Frei wie der Wind aber dennoch gefangen von -Bastet- ================================================================================ Kapitel 22: Doppelte Überraschung --------------------------------- Als es Abend wurde, saßen die Drei an einem Tisch in der Küche und aßen. Malina hatte ihnen ein wunderbares Mahl zubereitet. Es bestand aus frischem Gemüse und Fleisch, dass sie am heu- tigen Tag vom Markt geholt hatte und schmeckte einfach köstlich. Aus dem Fleisch hatte sie einen würzigen, zarten Braten gezaubert und das Gemüse fand sich in Form eines leckeren Sala- tes wieder. Draußen ging bereits die Sonne unter, als Mireille an einem Glas mit frischem Orangensaft nippte. Sie fühlte sich wie im Himmel. Doch leider mit einem kleinen Wermuts- tropfen. Schon sehr bald würde sie dieses Paradies hier verlassen müssen. Aber sie musste ihren Auftrag ausführen. Das hatte oberste Priorität. Immerhin waren Silver und Fenrill immer noch in ihrem Gefängnis und würden ohne sie wahrscheinlich nicht so schnell herausfinden. Wie es den Beiden wohl mittlerweile ging? Ob sie Angst hatten, dass sie nicht wiederkommen würde? Vielleicht würden sie auch schon gemeinsam an ihren Racheplänen arbeiten. Wäre doch nicht alles so ungemein kompliziert. Aber das Leben war nie gerecht und würde es wahrscheinlich auch nie sein. Mireille wurde aus ihren Gedanken gerissen, als Malina damit begann den Tisch abzuräumen. Schnell sprang die Jüngere auf und half ihr. Ickartas hingegen machte sich auf den Weg, um auf sein Flachdach zu gehen. Von dort aus liebte er es die Sterne zu beobachten und zwar stundenlang. Als die beiden Frauen fertig waren, folgte Mireille ihm und gesellte sich zu ihm. Die Luft war angenehm kühl. Um sie herum schwirrten einige Fledermäuse. So standen sie schweigend nebeneinander. „Schau, dort ist Orion. Weißt du noch, wie ich dir einst seine Geschichte erzählt habe?“, fragte Ickartas. „Ja.“, entgegnete Mireille und sah über die weite Ebene. Die Häuser lagen ruhig unter ihnen. Der Mond war halb von einer Wolke verdeckt. Ihre Augen blieben an einem Punkt vor der Stadt hängen. Bodennebel waberte zielstrebig auf die ersten Häuser zu. Und dann sah die junge Frau sie. „Ich muss gehen, sie kommen.“, flüsterte Mireille hastig und deutete vor die Stadt. Der alte Mann erkannte mehrere Reiter, die wie Geister aufeinmal aus dem Nebel auftauchten. Er eilte der jungen Frau hinterher und gab seiner Frau Bescheid. Sie packten schnell ein paar Vorräte in einen kleinen Sack. Mireille hingegen hatte das Pergament mit den Gedichtversen verstaut und war nach unten in den Stall gerannt. Dort nahm sie ihr Pferd, sattelte und zäumte es und führte es vor das Haus. Malina kam nach ihr aus dem Haus und reichte ihr den Sack. „Ich weiß, jetzt ist keine Zeit für irgendwelche Erklärungen, aber komm heil wieder und berichte uns alles.“, die beiden Frauen umarmten sich schnell. Dann sprang Mireille auf. „Danke für alles. Ich hoffe, dass ich bald wieder herkomme. Entschuldige, dass ich so schnell aufbrechen muss.“, sagte sie und winkte hinauf zu dem Balkon, auf dem der alte Mann stand. Auch er winkte. „Erzähl mir alles, wenn du wieder da bist.