Stars over you von fluffymausi-chan (Mugen/Fuu) ================================================================================ Kapitel 2: Veränderungen ------------------------ Die Luft war klar, als sie durch die Gegend zogen. Fuu erzählte ihnen gerade eine weitere Geschichte, die sich in Nagasaki zugetragen hatte, obwohl nur Jin ihr zuhörte und Mugen grummelnd und mit hinter dem Kopf verschränkten Armen vor ihnen herging. Sie nahm es jedoch gelassen hin. Jin hatte immer ein offenes Ohr und reden lag Mugen noch nie besonders. Jin's Lippen zierte ein Lächeln und Fuu kicherte. Plötzlich drehte sich Mugen und grinste. „Das ist echt passiert?“ Sie sah ihn verwirrt an. Hatte er zugehört? Sie nickte etwas überrascht. Dann warf sie einen fragenden Blick zu Jin. „Da gibt es manche Menschen, die sich verändert haben.“ Mugen hatte es gehört und drehte sich fluchend und mit grimmigen Gesichtsausdruck wieder um. Sie sah ihm verwundert nach. Mugen hatte sich vielleicht doch etwas verändert. Eine Frage beschäftigte sie immer noch und sie schloss sofort zu Mugen auf. „Sag mal warum hast du mich vor meinem Haus angegriffen?“ Der Pirat blickte störrisch nach vorne, ließ sich aber dennoch dazu herab ihr zu antworten. „Ich wollt sehn wer du in echt bist.“ „War ja klar.“ Damit war das Gespräch für ihn beendet und Fuu gestand sich im Stillen ein, dass er sich doch nicht verändert hatte. Sie nickte nur knapp und fiel wieder etwas zurück um mit Jin zu reden, wobei ihr auch Mugens Grinsen entging. Es wurde Abend und sie erreichten mit knurrendem Magen eine Raststätte. Das Hungern hatte sie nie vermisst, aber wenn das der Preis war bei ihnen bleiben zu können, würde sie ihn gerne zahlen. Lächelnd trat sie ein und suchte sich sofort mit ihren Freunden einen freien Tisch. Draußen hatte es zu regnen begonnen und sie waren dementsprechend nass. Fuu störte es nicht, sie hatte immer noch ein Lächeln auf den Lippen. Als sie saßen und bestellt hatten, drückte sie ihren Kimono an einigen Stellen aus. Mugen schlief während Jin gemächlich seinen Tee trank. Er war wie immer die Ruhe selbst. Sie setzte sich und aß den Teil, den sie ihr übrig gelassen hatten. War zwar etwas wenig aber sie hatte schon weniger gegessen. Die Raststätte summte durch die leisen Gespräche und lullte Fuu allmählich ein. Hätte sie in ihrem feuchten Kimono nicht angefangen zu frösteln, sie wäre vermutlich eingenickt. An so lange Märsche musste sie sich erst wieder gewöhnen. Jin schien ihre Gedanken zu lesen, denn er trank seinen Tee aus und erhob sich. Das Kommando um zu gehen. Jin übergab dem Wirt das Geld und Fuu weckte indessen Mugen. Sanft rüttelte sie an seinem Arm. „Mugen aufstehen.“ Ihre Stimme war nicht sehr laut aber deutlich. Der Mann öffnete müde ein Auge und sah Fuu mit großen Augen an. „Du..“, doch er brach ab und schüttelte grummelnd den Kopf, als würde er damit versuchen seine Gedanken zu ordnen. „Wasn?“ Fuu zog verwirrt eine Augenbraue in die Höhe. Was hatte er sagen wollen? Doch es wäre vergeudete Lebensmühe ihn darauf anzusprechen. Das hatte sich wohl kaum geändert. „Wir gehen.“ Sie schenkte ihm ein Lächeln und half ihm auf. Dann lief sie schon mal zur Tür. Draußen regnete es noch immer, aber der Wirt war so freundlich ihnen Regenschirme zu geben. Sie bedankten sich. Jin nahm sich ohne ein Wort einen und Fuu nahm den anderen. Mugen sah etwas missmutig aus, beließ es aber bei einem unverständlichen Grummeln und trat in den Regen. Sie sah ihm mitleidig nach. Jin würde seinen Schirm nicht hergeben, das sah sie an seinem Blick. Ein resignierter Seuftzer entfloh ihr und sie ging zu Mugen um den Schirm über ihm zu öffnen. Er sah erst überrascht nach oben und dann ebenso überrascht zu ihr. Fuu lächelte nur und hielt ihm den Griff hin. „Hier. Du bist größer und damit hältst du den Schirm über uns.