Al Anochecer von Ra-chan (Das RPG) ================================================================================ Prolog: Tanz der Elfen ---------------------- Al Anochecer Kühl peitschte der Regen in endlosen Bahnen gegen die grauen Scheiben, während der Wind durch die Ritzen des Gemäuers pfiff und den feinen Geruch des Gewitters hineintrug. Nur vereinzelt zuckten die Blitze über den Baumkronen auf, die sich jenseits der Scheiben in ungezählter Reihenfolge bis zum Horizont erstreckten und im unerwarteten Lichtschein beinahe zu zittern schienen. Noch immer hingen seine Iriden fest am Bildnis hinter den Fenstern, ehe sie allmählich über den Bleirahmen glitten und sich schlussendlich gänzlich schlossen. Erst dann wandte sich der hochgewachsene Dunkelelf vom nächtlichen Schauspiel ab und trat zurück in sein Zimmer, dass von einigen Kerzen in leichtes Licht getaucht wurde. Irgendwo auf dem Gang jenseits der Flure hörte er bereits das laute Scheppern und fröhliche Geschrei der Bediensteten, die noch nichts von dem ahnten was sich in ihre Reihen geschlichen hatte. Freilich würden sie das auch erst erkennen, wenn sie in ihrem eigenen Blut badeten und mit schreckgeweiteten Augen zu ihren Erzfeinden aufblickten. Nichts hatte er dem Zufall überlassen. Absolut nichts. Sie waren noch immer die ahnungslosen Schafe ihrer Weiden, höhnten und spotteten über die Dummheit ihrer abtrünnigen Verwandten. Selbst am Tor, als er die vom Blut bereinigte Depesche übergeben hatte, waren sie Narr genug gewesen über seinesgleichen Späße zu erzählen ehe sie ihn und seine sechs Begleiter auf den nachtschwarzen Rössern passieren ließen. Sie würden bei ihrer Flucht an sie denken ... aber bis dahin hielt man sie nach wie vor für eine Delegation aus einem anderen Teil des Reiches und der eigentliche Anführer dieser Gruppe hatte ihm noch in Todesqual versichert, dass nie jemand zuvor ihr Gesicht erblickt hatte. Welch Jammer, dass ihm auch diese Information nichts eingebracht hatte außer den eigenen Tod. Ein kaum sichtbares Lächeln streifte seine Lippen ehe es zögernd an seine Tür klopfte und ihm eine Stimme verriet, dass in Kürze das Bankett beginnen würde. Das Spiel nahm also seinen Lauf... An dem Abend schlief die Prinzessin seelenruhig in ihrem Bett. Die Regentropfen, die auf ihrer Fensterscheibe klopften störten sie nicht, ganz im Gegenteil, das Geräusch des Regens beruhigte sie. Ihre langen violetten Haare floßen vom Bett herunter, so lang waren sie. Sie atmete regelmäßig und lächelte im Schlaf. Sie ahnte nicht was heute Abend noch passieren würde. Und doch wachte sie dann plötzlich auf. Als sie die Augen öffnete erblickte sie einen Schatten und setzt sich blitzartig auf. Sie bekam ein ungutes Gefühl im Magen. Lyrin schritt unterdessen mit kühlen Blick die Galerie entlang, vorbei an etlichen geschwätzigen Bediensteten, die ihm kichernd hinterher sahen oder mit Tabletts hektisch einherliefen. Die Wände wurden gestützt von hohen Balken in leuchtend hellen Farben und überall konnte man die kostbaren Malereien in den farbenfrohesten Tönen sehen. Wälder, Tiere, selbst Jagdgesellschaften hatten ihr ewiges Andenken inmitten dieser Gänge gefunden - und allein der Anblick ließ seinen Magen um die eigene Achse rotieren. Es mochte gut aussehen, aber es war ohne jedweden Zweck, eine Arbeit