200 Jahre nach dem Helden der Zeit.. von stelkur (für alle GaniFans) ================================================================================ Kapitel 3: Brennende Luft ------------------------- Der nächste Morgen brach wie immer frostig an. Merle kuschelte sich tiefer in die Decken. Ein unangenehmes Gefühl drang in ihr Bewusstsein. Ihre Zehen begannen von der Kälte taub zu werden. Noch mit geschlossenen Augen und gespitzten Lippen zog sie ihre Füße näher an sich heran. Dann runzelte sie die Stirn. Um sie herum war viel Bewegungsfreiheit, und das war komisch weil....langsam machte sich die Erinnerung an die vorherige Nacht in ihr breit. Mit einem Ruck setzte sie sich auf und riss die Augen auf. Sie war alleine. Noch verschlafen und etwas orientierungslos sah sie sich um. In einiger Entfernung war die Feuerstelle, und weiter hinten eine Decke die sie in der Dunkelheit verloren hatte. Sie selber lag in mehrere Decken gehüllt auf Ganons Platz. Ganon war nicht hier, aber Rassko stand aufgesattelt in einiger Entfernung und stampfte erwartungsvoll. »Hier« sagte eine vertraut kratzige Stimme und ein Streifen Trockenfleisch erschien in ihrem Sichtfeld. Kommentarlos nahm sie ihr Frühstück entgegen, stand dann jedoch etwas schneller als es nötig gewesen wäre auf und ging zu ihrem eigenen Schlafplatz zurück. Verlegen, und ohne ein Wort zu sagen kaute sie auf dem zähen Stück haltbaren Fleisches herum. Mit einer Mischung aus Gefühlen bemerkte sie beunruhigt einen fremden Geruch an sich. Ihre Kleidung roch nach ihm. Ganon hingegen ließ sich nicht anmerken ob er ihre Verlegenheit bemerkte und verhielt sich wie immer, -wortlos. Als es an der Zeit war aufzubrechen, schwang sich Merle wie gewohnt hinter ihm auf Rassko und bald war sie wieder gefangen in der Ödnis des endlosen Trottes. Die Landschaft um sie herum war verändert, immer weniger Bäume waren zu sehen, und wenn dann auschließlich Laubbäume. Der Boden war nun weniger felsig, überall war Sand zu sehen, der mehr und mehr wurde, und sich durch den Wind aufgewirbelt, in Kleidung, Mund und Haare festsetzte. Als sie einen Felskamm entlang ritten, blickte Merle beiläufig zum Horizont an dem ein schwarzer Schemen auszumachen war, mit Kanten und Spitzen, jedoch flach genug um nicht auf den ersten Blick als eine Stadt zu erkennen. Bhodain. Die Stadt auf Steinstaub. Ganon hatte sich nicht besonders viel dazu geäußert, also sog Merle die Eindrücke die von außen bereits zu ihnen herüber drangen in sich auf. Die Mauern bestanden aus groben, massiven Sandstein, der hell in der Sonne leuchtete. Es gab eine Menge Türme, die jedoch alle recht schlank und nicht besonders hoch waren. Die Stadt mochte fünhundert Seelen beherbergen, und war mehr ein Grenzposten für Schmuggler als eine richtige Stadt. Zwei dunkelhäutige, sehnig aussehende Männer, wohl Angehörige eines Wüstenvolkes, bezogen ihren Posten am Haupteingang. Sie sahen den beiden Neuankömmlingen mit ausdrucklosen Augen entgegen, die Gesichter von einem merkwürdigen Messinghelm beschattet, in einer Schmiedart wie Merle sie zuvor noch nicht gesehen hatte. Der Rest war in eine rostigen Rüstung mit schlecht sitzenden Rüstungsschienen gehüllt und notdürftig mit Lederriemen zusammen gehalten. Ganon bedeutete ihr sitzen zu bleiben, stieg ab und begann langwierige Verhandlungen. Dabei sprachen er und sein Verhandlungspartner eine Sprache die sich wie flüssiges Eisen anhörte, Merle konnte es nicht besser beschreiben, selbst wenn sie gewollt hätte. Aber sie