“ Er sah zu ihrer Hand, die sich um den Griff geschlossen hatte und dann zurück zu ihr, als wenn sie ihren Verstand verloren hätte. Hinter sich hörte sie, wie Jin ihnen gemächlich folgte. Doch sie wollte sehen ob er sich verändert hatte. Würde er sie anschnauzen, auslachen oder einfach weggehen? Doch er überraschte sie wieder einmal. „Warum denn? Brauchst ihn doch selbst.“ Er ging unter dem Schirm hervor und trat wieder in den strömenden Regen. Sie zog eine Grimasse, aber sie war von Geburt aus hartnäckig. Also ging sie hinter ihm her, drückte ihm den Regenschirm in die Hand und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Er öffnete den Mund und sie sah ihm an, dass er in die Luft gehen würde, aber sie lachte einfach nur. Das stachelte ihn nur noch mehr an, das wusste sie, aber die ganze Situation war einfach zu komisch. Wenn der Schirm eine andere Farbe gehabt hätte, hätte sie vermutlich keine Tränen gelacht. Warum gerade rosa? „Na warte.“ Fuu lief lachend unter dem Schirm vor und versuchte einen gewissen Abstand zwischen sich und den kochenden Schwertkämpfer zu legen. Mugen sah ihr verständnislos hinterher. Ein Blick zu Jin bestätigte ihm nur eins: Er musste zum Schreien komisch aussehen, oder warum sonst versuchte Jin krampfhaft nicht zu grinsen? Frustriert stapfte Mugen der jungen Frau hinterher, die noch immer unter ihrem Lachanfall litt. Jin folgte ihm, nachdem er seine Fassung wieder erlangte hatte. „Erinnerst du dich noch an das Gespräch damals am Lagerfeuer?“ Mugen nickte und beide sahen Fuu zu wie sie in den Pfützen tanzte. „Ist sie jetzt wieder so?“ Er machte ein genervtes Gesicht. Mit solchen Frauen konnte er nicht umgehen. Jin sah Fuu immer noch zu. „Wenn Frauen so werden, dann...“ Er stoppte. Sein Kamerad sah ihn fragend an. „Was, wenn Frauen so werden?“ Jin blieb vorerst still. Innerlich rang er mit sich seinen Freund an seinem Wissen teilhaben zu lassen, doch ein weiterer Blick zu Fuu ließ ihn innehalten. Sie würde ihn töten. „Finde es selbst heraus.“ Damit ging der Samurai an Mugen vorbei, welcher ihm fragend nachsah und dann wieder Fuu ansah. Was meint das Fischgesicht damit? Der Regen wurde von Minute zu Minute stärker, doch Fuu ging unbeirrt durch die Straße um einen Platz für die Nacht zu suchen. Plötzlich trat jemand neben sie und schützt sie vor dem Regen. Verwirrt sah sie nach oben und erkannte einen Schirm. Mugen hielt ihn über sie. „Komm schon.“, murrte er und setzte sich sofort in Bewegung. Sie beeilte sich seinem Befehl Folge zu leisten, kam jedoch nicht um ein breites Grinsen. Es war ungewohnt, dass Mugen neben ihr ging und sich ihrem Tempo anpasste, doch es war nicht unangenehm. Aus dem Augenwinkel musterte sie sein Gesicht, das in den fünf Jahren einige neue Fältchen bekommen hatte und daneben noch vereinzelte neue Narben an seinem Kinn und seiner Stirn. Einige Regentropfen funkelten in seiner dunklen Mähne. Sie würde es nie offen zugeben, doch sie würde sich an Mugen nie sattsehen können. „Wasn?“, knurrte er ohne sie anzusehen, doch sie schüttelte nur lächelnd den Kopf. Mit hinter ihrem Rücken verschränkten Armen ging sie stumm neben ihm her. Diese Stille tat ihr gut. Nach einer Weile hatten sie endlich eine passable Schlafgelegenheit gefunden. Es war eine kleine Herberge, aber sie würde für die Nacht reichen. Fuu verabschiedete sich gleich nachdem sie bezahlt hatten um ihren Kimono zu trocknen. Mugen sah ihr verwirrt hinterher. „Wo will die denn hin?