“, bat er und sie nickte. Dann trieb sie ihr Pferd an und war schon bald aus dem Sichtfeld des alten Ehepaars verschwunden. Malina drehte sich um und sah, wie der Nebel auf sie zu waberte. Schnell verschwand sie im Haus und verriegelte die Tür. Die Wege waren dunkel und schlecht zu erkennen, als Mireille im Jagdgalopp auf ihnen durch den Wald ritt. Die Ebene hatte sie längst hinter sich gelassen und vermutete, dass die Killer sie nicht so schnell aufspüren würden. Nun hoffte sie, dass sie schnell zum Argas - Krater finden würde. Eine andere Frage war, wie sie das Ewige Feuer zur Organisation schaffen sollte. Ein Feuer, das nie erlischt und alles verbrennt, versprach nicht gerade rosige Aussichten. Doch für John würde sie alles tun. Egal, was die Organisation mit dieser mächtigen Waffe vorhatte. Erst einmal mussten sie diese in den Händen halten. Alles andere war zweitrangig. Später konnte sie immer noch versuchen, sie aufzuhalten. Wenn das irgendwie möglich war. Mireille erreichte eine weitere Ebene. Das Gras reichte bis zu ihren Knien rauf. Es war schwer hier irgendwo einen Feind zu erkennen. Schlecht war zudem, dass sie Spuren hinter- lassen würde. Dennoch musste sie vorwärts. Würde sie zögern, hätten sie sie eh schon bald gefunden. Wieder tauchte sie in dunkles Gehölz ein. Zweige von Tannen schlugen ihr ins Ge- sicht und zerkratzten es. Der Mond verschwand vollends hinter den Wolken. Mireille parierte den Schimmel zum Trab durch, da auch das Pferd den unebenen Weg nicht mehr genau ausmachen konnte. Hin und wieder strauchelte es. Besser wurde es erst, als sie einen Weg erreichten. Dort ging es fast gefahrlos weiter. Ab und zu drehte sich die Gejagte im Sattel um und lauschte zurück in die Dunkelheit, die sie bereits hinter sich gelassen hatte. Es schien keinerlei Anzeichen dafür zu geben, dass sich ihr etwas näherte oder folgte. Mireille drehte sich erneut nach vorne und fasste in eine der Manteltaschen. Das Pergament befand sich noch sicher in ihr. Ein wenig besorgt dachte sie an Ickartas und seine Frau zurück. Hoffentlich drohte ihnen keine Gefahr. Das würde sie sich sonst nie verzeihen. Mireille gönnte sich und ihrem Reittier die ganze Nacht durch keine Pause. Ihre Verfolger waren ihr da für ihren Geschmack schon zu dicht auf den Fersen gewesen. Diesen Fehler wollte sie nicht noch einmal begehen. Die Organisation sollte nicht merken, dass Silver und Fenrill nicht bei ihr waren. Mireille schreckte auf, als sie merkte, dass sie auf dem Pferderücken kurz eingenickt war. Die ersten Sonnenstrahlen kitzelten ihr Gesicht und ließen sie einmal aufgähnen. Schließlich kramte sie in einer Satteltasche und beförderte ein Stück Brot zu Tage. Es war durch die kühle Nacht etwas hart geworden, doch es machte Mireille nicht viel aus. Sie war schlimmeres gewohnt. Als sie das Brot aufgegessen hatte, zügelte sie ihr Pferd und sprang ab. In einem dichten Gebüsch hinter einer Eiche band sie es unweit des Weges an. Dann kletterte die junge Frau auf einen Baum und versteckte sich ebenfalls. Sie setzte sich in einer hockenden Position auf einen Ast, der genau über den Weg gewachsen war. Es herrschte eine kurze Zeit Stille. Dann hörte sie Hufschritte auf dem dumpfen Waldboden, die sich ihr im Schritt näherten. Gleich musste sich der Reiter unter ihr befinden. Und tatsächlich – eine vermummte Gestalt in einem dunklen Mantel hielt unter ihr und hörte sich um. Der Kopf bewegte sich nach links und rechts, als wenn es nicht genau wüsste, wo es nun lang ging. Für Mireille war sofort klar, dass dies ein Verfolger war. Ohne zu zögern, sprang sie von dem Ast und riss die unbekannte Gestalt vom Pferd. Das Reittier ging durch und rannte davon. Auf dem Waldboden wälzten sich die Kämpfenden einige Male herum, doch Mireille schaffte es, denjenigen festzunageln. Schon zückte sie ihren Dolch und holte aus, um diesen in den Brustkorb des Feindes zu rammen. „Stopp!