hätte beschwören können, wenn sie nur versucht hätte ein einziges Wort dieser Zungenfolter auszuprobieren, sie wäre an dem Wort erstickt oder hätte sich die Kehle damit aufgeschnitten. Endlich, der Wachposten wedelte missmutig mit der Hand und nahm einige Kupfermünzen in Empfang. Ganon bemerkte noch etwas beiläufig, worauf der Zweite rau zu lachen begann. Danach sahen alle Drei mit einem Feixen zu Merle. Die strafte Ganon mit ihrem finstersten Blick als er noch immer schnaubend zurückkam. Aber anstatt aufzusteigen, nahm er Rasskos Zügel in die Hand und führte seine Begleiterin so in die Stadt. Eine Mischung aus bitterem Staub und den alltäglichen schlechten Gerüchen einer Stadt hüllte sie ein. Menschen mit unterschiedlich dunkler Hautfarbe, darunter auch erstaunlicherweise einige hylianisch aussehende Menschen, eilten an ihnen vorbei, alle ausnahmslos sehnig und etwas knochig. Das Leben hier in der Steinwüste war hart. Ein Mann mit hübschen, jedoch unauffälligen Stickereien am Mantel erregte Merles Aufmerksamkeit. Die Zeichen für Feuer. Ein Feuermagier. Sein Gesicht war schmal, aber markant, seine Augen dunkel. Sein Alter vermochte sie nicht richtig einschätzen zu können, aber er musste wohl noch unter dreißig sein. Er eilte mit gewichtigen Schritten und hocherhobenen Hauptes an den beiden Fremden vorbei. Merle versuchte seinen Weg mit ihren Augen zu verfolgen, doch er war bald im Getümmel verschwunden. Aber jetzt war sie sicher, hier gab es eine Magierschule! Sie sah sich weiter um. Würde jemand wie sie in so einer Stadt überleben können? Die Menschen waren hart und das Leben rau, trotzdem kamen diese fremden, etwas merkwürdig und exotischen Menschen ihr ehrlicher vor als das Volk von Hyrule. Lieber zusammen leben mit Menschen die ihre dunklen Seiten offen zeigten, als falsche Versteller und Täuscher. Die Menschen hier wirkten-...echter. Rassko warf nervös den Kopf hoch, Menschenmengen machten das riesige Streitross nervös. Ein stetiges Stimmengewirr und der Flair des exotischen unbekannten umgab sie. Wenn sie es schaffte in dieser Stadt unterzutauchen...wäre es ihrem Begleiter nie wieder möglich sie aufzuspüren. Sie betrachtete Ganon von der Seite der sich an Rasskos Seite einen Weg durch die Menschenmenge bahnte. Seine energische Art und das große Pferd brache die Leute wie von selber dazu ihm den Weg frei zu machen, wenn auch widerwillig. Aber was würde er tun wenn ihr Fluchtversuch misslang? Ihr Gesicht nahm entschlossene Züge an. Nein, sie durfte sich von solchen Gedanken nicht aufhalten lassen. Es war an der Zeit ihre Zukunft selber in die Hand zu nehmen. Sie hatte es satt sich ständig von anderen Menschen in eine für sie vorbestimmte Bahn drängen zu lassen. Immerhin, sie hatte ja wohl auch ein Wörtchen mitzureden. Als ob er ihre Gedanken gehört hätte, sah Ganon zu ihr auf. Sie erschrak, aber dann wurde ihr klar dass sie ihn weiterhin unverwandt angestarrt hatte, und er ihren Blick gespürt haben musste. »Was?« »...gar nichts« Sie sah wieder weg. Sie wich absichtlich seinem Blick aus. Aus irgendeinem Grund sah sie wieder die Bilder vor sich als er nach der Folter am Pfahl gebunden saß. Ihre Miene verhärtete sich abermals. Das Mitleid von damals brauchte sie heut nicht mehr zu kümmern, immerhin hatte er sie entführt, wohlgemerkt gegen ihren Willen. Eine Entführung mochte in einer Geschichte etwas romantisches sein, aber in der Gegenwart, nun ja, wenn man einige Nächte auf steinharten, eiskalten Lagern geschlafen hatte und sich