“ „Kommt gleich wieder.“ Damit setzte Jin sich auf seinen Schlafplatz und schloss die Augen um sich auszuruhen. Mugen grummelte. Wie immer war Jin so gesprächig wie eine Wand. Er legte sich auf sein Nachtlager und verschränkte seine Arme hinter dem Kopf. Seufzend schloss er die Augen und versuchte Schlaf zu finden, aber es war ihm nicht vergönnt. Er hörte anhand von Jins Atemzügen dass dieser schlief. Wie der das anstellte in wenigen Minuten einzuschlafen war Mugen nach wie vor ein Rätsel. Verwünschungen murmelnd setzte er sich auf und sah zur Tür, nicht recht wissend warum. Doch dann wurde es ihm bewusst. Er hört jemanden vor der Schiebetür. Dieser Jemand lief leise auf und ab und das vor ihrer Tür. Wütend stand er auf und ging zu der Tür, um sie mit einem Ruck zu öffnen. Mugen blickte verwirrt in Fuus Gesicht. Sie sah ertappt aus. „M-mugen...“ Er ging zu ihr nach draußen auf den Flur und schloss die Tür hinter sich. Er würde Jin sicher nicht wecken, der Samurai konnte äußerst ungemütlich werden wenn man ihn weckte. „Was läufst du hier so rum, kann ja kein Schwein schlafen.“ Wütend funkelte er sie an, stockte dann aber. Was trug sie denn da? Fuu trug einen weißen Yukata. Zuerst war daran nichts Verwerfliches, wenn er nicht eine Nummer kleiner als der letzte gewesen war. „Woher hast du denn den?“ „Ersatzkimono von der Wirtin. Meiner braucht noch etwas länger um zu Trocknen.“ Sie würde ihm sicher nicht sagen, dass sie sich unwohl in dem knappen Teil fühlte und sich deswegen so davor gedrückt hatte ihr Zimmer zu betreten. Irgendwo hatte sie auch ihren Stolz. Mugen öffnete die Tür wieder und ließ sie an sich vorbei ins Zimmer treten. Er konnte es sich nicht verkneifen einen weiteren Blick über ihren Körper schweifen zu lassen. Sie hatte sich wirklich verändert. Er konnte es nicht ignorieren. Ohne ein weiteres Wort legten sich beide hin um zu schlafen. Doch wie zuvor war es kein leichtes Unterfangen. Mugen blickte grübelnd an die Decke. Im wenigen Mondlicht, das durch das Fenster in das kleine Zimmer fiel, konnte er mit einem kurzen Blick sehen, dass sie auch noch nicht eingeschlafen war, sondern ihr Flughörnchen kraulte, das auf ihrer Brust lag. Nach einer Weile wandte sie das Gesicht ihm zu. „Mugen?“, flüsterte sie leise. Mürrisch grummelte er ein „Hm“. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Wollte sie jetzt eine Gutenachtgeschichte? Eine geraume Zeit war es still und so langsam fragte er sich ob sie vielleicht doch eingeschlafen war. „Hast du Kohza noch einmal wieder getroffen?“ Zuerst herrschte Stille. „Nein, sie ist tot.“ Seine Stimme verriet nicht was er dachte. Er würde es ihr auch nicht sagen. Fuu sah an die Decke und spielte mit einer Strähne ihres Haares. „Fehlt sie dir?“ Ihre Stimme klang mitfühlend. Es ärgerte ihn. Er wollte kein Mitleid. Draußen hörte sie gedämpft den Regen und einige Passanten, vermutlich auf dem Weg in eine Kneipe oder ein Bordell. Würde er ihr noch antworten? Es herrschte ein weiteres Mal Stille, nur dieses Mal war sie angespannt und Fuu wünschte sich sie hätte ihren Mund gehalten. „Nein. Sie war ein Teil meiner verdammten Vergangenheit. Wenn ich sie wiedergesehen hätte, hätte ich sie getötet.