der Langeweile und Zeichen für die Vermessenheit der Hohen dieser Welt. Selbst seine Untergebenen, die beinahe wie zufällig immer wieder seine Wege kreuzten, schienen angewidert von der Umgebung zu sein, auch wenn sie öffentlich die höchsten Lobpreisungen von sich gaben. Sie spielten ihre Rolle, immerhin. Lyrins Augenbraue hob sich jedoch abrupt, als einige Frauen blindlings an ihm vorbeihasteten und lediglich die Wortfetzen "..sie wird doch nicht noch schlafen?" an sein Gehör drangen, bevor sie in einem anderen Flügel verschwanden. Stirnrunzelnd näherte er sich dann der großen Halle, deren Leuchten maßgeblich von den zahllosen Reihen der kristallenen Kronleuchter bestimmt wurde und das bereits jetzt herrschende Geschnatter betäubte seine Sinne. Suzuna machte sich langsam fertig, sie badete in Milch und zog dann ein weißes Seidenkleid an. In der nächsten Minute betraten zwei junge Frauen ihr Zimmer. "Ich kome schon!" rief sie fröhlich und ging zu ihnen. Ihr Lächeln war zwar strahlend, aber sie machte sich Gedanken über den Schatten, den sie gesehen hatte. Sie zeigte es zwar nicht, aber sie machte sich Sorgen. Doch als sie paar Minuten später mit den zwei Frauen die große Halle betraten vergaß sie all ihre Sorgen. Alle Augen wurden auf sie gerichtet. Ihre Schönheit war in der Tat verzaubernd. Aber gar nicht ihr Körper war das, was die anderen Wesen so bewunderten, sondern die Reinheit und Freude, die sie ausstrahlte. Jeder, der in ihre Augen schaute, bekam neue Hoffnung. Lyrin hatte sich nach zahllosen taktvollen Floskeln unfreiwillig in einer ausufernden Unterhaltung wiedergefunden, die sich um die Vorzüge der elfischen Architektur und irgendeinem extravaganten Hohen drehte, der besonders atemberaubende Verzierungen anfertigen sollte. Trotzdem er ein äußerst kostbares Glas in einer Hand hielt und dann und wann eine geistreiche, scheinbar interessierte Meinung einfließen ließ, musterte er unbemerkt die anderen Anwesenden im Saal. Momentan stand er unweit der zum Bersten gefüllten Tische, auf denen Früchte und Obst in den schillerndsten Farben aufgetragen worden waren, später würde seine Position wohl der Tanzfläche entsprechen. Nachdenklich suchte er die Gesichter ab, auf der immerwährenden Suche nach dem Ziel ihrer Mission und führte beinahe beiläufig das Glas zu seinen Lippen, die er nach dem ersten Schluck jedoch instinktiv angewidert verzog. Irgendein ... Obstwein. Unauffällig ließ Lyrin das Glas wieder sinken, während neben ihm ein Elf seinem Kollegen lachend auf die Schulter schlug, ehe es ihm auf den Lippen erstarb. Überhaupt wurde es auf einmal merkwürdig still im Saal und die Iriden des Dunkelelfen suchten augenblicklich nach einer möglichen Gefahrenquelle und einem Fluchtweg, ehe sie am hohen Eingangsportal hängen blieben. Zuerst erkannte er nur die beiden nichtssagenden Frauen, die ihm bereits hektisch im Gang entgegengerannt waren, aber dann fiel sein Blick auf die dritte Elfe und Lyrin begriff nicht zuletzt anhand des gefistelten Kommentars an seiner Seite, dass sie die Ursache für die einkehrende Stille war. Dennoch blieb er äußerlich unbeeindruckt und sah weiter zu einem seiner Handlanger, der so eben ihres eigentlichen Zieles ansichtig geworden war. So eben hatte der Herrscher den Saal betreten. Suzuna eilte die Treppe runter und