne zu lassen. Candy wußte nicht, was sie von seinem Verhalten halten sollte. Es war wirklich sehr fürsorglich von ihm, sie so von den anderen abzuschirmen, aber sie war doch nicht zerbrechlich! Allerdings fühlten sich ihre Knie schon ein wenig schwach an und die Erwähnung von etwas Essbarem machte ihr klar, daß sie unbedingt einen kleinen Energieschub benötigte. „Ich bin gleich wieder da! Und wehe, Du verlässt dieses Zimmer, bevor nicht einer der Ärzte das Okay dazu gegeben hat! Und wenn Du tausend Mal die Gebieterin bist, lege ich dich dann trotzdem persönlich übers Knie! Und glaub mir, es würde mir einen Heidenspaß machen, deinen süßen Hintern zu bearbeiten!“ Logan umfaßte ihren Hinterkopf mit seiner Pranke, zog ihren Kopf ein Stück nach oben, so daß sie auf die Zehenspitzen gehen mußte und preßte kurz seinen fordernden Mund auf ihre weichen Lippen. Candy konnte nur überrascht blinzeln und verkniff sich einen Kommentar zu seinen anmaßenden Befehlen. Sie kaute an der Bezeichnung „Gebieterin“, die er nun ein paar Mal wiederholt hatte. War das ein Scherz? Nicht unbedingt ein gewöhnlicher Kosename. Sie war doch keine Domina oder dergleichen! „Ja, ja! Schon gut! Ich habe dich verstanden! Kümmer dich ums Essen! Und ich hätte gerne eine ganze Kanne Kaffee! Wehe, Du bringst Tee! Ich brauche etwas, das mich wach macht! Geschlafen habe ich nun wirklich lange genug!“ Candy schob Logan energisch aus dem Bad, damit sie ein wenig Privatsphäre bekam. Die Phase des „Voreinander-auf-die-Toilette-Gehens“ hatten sie beide noch nicht erreicht und ihre Blase verlangte eben ihr Recht… „Ich verspreche auch, brav zu sein!“, bekräftigte sie in einem zuckersüßen Tonfall und hätte ihn beinahe noch Meister genannt. Aber das verkniff sie sich lieber, weil ihm das vielleicht auch noch gefallen würde. Sie drückte die Tür hinter ihm ins Schloß und hörte zufrieden, wie er das Zimmer verließ. Nun konnte sie ein wenig zur Besinnung kommen und ihre Gedanken sammeln, damit sie nicht mehr so einen kläglichen Eindruck erweckte und aus dem Krankenstand entlassen werden konnte. Candy füllte etwas duftendes Badesalz ins Wasser und testete dann die Temperatur mit den Fingern, bevor sie die Kleider auf den Boden fallen ließ und sich in das angenehm warme Wasser gleiten ließ. Es tat so gut! Nun konnte sie ihre leicht verspannten Muskeln lockern. Gebieterin! Candy ließ sich mit einem Aufstöhnen unter Wasser gleiten, als ihr eingefallen war, warum Logan sie so nannte. Er meinte es auf jeden Fall nicht scherzhaft… ° ° ° (Rückblick) Candy war bis zur Schmerzgrenze gegangen und darüber hinaus… Immer noch neben der Pritsche kniend auf der ihr Patient lag, ließ sie ihren Kopf erschöpft auf die kratzige Decke fallen, die über dem Mann ausgebreitet worden war, der nur noch so etwas wie ein Nachthemd trug, wie man sie in Krankenhäusern fand. Candy konnte die Tränen nicht aufhalten, sie flossen einfach über ihr Gesicht und ihr Atmen wurde immer wieder von leisen Schluchzern unterbrochen. Es war ihr gleichgültig, wenn die Männer, die die ganze Zeit neben ihr gestanden hatten, sie dabei beobachten konnten. Sie waren schließlich nicht mit dem Kranken verbunden und fühlten alles, was er fühlte. Außerdem bedeutete er ihnen nicht so viel wie ihr... Wenigstens hatten sie sich nützlich gemacht und ihre Anweisungen befolgt. Sie hatte sich eine Infusion mit Glukose gelegt, weil sie ahnte, daß sie sonst während der Behandlung ohnmächtig werden würde. Was für miese Dreckschweine hatten das dem Professor nur angetan?! Es gab doch keinen gütigeren Menschen als ihn, er hatte niemals jemandem etwas getan! Als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte, hob sie den Kopf und sah in das besorgte Gesicht von Caliban, der ihr eine