“ Fuu zuckte zusammen. Eigentlich war sie gut mit Kohza ausgekommen, nur hatte es sie gestört, dass diese mehr von Mugen wusste als sie selbst. Im fahlen Licht musterte sie sein Gesicht. Ihr war klar, dass er die Wahrheit sagte und obwohl sie es nicht nachvollziehen konnte, wusste sie, dass er dafür einen guten Grund hatte. Sein Blick fing ihren ein und kurz war ihr, als hätte sie ein Feuer darin lodern sehen. Fuu blieb still und glaubte dass Mugen schon schlafen würde, da keinerlei Regung von seiner Seite kam. Leise stand sie auf und ging zum Fenster. Vorsichtig öffnete sie die Klappe und sah nach draußen. Es regnete immer noch. Nur selten sah sie den Mond durch die Wolkendecke scheinen. Sie zuckte zusammen, als jemand neben sie trat. Es war Mugen. „Was ist passiert nachdem du deinen Samurai, der nach Sonnenblumen riecht, gefunden hattest?“ Er sah sie forschend an, doch sie blickte wieder raus. „Mein Vater ist tot. Der Mann mit dem Strohhut gegen den ihr auf dem Festland vor der Insel gekämpft hat, hat ihn umgebracht.“ Ihre Stimme war zum Ende hin immer leiser geworden. Ein bitteres Lächeln legte sich auf ihre Züge. „Weißt du was komisch ist? Er war auch krank, genau wie meine Mutter. Vielleicht hat er sie jetzt getroffen und kann sich endlich bei ihr entschuldigen und sie um Verzeihung bitten.“ „Konntest du ihm verzeihen?“ Sie schaute zu ihm. Tränen glitzerten in ihren Augen, doch sie weinte nicht. Mugen starrte weiterhin mit ausdrucksloser Miene in die Dunkelheit. Sie folgte seinem Blick und dankte ihm innerlich, dass er sie nicht anschaute. „Ich denke ich wollte es nicht, aber ich habe nicht anders können. Nach allem was er mir und meiner Mutter angetan hatte. Schon erbärmlich findest du nicht?" Das bittere Lächeln ließ sich nicht vertreiben. Was erhoffte sie sich durch diese Frage? Mugen schwieg und Fuu hatte nichts anderes erwartet. „Ist es.“ Fuu schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter. Tränen sammelten sich in ihren Augen. Es waren fünf Jahre seit dem Tod ihres Vaters vergangen. Wieso weinte sie jetzt noch deswegen? Doch sie kannte die Antwort bereits auf diese Frage. Er hatte ihr genau das gesagt was sie immer gedacht hatte, nur war er mutig genug es laut auszusprechen. Beide schwiegen und hingen ihren jeweiligen Gedanken hinterher, bis Fuu entschied sich schlafen zu legen. Mugen blieb am Fenster stehen und nickte ihr kurz zu. Sie rollte sich auf ihrer Matte zusammen, doch ein Flüstern ließ sie zusammenzucken. „Aber es war das Richtige.“ Überrascht blickte sie zu Mugen, aber er hatte ihr immer noch den Rücken zugedreht. Sie schüttelte lächelnd den Kopf. Der Schlaf breitete endlich seine Schwingen über ihr aus. „Danke, Mugen.“ Am nächsten Morgen wurde sie durch Momo geweckt, der aus ihrem Yukata herausklettere. Ein Lächeln legte sich auf ihre Züge, weil sein buschiges Fell sie kitzelte. Schnell hielt sie sich die Hand vor den Mund um ihre Freunde nicht zu wecken. Jin lehnte schlafend an der Wand und sie deckte ihn zu. Mugen schnarchte leise und wieder einmal hatte er sich über den ganzen Fußboden ausgestreckt. Der Mann konnte einfach nicht auf einer Matte schlafen. Sie grinste und breitete ihre Decke über ihm aus, bevor sie sich aufmachte um das Frühstück zu besorgen. Die Auswahl an Essen beim Herbergsbesitzer war aufgrund ihrer finanziellen Lage nicht berauschend aber es würde schon ausreichen. Fuu trat lächelnd den Rückweg an und brachte Tee und Essen in das Zimmer ihrer Freunde. Sanft rüttelte sie an Jins Schulter. „Aufstehen. Frühstück ist fertig.“ „Deshalb warst du gestern weg?