achtete nicht auf die Blicke der Anderen. Sie fiel ihrem Vater um den Hals und lächelte fröhlich. "Vater! Alles Gute zum Geburtstag!" sagte sie junge Elfe und löste die Umarmung. "Hier mein Geschenk für dich, König der Herzen." Suzuna verbeugte sich und stellte sich in die Mitte des Saales. Die anderen Elfen gingen paar Schritte zurück, damit sie die Prinzessin alle sehen konnten. Dann fing diese an leise aber mir kristallklarer Stimme zu singen. "Et lingua eius loquetur indicium. The Mouth of Justice meditates wisdom And His language, the tongue is made clear. Beatus vir qui suffert tentationem, Quoniqm cum probates fuerit accipient coronam vitae. Bless man which suffers temptation. Since, he, with striving, will have received life�s crown. Kyrie, ignis divine, eleison Oh Lord, Fire Divine, have mercy! O quam sancta, quam serena, quam benigma, quam amoena O castitatis lilium Oh, How Holy! How Serene! How Kind! How Pleasant! Oh Pure Lily!" Als die junge Elfe aufhörte zu singen, blickte sie zu ihrem Vater die vor Freude fast weinte. Ihre Stimme konnte in dr Tat die Seelen anderer Wesen berühren. Lyrins Muskeln hatten sich in dem Moment bis in die letzte Faser angespannt, als er das erste Mal in die Augen des gutmütigen Elfen gesehen hatte, der für etliche Tugenden bei den Hohen stand und aus eben diesem Grund das niedrigste Ansehen bei den Dunkelelfen genoss. In ihren Augen war es noch immer das deutlichste Zeichen von Schwäche, wenn man auf Fähigkeiten wie Warmherzigkeit oder gar ... Wohlwollen vertraute. Es waren vergängliche Ideen, nicht mehr, man verließ sich auf Andere in der blinden Hoffnung zu überleben. Sie waren Narren, allesamt. Lyrin hatte eben noch seinem Begleiter düster zunicken wollen, damit er die nötigen Dinge in die Wege leitete, als sich die Elfe am Eingangsportal von ihrem Platz löste und direkt auf den König zulief. Keinen Augenblick später trat sie auch schon wieder zurück und noch während sie seine Güte öffentlich lobte, wichen andere Elfen zurück. Bildeten einen stummen Kreis um die Kronprinzessin, die zum zweiten Mal am heutigen Abend im Fokus der Beobachtung stand und dann leise zu singen begann. Obwohl Lyrin herzlich wenig für Gesang übrig hatte, verstand er die Worte, die sie so mühelos von sich gab. Sie waren alt, so alt wie die Welt und obwohl sie selbst in seinen Kreisen bekannt war, wagten es nicht einmal mehr die Ammen sie zu singen. Kaum, dass sie geendet hatte, ertappte er sich dabei dass er sich in einer kurzen Erinnerung wiedergefunden hatte, aber bis auf diesen unwillkommenen Makel war seine Miene ausdruckslos geblieben - ganz im Gegensatz zum König, der seine Tochter wohlwollend in die Arme schloss, eher er lächelnd zurücktrat und in die Hände schlug. "Ich danke euch allen für euer zahlreiches Erscheinen, auf dass dieser Tag als einer der glorreichsten und festlichsten in unsere Geschichte eingehen mag!", erklärte er dann mit lauter Stimme und tatsächlich schienen einige aus ihrer Starre zu erwachen, nickten, "Labt euch an Speis und Trank, ehe wir den alten Tänzen beiwohnen! Dies ist nicht nur mein Tag, es soll der Eurige sein! Setzt euch!" Seine Stimme war noch nicht gänzlich verklungen, da applaudierten die anderen Gäste bereits und die Stimmung wurde immer wieder von einzelnen Glückwünschen durchbrochen, während