“, rief die Person. Überraschender weise hielt die Überlegenere inne. Der Fremde zog sich die Kapuze vom Kopf. „Du?! Wie kommst du denn hierher?“, entfuhr es Mireille wütend. Doch da packte sie schon jemand von hinten am Schopf und zog sie daran hinauf. „Au!“, rief die junge Frau und starrte wütend ihren Angreifer an, der sie halb auf das Pferd gezerrt hatte. Eine Klinge wurde ihr an den Hals gesetzt. „Ich würde dich jetzt zu gerne umbringen, weißt du das? Uns einfach einsam und alleine in diesem Gefängnis zurück zu lassen war nicht gerade freundlich.“, zischte Silver ihr in das Ohr. Fenrill erhob sich vom Waldboden und klopfte sich Schmutz und Blätter ab. „Es war nur zu eurem Schutz, ihr Idioten!“, fluchte sie, wurde jedoch leiser, als ihr Silver tadelnd mit der Klinge an den Hals tippte. „Weißt du, nur das Einzige, was ich nicht verstehe, ist, warum du uns zu dir geführt hast?“, fragte er. Es entstand eine kurze Pause. „Ich habe was?“, fragte Mireille verwirrt. Silver ließ sie los, sodass sie auf den Boden fiel. Dann sprang auch er vom Pferd. „Du weißt genau, was ich meine. Also ich glaube ja, du hast es getan, weil du uns eigentlich brauchst. Du willst es uns nur nicht sagen.“, erklärte er überlegen. Mireille sah ihn immer verdutzter an. „Sag mal, kannst du mir eigentlich erklären, was hier vor sich geht? Wovon zum Teufel spricht der eigentlich?“, wandte sie sich an Fenrill. „Du weißt es wirklich nicht?“, fragte dieser leicht misstrauisch. Überzeugt schüttelte die Schatzjägerin den Kopf. „Du bist also nicht für deine Schatten- kolleginnen verantwortlich, die uns immer den richtigen Weg gewiesen haben?“ „Für meine was?“, erwiderte Mireille verwirrt und starrte von einem zum anderen. „Deine Doppelgänge- rinnen, die sich immer in Rauch auflösen, sobald man sie schnappt!“, rief Silver genervt. „Tut mir leid, ich habe keine Ahnung, wovon du redest.“ Mireille wandte sich um und ver- schwand in dem Gebüsch. Dort kam sie auf dem Schimmel wieder heraus. „Wir müssen weiter, sonst haben sie uns bald.“ Und wie auf ein Zeichen flog ein schwarz gefiederter Pfeil dicht an ihr vorbei. „Los!“, rief sie. Fenrill sprang bei ihr auf und die Verfolgten schlugen einen scharfen Galopp an. Der Wald lichtete sich etwas und die Bäume standen nicht mehr so dicht beieinander. Dennoch konnten sie ihre Verfolger immer noch nicht ausmachen. Schwarze Pfeile wurden jedoch hin und wieder auf sie abgeschossen. Bis jetzt hatten sie zum Glück noch keine Verluste aufzuweisen. „Was ist eigentlich mit deinem Gesicht passiert?“, rief Fenrill. „Lange Geschichte!“, erwiderte sie. Gehetzt jagten die beiden Pferde Seite an Seite voran. An einer Weggabelung graste Fenrill‘ s Pferd, das aufschreckte und sich auf dem rechten Pfad davon machte. Die Reiter ritten hinterher und holten es ein. Noch während des Laufens sprang Fenrill hinüber in den Sattel und nahm die Zügel auf. Dann konnte die wilde Flucht weitergehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)