“ Er deutete auf ihre Kleidung. Mit einem Nicken wandte sie sich Mugen zu, der sich schnarchend am Bauch kratzte. Leicht rüttelte sie an seiner Schulter und versuchte ihn zu wecken aber leider war der Herr nicht gewillt sofort aufzustehen, stattdessen drehte er sich einfach um und schlief weiter. Seufzend rüttelte sie fester an seiner Schulter, worauf er sie genervt wegstieß. Schmerzhaft landetet sie vor ihm auf dem Boden und starrte fassungslos in das schlafende Gesicht, das sich keiner Schuld bewusst war. Da war es vorbei mit aller Liebe. Sie holte tief Luft, Jin traf sofort Vorsichtsmaßnahmen um seine Ohren zu schützen und dann brach das Unwetter los. „Sag mal hast du sie noch alle du hirnloser Idiot! Steh verdammt nochmal auf!“ Dieser fuhr alarmiert durch das Geschrei hoch und hätte auch sofort nach seinem Schwert gelangt, wenn er nicht mit Fuu zusammengestoßen wäre. Diese lief so langsam auf Hochtouren auf. Jin versuchte zu schlichten, aber sie war gut in Fahrt und nicht zu bremsen. „Was soll das?!“ Wütend funkelte sie ihn an, doch er erwiderte ihren Blick nur genervt. „Was schreist du hier so rum? Geh mir nicht auf die Nerven und halt endlich mal die Klappe.“ Jin hielt sich nun im Hintergrund und versuchte ruhig seinen Tee zu trinken. Streitereien bei den beiden waren keine Seltenheit und er wusste keiner würde klein bei geben. Es war wie immer? „Hat der Herr schon genug von mir oder wie?“ Sie wusste sie gab ihm die Vorlage für einen verbalen Angriff, doch in ihrer Rage achtete sie nicht darauf. „Da hast du Recht. Ich wünschte echt wir hätten dein vorlautes Maul nicht mitgenommen. Du hältst uns nur auf und heulst noch genauso viel rum wie früher!“ Es war ihre eigene Schuld. Aber sie hätte nicht damit gerechnet, dass er sie in Bezug auf ihre nächtliche Konversation beleidigen würde. Das hatte sie ihm im Vertrauen erzählt. Fuu blickte ihn entgeistert an. Fast hätte sie Jin einen hilfesuchenden Blick zugeworfen. Aber sie war kein kleines Mädchen mehr. Zitternd vor Wut und auch Enttäuschung biss sie sich auf die Unterlippe und funkelte den Mann vor sich an. Sie würde nichts mehr sagen, das er gegen sie verwenden konnte. Die Stille in dem kleinen Zimmer wurde nur durch das hektische Atmen der beiden Kontrahenten und dem Lärm, der Passanten vor dem Fenster, unterbrochen. Mugen öffnete ein weiteres Mal den Mund und Fuus Herz zog sich zusammen, als würde es einen weiteren Schlag erwarten. „Sei still, Mugen!“ Jins Stimme war streng und zeigte deutlich, dass Mugen eine Schwelle überschritten hatte und er es nicht billigte. Der dunkelhaarige Sträfling rappelte sich stumm auf und verließ das Zimmer ohne ein weiteres Wort. Fuus Augen füllten sich mit Tränen, doch sie wischte sie sich energisch weg bevor sie über ihre Wangen laufen konnten. Nichts war wie immer. Warum war sie so naiv gewesen zu glauben, dass sich nichts verändert hatte? Jin legte ihr stumm eine Hand auf die Schulter. Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln und drückte seine Hand. „Danke.“ „Gib ihm Zeit. Er muss sich daran gewöhnen, dass du uns wieder begleitest.“ Es sah ihm nicht ähnlich Mugens Partei zu ergreifen, aber manches veränderte sich wohl. Sie war doch das beste Beispiel. „Habe ich mich verändert?“ Es war ihr ernst mit dieser Frage. Jin ließ sich einen Moment Zeit mit der Antwort. „Das hast du. Genau wie wir auch. Es wird nicht wieder so werden wie vor fünf Jahren, das muss dir klar sein. Er weiß das und versuchte erst einmal zu lernen damit umzugehen.“ Natürlich hatte er Recht damit. Fuu ließ ihren Blick auf die leere Matte vor ihren Füßen schweifen. Es würde ein neues Kapitel werden und keine Wiederholung ihrer Vergangenheit. Sie hatten sich alle verändert und doch war einiges unverändert geblieben. Wieder drückte sie kurz seine Hand auf ihrer Schulter. Sein gutes Herz zum Beispiel. „Du hast Recht, danke Jin.