neue Flasche mit Glukose hinhielt. „Die andere ist fast schon aufgebraucht…“, sagte er leise, und sie konnte in seinen gelben Augen so etwas wie Mitgefühl entdecken, was sie bestätigt sah, als sie ihn kurz berührte, als sie ihm die Flasche dankbar abnahm. Candy hatte ihn aufgrund seines ungewöhnlichen Aussehens wohl falsch beurteilt, und das tat ihr jetzt leid. Er konnte schließlich nichts dafür, daß man ihm seine Mutation ansah. Sie spürte auch seine Schüchternheit ihr gegenüber, wohl weil diese Callisto vorhin mit irgendwelchen dummen Heiratsplänen herausgeplatzt war. Sie bedankte sich für seine Unterstützung und tauschte die Flaschen aus, damit sie mit der Behandlung fortfahren konnte. Sie hatte garantiert nicht vor, ihn irgendwie in dieser Hinsicht zu ermuntern, aber sie würde ihn mit dem nötigen Respekt behandeln. So viel würde Xavier von ihr erwarten, nachdem sie nun sicher war, daß er in keinem Fall eine Bedrohung für ihr Leben war. Man sollte sich niemals vom Aussehen eines Menschen blenden lassen. Diese Lektion hatte sie doch schon sehr schmerzhaft mit Remy gelernt, der natürlich nicht nur über blendendes Aussehen verfügte sondern auch über die nötige „Überredungskraft“. Candy schüttelte den Gedanken ab und nahm die leblose Hand des Professors wieder in ihre, um den Kontakt herzustellen. Sie drang wieder in seinen Körper ein, um festzustellen, welche Verletzungen sie noch behandeln mußte. Zuerst hatte sie die inneren Verletzungen versorgt, die am schwerwiegendsten und lebensbedrohlich gewesen waren, vor allen Dingen die Schwellung des Gehirns. Das war wohl auch der Grund gewesen, warum sie ihn nicht telepathisch hatten erreichen können. Das und die Tatsache, daß sie sich tief unter der Erdoberfläche aufhielten. Geschützt von dem harten Granit, auf dem der Stadtteil Manhattan aufgebaut worden war. Candy hatte Caliban gefragt, wo sie sich eigentlich befand, um sich von den bedrückenden Emotionen des Professors abzulenken. Ein altes U-Bahn-Tunnel-System, das seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt worden und in Vergessenheit geraten war. Eine der steinreichen Familien aus dem 19. Jahrhundert hatte es ausbauen lassen, um ihre privaten Züge darin herumgondeln zu lassen. Chiron hatte es als junger Mann zufällig beim Studium von alten Stadtplänen entdeckt, die er entwendet hatte, damit sie kein anderer mehr finden konnte. Hier unten hatten sie mit viel Mühe und größter Sorgfalt eine Zuflucht für Mutanten geschaffen, die wegen ihres auffälligen Äußeren von der Gesellschaft ausgestoßen wurden. Candy bekam ein schlechtes Gewissen, daß sie das Glück gehabt hatte, keine weitere Auffälligkeit aufzuweisen, als ihre silbernen Augen, die zwar immer Neugier aber niemals Ablehnung hervorgerufen hatten. Jetzt verstand sie Callistos Aggressivität auch besser. Sie wollte ihre Untertanen schützen, die wohl so viel Leid erlebt hatten, daß ihnen als einziger Ausweg das Leben in der Dunkelheit unter Ihresgleichen blieb. „Remedy? Es ist vorerst genug! Du solltest dich ein wenig ausruhen! Und wärest Du so freundlich, mir etwas Wasser zu geben?" Candy riß ihre Augen weit auf, als sie die Stimme des Professors vernahm, und er den Druck ihrer Hand plötzlich erwiderte. „Professor!“, hauchte sie überwältigt und hätte schon wieder in Tränen ausbrechen können, weil er endlich zur Besinnung gekommen war. Das konnte nur bedeuten, daß er kaum noch Schmerzen hatte und die schlimmsten Verletzungen verheilt waren. Der ältere Mann lächelte schwach und zog ihre Hand auf seine Brust, die er dann mit seinen bedeckte. Sie konnte fühlen, wie sein Herz wieder kräftiger schlug, das war einfach erlösend nach der langen Behandlung. „In Anbetracht der Umstände solltest Du mich Charles nennen! Ich danke dir für deine Führung! Aber Du solltest dich nicht überanstrengen! Es geht mir schon viel besser!