die Masse langsam zu den Sitzplätzen strömte. Lyrin nahm an dem ihm zugewiesenen Stuhl platz, der aufgrund seiner diplomatischen Position beinahe zu günstig - zu nah - am König bemessen war, um ihn nicht als Wink des Schicksals zu verstehen. Leicht lächelnd glitten seine Iriden zu der Gestalt hin, dessen Stunden ungesehen auf den Tod zusteuerten. Währendessen die Gäste aßen und tranken, saß die Prinzessin neben ihrem Vater und flüsterte ihm witzige kurze Geschichten ins Ohr, die der König sehr mochte. Sie konnte ihren Vater immer zum Lachen bringen, obwohl sie eine ernste junge Frau war. Als dann die Elfen tanzen gingen, erhob sich Suzuna auch und schaute sich schmunzelnd um. Es war zwar eine Tradition und es gehörte sich so, dass immer der Mann die Frau zu einem Tanz bat, brach die Prinzessin diese Regel jedes Jahr und suchte sich selber einen Tanzpartner aus. Mit kleinen Schritten tapste sie hin und her im Saal bis sie nicht den Mann erblickte mit dem sie gerne tanzen wollte. Ja, sie hatte in der Tat Lyrin im Visier und trat ohne zu zögern zu ihm. Ohne etwas zu sagen verbeugte sie sich leicht vor ihm und lächelte ihn dann an. Lyrin hatte mit einem äußerst begeisterten Blick, den er selbstverständlich nur nach außen zur Schau trug, nun der schätzungsweise zwanzigsten Anekdote über jenen verfluchten Architekt gelauscht, von dem er sich sicher war, dass er diesen bald persönlich ins Jenseits befördern würde. Wie um alles in der Welt konnte man sich nur stundenlang über irgendwelche losen Steine und Malereien unterhalten? Gab es hier nicht ein einziges Mal ein anderes Thema? Stumm seufzend blickte er nun auf seinen Teller, den er aus einem unerfindlichen Grund mit Salaten, feinsten Fleischstücken und undefinierbaren Früchten gefüllt hatte, in denen er lustlos herumstocherte. Zu allem Überdruss setzte nun auch noch fröhliche Musik ein, aber zumindest hatte diese zur Folge, dass sich seine ungebetenen Tischnachbarn zu den Damen begaben. Nun, zumindest dass hatten die Hohen begriffen und an sinnvoller Etikette eingefügt. Zufrieden über seine neugewonnene Ruhe und der Gewissheit, dass sich bei zunehmender Zahl auf der Tanzfläche auch die Atemzüge des Herrsches gen Null beliefen, spießte er eine der roten Früchte mit seiner Gabel auf. Ehe er jedoch zu einer weiteren Handlung kam, sah er wie die Tochter des Königs geradewegs auf ihn zuhielt und noch bevor er die Augenbraue restlos in die Höhe gehoben hatte, knickste sie bereits und setzte ein Lächeln auf ihre Lippen - woraufhin auch die zweite Braue in die Höhe wanderte. Erst bei dem Ausdruck ihrer goldenen Augen ging Lyrin auf, was sie gerade im Begriff war zu tun und automatisch sträubten sich seine Nackenhaare. Das war doch nicht ihr Ernst. Sie konnte ihn unmöglich zum Tanz auffordern, sie war eine Frau. "Ich esse.", gab er abweisend zurück. Schweigend sah der Dunkelelf zu ihr empor, während er die Blicke der anderen Elfen wohlweislich auf sich ruhen spürte. Dass er allein nicht gleich aufsprang und sogar Widerworte gab, war bereits verwunderlich genug und selbst der König sah fragend in seine Richtung. Wenn er nicht auffallen wollte, dann blieb ihm wohl doch nichts Anderes übrig und so ließ er mit einem stummen Seufzen die Gabel wieder sinken. Wenige Augenblicke später ruckte der Stuhl über das Parkett