Tagelang nur von ekeligen Trockenfleisch ernährt hatte, verlor die Geschichte ganz schnell ihren Glanz. Die Straße auf der sie sich befanden weitete sich zu einem großen Platz, sie waren am Markt angekommen. Wackelige Stände mit ausgebleichten Tüchern bildeten eine farblose Reihe, Menschen feilschten, boten an oder diskutierten mit gestenreichen Geschrei. Die Tücher vor dem Gesicht der Händler, zum Schutz vor dem alltäglichen Sandstaub, ließ sie zu einer Einheitsmasse ohne Unterscheidungsmöglichkeiten verschmelzen. Ganon führte Rassko zielstrebig zu einem Stand der abgetragene Kleidungsstücke anbot. Hier war noch mehr Trubel als vorhin auf der Hauptstraße, das Überschreiten des Platzes würde einige Zeit in Anspruch nehmen. Eine Schar aufgeregt schwatzender junger Männer stand nahe des Kleidungsstandes. Magieradepten! Der Händler maß die beiden mit abschätzenden Blick. Fremde die sich nicht auskannten wurden von ihm beinahe ohne es zu merken über den Tisch gezogen. Merle stieg ab um sich einige der Umhänge näher anzusehen. Die meisten waren gebraucht, in schmutzigem Braun gehalten und abgetragen, doch sie fand einen der nicht all zu streng roch und innen gut gefüttert war. Dazu kombinierte sie ein paar alte Lederstiefel die ungleich groß waren. Sie behielt alles gleich an während Ganon sich an das Feilschen machte. Bei der erstbesten Gelegenheit tauchte Merle in der Menschenmenge hinter sich unter indem sie ihre Kapuze ins Gesicht zog und zwei Schritte zurück machte. Von hier aus war sie kaum mehr von Ganon zu sehen. Der Zeitpunkt an dem sie es sich noch anders überlegen konnte. Mit entschlossenen Schritten drehe sie sich um und schlug sich zu der Gruppe der Magierlehrlinge durch. So unauffällig wie möglich gesellte sie sich zu dem geschlossenem Grüppchen. »...hat die Beschwörung total vermasselt, das Feuer sprang ihm direkt ins Gesicht, dieser Damos!« meinte ein vermummter Magier mit boshafter Stimme. Gelächter antwortete dieser Aussage. Merle war erleichtert, sie sprachen die allgemeine Sprache. Anscheinend war dies noch der letzte Grenzposten der Zivilisation, ein Schmelztiegel der Völker. In eine Magieschule aufgenommen zu werden ohne sich verständlich machen zu können wäre eine Herausforderung. »Die Katastrophe beruhte auf einen kleinen Übersetzungsfehler, Kaar. Etwas das dir auch sehr häufig passiert. Bisher hatte es nur nicht diese Auswirkung. Trotzdem warst du einmal drei Tage lang blind« ließ sich nun eine etwas bedächtigere Stimme vernehmen. Merle hob etwas den Kopf, achtete jedoch darauf dass ihr Gesicht weiterhin im Schatten lag. Es war ein Magier mit hylianischen Gesichtszügen und schwarzen Haaren der das gesagt hatte. Merle erkannte in ihm den Magier der vorhin an ihr vorbeigeeilt war. Schnell zog sie sich etwas zurück. Falls er sie wiedererkennen sollte, war alles aus. Dem jungen Gerudo-Magier, der vorhin so gespottet hatte, brannten die Wangen vor Scham. Es schien als könnte er Kritik nur schlecht vertragen. Bevor er jedoch etwas sagen konnte, meldete sich eine andere Stimme zu Wort. » Hey ihr beiden, lasst es gut sein. Wir sind ja alle noch keine Meister. Also lasst uns zurückkehren, unser Ausgang ist nun sowieso beendet.