“ Sein Blick glitt zu den beiden Männern, die am Ende des Bettes standen und die Szene mit unergründlichen Gesichtern beobachteten. Dann sah er sich fragend in dem halbdunklen Raum um, weil er wohl nicht wußte, wo er sich aufhielt. Candy schenkte aus einem tönernen Krug auf dem Nachttisch neben dem Bett etwas Wasser in Glas, während sie dem Professor erklärte, wo er sich befand. „Das sind Chiron und Caliban! Sie gehören einer geheimen Gemeinde von Mutanten an, die sich Morlocks nennen und anderen Mutanten helfen, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit von Menschen angegriffen werden. Wir befinden uns in ihrem unterirdischen Versteck… Charles!“ Seinen Vornamen sprach sie nur sehr zögernd aus, weil sie einfach zu viel Respekt vor ihrem Vorgesetzten hatte, aber er hatte darum gebeten. Vielleicht nur, weil er seinen Namen hören wollte, um sich seiner Existenz zu versichern und keiner seiner Vertrauten in seiner Nähe war, also tat sie ihm den Gefallen. Sie half ihm, sich ein wenig aufzurichten, damit er ein paar Schlucke Wasser aus dem Glas trinken konnte, bevor sie weitere Erklärungen abgab. „Sie patrouillieren nachts durch die Stadt und benutzen die unterirdischen Tunnelsysteme Manhattans, um sich unbemerkt fortzubewegen… So hat man Sie auch gefunden, nachdem sie angegriffen worden waren! Chiron ist der Heiler der Gemeinde, er hat sie so weit stabilisiert, daß sie genug Zeit hatten, mich zur Hilfe zu holen!“ Candy verschwieg geflissentlich den Status des Mannes, denn sie konnte ihn einfach nicht als ihren Vater vorstellen, und ihn Erzeuger zu nennen, wäre ihr einfach herabsetzend erschienen. Außerdem hätte sie gerne zuerst den DNS-Beweis dafür, bevor sie sich darüber Gedanken machte, was sie nun mit dieser Information anstellen sollte. Bevor der Professor sich zu seinem Aufenthaltsort hatte äußern können, war der blasse Caliban zusammengezuckt und hatte die Hand an die Stirn gehoben, als hätte er Kopfschmerzen. „Entschuldigt mich bitte! Wir haben wohl unerwarteten Besuch bekommen… Bleib ruhig hier Chiron! Ich kümmere mich mit den anderen darum! Es ist keine große Bedrohung! Ich komme danach wieder... Candy!“ Ein leichtes Nicken in ihre Richtung, dann war er mit wehendem Gewand aus dem Raum geeilt, ohne daß Candy einschätzen konnte, ob sie sich Sorgen um diese Eindringlinge machen sollte. „Callisto hat gute Männer zur Bewachung unserer Stadt abgestellt! Wahrscheinlich sind es nur Gleichgesinnte, die unserer Hilfe bedürfen! Es kommen immer mehr zu uns! Die Zeiten sind unerbittlich für die Gezeichneten!“, erklärte der Heiler mit beinahe unbeteiligter Stimme. „Ja, und die Makellosen leben unerkannt unter ihnen, ohne ihre Zurückweisung fürchten zu müssen, ich verstehe… Ausgestoßen von beiden Seiten… Wir leben tatsächlich in einer sehr ungerechten Welt, Chiron… Der Heiler aus der griechischen Sage, dem unendliche Weisheit und Güte unterstellt wurde… Die Farbe Ihrer Augen ist bemerkenswert und beinahe einzigartig!“ Candy biß sich auf die Unterlippe, als der Professor damit verriet, daß er wohl die Zusammenhänge erkannt hatte. Der Druck seiner Hände wurde ein wenig fester und sie fühlte sich von ihm beschützt, obwohl er immer noch schwach und ausgeliefert vor ihnen lag. „Ich arbeite für den Professor, Chiron! Er hat mich in sein Heim aufgenommen und mir eine Möglichkeit gegeben, mit meinen Fähigkeiten Gutes tun zu dürfen! Bei ihm und meinen Freunden ist mein Zuhause! Durch sie habe ich gelernt, an meine Grenzen zu gehen, meine Kräfte auszuschöpfen und einen Sinn in meinem Leben zu finden! Mein Herz hat dort schon tiefe Wurzeln geschlagen!