zurück und Lyrin hatte sich zu voller Größe aufgerichtet, während er auf die Prinzessin hinabsah. Stumm und schicksalsergeben reichte er ihr seinen Arm. Die Prinzessin wunderte sich kein bißchen, als sie merkte, dass der Dunkelelf nicht mit ihrer Aufforderung rechnete und zuerst abweisen wollte. Das machte die Sache doch nur interessanter. Ihr Lächeln wurde noch strahlender und ihre Laune noch besser. Als der Mann sich dann aufrichtete staunte sie etwas über seine Größe, was ihr sehr gefiel. Jedoch, als dieser ihr den Arm reichte lachte sie kurz auf. "Spaßen Sie mit mir?" fragte sie schmunzelnd und schnappte sich einfach seine Hand und zog ihn mit sich auf die Tazfläche. Erst dort ließ sie seine große warme Hand los und klatschte einmal indie Hände worauf eine ganz andere Melodie gespielt wurde. Ein fröhlichen schottisches Lied, worauf man richtig tanzen konnte. Ohne nachzudenken kickte sie ihre weiße Schuhe ab und zog das Ende ihres weißen Kleides etwas hoch, damit das Seidenkleid nicht zerriss. Sie wollte darauf mal einen Klumpen machen, aber das wäre schon wirklich zu viel gewesen, deshalb ließ sie es gut sein. Als sie dann anfing zu tanzen, grinsten die Gäste und tanzten auch selber weiter, als ob eben Nichts geschehen wäre. Es war nur ihr erlaubt in Phönixia die regeln zu brechen, aber sie machte das ja auch ständig. Lyrin wartete mit kühlem Blick darauf, dass sie sich bei ihm unterhakte, aber stattdessen brach sie innerhalb von Augenblicken die restliche Etikette und griff unerwartet nach seiner Hand. Noch bevor er die Lippen zum Protest aufbekam, zog sie ihn auch schon zwinkernd hinter sich her auf das blankpolierte Parkett. Er hatte nicht wirklich Zeit, um über ihre Geste nachzudenken, als sie ihn auch schon wieder losließ und begeistert in die Hände klatschte. Automatisch wechselte die Musik in die völlig entgegengesetzte Richtung und ihre Schuhe flogen im hohen Bogen von ihren Füßen, bevor ihre Fingerspitzen das Kleid aufrafften und sie die ersten raschen Schritte vollführte. Dann wirbelte die Kronprinzessin auch schon herum und die anderen Elfen ihres Volkes imitierten ihre Bewegung mit einer unerwarteten Geschicklichkeit, während er selbst immer noch stumm auf ihre Bewegungen starrte. "Das ist nicht euer Ernst.", brachte er nach einer gefühlten Ewigkeit zwischen den Zähnen hervor, während er genau wusste, dass seine Handlanger sich wahrscheinlich gerade zu Tode kicherten. Was war das überhaupt für eine Frau?! So benahm man sich doch nicht auf einem Ball, vielleicht auf einer privaten Feier unter seinesgleichen... Suzuna fand es äußerst amüstand wie Lyrin auf ihre Gesten reagierte. "Ach, kommen Sie schon! Wenn Sie mit mir tanzen, ist Alles erlaubt!" sagte sie fröhlich bevor die Musik noch schneller wurde. Sie hackte sich dann bei ihm ein und drehte sich mit ihm so wie man sich dreht, wenn Country-Musik gespielt wird. Danach entfernte sie sich wieder von ihm und lachte fröhlich, als sie den Gesichtsausdruck des Dunkelelfes sah. Wenige Sekunden später nahm die Prinzessin beide Hände von Lyrin und fing an sich mit ihm zu drehen. Schneller und immer schneller. "Whuuuaaa! XDDDD" kreischte sie lachend und drehte sich mit ihm weiter. "Hahahaha!" sie lachte herzhaft und schien wirklich Spaß zu haben. Lyrin hatte eigentlich nicht die Absicht gehabt