« Einige in der Gruppe schienen noch nicht bereit zu sein zurück zukehren, jedoch machten sich alle gehorsam auf den Weg. Merle hielt sich knapp hinter ihnen. Der Feuermagier, der Kaar zurecht gewiesen hatte, ging an der Spitze der Gruppe und würde ihr so nicht gefährlich werden können. Sie warf einen Blick über die Schulter. Von hier aus konnte sie gerade noch Ganons roten Haarschopf sehen der aus der Menge ragte. Suchend wandte er sich um. Sie duckte sich und ging einer neuen Zukunft entgegen. In einer Seitenstraße lag die Schule der Magier. Ein hölzernes Gebäude mit zwei Stockwerken, von außen unscheinbar, und doch meinte Merle eine Aura der Magie wahrzunehmen. Aber das bildete sie sich vermutlich ein. Schwatzend gingen die Lehrlinge in die Schule. Sie ging mit den letzten Nachzügler auf die Eingangstüre zu als sie etwas am Kragen packte. Wütend schlug sie um sich. Dieser blöde Ganon! Mit einem erbosten Schrei versuchte sie sich los zu machen, doch sie wurde mit eiserner Hand mitgezerrt. » Lass mich los du..!« in ihrer Wut fehlten ihr die Worte. Ihr Kreischen erweckte nur bei den wenigsten Menschen Aufmerksamkeit. Jeder kümmerte sich um seine eigenen Angelegenheiten. Nur eine Gestalt begab sich aus der Magierschule. Merle wurde grob in eine leere Seitenstraße gezerrt. Eine mit schäbigen Tüchern bekleidete Gestalt, definitiv nicht Ganon, wirbelte sie herum. Rauer Atem strich ihr über stinkend und warm übers Gesicht. »Lass los, du widerlicher Mistkerl!!« »Halt still« meinte er nur und sah zum Eingang, abwartend. Merle fragte sich worauf er wartete. Nach einigen Minuten erschien eine Gestalt mit einem Umhang mit undefinierbarer Farbe. Merle versuchte zurück zu weichen vor der heran nahenden Figur, wurde jedoch von dem Kerl hinter ihr festgehalten. Die vermummte Gestalt blieb vor den beiden stehen und schlug die Kapuze zurück. Es war der junge Feuermagier. »Du warst ja schnell hier« Der Mann hinter ihr sprach mit merkwürdig gepresster Stimme. »Ihr ward nicht zu überhören, und der Impuls den du mir gesendet hast war ja deutlich genug.« Der Schwarzvermummte rüttelte Merle am Kragen. »Die Kleine hat mir unwissentlich ganz schön Ärger gemacht, ihre magischen Impulse sind nicht ohne, hätten mich fast paralysiert wenn ich nicht einen Schutzschild aufgezogen hätte« Der Feuermagier beugte sich mit großem Interesse zu Merle herab. »Einen Abwehrimpuls? Sie ist Magierin« Mit einer Hand fuhr er vor Merles Gesicht auf und ab. »Ein Wassermagier, ganz was Seltenes hier. Aber die Begabung könnte stärker ausgeprägt sein. Na ja, zumindest mal etwas womit man arbeiten kann« Merle sah ihn skeptisch an. Was zum Teufel ging hier vor? Magieimpulse? Was für Blödsinn war dass denn? Sie hing wie ein junger Hund am Kragen gepackt in der Luft und wurde wie Ware begutachtet. Gleich überprüfte er noch ihre Zähne wie bei einem Gaul. »Bitte helft mir! Dieser Kerl hat...«Sie brach ab als sie seinen Blick sah. »Was wollt ihr?!!« Er sah sie mit merkwürdig gierigem und etwas mitleidigen Blick an. »Magier sind knapp. Normalerweise schnappen wir nur Menschen mit kaum vorhandenen magischen Fähigkeiten, aber trotzdem sind sie nützlich. Zum Beispiel als Taschendiebe, Einbrecher oder..« er sah sie grinsend an «in Sachen Liebe. Wir helfen diesen Menschen ihre kleinen Fähigkeiten kennen und nutzen zu lernen und profitieren auch davon. Gewinne werden geteilt. Aber Menschen mit magischen Fähigkeiten die sich nicht nur passiv einsetzten lassen nennt man Magier. Sie können ihre Fähigkeiten ausbauen und aktiv einsetzen. Du bist ein guter Fang« Er griff nach ihrem Kinn und hob es an. Sein Grinsen offenbarte jede Menge Zähne, seine Augen leuchteten wölfisch. »Hier gibts vorwiegend Erd- Schatten- und einige Feuermagier. Aber Heiler sind selten, da kann ich auch davon absehen dass deine Fähigkeiten so gut wie nicht vorhanden sind« Merle starrte ihn an als ob er den Verstand verloren hätte. Sie war in eine Rebellion gestoßen, war entführt worden um Feinden ihres Landes wertvolle Informationen zu verraten, und wurde jetzt von MAGIERSKLAVENHÄNDLERN GEFANGEN GENOMMEN??!! Die letzten Worte hatte sie dem Magier laut ins Gesicht geschrien. Er war wütend zurück gewichen und hielt sich die Hand vors Ohr. »Und ein Organ hat sie auch dass man taub werden könnte.