“ „Gib ihm etwas Zeit.“ „Das werde ich. Wusstest du, dass ich mir immer einen Bruder gewünscht habe?“ Er schüttelte den Kopf, verwirrt worauf sie hinauswollte. Sie schenkte ihm ein breites Grinsen. „Für mich warst du immer ein Teil meiner Familie, mein großer Bruder.“ Jin erwiderte das Lächeln gerührt. „Danke, Fuu.“ „Jetzt lass uns essen und anschließend unseren Chaoten aufgabeln damit wir weiterziehen können.“ Nachdem beide gegessen hatten, standen sie auf und packten ihre wenigen Sachen um weiterzuziehen. Fuu hatte sich wieder ihren roten Kimono angezogen und obwohl er noch immer nicht richtig trocken war, musste sie das in Kauf nehmen. Das Leben auf der Straße war nun einmal kein Ferienausflug. Dem Wirt bezahlten sie den Aufenthalt bevor sie mit ihren Schirmen in den Regen traten. Es hatte immer noch nicht aufgehört. Jins Blick haftete nachdenklich an den Wolken. „Du denkst an sie stimmts?“ Sie sah ihren besten Freund besorgt an. Er nickte. „Als ich sie traf hat es auch dauernd geregnet. Ich hatte gehofft der Regen würde nie enden.“ Seine Stimme war ein Flüstern. Sie hatte etwas darauf erwidern wollen, hielt sich jedoch zurück. Sie wollte ihn nicht verletzen. Schweigend gingen sie die Straße entlang und warteten am Dorfrand auf Mugen. „Glaubst du, dass er noch wütend ist?“ Die Zeit schien unendlich langsam zu verstreichen und allmählich machte sie sich Sorgen. Sicher, der Streit war nun wirklich nicht Grund genug gewesen ihre Freundschaft zu beenden und doch nagten Zweifel an ihr, ob er ihrer nicht überdrüssig geworden war. Ihre leise Frage ließ ihn aufschauen. „Er ist ein Sturkopf, aber nicht nachtragend. Bald wird er hier stehen.“ Sie nickte, doch er konnte sie damit nicht beruhigen. Immerhin hatte sich alles verändert. Bitte komm. Sie fühlte das widerliche Gefühl der Schuld in ihr hochkommen. Es war nur ihrem Großmaul zu verdanken, dass sie sich wieder stritten. Was wenn er nicht mehr kommen wollte? Er war nicht verpflichtet mit ihnen mitzugehen. Angst breitete sich in ihr aus. Ihr Blick richtete sich starr auf den Regenvorhang, darauf hoffend seine Gestalt zu entdecken und damit die Bedenken zu vergessen, aber er erschien nicht. Jin stand immer noch reglos wie eine Statue neben ihr und schien nicht im Geringsten beunruhigt. War das alles nur Show damit sie sich nicht aufregte? Einige Male setzte sie an um etwas zu sagen, entschied sich dann aber doch dagegen. Sie wollte warten. Sie wollte ihnen zeigen, dass sie sich verändert hatte und sich deswegen in Geduld üben. Nachdenklich blickte sie auf den schlammigen Boden und erst jetzt wurde ihr bewusste wie kühl es war und dass ihre Zehen in den Sandalen erbärmlich froren. Doch sie verlor kein Wort darüber und starrte weiter stumm in den Regen. „Du hast immer noch Vertrauen in mich.“ Es war eine gemurrte Feststellung hinter ihr, die sie aus ihrer Trance riss. Jin nutzte dies als Zeichen des Aufbruchs und setzte sich in Bewegung. Fuu hielt den Schirm etwas höher und beide folgten Jin. Mugen war klatschnass aber er schien sich beruhigt zu haben. Immerhin hatte er sie angesprochen. Sie deutete das als ein gutes Zeichen. „Hier.“ Sie reichte ihm ein Stück Brot, das sie in ein Tuch eingewickelt hatte. „Du hast sicher noch nichts gegessen.“ Er nahm es stumm entgegen und damit war es für sie erledigt. Es war wie immer, oder? „Danke.“ Nein, es hatte sich verändert. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)