“, sagte sie leise aber sehr bestimmt und sah zu dem Mann auf, der sie wohl schon Jahre lang suchte. Sie sprach nicht nur von Logan, der natürlich auch ein Grund war, sich in der Mansion daheim zu fühlen. Es waren aber auch die anderen Teammitglieder allen voran Scott, Hank und Rogue, mit der sie langsam eine enge Freundschaft schloß, und dann die Kinder… Sie mochte noch nicht so lange dort wohnen, aber Zeit war keine Maßeinheit, die Gefühle zu bestimmen oder gar zu messen vermochte. Chiron sah sie durchdringend an, doch diesmal senkte Candy nicht den Blick, sie war entschlossen, ihm klar zu machen, daß ihr Platz bei ihren Leuten war, und das waren die X-Men! Es genügte nicht, allein durch die Blutlinie miteinander verbunden zu sein. „Ich lasse dich besser mit dem Professor alleine, Candy! Es tut mir leid, wenn ich wegen meiner beharrlichen Suche nach dir, ein paar Grenzen überschritten habe… In allererster Linie wollte ich Klarheit haben. Es war wohl anmaßend, anzunehmen, daß ein einziger Blick genügen würde, um in dir den Wunsch zu wecken, hier bei uns zu leben! Caliban wird später nach euch sehen, falls ihr noch etwas benötigen solltet! Über alles andere können wir Morgen reden, wenn der Professor mehr zu Kräften gekommen ist!“ Chiron griff mit beiden Händen nach seiner Kapuze und zog sie über den Kopf, womit sein Gesicht im Schatten verschwand, so daß man den Ausdruck darin nicht mehr deuten konnte. Es tat Candy zwar leid, daß sie eine Illusion hatte platzen lassen, aber sie konnte nicht auf Rücksicht auf einen ihr eigentlich wildfremden Mann ihre Gefühle einfach verleugnen. „Ich bin sehr stolz darauf, daß Du zu uns gehörst, Candy! Du hast bereits einen tiefen Eindruck in unseren Herzen hinterlassen, und wir wären alle untröstlich, wenn Du uns eines Tages verlassen solltest! Aber natürlich stehen dir alle Türen offen! Und dein Zuhause wird immer auf dich warten!“, sprach der Professor mit kräftigerer Stimme, die nicht mehr so gehaucht klang, als würde er jede Minute wieder das Bewusstsein verlieren. Candy senkte den Kopf, bis sie ihre Stirn auf der Brust des Professors aufkam, wo sie verharrte, um diesen stillen Moment des Glücks einfach in sich aufzunehmen. Wenn sie sich jemals einen Vater gewünscht hätte, dann so einen Mann wie Charles Xavier. Seine Worte wärmten sie von Innen und machten sie vollkommen sprachlos. Er hatte ihr die Freiheit der Entscheidung zugestanden, wenn sie ein anderes Leben dem der X-Men vorziehen sollte. Er hatte ihre Bedürfnisse über seine gestellt, das war überaus großzügig von ihm, nachdem er schon so viel in ihre Ausbildung investiert hatte. Und er erwartete niemals eine Gegenleistung von ihr, die sie nicht bereit war zu geben. Wenn sie sich getraut hätte, dann hätte sie ihm am liebsten gesagt, daß sie ihn unheimlich gern hatte, aber die Worte blieben ihr im Hals stecken, weil sie nicht wußte, ob sie damit nicht zu weit gehen würde. „Danke… Prof… Charles! Bitte lassen Sie mich jetzt meine Arbeit zu Ende bringen! Es geht schon! Ich habe noch genug Glukose in der Infusion! Bitte, ich würde mich besser fühlen, wenn Sie Morgen schon transportfähig wären! Ich möchte die anderen so bald wie möglich von unserem Aufenthaltsort informieren! Zuhause macht man sich die größten Sorgen um Sie! Wir wollen Sie alle wieder sicher Zuhause sehen! Je eher je besser!“, bat Candy ihn flehentlich und der Professor gab ihr mit einem nachsichtigen Lächeln nach, als ahnte er, wie aufgewühlt sie war, und wie sie eigentlich zu ihm stand. Candy straffte die Schultern und konzentrierte sich wieder auf die Heilung ihres Mentors, für den sie auch durch die Hölle gehen würde, wenn es eines Tages nötig werden sollte… Fortsetzung folgt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)