« Er lachte laut und zog sich die Kapuze übers Gesicht. Er drehte sich um und verschwand in die aufkommende Dunkelheit. Es wurde langsam Nacht. Merle sah ihm sprachlos nach. Dann wurde sie in die andere Richtung davon gezerrt. Sie holte tief Luft um laut los zu schreien als ihr ein stinkender Knebel in den Mund gedrückt wurde. Sie musste einige Male würgen bevor sie den Gestank ertrug, während sie die Straße entlang geführt wurde. Der Mann der sie mitzerrte hatte ein grobes Gesicht und eine breite Narbe die von seiner Augenbraue, über die Wange bis zu seinem Kinn verlief. Ein schmuddeliger Dreitagebart bedeckte sein Gesicht. Merle versuchte zu protestieren, aber der Knebel ließ kaum mehr durch als ein paar erstickte Laute. Ihre Hand begann bereits taub zu werden vom festen Griff des Kidnappers. Am Ender der Straße öffnete sich die Tür eines schäbigen Gasthauses. Ein paar fremder Hände nahm den Neuzukömmling in Empfang. Es dauerte etwas bis Merles Augen sich an die Dunkelheit gewohnt hatten. Verwirrt blinzelte sie und versuchte etwas zu erspähen. „Mmhmm“ brachte sie gerade noch durch diesen verdammten Knebel hervor. Eine heisere Frauenstimme murmelte beruhigende Worte. Es schien als wäre Merle nun in Gewahrsam der Wirtin, einer Frau um die fünzig mit harten Gesichtszügen, wie sie nun erkennen konnte. Merle sah sie bittend an, doch sie wurde nicht weiter beachtet. „Pass auf die auf, dieser kleiner Satansbraten macht bestimmt Ärger.“ Knurrte der Mann ärgerlich, und verschwand wieder, nicht ohne vorher der Frau einen klimpernden Beutel zuzuwerfen den sie geschickt auffing. „Komm mit mein Täubchen“ krächzte sie. „Ein hübsches Täubchen haben sie da gefangen, hübsches Täubchen, nicht oft“ Die Alte lachte und Merle rann ein Schauer über den Rücken. Die Hexe, wie sie von der missgelaunten Merle in Gedanken nun genannt wurde, kramte in einer Schale und plötzlich umschlang ein heißes rotleuchtendes Band die Handgelenke ihrer Gefangenen. „Dem Täubchen die Flügelchen stutzen damit es nicht wegfliegt...“ Merle war eher danach dem alten Täubchen den Hals umzudrehen, konnte jedoch nichts weiter tun. Zehn Minuten später saß sie in einem winzigem, dunklem Zimmer. Der gammelige Strohsack ließ darauf schließen dass sie ein wenig länger hier bleiben würde. Frustriert zog sie den Knebel aus dem Mund und hieb mit ihren zusammengebundenen Fäusten gegen die Wand und biss die Zähne zusammen. Keine Träne würde über ihre Wange laufen, keine einzige! Ein trockener Schluchzer entrang sich ihrer Kehle. Was verdammt noch mal hatte sie verbrochen um ständig in solche Situationen zu landen?? Einige Zeit später, sie war bereits an der Wand gelehnt eingenickt, wurde die Tür geöffnet und eine Schale und etwas Wasser herein gestellt, dann schloss sich die Tür wieder. Merle schleppte sich zu ihrem Essen und aß ohne großen Appetit den geschmacklosen, etwas ekligen Brei. Der Strohsack danach war sogar noch unbequemer als er auf den ersten Blick ausgesehen hatte. Mit zunehmenden Rückenschmerzen schlief sie erst