auch nur die Fußspitze entsprechend der Musik zu bewegen, aber davon schien zumindest seine unfreiwillige Tanzpartnerin nichts zu halten, die sich fröhlich bei ihm wieder unterhakte und mit sich riss. Er konnte gar nicht anders als ihren Bewegungen zu folgen und stolperte beinahe unbeholfen mit, ehe Suzuna ihn wieder losließ, nur um im nächsten Moment nach seinen Händen zu greifen. Unwillkürlich begann sie nach rechts zu laufen und zog ihn mit sich, während sie ihn regelrecht anstrahlte. Doch noch bevor Lyrin die Idee verwirklichte, sich von Suzuna loszumachen, spürte er den argwöhnischen Blick der Leibwachen des Königs auf sich und so beschloss er seufzend seinen Unmut beiseite zu schieben. Er hatte bereits jetzt viel zu viel Aufmerksamkeit - und vielleicht kam er durch sie sogar in Schlagweite ... Kurz blitzten seine Zähne zu einem fast boshaften Lächeln auf, dann umfasste er ihre Fingerspitzen fester und verschnellerte seinerseits das Schritttempo. Wenn sie es nicht anders wollte, würde er das Spiel eben zu zweit spielen. Innerhalb von wenigen Runden hatten beide ein Tempo erreicht, bei dem einigen der Zuschauer bereits die Lippen offen standen, ehe sie im Takt die Musik anpeitschten und kräftig in die Hände schlugen. Selbst die Musiker schienen Wasser und Blut zu schwitzen, während sie ihre Bögen über die Saiten der Violinen schießen ließen, schneller und schneller, während die Stimmung im Saal immer höher kochte. Ein Wahnsinnstempo. Ow ja! Die Gäste schauten dem Spielchen gebannt zu und warteten gespannt darauf wann die beiden nach hinten fielen. Das passierte aber noch nicht, nein. Suzunas Lachen konnte man schon im ganzen Saal hören. Ihre lange violetten Haare wirbelten in der Luft und streichelten manchmal über Lyrins Wange. Als die Musik und das Tempo den Höhepunkt erreichten ließ Suzuna automatisch die Hände des Dunkelelfen los, beide fielen nach hinten. Sie landeten aber nicht auf dem Boden. Einen Augenblick später schwebten beide schon irgendwo anders. Um ihnen waren weiße Wolken die wie Zuckerwatteknollen aussahen und er Himmel selbst wurde vom Licht der untergehenden Sonne leicht rosa gefärbt. Suzuna "lag" auf dem Rücken und schwebte so liegend im Nichts. Unter den beiden war keine Erde zu sehen. "Hach, was für ein angenehmes warmes Licht" flüsterte die junge Frau dann bevor sie die Augen öffnete und zu Lyrin rüberschaute, der anscheinend ziemlich irritiert darüber war aus dem Palast weggebracht worden zu sein. Suzunas warmes Lächeln verschwand und sie drehte sich nun ganz zu ihm um. Es vergingen lange Minuten mit schweigen. Dann brach sie die Stille nur ganz kurz. "Tu ihm nichts." flüsterte sie kaum hörbar. Irgendwann im Laufe der rasenden Schritte hatte sich seine Konzentration einzig auf seine Tanzpartnerin und auf die richtige Abfolge verlagert, während ihr Lachen immer wieder an sein Ohr drang. Es war nicht einmal ihre Ausdauer, die ihn wirklich überraschte, sondern eher die unbändige Freude dabei mit einem Wildfremden zu tanzen, von dem sie nicht mehr wusste als wie er aussah. Nur flüchtig fühlte er ihre Haarspitzen an seiner Wange entlang streichen und den Druck ihrer Fingerspitzen, die er noch immer umschlossen hielt als die Musik mit einem Stakkato das maximale Tempo anschlug und sie sich von ihm unerwartet löste. Doch anstatt