Wie lange noch...? von abgemeldet (Die Geschichte eines jungen Prostituierten) ================================================================================ Kapitel 46: Aus der Sicht von Jamie ----------------------------------- Was habe ich nur getan...? Jamie fühlte sich merkwürdig leer. Fühlte man sich so, wenn man auch das letzte Bisschen an Hoffnung verloren hatte? Jamie fuhr sich mit den Händen rau über das Gesicht. Der Flur war dunkel. Jack und er waren später als geplant zurückgekommen. Die Tür zu seinem Zimmer ging leise auf und fiel mit einem Klicken hinter ihm ins Schloss. „Jamie?" Jamie fuhr zusammen, dann erkannte er Ethan, der in seinem Bett saß und ihm entgegensah. „Was machst du denn hier?", fragte Jamie ihn halb laut und begann, sich auszuziehen. Ethan prustete. „Wonach sieht es denn aus?" Jamie zuckte die Schultern und wusch sich mit etwas Wasser aus der Waschschüssel das Gesicht und die Hände. „Ich hab auf dich gewartet." Stille legte sich über die beiden und nur Jamies Füße auf dem dicken Teppichboden waren zu hören. „Alles in Ordnung mit dir?", fragte Ethan leise und rückte ein Stück zur Seite, damit Jamie sich neben ihn legen konnte. Jamie brummte und wandte ihm den Rücken zu. Er würde Ethan nicht erklären können, was er fühlte. Er wusste es ja selber nicht einmal so genau. Irgendwie fühlte er sich schuldig, mit Jack rumgemacht zu haben. Und gleichzeitig auch so traurig, weil er seine einzige, große Liebe jetzt wirklich aufgegeben hatte. Und das Schlimmste war, falls Luca doch überlebt haben sollte – so abwegig und verzweifelt dieser Gedanke auch sein mochte – jetzt hatte er ihn betrogen. Er hatte Luca betrogen und das machte Jamie wirklich zu schaffen. Doch Ethan ließ ihn nicht in Ruhe, sondern schmiegte sich an seinen Rücken und legte einen Arm um seine Taille. „Jamie, ich bin dein Freund. Wenn du Kummer hast, und – widersprich mir nicht –, du hast definitiv welchen, dann kannst du mit mir darüber reden!" Ethan klang leicht beleidigt. Doch Jamie dachte nicht daran, Ethan irgendetwas mitzuteilen und schwieg beharrlich. Eine Zeit lang verharrte Ethan noch so, dann grummelte er irgendetwas und ließ sich auf den Rücken fallen. Wieder breitete sich die Stille aus. „Jamie?" Jamie ignorierte ihn. „Ich hab mich von Steve getrennt." Kurzzeitig stoppte Jamie der Atem, dann fuhr er herum und starrte Ethan entgeistert an. „Was hast du?!" Ein Grinsen, das so garnicht zu dem eben Gesagten passen wollte, lag auf Ethans Lippen. „Ach was? So bekommt man also deine Aufmerksamkeit?", fragte der Schwarzhaarige seinen Gegenüber süffisant. „Argh, du Blödmann!", rief Jamie und schlug nach Ethan, der sich lachend über das Bett und aus Jamies Reichweite kugelte. „Hörst du mir denn jetzt zu?" Jamie setzte sich auf und funkelte Ethan böse an. „Hab ich eine Wahl? Du laberst mich doch auch ohne meine Zustimmung dicht und meine Ohren kann ich leider nicht verschließen!" „Hey-...", Ethan nahm sein Gesicht zwischen die Hände und zwang Jamie so, ihn anzuschauen. „Was ist da am Strand mit Jack passiert, mhm?" Spürend, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen, wollte er sein Gesicht abwenden, doch Ethan ließ ihn nicht. „Hat er dich geküsst?" Ethan sah ihn fest an, jedoch lag in seinem Blick keine Spur einer möglichen Verurteilung deswegen. Jamie nickte. „Habt ihr sonst noch etwas gemacht?" Nein, sie hatten sich nur geküsst. Nur! Jamie lachte leise und bitter auf, dann schüttelte er den Kopf. „Ich hab ihn verraten, Ethan!", flüsterte Jamie heiser und senkte beschämt den Blick. „Nein Jamie, du hast niemanden verraten! Luca ist tot!" „Und wenn nicht?!", entgegnete Jamie hitzig, schämte sich aber sofort dafür. Ethan musste ihn für bescheuert halten, wenn er nach so langer Zeit immer noch nicht einsah, dass Luca tot war. Doch irgendetwas hielt ihn davon ab, daran zu glauben, so sehr er das auch versuchte. Klug genug, nicht darauf zu antworten, schwieg Ethan und sah ihn einfach nur an. Dann nahm er ihn in die Arme und Jamie hielt sich an ihm fest. Einen langen Moment hielten sie sich umarmt, dann gab Ethan ihn frei und legte sich wieder hin. Jamie tat es ihm nach und starre ins Dunkel. Schließlich brach Ethan die Stille erneut, als er leise fragte: „Du hast es gemocht, nicht?" Jamie holte bebend Luft. „Ja, das hab ich wohl...", gab er schließlich mit halb erstickter Stimme zu und rieb sich mit den Händen durchs Gesicht. „Wo ist eigentlich Steve?", fragte Jamie, nachdem er sich wieder einigermaßen gefangen hatte. Ethan brummte etwas und murmelte dann: „Er muss für ein paar Tage nach London. Irgendetwas sehr wichtiges, seiner Aussage nach..." Kurze Zeit schwieg er, dann wälzte er sich abrupt zu Jamie herum und sah ihn mit gerunzelter Stirn an. „Ich kann mir nicht vorstellen, was an dieser Sache so dringend sein soll!" Erst schaute Ethan ihn noch eine Weile lang böse an, dann begann er urplötzlich zu grinsen. „Meine Güte, Jamie!", rief er aus. „Ich glaube ich bin eifersüchtig!" Ethan lachte und warf sich wieder auf den Rücken. „Ich und eifersüchtig, dass ich das noch mal erleben darf!" Selbst Jamie musste Widerwillen grinsen und gähnte anschließend herzhaft. „Ethan, lass uns schlafen. Ich glaube, ich weiß, was Steve in London will und Nein, ich werde es dir nicht verraten. Du könntest von selbst drauf kommen, es ist wirklich ziemlich offensichtlich." Ethan seufzte tief und zog die Decke bis zum Kinn. „Gut, schlafen wir." Wohlige Wärme breitete sich unter der Decke aus und Jamies Gedanken drifteten weg. Irgendwann gab auch Ethan das Grübeln auf, kuschelte sich dicht an seinen Freund und nach einer Weile wurden seine Atemzüge tief und gleichmäßig. Ein leises Lächeln legte sich auf Jamies Lippen und bald darauf schlief auch er ein. Und dann begann er zu träumen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)