nach einigen Stunden ein... Ganon trat in die Herberge ein in der er schon früher genächtigt hatte und warf einige Münzen auf den Tresen. Der Wirt nahm wortlos einen Schlüssel vom Haken und händigte ihn aus. Müde und enttäuscht stieg er die Treppe nach oben und sperrte die Zimmertür auf. Es war bereits spät in der Nacht und er ließ sich wie er war aufs Bett fallen. Aber anstatt einzuschlafen, ging er die Geschehnisse des Tages noch einmal im Kopf durch. Er hatte sich am Gewandstand nur kurz umgedreht und Merle aus den Augen gelassen, da war sie schon weg. Im ersten Moment hatte er sich furchtbar geärgert, war sie doch ein kleiner Weltmeister im Ärger machen. Aber nach und nach fragte er sich ob da nicht mehr dahinter steckte. Die Menschen hier waren furchtbar eigenbrötlerisch und sehr für sich, eine Außenseiterin fiel hier auf wie ein bunter Hund, besonders wenn sie die hiesige Sprache nicht besonders oder gar nicht sprach. Er hatte überall gesucht, hatte sogar Straßenjungen für Informationen bezahlt, aber niemand wollte sie gesehen haben. Nur ein paar Leute konnten sich wage erinnern ein braunhaariges Mädchen gesehen zu haben. Es war frustrierend. Er hätte besser aufpassen müssen. Er verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Die noch verheilende Wunde an seiner Schulter pochte wütend, anklagend, gemeinsam mit einem gerade erst abschwellendem Bluterguss an seinem Arm. An den freundlichen Empfang in Hyrule würde er sich noch lange erinnern, und das eine oder andere Andenken würde er auch zurückbehalten. Er fuhr sich müde über die Augen. Was sollte er jetzt machen? Weitersuchen? Die Wahrscheinlichkeit jemanden hier Verschwundenen wiederzufinden...war gelinde gesagt äußerst gering. Hatte er eine Alternative? Nein. Dieses kleine Biest hatte zu wichtige Informationen, und schlimmer noch, er hatte bereits einen Wühler losgeschickt und der würde mit dieser Nachricht in ein bis zwei Wochen im Gerudotal ankommen. Er drehte sich auf die Seite um sich schlafen zu legen. Kurz bevor er einschlief fragte er sich was der Kleinen passiert war. Die Tür schwang auf und schlug fest an die Seitenwand. Wie von der Tarantel gestochen fuhr Merle hoch und sog scharf die Luft ein. Das Gegenlicht machte es unmöglich auszumachen wer da im Türrahmen stand „Los, raus hier!“ Verwirrt und zerschlagen stand Merle auf und wurde prompt an dem Handgelenk gepackt und aus dem Zimmer gezerrt. Verzweifelt blinzelnd versuchte Merle sich zu orientieren als sie eine Treppe herabgezogen wurde. Der Feuermagier von gestern schubste sie zur Tür auf die Straße hinaus und machte sich daran mit einigen losen Brettern die Tür hinter sich zu verbarrikadieren. „Was ist denn los?“ Er ging nicht auf ihre Frage ein sondern fuhr fort. Sein Gesicht war nass vor Schweiß und sein Ausdruck gestresst. Leise stand Merle auf und ging einige Schritte rückwärts. Eine perfekte Gelegenheit. Sie drehte sich um und war zwei Schritte weit gekommen, da riss er sie herum und schlug ihr mit der flachen Hand fest ins Gesicht sodass sie einen schmerzerfüllten Schrei nicht unterdrücken konnte. „Halts´Maul du kleines Luder!“ Grob riss er sie herum und hetzt Merle im Schlepptau die Straße weiter. Aus der Spelunke drangen krachende Geräuche, Männer schrien, Mobiliar wurde zertrümmert. Dann begann jemand gegen die verbarrikadierte Tür zu schlagen. „Öffnen Sie die TÜR“ Merle wehrte sich mit aller Kraft. „ICH BIN HIER, BITTE HELFEN SIE MIR!!