Diverse Texte von Tharvanor ================================================================================ Kapitel 13: Spiegel der Wahrheit -------------------------------- Ich wache auf und alles scheint so zu sein wie immer. Ein ganz normaler Tag, ereignislos und genauso schnell wie er gekommen ist, wird er auch wieder vergehen. Ich stehe auf und verlasse mein Zimmer. Ich gehe die Treppen hinunter und betrete das Wohnzimmer. Meine Familie ist dort und auch all meine Freunde, doch noch seltsamer als dies ist, dass sich niemand bewegt. Ich versuche auf mich aufmerksam zu machen, beginne zu reden, doch niemand zeigt eine Reaktion. Kein Muskel bewegt sich, nicht einmal die Mundwinkel verziehen sich. Alles steht einfach nur still da, wie als ob die Zeit eingefroren wäre. Und plötzlich wird es dunkler. Das Licht lässt immer mehr nach, bis es um mich auf einmal stockfinster ist. Ab und zu taucht ein Lichtkegel auf und erhellt jemanden, doch sobald ich mich den Personen nähere, sobald ich sie fast erreicht habe, wird es wieder schwarz und ich bin wieder vollkommen orientierungslos. Doch dann erscheint ein schwaches Licht und es beleuchtet einen Gegenstand, den ich aus der Ferne nicht erkennen kann. Ich laufe dorthin und als ich ankomme schaue ich in einen Spiegel. Ich sehe mich selbst, doch irgendetwas stimmt nicht an dem Bild. Es wirkt so dunkel...so böse...und es macht mir Angst. Ich versuche mich abzuwenden, doch ich kann es nicht. Irgendwas hält meinen Blick gefangen und so bin ich gezwungen weiter in den Spiegel zu schauen. Eine Stimme dringt durch die Dunkelheit. Ich kann nicht ausmachen aus welcher Richtung sie kommt, bis ich bemerke, dass es meine eigene ist. „Wieso versuchst du dich abzuwenden? Willst du wieder weglaufen? Willst du dich wieder verstecken?“ Ein böses Lächeln breitet sich auf den Zügen meines Spiegelbildes aus. „Wovor versuchst du denn zu fliehen? Stell dich endlich der Realität!“ Während diesen Worten erscheint mein Vater im Spiegel und lächelt mich an. Dieses Lächeln...wie lange habe ich es jetzt schon nicht mehr gesehen? Ein wunderbares Gefühl breitet sich in mir aus und ich will mich umdrehen und nach ihm sehen, doch ich kann es nicht. „Papa...“ Doch er zeigt keine Reaktion und langsam verschwindet er wieder. Tränen der Verzweiflung sammeln sich in meinen Augen. „Du bist so schwach! Du konntest ihn nicht retten. Du wirst niemals jemanden retten können! Alles was du tust geht zu Bruch und du reißt alle um dich herum mit in den Abgrund!“ Nun erscheint meine Mutter im Spiegel. „Weißt du, was du ihr antust? Ständig erinnerst du sie an deinen Vater. Nur indem du da bist. Warum gehst du nicht einfach? Warum setzt du all dem nicht endlich ein Ende? Gründe genug dazu hast du!" Neben meiner Mutter erscheint nun meine Schwester. Ihr kalter Blick lässt mein Innerstes gefrieren. „Kannst du es fühlen? Du bist ihr egal. Sie kümmert es überhaupt nicht, ob du da bist oder nicht. Meinst du es würde sie auch nur eine Sekunde interessieren, wenn du nicht mehr da wärst? Du bist allen egal. Niemand würde dich beweinen, niemand würde sich an dich erinnern.“ Während diesen Worten erscheinen all meine Freunde im Spiegel. Sie starren mir mit leeren Blicken entgegen, doch sehen sie mich nicht direkt an, sondern scheinen an mir vorbeizuschauen. „Siehst du? Du hast keine Freunde. Du hast niemanden! Niemand empfindet irgendetwas positives für dich...wenn denn überhaupt jemand etwas für dich empfindet. Du bist doch nur wichtig für sie, wenn sie etwas von dir wollen. Ansonsten bist du doch völlig alleine! Die Welt dreht sich auch weiter, wenn du nicht mehr da bist. Warum quälst du dich so? Warum verweilst du in dieser Existenz, die nur Schmerz für dich bereithält? Mach es dir und allen anderen doch nicht so schwer! Mach dem Ganzen ein Ende. Es tut auch nur wenige Augenblicke weh.... Komm zu mir!“ Endlich bemerke ich, wie ich mich wieder rühren kann. Mein Spiegelbild starrt mich noch immer mit diesem bösen, diesem dunklen Lächeln an und ich sehe die Aufforderung, die in seinem Blick mitschwingt. Vor mir liegt ein Dolch in einer wunderschön verzierten Scheide auf dem Boden. „Es dauert nicht lange...TU ES!“ Ich nehme das Messer, ziehe es aus der Scheide und betrachte die Klinge. „NEIN!“ Mit einem lauten Schrei werfe ich den Dolch gegen den Spiegel, der unter dem Aufprall zersplittert. “NEIN! ICH BIN NICHT WERTLOS! UND ICH WILL LEBEN!“ Verzweifelt sacke ich zusammen, während mich wieder völlige Dunkelheit umgibt. Eine unbeschreibliche Leere breitet sich in mir aus und alles scheint sinnlos zu wirken. Ich fühle mich so einsam, so allein... Und während ich auf dem Boden liege wird es mir klar... Was er sagte ist wahr... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)