den harten Boden unter sich zu finden, fiel er ... weich?! Noch dazu fehlte der Boden des Saals, das glänzende Parkett und ... Verwirrt musterte er die Umgebung, ehe ihm langsam aufging, dass er auf irgendetwas Weißem gelandet war und die Wände auf einmal in völlig anderen Farben leuchtete. Alarmiert glitten seine Iriden zurück zu der Elfe, die leise vor sich hinseufzte und noch immer ein angenehmes Lächeln zur Schau trug. Dann erstarb es jedoch und instinktiv spannten sich seine Muskeln an, in der Erwartung dass nun etwas Unangenehmes kommen musste. Stattdessen zogen sich die Minuten jedoch in endlosem Schweigen dahin bis sie die Stille aufhob. "Tu ihm nichts.", hörte er sie leise flüstern und tatsächlich wusste Lyrin im ersten Moment damit nichts anzufangen. Dann ging ihm jedoch eine Vermutung auf, wovon sie da sprach und wortlos begegnete er ihrem Blick. "Ich weiß nicht was ihr meint, Mylady.", erklärte er kühl, bevor er sich knapp verbeugte. "Ich bin lediglich ein Bote und auf diplomatischer Mission." Damit nickte er Suzuna zu und unternahm die erste Anstalt auf den hellen Wolken einen Schritt vorwärts zu gehen. Suzuna schwebte nun genau vor ihm und hob eine Hand. Ihre Fingerspitzen berührten seine Lippen. "Bitte, lügen Sie mir nicht in die Augen." erwiderte sie leise und schaute ihm nun genau in die Augen. In ihren goldenen Augen wiederspiegelte sich Sorge. Sie machte sich Sorgen um Jemanden. "Bitte... ich bitte Sie...... tun Sie ihm nichts." flüsterte sie dann erneut und bekam leichte Tränen in die Augen. Er hielt im Schritt inne, noch bevor er ihn vollendet hatte und auf ihre Gestalt hinabsah, die sich so mühelos genähert hatte, als ob sie nie in ihrem Leben den Boden berührte. Zweifellos wusste er noch immer nicht, ob er nur einer Illusion zum Opfer fiel oder ob es die Wirklichkeit war, aber ihre Fingerspitzen fühlte er auf seinen Lippen als ob es tatsächlich real war. Selbst der verletzte Ausdruck, der sich in ihren Iriden wiederspiegelte, konnte unmöglich eine Einbildung sein - erst recht nicht, als diese verräterisch zu schimmern begannen, während Suzuna ihre Bitte inständig wiederholte. Schlussendlich wich Lyrin jedoch vor ihr zurück, ehe er der Versuchung erlag ihr auch nur eine halbe ehrliche Antwort zu geben und so blickte er ihr noch immer unnahbar entgegen. "Die Dinge geschehen wenn es an der Zeit ist, dass sie geschehen, gleich wovon ihr auch sprechen mögt, Mylady. Mehr habe ich euch nicht zu sagen, zwingt mich nicht dazu euer Schweigen einzufordern." Suzuna musste sich zusammenreißen um nicht richtig loszuweinen und atmete einmal tief durch. Ihre Blick trafen sich dann wieder. Ihr Blick war aber diesmal nicht mehr besorgt nur einfach..... hmm... ruhig... Ja, und sie lächelte wieder. "Danke" diese Worte verließen ihren Mund und sie drehte sich einmal im Kreis. Als sie dann wieder zu ihm gedreht war, verschwand die Umgebung und sie waren wieder im großen Saal. Suzuna verbeugte sich kurz, als Dank für den Tanz, hob ihre Schuhe auf - zog sie aber nicht wieder an. Als sie dann an Lyrin vorbeiging flüsterte sie ihm noch etwas zu, was wirklich nur er hören konnte. "Ich weiß, dass Sie das Richtige tun werden... Ich habe Vertrauen in Ihnen." hauchte sie und verschwand dann in ihr Zimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)