“ „Halt´s Maul hab ich gesagt“ zischte der Magier und hielt ihr den Mund zu. Merle war so wütend, sie biss mit aller Kraft hinein, sie hatte die Schnauze so voll! Er schrie erbost auf, aber anstatt sie noch mal zu schlagen zerrte er sie nur weiter. Halb stolpernd, halb gehend musste Merle am Kragen gepackt folgen und ihre Handfesseln waren dabei nicht eben hilfreich. Ihre rechte Gesichtshälfte brannte und begann bereits anzuschwellen. Sie hasteten an einigen Leuten vorbei doch all zu viel waren nicht unterwegs, es war noch sehr früh und die Morgendämmerung hatte gerade begonnen. Einige Straßen weiter kam ein Tor in Sicht. Der Sklavenhändler hielt entschlossen darauf zu und Merle die all ihre Blessuren nun so richtig zu spüren bekam hatte kaum die Kraft sich weiter dagegen zu wehren. Aber eines war ihr klar. Verließ sie die Stadt war sie verloren. Niemand würde ihr mehr helfen können. Andererseits, wer sollte ihr jetzt helfen? Niemand daheim würde sie suche, geschweige denn je finden. Nur Ganon musste wohl oder übel nach ihr suchen. Auch wenn sie ihn dafür hasste was er getan hatte, dafür hasste was er noch tun würde, wäre es ihr doch ein Trost gewesen zu wissen dass er sie auch aus ein bisschen Menschlichkeit heraus suchen würde. Die Wachen am Tor standen gelassen an die Mauer gelehnt, erschöpft von ihrer Nachtwache. Möglich war auch dass Alkohol mit im Spiel gewesen war, beide sahen nicht mehr ganz frisch aus. Der Feuermagier zielte scheinbar darauf ab an den beiden vorbei zu stürmen noch bevor sie ganz begriffen was los war. Und der entschlossene Gesichtsausdruck verriet dass er notfalls auch Magie einsetzen würde. Merle fragte sich wie er in der Wüste überleben wollte, ohne Vorräte, ein Lager, der nötigen Kleidung für die Nacht. Der jüngere der Wachen hob den Kopf und bemerkte den Mann der ein Mädchen hinter sich her schleppte, griff fester nach seiner Lanze und gab seinem Kumpel mit einer Handgeste zu verstehen dass es an der Zeit war aufzuwachen. „Kelam, mann, werd wach!“ nuschelte er mit einer Stimme die man nur als dümmlich bezeichnen konnte. Der Alkohol sprach daraus deutlicher als die Worte selbst. Der ältere Mann, mit einem deutlichem Doppelkinn, grunzte nur unwillig, machte jedoch einen Schritt und verstellte den beiden somit den Weg. „Was ist euer Begehr“ fragte der kaum siebzehnjährige Bursche brav. „Dass du mir aus dem Weg gehst“ Der Fette trat einen Schritt vor. „Na na, doch nicht in diesem Ton. Du bist doch sonst nicht so, Lazarius“ Er blickte an ihm vorbei und lächelte Merle schmierig an. Der Feuermagier strich sich mit einem merkwürdigem Lächeln einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Wie immer besonnen und Weise mein Freund“ Der fette Kelam runzelte noch gerade die Stirn ob dies eine Beleidigungwar, da sagte Laraius:“ Aber heute hab ich’s eilig.“ Und damit zuckte sein Arm vor. Doch anstatt dass aus seiner Handfläche Feuer hervorbrach, explodierte der Gürtel an Kelams Hüfte und begann zu brennen. Die beiden Wachleute schrien vor Schreck und versuchten dann das Feuer mit ihren bloßen Händen auszuklopfen. Lazarius packte Merles Hand noch fester und ihr blieb nichts weiter übrig als zu folgen. Die Wüste spie ihr den kalten Gleichmut der Gegend mit ihrem trockenen Wind und Sand entgegen. Es fühlte sich an als ob ihre Haut mit Schmirgelpapier bearbeitet werden würde. Schützend hielt Merle ihre Handgelenke vors Gesicht. Das Gebrüll der Wachen wurde mit jedem Schritt leiser und vom permanenten Windgeräusch übertönt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)